Wetterextreme 2021 – Teil 2

April – Die Rache des Winters

Nach dem verfrühten Sommer ging es gleich wieder zurück in den Winter. Eine Nordlage sorgte am 06.04. für Schnee bis ins Flachland. Schnee und Graupelschauer brachten in den Folgetagen bis zu 30 cm Neuschnee in den Mittelgebirgen. Nach einer kurzen warmen Phase ab dem 09.04. kam es zu einem neuen Polarluftvorstoß, woraufhin sich ab Mitte des Monats ein Höhentief über Mitteleuropa mit hochreichender Kaltluft festsetzte. So blieben die Nächte frostig und es fielen immer mal wieder Schnee- und Graupelschauer teils bis in tiefere Lagen. Während sich im Südwesten im letzten Monatsdrittel etwas mildere Luft durchsetzte, kam es im Nordosten immer wieder zu Kaltlufteinbrüchen. Der April war der kälteste seit 1980.

Mai kühl und nass füllt des Bauern Scheun und Fass

Im Mai setzte sich die kühle Witterungslage fort, sodass in den höheren Mittelgebirgslagen am Anfang des Monats zeitweise sogar noch mal etwas Schnee fiel. Zum ersten richtigen Warmluftvorstoß seit Anfang April kam es zwischen den 09. und 11.05. Dabei wurden mancherorts die ersten heißen Tage mit über 30 °C registriert. Doch dies war nicht von langer Dauer. Ab dem 11. setzte sich wieder eine Troglage mit unbeständiger, wechselhafter und kühler Witterung durch. Diese kühle Witterung hielt im Wesentlichen bis zum Ende des Monats an. Somit wurde es der kälteste Mai seit 2010.

Juni – Einer der gewitterreichsten und wärmsten der letzten Jahre

Der Juni startete mit einer Tiefdrucksumpflage, in der sich täglich kräftige, langsam ziehende Gewitter mit Starkregen bildeten, die für lokale Überflutungen sorgten. Zur Mitte des Monats stellte sich eine etwas stabilere Hochdruckwetterlage mit einer Hitzewelle ein. Im Osten erreichte die Temperatur dabei Werte bis 37 °C. Die Hitzewelle endete am 20. und 21.06. mit verbreitet schweren Gewittern, die wieder Starkregen, Sturmböen und Hagel brachten. Von da an gab es dann eine recht dynamische Gewitterlage im Süden Deutschland, die bis zum 25.06. dort täglich schwere Gewitter, sogenannte Superzellen, hervorbrachte, die mit Hagel teils über 5 cm, heftigem Starkregen und Orkanböen einhergingen. Am 25. weiteten sich die Gewitter weiter nördlich aus und sorgten in der Nacht zum 26. für stärkere Überflutungen in der Pfalz. Auch am Ende des Monats traten vorderseitig eines Höhentiefs über Frankreich verbreiteter Unwetter auf. Am 31.06. lag dann ein Tief über Mitteleuropa. Damit verbunden war ein mit Gewittern durchsetztes Regengebiet, das für enorme Regenmengen im bisher zu trockenen Osten und Nordosten des Landes sorgte. Dabei fielen innerhalb von 24-Stunden 150 – 200 l/m² Regen in der Uckermark, was fast dem 3-fachen des üblichen Monatsniederschlags entspricht. Die Regenmengen ließen sich mit denen der Flut im Juli im Ahrtal vergleichen, sorgten aber aufgrund der trockenen Vorgeschichte, Sandböden und flachem Gelände für vergleichsweise wenig Schäden. Die durchweg hohen Temperaturen führten zum drittwärmsten Juni seit Messbeginn.

Juli – Die Flutkatastrophe

Das erste Julidrittel war geprägt von Tiefdruckeinfluss. Dabei war meist eine feuchte subtropische Luftmasse bestimmend, in der sich zahlreiche Gewitter bildeten, die lokal für heftigen Starkregen sorgten. Am 08. und 09.07. zog ein mit Gewittern durchsetztes Regengebiet von Schwaben über die Mitte des Landes bis nach Rügen und brachte verbreitet 70 – 100 l/m² an Regen. Dies war verglichen mit den Unwettern am 13.-14.07. noch harmlos. Allen ist die verheerende Flut im Ahrtal noch in Erinnerung: Durch extrem heftige gewittrige Regenfälle mit verbreitet 100 – 150 l/m² in 36 Stunden von der Eifel bis zum Ruhrgebiet wurden kleine Bäche zu reißenden Fluten. Ursache für den extremen Regen war ein kräftiges Höhentief, das über Deutschland zog und dessen Regenbänder wiederholt dieselbe Region trafen. Die Serie an Überflutungen riss nicht ab. Am 17.7. waren die Oberlausitz und dar Chiemgau betroffen, wo ebenfalls über 100 l/m² in wenigen Stunden fielen. Im weiteren Verlauf setzte sich im Norden und in der Mitte etwas trockenere Luft durch. Bei zeitweiligem Hochdruckeinfluss blieb die Region von größeren Unwettern verschont. Anders sah dies im Süden aus. In schwülwarmer Luftmasse wurde das Alpenvorland von einer Serie aus Superzellen getroffen, die wiederholt größere Sturm- und Hagelschäden verursachte. Am 30.07. Ließ sich die Spur einer solchen Superzelle von Niederbayern über 700 km bis in die Hohe Tatra verfolgen. Insgesamt lagen die Julitemperaturen im normalen Bereich, während es an den meisten Orten zu nass war.

August – Herbst statt Sommer

Der August verlief glücklicherweise deutlich ruhiger. Er war geprägt von einer kühlen West- später einer Nordwetterlage, bei der sich nur sehr selten kräftige Gewitter bildeten. Zu erwähnen wäre da nur der 07.08. an dem eine Superzelle erneut Orkanböen im östlichen Alpenvorland brachte. Vom 12.08.-15.08. gab es letztmalig ein paar heiße Tage, die von einem schwachen Sturmtief am 16.08. mit einem Vorgeschmack auf den Herbst beendet wurden. Der August war zu kalt und zu nass.

Lesen Sie morgen Teil 3 der Jahreszusammenfassung.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 31.12.2021

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Wetterextreme 2021 Teil 1

Januar – Wechsel zwischen Winter und Tauwetter

Das Jahr startete mit einem Trog über Mitteleuropa, der bis in mittlere Lagen für winterliches Wetter sorgte. Diese Wetterlage blieb bis zum 10. Januar stabil, bis sich eine Nordwestlage einstellte. Die Frontalzone, die maritime Polarluft von subtropischer Luft trennte, verlief dabei über den Südwesten Deutschlands. Am 14. und 15.01. bildete sich an ihr eine Warmfrontwelle, die erheblichen Schneefall brachte. Vom Schwarzwald bis zum Allgäu türmten sich Schneemassen von 50 cm bis über 1 m und führten zu Schneebruch und Verkehrsbehinderungen. In Lindau am Bodensee gab es innerhalb von 24 Stunden eine Rekordmenge von 40 cm Neuschnee. Die nasskalte Nordwestwetterlage hielt weiterhin an, ehe vom 20.01.-23.01. ein Warmluftvorstoß für starkes Tauwetter sorgte. Dabei stieg die Temperatur bis 16 °C am Oberrhein. Nach einem Kaltlufteinbruch mit Schnee stellte sich gegen Ende des Monats die Wetterlage um. Es bildete sich eine markante Luftmassengrenze zwischen subtropischer Luft im Südwesten und arktischer Kaltluft im Nordosten. Im Norden fielen an dieser Luftmasse bis zu 20 cm Schnee, während im Süden begleitet durch Wind und kräftigen Regen erneut starkes Tauwetter einsetzte. Dieses ließ die Schneedecke bis in mittlere Lagen rasch abtauen. Starker Regen und der gefrorene Boden sorgten dafür, dass vor allem die Oberläufe vieler Bäche stark anschwollen. Besonders betroffen waren Mittel- und Osthessen. Dort erreichten manche Pegel Rekordwerte, was verheerende Überflutungen zur Folge hatte. Insgesamt war der Januar recht durchschnittlich temperiert und in der Südhälfte teils deutlich zu nass.

Februar – Arktische Kälte und Saharastaub

Der Februar begann mit einer südlichen Westwetterlage, die den Grundstein für eine der spektakulärsten Winterwetterlagen der vergangenen 10 Jahre legte. Arktische Kaltluft sammelte sich über Skandinavien, während von Süden zunehmend subtropische Saharaluft nach Mitteleuropa floss. Am 06.02. verschärfte sich die Luftmassengrenze deutlich. In etwa 1500 Metern Höhe standen -14 °C an der Ostsee +12 °C am Alpenrand gegenüber. In einem breiten Streifen vom Emsland bis nach Sachsen fielen an der Front bis zum 08.02. verbreitet 20 – 55 cm Schnee. Einige Stationen verzeichneten sogar Jahresrekorde. Durch Beimengung von Saharastaub aus der warmen Luftmasse verfärbte sich der Schnee rot (Blutschnee). Starke bis stürmische Böen sorgten für erhebliche Verwehungen, sodass der Verkehr vielerorts zum Erliegen kam. Weiter südlich schloss sich eine Zone mit stundenlangem gefrierendem Regen an, wodurch sich ein mehrere Zentimeter dicker Eispanzer bildete. Im weiteren Verlauf kam die Luftmassengrenze nach Süden voran, sodass weite Teile Deutschlands unter den Einfluss arktischer Kaltluft gelangten. Nachts kühlte es in der Mitte bis auf eisige -20 °C ab, während tagsüber die Temperaturen kaum -10 °C erreichten. Dies waren die kältesten Tage des Jahres. In den folgenden Tagen kam es an der Ostsee zu kräftigen Lake-Effekt-Schneefällen, die regional für bis zu 60 cm Neuschneezuwachs sorgten. Eine deutliche Erwärmung stellte sich erst ab der Mitte des Monats ein. Eine Südwetterlage führte ungewöhnlich warme Saharaluft heran und brachte uns einen verfrühten Frühling. So lagen die Höchsttemperaturen mehrere Tage hintereinander auf teils über 20 Grad. Der Februar hat uns somit von eisiger arktischer Kälte bis hin zu der denkbar wärmsten Luftmasse alles gezeigt. An einigen Stationen wurde eine einwöchige Temperaturdifferenz zwischen den Minima der Kaltphase und den Maxima der Warmluft von über 40 Grad registriert. An der Station Göttingen war dies der größte Temperatursprung innerhalb einer Woche in Deutschland seit mindestens 1881. Im Monatsmittel war der Februar, was Temperatur und Niederschlag angeht, recht durchschnittlich.

März: Zwischen Polarlufteinbrüchen und Frühsommer

Der März startete mit einer höhenmilden Hochdrucklage. Ab 04.03. stellte sich eine West- bis Nordwestlage ein, die zunächst im östlichen Bergland den Winter zurückbrachte. Am 11.03. erfasste ein schwaches Sturmtief den Nordwesten. Ansonsten blieben Winterstürme in dieser Saison aus. Ab Mitte des Monats stellte sich eine nordöstliche Strömung ein, bei der ein Schwall arktischer Kaltluft herangeführt wurde. Schnee- und Graupelschauer und mäßiger Nachtfrost waren die Folge. Danach setzte sich eine Hochdrucklage mit zunehmend warmen Tagen aber kühlen Nächten durch. Diese wurde am 28.03. durch Gewitter mit Sturmböen kurz unterbrochen. Ein schwacher Tornado wurde dabei in Dortmund gesichtet. Am 30.03. wurde dann nach teils frostiger Nacht der erste Sommertag mit Höchstwerten über 25 °C registriert. Am 31.03. stieg das Thermometer im Westen sogar auf frühsommerliche Werte bis 27 °C. Insgesamt war der März durchschnittlich temperiert und etwas zu trocken.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 30.12.2021

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Silvester weltweit

Der Countdown für das Jahr 2021 läuft und in drei Tagen ist das Jahr bereits vorbei. Hierzulande wird der Jahreswechsel häufig mit “Dinner for One”, einer Feier mit Feuerzangenbowle und Zinngießen sowie normalerweise auch mit Raketen und Böllern begangen. Auf ein Feuerwerk werden wir allerdings wegen der Pandemie vernünftigerweise auch dieses Jahr verzichten, sodass die bösen Geister vielleicht mit anderem Lärm vertrieben werden müssen. Das Wetter zum Jahreswechsel wird bei uns bei Tiefsttemperaturen von 11 bis 4 Grad meist mild sein. Im Norden fällt gebietsweise noch etwas Regen, während es im Süden oft schon trocken bleibt und die Wolken vereinzelt auflockern.

In Spanien dagegen ist es Brauch, zu jedem Glockenschlag um Mitternacht eine Weintraube zu essen und sich für jede Traube etwas zu wünschen. Bis zum 12. Glockenschlag müssen alle Weintrauben verzehrt sein, sonst droht Unheil im neuen Jahr. Glück soll auch das Werfen eines goldenen Rings in das Sektglas und bei Frauen das Tragen roter Dessous bringen. In Spanien wird es in der Silvesternacht locker bewölkt oder klar sein, wobei an den Küsten Tiefstwerte von 16 bis 7 Grad zu erwarten sind, während es im Binnenland bei 8 bis 0 Grad zum Teil deutlich frischer wird.

In Griechenland herrschen in der Silvesternacht ganz ähnliche Temperaturen und ähnliches Wetter. In diesem Land gibt es auch eine besondere Tradition. Es wird mit Würfelspielen oder Karten gezockt, entweder zuhause oder im Kasino. Wer dabei Glück hat, dem soll das ganze Jahr über das Glück hold sein. Und wer nicht, der kann wenigstens auf Glück in der Liebe hoffen.

In Brasilien wird gerne am Strand gefeiert, was angesichts des auf der Südhalbkugel herrschenden Sommers kaum verwundert. Dabei kleidet man sich bevorzugt in Weiß, was ein Zeichen der Fruchtbarkeit ist und die Meeresgöttin ehren soll. Außerdem soll das Werfen von Blumen ins Meer und das Springen in die Wellen bzw. über sieben Wellen Glück bringen. Zudem wird der Strand mit roten, weißen und gelben Kerzen “geschmückt”, was für Liebe, Frieden und Geldsegen steht und ein natürlich prächtiges Farbenmeer zaubert. Bei nächtlichen Tiefstwerten von 26 bis 19 Grad an der Küste fällt der Sprung ins Meer wohl nicht schwer, kräftige Schauer oder Gewitter können aber auch noch unterwegs sein.

In Japan ist Silvester eine klebrige Sache. Dort stehen Reisklößchen (Mochi) ganz oben auf der Speisekarte, die aber leider gefährlich sind, weil sie gerne mal im Hals kleben bleiben. Außerdem ist in der Silvesternacht (oder am Neujahrstag) der Besuch eines Schreins wichtig, um die Götter für das neue Jahr um Wohlwollen zu bitten. Feuerwerk gibt es dagegen gar nicht. Beim Wetter sind zum Jahreswechsel im nördlichen Japan gebietsweise Schneefälle bei frostigen Temperaturen zu erwarten. Im Süden hingegen bleibt es meist trocken und bei Temperaturen knapp über 0 Grad auch weitgehend frostfrei.

In Kenia besucht man wie häufig in afrikanischen Ländern zu Silvester gerne die Verwandten oder Freunde, um mit ihnen zu feiern und zu schlemmen. Dabei kommen bevorzugt Ziegenfleisch oder Hähnchen sowie Ugali (Getreidebrei aus Mais) auf den Tisch. Feuerwerk oder Lasershows gehören (außer vielleicht in Corona-Zeiten) in vielen Städten ebenso dazu. In der Silvesternacht werden in Kenia Tiefsttemperaturen von 24 bis 18 Grad erwartet, dazu ist es vielerorts locker bewölkt und nur hier und da “stört” vielleicht ein Gewitter.

Wie auch immer das Wetter zum Jahreswechsel bei Ihnen wird, der Autor dieses Textes wünscht Ihnen einen guten Rutsch!

Dipl.-Met. **

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 29.12.2021

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Milderung setzt sich durch: Gibt es neue Rekorde?

In den vergangenen Tagen wurde ja bereits ausführlich auf die bevorstehende und inzwischen bis zur Elbe vorangekommenen Milderung über Deutschland im Thema des Tages eingegangen. Bewohner vom Rheinland bis zum Breisgau werden sich fragen: Welche Milderung? Dort war es ohnehin nicht kalt. Angesichts der zu erwartenden Höchstwerte von 14 bis örtlich vielleicht sogar 17 Grad am kommenden Donnerstag wird einen nach subjektivem Empfinden schon ein vorfrühlingshaftes Gefühl beschleichen. Das war in der Form bis dato dann doch noch nicht gegeben.

Die Tiefdruckgebiete PER, RONALD und SEBASTIAN geben/gaben sich dabei alle Mühe mit einer südwestlichen Strömung milde Atlantikluft aus dem Bereich der Azoren rasch und auf direktem Wege nach Mitteleuropa zu transportieren. Die Wassertemperaturen zwischen Biskaya und Azoren liegen derweil zwischen 12 Grad im Raum Bordeaux und bei rund 18 Grad rund um die Azoren. So verwundert es also nicht, dass dies in etwa auch der Größenordnung der zu erwartenden Temperaturen hierzulande entspricht. Muss es denn nun gleich wieder so mild sein? Fallen womöglich gar neue Dezemberrekorde? Mitnichten. Zu den 24 Grad in Müllheim, 21 Grad in Freiburg (beide Baden-Württemberg) sowie 20,3 Grad in München vom 16.12.1989 wird doch noch ein gutes Stück fehlen. Dafür braucht es dann doch eine ausgewachsene Föhnlage mit strammer südlicher Anströmung. In Teilen NRWs, wo die Bestmarken bisher mit 18,0 Grad in Bonn, 17,9 Grad in Bochum und 17,6 Grad in Aachen vom 04.12.1953 stammen, könnte es allerdings mancherorts knapp werden.

Ganz nebenbei bemerkt wird anhand der aktuellen Druckkonstellation auch eine Schwäche der Nordatlantischen Oszillation (NAO) offenkundig. Der NAO Index bezieht sich auf die Druckdifferenz zwischen Subtropenhoch (Azorenhoch) und subpolarer Tiefdruckrinne (Islandtief). Deren Zusammenspiel ist ein Maß für die Lage und Intensität der atlantischen Westwindzone (siehe DWD-Lexikon). Bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts stellten Meteorologen einen Zusammenhang zwischen eher mild und niederschlagsreich geprägten Wintern in Mitteleuropa und einem positiven NAO Index fest: Sobald die Gegensätze zwischen Islandtief und Azorenhoch besonders stark ausgeprägt sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass mit der resultierenden strammen westlichen Strömung milde Atlantikluft weit ins Landesinnere des Europäischen Kontinents transportiert wird.

Nun zu den Schwachpunkten: Der NAO Index ist trotz zweistelliger Höchstwerte über Westeuropa nicht stark positiv, sondern schwankt um 0. Über Island ist eher der Keil des Grönlandhochs wetterwirksam und das Azorenhoch ist ostwärts nach Marokko und Spanien verschoben. Tatsächlich ist der Bodendruck über Island und den Azoren nahezu identisch. Nun könnte man meinen: Naja, im Nordosten herrscht ja auch noch Dauerfrost. Stimmt. Das liegt aber am Hoch Belinda, das zwar schon sehr weit östlich mit Zentrum nördlich des Kaukasus angelangt ist, die Isobaren verlaufen über dem Nordosten Deutschlands aber noch von Südost nach Nordwest. Mit der daraus folgenden südöstlichen Strömung gelangt bodennah immer noch kalte Festlandsluft in den Nordosten, die erst hinter der Warmfront des Tiefs PER mit Drehung auf Süd bis Südwest allmählich ausgeräumt wird. Das sollte dann letztlich auch im östlichsten Zipfel Vorpommerns am morgigen Mittwoch der Fall sein. Bis dahin gilt gebietsweise noch Unwettergefahr durch gefrierenden Regen mit Glatteisbildung.

Dipl.-Met. Robert Hausen

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 28.12.2021

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DWD Milderung setzt sich durch Gibt es neue Rekorde

 

Auf Glatteis folgt die große Milderung (Spülung?)

Noch trennt eine Luftmassengrenze diagonal über Deutschland kalte Luft über dem Norden und Osten des Landes von sehr milder Luft über dem Westen und Süden. An der Luftmassengrenze bleibt das Wetter turbulent durch gefrierenden Regen und Glatteis. Dank Tief RONALD, das sich über den Britischen Inseln befindet und auf seiner Vorderseite unermüdlich milde Atlantikluft nach Mitteleuropa schaufelt, wird die Frostluft bis zur Wochenmitte vollends aus Deutschland nordostwärts abgedrängt. Anschließend kommen im Südwesten des Landes zum Jahresende durchaus Frühlingsgefühle auf.

Die vergangene Nacht war vor allem in der Mitte und Teilen des Ostens von spiegelglatten Fahrbahnen und Wegen geprägt. Schuld daran war der gefrierende Regen, der verbreitet für Glatteis gesorgt hat. So musste beispielsweise die A93 bei Weiden gesperrt werden. Auch der Tierpark in Chemnitz und der Zoo in Erfurt lassen ihre Pforten heute geschlossen, da es auf dem gesamten Gelände einfach zu glatt ist.

Am heutigen Montag fällt vor allem in einem breiten Streifen von der Nordsee bis zum Erzgebirge sowie in Ostbayern noch lokal gefrierender Regen oder Sprühregen. Es muss daher in diesen Regionen weiterhin mit glatten Straßen und Wegen gerechnet werden. Im Südwesten und Westen bekommt man bei Höchstwerten bis 10 Grad von alledem nichts mit. Statt Spikes an den Schuhen reichen dort Gummistiefel und ein Regenschirm aus, denn es setzen am späten Nachmittag bei Temperaturen deutlich im Plusbereich neue zeitweilige Regenfälle ein. Diese verlagern sich nordostwärts und treffen im Laufe der Nacht auf die im Osten lagernde Frostluft.

Damit bahnt sich auch in der Nacht zum Dienstag in etwa nordöstlich einer Linie Elbmündung-Thüringer Wald-Niederbayern gebietsweise wieder eine brisante Glatteislage an, da der aus Südwesten aufziehende Regen auf den gefrorenen Boden trifft. Der Schwerpunkt der Unwettersituation dürfte rund um den östlichen Mittelgebirgsraum und in Ostbayern liegen.

Am Dienstag schafft es die milde Luft dann ganz allmählich die Frostluft immer weiter in Richtung Oder und Neiße zurückzudrängen. An der Grenze zu Polen besteht vor allem in der ersten Tageshälfte noch Glatteisgefahr. Sonst ist es bereits deutlich milder und es regnet zeitweise schauerartig verstärkt. Im Südwesten gesellen sich am Nachmittag auch einzelne Gewitter hinzu. Ein böiger Südwestwind treibt dort die Temperaturen auf sehr milde 13 Grad.

Am Mittwoch und in den Folgetagen dominiert dann ungewöhnlich mildes Wetter, denn von Westen und Südwesten wird von Tiefdruckgebieten, die sich über dem Atlantik die Klinke in die Hand drücken, fortwährend ungewöhnlich milde Luft nach Deutschland geführt. Es sind dann am Oberrhein bis zu 16 Grad möglich. Aber auch in der Mitte und dem Osten des Landes knackt das Thermometer die 10 Grad-Marke. Da die Luftmasse außerdem sehr feucht ist, kommt es immer wieder zu teils länger anhaltenden Niederschlägen. Dies ist besonders in den südwestlichen Mittelgebirgen und am Alpenrand der Fall. Die Schneefallgrenze steigt dabei auf über 2000 m an, sodass im Alpenraum die große Spülung ansteht und massives Tauwetter einsetzt. Winterfreunde bekommen also einen herben Dämpfer versetzt und daran wird sich mindestens bis Jahresende auch nichts ändern.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 27.12.2021

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DWD Auf Glatteis folgt die grosse Milderung Spuelung

Winter Ade: Glatteislage mit nachfolgender Milderung

Zurzeit liegt quer über Deutschland eine beachtliche Luftmassengrenze, die die eingeflossene Polarluft in Nord- und Ostdeutschland von der deutlich milderen Luft im Südwesten des Landes trennt. Zum Beispiel lagen die Höchstwerte am gestrigen ersten Weihnachtstag am Oberrhein bei milden 11 Grad. Gleichzeitig herrschte im Norden und Osten verbreitet Dauerfrost zwischen 0 und -6 Grad.

Entlang der Luftmassengrenze quer über der Mitte Deutschlands sorgten Schneefälle zudem für glatte Straßen und zahlreiche Unfälle. In der vergangenen Nacht sanken die Temperaturen in Nord- und Ostdeutschland bei klarem Himmel mit Ausnahme der Küste auf Werte zwischen -10 und -19 Grad, während es im Südwesten des Landes mit Tiefstwerten bis +5 Grad frostfrei blieb.

Am zweiten Weihnachtstag und zum Start in die neue Woche hält uns die Luftmassengrenze weiter in Atem, wobei die mildere Luft langsam aber sicher die Oberhand gewinnt und die Polarluft nach und nach aus Deutschland vertreibt. Dies geht fast nie ohne irgendwelche Folgen einher. Die mildere und leichtere Luft kann sich nicht gleich am Boden durchsetzen und gleitet über die kalte und schwerere Luft in den unteren Luftschichten und sorgt oft für Wolkenbildung und Niederschläge. Die Niederschläge können dann als Schnee fallen, wenn es noch in allen Höhen kalt genug ist, oder als gefrierender Regen, wenn die Temperatur in einem Höhenbereich schon positiv ist.

Verantwortlich für die bevorstehende Glatteislage ist Tief “Per” mit Kern über dem Seegebiet nördlich von Irland. So schaufelt das Tief langsam wieder die milde Atlantikluft zurück nordostwärts. In diesem Zusammenhang nimmt die Temperatur vor allem in höheren Luftschichten deutlich zu, sodass leichte Niederschläge meist als Regen fallen, die dann auf den gefrorenen Boden treffen und zu gefährlichem Glatteis führen.

Der Schwerpunkt liegt am Abend und in der Nacht zum Montag bis in den Montagvormittag hinein von der Oberpfalz über Thüringen und Nordhessen bis ins südliche Niedersachsen. Wir haben diesbezüglich eine entsprechende Vorabinformation herausgegeben. Deswegen ist Vorsicht geboten, wenn man dort draußen unterwegs ist. Die Regionen östlich der Elbe erleben erneut eine strenge Frostnacht, während die Nacht im Südwesten mit etwas Nieselregen frostfrei verläuft.

Ab Montag erhält das Tief “Per” Unterstützung vom neuen Atlantiktief “Roland”, das bis Mitte der Woche auch aus dem äußersten Nordosten letzte Reste der Kaltluft vertrieben haben dürfte. Im Milderungsprozess kann es in der Nacht zum Dienstag in Ostbayern und in der Nacht zum Mittwoch an der Grenze zu Polen noch zu Glatteisregen kommen. Mehr Details dazu werden sicherlich in den kommenden Tagen folgen.

Zeitgleich wird es im Westen und Südwesten ab Mittwoch auch im äußersten Osten ungewöhnlich mild mit Höchstwerten zwischen 10 und 15 Grad. Frost, Glätte, Glatteis und Schnee werden durch Wind und viel Regen ersetzt. In den westlichen und südlichen Mittelgebirgen sowie an Alpen droht dann ab Mittwoch eine Dauerregenlage. Die Schneefallgrenze steigt zudem auf über 2000 m an, sodass zusätzlich die Schneeschmelze für das Steigen der Flusspegel sorgen kann.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 26.12.2021

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DWD Winter Ade Glatteislage mit nachfolgender Milderung

 

Saure Suppen

Über die Feiertage lautet bei vielen das Motto aus kulinarischer Sicht: Zum Feste nur das Beste! Aber auch Tradition spielt eine wichtige Rolle. So landete laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage am gestrigen Heiligabend im Schnitt bei mindestens jedem Fünften von uns Kartoffelsalat mit Würstchen auf dem Speisetisch. In Teilen Ostdeutschlands sind es teilweise sogar knapp 50%, also bei fast jedem Zweiten. Darüber hinaus sind aber auch “Klassiker” wie Raclette, Fondue oder Fischgerichte beliebt (wahlweise auch vertauscht mit dem Silvesterabend). Zum 01. und 02. Weihnachtsfeiertag rücken eher die Festtagsbraten (immer häufiger auch vegetarisch oder vegan) ganz nach oben auf die Speisekarte.

Und was passt in diesem Zusammenhang ideal? Richtig, eine Vorsuppe. Die erfreut sich ebenfalls hoher Beliebtheit, egal ob Soljanka, Kürbiscreme-, Ingwer-Möhren- oder Champignoncremesuppe. Gerne wird darauf auch als Hauptgericht zum Mittag am 24. oder 31. Dezember zurückgegriffen, um vor der großen Völlerei am Abend noch ausreichend Platz zu lassen. Doch was, wenn nun ein Gewitter im Anmarsch ist und die Suppe droht sauer zu werden? Stimmt das überhaupt oder ist das ein Irrglaube?

Schon die Oma wusste es aus Erfahrung nur zu gut: “Lass bloß bei Gewitter nicht die Suppe zu lange offenstehen. Sonst kippt sie um.” Hat also das elektrische Feld des Blitzes etwas damit zu tun oder die Schallwellen des Donnergrummelns? Nein. Es sind vielmehr die äußeren Randbedingungen, die dafür sorgen, dass die Suppe dann schnell schlecht wird. Den Stammlesern dieser Rubrik würde sofort der Begriff “Zutatenmethode” beim Schlagwort Gewitter in den Sinn kommen. In der Tat sind eher Feuchtigkeit und hohe Temperaturen – also drückende Schwüle – dafür verantwortlich, dass das frisch gekochte Gericht schnell sauer wird. Die feucht-warme Luft hängt somit in der Küche quasi wie eine Dunstglocke über Mexiko City und sorgt dafür, dass sich das Essen nicht schnell genug abkühlt. Dadurch vermehren sich Säurebakterien, wie sie in Milch oder Sahne enthalten sind, sehr schnell. Milchzucker wird gespalten und Milchsäure produziert, im Handumdrehen ist das Gericht ruiniert. Wenn dann noch der Topfdeckel fest drauf war: Prost Mahlzeit! Aber auch in Suppe enthaltene Stärke (z.B. Nudeln, Kartoffeln, etc.) beginnt bei Wärme zu gären, allerdings deutlich langsamer als Milch erst nach ca. 1-2 Tagen.

Also Tipp: Ist die Suppe fertig, schnell abkühlen lassen. Dafür am besten Topf vom Herd auf ein Gestell, dass die Luft darunter zirkulieren kann oder den Topf gleich in ein kaltes (Eis-) Wasserbad stellen und den Deckel abnehmen. Regelmäßig umrühren. Sobald sie abgekühlt ist, fix in den Kühlschrank. Übrigens: Auch bei Brot, Kuchen und Torten fühlen sich Bakterien bei schwülen Bedingungen sauwohl, weshalb es sich auch bei diesen Lebensmitteln empfiehlt im Zweifel den Kühlschrank als Aufbewahrungsort vorzuziehen.

Nun wissen wir aber, dass selbstverständlich auch im Winter Gewitter auftreten können. Beispielsweise wenn es in höheren Luftschichten sehr kalt ist (z.B. unter -40 Grad in 500 hPa) oder die Kaltfront eines Orkantiefs durchzieht (Stichwort: starke Hebung durch isentrope potentielle Vorticity/IPV). Das ist also letztlich unkritisch, da schwül-warme Bedingungen ausschlaggebend sind und man muss nicht panisch zum Herd rennen.

Letztlich liefert das aktuelle Wettergeschehen auch keinen Grund nervös zu werden. Die Gewitterwahrscheinlichkeit liegt nahe 0. Vielmehr haben nun etwas verspätet – aber immer noch pünktlich – auch die mittleren Landesteile von Westfalen über Mittelhessen, Thüringen, Sachsen und Oberfranken etwas Schnee abbekommen und die “Weiße Weihnacht Statistik” aufgehübscht. Im Süden und Südwesten ist es zwar weiterhin mild, dafür liefert der Balkon oder die Terrasse bei Außentemperaturen auf Kühlschrankniveau ideale Voraussetzungen, um die Suppe, die nicht mehr in den übervollen Kühlschrank passt, draußen zu lagern. Wer das auch im Norden und Osten plant, bekommt bei Dauerfrost aber eher einen Suppennachtisch in Form eines Eises serviert. Ist vielleicht dann doch nicht jedermanns Sache. In diesem Sinne frohe Festtage und bleiben Sie gesund!

Dipl.-Met. Robert Hausen

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 25.12.2021

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DWD Saure Suppen

Milder Jahresausklang

Aktuell erleben wir ja in Mitteleuropa eine spannende Grenzwetterlage, bei der sich genau in Deutschland über die Weihnachtsfeiertage arktische Polarluft und sehr milde Atlantikluft quasi direkt gegenüberstehen. Damit verbunden sind alle möglichen winterlichen Wettererscheinungen: im Norden und in der Mitte Deutschlands gebietsweise Schnee und Dauerfrost sowie Glätte bzw. Glatteis, letzteres gerade im Übergangsbereich zur milderen Luft nach Süden hin. Im Süden und Südwesten dagegen wird man eher zu Regenschirm und Regenjacke greifen müssen, wenn man sich mal nach draußen wagen sollte.

In der nächsten Woche (vom 27.12.21 bis 03.01.22) stellt sich die Großwetterlage wieder um, und atlantische Tiefdruckgebiete verdrängen allmählich auch im Nordosten die beharrliche Frostluft. Damit einher geht meist unbeständiges und teils windiges Wetter in Deutschland. Nach der Wochenmitte soll auf der Vorderseite eines Tiefdruckkomplexes über dem Atlantik vorübergehend noch mildere Luft aus subtropischen Breiten angezapft werden. Damit könnten die Tageshöchstwerte der Temperatur gerade in der Südwesthälfte 11 bis 15 Grad betragen. Da kommt man zwar nicht ins Schwitzen, beachtlich sind diese überdurchschnittlich hohen Temperaturen allerdings schon. Wenn man dazu auf die beigefügte Grafik schaut (EZMWF-Modell mit prognostizierten wöchentlichen Anomalien der Tagesmitteltemperatur in 2 m; Zeitraum 27.12.21 bis 03.01.22), sieht man selbst im Wochenmittel im Süden und Westen eine positive Abweichung der Tagesmitteltemperatur von den vieljährigen Normalwerten im Bereich bis zu 10 Grad und darüber. Nur im Norden und Nordosten fällt diese positive Temperaturanomalie geringer aus bzw. ganz im Norden und Nordosten nimmt sie neutrale Werte an, was auf die dortige Frostperiode bis Anfang kommender Woche zurückzuführen ist.

Von daher lässt sich resümieren, dass der atlantische Einfluss – nach kurzem Kräftemessen mit arktischen Luftmassen während der Weihnachtsfeiertage ziemlich genau über Mitteleuropa, erneut die Oberhand gewinnen wird. Ein Umstand, der uns hier in Deutschland aufgrund der klimatologischen Rahmenbedingungen im Winterhalbjahr aber nicht allzu sehr erstaunen sollte.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.12.2021

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DWD Milder Jahresausklang

Wo steckt der Winter

Seit einiger Zeit beschäftigt die Meteorologen in Deutschland die Frage, ob wir Chancen auf weiße Weihnachten haben. Auch hier im Thema des Tages, so z.B. gestern und auch schon am 17.12. Und noch immer liefern die Vorhersagemodelle kein klares und einheitliches Bild. Ein aktueller Wetter-Schnelldurchlauf für die Feiertage könnte dabei in etwa so aussehen: im Südwesten Regen, sonst Regen, gefrierender Regen, Schneeregen und Schnee, aber teils auch freundliche Abschnitte.

Eine “Schneegarantie” scheint es, bezogen auf Deutschland, nur im Nordosten zu geben – und natürlich in den Hochlagen der Alpen. Denn während bei der scharfen Luftmassengrenze, die in den kommenden Tagen quer über Deutschland liegt, mal die kalte und mal die warme Luft “in der Vorhand” ist, bleibt es im Nordosten durchweg kalt, und der angesprochene Schnee soll schon am heutigen Donnerstag (23.12.) fallen.

Aber wie sieht es bezüglich des Schnees aus, wenn man über die Grenzen Deutschlands hinausblickt? Die beigefügte Grafik zeigt die Gesamtschneehöhen von heute Morgen. Zu erkennen ist in der Bildmitte Grönland, auf der linken Seite sieht man Nordamerika, auf der rechten Seite Europa und Afrika.

Am meisten Schnee liegt dabei in den Hochgebirgsregionen Europas (gelbe Kästchen) wie beispielsweise den Alpen oder den Pyrenäen. Aber auch in den Karpaten sind die Schneemengen teils beeindruckend, wie die 173 cm am Balea Lac (einem Gebirgssee auf 2070 m Meereshöhe) zeigen. Damit verglichen sind die Schneehöhen in Skandinavien relativ niedrig. Auf den in der Karte dargestellten Gipfeln der Skandinavischen Alpen sind es aber immerhin 133 cm (Station Mannen in Südnorwegen) und 118 cm (Station Lyngen Gjerdvassbu). Ansonsten bewegen wir uns in Europas hohem Norden bezüglich der Schneehöhen meist in einem Bereich von 20 bis 50 cm.

Das ist in etwa auch der Rahmen, in dem sich – in der Karte – die nordamerikanischen Wetterstationen bewegen. Dort ist allerdings Vorsicht geboten. Nicht alle kanadischen und US-amerikanischen Stationen melden zu der in der Grafik angegeben Zeit ihre Schneehöhen. So kommt es, dass die dortigen Spitzenreiter in unserer Karte gar nicht gelistet sind. Ein Beispiel: Die Station Callaghan Valley im Süden der kanadischen Provinz British Columbia (Nähe Vancouver) meldete gestern um 13 Uhr MEZ 130 cm Schnee – sie hat die entsprechende Meldung aber heute Morgen nicht abgesetzt und fehlt folglich in der Karte. Dies gilt auch für andere Messstellen. Insbesondere in den Rocky Mountains und in den Hochlagen der Coastal Range dürfte sich der Schnee ähnlich hoch türmen wie in den Hochlagen der Alpen.

Aber der Wunsch nach einer “Weißen Weihnacht” ist ja nicht gleichbedeutend mit dem Wunsch nach extremen Schneemengen. Für viele reicht es ja schon, wenn die Landschaft nur leicht “angezuckert” ist.

Wie jedes Jahr wird man beim Weihnachtsfest auf der Südhalbkugel auf Schnee zumeist verzichten müssen. In Australien oder in Südafrika feiert man traditionell bei sommerlichen Temperaturen.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.12.2021

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DWD Wo steckt der Winter

Weihnachtswetter 2021

Jedes Jahr aufs Neue fragt man uns Meteorologen bereits Wochen vor Weihnachten, wie die Chancen auf Schnee zu Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen stehen. Dies blieb auch in diesem Jahr nicht aus. Doch wer die Wetterprognose in den vergangenen Tagen verfolgt oder auch das Thema des Tages vom vergangenen Freitag, dem 17.12.2021, gelesen hat, der konnte erfahren, dass die diesjährigen Weihnachtswetterprognosen alles andere als einfach waren. Zwar zeigte man verschiedene Szenarien auf, wie das Wetter an Weihnachten aussehen könnte, sicher war jedoch nur: Der detaillierte Wetterablauf ist noch unsicher!

Nun stellt sich natürlich die Frage, ob unter den verschiedenen Wettermodellen mittlerweile etwas mehr Einigkeit herrscht. Und gibt es zumindest in einigen Regionen Deutschlands zu Weihnachten etwas Schnee? Fakt ist, dass es auch am heutigen Mittwoch (22.12.) noch einige Unsicherheiten in den Vorhersagen für das Weihnachtsfest gibt.

Doch wir werfen trotzdem einen Blick auf das aktuelle Wetter und die Prognose für die kommenden Tage: Bereits heute werden im äußersten Nordosten schon einige Schneeflocken aus den Wolken gedrückt. Ansonsten sorgt das derzeit noch vom Schwarzen Meer bis Mitteleuropa dominierende Hoch “Anni” in weiten Teilen des Landes für niederschlagsfreies Wetter.

Dies ändert sich jedoch, wenn im Laufe des morgigen Donnerstags (23.12.) und in der Nacht zum Freitag die Warmfront von “Per”, einem Tief über dem Nordostatlantik, mildere Meeresluft vom Atlantik über Deutschland hinweg schickt. Entsprechend gibt es ausgehend vom Nordwesten und der nördlichen Mitte gebietsweise Niederschläge, die sich allmählich ostwärts ausbreiten. Nach Westen und Südwesten zu fällt dagegen kaum etwas. Vor allem im Nordosten scheint sich die Warmluft jedoch nicht durchsetzen zu können. Entsprechend gehen die Niederschläge dort in Schnee über, mit etwas Glück akkumulieren sich diese dort auf einige Zentimeter. Mit Annäherung der Warmfront frischt auch der Wind auf, dennoch besteht im Übergangsbereich von Regen zu Schnee gerade in windgeschützten Mulden- und Tallagen, wo die Kaltluft nicht ganz so schnell ausgeräumt wird, gebietsweise die Gefahr von Glatteis. Derzeit sehen die Modelle diesen Streifen etwa von der Deutschen Bucht bis zum Erzgebirge sowie im Südosten Deutschlands.

Was nun die Prognosen für Heiligabend angeht, haben sich die Modelle im Laufe der letzten Tage etwas angenähert, zumindest der grobe “Fahrplan” scheint klar. Die über den Nordosten abziehende Warmfront geht allmählich in eine Kaltfront über, die wiederum rückseitig mit einer nördlichen Strömung von Skandinavien arktische Kaltluft in den Norden Deutschlands führt. Da der Zustrom sehr milder Atlantikluft von Südwesten her jedoch weiterhin aufrechterhalten wird, verstärken sich die Luftmassenunterschiede über dem Norden Deutschlands und somit auch die Niederschläge entlang der Kaltfront. Insbesondere von den Früh- bis in die Mittagsstunden können sich die Schneemengen von Vorpommern bis in den Norden Brandenburgs weiter akkumulieren. Aus den wenigen Zentimetern können dann bei Temperaturen um den Gefrierpunkt strichweise auch 10 bis 15 cm Neuschnee werden. Weiße Weihnachten dürfte in diesen Regionen also gesichert sein! Im südlichen Bereich des Niederschlagsgebiets fällt hingegen meist nur Regen, im Übergangsbereich kann vorübergehend auch Glatteis nicht ausgeschlossen werden. Im Tagesverlauf breiten sich die Niederschläge dann weiter südwärts aus, wobei diese immer mehr in Regen übergehen. Der Schneefall im Norden und Nordosten lässt hingegen nach.

In der Mitte und im Süden fällt das Weihnachtsfest jedoch eher grün-grau aus, dort steht zumindest zeitweise etwas Regen auf dem Programm. Darüber hinaus kommt dort bei Höchstwerten von bis zu 10 Grad Celsius am Freitag und Samstag wohl kaum “Weiße-Weihnachts-Stimmung” auf. Bei einer Schneefallgrenze von 1400 bis 1800 m muss man schon auf die höheren Alpengipfel, um in den Genuss von Schneefall zu Weihnachten zu kommen.

Im Laufe des Samstags kommt die Luftmassengrenze dann allmählich weiter nach Süden voran. Im Bereich der nördlichen Mitte schneit es – zumindest nach der Lesart einiger Modelle – vorübergehend auch mal stärker. Im Übergangsbereich zum Regen in mittleren und südlichen Landesteilen kann aber auch kurzzeitig gefrierender Regen nicht ausgeschlossen werden. Im äußersten Norden bleibt es hingegen meist niederschlagsfrei. Dort wird die Schneedecke bei Temperaturen im leichten Dauerfrostbereich aber konserviert. Nachts kann es in diesen Regionen über dem Schnee sogar bei strengem Frost unter -10 Grad klirrend kalt werden. Am Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag schwächen sich die Niederschläge zunehmend ab. Nur über den mittleren Landesteilen fallen noch wenige Tropfen oder Flocken.

Am Sonntag, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, sind aus aktueller Sicht noch größere Unsicherheiten in den Modellen vorhanden. Prinzipiell besteht weiterhin ein Temperaturgefälle vom Nordosten bei Dauerfrost nach Südwesten bei bis zu +9 Grad am Oberrhein. Die Niederschläge können sich zudem von Südwesten her wieder verstärken und nordostwärts auf mittlere, im Nachmittagsverlauf womöglich auch auf nördliche Landesteile übergreifen, wo dann erneut die Gefahr für gefrierenden Regen und Schneefall besteht.

Ob sich bei Ihnen nun ein “grau-grünes” und verregnetes Weihnachten oder Schneechaos inklusive Schneeballschlacht einstellt, wir Meteorologen der Vorhersage- und Beratungszentale wünschen Ihnen bereits heute schon frohe Weihnachtsfeiertage! Und schauen Sie doch mal auf dwd.de oder in der WarnWetter-App vorbei. Denn auch über die Feiertage sind wir natürlich mit Vorhersagen und Wetterwarnungen für Sie im Dienst.

MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.12.2021

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