Hochsommerlich heiß

Der heutige Donnerstag steht ganz im Zeichen von Gewittern. Verbreitet treten starke Gewitter mit Sturmböen und Starkregen, aber auch kleinerem Hagel auf. Nur der Südwesten ist weitgehend verschont. Nach Osten und Südosten hin sind am Nachmittag und Abend lokal Unwetter mit heftigem Starkregen, größerem Hagel und schweren Sturmböen oder auch orkanartigen Böen möglich. Da die Bäume voll belaubt sind, ist Astbruch oder Baumbruch möglich. Auch kleinräumige Überschwemmungen oder Schäden durch Hagel können auftreten. 

Hochsommerlich heiss 1

Unwettergrafik zu lokalen Schwergewittern am Donnerstag, 26.06.2025 

Wenn das Gewittertief abzieht, setzt sich von Südwesten her aber wieder hoher Luftdruck durch. Die Bewölkung geht zurück, die Sonnenanteile nehmen zu. Mit südlicher Strömung wird sehr warme bis heiße Luft aus Nordafrika zu uns geführt. In der Höhe (ca. 1500 Meter = 850 hPa) werden am Sonntag im Süden bereits knapp 20 Grad erwartet. Über der Mitte werden rund 15, im Norden 11 Grad liegen. Am Boden resultieren daraus 31 bis 35 Grad im Süden, 28 bis 32 Grad über der Mitte und 21 bis 27 Grad im Norden.
An den Folgetagen gelangt die heiße Luft weiter in den Norden. In den Nächten sinkt die Temperatur vor allem in urbanen Regionen nur noch selten und wenig unter 20 Grad. Auch sonst laden die Tiefstwerte zwischen 12 und 17 Grad kaum zum Durchlüften ein. Die Wärmebelastung steigt. 

Hochsommerlich heiss 2 

Hitzetrend für Deutschland von Samstag, 28.06.2025 bis Dienstag, 01.07.2025 

Ein Ende der Hitzewelle ist erst nach Mitte der kommenden Woche zu erwarten. Fraglich ist noch, wie stark die Abkühlung ausfallen wird. Bis dahin sind es aber im Süden etwa 5 Tage mit starker bis extremer Wärmebelastung, über der Mitte und im Norden kommen wahrscheinlich 2 bis 3 Tag mit starker Wärmebelastung zusammen. 

Neben Kreislaufproblemen können auch Hitzekrämpfe oder Hitzschlag Folgen der starken Wärmebelastung sein. Soweit muss es aber nicht kommen. Bereiten Sie sich auf die erwartete Wärmebelastung vor. In den letzten Jahren gab es immer wieder längere Hitzewellen. Es ist auch zu erwarten, dass die Wahrscheinlichkeit dafür steigt. Eine Lösung ist zum Beispiel die Anschaffung einer Klimaanlage. Sie verschafft an heißen Tagen Erleichterung durch kühle Räume. Guter Schlaf hilft dabei, die tagsüber hohe Belastung besser wegzustecken. 

Weitere Verhaltenstipps finden Sie auf hitzewarnungen.de. 

Diplom-Meteorologin Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Nach der Hitze die Gewitter

Der Sommer ist in vollem Gange. Im Süden Deutschlands ist es mit Hochdruckeinfluss heute sonnig und heiß. Die Maxima liegen südlich einer Linie Eifel-Frankenwald verbreitet über 30 Grad. Nördlich davon ist es ebenfalls warm, aber nicht so heiß. Nur an den Küsten und im Norden Schleswig-Holsteins werden maximal um 20 Grad erwartet, was per Definition im Juni nur „mäßig warm“ entspricht. Dazu ziehen immer wieder Wolken durch und vereinzelt fällt auch etwas Regen. Grund dafür sind Ausläufer eines Tiefdruckkomplexes über Finnland und dem Baltikum.
 

Nach der Hitze die Gewitter 1 

Karte Europa und Nordatlantik mit Vorhersage von Isobaren- und Druckzentren sowie Frontalzonen für Mittwoch, 25.06.2025 12 UTC (Quelle: DWD) 

Am morgigen Donnerstag (26.06.2025) schwächt sich der Hochdruck ab und wir geraten in den Einflussbereich eines Tiefs bei Island. Dessen Ausläufer erreichen uns bereits in den frühen Morgenstunden von Westen und Südwesten her. Vorderseitig eines Randtroges wird die eingeflossene Warmluft labilisiert und es kommt zu ersten Schauern und Gewittern im Südwesten und Westen des Landes.
 

Nach der Hitze die Gewitter 2 

Karte Europa und Nordatlantik mit Vorhersage von Isobaren- und Druckzentren sowie Frontalzonen für Donnerstag, 26.06.2025 12 UTC (Quelle: DWD) 

Tagsüber verlagern sich die feucht-warmen bis heißen Luftmassen nord- und ostwärts. Die Gewitter lassen am Vormittag aber vorübergehend nach. Ab Mittag sind verbreitet kräftige Gewitter möglich. Nur im Südwesten ist das Gröbste dann schon durch. In der Osthälfte des Landes besteht dann das größte Potenzial für örtliche Unwetter. Bei kräftigen Gewittern sind Sturmböen bis 85 km/h, kleinkörniger Hagel und Starkregen um 20 l/qm in kurzer Zeit wahrscheinlich. Bei Unwettern können Böen bis in den orkanartigen Bereich (110 km/h), Hagel bis 3 cm und Starkregen um 30 l/qm in kurzer Zeit auftreten. Auswirkungen können örtliche Überschwemmungen und Hagelschlag sein. Vor allem aber sind aufgrund der Böen Astbruch und umstürzende Bäume möglich. Diese sind aktuell voll belaubt und bieten dem Wind große Angriffsflächen.
 

Nach der Hitze die Gewitter 3

Deutschlandkarte mit der Region mit dem größten Potenzial für lokale Unwetter am Donnerstag, 26.06.2025 (Quelle: DWD) 

Am Donnerstagabend beruhigt sich das Wetter von Westen her wieder. In der Nacht zum Freitag zieht zwar noch eine kleine Störung von Westen herein, sie bringt aber nur noch dichte Wolken und Regen. Gewitter werden keine mehr erwartet. Zudem kühlt die Luft merklich ab.

An den Folgetagen setzt sich aus Südwesten Hochdruck durch, der wieder sehr warme bis heiße Luft bringt. Diese erreicht am Sonntag und Montag auch den Norden. Dann sind in weiten Teilen des Landes hochsommerliche Höchstwerte von über 30 Grad zu erwarten. Im Südwesten sind erneut um 35 Grad möglich.

Wie Sie sich auf die Hitze vorbereiten und schützen können, lesen Sie im Thema des Tages vom 13.06.2025: https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2025/6/13.html und jederzeit auch auf www.hitzewarnungen.de.

Dipl. Meteorologin Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Tief ZIROS – Wetternachlese

Ausgangspunkt der Entwicklung war eine für die Jahreszeit relativ kräftige Tiefdruckzone über der Norwegischen See und Skandinavien. Die dazugehörigen Tiefausläufer sorgten zum einen dafür, dass am vergangenen Sonntag von Südwesten eine heiße und potenziell instabile Luftmasse herangeführt wurde, die am Sonntag recht verbreitet zu sommerlich heißen Temperaturen geführt hat. Ab Sonntagnachmittag/-abend griff dann die erste Kaltfront auf den Nordwesten Deutschlands über. In deren Umfeld traten erste Schauer und Gewitter auf, die sich in der Nacht zum Montag allmählich ost-/südostwärts ausbreiteten. Am Montag selbst lag dann die erste Kaltfront diagonal über dem Land. Östlich- und südöstlich davon, vor allem im Süden und Südosten Bayerns, war somit die Subtropikluft noch nicht ausgeräumt. Dies zeigt auch die Analyse vom Montag 12 UTC (14 MESZ) in Abbildung 1, in der neben den Fronten die äquivalentpotenzielle Temperatur in 850 hPa (etwa 1,5 km Höhe) als Farbflächen enthalten ist. Diese äquivalentpotentielle Temperatur berücksichtig neben der Temperatur auch die Feuchte der Luftmasse bzw. deren Energiegehalt und erlaubt somit eine Unterscheidung verschiedener Luftmassen. 

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Abb. 1: Frontenanalyse am Boden und äquivalentpotenzielle Temperatur in 850 hPa (etwa 1,5 km Höhe) vom 23.06.2025, 12 UTC (14 MESZ). Quelle: DWD 

Im Tagesverlauf entstanden in der subtropischen Luftmasse im Südosten einige Gewitter, die lokal auch kräftiger ausfielen. Dabei traten teils (schwere) Sturmböen mit 70 bis 90 km/h, Hagel um 2 bis 3 cm und lokal auch Starkregen über 20 l/m² auf. Diese lokalen, kräftigen Gewitter sind auch gut im Radar- und Satellitenbild vom gestrigen Montag 12 UTC (14 MESZ) zu erkennen. 

Zum anderen sorgte die relativ kräftige Tiefdruckentwicklung recht verbreitet für sehr böigen Wind. Im Bereich bzw. vorderseitig einer zweiten Kaltfront (siehe Analyse Abb. 1), die morgens von Nordwesten übergriff und einen weiteren Schwall erwärmter, subpolarer Luft heranführte, entstand eine weitere Schauer-/Gewitterlinie (Abb. 2, Radarbild vom 23.06.2025, 12 UTC), die sich im Tagesverlauf über den nördlichen Landesteilen ostwärts verlagerte. Im Zusammenspiel mit den Strukturen in höheren Luftschichten deuteten sich für den Montagnachmittag und -abend erhöhte Wahrscheinlichkeiten für Sturm- und teils schwere Sturmböen im Nordosten des Landes an. Auch orkanartige Böen konnten vereinzelt nicht ganz ausgeschlossen werden. 

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Abb. 2: Darstellung Radar und Satellitendaten, Überblick über Deutschland vom 23.06.2025, 12 UTC (14 MESZ). Quelle: DWD 

Und so kam es dann auch. Zwar verlor die Schauer- und Gewitterlinie auf ihrem Weg nach Osten etwas an Kontur, trotzdem traten an der Linie am späteren Nachmittag bzw. frühen Abend vor allem in Brandenburg und insbesondere auch im Großraum Berlin einige schwere Sturmböen um 100 km/h (Bft 10), vereinzelt auch orkanartige Böen um 105 km/h (Bft 11), auf:
 

Berlin Dahlem (FU Berlin)  108 km/h 
Brandenburg/Havel  105 km/h 
Berlin Tempelhof  100 km/h 
Heckelberg (nordöstlich von Berlin, Landkreis Märkisch-Oderland)  100 km/h 
Potsdam  96 km/h 
Flughafen Berlin-Brandenburg  95 km/h 

Abseits dieser Spitzenwerte wurden im gesamten Nordosten recht verbreitet Sturmböen von 65 bis 80 km/h (Bft 8 bis 9) gemessen. 

Das Windmaximum im Berliner Raum trat in etwa zwischen 17 und 18.30 MESZ auf. In Berlin, aber auch in Brandenburg, wurden sehr viele Feuerwehr- und Rettungseinsätze aufgrund umgestürzter Bäume oder abgebrochener Äste gemeldet. Leider mussten auch ein Todesopfer und einige Verletzte verzeichnet werden und es kam zu erheblichen Einschränkungen im Verkehrssektor – u.a. war der S-Bahn-Verkehr in Berlin aufgrund von Bäumen oder Ästen auf den Gleisen zwischenzeitlich komplett eingestellt. Hinsichtlich der Auswirkungen kam in Anbetracht der Jahreszeit verstärkend hinzu, dass die Bäume aktuell voll belaubt sind und dem Wind somit eine große Angriffsfläche bieten. Möglicherweise kommen aufgrund der vorangegangenen Trockenheit (auch der vergangenen Jahre) teils Vorschädigungen dazu. Aufgrund dieser Brisanz wurden für den Nordosten des Landes bereits am Vortag im Warnlagebericht auf diese Entwicklung hingewiesen und am Montagvormittag zudem für den Nordosten verbreitet Warnungen vor schweren Sturmböen (um 100 km/h) ausgegeben und auf eine geringe Wahrscheinlichkeit für orkanartige Böen hingewiesen. 

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Storm Splitting – Wenn Gewitter sich scheiden lassen

Essentiell für die Entstehung von Superzellen und damit auch die Grundlage für einen Storm Split ist eine vorhandene vertikale Windscherung in der Atmosphäre. Dabei unterscheidet man zwischen zwei Hauptformen: der Geschwindigkeits- und der Richtungsscherung. Die Geschwindigkeitsscherung beschreibt Veränderungen in der Windgeschwindigkeit mit zunehmender Höhe, während sich bei der Richtungsscherung die Windrichtung in den verschiedenen Höhenschichten verändert. Beide Prozesse führen dazu, dass in der Atmosphäre sogenannte horizontale Vorticity, also horizontal rotierende Luftwirbel, entstehen (siehe Abbildung 2). 

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Abbildung 1: Beispiel für einen (doppelten) Storm Split im Radarbild östlich Reims im Nordosten Frankreichs am 14.06.2025 (Quelle:DWD) 

 

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Abbildung 2: Die Bildung von horizontaler Vorticity durch Geschwindigkeits- und Richtungsscherung in vereinfachter Darstellung (Quelle: Aaron Gentner) 

Um das Phänomen des Storm Splits möglichst verständlich zu erklären, betrachten wir zunächst den einfachsten, idealisierten Fall. Dabei liegt ausschließlich vertikale Geschwindigkeitsscherung vor. Das bedeutet: Der Wind weht in allen Höhen aus der gleichen Richtung, in diesem Fall aus Westen. In einem solchen Szenario bewegen sich auch die Wolken gerade von West nach Ost – stets parallel zum mittleren Windscherungsvektor. Die durch die Geschwindigkeitsscherung erzeugte horizontale Vorticity steht dabei perfekt senkrecht zur Zugrichtung des Sturms, weil sie in diesem Fall Nord-Süd ausgerichtet ist. Diese senkrechte Ausrichtung wird als crosswise Vorticity bezeichnet. Gelangt nun der horizontal rotierende Luftwirbel in den Aufwindbereich eines Gewitters, wird er davon nach oben in die Zelle hineingesogen. Dabei kippt die Vorticity durch die vertikale Bewegung in eine aufrechte Position und bildet jetzt eine vertikale Rotation. 

Es entsteht also ein Wirbelpaar an den Flanken des Aufwinds. Auf der einen Seite entsteht dementsprechend eine antizyklonale Drehung (im Uhrzeigersinn), während die andere Seite zyklonal (gegen den Uhrzeigersinn) rotiert. Die vertikale Rotation hat einen entscheidenden Effekt: An den beiden Flanken bilden sich lokale Tiefdruckbereiche (Stichwort Zentrifugalkraft), ähnlich wie bei einem Wasserwirbel, der entsteht, wenn man die Badewanne ablaufen lässt. Statt Wasser strömt hier allerdings Luft nach, angetrieben durch die Druckgradientkraft. Diese Luftbewegung führt an beiden Flanken zur Bildung eines neuen Aufwindbereichs, wodurch zwei neue, getrennte Zellen entstehen. 

Ein weiterer Mechanismus kann diesen Aufspaltungsprozess zusätzlich beschleunigen: Wenn sich durch den ursprünglichen Aufwind bereits genügend Niederschlag in der Wolke gesammelt hat, fällt dieser herab und erzeugt einen zentralen Abwind. Dieser verdrängt das ursprüngliche Aufwind-Maximum und „drückt“ die beiden neuen Zellen zusätzlich auseinander. In der Folge spaltet sich der ursprüngliche Sturm also in zwei Richtungen auf. Bei einer rein westlichen Windscherung zieht die eine Zelle, der sogenannte left mover (LM), nach Nordwesten ab. Die andere, der right mover (RM), bewegt sich weiter nach Südwesten. Diese Namensgebung basiert auf der relativen Abweichung der Zugrichtungen beider Zellen vom ursprünglichen Kurs. 

Wenn sich die Zugrichtung eines Sturms zunehmend von der mittleren Windscherung unterscheidet, trifft der Sturm auf eine verstärkte Komponente sogenannter streamwise Vorticity. Dabei handelt es sich um Wirbel in der Umgebungsluft, deren Rotationsachse nicht mehr senkrecht, sondern zunehmend parallel zur der Zugrichtung des Sturms verläuft. Das macht es einfacher die vorhandene Rotation in den bestehenden Aufwind einzufangen, weil die Wirbelachse jetzt direkter mit der Aufwindachse zusammenfällt. Diese wird dann vertikal gestreckt, weshalb sich die Rotationsgeschwindigkeit des Aufwinds deutlich erhöht. Das ist vergleichbar mit dem Pirouetten-Effekt bei einer Eiskunstläuferin, die ihre Arme anzieht. Auf diese Weise entsteht eine rotierende Aufwindstruktur, die sogenannte Mesozyklone – das zentrale Merkmal einer Superzelle. 

Im zuvor beschriebenen Fall mit rein crosswise ausgerichteter Vorticity (senkrecht zur Zugrichtung) wird dieser Prozess auf beiden Seiten des Aufwinds gleich stark ausgelöst. Es entstehen zwei Superzellen mit unterschiedlicher Zugbahn, da die Druckverteilung innerhalb der Zellen weiterhin eine Abweichung vom mittleren Windfeld bewirkt. Theoretisch wären diese beiden Superzellen spiegelbildlich. Allerdings gibt es noch einen weiteren Einflussfaktor, nämlich die Corioliskraft. Diese, durch die Erdrotation verursachte Scheinkraft, wirkt auf der Nordhalbkugel verstärkend auf die zyklonale (rechtsdrehende) Rotation der RM-Superzelle und abschwächend auf die antizyklonale (linksdrehende) Rotation der LM-Superzelle. Das bedeutet, dass die RM-Superzelle meist etwas stärker ausgeprägt ist als die LM-Superzelle. Auf der Südhalbkugel kehrt sich dieses Verhalten natürlich um. 

Tatsächlich wird in der Praxis meist auch ohne den Einfluss der Corioliskraft eine der beiden Superzellen bevorzugt, während die andere in ihrer Entwicklung gehemmt wird. Die zuvor beschriebene symmetrische Aufspaltung ist eher die Ausnahme. Denn wie bereits erwähnt, tritt neben der Geschwindigkeitsscherung meistens auch Richtungsscherung auf. Diese beeinflusst maßgeblich die Orientierung der Vorticity (streamwise vs. crosswise) in der Umgebungsluft. 

Das hat direkte Auswirkungen auf die Entwicklungschancen der entstehenden Zellen. Dreht der Wind mit zunehmender Höhe beispielsweise von Süd auf West, entsteht eine rechtsdrehende (zyklonale) Richtungsänderung. In diesem Fall trifft die rechtsläufige Zelle auf eine stärkere Komponente an streamwise Vorticity, also förderlicher Rotation, die sich effizient in vertikale Rotation und damit in eine stabile Mesozyklone umwandeln lässt. Die linksläufige Zelle hingegen hat meist nur Zugang zu mehr crosswise Vorticity, die für die Entstehung einer starken, rotierenden Superzelle weniger günstig ist. Daher bleibt sie oft schwächer oder löst sich schnell wieder auf. 

Solche rechtsdrehenden Windscherungsprofile treten insbesondere auf der Nordhalbkugel häufig auf – weshalb RM-Superzellen dort typischerweise dominieren. Auf der Südhalbkugel ist das Muster wiederum umgekehrt. In besonders extremen Fällen, bei denen eine sehr ausgeprägte Richtungsänderung mit der Höhe vorliegt, kann der Aufwind auf einer Seite sogar so stark unterdrückt werden, dass sich die Teilung des Gewitters gar nicht sichtbar vollzieht. Stattdessen entsteht direkt eine einzelne, dominante Superzelle. 

Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass in den beiden Storm-Splits aus Abbildung 1 die linke Superzelle etwas schwächer ausgeprägt ist – obwohl der zugehörige Hodograph (siehe Abbildung 3) überwiegend auf Geschwindigkeitsscherung hinweist. Denn selbst leichte Richtungsänderungen mit der Höhe können ausreichen, um eine der beiden Zellen zu begünstigen. In diesem Fall die rechtsdrehende Superzelle. 

Storm Splitting Wenn Gewitter sich scheiden lassen Storm Splitting Wenn Gewitter sich scheiden lassen 3

Abbildung 3: Hodograph in der Nähe des in Abbildung 1 gezeigten Storm Splits, zwei Stunden zuvor (Quelle:DWD) 

An dieser Stelle noch ein paar erklärende Worte zum Begriff Hodograph: Ein Hodograph ist eine grafische Darstellung der Windvektoren in Abhängigkeit von der Höhe. Dabei werden sowohl Windrichtung als auch -geschwindigkeit für verschiedene Höhenniveaus als Punkte in ein Koordinatensystem eingetragen und miteinander verbunden. Verläuft die Verbindungslinie gerade, bedeutet das: Die Windgeschwindigkeit nimmt mit der Höhe zu, die Windrichtung bleibt jedoch konstant. Es liegt also reine Geschwindigkeitsscherung vor. Eine gekrümmte Linie hingegen zeigt, dass sich auch die Windrichtung mit der Höhe ändert, was ein Hinweis auf Richtungsscherung ist. Diese Krümmung ist entscheidend für die Entstehung von streamwise Vorticity und beeinflusst damit maßgeblich Art und Stärke der Rotation in einer Gewitterzelle. Im oben gezeigten Beispiel (Abbildung 1) erkennt man im zugehörigen Hodographen eine leichte Winddrehung in den unteren drei Kilometern von Süd auf Südwest, was durch die gekrümmte Linie in diesem Höhenbereich deutlich wird. Darüber hinaus verlaufen die Windvektoren relativ einheitlich in nordöstliche Richtung. Das deutet auf eine dominante Windrichtung aus Südwesten und damit überwiegend Geschwindigkeitsscherung hin. 

Um abschließend nochmal zur Einleitung zurückzukommen: Laut ESWD-Datenbank waren in diesem Fall beide Superzellen nach der Trennung eher launisch unterwegs. Die linke der beiden Zellen konnte neben den typischen Gewitterbegleiterscheinungen vor allem mit Hagelgrößen bis 3 cm auf sich aufmerksam machen, die rechte Superzelle schmiss dagegen mit bis zu 4 cm großen Eisklumpen um sich. 

Hochschulpraktikant B. Sc. Aaron Gentner in Zusammenarbeit mit Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Auf Hitze folgen Gewitter und Sturm

Die Höchstwerte für den heutigen Tag stehen zwar noch aus. Dass der bisherige Jahreshöchstwert von 35,5 Grad in Kitzingen vom 14.06.2025 übertroffen wird, ist aber praktisch sicher. Sehr wahrscheinlich übertreffen gleich mehrere Stationen diesen Wert, selbst an den Küsten werden bei ablandigem südlichem Wind häufig 30 Grad und mehr erreicht. Doch diese kurze, aber markante Hitzewelle findet schon bald ihr Ende. Von Nordwesten nähert sich die Kaltfront von Tief „ZIROS“ und erreicht Niedersachsen heute Abend. In der Nacht zum Montag schwenkt diese südostwärts und liegt Montagfrüh von Brandenburg über Thüringen bis nach Baden-Württemberg. Im Vorfeld der Kaltfront und mit der Kaltfront selber kommt es gebietsweise zu Gewittern, die kräftig, örtlich sogar unwetterartig ausfallen können. Dabei kann es zu großem Hagel um 3 cm Durchmesser, heftigem Starkregen um 25 Liter pro Quadratmeter (l/qm) und schweren, vereinzelt sogar orkanartigen Böen bis 105 km/h kommen. 

Auf Hitze folgen Gewitter und Sturm 1

Abb. 1: Wahrscheinlichste Regionen mit starken und schweren Gewittern inklusive ihrer Begleiterscheinungen. Sonntag und Nacht auf Montag 22./23.06.2025. (Quelle:DWD) 

Turbulenter Montag 

Nächtliche Schauer und Gewitter ziehen am Montag zwar nach Osten ab. Südöstlich einer Linie Erzgebirge-Hochrhein entstehen ab dem Mittag jedoch neue, kräftige Gewitter, die örtlich Unwetterstärke erreichen, das heißt mit heftigem Starkregen über 25 l/qm, großem Hagel und schweren Sturmböen einhergehen. Weitere „Wetterschwerpunkte“ sind der Norden und Osten. Dort schwenken sehr wahrscheinlich vom Mittag (Niedersachsen, Schleswig-Holstein) bis Abend (Brandenburg, Sachsen) linienhaft angeordnete Gewitter von West nach Ost über die Region hinweg. Mit dieser Linie sind Sturmböen wahrscheinlich, örtlich können schwere Sturmböen bis 100 km/h auftreten. Während solche Windgeschwindigkeiten im Winterhalbjahr nichts Besonderes darstellen, sind sie im Sommer, zumindest wenn sie gebietsweise auftreten, eher selten. Im Gegensatz zum Winter bieten die belaubten Bäume eine große Angriffsfläche. Die Gefahr herabstürzender Äste oder umfallender Bäume ist so deutlich höher. Auch befinden sich mehr Gegenstände in Gärten und auf Terrassen, die zum Spielball des Windes werden könnten. 

Auf Hitze folgen Gewitter und Sturm 2

Deutschlandkarte mit eingefärbten Regionen. Ocker für markante Gewitter: Norden und Süden. Rot für teils schwere Gewitter: Südostdeutschland (Quelle:DWD) 

Stürmisch auch ohne Gewitter 

Doch nicht nur mit Schauern und Gewittern kommt es zu starken Böen. Auch abseits davon wird es verbreitet Windböen (Bft 7) und stürmische Böen (Bft 8) aus Südwest bis West geben. Dafür sorgt allein der große Druckgradient zwischen Tief „ZIROS“ über Norwegen und Hoch „Zora“ über Südosteuropa. Am windigsten wird es abseits von Schauern und Gewittern am Mittag und Nachmittag. Dann sind die untersten Luftschichten am wärmsten und ein Impulsaustausch mit Luftschichten in einer Höhe von ein und zwei Kilometer, wo starke Westwinde wehen, geht am einfachsten vonstatten. Das bedeutet, dass die starken Winde in der Höhe „heruntergemischt“ werden und Sturm- oder gar schwere Sturmböen den Boden erreichen. Siehe dazu Abbildung 3, das die Windgeschwindigkeiten in etwa 1500 Meter Höhe für den morgigen Montag zeigt. 

Auf Hitze folgen Gewitter und Sturm 3

Abb. 3: Windgeschwindigkeiten für 1500 Meter Höhe am 23.06.2025. Modell: ICON6_NEST (Quelle:DWD) 

Im Laufe des Montagabends beruhigt sich dann das Wetter. Die Linie über Ostdeutschland verlässt die Republik nach Osten und die Gewitter im Südosten schwächen sich ab und lösen sich letztlich auf. Abseits der Küsten lässt der Westwind zudem deutlich nach. 

Wetterberuhigung und neue Hitze 

Der Dienstag verläuft dann deutlich ruhiger. Im Norden und Osten ist es am Dienstag zwar nochmals windig, an den Küsten auch stürmisch. Die Intensität vom Montag wird allerdings nicht erreicht. Zudem gibt es gebietsweise Regen oder Schauer. Im Süden ist es unter Hochdruckeinfluss freundlich und trocken. Die Temperaturunterschiede zwischen Norden und Süd sind groß: Maximal 18 Grad gibt es in Flensburg und 31 Grad am Kaiserstuhl. 

Am Mittwoch verstärkt sich der Hochdruckeinfluss. Die Temperaturen machen ein Satz nach oben und erreichen um 20 Grad an den Küsten und bis 35 Grad am Oberrhein. 

 

M.Sc.Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Sonnengruß zum Sommeranfang

Während in der Meteorologie schon seit drei Wochen von Sommer gesprochen wird, hat nun auch der kalendarische Sommer begonnen. Und zwar exakt heute, am 21. Juni 2025 um 04:42 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) – mit der Sommersonnenwende, jenem Moment, an dem die Sonne senkrecht über dem nördlichen Wendekreis (23° 26′ nördlicher Breite) steht. Für Hatha-Yogis könnte man sagen: Mutter Erde hat heute früh ihre Wirbelsäule exakt in Tadasana über dem Wendekreis aufgerichtet – ruhig, zentriert und im Gleichgewicht zwischen Licht und Schwerkraft. 

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Illustration der unterschiedlichen Tageslängen zur Sommersonnenwende am 21. Juni. 

In Schweden wird dieser astronomische Höhepunkt traditionell mit Blumenkränzen, Volkstänzen und jeder Menge Hering gefeiert – in Deutschland neigen wir wohl eher zum Genuss von Grillwürstchen bei den sommerlich heißen Temperaturen heute. Egal wie: Es ist der Moment im Jahr, an dem unsere nördliche Halbkugel maximal der Sonne zugewandt ist. Und auch wenn sich der genaue Zeitpunkt der Sonnenwende in den verschiedenen Zeitzonen unterscheidet – in Los Angeles war sie beispielsweise schon am 20. Juni um 19:42 Uhr Ortszeit – findet das Ereignis physikalisch betrachtet überall gleichzeitig statt. Zeitzonen sind menschengemacht, die Sonne kennt nur das Jetzt. Und das ist sehr yogisch.
Dass sich Yogis besonders frühmorgens auf die Matte begeben, ist kein Zufall. In der Stille der Dämmerung, wenn die Luft noch kühl ist und die Welt langsam erwacht, lässt sich die Verbindung zur Natur besonders intensiv spüren. Doch ausgerechnet zur Sommersonnenwende, dem längsten Tag des Jahres, ist der Sonnenaufgang nicht am frühesten. In München beispielsweise ging die Sonne am 15. Juni um 05:12 Uhr auf – heute, am 21. Juni, war sie erst um 05:13 Uhr über dem Horizont. Nur wer mit einer sehr präzisen inneren Uhr praktiziert, bemerkt diese astronomischen Nuancen. Für alle anderen gilt: Die Sonne ist da, also los – der Sonnengruß ruft. 

Und auch beim Sonnenuntergang wird’s paradox: Trotz maximaler Tageslänge verabschiedet sich die Sonne erst einige Tage nach der Sonnenwende am spätesten. In Hamburg-Mitte zum Beispiel erreicht der Sonnenuntergang am 24. Juni 2025 um 21:54:12 Uhr seinen spätesten Zeitpunkt. Ursache dafür sind zwei himmlische Tatsachen: die Neigung der Erdachse und die leicht elliptische Umlaufbahn der Erde um die Sonne. Diese sorgen dafür, dass sich die tägliche Sonnenlaufbahn nicht exakt gleichmäßig verändert – ein kosmisches Spiel aus Tempo und Winkel. Wenn das mal kein Anlass für eine achtsame Gehmeditation ist. Auf jeden Fall ist der Energiefluss heute enorm, was zumindest bei den Photovoltaikanlagen ablesbar ist. Der längste Tag überschneidet sich dieses Jahr mit einem ganztags nahezu wolkenfreien Himmel.
Übrigens: Wer meint, im Sommer sei die Erde der Sonne besonders nah, liegt falsch. Tatsächlich ist unser Planet im Juni etwa fünf Millionen Kilometer weiter von der Sonne entfernt als im sonnenschwachen Dezember. Die Jahreszeiten verdanken wir nicht der Distanz, sondern dem Kipp der Erdachse – einem 23,5°-Neigungswinkel, der unser Klima rhythmisiert. Ein bisschen wie die Balancehaltung im Yoga: Nur durch bewusstes Aus-dem-Gleichgewicht-Kommen entsteht Bewegung und Wachstum. 

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Wettervorhersage mit Maximaltemperaturen für den morgigen Sonntag, den 21.06.2025 

Wer glaubt, der längste Tag sei auch automatisch der heißeste, irrt gewaltig. Ähnlich wie beim Yoga, wo die Wirkung mancher Asanas erst in der Ruhe danach spürbar wird, hinkt die Atmosphäre dem Sonnenmaximum hinterher. Zwar erhalten wir zur Sommersonnenwende die meiste Sonnenenergie pro Tag, aber die Lufttemperatur folgt mit Verzögerung. Warum? Weil die Erde – insbesondere die Ozeane – Zeit brauchen, um sich aufzuheizen. Es wird tagsüber noch eine ganze Weile mehr Energie aufgenommen als nachts wieder abgestrahlt wird. Deshalb liegt das Hitze-Maximum oft erst im Juli. 

Auch das aktuelle Wetter zeigt sich ganz im yogischen Sinne von „Tapas“, der Entfachung eines inneren Feuers: Schon heute knackten viele Orte im Westen Deutschlands die 30-Grad-Marke. Am morgigen Sonntag erwarten uns landesweit Temperaturen zwischen 30 und 37 Grad (siehe Thema des Tages vom 20.06.2025). Da wird selbst der „herabschauende Hund“ zur schweißtreibenden Prüfung – besonders auf aufgeheizten Stadtbalkonen oder in der überfüllten Wiese im Park. „Hot Yoga“ wird dann für viele zur unfreiwilligen Variante. 

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Yogierender Wetterfrosch. 

Doch genau hier kommt der wahre Yoga-Geist zum Tragen: Akzeptanz. Wenn der Asphalt flimmert und der Schweiß neue Wege über den Körper findet, hilft kein Widerstand. Nur Hingabe. Ob im „Fisch“, im „Kamel“ oder schlicht in der Bauchlage – wer atmen kann, kann praktizieren. Auch wenn’s klebt.
Also: Namasté. Mögen eure Asanas stabil stehen, eure Sonnencreme halten – und euer Herz offenbleiben, egal wie hoch das Thermometer klettert. 

MSc Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Hitzeintermezzo am Wochenende – Temperatursturz zum Wochenstart

Hoch ZORA hat das Wettergeschehen in Deutschland weiterhin fest im Griff! Zwar verlagert es seinen Schwerpunkt am morgigen Samstag von Norddeutschland ins südöstliche Mitteleuropa, Tiefdruckgebiete haben aber noch keine Chance, sich durchzusetzen. Die Betonung liegt auf „noch“. Denn über dem Nordatlantik, genauer gesagt knapp südlich von Grönland, lauert bereits Tief ZIROS. 

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Abb. 1: Luftdruck am Boden (weiße Linien) und Temperatur in rund 1500 m Höhe (Farbfläche) für Freitag, 20.06.2025, 20 Uhr (ICON-Prognose). Quelle: DWD 

Dieses Tief nimmt Kurs Richtung Südskandinavien und wird ab Sonntagabend einen Wetterwechsel einleiten, der sich gewaschen hat – so viel schon mal vorweg. Zunächst einmal gelangt aber zwischen ZORA und dem herannahenden ZIROS aus Südwesten zunehmend heiße Luft nach Deutschland. 

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Abb. 2: Luftdruck am Boden (weiße Linien) und Temperatur in rund 1500 m Höhe (Farbfläche) für Sonntag, 22.06.2025, 20 Uhr (ICON-Prognose). Quelle: DWD 

Während am heutigen Freitag gerade mal am Oberrhein die 30-Grad-Marke knapp erreicht wird, wird das am Samstag vor allem in der Westhälfte vermehrt der Fall sein. Entlang des Rheins sind dann lokal schon bis zu 33 Grad drin. Der astronomische Sommeranfang drückt also direkt auf’s Gaspedal! 

Der Sonntag legt noch eine ordentliche Schippe drauf. Verbreitet werden Höchstwerte zwischen 30 und 35 Grad erwartet. Eine Spur heißer wird es Richtung Südwesten, wo lokal sogar erst bei 37 Grad Schluss sein kann mit dem Temperaturanstieg. Freibäder und Badeseen dürften prall gefüllt sein und das Lieblingseis sollte wahrscheinlich im Rekordtempo gegessen werden, wenn man es noch im einigermaßen festen Zustand genießen will. Wer der Hitze innerhalb Deutschlands entfliehen möchte, findet wohl nur in den Hochlagen der Gebirge, auf den Nord- und Ostseeinseln sowie an der Grenze zu Dänemark Höchstwerte unter 30 Grad vor. Hitzeliebhaber sollten dagegen genießen, was das Zeug hält, denn von mehr als einem Intermezzo kann man hierbei nicht sprechen. 

Am Sonntagabend greift nämlich die Kaltfront von Tief ZIROS auf den Westen und Nordwesten Deutschlands über, die ihrem Namen mehr als gerecht wird! Zunächst einmal wird es in ihrem Vorfeld erste kräftige Schauer und Gewitter geben, die sich bis Montag in die Südosthälfte vorarbeiten und lokal Unwetterpotenzial mit sich bringen. Die Temperatur stürzt förmlich ab. Im Norden und Westen sind am Montag nicht einmal mehr 25 Grad drin und im Nordseeumfeld bekommt man selbst mit der 20-Grad-Marke schon Schwierigkeiten. Damit liegen die Höchstwerte dort oftmals um mehr als 10 Kelvin niedriger als noch am Vortag. In der Südosthälfte bleibt es zwar sommerlich warm, 30 Grad dürften aber auch dort nicht mehr erreicht werden. 

Hitzeintermezzo am Wochenende 3

Abb. 3: Höchsttemperatur für Sonntag, 22.06.2025 (links) und Montag, 23.06.2025 (rechts) (MOSMIX-Prognose). Quelle: DWD 

Doch damit nicht genug: Neben Schauern, Gewittern und Temperatursturz wird es zudem auch noch sehr windig bis stürmisch. Gerade im Norden und Westen wird sich der Wochenstart damit fast schon herbstlich anfühlen im Vergleich zum hochsommerlichen und heißen Sonntag. 

Die Wetterumstellung hin zu einer für unsere Breiten klassischen Westwetterlage wird voraussichtlich die ganze nächste Woche anhalten. Immer wieder werden daher Tiefausläufer mit zeitweiligem Regen ostwärts durchziehen, die vor allem den Norden betreffen, hin und wieder aber auch bis in den Süden ausgreifen. Dazu stellt sich ein Nord-Süd-Gefälle beim Temperaturniveau ein. Während es im Süden (und zumeist wohl auch in der Mitte) sommerlich warm bis heiß bleibt, halten sich die Höchstwerte im Norden eher in einem Bereich zwischen 20 und 25 Grad auf. 

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Die städtische Wärmeinsel

Das Sommerhoch ZORA sorgt in weiten Teilen West- und Mitteleuropas für ruhiges Sommerwetter. Vor allem in der Südwesthälfte des Landes scheint die Sonne teils sogar von einem wolkenlosen Himmel. Dazu bewegen sich die Temperaturen auf sommerlichem Niveau. In einigen Niederungen des Südwestens wurden am gestrigen Mittwoch ein Hitzetag mit einer Höchsttemperatur von über 30 Grad registriert. Und auch heute sind dort wieder ähnliche Höchstwerte zu erwarten. Die Nächte sind aber aktuell noch gut geeignet, um die überhitzten Innenräume einmal ordentlich durchzulüften. Meist liegen die Tiefstwerte unter 15 Grad. Lediglich in einigen Ballungszentren im Südwesten wurden in der Früh höhere Temperaturen gemessen. Grund dafür ist unter anderem der städtische Wärmeinseleffekt. 

Durch die großräumige Versiegelung in Großstädten wird der Wasserhaushalt gestört. Während über Grünflächen in ländlichen Gebieten an einem trockenen und heißen Sommertag starke Verdunstung stattfindet, ist dieser Effekt innerhalb von Großstädten stark reduziert. Dadurch wird der Verbrauch von Wärmeenergie signifikant verringert. Somit ist die Temperatur bei stabilen, windschwachen Hochdrucklagen im Sommer in den Großstädten oft höher als im Umland. Gleichzeitig wird durch die versiegelten Flächen ein Großteil der einfallenden Solarstrahlung absorbiert, während im ländlichen Gebiet in Abhängigkeit des Vegetationstyps dieser Effekt meist geringer ist. 

So bildet sich in dicht besiedelten Ballungsräumen ein lokales, flaches, thermisches Tiefdruckgebiet aus. Da im Umland der Stadt vergleichsweise höherer Luftdruck vorherrscht, ergibt sich eine Strömung vom Umland in die Stadt. Je nach Bebauung kann dieser Flurwind bis in die äußeren Stadtbereiche vordringen und dort nicht nur für eine Abkühlung, sondern auch für eine bessere Lufthygiene sorgen. Dies ist vor allem in der Nacht der Fall, da zu dieser Zeit die Temperaturdifferenz zwischen Umland und Stadt am stärksten ausgeprägt ist. Dazu tragen die dunklen Oberflächen wie Asphalt bei. Aufgrund ihrer geringen Albedo speichern diese Wärme und geben diese bei Nacht wieder ab. Gleichzeitig kühlt sich das Umland bei klaren Bedingungen in den windstillen Nächten rasch ab. Zusätzlich wird die Lufttemperatur in der Stadt von der anthropogenen Wärmefreisetzung beeinflusst. Emissionen aus Verkehr und Industrie modifizieren nicht nur die Zusammensetzung der Luft, sondern auch deren Temperatur. 

Die staedtische Waermeinsel 1

Schematische Darstellung des Stadtklimas. (Quelle: DWD/Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg)

Der städtische Wärmeinseleffekt konnte in der vergangenen Nacht beobachtet werden. Während die Temperatur in München Stadt heute Morgen um 06 Uhr bei lauen 15,9 Grad lag, kühle es im Umland wesentlich stärker ab. So verzeichnete die Wetterstation in Oberhaching zur selben Zeit eine Temperatur von 11,9 Grad. Bei einer längeren Hitzeperiode und bei windstillen und klaren Bedingungen kann die Temperaturdifferenz in der Früh zwischen Umland und Stadt noch größer ausfallen. Im Extremfall sind dann Temperaturunterschiede von bis zu 10 Grad möglich. 

In Berlin waren die Unterschiede heute Morgen dagegen kaum vorhanden. Sowohl die Station Berlin Alexanderplatz als auch die Station am Berliner Flughafen Schönefeld registrierten rund 16 Grad. Grund dafür war ein relativ starker Nordwestwind, welcher für Durchmischung sorgte und somit die Temperaturunterschiede teilweise ausglich. 

Auch in den kommenden Tagen bleibt uns das ruhige Hochdruckwetter erhalten. Zudem flaut auch der Wind im Nordosten vorübergehend wieder etwas ab, sodass der städtische Wärmeinseleffekt auch in Berlin wieder zu beobachten sein wird. Da sich der Hochdruckschwerpunkt allmählich nach Osten verlagert, steigen die Temperaturen am Wochenende insgesamt an. Somit sind in den Ballungszentren vor allem im Westen und Südwesten vermehrt Tropennächte möglich. Dies wird auch aufgrund der allmählich feuchteren Luftmasse zu einer zunehmenden Wärmebelastung der Stadtbevölkerung führen! 

Die staedtische Waermeinsel 2

Vorhersage der Tiefsttemperatur im Südwesten für das kommende Wochenende. Vor allem in der Nacht zum Montag werden häufiger Tropennächte erwartet. (Quelle:DWD)  

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Der Schlüssel zur Klimageschichte: Klimaproxys – Teil 2

  1. Sedimentgesteine:

    Bereits die geomorphologischen Merkmale von (Sediment-)Gesteinen können wertvolle Informationen für die Rekonstruktion früherer Klimabedingungen liefern. Die Geomorphologie befasst sich mit der Form und Entwicklung der Erdoberfläche, also mit der Entstehung und Veränderung von Landschaften. Charakteristische Landschaftsformen wie Gletscherkratzspuren (Abbildung 1) entstehen beispielsweise, wenn Gletscher andere Gesteine über das darunterliegende Material bewegen und dabei linienförmige Rillen hinterlassen. In Regionen wie Afrika, Südamerika, Indien und Australien lassen sich parallele Schleifspuren nachweisen, die unter heutigen klimatischen Bedingungen ungewöhnlich erscheinen. Diese Spuren gelten jedoch als Belege für die Existenz des ehemaligen Superkontinents Gondwana und seine weitreichende Vergletscherung während der Karbon-Perm-Eiszeit vor etwa 360 bis 260 Millionen Jahren. Weitere geomorphologische Strukturen mit klimatischer Aussagekraft sind Wellenrippel (Abbildung 1), die durch Wasser- oder Windbewegung entstehen, Gletschermoränen, Dünen sowie alte Flussterrassen. 

Der Schluessel zur Klimageschichte Klimaproxys – Teil 2 1

Abbildung 1: Links: Gletscherkratzspuren in Gesteinen nahe dem Moiry-Gletscher in der Schweiz; Rechts: Wellenrippel in einem Gestein aus der Perm-Zeit, Nomgon, Mongolia. (Quelle: Mangouste48 – CC BY-SA 4.0 & Matt Affolter – CC BY-SA 3.0) 

Aber auch die innere Beschaffenheit von Sedimentgesteinen – etwa deren Farbe, Korngrößenverteilung, Sortierung und Zusammensetzung – bietet wichtige Hinweise auf vergangene Umwelt- und Klimabedingungen. So entstehen feinkörnige Ablagerungen oft durch äolische Ablagerung (Wind) in Trockenperioden, während grobsortierte Sedimente mit eingelagerten Klasten (feste Gesteinsbruchstücke) und organischem Material typisch für Überschwemmungen sind.

Im Inneren von Sedimenten – besonders in Schichten am Boden von Seen und Meeren – verbergen sich weitere natürliche Archive. Die Sedimente lagerten sich über Jahrtausende hinweg ab und konservierten dabei eine Vielzahl biologischer Spuren in Form von (Mikro-)Fossilien wie Foraminiferen, Schalen und Muscheln, Korallen, Pollen oder Blätter, die als Klimaproxys dienen können. Korallen beispielsweise, die (ähnlich wie Bäume) jährliche Wachstumsringe ausbilden, lassen anhand der Dicke und Zusammensetzung Rückschlüsse auf Wassertemperaturen, Nährstoffverfügbarkeit und sogar das Auftreten von Stürmen sowie El-Niño-Ereignisse ziehen. Kalkschalen enthalten Sauerstoff, dessen Isotopenverhältnis in diesem Fall von den Wassertemperaturen abhängig ist. Auch Spurenelemente wie Magnesium oder Strontium, die im Kalk enthalten sind, korrelieren mit den Wassertemperaturen. Aus pflanzlicher Sicht verraten uns die Form und Größe fossiler Blätter weitere Details. Große, glattrandige Blätter deuten auf ein warmes und feuchtes Klima hin – typisch für tropische Regenwälder. Im Gegensatz dazu weisen kleine, gezackte Blätter auf ein kühles, trockeneres Klima hin, wie man es in gemäßigten Breiten findet. Verschiedene eingeschlossene Pollen zeigen, welche Vegetation und damit welches Klima damals vorherrschend war. So konnte man zum Beispiel in der Eifel den abrupten Klimaumschwung von der Kaltzeit zur heutigen Warmzeit (vor rund 12.000 Jahren) anhand von Pollenanalysen aus Sedimenten der Meerfelder Maare nachweisen (Litt & Stebich 1999). Während der Jüngeren Dryas dominieren Pollen von kleinen Sträuchern und Gräsern, was auf kalttrockene, tundrenartige Bedingungen hinweist. Mit Beginn des Holozäns nimmt die Häufigkeit von Birke und Kiefer zu, gefolgt von wärmeliebenden Baumarten wie Hasel und Ulme, was den Wechsel zu milderen, waldreichen Verhältnissen zeigt.

Klimaproxys spiegeln aber oft nicht nur eine einzelne Größe wie Temperatur oder Niederschlag wider, sondern eine Kombination verschiedener Umweltfaktoren. Diese Zusammenhänge müssen wissenschaftlich entschlüsselt werden – dafür nutzen Wissenschaftler in der sogenannten Paläoklimatologie ausgeklügelte statistische Modelle. Ihre Aufgabe ist es außerdem, aus den Proxys quantitative Daten, also tatsächliche numerische Werte zu ermitteln. Da Proxys keine Klimavariablen direkt messen, ist eine Umrechnung erforderlich. Dieser Prozess heißt Kalibrierung und erfolgt meist auf zwei Arten: Die erste ist die zeitliche Kalibrierung. Hier wird eine Zeitspanne genutzt, in der sowohl Proxy-Daten als auch direkte Wetteraufzeichnungen vorliegen, also meist die letzten 100 Jahre. Mithilfe statistischer Methoden (z.B. Regressionsanalysen) wird ein mathematischer Zusammenhang hergestellt, der es erlaubt Proxy-Werte in Klimagrößen umzuwandeln. Nach mehrmaligen Validierungstests um Unsicherheiten zu verringern, kann diese Beziehung auf frühere Zeiten ohne Messdaten übertragen werden. Die Zweite wird als räumliche Kalibrierung bezeichnet. Dabei wird geprüft, ob das geografische Muster der Proxy-Daten mit bekannten räumlichen Klimamustern (z.B. Temperaturverteilungen) übereinstimmt. Sie stellt sicher, dass die Verteilung der Proxys sinnvoll ist und für großräumige Rekonstruktionen genutzt werden kann. Das bedeutet: Beide Kalibrierungsarten sind komplementär. Für zuverlässige Klimarekonstruktionen braucht es also gut kalibrierte Proxys, die sowohl zeitlich als auch räumlich stimmige Ergebnisse liefern. In manchen Fällen wird auch eine Proxy-zu-Proxy-Kalibrierung verwendet. Etwa, wenn keine direkten Messdaten, aber andere gut verstandene Proxys zur Verfügung stehen.

Wie so oft in der Wissenschaft gibt es auch hier einige Unsicherheiten. Denn Proxys reagieren nicht nur auf das Klima, sondern auch auf andere Umweltfaktoren – etwa menschlichen Einfluss, Vulkanausbrüche, tektonische Prozesse oder biologische Aktivitäten wie Bioturbation. Solche Einflüsse können die ursprünglichen Klimasignale verändern oder überlagern. Auch die Klimasensitivität eines Proxys, also wie stark er auf klimatische Veränderungen reagiert, kann sich im Lauf der Jahrhunderte verändern. So zeigen manche Baumringdaten nach 1950 keine klare Reaktion mehr auf ansteigende Temperaturen. Zudem beruhen Kalibrierungen meist auf relativ kurzen Zeiträumen und können daher durch äußere Einflüsse verfälscht sein. All das macht die Interpretation von Proxy-Daten anspruchsvoll – aber nicht unmöglich, weshalb Klimaproxys dennoch das zentrale Werkzeug der Paläoklimatologie bleiben. Sie liefern oft die längsten und verlässlichsten Klimaaufzeichnungen, da die Unsicherheiten minimiert werden können. Dafür kombinieren Forschende verschiedene Proxys im sogenannten Multi-Proxy-Ansatz. So lassen sich lokale Störeinflüsse ausgleichen und robustere Klimasignale gewinnen. Weltweite Proxy-Datenbanken sorgen für eine gute räumliche und zeitliche Abdeckung, während Klimamodelle helfen, die physikalischen Zusammenhänge besser zu verstehen und die Daten korrekt zu deuten. Verbesserte Datierungsmethoden und experimentelle Studien machen die Ergebnisse zusätzlich belastbar und schaffen so eine solide Grundlage für die Rekonstruktion der Klimageschichte, wie in Abbildung 2 gezeigt. 

SChlussel 2

Abbildung 2: Temperaturanomalien bis zum Jahr 0 im Vergleich zu 1961-1990. Farbige Linien stellen geglättete Ergebnisse für 7 verschiedene statistische Berechnungsmethoden dar, die auf globaler Sammlung von Paläoklimadaten (Proxys) basieren. Graue Schattierung zeigt den Unsicherheitsbereich, das 2,5 & 97,5 Perzentil ist durch schwarzgepunktete Linien gekennzeichnet. Die schwarze Kurve zeigt die instrumentellen Daten für 1850 – 2017.(Quelle: PAGES 2k Consortium 2019.) 

 

  1. Sc. Aaron Gentner
    Deutscher Wetterdienst
    Vorhersage- und Beratungszentrale
    Offenbach, den 18.06.2025
    Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

ICON-RUC – Wetterupdate im Stundentakt

Das Rückgrat unserer Wettervorhersage ist unser globales Wettermodell ICON (ICOsahedral Nonhydrostatic Model). Dabei werden weltweit Wetterdaten wie Temperatur, Druck und Feuchtigkeit von Wetterstationen, Wetterballons, Flugzeugen und Satelliten gesammelt. Diese dienen als Ausgangsdaten für Gleichungen, mit denen das Wetter dann numerisch in die Zukunft berechnet wird. ICON verwendet dafür ein mathematisches Gitter aus Vielecken, sogenannten Ikosaedern, das die Erdoberfläche besser darstellt als ein klassisches Rechteckgitter. Dieses Modell wird alle 6 Stunden neu berechnet. 

ICON RUC – Wetterupdate im Stundentakt 1

Die Deutsche Modellkette von ICON zu ICON-EU bis ICON-D2 mit Ikosaeder-Gitter. (Quelle:DWD) 

Für Europa und Umgebung wird ein Ausschnitt mit einer Auflösung von 6 km berechnet (ICON-6 oder ICON-EU). Darin eingebettet wird, für den Mitteleuropa-Ausschnitt alle 3 Stunden mit aktuellen Daten nun als sogenanntes Lokalmodell ICON-D2 mit einer noch höheren Auflösung von etwa 2 km berechnet, um eine genauere lokale Vorhersage für die nächsten zwei Tage zu bekommen. Dabei fließen auch Daten aus aktuellen Radarmessungen ein. Dies hat unter anderem den Vorteil, dass insbesondere Gewitterzellen, die durch das globale, grobmaschigere Modell durchfallen können, vom Lokalmodell besser simuliert werden können. 

Gewitterlagen sind in der Regel sehr dynamisch. Schon kleine Änderungen können große Auswirkungen auf die Vorhersage haben. So können innerhalb weniger Minuten neue Gewitterzellen entstehen, die meist lokal begrenzt sind, aber vor Ort große Auswirkungen, z. B. durch Starkregen, Sturmböen und Hagel, haben können. Um auf die veränderten atmosphärischen Bedingungen schnell zu reagieren, ist der Abstand von drei Stunden zwischen den Modellrechnungen von ICON-D2 häufig zu lang. Hier kommt ICON-RUC ins Spiel. Dabei steht RUC für (Rapide Update Cycle) Durch eine stündliche Aktualisierung und eine hohe räumliche Auflösung kann das Modell kurzfristige Wetterveränderungen sehr präzise darstellen. So lassen sich bei zum Beispiel bei sommerlichen Gewitterlagen die Regionen besser eingrenzen, in denen die Gewitteraktivität besonders hoch ist. 

Das Besondere an ICON-RUC ist, dass es die mikrophysikalischen Prozesse bei der Niederschlagsbildung mithilfe des sogenannten 2-Momenten-Schemas besser berechnen kann. Dabei wird einerseits die Anzahl der Teilchen berücksichtigt, also wie viele Regentropfen oder Eiskristalle sich in einem bestimmten Luftvolumen befinden. Andererseits werden auch die Masse und das Volumen der Teilchen berücksichtigt, also wie groß oder wie schwer sie sind. Dadurch ergeben sich deutlich realistischere Radarbilder in den Modellsimulationen. Unter anderem ist es nun möglich, die Hagelmasse und die Größe der Hagelkörner mittels dieses Modells zu berechnen. Durch dieses Schema erhofft man sich auch eine genauere Vorhersage von Starkregen und Schneefall. 

ICON RUC – Wetterupdate im Stundentakt 2

Die 2-Stunden-Vorhersage der simulierten Radarreflektivität von ICON-D2 (links) und ICON-RUC (Mitte) sowie die gemessene Radarreflektivität (rechts) zeigen die Gewitter in Mittelsachsen bei Dresden am Sonntagabend (15.06.2025). 

Auch weitere Eigenschaften von Gewitterzellen wie Rotation, Aufwindgeschwindigkeiten und Wassergehalt lassen sich ermitteln. Sie geben Hinweise auf die Intensität sowie auf Begleiterscheinungen wie Hagel, Starkregen und Sturmböen. In Zukunft ist es das Ziel, die vom ICON-RUC simulierten Gewitterzellen mit den aktuellen, im Radar beobachteten Zellen zu verschneiden, um einen nahtlosen und bruchfreien. Übergang von Nowcasting (Kürzestfristvorhersagen, die die nächste Stunde umfassen) zu Modellvorhersagen für die nächsten Stunden zu erreichen. 

Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst