Eine Fahrt ins Ewige Eis: Alles ganz EAS(I)Y!

EASI-2 ist die Abkürzung des zweiten Teils eines internationalen Forschungsprojektes mit dem Namen „East Antarctic Ice Sheet Instability“. In dem Projekt wird die Veränderungen der Instabilität des Ostantarktischen Eisschildes sowie deren Wechselwirkungen mit der Zirkulation im Südozean untersucht. Auf der Expedition EASI-2 waren mehrere Forschungsteams unter anderem aus Deutschland, den Niederlanden und Australien an Bord von FS Polarstern. Der Schwerpunkt der Forschung lag dabei auf den aktuellen Prozessen der Wassersäule der Südpolarmeere mit Augenmerk auf die Nährstoffverfügbarkeit. Zudem wurden Sedimentproben von bis zu 25 Metern Tiefe aus dem Meeresboden gezogen, um Rückschlüsse auf Veränderungen der letzten 500 Tausend Jahre ziehen zu können. Es war eine sehr arbeitsintensive Forschungsreise mit 140 Forschungsstationen. Dass so viele Stationen erfolgreich stattfinden konnten, lag nicht nur an der guten Zusammenarbeit auf dem Schiff, sondern auch an den günstigen Wetterbedingungen, die uns auf dieser Reise begleiteten.

DWD Eine Fahrt ins Ewige Eis Alles ganz EASIY

Ende November stach FS Polarstern von Kapstadt aus in See. Knapp drei Wochen dauerte die Fahrt von Südafrika an den Prinz Edward Inseln vorbei bis zum antarktischen Festland in der Prydz-Bucht. Das Wetter war uns von Beginn an wohl gesonnen. Bei Windstärken um 6 Beaufort und einer signifikanten Wellenhöhe von 3 Metern erreichten wir ohne Probleme nach nur wenigen Tagen die erste Forschungsstation. Während des Transits stoppte FS Polarstern immer wieder für solche Stationen auf. Dann bleibt der Eisbrecher mitten im „Nichts“ für 10 bis 16 Stunden auf offener See stehen und wissenschaftliche Gerätschaften werden ins Wasser gelassen. Nur ein einziges Mal hat uns ein Sturmtief gezwungen, die Forschungsarbeit früher zu beenden. Am Dienstag, den 12. Dezember 2023 fand eine rapide Zyklogenese knapp südöstlich von Südafrika statt. Innerhalb von etwa 40 Stunden fiel der Druck im Zentrum des neu entstandenen Tiefs über 60 hPa. Gleichzeitig verlagerte sich das Sturmtief dabei mit 50 Knoten südostwärts, sodass FS Polarstern am Donnerstag, den 14. Dezember 2023 in dessen Einflussbereich geriet. Da wir aber bereits frühzeitig den Kurs gewechselt hatten, waren wir bereits in einem Bereich, indem die Forschungsarbeiten trotz Sturm weitergeführt werden konnten. Rückseitig des Tiefs weitete sich erneut ein Hochdruckkeil südwärts aus, was vorübergehend für schwachwindige und teils sonnige Wetterbedingungen sorgte.

Am 17. Dezember 2023 erreichten wir dann die Gewässer vor der Australischen Antarktisstation Davis in der Prydz-Bucht. Von dort aus wurde ein Team aus sechs Geologen auf das Festland ausgeflogen. Während die Geologen drei Wochen in ihren Zelten auskommen mussten, erforschte der Rest der Wissenschaft in der behaglichen Behausung des Eisbrechers die Prydz Bucht. Das Wetter zeigte auch innerhalb der nächsten Wochen in der Prydz-Bucht seine schöne Seite. Lokale Tiefs entwickelten sich immer wieder über dem „warmen“ Wasser der Bucht. Dadurch formierte sich wiederkehrend dichte Bewölkung, die von Nordosten in Richtung FS Polarstern strömte. Vor allem durch die sehr trockene Antarktische Festlandsluft mit Taupunkten weit unter -10 Grad wurden die Wolkenfelder jedoch meist abgetrocknet und lösten sich auf. Das Resultat war dann strahlender Sonnenschein. Dank des Polartages hielt dieser teils auch ununterbrochen für 48 Stunden an. Bei der Annäherung an die Schelfeiskante des Amery Eisschildes konnte man zudem andere, für die Region typische Wetterphänomene beobachten. Zum einen die katabatischen Winde, die als kalter, ablandiger Fallwind von den Gletschern der Antarktis in Richtung Meer hin wehten und manchmal als Verwirbelungen vom lockeren Schnee an der Eiskante erkennbar waren.

Durch die guten Sichten in der sehr trockenen Luft, konnte man die faszinierenden Eisstrukturen im vollen Umfang bestaunen. Die Eiswelten zeigten sich, trotz eines Minimums in der Meereisbedeckung, in all seinen Facetten. Besonders beeindruckend war das bläuliche Leuchten, das aus dem Inneren der Eisberge durchschimmert. Am Amery Eisschelf erinnerten Aushöhlungen, die an der Wasserkante ausgewaschen wurden, an italienische Arkaden und luden zu Erkundungen ein. Doch nicht nur die Süßwasser-Eis-Formationen lösten Bewunderungen aus, sondern auch die verschiedenen Stufen der Meereisbildung. Vom ersten Frazil-Eis, über Pfannkucheneis bis hin zu Presseishügeln wurde alles gesichtet und bestaunt. Wir hatten auch Glück, dass wir die gefrorene Landschaft nicht nur beobachten durften. An zwei Tagen hielt FS Polarstern für kurze Zeit an einer Eisscholle. Wer Zeit hatte, durfte dann seinen Fuß auf das gefrorene Wasser setzen.

Anfang Januar wurden die Landgeologen mit dem Hubschrauber zurück auf das Mutterschiff geholt. Wieder vollzählig fuhren wir weiter ostwärts um das Shackleton Schelfeis herum bis hin zum Denman Gletscher. Auf dieser Teilstrecke mussten wir das Wetter aufgrund seiner Windrichtung rügen. Durch beständigen Nordostwind wurde sehr viel Treibeis an das Shackleton Schelfeis hin verdriftet. Aufgrund der hohen Eiskonzentration verlangsamte sich das Vorankommen etwas. Nichtsdestotrotz hielten wir an der geplanten Route fest und wurden nicht nur durch eine Vielzahl an erfolgreichen Forschungsstationen am östlichen Rand des Denman Gletschers, sondern auch durch eine wunderschöne Kulisse belohnt. Bei strahlendem Sonnenschein begrüßte uns eine Orca-Schule die aus einer Eisbucht heraus und weiter am Schiff vorbei schwamm.

Nach diesem bezaubernden Tag verabschiedeten wir uns aus dem Eis und fuhren in Richtung Norden hinaus auf die offene See. Nach vier Wochen im ruhigen Eis, musste man sich erst wieder an die schaukelige See gewöhnen. Und schließlich warteten die berühmt, berüchtigten Furious Fifties und Roaring Forties auf uns. Doch auch hier blieben die Stürme aus und die Arbeiten an Bord konnten ohne meteorologische Störungen weitergehen. Ein kleines Manko beim Transit von der Antarktis bis nach Tasmanien stellte der fehlende Sonnenschein dar. Der typische maritime Stratocumulus begleitete uns fast durchgehend. Größere Wolkenlücken traten meist nur für wenige Stunden auf. Und es wurde auch plötzlich wieder Nacht. Mit der Fahrt in niedrigere Breiten konnten wir wieder Sonnenunter- und aufgänge beobachten. Da wir aber gleichzeitig ostwärts fuhren, waren wir nun gezwungen auch die Uhren an Bord allmählich den Zeitzonen anzupassen. Insgesamt musste neun Mal die Uhr jeweils eine Stunde vorgestellt werden. Das hieß, dass fast jeden zweiten Tag die Nacht um eine Stunde verkürzt wurde.
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Ende Januar kam dann endlich wieder Land in Sicht. FS Polarstern lief in Hobart/Tasmanien ein. Zur Begrüßung wartete der australische Forschungseisbrecher RV Nuyina im Hafen auf uns. Aktuell befindet sich FS Polarstern wieder in der Antarktis auf dem dritten Teil des Projektes EASI-3. Die aktuelle Position von FS Polarstern mit Infos zu den Expeditionen findet man hier.

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MSc Meteorologin Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.03.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Extremwetter abseits des Scheinwerferlichts

Über das Wettergeschehen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft sind wir Europäer für gewöhnlich medial sehr gut informiert. Egal ob extreme Niederschläge im Mittelmeerraum, ein Orkan über Nordwesteuropa oder heftige Schneefälle über Skandinavien – man bekommt hierzulande eine Vielzahl an Berichten und Bildern dazu „serviert“ bzw. kann sich diese einfach und rasch besorgen. Selbst die Wettervorgänge in den Vereinigten Staaten sind häufig Bestandteil der hiesigen Berichterstattung. Fixstarter dafür ist fast jeder Hurrikan sowie der eine oder andere stärkere Tornadooutbreak. Nun liegt Washington, D.C. bekanntlich etwa 6700 km Luftlinie von unserer Hauptstadt Berlin in westlicher Richtung entfernt – wissen Sie aber auch so gut Bescheid über die meteorologischen Vorgänge in einem ähnlich weit entfernten Gebiet in Richtung Osten? Die Luftlinie zur Hauptstadt der Mongolei (Ulaanbaatar) ist mit knapp 6200 km sogar kürzer als nach Washington, aber das dortige meteorologische Geschehen ist für uns Mitteleuropäer doch eine ganz „andere Welt“.

Die Mongolei liegt im Bereich des zentralasiatischen Hochlandes und bildet zwischen der Russischen Föderation und der Volkrepublik China einen sehr dünn besiedelten Binnenstaat, wobei 40 % der Gesamtbevölkerung (etwa drei Millionen) in der Hauptstadt wohnen. Die geographische Lage bringt mit sich, dass das Klima sehr kontinental geprägt ist. Prägend sind dabei eine große Schwankungsbreite der monatlichen Durchschnittstemperaturen (heiße Sommer, sehr kalte Winter) und der meist geringe Niederschlag (im Jahresverlauf ungleich verteilt). Die Folge davon sind ausgedehnte Steppengebiete, die im Süden in die Wüste Gobi übergehen.
DWD Extremwetter abseits des Scheinwerferlichts

Die oft nomadisch lebende Landbevölkerung muss damit sowohl mit den landschaftlichen, als auch den klimatologischen Randbedingungen ihr Leben bestreiten. Dazu gesellen sich aber immer häufiger Extremwetterereignisse, die meist zu viel Not und Leid führen. Ein solches wiederkehrendes Ereignis ist für die Region so prägend, dass es einen eigenen Namen bekommen hat: Dsud (andere Schreibweise: Dzud, engl: zud). Dieser Begriff beschreibt außergewöhnlich harte Winterbedingungen, die zwischen Oktober und Mai auftreten und zu fehlenden Weidemöglichkeiten führen können. Die Tiere der Nomaden werden dabei von Tag zu Tag schwächer und sterben zwangsläufig an Erschöpfung, Verhungern oder durch Erfrieren. Nicht selten kommt es dabei zu einem Massensterben.

Allerdings gibt es mehrere Ausprägungen des Dsud. Beim sogenannten „Weißen Dsud“ fällt so viel Schnee, dass die Tiere nicht mehr an das Steppengras herankommen können. Besonders erschwerend kann dabei der Windeinfluss sein, der die Schneeoberfläche verdichtet. Betrifft dieses Ereignis nur eine kleine Region, können die Hirtenfamilien mit den Tieren noch in ein anderes Gebiet ziehen. Ein großflächiges Auftreten von großen Schneemengen kann demgegenüber aber zu sehr schwerwiegenden Folgen führen. Ebenfalls gefürchtet ist der „Eis-Dsud“, bei dem die (Schnee-) Oberfläche von einer Eisschicht überzogen wird. Dies passiert einerseits durch einen Kaltlufteinbruch nach einer Schmelzperiode oder durch gefrierenden Regen. Doch auch der Mangel an Schnee kann zu Problemen führen: Beim schwarzen Dsud führt die fehlende Isolation des Schnees zu einem Gefrieren der Wasserläufe. Durch damit nicht mehr gewährleistete Wasserversorgung können Mensch und Tier rasch in Not geraten. Der kalte Dsud ist dagegen klassisch durch sehr tiefe Temperaturen charakterisiert. Extrem niedrige Temperaturen und starker eisiger Wind hindern Tiere am Grasen. Zudem verbrauchen diese einen Großteil ihrer Energie um ihre Körperwärme aufrecht zu erhalten.

DWD Extremwetter abseits des Scheinwerferlichts 1

Besonders nachteilig wirken sich aber auch vorangehende, sehr trockene Sommer aus. Langanhaltende Dürre führt schon vor dem Winter zu einer schlechten Nährstoffversorgung der Schafe und Ziegen, damit gehen diese mit einem nicht ausreichenden Gesundheitszustand in die kalte Jahreszeit. Außerdem hindert Dürre die Hirten bei der Anlegung von Futterreserven als Wintervorsorge. Zudem können auch Überweidung (zu viele Tiere auf engem Raum) und nachfolgende Versteppung der Landschaft zu Problemen bei der Futterbeschaffung führen.

Während historisch gesehen etwa alle 10 Jahre ein Dsud auftrat, sanken die Abstände in der letzten Zeit auf wenige Jahre, teils gab es mehrere solcher Extremwinter hintereinander. Wenn man bedenkt, dass Mensch und Tier etwa 5 bis 10 Jahre benötigen sich davon zu erholen, kann diese Entwicklung zu einer substantiellen Bedrohung der nomadischen Lebensweise führen. Beispielsweise waren nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks (UNICEF) im Winter 2023/24 über 258.000 Menschen – darunter über 100.000 Kinder – von den Auswirkungen des Dsud betroffen, da neben den landwirtschaftlichen Einschränkungen auch die Straßen durch starken Schneefall blockiert wurden und Kinder keinen Zugang zu lebenswichtigen Gesundheits-, Ernährungs-, Bildungs- und Sozialdiensten hatten. Die Anzahl der ums Leben gekommenen Tiere wird mit etwa 1,5 Millionen geschätzt (staatlichen Notstandskommission). Zudem explodierten die Futterpreise mit gravierenden finanziellen Folgen für die Hirten.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.03.2024
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Im März weiterhin zu nass?

Mehr als 150 % des im klimatologischen Mittel zu erwartenden Niederschlags sind im Februar gefallen. In einigen Staulagen der Mittelgebirge kamen über 200 Liter pro Quadratmeter (kurz l/m²) zusammen. Im brandenburgischen Manschnow fielen dagegen nur rund 72 l/m², im thüringischen Ellrich-Werna 108 l/m². Diese Niederschlagsmengen machten jedoch an den jeweiligen Stationen mehr als 370 % des Niederschlagssolls im Monat Februar aus! Kurzum: Es war ein nasses Ende eines nassen Winters. Aber wie geht es denn im März weiter? Startet der Frühling genauso nass, wie der Winter aufgehört hat?

Im Gegensatz zu den Messungen der Wetterstationen, bei denen es sich lediglich um sogenannte Punktmessungen handelt, lassen sich die bislang im März gefallenen Niederschlagsmengen mithilfe von Radardaten recht gut abschätzen. Diese bieten den Vorteil, dass sie auch in der Fläche verfügbar sind. So werden auch lokal eng begrenzte Unterschiede sichtbar. Zusätzlich kann man die Radardaten mit den Messwerten der Stationen aus dem DWD-Messnetz kombinieren, sodass die Abschätzung noch etwas genauer wird.

Betrachtet man sich die Niederschlagsmenge, die seit Monatsbeginn (01. März) in Deutschland gefallen ist, so fällt ein starkes Südwest-Nordost-Gefälle auf (“absolute Gesamtniederschlagsmenge”; siehe Abbildung 1). Während der Südwesten vorwiegend in den Farben Grün bis Gelb und Rot eingefärbt ist, weist der Nordosten teils gar keine Signale auf. Am regenreichsten war es bisher im März somit im Südwesten Deutschlands. Insbesondere im Schwarzwald kamen bis heute rund 90 l/m² zusammen. Im Norden und Osten gibt es hingegen kaum Signale für Niederschlag. Dort fiel der Frühlingsanfang also weitgehend trocken aus.

DWD Im Maerz weiterhin zu nass

Um die Niederschlagsmengen nun besser interpretieren zu können (“Welche Niederschlagssummen sind viel für die Region und Jahreszeit, welche wenig?”), setzt man sie in einen klimatologischen Kontext. Dabei werden die aktuell gemessenen Daten mit den bis zum Analysetag (Donnerstag, 14.03.2024) mittleren langjährigen Niederschlagsmengen von 1991 bis 2020 verglichen. Entsprechend erhält man bei der relativen Betrachtung eine Prozentzahl, wobei Werte unter 100 % ein Niederschlagsdefizit (rote bis türkise Flächen) beschreiben, Werte über 100 % (dunkelblaue bis violette und weiße Flächen) stellen eine zu nasse Witterung dar. Die blauen Flächen repräsentieren hingegen Regionen, in denen die Niederschläge ungefähr der im Mittel zu erwartenden Menge entsprechen (“relative Gesamtniederschlagsmenge”; siehe Abbildung 2).

DWD Im Maerz weiterhin zu nass 1

Auch in dieser Grafik bestätigt sich das Südwest-Nordost-Gefälle. Wenig verwunderlich sind die dargestellten Werte im Norden gebietsweise bei 0 % (rot). Im Westen und Südwesten wurden meist 30 bis 70 % des Niederschlagssolls erreicht. Regional liegt die relative Gesamtniederschlagsmenge allerdings auch bereits um bzw. über 100 %, wie zum Beispiel in einigen Weststaulagen des Schwarzwalds sowie in Oberschwaben.

DWD Im Maerz weiterhin zu nass 2

Nachdem der heutige Donnerstag frühlingshaft mild und weitgehend trocken ausfällt, gestaltet sich das Wetter in den kommenden Tagen wieder wechselhafter. In vielen Regionen fällt zeitweise etwas Regen, der von kurzen Phasen mit Zwischenhocheinfluss unterbrochen wird. Abbildung 3 zeigt die Vorhersage der akkumulierten Niederschlagsmengen bis nächsten Donnerstag, den 21.03.2024 der Wettermodelle ICON (deutsches Modell), IFS (europäisches Modell) und GFS (amerikanisches Modell). Insbesondere der äußerste Süden steht dabei im Fokus. Am Stau der Alpen sowie im Südschwarzwald sind – je nach Wettermodell – 40 bis 60 l/m² möglich. Unschwer zu erkennen gibt es zum aktuellen Zeitpunkt aber noch einige Unsicherheiten in den Modellprognosen. Im Allgäu beispielsweise sind ICON zufolge auch bis zu 80 l/m² möglich. Sonst werden im Nordwesten sowie im Stau der Mittelgebirge meist 10 bis 30 l/m² simuliert. Im Osten und Nordosten liegen die vorhergesagten Niederschlagsmengen meist unter 10 l/m². Dies könnte das Südwest-Nordost-Gefälle somit noch etwas verschärfen.

MSc.-Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.03.2024
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Saharastaub und Wolken – eine optisch sehr ansprechende Kombination

Beim Blick auf das Satellitenbild am heutigen Mittwochmorgen stieß einem eine Wolkenformation über Osteuropa förmlich ins Auge. Eine Wolkenspirale mit einer Art Rippenmuster – jetzt schon Anwärter auf das optische Highlight des Tages! Oder was meinen Sie beim Anblick von Abbildung 1? Dahinter steckt die Einbindung von Saharastaub in die Luftzirkulation.

DWD Saharastaub und Wolken eine optisch sehr ansprechende Kombination

Bei bestimmten Strömungsverhältnissen können große Mengen Staub in der Sahara aufgewirbelt werden und in der Troposphäre bis etwa 10 Kilometern Höhe quer über den Globus verteilt werden. Es handelt sich dabei um Mineralstaub, also winzig kleine Schwebeteilchen, sogenannte “Aerosole”. Diese Teilchen sind hygroskopisch. Das bedeutet, dass sie als Kondensationskeime dienen. Wasserdampf aus der Luft kann an den Teilchen also zu kleinen Tröpfchen kondensieren. Wenn durch den zusätzlichen Eintrag von Saharastaub nun mehr hygroskopische Aerosole in die Luft gelangen, kann dadurch die Wolkenbildung angeregt werden.

Nicht selten führen Saharastaubereignisse zu Bildung dichter Schleierwolken, die den Himmel stark eintrüben können. Was für uns also statt eitel Sonnenschein Tristesse bedeuten kann, ist aus Sicht der Meteorologen durchaus problematisch. Denn bis heute haben die Wettermodelle so ihre Schwierigkeiten mit der Vorhersage dieser “staubgeschwängerten” Bewölkung. Daher gab und gibt es auch beim Deutschen Wetterdienst intensive Forschungsarbeiten in dieser Thematik. In Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat der DWD in der Folge ein Modellsystem entwickelt, das den Mineralstaub als prognostische Größe behandelt und auch aktuelle Staubausbrüche in der Vorhersage berücksichtigt, das sogenannte ICON-ART. In Abbildung 2 sieht man eine Berechnung der sogenannten optischen Dicke für heute früh 6 UTC. Die optische Dicke beschreibt grob gesagt die Trübung der Atmosphäre durch Mineralstaub. In der Abbildung lässt sich dadurch schön der Transport von Mineralstaub aus Nordafrika in einem Bogen über die Türkei, das Schwarze Meer und die Ukraine bis nach Polen und tatsächlich auch in die Osthälfte Deutschlands nachvollziehen. Zudem findet sich ein Maximum der Optischen Dicke genau in dem Bereich, wo sich im Satellitenbild das Rippenmuster präsentierte.

DWD Saharastaub und Wolken eine optisch sehr ansprechende Kombination 1

Apropos Rippenmuster: Tatsächlich gibt es für seine Entstehung mehrere Theorien, wobei wir uns hier auf die verbreitetste beschränken wollen. Dafür muss man wissen, dass Aerosole nicht nur die Wolkenbildung fördern, sondern auch einen direkten Einfluss auf den Strahlungshaushalt der Atmosphäre haben. Offenkundig ist, dass in der Troposphäre befindlicher Mineralstaub weniger kurzwellige Sonnenstrahlung zum Erdboden durchlässt und dafür sorgt, dass es dort kühler ist. Doch was passiert mit der Sonnenstrahlung, die nicht bis zum Erdboden durchkommt? Nun, ein Teil wird direkt zurück in Richtung Weltraum reflektiert. Der andere Teil wird absorbiert und in langwellige Wärmestrahlung umgewandelt. Diese führt zu einer Erwärmung im Bereich des Staubes beziehungsweise der damit in Verbindung stehenden Wolkendecke. Die Temperatur nimmt also mit der Höhe weniger stark ab. Die Veränderung des Strahlungshaushaltes durch den Staub führt tagsüber daher zu stabileren Verhältnissen im Bereich der Wolkendecke (siehe Abbildung 3 links).

DWD Saharastaub und Wolken eine optisch sehr ansprechende Kombination 2

Wenn die Sonne abends untergeht, wird die Wärme nach oben in Richtung Weltraum abgegeben. Die Wolkendecke kühlt insbesondere an ihrer Oberseite demnach stärker ab. Das wiederum führt zu einer langsamen Labilisierung, also einer zunehmend starken Temperaturabnahme mit der Höhe. Bei labilen Verhältnissen ist ein Luftpaket, das aus der Wolkendecke nach oben steigt, stets wärmer und damit leichter als seine Umgebung. Es bekommt damit wie ein heliumgefüllter Luftballon Auftrieb und steigt ungehindert weiter nach oben. An seinen Flanken kommt es zu einer ausgleichenden Abwärtsbewegung von Luft (siehe Abbildung 3 rechts). Das Resultat ist eine mehr oder weniger gleichmäßige Wellenform an der Oberseite der Wolkendecke, die vom Satelliten aus gesehen wie ein Rippenmuster erscheinen kann. Wenn die Sonne nun wieder aufgeht und sich die Luftschichtung stabilisiert, geht das zumindest vom Weltraum aus schön anzusehende Rippenmuster allmählich wieder verloren.

Dipl.-Met. Adrian Leyser und Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.03.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Am Donnerstag erstmals 20 Grad?

Nach einem rekordmilden Februar verläuft auch der diesjährige März deutlich zu mild für die Jahreszeit. Umso erstaunlicher erscheint die Tatsache, dass die 20-Grad-Marke bisher unerreicht blieb. Knapp war es am vergangenen Sonntag (10. März), als in Rosenheim in Oberbayern 19,5 °C registriert worden sind. Da hatte allerdings der Föhn seine Finger im Spiel. Diese Temperatur markiert den bisherigen Höchstwert des Jahres 2024.

Nachdem der Start in die neue Woche eher durchwachsen und mäßig mild verlief, macht sich in der zweiten Wochenhälfte ein neuer Schwall subtropischer Warmluft aus Südwesteuropa auf den Weg zu uns. Insbesondere der Donnerstag und Freitag (14./15. März) werden vielerorts frühlingshaft mild. Das statistische DWD-Modell “MOS-MIX” (siehe Abbildung 1) prognostiziert für den Oberrhein am Donnerstag tatsächlich erstmals in diesem Jahr Höchsttemperaturen von 20 oder gar 21 °C, mit freundlicher Unterstützung von reichlich Sonnenschein. Am Freitag setzt sich wieder Tiefdruckeinfluss durch und die Sonnenausbeute nimmt ab, dennoch tauchen in den MOS-MIX-Vorhersagen erneut Höchstwerte von knapp 20 °C auf, diesmal bevorzugt an der Saale und in der Lausitz. Am Wochenende setzt sich bei fortwährendem Tiefdruckeinfluss dann wieder etwas kühlere Luft durch, sodass die “Frühlingsmarke” von 20 °C wieder in die Ferne rückt.

DWD Am Donnerstag erstmals 20 Grad

Nun stellt sich die Frage, ob wir im Hinblick auf das Erreichen der 20-Grad-Marke in diesem Jahr etwas spät dran sind. Exemplarisch für den eher “wärmeverwöhnten” Oberrheingraben werden in Abbildung 2 die Daten des ersten Auftretens von mindestens 20 °C in Freiburg dargestellt. Was sofort auffällt ist die enorme Volatilität des Zeitpunktes. Teilweise überstieg das Quecksilber 20 °C schon im Februar, nicht selten aber auch erst im Laufe des Aprils. Im Mittel des Klimareferenzzeitraumes von 1961 bis 1990 durfte man sich am 4. April erstmal über 20 °C freuen, im vieljährigen Mittel von 1991 bis 2020 am 25. März. Sollte es also am Donnerstag (14. März) tatsächlich für 20 °C am Oberrhein reichen, dann liegen wir damit unweit des klimatologischen Erwartungswertes. Das Jahr 2024 ist damit alles andere als ein Spätzünder.

DWD Am Donnerstag erstmals 20 Grad 1

In anderen Regionen Deutschlands – abseits der Wärmehochburgen im Südwesten und am mitunter föhnigen Alpenrand – wartet man teilweise aber noch deutlich länger auf “echte” Frühlingsluft und 20 Grad. Gerade im höheren Bergland und unmittelbar an der Küste kann das nicht selten auch bis weit in den Mai hinein dauern. Nicht umsonst bezeichnet man den Frühling auch als Übergangsjahreszeit, in der temperaturtechnisch viel möglich ist zwischen noch winterlichem und schon fast frühsommerlichem Wetter.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.03.2024
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Nach einem teilweise nassen Wochenbeginn ab der Wochenmitte wahrscheinlich trockener und frühlingshaft mild

Die neue Woche beginnt im Westen Deutschlands grau in grau und regnerisch. Verantwortlich dafür ist Tief ELFI II mit Kern über Holland. Das kleinräumige Tief ist in einem umfangreichen Tiefdruckkomplex mit mehreren Drehzentren (Tief ELFI I int. MONICA mit Kern in der Nähe Korsikas und ELFI III mit Kern über Serbien) eingebettet, das weite Teile Mittel- und Südeuropas beeinflussen. Zudem hat der Tiefdruckkomplex für heftige Niederschläge in Norditalien und Südfrankreich sowie Schneemassen in den Südalpen gesorgt.

DWD Nach einem teilweise nassen Wochenbeginn ab der Wochenmitte wahrscheinlich trockener und fruehlingshaft mild

In den Übrigen Regionen kann man trotz des Tiefdruckeinflusses den Schirm zu Hause lassen und vor allem im Südosten und später auch im Osten scheint sogar zeitweise die Sonne. Eine Ausnahme gibt es allerdings direkt an den Alpen, wo gegen Abend etwas Regen, in den Hochlagen Schneefall einsetzt. Die Höchstwerte liegen zwischen 7 Grad im äußersten Norden und 15 Grad an der Donau. Dazu weht im Norden ein mäßiger, an der Küste ein frischer bis starker Ostwind. Im Osten weht der Wind schwach bis mäßig aus Süd bis Südwest und im Süden aus westlichen Richtungen.

In der Nacht zum Dienstag schwächt sich Tief ELFI II ab und zieht langsam zur Nordsee. Entsprechend lassen die anhaltenden Niederschläge im Westen nach. An den Alpen verstärkt sich hingegen der Regen und oberhalb 1200 m fällt Schnee. Ansonsten zeigt sich der Himmel wolkig, teils stark bewölkt und es bleibt niederschlagsfrei. Dabei kann sich örtlich Nebel bilden. Die Tiefstwerte liegen zwischen 7 Grad im Westen und 0 Grad im Osten vor allem bei längerem Aufklaren.

Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch bleibt es im Westen und Südwesten weiterhin zeitweise nass und meist wolkenverhangen trotz des langsamen Anstiegs des Luftdrucks, da das Hoch LARS noch zu weit weg für Deutschland liegt. Ansonsten kommt gebietsweise die Sonne heraus. Die Höchst- und Tiefstwerte ändern sich kaum im Vergleich zum Vortag.

DWD Nach einem teilweise nassen Wochenbeginn ab der Wochenmitte wahrscheinlich trockener und fruehlingshaft mild 1

Am Mittwoch nimmt der Hochdruckeinfluss auch in Deutschland von Südwesten her weiter zu. Die Regenfälle im Südwesten klingen im Tagesverlauf ab und zum Abend hin lockern die Wolken allgemein auf. Die Temperatur erreicht tagsüber Werte zwischen 10 und 15 Grad und nachts 8 Grad im Norden, wo es wolkig bleibt, und bis -2 Grad im Süden bei klarem Himmel. Dort kann sich stellenweise Nebel bilden.

Am Donnerstag scheint unter Hochdruckeinfluss vor allem in der Mitte und im Süden die Sonne. Die nächtlichen Nebelfelder lösen sich dann rasch auf. Wolkiger zeigt sich der Himmel lediglich im Norden des Landes. Es dürfte allerdings trocken bleiben. Mit einer lebhaften südwestlichen Strömung werden deutschlandweit frühlingshafte Temperaturen von 14 bis 20 Grad erreicht.

DWD Nach einem teilweise nassen Wochenbeginn ab der Wochenmitte wahrscheinlich trockener und fruehlingshaft mild 2

Nun fragen sich viele, ob es bis zum Wochenende trocken und so mild weitergeht. Bezüglich der Temperatur ja, denn Deutschland bleibt in der südwestlichen Strömung, in der sehr milde Luftmassen aus Spanien herangeführt werden. Jedoch sorgen schwache Tiefausläufer für einen leichten wechselhaften Wettercharakter. Vor allem am Freitag treten dann nach heutiger Sicht einzelne Schauer oder kurze Gewitter auf.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.03.2024
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Die Tiefs ELFI 1 und 2 bringen zumindest vorübergehend die unbeständige Witterung zurück!

Nach ein paar frühlingshaften Tagen mit recht viel Sonnenschein ist nun wieder Tiefdruckeinfluss am Zug. In diesem Kontext ist die Rede von Tief ELFI, welches die Gabe hat, als eine Art Dipoltief sowohl im Golf von Biskaya als auch über dem Alpenraum einen Schwerpunkt zu bilden. In den Tiefdruckkomplex um ELFI wabert schließlich auch noch ein Tiefausläufer (vgl. Abb. 1).

DWD Die Tiefs ELFI 1 und 2 bringen zumindest voruebergehend die unbestaendige Witterung zurueck

Am heutigen Sonntag spüren die meisten Bürger des Landes aber noch wenig vom aufziehenden Tiefdruckkomplex um ELFI 1 und 2. Vielfach kann die Sonne abgesehen von mehr oder weniger dichten Schleierwolken noch häufiger scheinen. Erst ab dem Mittag schickt ELFI schließlich als Vorhut eines Tiefausläufers dichtere Wolken von Westen und Südwesten her ins Land, die schließlich eine unbeständige Witterungsperiode einläuten. Da auf der Ostflanke von ELFI die Luft direkt aus dem zentralen Mittelmeerraum herumgeholt bis nach Deutschland gelangt, sind die Temperaturen für die Jahreszeit weiter ungewöhnlich warm. Mit Föhnunterstützung am östlichen Alpenrand sind Höchstwerte bis 20 Grad möglich, aber auch sonst muss man bei meist zweistelligen Werten nicht frieren. Nur im Küstenumfeld, wo die noch kühle See die Temperaturen dämpft, fühlt es sich bei einem stark böigen Ostwind doch sehr frisch an. Resultierend liegen die aktuellen positiven Abweichungen ausgewählter Städte in Deutschland zwischen 1,7 und 3,8 Grad. In der Fläche werden derzeit im Vergleich zum vieljährigen Mittel von 1991 bis 2010 eine positive Anomalie von rund 2,4 Grad verzeichnet (vgl. Abb. 2).

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Zum Wochenstart am Montag und Dienstag schwingt dann Tief ELFI den Löffel in der Wetterküche Deutschlands. Dabei erhält sie aber auch Unterstützung aus höheren Luftschichten. Somit muss in weiten Teilen Deutschlands wieder mit Regen gerechnet werden. Vor allem im Westen und der Mitte kann es auch kräftiger und länger anhaltend nass bleiben (Dauerregen). Der Osten bekommt dagegen kaum etwas vom ungemütlichen Wetter ELFIs ab. Ab Mittwoch soll sich dann wieder vorübergehend ein Hoch über Mitteleuropa einnisten. Wie stetig dieses ist oder ob ab Freitag von Westen rasch wieder neue Tiefausläufer atlantischer Tiefs auf das Land übergreifen, muss noch abgewartet werden. Zumindest der Donnerstag scheint nach aktuellem Stand nahezu landesweit wieder freundlich und trocken zu sein.

Da kurz- und mittelfristig polare Kaltluft nicht angezapft wird und stattdessen die Luft eher vom Atlantik oder dem westlichen Mittelmeerraum nach Deutschland strömt, bleiben die Temperaturen für die Jahreszeit überdurchschnittlich. In der zweiten Dekade weist z.B. das IFS des europäischen Zentrums für mittelfristige Vorhersagen (ECMWF) eine positive Abweichung von 1 bis 6 Grad aus (vgl. Abb. 3). Auch nach dem GFS bzw. CFSR des National Centers for Environmental Prediction (NCEP) soll es 2 bis 6 Grad zu warm sein (ohne Abb.). Bis Ende März geben die mittel- und langfristigen Modellprognosen im Vergleich zu den typischen klimatischen Bedingungen schließlich einen positiven Temperaturoffset von rund 1 bis 4 Grad an (ohne Abb.). Somit würde sich auch der März in die überdurchschnittlich temperierten Monate einreihen.

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Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.03.2024
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Wie wird man Meteorologe?

Die Ausbildung zum Meteorologen besteht entweder aus einem Meteorologiestudium an einer Universität oder man wählt den Weg des dualen Studiums zum FH-Diplommeteorologen an der Hochschule des Bundes. Im Folgenden wird allerdings das Universitätsstudium zum Bachelor bzw. Master of Science beschrieben.

Dieses Studium umfasst verschiedene naturwissenschaftliche Themen und Fächer. Wie viele andere Bachelorstudiengänge besteht auch das Bachelor-Meteorologiestudium aus einem Grundstudium und einem Hauptstudium. Im Grundstudium, welches in der Regel die ersten 3 Semester umfasst, werden die notwendigen mathematischen und physikalischen Grundlagen vermittelt. Zu den physikalischen Grundlagen gehören die Experimentalphysik, die Theoretische Physik und das physikalische Grundpraktikum. Die physikalische Grundausbildung ist vonnöten, da die Meteorologie nichts anderes ist, als die Physik der Atmosphäre.

Nachdem das Grundstudium erfolgreich absolviert wurde, geht es über in das Hauptstudium. Im Hauptstudium werden zunehmend konkrete meteorologische Themen behandelt. Bestandteile sind unter anderem eine kurze Einführung in die Meteorologie und die Klimatologie, sowie Veranstaltungen zur theoretischen, synoptischen und angewandten Meteorologie. Weitere Bestandteile sind die Statistik, die Numerik und die Fernerkundung. Neben den Pflichtmodulen, die jeder Student im Laufe des Studiums belegen muss, gibt es in der Regel die Möglichkeit, sich durch verschiedene Wahlmodule einen eigenen Schwerpunkt zu setzen. Das Angebot orientiert sich dabei häufig an den Forschungsschwerpunkten der jeweiligen Universität.

An einigen Universitäten wird nicht das reine Meteorologiestudium angeboten, sondern ein übergeordnetes Studium, wie die Physik des Erdsystems. In diesem Studiengang gibt es zusätzliche Themenangebote oder es besteht die Möglichkeit im Studienverlauf den Schwerpunkt auf die Meteorologie zu setzen. Weitere Unterschiede zwischen den verschiedenen Standorten liegen, wie bereits erwähnt, in den jeweiligen Forschungsschwerpunkten. Die einen beschäftigen sich zum Beispiel mit den verschiedenen Prozessen in Wolken, die anderen konzentrieren sich auf klimatische Veränderungen in der Arktis oder Antarktis, wieder andere mit Modellierungen oder Fernerkundung. Standorte mit dem Schwerpunkt Wettervorhersage sind leider sehr selten geworden und als Student sollte man auch eine gewisse Leidenschaft für diesen spannenden Themenbereich mitbringen. Bei der Wahl eines geeigneten Studienstandortes können diese Schwerpunkte eine Rolle spielen. Besonders wenn die Forschung von Interesse als Berufsweg ist, bietet es sich an, nach interessanten Themengebieten und Arbeitsgruppen zu schauen. Um einen Einblick in das Berufsleben zu bekommen, muss an einigen Universitäten ein Pflichtpraktikum durchgeführt werden. Auch beim DWD ist solch ein Praktikum in vielen verschiedenen Bereichen, wie z.B. in der Vorhersage- und Beratungszentrale oder bei Klima und Umwelt möglich.

Viele Meteorologen absolvieren im Anschluss an das Bachelorstudium einen Master, um sich noch weiter zu vertiefen und eine größere Wahl an Berufsmöglichkeiten zu erhalten. Welche Möglichkeiten ihnen dann bevorstehen, wurde im gestrigen Thema des Tages  aufgeführt.

In Deutschland wird in den folgenden Städten ein Hauptstudiengang in Meteorologie (min. Bachelor) angeboten: Berlin, Bonn, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Kiel, Köln, Leipzig, Mainz, München. Aber auch in Basel, Bern, Innsbruck, Wageningen, Wien und Zürich ist ein deutschsprachiger Meteorologie-Bachelor möglich. Viele der Universitäten bieten ebenfalls einen Masterstudiengang an, sodass die komplette Ausbildung an einem Standort möglich ist.

Dipl.-Met. Marcel Schmid in Zusammenarbeit mit der Praktikantin Maren Schäfers
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.03.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Temperatur ist nix, Taupunkt ist alles

Wasserdampf spielt in der Meteorologie eine entscheidende Rolle. Der gasförmige Aggregatzustand des Wassers ist trotz seiner getarnten Erscheinungsform als unsichtbares und geruchsloses Gas ein omnipräsenter Bestandteil der Troposphäre. So lautet der Fachbegriff für die unterste Schicht der Erdatmosphäre, die in Abhängigkeit von der Temperatur eine Mächtigkeit von etwa acht Kilometern an den Polen und bis rund 17 Kilometern am Äquator erreicht. Dort spielen sich nahezu alle wetterrelevanten Vorgänge wie beispielsweise Wolkenbildung und Niederschlagsprozesse ab.

Im heutigen Thema des Tages soll es aber insbesondere um den Wasserdampfgehalt in bodennahen Luftschichten gehen. In der Wettervorhersage hat sich diesbezüglich der sogenannte Taupunkt am meisten bewährt. Er definiert die Temperatur, auf die ein ungesättigtes Luftpaket über einer ebenen, chemisch reinen Wasserfläche abgekühlt werden muss, um zur Sättigung zu gelangen. Im Sättigungszustand beträgt die relative Luftfeuchte 100 Prozent, folglich sind Taupunkt und Temperatur dann gleich. Im Falle einer Übersättigung ist die Luft nicht mehr in der Lage zusätzliche Feuchte aufzunehmen, womit sich der überschüssige Wasserdampf in Form von Dunst und Nebel bemerkbar machen würde. Da konform der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) die Temperatur standardmäßig in zwei Metern Höhe gemessen wird, liefert die Feuchtemessung im gleichen Niveau den dazugehörigen Taupunkt. Die Differenz wird als sogenannter „Spread“ (engl.: Spanne) bezeichnet. Jahreszeitentypische Werte für Temperatur und Taupunkt geben zudem Charakteristika der entsprechend beteiligten Luftmasse wider.

Der Taupunkt kommt nun in der täglichen Praxis bei verschiedensten Vorhersageparametern zum Einsatz.

1.) Nebel

Da – wie bereits im oberen Abschnitt erwähnt – Nebel eine Übersättigung der Luft darstellt, ist die Zuhilfenahme des Taupunkts für die Nebelvorhersage essentiell. Ist beispielsweise in den Nachtstunden mit Auflockerungen und schwachem Wind zu rechnen und war der Spread in den Abendstunden ohnehin schon gering, so ist die Nebelwahrscheinlichkeit erhöht.

Oder streicht in einem anderen Fall eine feucht-warme Luftmasse mit hohen Taupunkten über kalte Gewässer, bei denen die Wassertemperatur unterhalb des Taupunkts liegt , wird die Luft in den oberflächennahen Schichten rasch abgekühlt, so dass Übersättigung und damit Nebelbildung einsetzt. Bei Süd- oder Südwestlagen ist dieses Naturschauspiel des Seenebels hierzulande oft im Frühjahr über der Nord- und Ostsee zu bestaunen.

2.) Minimumtemperatur

Bei Lagen ohne Luftmassenwechsel liefert der Taupunkt in den Abendstunden allgemeinhin einen guten Richtwert für die zu erwartende Tiefsttemperatur. Bewegt er sich sehr nahe an der gemessenen Temperatur (Spread nahe null), ist kaum mit einer signifikanten Abkühlung in den Nachtstunden zu rechnen. Ist die Differenz im umgekehrten Fall sehr groß, setzt meist schon mit dem Sonnenuntergang eine rasche Temperaturabnahme ein.

3.) Niederschlagsphase

Auch Aussagen bezüglich Fragestellungen wie: „Fällt Schnee und wenn ja, bleibt er auch liegen?“ können mit Hilfe des Taupunkts abgeschätzt werden. Beträgt der Mittelwert von Temperatur und Taupunkt (entspricht näherungsweise der sogenannten „Feuchttemperatur“) kleiner zwei Grad, so ist das Auftreten von Schneefall in der Regel wahrscheinlich, bei null Grad oder weniger bleibt der Schnee bei negativen Belagstemperaturen auch liegen.

Ist es in höheren Luftschichten allerdings deutlich milder (Stichwort “warme Nase”), nützten selbst negative Taupunkte nix und es fällt (gefrierender) Regen. Sinkt der Taupunkt allerdings deutlich unter -5 Grad und reicht die Kaltluftschicht mit negativen Temperaturen vom Boden bis mindestens 750 m über Grund hinauf, so gefriert der Regen nicht erst am Boden, sondern bereits davor und es fallen hauptsächlich Eiskörner.

4.) Gewitter/Schwüle

In unserer Rubrik wurde ja schon mehrfach auf die bekannte Zutatenmethode eingegangen, die letztlich alle Faktoren einer Gewittervorhersage berücksichtigt. Unter dem Punkte “ausreichende bodennahe Feuchtigkeit” lässt sich auch für den Taupunkt grob folgende Faustregel aufführen: Auf sommerliche Gewitter bezogen, kann man sagen, dass ab etwa 10 Grad Taupunkt erste Gewitter möglich, ab 15 Grad schon recht wahrscheinlich sind. Immer vorausgesetzt, dass auch alles anderen Faktoren gewitterfördernd sind. Erreicht oder überschreitet der Taupunkt sogar großflächig die 20 Grad Marke, so ist die Luftmasse dermaßen schwül und energiegeladen, dass Gewitter oder zumindest kräftige Starkregenfälle fast schon sicher eingeplant werden können.

5.) Wolkenuntergrenze

Gerade in der Flugmeteorologie ist die Kenntnis der Faustformel nach Henning elementar. Sie besagt, dass der Spread multipliziert mit 125 näherungsweise die Untergrenze von Quellwolken in Metern ergibt. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das natürlich auch, dass bei entsprechend großem Spread – also geringer bodennaher Luftfeuchte – keinerlei tiefe Wolken mehr vorkommen können. Diese sind definiert in Höhen vom Erdboden bis 2 Kilometern. Näherungsweise könnte man somit festhalten, dass bei Differenzen von Temperatur zu Taupunkt von Werten größer als 16 Grad Celsius (meteorologisch korrekt wegen einer Differenzbildung eigentlich als “Kelvin” bezeichnet), keine tiefen Wolken mehr vorkommen. Ausnahme bilden die Hochsommermonate, wo im Tagesverlauf entstehende Quellwolken (Cumulus humilis), die eigentlich zur Gattung der tiefen Wolken gehören, mit Untergrenzen bis an die 3000 Meter vorkommen können und damit eigentlich in das Stockwerk der mittelhohen Wolken hineinragen.

DWD Temperatur ist nix Taupunkt ist alles

Die genannten Punkte kann man sich nun (zumindest teilweise) auch anhand der aktuellen Wetterlage zunutze machen. Dabei fließt am Rande des umfangreichen Hochs über Skandinavien zunehmend trockenere Luft aus Osten ein. Der Taupunkt über Polen geht derzeit auf Werte um -5 Grad zurück, der Spread erreicht 10 Grad (also liegt die Temperatur bei +5 Grad). Dies hat Wolkenauflösung, nach Punkt 2) allerdings auch erhöhte Frostwahrscheinlichkeit in den nächsten Nächten zur Folge.

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.03.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Was macht man eigentlich als Meteorologe?

Eines vorweg, Meteorologe kann sich jeder nennen, denn es ist kein geschützter Begriff. Allerdings wird der Beruf des Meteorologen in einem umfangreichen Studium oder in einer FH-Ausbildung erlernt. Dabei sind vor allem die Mathematik und die Physik ein grundlegender Baustein des Studiums, denn die Meteorologie ist nichts anderes als die Physik der Atmosphäre. Vom FH-Diplom bis zum Doktortitel oder Professor kann also die ganze Bandbreite an wissenschaftlichem Wissenserwerb genutzt werden. Mitnichten sitzen Studenten in den Vorlesungen nur da, beobachten die Wolken und machen daraus eine Wettervorhersage. Dies ist sicherlich ein Teilbereich der Meteorologie, doch das Studium oder die Ausbildung ist viel komplexer. Dadurch gibt es durchaus auch einige Studienabbrecher nach kurzer Zeit. Aufgrund des komplexen Studiums, das im morgigen Thema des Tages umfangreicher vorgestellt wird, ergeben sich nach vollendetem Abschluss einige verschiedene Einsatzmöglichkeiten im Berufsleben.

Ein Bereich ist sicherlich der in der Öffentlichkeit als klassisch angesehene Weg vor die Kamera. Diesen Weg schlägt allerdings nur ein Bruchteil der Absolventen ein, oftmals sind die Moderatoren im TV und Radio sogar keine Meteorologen mit meteorologischem Hauptstudium. Einige Studenten bleiben nach Erwerb des Bachelors oder Masters noch an der Uni und promovieren, schlagen damit eine eher wissenschaftliche Laufbahn ein. Im wissenschaftlichen Bereich arbeitet mit Sicherheit ein großer Anteil an Meteorologen. Oftmals vertiefen sie sich in Projektarbeiten im Bereich der Klimatologie, der Modellierung, der Hydrologie, der Stadtplanung oder im Agrarbereich. Ein weiterer Arbeitsbereich ist in der Wind- und Solarenergie angesiedelt, um beispielsweise Berechnungen und Prognosen zu erstellen, wo es sich lohnen könnte einen Windpark oder eine Solaranlage zu errichten. Auch in der Versicherungsbranche finden sich Meteorologen, sowohl bei Rückversicherern, als auch bei Firmen, die zum Beispiel Niederschlags-, Wind- oder Hagelgutachten erstellen. Selbst bei großen Energiefirmen sitzen Meteorologen, denn Strom wird an der Börse gehandelt, und da ist es natürlich von großem Vorteil zu wissen, wie viel Strom durch Wind- und Solarenergie eingespeist werden kann. Auch in der Wettervorhersage für Autorennen oder andere Events werden Meteorologen benötigt.

Und dann ist da natürlich noch der Meteorologe, der bei einem privaten Wetterdienst oder, wie der Verfasser dieses Textes, beim Deutschen Wetterdienst arbeitet. Hier ist das Aufgabengebiet ebenfalls breit gefächert, konzentriert sich aber in der Vorhersage- und Beratungszentrale des DWD auf das Wetter- und Warnmanagement, einige Projektarbeiten sowie Lehraufgaben. Des Weiteren ist die Flugmeteorologie ebenfalls noch ein wichtiger Themenbereich.

Durch das angesprochene umfangreiche Mathematik- und Physikstudium ergeben sich also sehr viele unterschiedliche Arbeitsfelder für Meteorologen. Daher denken Sie beim Smalltalk übers Wetter mit unbekannten Personen stets daran, dass Ihnen vielleicht ein Meteorologe mit wissenschaftlichem Abschluss gegenübersteht.

 

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.03.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst