Sonnige Trockenheit

Wie bereits im gestrigen Tagesthema und im Pressbericht dargelegt, war der Juli 2022 nicht nur deutlich zu trocken, sondern auch ausgesprochen sonnig. Besonders ausgeprägt war die Julitrockenheit in den west- und südwestdeutschen Bundesländern, wo der zweite Sommermonat nur wenig mehr Niederschlag zu bieten hatte, als das Rekordjahr 1949. Aber auch in den restlichen Bundesländern blieb es abgesehen von örtlichen Spitzen durch Gewittertreffer vielfach deutlich zu trocken. Abgesehen von Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg/Berlin findet sich 2022 überall in den Top 10 der trockensten Julimonate wieder. Nicht groß anders verhält es sich mit der Sonnenscheindauer. Im Südwesten gab es gut 40 % mehr Sonnenschein als im Vergleich zu den vieljährigen Mittelwerten 1961 bis 1990. Trier gehört dabei mit einem Sonnenplus von mehr als 60 % zu den Spitzenreitern. In Baden-Württemberg war es ähnlich sonnig. Auch im Rest Deutschlands kann man fast überall ein Plus finden. Die einzige Ausnahme bildet der äußerste Nordwesten. Zwischen Emden und Flensburg schien die Sonne seltener, als im Schnitt.

Es ist bekannt, dass der Juli nicht der erste Monat mit Trockenheit und überdurchschnittlicher Sonne war. Daher lohnt ein Blick, wie wir aktuell in der Jahresbilanz stehen, auch in Hinsicht auf die bisherigen Rekordjahre.

Beginnen wir wieder mit der Sonnenscheindauer. Abgesehen vom Januar, war bisher jeder Monat teils deutlich sonniger als im Vergleich zu 1961 bis 1990 (und auch 1991 bis 2020). Besonders eindrücklich verlief der Monat März, mit mehr als doppelt so viel Sonnenschein wie üblich. Wie außergewöhnlich dieser erste Frühlingsmonat war, zeigt auch die Tatsache, dass im Flächenmittel über Deutschland die Sonne im März 45 h länger schien, als im April und nur 13 h weniger als im Mai. Und das bei einer deutlich ansteigenden astronomisch möglichen Sonnenscheindauer. Der März hat damit auch einen wesentlichen Anteil daran, dass sich das Jahr 2022 klar auf Rekordkurs bewegt. Die bisher längste Zeit schien die Sonne in den Jahren 2018 und 2003 (nahezu gleichauf) mit einem Schnitt von rund 2015 h. Bis zum 31.07.2018 und auch bis zum 31.07.2003 waren es etwa 1300 Sonnenstunden. Dieses Jahr sind im Flächenmittel bereits gut 1340 h gemessen worden. Eindrücklich ist auch noch eine weitere Sache. Die mittlere jährliche Sonnenscheindauer im Zeitraum 1961 bis 1990 liegt bei 1544 Stunden. Damit hat das Jahr 2022 bereits 87 % der zu erwartenden Sonnenscheindauer nach sieben Monaten erreicht. Am weitesten vorne liegt mit Blick auf die prozentuale Bilanz der Südwesten. In Rheinland-Pfalz sind im Flächenmittel schon knapp 93 % Sonnenscheindauer erreicht. Es gibt bereits erste Stationen in Südwestdeutschland, an denen die Sonne schon länger schien, als im Mittel über das ganze Jahr. Beispielhaft zu nennen sind Andernach (bereits 106 %) und Trier (103 %).

Schauen wir nun auf den Niederschlag. Abgesehen vom Februar (+70 %) weisen bisher alle Monate ein Niederschlagsdefizit auf. Die Monate Januar und April waren nur wenig trockener als im Vergleich zu den vieljährigen Mittelwerten von 1961 bis 1990. Die restlichen vier Monate fielen hingegen zum Teil erheblich zu trocken aus. Beim Flächenmittel über ganz Deutschland führt der März die Negativbilanz mit -74% an. Relativ zu den Normwerten ist das Niederschlagdefizit in Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg/Berlin derzeit noch am größten. Bisher sind dort nach sieben Monaten erst gut 40 % der Niederschlagssumme für das Gesamtjahr gefallen. Ähnlich dünn sieht es auch in Teilen von Rheinland-Pfalz und am Oberrhein aus. Wie beschrieben handelt sich dabei um Flächenmittel über größere Regionen. Schaut man sich einzelne Wetterstationen an, so schaut es zum Teil noch düsterer aus. Zwei Beispiele: In Dresden-Strehlen (Sachsen) sind bisher nur 27 % der Gesamtjahressumme gefallen, in Sömmerda (Thüringen) sind die Werte vergleichbar. Deutlich besser schaut es zum Beispiel beim Niederschlag im Nordwesten Deutschlands aus (50 bis 60 %). Damit bewegt sich das Jahr 2022 im deutschlandweiten Flächenmittel derzeit auch (noch) nicht in den Rekordbereichen. Der aktuelle Wert liegt bei etwa 355 l/qm. Der bisherige Rekord stammt noch aus dem Jahr 1959 mit 551 l/qm im Gesamtjahr. Nimmt man dieses als Vergleich und schaut, wieviel Niederschlag bis zum 31.07.1959 gefallen ist, so kommt man auf etwa 340 l/qm. Sollte sich die Trockenheit auch bis in den Herbst hinein fortsetzen, dann könnte es unter Umständen noch eng werden mit dem Deutschlandrekord. Deutlich prekärer ist die Lage in Teilen Ostdeutschlands, aber auch in einigen Regionen über der Mitte und dem Südwesten des Landes. Schauen wir nochmal auf Sachsen-Anhalt so war dort 2018 das bisherige Rekordjahr. Bis zum 31.07.2018 wurden etwa 220 l/qm gemessen. In diesem Jahr liegt die Summe (dank der Niederschläge in der dritten Julidekade) immerhin in etwa gleichauf, aber damit eben auch im Bereich der Rekorde. In Brandenburg/Berlin wurden bis zum 31.07. des Rekordjahres 2018 nur 248 l/qm gemessen. Dieses Jahr sind es nochmal deutlich weniger mit 225 l/qm.

Kurz noch ein Blick auf die bevorstehende Entwicklung. Wirklich flächendeckende und ergiebige Niederschläge sind auch mit Start des Augusts nicht in den Wettermodellen zu finden. Die Trendprognosen deuten auch für den Augustmonat unterdurchschnittliche Mengen an, die die Situation in manchen Regionen weiter verschärfen könnten.

Dipl.-Met. Marcus Beyer

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 31.07.2022

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DWD Sonnige Trockenheit

Ein zu trockener Juli geht zu Ende

Nach der aktuellen Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes vom Freitag, den 29.07.2022, wurde nach vorläufigen Berechnungen der klimatologisch durchschnittliche Monatsniederschlag in Deutschland um mehr als die Hälfte unterboten. Vielerorts war es über weite Strecken des Monats viel zu trocken.

Insbesondere in Teilen von Rheinland-Pfalz und dem Saarland musste man sich sicherlich über jeden einzelnen Tropfen Regen freuen. Dort wurde (nach vorläufigen Zahlen) der zweittrockenste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gemessen. Trockener war nur der Juli im Jahr 1949. Statt der im Monatsschnitt zu erwartenden 72 l/qm fielen im diesjährigen Juli in Rheinland-Pfalz in der Fläche lediglich 10 l/qm, im Saarland waren es nur 7 l/qm. Trauriger Spitzenreiter war die Station in Wittlich bei Trier (RLP), die (zumindest bisher) nur 0,5 l/qm seit Monatsanfang registrierte. Dazu kamen außergewöhnlich warme Temperaturen (im Schnitt mehr als 2,5°C zu warm). Die Folgen sind bereits jetzt schon sichtbar: Die Pegel der Flüsse sinken immer weiter, auch die Grundwasserspiegel fallen ab. Selbst beim Spaziergang durch den kühlen Wald fallen Pflanzen ins Auge, die ihre Blätter kraftlos hängen lassen.

Auch die Landwirtschaft ist von den Folgen betroffen. So muss bereits jetzt mit Ernteeinbußen gerechnet werden. Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, rechnet “mit großen Ernteeinbußen”, sollte es in nächster Zeit nicht regnen. Trockenheit und Hitze seien in einigen Regionen ein großes Problem.

Eine weitere Folge von Trockenheit aufgrund ausbleibender Niederschläge und gleichzeitiger Hitze ist die erhöhte Wald- und Grasbrandgefahr. Immer wieder erreichten uns in diesem Monat Nachrichten von ausgebrochenen Feuern. Aktuell stehen insbesondere die Waldbrände im Elbe-Elster-Kreis (Brandenburg) sowie in der Sächsischen Schweiz (Sachsen) im Fokus, wo der diesjährige Juli ebenfalls sehr trocken ausfällt. Die Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes sind deswegen in permanentem Austausch mit den Leitstellen vor Ort und liefern neben Prognosen der Windgeschwindigkeit und -richtung auch Vorhersagen für möglicherweise lindernde Niederschläge.

Zum Ende des Monats versucht nun Tief “Frieda” die zum Teil katastrophale Niederschlagsbilanz noch einmal aufzubessern und bringt schauerartigen, teils gewittrigen Regen. Aber wie so oft bei sommerlichen Gewitterlagen sind die Niederschläge ungleich verteilt. Einige Regionen bleiben komplett trocken. In anderen Regionen liegen, ähnlich wie Licht und Schatten, Trockenheit und “Weltuntergang” sehr dicht beieinander. Dies lässt sich auch recht einfach in der Grafik zum Thema des Tages (obere Abbildung) erkennen. Dort sind die aus den Wetterradarsystemen abgeleiteten Niederschlagsmengen der vergangenen 24 Stunden (Stand: Samstag, 30.07.2022, 08 Uhr MESZ) abgebildet. Insbesondere die rot-violetten Punkte fallen dabei ins Auge. Lokal wurde an diesen Punkten mehr als 60 l/qm registriert, zum Teil fielen die Mengen in nur wenigen Stunden. In der Folge kam es am gestrigen Freitag auch zu Überschwemmungen sowie vollgelaufenen Kellern und Unterführungen.

Auch am heutigen Samstag besteht insbesondere noch vom östlichen Alpenrand über den Osten und Teile der Mitte bis nach Schleswig-Holstein die Gefahr weiterer Schauer und einzelner Gewitter. Das hochaufgelöste deutsche Modell ICON-D2 zeigt in seinen 24-stündigen Niederschlagsvorhersagen (untere Abbildung links) insbesondere vom Erzgebirge bis kurz vor Hamburg lokal eng begrenzt deutlich erhöhte Niederschlagsmengen. Diese dienen als Hinweis auf die potenzielle Unwettergefahr durch Starkregen. Allerdings müssen die kräftigsten Niederschläge nicht unbedingt dort fallen, wo sie vom Modell vorhergesagt werden. Die Regionen mit erhöhter Unwettergefahr durch Starkregen lassen sich so dennoch ganz gut abschätzen.

Nach einer meist trockenen Nacht bringt dann der Ausläufer des Nordmeertiefs “Genoveva” am Sonntag zumindest der Nordhälfte Deutschlands weiteren Regen (untere Abbildung rechts). Anhand des streifenartigen Musters in den Niederschlagsprognosen lässt sich jedoch bereits jetzt schon erahnen, dass die Schauer erneut nicht alle Regionen gleich treffen werden.

Zum Ende des Monats startet der “Wettergott” also einen Versuch, die zum Teil katastrophale Niederschlagsbilanz des aktuellen Monats noch etwas aufzupolieren. Natürlich kann man bei den vorhergesagten Niederschlagsmengen keine Wunder erwarten, insbesondere der Südwesten wird auch an diesem Wochenende gänzlich trocken bleiben. Allerdings sollte der Niederschlag in einigen Regionen doch zumindest vorübergehend für eine gewisse Linderung sorgen.

MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 30.07.2022

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DWD Ein zu trockener Juli geht zu Ende

Kaltlufteinbrüche im Frühjahr – Teil 4: Wetterlagen

Nun sind wir schon fast im August angekommen, womit es aus meteorologischer Sicht nicht mehr lange hin ist, bis sich die Hochsommerzeit dem Ende nähert. In den vergangenen Wochen mussten wir dabei notgedrungen schon die ein oder andere (glücklicherweise meist kurze) Hitzewelle über uns ergehen lassen, und auch bezüglich der vielerorts andauernden Trockenheit wurde an dieser Stelle ja bereits ausreichend berichtet. Dennoch ließen die Temperaturen am gestrigen Donnerstagmorgen in Teilen Deutschlands doch den ein oder anderen sicher etwas “frösteln”, der sein Fenster aus Gewohnheit in den Nachtstunden weit offen ließ. So wurden beispielsweise 3,5 Grad in Dippoldiswalde (Sachsen), 3,6 Grad in Wittingen-Vorhop (Niedersachsen), 4,8 Grad in Quickborn bei Hamburg (Schleswig-Holstein), 5,2 Grad in Kyritz (Brandenburg) und 7,0 Grad in Tirschenreuth-Lodermühl (Bayern) als Tiefstwerte gemessen, um nur einige zu nennen. Grob gesagt gab es in der gesamten Nordhälfte Deutschlands verbreitet Tempertaturen im einstelligen Bereich. Bodennah – sprich in 5 Zentimetern Höhe – gab es an exponierten Standorten sogar Werte bis nahe 0 Grad oder auch darunter wie an der Station Deutschneudorf-Brüderwiese mit -2,5 Grad. Zugegeben, eine wirklich exponierte Station im Erzgebirge unweit der tschechischen Grenze, aber dennoch bemerkenswert und eine ideale Steilvorlage für einen weiteren Teil unserer Serie zu Kaltlufteinbrüchen im Frühjahr.

Dieses Mal wollen wir uns genauer anschauen, welche charakteristischen Wetterlagen es dafür klassischerweise braucht und wie besonders effektiv das vorhandene Potential für kalte Temperaturen und im Idealfall auch für damit einhergehende Niederschläge sprich Schneefälle, herausgekitzelt wird. Letztlich zeigt das aktuelle Beispiel, dass sich diese Wetterlagen problemlos auch auf die Folgejahreszeit Sommer ausdehnen lässt.

Zunächst einmal konzentrieren wir uns auf die Temperaturen, und dabei vor allem auf die Spätfröste. Beim Blick auf eine klassische Luftmassenverteilung im Frühjahr wird schnell klar, wo die kälteste Luft in Europa zu finden ist. Das sind je nach Schnee- und Eisbedeckung die Gebiete von Grönland über die Norwegische See, Barentssee und Nordskandinavien bis ins nördliche Sibirien, wobei sich gerade die Landflächen mit zunehmendem Sonnenstand schneller erwärmen als die vergleichsweise trägen und gut durchmischten Ozeane (Stichwort: Wärmekapazität). Wir brauchen also eine möglichst nördliche Anströmung. Da sich die Luftströme bei Tiefdruckgebieten auf der Nordhalbkugel entgegen dem Uhrzeiger und bei Hochdruckgebieten entsprechend umgekehrt mit dem Uhrzeigersinn bewegen, führt ein Tief über Skandinavien und ein Hoch über den Britischen Inseln exakt zu diesem Muster. Dabei wird im Idealfall Kaltluft arktischen Ursprungs von der Eiskante über der Framstraße (Seegebiet zwischen Grönland und Spitzbergen) angezapft und über die Norwegische See und Nordsee bis nach Deutschland geführt. Im Laufe der 2000, manchmal sogar mehr als 3000 km Strecke, die die Luftmasse dann nach Süden zurücklegt, kann sie sich je nach Geschwindigkeit mehr oder weniger zögerlich erwärmen. Dies ist in der schematisch dargestellten Wetterlage in der angehängten Abbildung mit der abnehmenden Blaufärbung der Pfeile gekennzeichnet.

Dieses Setup an sich ist zwar notwendig, aber nicht hinreichend, um sich des mathematischen Sprachgebrauchs zu bedienen. Gerade im Randbereich des Tiefs ist doch neben dem Einfließen der Kaltluft gerne einiges an Wind und Wolken mit im Spiel. Beides Faktoren, die die nächtliche Ausstrahlung hemmen und in der Regel keine Nachtfröste zulassen. Zieht das Tief allerdings ostwärts ab, und orientiert sich das Hoch über den Britischen Inseln in der Folge nach Mitteleuropa, lösen sich die Wolken auf und der Wind lässt nach. Unter diesen Bedingungen kann die Luftmasse unter Abtrocknung mit tiefen Taupunkten in klaren windstillen Nächten ihr volles Potential entfalten.

Bezüglich der Fragestellung, welche Wetterlagen sich nun für Schneefälle im Frühjahr verantwortlich zeichnen, ist die Beantwortung deutlich komplexer. Die im Anhang gezeigte Lage ist für mittlere und höhere Mittelgebirgslagen durchaus brauchbar, da sie staubedingt an den Nordrändern häufig für ausreichende Niederschläge mit Entzug von Schmelzwärme aus der Luft sorgen, was die Schneefallgrenze nach unten drückt (siehe dazu zum Beispiel auch Thema des Tages vom 29.11.2015). Für viele Flachlandregionen ist aber eine südliche Westlage, wo ein Tief quer über Deutschland hinwegzieht und an dessen Nordflanke es bei geeigneter Luftmasse zu kräftigen Schneefällen kommt, vielversprechender. Für Ostdeutschland können gerade auch die seltenen Vb-Wetterlagen bis in den April hinein noch wahre Schneebringer sein. In Erinnerung ist vielen vielleicht noch das Osterfest 2018 in Mecklenburg-Vorpommern geblieben, wo Anfang April teilweise mehr als 30 cm Schnee lagen.

Nach diesem kurzerhand eingeschobenen Teil über die Wetterlagen klären wir im fünften und letzten Teil unserer Serie aber endgültig, ob sich wirklich gehäuft Veränderungen oder Auffälligkeiten bei Kaltlufteinbrüchen im Frühjahr in den vergangenen Jahren zeigen.

Dipl.-Met. Robert Hausen

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 29.07.2022

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DWD Kaltlufteinbrueche im Fruehjahr Teil 4 Wetterlagen

Die kalte Spur eines tropischen Sturms

Es ist die Jahreszeit, in der uns in unregelmäßigen Abständen aus den tropischen und subtropischen Regionen der Nordhemisphäre Meldungen von heftigen Sturmereignissen erreichen, den sogenannten “tropischen Stürmen”.

Doch was ist der tropische Sturm nochmal für ein Naturphänomen? Kurz gesagt ist es ein Prozess, bei dem durch Verdunstung über den warmen Meeresoberflächen Energie gewonnen wird. Dabei kann der Sturm unter günstigen atmosphärischen Bedingungen (wie z.B. einer feuchten Atmosphäre oder Winden, die ihre Geschwindigkeit mit der Höhe nur geringfügig ändern) stetig an Intensität zulegen. In diesen Sturmsystemen werden weltweit mit die höchsten Windgeschwindigkeiten gemessen. Dabei verbleiben sie mit ihrem enormen Schadenspotential durch heftigen Wind, sintflutartige Regenfälle und Sturmfluten entweder über dem offenen Meer und gehen als sogenannter “Fischsturm” in die Geschichtsbücher ein, oder treffen mit Urgewalt auf die Küstenregionen.

Bei ihrer Entwicklung kann man diese Stürme in der heutigen, technisch fortgeschrittenen Zeit mit Wettersatelliten hervorragend verfolgen. Nicht nur die hochreichenden Gewitterwolken werden beobachtet, die sich zu einem Gewittercluster und in der Folge zu einem Sturmsystem variabler Intensität organisieren, sondern auch die Niederschläge, die die Gewitter begleiten, werden kontinuierlich von Satelliten aus verfolgt. Diese Informationen fließen in das Frühwarnsystem vor tropischen Stürmen ein. Doch Satelliten liefern noch weitere interessante Daten, wie zum Beispiel die Wasseroberflächentemperaturen, die vor einem Ereignis für die Intensitätsvorhersage eines tropischen Sturms von Interesse sind, aber auch nach einem Ereignis hervorragend dessen Spur abbilden. Der letzte Effekt wird als sogenanntes “upwelling” bezeichnet und bedeutet im Deutschen “Aufsteigen von Tiefenwasser”.

Der Prozess des “upwelling” ist recht schnell erklärt, wobei wir uns dabei hier nur auf das “upwelling” durch tropische Stürme konzentrieren. Mit Blick auf die Nordhalbkugel weht der Wind in einem tropischen Sturm zyklonal (gegen den Uhrzeigersinn). Dabei wird das oberflächennahe Wasser ebenfalls zyklonal verfrachtet, bevor die Scheinkraft “Corioliskraft” dieses Wasser zunehmend nach rechts abdrängt, sodass sich das Wasser vom Zentrum des Sturms entfernt. Damit wird das warme oberflächennahe Wasser verdrängt und durch aufsteigendes kälteres Wasser aus tieferen Schichten ersetzt. Dieser Prozess ist ein langsamer und daher benötigt man einen stationären oder sehr langsam ziehenden tropischen Sturm, damit das kalte Tiefenwasser für eine Abschwächung des tropischen Sturms sorgen kann. Das “upwelling” geht dabei Hand in Hand mit der durch den extremen Wellengang und die Windgeschwindigkeiten hervorgerufenen Durchmischung der oberflächennahen Wassermassen, die einige dutzende Meter mächtig sein kann und instantan einsetzt.

Interessant wird es nun, wenn ein tropischer Sturm in ein Gebiet zieht, wo das kalte Tiefenwasser des vorherigen Sturms anzutreffen ist. In so einem Fall können sich die Bedingungen für eine Intensivierung des Folgesturms nicht selten deutlich verschlechtern, was in der Vergangenheit innerhalb der Wettervorhersagemodelle nicht immer erkannt wurde. Daher wurden die Vorhersagen von tropischen Stürmen in der Vergangenheit manchmal von plötzlichen und unerwarteten Intensitätsschwankungen überrascht. Mittlerweile wird dieser Prozess jedoch in den Wettermodellen recht gut berücksichtigt und fließt automatisch in die Vorhersagen zukünftiger tropischer Systeme ein, die sich dadurch in der Vorhersage trotz atmosphärisch günstiger Bedingungen abschwächen können.

Als kleine Randnotiz sei erwähnt, dass man in der Vergangenheit versuchte mit dem Effekt des “upwelling” die Küsten vor tropischen Systemen zu schützen. “Thermal Underwater Buoyancy Exchange, kurz TUBE” ist eine visionäre Apparatur mit mehreren Einzelgeräten, die pro Minute mehr als 11 Millionen Liter Tiefseewasser an die Oberfläche pumpen und somit die oberflächennahen Wassertemperaturen verringern soll. Folglich sollten sich in der Theorie auch die an Land ziehenden tropischen Stürme rasch abschwächen. Ob diese Idee vielleicht doch noch verwirklicht wird bleibt jedoch abzuwarten.

Eine positive Folge des “upwelling” ist, dass sehr nährstoffreiches Tiefenwasser in die oberen Wasserschichten geführt wird, was der Tierwelt zu Gute kommt. Dem gegenüber steht natürlich die mehr oder weniger ausgeprägte Zerstörung der marinen Unterwasserwelt, die durch Strömungen und sich brechende riesige Wellen verursacht wird.

Im Anhang werden einige Beispiele von kalten Spuren nach dem Durchzug der Hurrikane KATRINA, HARVEY und IRMA (in der Abbildung von links nach rechts) in der Karibik und/oder dem Golf von Mexiko gezeigt. Die Spuren sind je nach Zugbahngeschwindigkeit und Intensität mehr oder weniger stark ausgeprägt zu erkennen. Dabei zeigt die Abbildung die Anomalie (Abweichung vom Normalzustand) der Wasseroberflächentemperatur. Im letzten Bild (rechts oben) wird deutlich, dass auch beständige, durch außertropische Hoch- und Tiefdruckgebiete angetriebene Winde die Temperaturverteilung der Wasseroberfläche stark beeinflussen können, was im Juli 2019 durch eine regionale Abkühlung entlang der nördlichen Golfküste zu erkennen ist und ebenfalls Einfluss nehmen kann auf die Intensität tropischer Stürme, die an Land gehen. Das Ergebnis ähnelt doch recht gut den angestrebten Zielen von TUBE. Aktuell (26. Juli 2022) ist davon nichts zu spüren – beinahe der gesamte Golf von Mexiko weist zu hohe Wasseroberflächentemperaturen auf. Kein gutes Zeichen für die aktuell laufende und bis jetzt noch verhältnismäßig ruhige Hurrikansaison.

Es bleibt abzuwarten, wann die nächste kalte Spur in dieser Saison erscheint. Diese verläuft dann hoffentlich fernab von jeglichem Land..

Dipl.-Met. Helge Tuschy

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 28.07.2022

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DWD Die kalte Spur eines tropischen Sturms

Ist das schon der Klimawandel? (Attributionsforschung – Teil 1)

Letztes Jahr die Flutkatastrophe im Ahrtal, dieses Jahr Dürre und Hitze bis 40 Grad. “Ist das schon der Klimawandel?” oder “Ist das eine Folge der Erderwärmung?” Diese oder ähnliche Fragen brennen vielen unter den Fingernägeln. So sicher wie das Amen in der Kirche werden wir Meteorologen bei jedem Extremwetter – seien es unerträgliche Hitze, langanhaltende Dürreperioden, Stürme oder Starkregen – immer aufs Neue gefragt, ob diese Extreme bei uns oder anderswo auf der Welt bereits Auswirkungen des Klimawandels sind. Freunde und Verwandte interessieren sich hierfür genauso wie Journalisten oder Politiker.

Nicht selten haben sich die Fragenden vorher aber schon ihre eigene Meinung dazu gebildet. Klimaskeptiker bringen als Argumente gegen den Klimawandel gerne an, dass es solche extremen Wetterereignisse schon immer gegeben habe und dass man ohnehin von einem einzelnen Wetterereignis nicht auf das Klima oder eine Veränderung dessen schließen könne – womit sie nicht ganz unrecht haben. Klimaaktivisten, aber auch viele Politiker sind sich hingegen einig, dass diese Wetterextreme bereits eindeutige Zeichen des Klimawandels seien und nehmen diese als Mahnmale, wie dringend wir etwas gegen die fortschreitende Erderwärmung unternehmen müssen. Auch die zweite Gruppe hat mit ihrer Einschätzung nicht ganz unrecht. Ja was denn nun? Es können doch nicht beide mit ihren so gegensätzlichen Ansichten irgendwie richtig liegen!

Zunächst einmal muss man wissen, dass es sich bei Wetter und Klima um zwei komplett unterschiedliche Zeiträume handelt, die man so nicht direkt miteinander vergleichen kann. Wetter ist das, was wir Menschen aktuell spüren können wie die wärmende Sonnenstrahlung oder nasse Regentropfen auf der Haut, Wind der uns um die Ohren pfeift oder ob wir im Freien frieren oder schwitzen. Wetter ist also hochgradig variabel und verändert sich von Tag zu Tag und manchmal sogar von Stunde zu Stunde. Beim Klima handelt es sich hingegen um den gemittelten Zustand der Atmosphäre über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren. Um also feststellen zu können, ob sich das Klima global oder in einer bestimmten Region verändert, kann man verschiedene 30-Jahres-Zeiträume miteinander vergleichen. Bei der mittleren Temperatur zeigt sich beispielsweise ein klarer Trend hin zu höheren Werten.

Bei Wetterextremen wie Hitzewellen, Dürren oder Starkregen wird die Sache deutlich komplizierter. Gerade weil das Wetter so veränderlich ist, gab es schon immer extreme Wetterereignisse und sie wird es auch in Zukunft weiterhin geben. Daher haben Klimaskeptiker pauschal gesehen recht, dass man ein EINZELNES Extremereignis nicht so leicht auf den Klimawandel schieben kann. Allerdings darf man es sich so einfach nicht machen. Es könnte ja sein, dass bei einer vergleichbaren Wetterlage in der vorindustriellen Zeit das Wetter weniger extrem verlaufen wäre oder dass im Zuge der Klimaveränderung bestimmte Wetterextreme häufiger auftreten. Oder anders ausgedrückt: Was früher extrem war, könnte in Zukunft möglicherweise zur Normalität werden.

Um herauszufinden, ob oder inwieweit die fortschreitende Erderwärmung die Häufigkeit und Eigenschaften extremer Wetterereignisse bereits verändert hat, reicht eine Auswertung der bisherigen weltweiten Wetteraufzeichnungen leider nicht aus. Wetterextreme sind nämlich per Definition selten und je extremer sie sind, desto seltener werden sie. Für ein Wetterereignis, das statistisch gesehen an einem bestimmten Ort nur alle 100 Jahre oder sogar noch seltener auftritt, reichen die Messzeitreihen nicht lange genug in die Vergangenheit zurück, um belastbare statistische Aussagen über den Zusammenhang zwischen Wetterextremen und Klimaveränderung treffen zu können. Dabei kommt noch erschwerend hinzu, dass das Klima neben den vom Menschen verursachten Veränderungen auch natürlichen Schwankungen unterliegt, was eindeutige Aussagen über die Veränderung von Extremereignissen nahezu unmöglich macht.

Sie merken also, mit Beobachtungen alleine kommen wir bei der Beantwortung unserer eingangs gestellten Fragen nicht weiter. Eine geeignete Lösung bietet hingegen die sogenannte “Attributionsforschung”. Sie beruht auf einer Ursache-Wirkungs-Beziehung. Im Bereich der Klimaforschung versucht man mithilfe von aufwändigen Klimamodellsimulationen abzuschätzen, inwieweit anthropogene (also vom Menschen verursachte) Klimaveränderungen das Auftreten, die Häufigkeit und Intensität von meteorologischen und klimatologischen Extremereignissen beeinflussen und mit fortschreitender Erderwärmung weiter verändern.

Wie man bei solchen Attributionsstudien vorgeht, erklären wir im nächsten Teil dieser Reihe. Zuletzt stellen wir die Ergebnisse zweier Studien vor. Damit zeigen wir, dass dieser Forschungsbereich zumindest teilweise die Frage beantworten kann, ob ein bestimmtes Extremwetter in gewissem Maße eine Folge des vom Mensch verursachten Klimawandels ist.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 27.07.2022

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Sommer bereits im Sommertage-Soll

Wenn es darum geht, Jahreszeiten im Hinblick auf die Temperaturen einzuordnen, bedienen wir Meteorologen uns gerne bei den sogenannten “Klimatologischen Kenntagen”. Darunter verstehen wir einen Tag, an dem ein definierter Schwellenwert eines klimatischen Parameters erreicht, über- oder unterschritten wird. Während im Winter Frost- und Eistage gezählt werden, betrachtet man im Sommer die Sommer- und Hitzetage. Frost- und Eistage sind Tage, an denen die Temperatur unter 0 °C sinkt beziehungswiese nicht über 0 °C steigt. An Hitzetagen erreicht die Temperatur mindestens 30°C, an Sommertagen mindestens 25 °C.

Zwar sind erst 56 von 92 Tagen des Sommers 2022 vorüber, dennoch lohnt ein erster Blick auf die Anzahl der Sommer- und Hitzetage.

Im Mittel über die DWD-Stationen wurden in diesem Sommer bereits 27 Sommer- und 9 Hitzetage registriert. Damit ist bereits nach knapp zwei Dritteln des Sommers das Soll auf Basis des vieljährigen Klimamittels von 1961 bis 1990 erreicht (23 Sommertage, 4 Hitzetage). Für das Erreichen des Mittelwertes des von der Klimaerwärmung bereits stark beeinflussten Zeitraumes von 1991 bis 2020 fehlen ebenfalls nur noch 5 Sommer- und 1 Hitzetag.  Man erkennt sichtbar den Anstieg der gleitenden Mittelwerte vor allem ab den 1980er Jahren. Der aktuelle Wert des Sommers 2022 ist als Kreis dargestellt und liegt nicht mehr allzu weit unter der Mittelwertkurve, vor allem was Tage über 30 °C betrifft. Die meisten Sommer- und Hitzetage gab es in den Sommern 2003 und 2018 mit im Mittel 52 beziehungsweise 18 Tagen.

Schaut man sich die räumliche Verteilung der Sommer- und Hitzetage für diesen Sommer an, offenbaren sich deutliche Unterschiede. Vor allem im Süden und Osten stieg die Temperatur verbreitet an 30 bis 40 Tagen über die 25-Gradmarke und damit an über der Hälfte der Tage. Ausgenommen davon sind hochgelegene Bergstationen, wo es natürlich stets etwas kühler ist. Entlang des Oberrheins wurde sogar an über 40 Tagen ein Temperaturwert von mindestens 25 Grad erreicht. Spitzenreiter ist dabei Waghäusel-Kirrlach mit 48 Tagen. Nach Norden und Westen zu nimmt die Anzahl sukzessive ab. In einem Streifen von Nordrhein-Westfalen über Ostniedersachen bis zur Uckermark sind es immerhin noch recht verbreitet 20 bis 30 Tage, im Nordwesten sowie generell im küstennahen Binnenland nur noch 10 bis 20 Tage. Im unmittelbaren Küstenumfeld waren Sommertage aufgrund des häufig auflandigen Windes eher selten.

In den kommenden Tagen bricht die bereits zwei Wochen ununterbrochene Serie an Sommertagen kaum ab, zu Beginn der kommenden Woche gesellen sich dazu eventuell sogar wieder Hitzetage. Die Tendenz zu einem Sommer mit deutlich überdurchschnittlich vielen Sommer- und Hitzetagen ist also klar zu sehen. Aber auch nach Norden zu sollte die Bilanz im Hinblick auf Sommertage zumindest ab dem Wochenende weiter aufgebessert werden.

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 26.07.2022

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DWD Sommer bereits im Sommertage Soll

Wie Dürre Gewittern in die Hände spielen kann

Kurze Hitze: DANIELA bringt die Abkühlung

Dank des Hochs LEBRECHT mit Schwerpunkt über Mitteleuropa hat der heutige Sonntag seinen Namen verdient. Denn für viele wird es ein meist sonniger Tag. Die lockeren Wolken, die durchziehen, stören kaum. Im Nordwesten des Landes sorgt hingegen die Warmfront des Tiefs DANIELA bei den Britischen Inseln für dichtere Wolken, die an der Nordsee sogar ein paar Tropfen bringen können.

Zwischen den beiden Luftdruckgebieten stellt sich über Deutschland eine südwestliche Strömung ein. Somit kann die heiße Luft in Südeuropa zu uns gelangen. Entsprechend steigen die Temperaturen am Nachmittag verbreitet auf Werte zwischen 30 und 34 Grad an. Im Norden ist es mit 25 bis 29 Grad etwas kühler. Die Nacht zum Montag verläuft meist klar und mit 19 bis 15 Grad auch mild. In einigen Mittelgebirgstälern und im Südosten kann man mit 14 bis 11 Grad besser durchlüften.

Denn am Montag klettern die Temperaturen auf Werte zwischen 31 und 37 Grad. Also ist wieder Schwitzen angesagt. Die gute Nachricht ist aber, dass die Abkühlung in Form von Schauern und kräftigen Gewittern nicht lange auf sich warten lässt. Diese haben wir der Kaltfront von Tief DANIELA zu verdanken, die sich im äußersten Nordwesten mit Höchstwerten zwischen 23 und 28 Grad schon bemerkbar macht. Die Kaltfront erreicht in der Nacht zum Dienstag dann auch den Südosten des Landes und sorgt dort für schauerartigen, teils gewittrigen Regen, ansonsten klingen die meisten Schauer und Gewitter ab.

Am Dienstag ist es mit Höchstwerten zwischen 18 und 25 Grad im Nordwesten und zwischen 26 und 29 Grad in den übrigen Regionen mit der großen Hitze vorbei. Dazu treten einzelne Schauer und kurze Gewitter auf und der Wind ist spürbar unterwegs. Letztlich kühlt sich Luft in der Nacht zum Mittwoch auf 14 bis 8 Grad ab.

Der Rest der Woche verläuft sommerlich warm ohne größere Hitzewellen. Was weiterhin fehlt, abgesehen von einzelnen Schauern und Gewittern, die vor allem am Freitag vermehrt auftreten, ist der flächendeckende Regen.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.07.2022

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Hitzetief

Die Mittelmeerländer haben aktuell nicht nur mit Trockenheit und Waldbränden zu kämpfen. Auch die große Hitze stellt eine echte Herausforderung dar. Im linken Teil der beigefügten Abbildung sind die Höchsttemperaturen auf der Iberischen Halbinsel am gestrigen Freitag dargestellt. Verbreitet stiegen die Werte auf über 35°C, lokal lagen die Spitzen sogar über 40°C. Lediglich an den Küsten, in den bewölkten Gebieten des Nordens und in den Hochlagen bewegten sich die Maxima unterhalb der 30°C-, teils sogar unter der 20°C-Marke.

Lässt man die o. g. Probleme aber außer Acht und betrachtet das Wetter durch eine rein meteorologische Brille, so kann man sich zumindest an der täglich wiederkehrenden Entwicklung sogenannter Hitzetiefs erfreuen. Für die südspanische Station Villanueva de Córdoba sind die entsprechenden Druckschwankungen im Tagesverlauf auf der rechten Seite der Grafik (Mitte, blaue Kurve) zu finden. Durch den täglichen ununterbrochenen Sonnenschein, der an den Balken der stündlichen Sonnenscheindauer (in der Grafik rechts unten) abgelesen werden kann, kann sich die Atmosphäre stark aufheizen. Damit setzen Hebungsprozesse ein, die den Luftdruck fallen lassen. Der Vollständigkeit halber sind zusätzlich zum Druckverlauf als Zahlenwerte auch der Druckanstieg (blau) und der Druckfall (rot) angegeben (in 1/10 hPa).

Der Druckfall fällt am Nachmittag so lange wie die Temperaturen steigen. Der Temperaturverlauf ist in der Grafik rechts oben dargestellt. Mit einsetzendem Temperaturrückgang am Abend kommen die Hebungsprozesse zum Erliegen. Der Luftdruck steigt wieder an, ein Prozess, der bis in die Morgenstunden anhält. Wenn dann am nächsten Tag die Sonneneinstrahlung die unteren Atmosphärenschichten erneut aufheizt, beginnt das Spiel von vorne.

Dabei sind die Druckunterschiede beeindruckend. Von 1011 hPa am Mittwochabend stieg der Druck auf knapp 1018 hPa am Donnerstagmorgen. Ähnlich groß waren die Druckunterschiede zwischen Freitagabend und Samstagmorgen. Zum bemerkenswerten Verlauf des Luftdrucks trägt aber auch ganz wesentlich bei, dass im Sommer im Mittelmeerraum oftmals keine großräumigen synoptischen Druckgebilde unterwegs sind. Somit wird die tagesgangbedingte thermische Druckänderung nicht von dynamischen Hochs und Tiefs überlagert und damit verwischt.

Ob die Spanier bei den hohen Temperaturen große Freude an ihren Hitzetiefs haben darf bezweifelt werden. Aber immerhin ist die Luft recht trocken, was das Schwüleempfinden dämpft. Zu erkennen ist dies am Verlauf des Taupunkts, der ein Maß für die Luftfeuchte darstellt. Zumeist bewegt sich der Taupunkt um 5°C, teilweise taucht er sogar in den negativen Bereich ab (die hellblauen Abschnitte der Kurve). Das ist deutlich weniger, als es in Mitteleuropa üblich ist.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.07.2022

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