Guter Klang

In unserer beliebten Rubrik bleibt es heute musikalisch. Bereits beim gestrigen Thema des Tages wurde Bezug auf den heutigen internationalen “Tag ohne Musik” genommen und eine interessante Zeitreise durch sämtliche Jahrzehnte mit bekannten Hits und Bands mitsamt Wetterbezug unternommen. Der auf den britischen Konzeptkünstler Bill Drummond bis ins Jahr 2005 zurückgehende “Feiertag” soll keinesfalls gegen das Musizieren gerichtet sein, sondern vielmehr darauf aufmerksam machen, dass bei unserem überbordenden Medienkonsum heutzutage “Musik” an allen Ecken und Enden auftaucht – und sei es “nur” in Hintergrundgeräuschen, als eingespieltes Intro, Werbung zwischendurch oder in welcher Form auch immer. Laut Drummond täte es uns allen gut, mal innezuhalten und Musik wieder viel bewusster wahrzunehmen. Mal Hand aufs Herz: Hören Sie sich jede Sprachnachricht, jedes Video auf YouTube oder TikTok, jedes Lied im Radio oder auf Spotify, jedes Musical oder Sinfonieorchester (die Auswahl ist beliebig erweiterbar) bewusst und konzentriert von Anfang bis Ende an? Vermutlich die wenigsten von uns. Oft sind wir gedanklich längst woanders, wischen weiter, fühlen uns gestresst oder einfach nicht unterhalten genug. Schade eigentlich. Umso wichtiger ist es, daran zu erinnern, mal einen Moment der Stille zu genießen, um fortan Dinge wieder bewusster wahrzunehmen. Genau dafür soll der heutige Tag eigentlich genutzt werden.

Doch so richtig Spaß macht es doch erst, wenn man ein Instrument selber spielen lernt, singt (es zumindest versucht) oder aber denen andächtig lauscht, die es können. Zu den mit am häufigsten genannten Punkten, was man im Laufe seines Lebens bereut, gehört neben Berufs- und Beziehungsthemen im Bereich der persönlichen Entwicklung “nie ein Instrument gelernt zu haben”. Aus eigener Erfahrung sowie im Kollegium kann bestätigt werden: Dafür ist es nie zu spät!

Kommen wir nun aber zum eigentlichen Kern des Artikels, nämlich der Fragestellung, welche raumklimatischen Bedingungen ein bestimmtes Instrument bevorzugt. Starten wollen wir mit einem Klassiker: Der Gitarre. Egal ob platzsparend verstaut an der Wandhalterung oder aber im Gitarrenständer geparkt, es macht einen Unterschied, ob sie die Gitarre auf dem Dachboden, im Bad oder im Keller lagern. Im Gegensatz zu den robusten E-Gitarren bietet der hohle, relativ dünne Korpus akustischer Gitarren mit seinen oft unlackierten Oberflächen (zumindest mal im offenen Innenraum) ganz andere Angriffsflächen. Entscheidend ist die ideale Luftfeuchtigkeit zwischen 45 und 55 Prozent. Da Holz bekanntlich “arbeitet”, zieht es sich bei zu geringer Luftfeuchte zusammen beziehungsweise quillt bei zu hoher Luftfeuchte auf. Bei Ersterem kann es im Laufe der Zeit zu scharfkantigen Brüchen kommen, da sich das Griffbrett zusammenzieht; die Bundstäbchen, die aus Metall sind, aber nicht. Abhilfe schafft hier im Zweifel ein Gitarrenbefeuchter, ein kleines Etui mit eingebautem Schwämmchen. Zu hohe Luftfeuchtigkeit (auch in Verbindung mit hohen Temperaturen) erhöht das Risiko des Lösens von Verleimungen. Auch hierbei kann es im Laufe der Zeit zu starken Verwerfungen kommen, die ein Spielen unmöglich machen. Zudem besteht die Gefahr des Schimmelbefalls und anderer Holzkrankheiten. Daher ist es empfehlenswert, auch in diesen mitunter vielleicht seltener benutzten Räumen regelmäßig zu lüften, ein Hygrometer (Feuchtemessgerät) zur Kontrolle aufzustellen und direkte Nähe zu Heizkörpern zu vermeiden. Da häufig verschiedene Hölzer innerhalb einer akustischen Gitarre verbaut sind, ergeben sich manchmal zusätzliche Spannungsverhältnisse, da die Sorten unterschiedlich auf die vorhandenen Feuchtebedingungen reagieren. Extreme Temperaturen unter 0 Grad Celsius respektive über 40 Grad sind generell zu vermeiden, ebenso starke Temperaturschwankungen innerhalb kurzer Zeit. Also einfach mal im Winter die Gitarre nach längerem Außentransport noch etwas in der Tasche lassen und im Sommer vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Da sind verstimmte Saiten als weitere Folge noch das geringste Übel.

DWD Guter Klang

Ähnliches gilt entsprechend auch für alle Holzblasinstrumente. Hier liegt die ideale Raumfeuchte sogar bei rund 60 Prozent. Durch anhaltende Feuchtigkeit können Federn und Achsen rosten und die Versilberung kann beeinträchtigt werden. Deshalb sollten Blasinstrumente generell nach jedem Gebrauch auseinandergenommen und die Teile (inklusive Mundstück und Blatt) mit einem Wischer getrocknet werden. Bei der allgemeinen Pflege müsse zudem auch Holz und Mechanik öfter geölt werden, bei der Gitarre reicht es oft beim Saitenwechsel aus.

Auch Flügel und Klaviere sind aus hochwertigen Naturmaterialien gefertigt und reagieren sensibel auf Veränderungen von Temperatur und Luftfeuchte. Ihr “Wohlfühlfenster” liegt ebenfalls bei rund 20 Grad sowie 50 Prozent relativer Luftfeuchte. Dauerhafte Werte über 60 beziehungsweise unter 40 Prozent sollten unbedingt vermieden werden. Da sich dies bei Lagerungen, Transporten, aber häufig auch nur begrenzt zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten im Vergleich zu deutlich kleineren Instrumenten mitunter nur schwer umsetzen lässt, gibt es einbaubare Systeme, die das Raumklima innerhalb des Pianos effektiv und erfolgreich regulieren. Damit man auch bis zum 21. November 2024 Freude an “Tagen MIT Musik” hat.

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Übers Wetter nicht nur reden, sondern singen

Was wäre ein Tag oder gar ein Leben ohne Musik? Mithilfe von Musik lassen sich Emotionen wie Ärger, Wut, Angst, Freude, Liebe oder Trauer ausdrücken. Töne, Klänge und Geräusche dienen hierbei als Ausgangsmaterial. Deren Eigenschaften wie Lautstärke, Tonhöhe oder Tondauer können variabel genutzt und kombiniert werden, um die gewünschten Emotionen oder Assoziationen hervorzurufen.
Auch das Wetter spielt naturgemäß eine entscheidende Rolle im Leben aller. Sei es im Alltag bei der Beantwortung der Frage, ob man beim Verlassen des Hauses einen Schirm mitnehmen sollte. Für die Landwirtschaft spielt das ausgewogene Verhältnis von Sonnenschein und Regen eine essentielle Rolle beim Pflanzenwachstum. Und auch beim Kofferpacken für den nächsten Urlaub befasst man sich noch etwas intensiver mit den Wetteraussichten für die kommenden Tage im Urlaubsort.
Wer hat sich noch nie darüber geärgert, dass man auf dem Heimweg nass wurde, obwohl man dachte, man schaffe es noch vor dem Schauer nach Hause? Wer hat sich noch nie wie ein Kind gefreut, wenn Schneeflocken leise vom Himmel fallen? Und wer hat noch nie einen Sonnenuntergang als romantisch empfunden?
Bei diesen beispielhaften Empfindungen ist es natürlich nicht verwunderlich, dass auch das Thema “Wetter” das ein oder andere Mal in der Musik verarbeitet wurde.
Vor bald fünf Jahren hat der geschätzte Kollege in seinem Thema des Tages den Hit “An Tagen wie diesen” mit der Erkältungszeit verknüpft  Diese Thematik trifft auch auf die aktuelle Zeit besonders gut zu. Hört man doch viele Leute in den Zügen und Einkaufsläden, wie sie in Taschentücher oder Ärmel husten, niesen oder schniefen. Bei all diesen Geräuschen könnte man aus Sorge einer Ansteckung durchaus etwas ängstlich werden.
Die in der Musik am meisten verwendeten Wettererscheinungen sind sicherlich Sonnenschein und Regen. Die Beatles sangen beispielsweise “Here Comes the Sun“, meinten dies aber eher metaphorisch, dergestalt, dass das Lied an Menschen in einer schwierigen Lebenslage gerichtet ist und Hoffnung auf bessere Zeiten bieten soll. Sicherlich kennen auch die meisten den Klassiker “You Are My Sunshine“.
Mehr den tatsächlichen Bezug zur Sonne (bzw. die Assoziation zu wärmeren Gefilden) haben beispielsweise Ben Zuckers “Der Sonne entgegen” oder Buddys “Ab in den Süden” (… der Sonne hinterher …). Bei diesen Liedern kann man beim Hören tatsächlich etwas Fernweh bekommen, erst recht, wenn gleichzeitig der Blick nach draußen schweift und das Novembergrau vom Himmel grüßt.
Auch über den Regen lässt sich der ein oder andere Musiktitel finden. Beispiele sind “Purple Rain” von Prince oder “November Rain” von Guns N’ Roses. “Let It Rain” braucht man am heutigen Montag in der Norddeutschen Tiefebene nicht singen, denn dort laufen gebietsweise Warnungen vor Dauerregen. Dort wird eher Rihannas “Umbrella” angestimmt. Neben den der Sonne gewidmeten Liedern kommt auch bei Albert Hammonds “It Never Rain in Southern California” durchaus Fernweh auf.
Es gibt tatsächlich auch Musiker, die sich einen meteorologischen Namen geben, so zum Beispiel “The Weather Girls“. Und wie könnte es anders sein, als dass auch sie mit “I t’sRaining Men” über das Wetter sangen, auch wenn das sicherlich mehr im übertragenen Sinn zu verstehen ist…
US-amerikanische Forscher befassten sich ebenfalls mit dem Zusammenhang von Musik und Wetter . Unter anderem fanden sie beispielsweise heraus, dass Bob Dylan der “Meteorologe” unter den Musikern ist. Er ist also derjenige, der in seinen Liedern am häufigsten einen Bezug zum Wetter genommen hat. Sie stellten auch fest, dass sich Musiker häufig von aktuellen meteorologischen Ereignissen inspirieren lassen. So entstanden beispielsweise in den USA in den 1950er und 1960er Jahren viele Lieder, die von “schlechtem” Wetter handeln, da es dort in diesen Jahren tatsächlich vergleichsweise stürmisch war.
Und welches Lied würde zum aktuellen Wetter am besten passen? Möchte man ein Lied hören, in dem das aktuell wetterbestimmende Tiefdruckgebiet zumindest vom Namen her eine zentrale Rolle spielt, so sollte man Lieder heraussuchen, in denen “Marco” vorkommt. Beispielsweise könnte man auch “Über den Wolken” oder “Lila Wolken” in den Raum werfen, denn am heutigen Montag und erst recht am morgigen Dienstag verdecken viele Wolken die Sonne. Welches Lied letztendlich am besten passt, kann aber durchaus vielfältig sein und liegt an jedem selbst, was man in dem Moment gerne hören möchte.

DWD Uebers Wetter nicht nur reden sondern singen

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Künstliche Intelligenz in der Wettervorhersage: Was kann GraphCast?

Numerische Wettermodelle arbeiten auf Grundlage physikalischer Gleichungen, die die Atmosphäre beschreiben. Nach Erfassung des Anfangszustandes der Atmosphäre, bei dem sämtliche Beobachtungsdaten in das Wettermodell einfließen, werden die Gleichungen mithilfe von Supercomputern in die Zukunft projiziert, um den zukünftigen Wetterzustand zu ermitteln. Das derzeit beste Vorhersagemodell ist das Integrated Forecast System (IFS), das am Europäischen Zentrum für Mittelfristvorhersage (ECMWF) betrieben wird.

Künstliche Intelligenz-basierte Vorhersagemodelle wie GraphCast, entwickelt von Google DeepMind, arbeiten anders. Sie berechnen keine physikalischen Gleichungen, sondern basieren auf sogenanntem “Machine Learning”, bei dem das Modell mithilfe eines programmierten neuronalen Netzes Wetterentwicklungen aus historischen Wetterlagen lernt. Um das System zu trainieren, wurden Daten aus der Zeit von 1979 bis 2017 aus einer Wetterdatenbank des ECMWF verwendet. KI-Modelle erfordern deutlich weniger Rechenzeit als numerische Wettermodelle. Statt mehrerer Stunden benötigt GraphCast weniger als eine Minute für eine 10-Tagesvorhersage und kann sogar auf einem gewöhnlichen Computer laufen. Doch wie steht es um die Qualität der Vorhersage?

Dies wurde in einer  getestet, in der GraphCast gegen den Hauptlauf des besten Modells IFSHRES, antrat. Es stellte sich heraus, dass GraphCast in den meisten Fällen dem HRES überlegen war und in 90 % der Fälle verschiedene Parameter wie Wind, Temperatur und Luftdruck in verschiedenen Höhen in einer 10-Tagesvorhersage genauer vorhersagen konnte. Auch bei Extremwetterlagen wie Hitzewellen, Hurrikans oder atmosphärischen Flüssen schnitt GraphCast besser ab, obwohl es nicht speziell darauf trainiert wurde. Also doch die beste Wettervorhersage aller Zeiten?

Hier muss man einschränken und genau betrachten, was verglichen wurde. Der HRES hat eine Auflösung von 8×8 km, während GraphCast ein Gitter von etwa 28×28 km besitzt. Die Modelle wurden auf dem gröberen GraphCast Gitter verglichen, wodurch feinere Phänomene wie Gewitter oder kleinräumige Wetterveränderungen nicht richtig erfasst werden können. Lokalmodelle mit höherer Auflösung wie das ICON-D2 mit 2,1 km könnten hier im Vorteil sein. Allerdings könnte man KI-Modelle auch mit einer höheren Auflösung betreiben. Doch wie sieht es im mittelfristigen Zeitraum aus?

Im Rahmen des Themas des Tages vom 14.11.2023 wurde deutlich, dass Meteorologen bei Mittelfristvorhersagen und unsicheren Lagen auf sogenannte Ensembles zurückgreifen. Hierbei wird ein Wettermodell, in diesem Fall das IFS, mehrmals mit leicht variierten Anfangsbedingungen berechnet. Dies berücksichtigt die Tatsache, dass das Wetter ein chaotischer Prozess ist und leichte Abweichungen in den Anfangsbedingungen im Laufe der Zeit zu erheblichen Unterschieden führen können. Obwohl GraphCast besser abschneidet als jeder dieser Einzelläufe, bleibt es gegenüber einem Ensemble-Mittel unterlegen. Das beschriebene Ensemble ermöglicht statistische Aussagen über die Unsicherheit einer Wetterlage und die Vorhersagbarkeit im Allgemeinen, was GraphCast nicht leisten kann. Eine Studie zeigte, dass im Gegensatz zur numerischen Wettervorhersage die Unterschiede in einem KI-Ensemble zu langsam anwachsen. Obwohl KI-Modelle in der Muster- und Verhaltenserkennung von Systemen exzellent sind, können sie das grundlegende chaotische Prinzip der Wettervorhersage, auch als  bekannt, nicht reproduzieren. Somit vermitteln KI-Modelle den Eindruck, dass die Wettervorhersage grenzenlos ist. Zusätzlich “verschmiert” GraphCast die Vorhersage bei unsicheren Wetterlagen.

Zurückblickend auf unser Beispiel vom Thema des Tages am 14.11. Damals war die Vorhersage bezüglich der Passage eines möglichen Sturmtiefs über Süddeutschland äußerst unsicher. In Abbildung 1 werden der Bodendruck und die Windgeschwindigkeit in etwa 1500 m Höhe dargestellt. Links oben befindet sich die 3-Tagesvorhersage des HRES-Laufs, rechts oben der entsprechende GraphCast-Lauf. Unten sind die Analysen für Donnerstag um 18 Uhr (links) und Freitag um 00 Uhr (rechts) zu sehen. Letztendlich traf das Sturmtief etwa 6 Stunden früher ein, jedoch nahezu so, wie es vom HRES vorhergesagt wurde und brachte tatsächlich einen schweren Sturm in Südwestdeutschland und in der Schweiz. Im Vergleich dazu war der Sturm in GraphCast in diesem Beispiel zu schwach ausgeprägt.

DWD Kuenstliche Intelligenz in der Wettervorhersage Was kann GraphCast

Bezüglich der Vorhersage von Wetterextremen muss man ebenfalls von Fall zu Fall differenzieren. Zum Beispiel wurde die explosive Entwicklung des Hurrikans Otis weder vom HRES noch von GraphCast zuverlässig erfasst. Dennoch lässt sich festhalten, dass KI-Modelle wie GraphCast einen Meilenstein in der modernen Wettervorhersage darstellen. Sie sparen erheblich an Rechenzeit und somit Kosten, sind zu herkömmlichen Einzelläufen von Modellen konkurrenzfähig und können sogar an spezifische Kundenanfragen angepasst werden. Der nächste Schritt könnte die Verbindung von KI-Modellen mit herkömmlichen Modellen sein. Alles in allem werden KI-Modelle weder die herkömmliche numerische Wettervorhersage noch den Meteorologen ersetzen, sondern können eher als zusätzliches, sehr gutes Handwerkszeug betrachtet werden, mit dem der Meteorologe seine Arbeit verfeinern kann.

Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.11.2023
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Gruseliges zum Reformationstag

Am 31. Oktober wird in vielen Teilen Deutschlands der Reformationstag begangen. Evangelische Christen erinnern an diesem Tag an den Beginn der Reformation der Kirche durch Martin Luther im Jahr 1517. In Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen ist der Reformationstag ein gesetzlicher Feiertag.

Auf den Reformationstag folgt am 01. November Allerheiligen. An diesem Tag wird seit dem 9. Jahrhundert aller Heiligen gedacht, auch wenn das Fest selbst noch viel älter ist und zuvor an wechselnden Tagen im Jahr begangen wurde. In den mehrheitlich katholisch geprägten Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland ist Allerheiligen ein gesetzlicher Feiertag. Im Englischen ergibt sich aus dem Abend vor Allerheiligen “All Hallow’s Eve“, was im Laufe der Zeit zu “Halloween” wurde. Der Halloween-Brauch stammt ursprünglich aus dem katholisch geprägten Irland und gelangte durch irische Einwanderer in die USA. Die Ursprünge dieses Brauchs sind aber noch älter als das Christentum und basieren eher auf keltischen Traditionen. Die vielen irischen Einwanderer pflegten diesen Brauch auch in der neuen Heimat und bauten ihn weiter aus. Inzwischen ist Halloween in Nordamerika ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Auch in Europa und Deutschland wird seit einigen Jahren Halloween gefeiert. So ziehen immer häufiger verkleidete Kindergruppen umher, klingeln an den Türen und erbitten Süßes, denn ansonsten würde es Saures geben. Dabei ergeben sich aber auch regionale Unterschiede und bereits vorhandene regionale Bräuche wie das “Rübengeistern” vermischen sich zunehmend mit dem kommerziell gut zu vermarktenden Halloween.

An Halloween verkleiden sich viele gerne beispielsweise als Hexe. Hexentreffpunkt Nummer eins in Deutschland ist der Brocken, der in den Geschichten und Sagen den Namen “Blocksberg” trägt. Auch wenn sich die Hexen dort in der Walpurgisnacht, also am 30. April, treffen, so kann es dort im Oktober nicht weniger gruselig sein, wenn man plötzlich dem “Brockengespenst” begegnet. Trotz seines Namens kann das Brockengespenst aber auch auf anderen Bergen oder bei Nebel im Licht der Autoscheinwerfer gesichtet werden. Wenn der Schatten des Beobachters nicht auf eine feste Fläche, sondern auf eine Nebel- oder Wolkenschicht fällt, wird der Schatten durch jeden Wassertropfen einzeln erzeugt. Das Gehirn überschätzt die Größe deutlich, zudem erscheint der Schatten stark verzerrt. Selbst wenn der Beobachter stillsteht, so sorgen doch leichte Luftbewegungen dafür, dass sich der Schatten bewegt. Außerdem wirkt es, als könne der Schatten schweben. Der gespenstische Eindruck wird durch die vorherrschende kühle und feuchte Luft, Stille sowie die fehlende Orientierung aufgrund mangelnden Weitblicks noch verstärkt.

Eine wirkliche Sagengestalt bezüglich Nebel, aber ohne zugrunde liegendes meteorologisches Phänomen, ist das “Nebelmännle”. Dieses kommt vor allem in der Bodenseeregion vor. Beispielhaft soll an dieser Stelle die Sagenversion vom Federseegebiet erzählt werden. Darin spielt der Graf von Stadion eine zentrale Rolle. Dieser war mit zwei Knechten bereits sieben Jahre lang unterwegs, um das irdische Paradies zu suchen. Nun kamen sie in einen großen Wald und verirrten sich. Auf einmal tauchte vor ihnen eine mächtige Mauer auf. Der Graf befahl seinen Knechten, nachzusehen, was denn auf der anderen Seite sei. Per Räuberleiter gelangten beide auf die Mauer, sahen auf die andere Seite, lächelten und sprangen jenseits der Mauer hinunter. Nun wollte auch der Graf auf die andere Seite gelangen, aber er konnte die Mauer allein nicht erklimmen. Da sah er auf einmal ein Licht im Wald auftauchen, ging darauf zu, fand ein Häuschen vor und klopfte an die Tür. Ein altes Waldweiblein öffnete ihm und riet ihm, schnell wegzulaufen, denn schon bald würde ihr Mann heimkommen und der wäre ein Menschenfresser. Der Graf bat aber so inständig um Herberge, dass sie ihn einließ und vor ihrem Mann versteckte. Als dieser nach Hause kam, roch er das Menschenfleisch und fand schließlich auch den Grafen. Das Waldmännlein erkannte den Grafen und versprach ihm, dass er ihn nicht fressen würde, wenn der Graf sein verbeintes Nebelglöcklein in den Federsee werfen würde. Zudem würde er ihn am nächsten Morgen bis acht Uhr nach Stadion bringen, denn um neun Uhr wolle die Frau des Grafen mit einem Anderen Hochzeit halten. Das Waldmännlein offenbarte sich dem Grafen als Nebelmännle. Er könne das Nebelglöcklein nicht leiden, weil es ihm immer gegen den Kopf schlagen würde, wenn er dort Nebel machen wolle. Beide hielten Wort und das Glöcklein wurde im Federsee versenkt, von wo man es auch heute noch manchmal läuten hört.

Und wovor fürchtete sich Luther? Luther geriet am 02. Juli 1505 bei Stotternheim nahe Erfurt in ein schweres Gewitter, welches ihn in solche Todesangst versetzte, dass er gelobte, er wolle Mönch werden, wenn er lebendig herauskommen würde. Ob er sein ungeliebtes Jurastudium tatsächlich abgeschlossen hätte, ist spekulativ, aber das Gewitter war Anlass und Ausgangspunkt für seinen weiteren Lebensweg als Mönch und seinem umfassenden Beschäftigen mit der Kirche an sich. Dies mündete im Anbringen der 95 Thesen an der Tür der Schlosskirche in Wittenberg und schließlich in der Reformation.

M.Sc.-Meteorologin Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.10.2023
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Starke Dauerregenfälle am Alpenrand

Tief “ERWIN” (international: “REA”) zieht seit Tagen seine Kreise über Norditalien und hat sehr feuchte Mittelmeerluft in und über die Alpen nordwärts geführt. Dadurch kam es seit dem vergangenen Wochenende vor allem im Süden Deutschlands, der Schweiz, Italien und Österreich zu sehr kräftigen und länger anhaltenden Regenfällen. Es gab bereits im Vorfeld des Ereignisses in den Modellen deutliche Hinweise auf diese heftigen Regenfälle. Zuvor gab es von Freitagmorgen bis Samstagmorgen auch im restlichen Deutschland teils kräftige Niederschläge, meist in Form von heftigen Schauern und Gewittern. Teilweise fielen dabei in der Mitte des Landes sowie im Norden zwischen 45 und etwa 70 Liter pro Quadratmeter in wenigen Stunden.

DWD Starke Dauerregenfaelle am Alpenrand

In den Folgetagen konzentrierten sich die stärksten Regenfälle dann auf den Süden und Südosten. Zunächst kam es am Samstag vor allem in Südostbayern zu einigen, teils heftigen Schauern und Gewittern. Außerdem zogen von Südwesten und Süden immer wieder Niederschlagsgebiete in den Süden Deutschlands. Von Sonntag bis Dienstag regnete es dann gebietsweise länger anhaltend, sodass sich teilweise ergiebige Dauerregenfälle eingestellt haben. In der nachfolgenden Grafik sind die aus Radardaten abgeleiteten 72-stündigen Niederschlagsmengen aufgetragen.

DWD Starke Dauerregenfaelle am Alpenrand 1

Ein deutlicher Schwerpunkt stellt das Allgäu und südwestliche Alpenvorland dar. Dort gab es innerhalb von 72 Stunden verbreitet über 100, regional auch zwischen 140 und 160 Liter pro Quadratmeter. Allgemein fielen südlich der Donau größtenteils zwischen 60 und 100 Liter pro Quadratmeter. Mitunter gab es größere Hochwasser. Insbesondere der Inn war hiervon betroffen, da unter anderem immense Wassermassen aus Österreich herangeführt wurden.

Eine statistische Einordnung, wie heftig die vergangenen Regenfälle waren, zeigt die nachfolgende Grafik. Hier erkennt man vor allem bei der Wiederkehrzeit, dass solch ein heftiges Niederschlagsereignis örtlich nur alle 50 bis 100 Jahre auftritt.

DWD Starke Dauerregenfaelle am Alpenrand 2

In den kommenden Tagen nimmt die Niederschlagsneigung sowie die Niederschlagsintensität im Süden des Landes deutlich ab, sodass sich die teils angespannte Hochwassersituation ebenfalls wieder entspannt.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.08.2023
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Auf einen herbstlichen Wettercharakter zum meteorologischen Herbstanfang folgt der Spätsommer

Am morgigen 1. September beginnt nach meteorologischer Zeitrechnung der Herbst. Damit das die Meteorologen in diesem Jahr nicht vergessen, zeigt sich das Wetter schon zum Sommerende entsprechend herbstlich. Denn derzeit treiben noch zahlreiche kleine Tiefs und deren Ausläufer Ihr Unwesen über Nord-, West- und Teilen Mitteleuropas. Einhergehend beeinflussen sie zunächst auch weiter das Wetter in Deutschland. Nachdem Tief FRANZ bei Dänemark mit seinem Frontenzug abgezogen ist, liegt Tief GÜNTER nordwestlich von Irland in Lauerstellung und schickt seine Ausläufer schon von Frankreich her gen Benelux und Deutschland. Nachfolgend soll es sich dann eine Luftmassengrenze über Deutschland bequem machen. Somit löst zum Freitag ein regnerischer Wettercharakter das heutige Schauerwetter ab. Dabei gelangt zunächst weiter nur mäßig warme Atlantikluft ins Land, sodass die heutigen Höchstwerte von 16 bis 22 Grad wenig sommerlich daherkommen. Nachts können die Temperaturen bei größeren Auflockerungen schon deutlich in den einstelligen Temperaturbereich absinken. Zudem kann sich in der feuchten, auskühlenden Luft schon häufiger Nebel bilden.

DWD Auf einen herbstlichen Wettercharakter zum meteorologischen Herbstanfang folgt der Spaetsommer

Besonders der sogenannte Strahlungsnebel hüllt die Landschaften in bodennahen Schichten zunehmend in einen weiß-grauen Schleier. Der Strahlungsnebel beruht dabei im Wesentlichen auf bodennahes Auskühlen. Bei klarem Himmel gibt der Boden viel Wärme an die Luft ab und kühlt somit stark aus. Umso länger die Nacht dauert, desto stärker kann der Boden bei wolkenlosen Verhältnissen auskühlen. Zeitlich verzögert kühlt der Boden schließlich auch die bodennahen Luftschichten ab. Verfügt die Luftschicht über eine ausreichende Menge an Feuchte, kann diese ab einer bestimmten Temperatur (Sättigung der Luft mit Wasserdampf) zu kleinen Tröpfchen kondensieren. Nachfolgend bilden sich bodennahe Wolken, die wir als Nebel wahrnehmen. Für Autofahrer können diese Nebelfelder aufgrund einer raschen Verschlechterung der Sichtverhältnisse sehr tückisch sein.

In den kommenden Tagen kann vor allem in der Mitte im Umfeld der Luftmassengrenze durchaus auch der Mischungsnebel örtlich zum Thema werden. Diese Nebelart entsteht durch Abkühlung der Luft in der Nacht bei gleichzeitiger Zufuhr von Wasserdampf. Er tritt häufig im Bereich von Warmfronten auf, wo relativ warme feuchte Luft aus höherliegenden Luftschichten der kalten bodennahen Schicht Feuchtigkeit zuführen. Kühlt sich das entstehende Luftgemisch bis zur Kondensation ab, entstehen Nebeltröpfchen.

Egal welcher Nebel nun die Sicht einschränken mag, wenn die Sonne am Himmel höher steigt und die Luft wieder erwärmt, löst sich der Nebel auf. Der Grund dafür ist, dass wärmere Luft eine größere Menge an Feuchte aufnehmen kann, sodass die kleinen Nebeltröpfchen verdunsten und der Luft wieder als Wasserdampf erhalten bleiben.

Je nach Bedeckung kann die Luft im Vergleich zu den Sommermonaten nachts nun schon deutlich stärker auskühlen. Dies liegt im abnehmenden Tageslicht. Während zum Sommeranfang am 21. Juni die Sonne knapp 16,5 Stunden am Himmel steht, müssen sich die Menschen in Deutschland in dieser Woche schon mit etwas über 13 Stunden begnügen. Zum kalendarischen Herbstanfang am 23. September werden es dann schon keine 12,5 Stunden mehr sein. Die geringste Dosis an Tageslicht erwarten wir dann zum Winteranfang am 21. Dezember.

Das herbstliche Intermezzo zum meteorologischen Jahreszeitenwechsel wird aber rasch wieder vom Spätsommer abgelöst. Ab Sonntag kann sich vom Atlantik eine Hochdruckzone ostwärts über weitere Teile des Landes bis nach Osteuropa ausbreiten. Einhergehend sinkt die Luft aus größeren Höhen zum Boden und trocknet dabei ab. Entsprechend weichen die Wolken dem Sonnenschein, der auch die Temperaturen wieder in die Höhe schiebt. Verbreitet sollen demnach sommerliche Werte zwischen 25 und 31 Grad an der Tagesordnung sein. Nur im Norden bleibt es mit Werten von 20 bis 25 etwas kühler, aber durchaus angenehm.

Wie lange sich der Spätsommer über Deutschland festsetzt ist derzeit schwer zu sagen, da ab Montag die Unsicherheiten stark zunehmen. Es gibt aber durchaus Potential für eine spätsommerliche erste Septemberwoche

Dipl.Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.08.2023
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Ist der Sommer vorbei?

Eher kühle bis allenfalls noch mäßig-warme Tageshöchsttemperaturen von 14 bis 22 Grad erwarten uns in den nächsten Tagen in den meisten Teilen Deutschlands. Eine weitere Hitzephase steht vorerst nicht mehr an und die Hundstage, also die aus statistischer Sicht heißesten Tage des Jahres, endeten am vergangenen Mittwoch (23.08.2023). Und prompt ist natürlich zu vernehmen, dass der Sommer (bzw. sommerliches Wetter) nun wohl vorbei sei. Aber ist das wirklich so?

Die Vergangenheit lehrt, dass das nicht sein muss, selbst wenn am 01.09.2023 für die Meteorologen der Herbst beginnt. Tageshöchsttemperaturen von 25 Grad oder mehr (nach meteorologischer Definition ein Sommertag) sind bis weit in den Oktober möglich (siehe dazu die rote Kurve in der Grafik). Sogar 30 Grad oder mehr (nach meteorologischer Definition ein heißer Tag) kann es noch bis Anfang Oktober geben.

DWD Ist der Sommer vorbei

Ein Rückschluss bzw. eine Extrapolation des aktuellen Wetters auf die Witterung in den nächsten Wochen ist nach derzeitigem wissenschaftlichen Stand nicht möglich. So gab es beispielsweise Ende Juli/Anfang August 2023 bereits eine kühlere Phase (siehe blaue Kurve in der Grafik), der wiederum eine heiße Periode ab der zweiten Dekade im August folgte. Am 24.08.2023 wurde dabei sogar ein neuer Tagesrekord aufgestellt, als an der Station Rheinfelden (Baden-Württemberg) mit 37,4 Grad der bisherige absolute Höchstwert von 35,0 Grad der Station Bad Muskau (Sachsen) aus dem Jahre 1944 deutlich übertroffen wurde. Jedenfalls ist im September weiterhin Hitze vorstellbar, können doch bis etwa zur Mitte des Monats immer noch Höchsttemperaturen von 34 bis 36 Grad erreicht werden!

Darüber hinaus tritt im September häufig auch der “Altweibersommer” auf. Dabei handelt es sich um eine beständige Hochdruckwetterlage über Mitteleuropa, die sich hauptsächlich von Mitte September bis Anfang Oktober ausbildet und noch einmal sommerliche Temperaturen bringt. Höchsttemperaturen um 30 Grad sind dann immer noch möglich, auch wenn sie nun nicht mehr so verbreitet auftreten. Außerdem werden die Nächte aufgrund abnehmender Tageslänge meist schon frischer und abends kühlt die Luft auch schneller ab.

Zu guter Letzt gibt es im Verlauf des zweiten Herbstmonats oft noch einen “Goldenen Oktober”. Tageshöchsttemperaturen im sommerlichen Bereich von 25 bis 28 Grad locken dann zu Aktivitäten in den herbstlich bunten Wäldern. Heiße Tage kommen zu dieser Zeit wahrscheinlich aber nicht mehr vor (es sei denn, es werden neue Rekorde aufgestellt).

Der Sommer muss also noch lange nicht ausgedient haben, auch längere Hitzewellen sind noch gut möglich. Tatsächlich hatte das europäische Wettermodell in den vergangenen Tagen zeitweise sogar Varianten mit Hitze am ersten Septemberwochenende im Programm, was mittlerweile aber wieder verworfen wurde. Das zeigt aber auch, dass die Hitze aus südlichen Gefilden immer noch schnell zu uns schwappen kann.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.08.2023
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Dauerregen hat den Alpenraum im Griff

Für die Meteorologen in den Alpenländern ist Dauerregen derzeit das beherrschende Thema, müssen dort doch aktuell außergewöhnlich hohe Niederschlagsmengen verkraftet werden. Dabei ist es vor allem Tief ERWIN, das vom westlichen Mittelmeer in Richtung Oberitalien wandert und morgen gegen Mittag im Golf von Genua erwartet wird, welches für diese bemerkenswerten Niederschlagssummen verantwortlich ist. Denn im Einflussbereich des Tiefs kommt es einerseits zu staubedingten Hebungsprozessen an den Alpen, andererseits aber auch zu großflächigem Aufgleiten unterschiedlicher Luftmassen (feucht-warm vom Mittelmeer, vergleichsweise trocken-kalt von Westen), so dass auch allein aus der Konfiguration der Luftmassen Hebung und in der Folge Niederschläge generiert werden

DWD Dauerregen hat den Alpenraum im Griff

Schon in den 24 Stunden vom gestrigen Samstagmorgen bis zum heutigen Sonntagmorgen wurden im Zuge von ERWINs Aktivität Regensummen registriert, die mancherorts durchaus auch als Monatssumme durchgehen würden. Spitzenreiter war dabei die Station Biasca im schweizerischen Tessin mit 192 Liter pro Quadratmeter (weißer Kreis in Abbildung 2). Ein wenig ins Grübeln ob der Richtigkeit der Messungen kommt man bei solch extremen Werten schon. Gänzlich abwegig sind sie aber nicht. Denn einerseits haben auch die beiden (Berg-)Stationen Cimetta und San Bernadino in der näheren Umgebung mit 135 Liter pro Quadratmeter und 102 Liter pro Quadratmeter ähnlich hohe Niederschlagsmengen registriert, andererseits hat auch der deutsche Rekordhalter Zinnwald-Georgenfeld (312 Liter pro Quadratmeter am 12./13.8.2002) schon gezeigt, dass solche Mengen in solch kurzer Zeit nicht unmöglich sind.

DWD Dauerregen hat den Alpenraum im Griff

In der Gesamtschau erkennt man in Abbildung 2 einen mehr oder weniger breiten Streifen von Südfrankreich bis ins Böhmische Becken, in dem häufig mehr als 50 Liter pro Quadratmeter gefallen sind. Besonders betroffen war dabei ein Gebiet zwischen den schweizer Kantonen Waadt und Wallis im Nordosten und dem französischen Languedoc im Südwesten. So registrierten die Messgeräte im kleinen Ort Saint Aupre im Departement Isère 71 Liter pro Quadratmeter. Bei den Werten über Südbayern und hinüber nach Tschechien ist allerdings Vorsicht geboten. Denn diese beiden „Streifen“ sind nicht Teil der Dauerregen-„Erzählung“. Vielmehr sind dort am gestrigen Nachmittag schwere Gewitter durchgezogen, die für die entsprechend hohen Niederschlagssummen gesorgt haben.

Die Frage für die niederschlagsgeplagten Alpenraumbewohner ist jetzt natürlich, wie es mit dem Regen weitergeht. Und da kann leider noch nicht von Entwarnung gesprochen werden. Zwar sind die Ostalpen vergleichsweise weniger stark betroffen als der restliche Alpenraum, und in den französischen Alpen scheint der überwiegende Teil des Regens schon gefallen zu sein, aber ansonsten hat man beim Blick auf die Vorhersagemodelle den Eindruck, es geht erst richtig los.

DWD Dauerregen hat den Alpenraum im Griff 1

ICONEU (Abbildung 3) legt den Niederschlagsschwerpunkt bis zum Dienstagabend ins Tessin (voraussichtlich schon wieder stark betroffen!) und in die südwestlich anschließende Lombardei bzw. ins Piemont. Bis zu 250 Liter pro Quadratmeter sagt das Modell für die genannten Regionen voraus. Weitere Brennpunkte bilden das Hinterland Genuas sowie Venetien und Südtirol, wo 100 Liter pro Quadratmeter, lokal auch über 150 Liter pro Quadratmeter fallen sollen.
Erst im Laufe des Dienstags schwächen sich die Regenfälle in den genannten Gebieten ab. Denn allmählich verlagern sich die Niederschläge, ebenso wie Tief ERWIN, nach Osten. Entsprechend regnet es in den Ostalpen auch noch bis zum Mittwoch, Mengen, die auch nur annähernd an die Im Tessin herankommen, muss allerdings niemand befürchten.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.08.2023
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SAOLA – Supertaifun

Tiefdruckgebiet ERWIN mit Zentrum über dem Golf von Genua sorgt für den Zustrom sehr feuchter Luftmassen in den Alpenraum und auch nach Süddeutschland. Seit dem Wochenende regnet es sehr kräftig und regional auch unwetterartig. Von Sonntagmorgen bis Montagmorgen fielen verbreitet Regenmengen über 50 Liter pro Quadratmeter. Häufig wurden mehr als 70, teils deutlich über 100 Liter pro Quadratmeter registriert.

DWD SAOLA Supertaifun

Doch nicht nur in Süddeutschland ist das Wetter aktuell nass. Auch in Asien, in der Karibik und auf dem Atlantik tummeln sich Tiefdruckgebiete, die teils kräftige Regenmengen mit sich bringen. Am stärksten und auch mit den größeren Auswirkungen auf Mensch und Tier zeigt sich derzeit Taifun SAOLA.

SAOLA hat sich bereits in der vergangenen Woche gebildet und zog zunächst als tropischer Sturm vom offenen Meer west- und nordwestwärts und entwickelte sich letzten Freitag zu einem Taifun. Dabei drehte das Tief nach Südwest/Süd ab und wirbelte am Wochenende als Supertaifun (Kategorie 5 auf der Saffir-Simpson-Hurrikanskala) über der philippinischen See etwa 200 km östlich der Halbinsel Luzon südwärts.

DWD SAOLA Supertaifun

SAOLA (auf den Philippinen GORING getauft) brachte auf Luzon bis Montagmorgen 72-stündige Regenmengen zwischen 230 und 330 Liter pro Quadratmeter. Etwa 160 Liter davon fielen innert 24 Stunden. Schadensbilder aus den Regionen legen nahe, dass örtlich mehr gefallen ist. Der Taifun produzierte nah an seinem Zentrum Windgeschwindigkeiten bis zu 185 km/h und Böen bis zu 230 km/h. Weiter entfernt war der Wind schwächer, erreichte dennoch an der philippinischen Westküste teils orkanartigen Sturm (Beaufort 11).

Aktuell liegt das Tiefzentrum über der philippinischen See mit Windspitzen bis zu 260 Kilometer pro Stunde (140 Knoten) und wird in den kommenden Stunden und Tagen als Supertaifun nordwärts und schließlich nordwestwärts Richtung China ziehen.

DWD SAOLA Supertaifun 1

Kommenden Mittwoch und Donnerstag zieht der Taifun voraussichtlich über das südliche Taiwan hinweg. Die Modelle berechnen für die Inseln nördlich von Luzon auf der Zugbahn des Taifuns Regenmengen zwischen 200 und 300 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden. Für die Südostküste Taiwans werden derzeit Regenmengen um 500 Liter pro Quadratmeter simuliert.

DWD SAOLA Supertaifun 2

Am Samstag (02.09.) soll der Wirbelsturm auf die chinesische Südostküste auftreffen, wobei er sich rasch von einem Taifun in einen tropischen Sturm abschwächen und schließlich auflösen soll.

DWD SAOLA Supertaifun 3

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.08.2023
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Der Einfluss von Wetter und Klima auf die Menschheitsgeschichte – Teil 2

Im ersten Teil dieser Reihe wurde der Einfluss des Wetters auf zwei historische Ereignisse zur Zeit des Zweiten Weltkrieges thematisiert. Zum einen wurde auf die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 eingegangen. Zum anderen kam der D-Day (06. Juni 1944) zur Sprache, der erste Tag der Invasion der Alliierten an der französischen Atlantikküste in der Normandie. Entscheidend waren hierbei vor allem die Sichtbedingungen sowie beim D-Day noch die Kriterien “Wind” und “Regen” .
Im heutigen Teil wird es nun ein wenig winterlich (in vier Monaten ist ja schließlich auch schon wieder Weihnachten …).
Zu Beginn soll zunächst einmal die Frage geklärt werden, was Napoleon und Hitler gemeinsam hatten. Beide scheiterten mit ihrem Feldzug in Russland und das lag mitunter auch am Wetter.
Hitler gab am 22. Juni 1941 den Befehl zum “Unternehmen Barbarossa”, dem Einmarsch in die Sowjetunion. Bis dato hatte Nazideutschland bereits große Teile Europas durch seinen Blitzkrieg überrollt. Nun begann mit dem Krieg des nationalsozialistischen Deutschlands gegen die kommunistische Sowjetunion ein Krieg der Ideologien.
Fast auf den Tag genau, am 24. Juni, aber 129 Jahre zuvor, startete Napoleon einen Feldzug gegen Russland, dessen Ende nicht nur die Zerschlagung einer zu diesem Zeitpunkt schon stark reduzierten Grande Armée bedeutete, sondern auch einen Wendepunkt in der Geschichte darstellte.
Die Winter 1812/13 und 1941/42 zählten in großen Teilen Europas zu den kältesten Wintern. Kommt dann ein dezimierter und schlecht ausgerüsteter Angreifer hinzu, der einem zahlenmäßig überlegenen, nach einigen Anlaufschwierigkeiten gut ausgerüsteten und vor allem motivierten Gegner gegenübersteht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Angreifer den Rückzug antreten muss. Auf beiden Seiten forderten aber nicht nur Kampfhandlungen hohe Opferzahlen, sondern auch Hunger, Krankheit und vor allem Kälte. Die sowjetische Armee konnte mit der Situation besser umgehen, weswegen sie nicht ganz so hohe Opferzahlen wie die Angreifer zu beklagen hatte. Aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges ist bekannt, dass die deutschen Soldaten versuchten, sich mit Stroh in den kaputten Stiefeln sowie gestohlenen Fausthandschuhen und Schals alter Frauen oder Mänteln gefallener Sowjetsoldaten warmzuhalten, aber gegen Temperaturen von bis zu -40 Grad half das wenig. In der Zivilbevölkerung Deutschlands wurden für die Soldaten Wintermäntel gesammelt, allerdings erreichten diese sie nicht vor Februar.
Vom Krieg schwer gebeutelt war Deutschland auch noch im Winter 1946/47 und die Städte glichen Trümmerwüsten. Dieser Winter zählte zu den kältesten Wintern des letzten Jahrhunderts. Davon betroffen war aber nicht nur Deutschland, sondern auch dessen Nachbarländer, die ebenfalls noch unter den Folgen des Krieges litten. Der Hungerwinter 1946/47 ist im Gegensatz zu den bisher erläuterten Beispielen kein historisches Ereignis, welches durch vorherrschende Witterungsverhältnisse beeinflusst wurde, sondern ist selbst ein historisches Ereignis, welches aufgrund der Lebensumstände vielen Menschen das Leben kostete und den Überlebenden nachhaltig in Erinnerung geblieben ist. Der Begriff “fringsen” fand damals Eingang in die deutsche Sprache und fasst die damaligen Lebensumstände in einem Wort zusammen. Der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings zeigte in seiner Silvesterpredigt 1946 Verständnis für diejenigen, die sich im Angesicht der Existenzbedrohung mit kleinen Diebstählen über Wasser hielten und sich das Dringendste nahmen, wenn sie es nicht durch ehrliche Arbeit bekommen konnten. Der Winter dauerte von Oktober bis in den März hinein. Bereits wenige Wochen später wartete der Juni mit einer Rekordhitze mit Höchsttemperaturen von rund 39 Grad auf. Der Sommer 1947 ist der viertwärmste der Messgeschichte. Der September 1947 sticht zudem mit einer relativ langen Hitzeperiode in der zweiten (!) Monatsdekade bis heute in den Statistiken heraus. In diesem Sommer vertrockneten die Äcker und es fehlten abermals die dringend benötigten Lebensmittel.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.08.2023
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