Nordwest zyklonal

Kaum ist das Orkantief „Nadia“ (international „Malik“), das vor allem in Nord- und Ostdeutschland fĂŒr SchĂ€den und Behinderungen und leider auch fĂŒr ein Todesopfer gesorgt hat, abgezogen, kommt am heutigen Montag die „kleine Schwerster“ Tief „Odette“ (international „Corrie“) zu uns. Das neue Tief hat zwar weniger Wind, aber dafĂŒr deutlich mehr Regen und im Bergland viel Schnee im GepĂ€ck. Am Dienstag greifen schließlich die AuslĂ€ufer von Tief „Philine“ auf Deutschland ĂŒber, die weiterhin fĂŒr Wind, Regen und im Bergland fĂŒr Schnee sorgen.

FĂŒr diesen sehr wechselhaften Witterungsabschnitt verdanken wir der großrĂ€umigen Wetterlage „Nordwest zyklonal“ abgekĂŒrzt NWZ. Die Wetterlage NWZ stellt sich ein, wenn sich ein Hoch (fĂŒr die aktuelle Lage hat das Hoch den Namen „Gustav“ bekommen) ĂŒber Westeuropa bzw. ĂŒber dem Nordatlantik, nicht weit weg von den Britischen Inseln, befindet und gleichzeitig ĂŒber dem Nordmeer und Skandinavien tiefer Luftdruck herrscht. Dadurch ergibt sich ĂŒber Mitteleuropa eine nordwestliche Höhenströmung, in der die Tiefdruckgebiete entlang ziehen.

So eine Wetterlage ist der Schneebringer fĂŒr die Berge. Vor allem fĂŒr die Alpen ist der Fall, da sie quer zur Hauptströmung liegen. Die ganze Feuchtigkeit, die die Tiefdruckgebiete auf der Brust haben, wird dann gegen die Mittelgebirge bzw. gegen die Alpen gedrĂŒckt. FĂŒr das Flachland bedeutet diese Wetterlage meistens nasskaltes Wetter, ohne dass sich eine nachhaltige Schneedecke bilden kann.

ZurĂŒck zum heutigen Montag: Tief „Odette“ liegt mit dem Kern ĂŒber Norddeutschland. An seiner SĂŒdwestflanke in West- und SĂŒddeutschland weht der Wind stark bis stĂŒrmisch mit Böen zwischen 60 und 75 km/h. In den Hochlagen der westlichen und sĂŒdlichen Mittelgebirge und der Alpen treten teils schwere Sturmböen um 100 km/h auf. Zudem fĂ€llt vielerorts Regen, Schneeregen und im Bergland oberhalb 400 bis 600 m Schnee. Dabei werden 5 bis 15 cm, im Schwarzwald und im Bayerischen Wald um 20 cm erwartet. An den Alpen fallen sogar 20 bis 50 cm Neuschnee. In Verbindung mit dem krĂ€ftigen Wind muss in den Hochlagen mit Schneeverwehungen gerechnet werden.

Nach einer kurzen Pause in der kommenden Nacht erreichen am Dienstag die AuslĂ€ufer von Tief „Philine“ mit neuen NiederschlĂ€gen und teils stĂŒrmischem Wind Deutschland. Die Schneefallgrenze liegt am Anfang im SĂŒdosten am Boden und bei 400 m im Nordwesten, aber sie steigt im Tagesverlauf von Nordwesten her auf 600 bis 900 m an. Vor allem in den sĂŒdlichen und östlichen Mittelgebirgen kommen 10 bis 20 cm Neuschnee, in den Alpen 30 bis 50 cm dazu. Zudem besteht in den Hochlagen die Gefahr von Schneeverwehungen.

Zusammengefasst: Es muss vor allem in Lagen ab 400 bis 600 m mit winterlichen StraßenverhĂ€ltnissen gerechnet werden. In den Alpen, wo insgesamt bis ein Meter Neuschnee fĂ€llt, steigt die Lawinengefahr deutlich an. In tieferen Lagen besteht vor allem nachts die Gefahr von GlĂ€tte durch ĂŒberfrierende NĂ€sse oder geringfĂŒgigen Schnee. Zuletzt achten Sie auch auf den ruppigen Wind (am Montag im Westen und SĂŒden und am Dienstag in ganz Deutschland), vor allem in den höheren Lagen und an den KĂŒsten.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 31.01.2022

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DWD Nordwest zyklonal

 

 

„NADIAs“ Reise und „Maliks“ Hinterlassenschaften

Die Reise von NADIA begann mit ihrer Geburt am vergangenen Dienstag vor der US-OstkĂŒste. Von dort begab sie sich ĂŒber den Nordatlantik Richtung Europa, erreichte am Freitag Island, zog ĂŒber Skandinavien hinweg und befindet sich nun im Baltikum.

Bereits Samstagvormittag machte sie sich in Deutschland mit ersten Sturmböen an der KĂŒste bemerkbar (so wurde beispielsweise pĂŒnktlich zum mittĂ€glichen Fischbrötchen-Vesper um 12 Uhr eine schwere Sturmböe von 98 km/h am Kieler Leuchtturm registriert).

Aber NADIA, die vom dĂ€nischen Wetterdienst eine Namens- und Geschlechtsumwandlung erfuhr und fortan fĂŒr die internationale TribĂŒne auf „Malik“ getauft wurde, war damit noch nicht am Ende. Sie (oder er?) holte noch einmal tief Luft und bescherte uns ein Sturmfeld, das sich am gestrigen Samstag vom Nordwesten und Norden in den Osten des Landes ausbreitete.

Am heftigsten war das Orkantief an Nord- und OstseekĂŒste, bzw. auf den Inseln spĂŒrbar: Auf Hallig Hooge wurde eine Orkanböe von 127 km/h gemessen, GlĂŒcksburg und die Greifswalder Oie meldeten 119 km/h und auch auf Sylt, Fehmarn und in St. Peter-Ording konnten sich die Urlauber bei 112-118 km/h einen etwas krĂ€ftigeren Wind als sonst durch die Haare pusten lassen. Jetzt mag manch Leser vielleicht denken: „Ach, eine steife Brise sind die Norddeutschen doch eh gewohnt – Sturm ist erst, wenn die Schafe auf dem Deich keine Locken mehr haben…“, ABER: NADIA aka Malik zeigte auch im Landesinneren, dass sie kein 08/15-Tief war.

Zwischen Hamburg und Berlin sorgten einige schwere Sturmböen um 100 km/h fĂŒr hunderte EinsĂ€tze der Feuerwehr. Allein in Hamburg (die Messstation Hamburg-Finkenwerder meldete 109 km/h), wo eine Sturmflut den Fischmarkt flutete, gab es rund 300 EinsĂ€tze. Aber auch in anderen StĂ€dten Schleswig-Holsteins, Niedersachsens, Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs tobte der Sturm und fĂŒhrte zu zahlreich abgeknickten Ästen, entwurzelte BĂ€umen und Problemen im Bahnverkehr.

Den Vogel abgeschossen haben ĂŒbrigens zwei LeuchttĂŒrme: Die Messstationen der exponierten LeuchttĂŒrme der Alten Weser (Nordsee) und Kiel (Ostsee) lieferten Maximalwerte von ĂŒber 140 km/h. Wenn zu diesem Zeitpunkt dort Schafe verweilt hĂ€tten, wĂ€ren diese anschließend bestimmt lockenlos gewesen.

WĂ€hrend NADIA bereits weiter Richtung Osteuropa gezogen und ihre Geschichte bei uns so gut wie beendet ist, steht schon ein neues Tief in den Startlöchern: ODETTE (int. Corrie) versucht am morgigen Montag in die Fußstapfen ihrer VorgĂ€ngerin zu treten, was jedoch nur bedingt gelingt. So sind zwar insbesondere in der SĂŒdwesthĂ€lfte Sturmböen möglich, ein so verbreitetes Sturmfeld mit schweren Sturmböen oder gar orkanartigen Böen wie NADIA hat ODETTE allerdings nicht zu bieten.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 30.01.2022

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DWD NADIAs Reise und Maliks Hinterlassenschaften

 

StĂŒrmische Zeiten stehen an

ZunĂ€chst einmal verlagert sich Sturmtief NADIA (international MALIK genannt) bis Sonntagmorgen vom Nordmeer rasch in Richtung Baltikum und das zugehörige Sturmfeld erfasst im heutigen Tagesverlauf vorrangig die NordosthĂ€lfte des Landes. Der Höhepunkt des Sturms wird dabei in der kommenden Nacht erwartet. Dann drohen an der Nord- und Ostsee sowie in weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns orkanartige Böen oder auch einzelne Orkanböen mit Windgeschwindigkeiten um 120 km/h aus West bis Nordwest. An den KĂŒsten drohen dann sowohl in der Nacht als auch noch am morgigen Tag Sturmfluten, sodass beispielsweise der Hamburger Fischmarkt unter Wasser stehen wird. Auch sonst treten ab heute Nachmittag in der gesamten NordosthĂ€lfte Sturmböen zwischen 70 und 85 km/h, vereinzelt auch schwere Sturmböen um 95 km/h auf. Die stĂ€rksten Böen werden meist im Umfeld von durchziehenden Schauern erwartet, die sich an und hinter der Kaltfront bilden (typisches RĂŒckseitenwetter). Apropos Kaltfront – auch die Schneefallgrenze sinkt mit der einfließenden polaren Meeresluft in der Nacht auf etwa 400. Viel Neuschnee wird allerdings nicht erwartet.

Am Sonntag etwas fĂŒr den Vitamin-D-Haushalt getan werden, denn in einigen Landesteilen zeigt sich immer wieder die Sonne, teils auch mal fĂŒr lĂ€ngere Zeit. Letzte Schnee- und Regenschauer ziehen sĂŒdostwĂ€rts ab. Nur an den Alpen kann es bis in den Nachmittag hinein noch etwas flöckeln. Vor allem im Norden und Osten bleibt es bis in den frĂŒhen Nachmittag hinein weiterhin stĂŒrmisch, teils muss sogar mit (schweren) Sturmböen gerechnet werden. An der OstseekĂŒste sind vormittags auch noch orkanartige Böen möglich. Am Nachmittag lĂ€sst aber auch dort der Wind zunehmend nach.

In der Nacht zum Montag und am Montag droht dann neues Ungemach. Ein kleines, aber wetterwirksames Tief verlagert sich nĂ€mlich rasch von Schottland ĂŒber die nördliche Mitte Deutschlands hinweg nach Tschechien. Seine Wind- und Niederschlagsfelder erfassen dabei von Westen und Nordwesten her Deutschland. Dadurch, dass es anfangs bis in tiefe Lagen schneien kann, drohen am Montagmorgen im Westen und der Mitte etwa oberhalb von 200-300 m erhebliche Verkehrsprobleme im Berufsverkehr. TagsĂŒber gibt es dann landesweit weitere NiederschlĂ€ge. Im Westen und SĂŒdwesten fallen diese oberhalb von 400-600 m als Schnee, sonst liegt die Schneefallgrenze bei 200-400 m. In den Mittelgebirgen und den Alpen schneit es mitunter krĂ€ftig. Es sind dann durchaus um 10 cm Neuschnee oder auch etwas mehr möglich. Der Wind weht vor allem im SĂŒdwesten und SĂŒden teils stĂŒrmisch.

In den Folgetagen bleibt uns das wechselhafte und zuweilen sehr windige Wetter erhalten. Immer wieder gibt es NiederschlĂ€ge, wobei die Schneefallgrenze im Westen und SĂŒdwesten zeitweise bis ins höhere Bergland ansteigt, wĂ€hrend es im Osten und SĂŒdosten teilweise bis in tiefere Lagen schneit. Die in den Mittelgebirgen eher maue Schneelage dĂŒrfte sich also maßgeblich verbessern. Allerdings besteht durch den sehr feuchten Schnee teilweise Schneebruchgefahr. Im Alpenraum kann es vorĂŒbergehend sogar zu viel des guten werden, denn es sind gebietsweise erhebliche Neuschneemengen (akkumuliert zwischen 50 cm und 100 cm Neuschnee innerhalb von drei Tagen) möglich. ZusĂ€tzlich drohen starke Schneeverwehungen. Planen Sie daher fĂŒr AusflĂŒge oder Reisen in Skigebiete genĂŒgend Zeit und Proviant ein, denn es könnte auch mal lĂ€nger dauern. Im Flachland hingegen lautet die Devise „Regenschirm und Gummistiefel statt Skihose und Schneeschaufel“.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 29.01.2022

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DWD Stuermische Zeiten stehen an

 

NADIA ante portas

Gerade hat uns Sturmtief MARIA in Richtung Baltikum verlassen und in der vergangenen Nacht vor allem entlang der KĂŒsten sowie im Nordosten des Landes fĂŒr stĂŒrmische VerhĂ€ltnisse gesorgt, da steht auch schon das nĂ€chste Sturmtief vor der TĂŒr. Dieses Sturmtief wurde bereits auf den Namen NADIA getauft und liegt aktuell noch vor Island. In den nĂ€chsten Stunden zieht es allerdings unter krĂ€ftiger Intensivierung Richtung SĂŒdosten und macht sich ab heute Nacht zunĂ€chst in Form einer Warmfront bemerkbar. Diese Warmfront bringt erst im Norden, spĂ€ter dann vor allem in der OsthĂ€lfte teils krĂ€ftigen Regen. Dabei fließt zwischenzeitlich deutlich mildere Luft ein, sodass am morgigen Samstag die Höchsttemperaturen vor allem im Nordwesten zweistellige Werte erreichen können.

Mit dem Durchzug der Warmfront nimmt dann ab den FrĂŒhstunden des morgigen Samstags auch der Wind allmĂ€hlich zu. Zuerst macht er sich entlang der NordseekĂŒste bemerkbar, greift dann aber rasch ost- und sĂŒdwĂ€rts aus. Gegen Mittag ist dann bis ins nördliche Binnenland hinein mit starken bis stĂŒrmischen Böen zwischen 60 und 70 km/h zu rechnen, an der NordseekĂŒste treten bereits erste Sturmböen um 80 km/h auf. Ebenfalls betroffen sind dann bereits die Mittelgebirge, wo vor allem in Gipfellagen bereits erste Sturmböen in Erscheinung treten.

Zum Samstagnachmittag und -abend legt der Wind noch weiter zu. An den KĂŒsten kommt es dann verbreitet zu Böen der StĂ€rke 9 bis 10 Beaufort (Bft), exponiert auch der StĂ€rke 11 Bft mit Geschwindigkeiten bis 110 km/h. Auch im Binnenland macht sich nun der Wind deutlich bemerkbar, und erreicht vor allem in der NordosthĂ€lfte in Böen SturmstĂ€rke mit Geschwindigkeiten zwischen 60 und 75 km/h. Im Bergland werden bis 90 km/h erreicht, auf exponierten Gipfeln noch teils deutlich höhere Geschwindigkeiten. Auf dem Brocken wird volle OrkanstĂ€rke erwartet mit Windspitzen jenseits der 130 km/h.

Gegen Abend und in der ersten NachthĂ€lfte wird ein erster Höhepunkt im Nordwesten des Landes erreicht, sodass dort dann von Westen der Wind allmĂ€hlich etwas nachzulassen beginnt. Entlang der OstseekĂŒste und dem dahinter liegenden Binnenland hĂ€lt die Sturmlage aber noch bis in den Sonntag hinein an. Insbesondere mit dem nĂ€chtlichen Eintreffen der Kaltfront von NADIA legt der Wind sogar noch einmal an Geschwindigkeit zu. Vereinzelt lassen sich dann entlang der OstseekĂŒste in exponierten Lagen einzelne Böen um 120 km/h nicht ausschließen. Verbreitet treten dort aber Windspitzen in schwerer oder orkanartiger SturmstĂ€rke mit Geschwindigkeiten zwischen 90 und 110 km/h auf. Auch im dortigen Binnenland können einzelne Böen um 100 km/h auftreten.

In der restlichen OsthĂ€lfte hĂ€lt der Sturm ebenfalls noch bis in den Sonntag hinein an. Allerdings sind hier, abgesehen von den Gipfellagen der Mittelgebirge, die Spitzengeschwindigkeiten etwas niedriger, erreichen aber auch hier 60 bis 80, vereinzelt auch um 90 km/h. EndgĂŒltig beruhigen wird sich der Sturm hier erst gegen Sonntagabend, wĂ€hrend im Westen teilweise schon SonntagfrĂŒh vom Wind nichts mehr zu spĂŒren ist.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 28.01.2022

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DWD NADIA ante portas

StĂŒrmischer Witterungsabschnitt

Am heutigen Donnerstag beschert uns Tiefdruckgebiet MARIE windiges und nasses Wetter. Das Tief zieht ĂŒber SĂŒdskandinavien ost-sĂŒdostwĂ€rts. Das Windfeld hat uns bereits in der vergangenen Nacht erfasst und sorgt nun an den KĂŒsten und im Bergland fĂŒr Sturmböen zwischen 75 und 85 km/h. Auf den Gipfeln der Mittelgebirge gibt es zum Teil schwere Sturmböen um 95 km/h. Der westliche bis nordwestliche Wind lebt im weiteren Tagesverlauf noch etwas auf, erreicht sein Maximum mit der Passage eines Bodentroges und lĂ€sst erst in der zweiten NachthĂ€lfte zum Freitag nach. Bis dahin sind an den KĂŒsten verbreitet Böen zwischen 80 und 90 km/h zu erwarten, im Landesinneren gibt es von der Weser bis an Oder und Neiße verbreitet Böen bis 70 km/h, in SchauernĂ€he auch etwas höhere Böen. Auf den Gipfeln der östlichen Mittelgebirge treten schwere Sturmböen bis hin zu orkanartigen Böen mit etwa 110 km/h auf. Weiter nach SĂŒden und Westen ist der Wind deutlich schwĂ€cher unterwegs. Dort sind allenfalls in den Berglagen Sturmböen zu erwarten. Am morgigen Freitag lĂ€sst der Wind nach und nur noch die Berge bekommen Sturmböen oder schwere Sturmböen, die Alpengipfel auch orkanartige Böen.

Die NiederschlĂ€ge haben den Norden Deutschlands ebenfalls letzte Nacht erfasst und verlagern sich nun langsam sĂŒdwĂ€rts. Da vorĂŒbergehend etwas mildere Luft ins Land strömt, steigt die Schneefallgrenze auf 600 bis 800 Meter. In einigen Mittelgebirgslagen kann es beim Übergang von Schnee zu Regen örtlich zu gefrierendem Niederschlag kommen. Dann kann sich gefĂ€hrliches Glatteis bilden. Bis zum Abend verlagern sich Regen und SchneefĂ€lle bis an die Donau. Mit einer Kaltfront und kalter Luft in der Höhe ziehen in der zweiten TageshĂ€lfte von Norden her Schauer ins Land. Vereinzelt sind auch Blitz und Donner nicht ausgeschlossen. In der Nacht ziehen Schauer und NiederschlĂ€ge ost- und sĂŒdostwĂ€rts. Die Schneefallgrenze sinkt auf 500 bis 300 Meter. Im SĂŒden können vor allem in den mittleren und höheren Lagen ein paar Zentimeter Neuschnee zusammenkommen. Im Stau der Alpen um 10 Zentimeter fallen. Auch am Erzgebirge kann es leichten Schneefall und wenige Zentimeter Neuschnee geben. Sonst lassen die NiederschlĂ€ge nach. Am Freitag schneit es an den Alpen weiter und bis zum Abend fallen erneut bis zu 10 Zentimeter Schnee. Sonst trocknet es im Tagesverlauf auch im Osten und SĂŒdosten ab.

In der Nacht zum Samstag frischt der Wind mit AnnĂ€herung eines weiteren Tiefs, voraussichtlich wird es NADIA heißen, von Nordwesten her wieder auf. ZunĂ€chst wird die Nordsee-, im Verlauf auch die OstseekĂŒste erfasst. Am Samstag setzt sich die Windzunahme nach SĂŒden fort. Das Windmaximum wird in der Nacht zum Sonntag erwartet. Dann können an den KĂŒsten schwere Sturmböen bis hin zu orkanartigen Böen zwischen 100 und 110 km/h auftreten. Punktuell sind auch Orkanböen um 120 km/h nicht ausgeschlossen. Auch im Bergland treten schwere Sturmböen bis 100 km/h auf, auf den Gipfeln der zentralen und östlichen Mittelgebirge sind Orkanböen um 130 km/h wahrscheinlich. In den Niederungen weht der westliche bis nordwestliche Wind stark bis stĂŒrmisch, tagsĂŒber mit Böen zwischen 70 und 80 km/h, in der Nacht vor allem im Norden und Osten mit Böen bis zu 90 km/h.

Das zum Tief gehörige Niederschlagsfeld zieht in der zweiten NachthĂ€lfte zum Samstag von Norden her ins Land und breitet sich am Samstagvormittag ĂŒber den Osten aus. Die Schneefallgrenze steigt ĂŒber 1000 Meter, sodass ein Wintereinbruch im Bergland nicht in Sicht ist. Nach Westen und SĂŒden hin sind nach aktuellem Wissensstand nur leichte RegenfĂ€lle zu erwarten. Am Abend und in der Nacht zum Sonntag fallen verbreitet ein paar Schauer. Die Schneefallgrenze sinkt langsam wieder auf 600 Meter im Mittelgebirgsraum. FĂŒr mehr als ein bisschen Schneematsch reicht es aber nicht.

Im Laufe des Sonntags schwĂ€cht sich der Wind von Westen her rasch wieder ab und es treten ab Mittag kaum noch warnwĂŒrdige Böen auf. Lediglich auf den Bergen sind noch stĂŒrmische oder Sturmböen bis zu 80 km/h möglich, die prĂ€destinierten Gipfel der Alpen und der östlichen Mittelgebirge können noch Böen um 90 km/h erreichen. Auch die NiederschlĂ€ge lassen am Sonntag rasch nach und die Wolken lockern auf. Vor allem im Norden und Nordosten zeigt sich die Sonne hĂ€ufiger.

FĂŒr den Montag lĂ€sst die aktuelle Prognose ein weiteres Tief erkennen, dass dann allerdings Deutschland komplett erfassen soll und nicht mehr nördlich an uns vorbeizieht. Die Vorhersage ist allerdings noch unsicher, entsprechend variabel ist die Vorhersage des Windes. Da das Hauptwindfeld weit sĂŒdlich durchziehen soll, scheint sich nicht so verbreitet stĂŒrmisches Wetter durchzusetzen. Allerdings wird es vielerorts nass und bei einer Schneefallgrenze zwischen 400 und 600 Meter könnte es im zumindest im Bergland wieder fĂŒr ein paar Zentimeter Neuschnee reichen.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 27.01.2022

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Tropischer Sturm „Ana“

Vor einem Jahr sorgte Wirbelsturm „Eloise“ in Mosambik mit heftigen NiederschlĂ€gen fĂŒr schwere Überschwemmungen, Orkanböen bis 160 km/h knickten BĂ€ume wie Streichhölzer um und verwĂŒsteten tausende HĂ€user. Mehrere Menschen starben, rund 160.000 Menschen waren direkt von den Folgen des Sturms betroffen. Der nationale Wetterdienst in Mosambik (kurz: INAM) registrierte dabei in nur 24 Stunden rund 250 Liter pro Quadratmeter (kurz: l/qm) Regen in der Hafenmetropole Beira, der zweitgrĂ¶ĂŸten Stadt des Landes im SĂŒdosten Afrikas. Fast genau zum Jahrestag des Landgangs von „Eloise“ in Mosambik traf in diesem Jahr ein weiteres tropisches System auf den sĂŒdostafrikanischen Staat. Aber der Reihe nach…

Nachdem in der vergangenen Woche bereits heftige NiederschlĂ€ge gefallen waren, sorgte am Wochenende ein tropisches Tief mit der Bezeichnung „Invest 93S“ in Teilen Madagaskars fĂŒr weitere heftige RegenfĂ€lle, besonders im Norden und Osten. Dabei konnten teilweise Tagessummen von weit ĂŒber 100 l/qm gemessen werden. Bei den Überschwemmungen wurden selbst in der Hauptstadt Madagaskars Antananarivo ganze HĂ€user weggeschwemmt. Anwohner wurden aufgefordert, niedrig gelegene Bereiche der Stadt zu verlassen und sich in höhere Lagen zu begeben. Nach Aussagen der madagassischen Agentur fĂŒr Katastrophenschutz starben insgesamt 39 Menschen, rund 65.000 sind obdachlos.

Zwar schwĂ€chte sich das Tief in den Gebirgsregionen Madagaskars am Wochenende etwas ab, konnte sich jedoch organisierte Schauer und Gewitter bewahren. Über der Straße von Mosambik intensivierte es sich bei Wassertemperaturen von 29 bis 31 Grad Celsius und einigermaßen gĂŒnstigen atmosphĂ€rischen Bedingungen wieder und entwickelte sich am Montag dann schließlich zu einem tropischen Sturm, der auf den Namen „Ana“ getauft wurde. Im sĂŒdwestlichen Indischen Ozean ist es damit der erste Tropensturm, der in der laufenden Saison einen Namen erhĂ€lt.

An der KĂŒste Mosambiks beim Landgang in der Provinz Nampula brachte es „Ana“ dann immerhin auf Böen mit Windgeschwindigkeiten von rund 85 km/h, punktuell könnten auch schwere Sturmböen bis 100 km/h aufgetreten sein sowie Wellen mit einer signifikanten Höhe von bis zu 7 Metern. Die Gefahr bei „Ana“ ging jedoch nicht unbedingt von den Böen oder der Wellenhöhe aus. Vielmehr konnten sich die NiederschlĂ€ge aufgrund der recht langsamen Westverlagerung ĂŒber Land in Nord- und Zentral-Mosambik sowie im SĂŒden Malawis akkumulieren und betrugen in 24 Stunden rund 100 bis 200, punktuell auch ĂŒber 300 l/qm. BestĂ€tigt wurde dies auch vom INAM, das von MontagfrĂŒh bis DienstagfrĂŒh an der Station Milange 336 (Provinz Zambezia), in Furancungo 273 und in Tsangano 260 l/qm (beide in der Provinz Tete) messen konnten. In der Folge starben drei Menschen in den Fluten, einige werden noch vermisst. Zudem wurden massive SchĂ€den an öffentlicher Infrastruktur und privaten HĂ€usern verursacht.

Auch der SĂŒden Malawis wurde nicht verschont. Dort stiegen die Fluten sogar so hoch, dass die Wasserkraftwerke ihre Stromproduktion mitten in der Nacht herunterfahren mussten, was große Teile des Landes dunkel werden ließ. Zudem brach die auf Strom angewiesene Trinkwasserversorgung in Blantyre-Limbe, der zweitgrĂ¶ĂŸten Stadt Malawis, zusammen.

In den vergangenen 24 Stunden griffen die krĂ€ftigsten NiederschlĂ€ge, die auch mit teils heftigen Gewittern einhergingen, auch auf angrenzende Nachbarstaaten Sambia und Simbabwe ĂŒber. Aber auch im Nordwesten in Mosambik fielen noch NiederschlĂ€ge mit Mengen teils ĂŒber 150 l/qm.

In den kommenden Tagen kann es in Mosambik, Malawi, Sambia und Simbabwe zu weiteren krĂ€ftigen Schauern und Gewittern kommen, die NiederschlĂ€ge sollten aber nicht mehr ganz so hoch ausfallen, wie das in den vergangenen Tagen der Fall war. Dennoch können bei krĂ€ftigeren Entwicklungen zwischen 50 und 100 l/qm zusammenkommen. Im Laufe des Freitags könnten die NiederschlĂ€ge auch auf Angola ĂŒbergreifen.

Auf Madagaskar sollte es in den kommenden Tagen dagegen weitgehend trocken bleiben, einzig im Ă€ußersten Norden können noch ein paar krĂ€ftigere Schauer durchziehen. Allerdings besteht auf dem Indischen Ozean erneut ein hohes Potenzial fĂŒr die Entwicklung eines weiteren tropischen Systems. Momentan wird die tropische Störung namens „Invest 96S“ ĂŒber dem offenen Ozean vom Joint Typhoon Warning Center (JTWC) genauestens verfolgt. Ob sich dieses System zu einem Tropensturm entwickelt und möglicherweise im Laufe der kommenden Woche ebenfalls die KĂŒsten Madagaskars erreicht, ist noch unsicher*

MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 26.01.2022

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DWD Tropischer Sturm Ana

 

Es liegt was in der Luft

Die Zeichen stehen den Vorhersagen der verschiedenen Wettermodelle zufolge fĂŒr die kommenden Tage nach einer meist ruhigen Hochdruckphase wieder auf „Berglandwinter“ – in den Niederungen hingegen findet die in diesem Winter fast schon inflationĂ€r bemĂŒhte Umschreibung „nass-kalt“ erneut Verwendung. Ein paar kleine Schneeoptionen haben die Wettermodelle dabei zwar durchaus bis in die Niederungen in petto, der große Wintereinbruch liegt aber in den bisher vom Schnee vernachlĂ€ssigten Regionen im westlichen und nordwestlichen Tiefland weiterhin eher nicht in der Luft. Der wochenlange Hochdruckeinfluss bei nicht allzu tiefen Temperaturen (der Januar ist deutlich auf Kurs „zu mild“) hat jedoch etwas anderes gefördert: So haben Hasel und Erle angefangen zu blĂŒhen, womit deren Pollen bereits den „Flugbetrieb“ aufgenommen und dadurch schon eine zum Teil mittlere Belastung hervorgerufen haben.

Die Pollen dieser beiden BirkengewĂ€chse sind in der Regel die ersten im Jahr, die bei entsprechenden WitterungsverhĂ€ltnissen meist schon mit der im Januar beginnenden VorblĂŒte fliegen. Ihre Hauptsaison dauert von Anfang Februar (Hasel) bzw. Ende Februar (Erle) bis Mitte oder Ende MĂ€rz. Gleichwohl können die Pollen bereits im Dezember vorkommen und noch bis in den Mai (Hasel) oder sogar bis in den Juni (Erle) unterwegs sein. Im weiteren Verlauf des Jahres bekommen dann andere Pollenarten ihre „Flugerlaubnis“ (Saison).

GeschĂ€tzt etwa 12 bis 15 Millionen Deutsche – und damit gut 15 % der Bevölkerung – mĂŒssen sich mit den lĂ€stigen Nebenwirkungen des Pollenflugs herumschlagen. Mit Beginn der Pollenflugsaison treten durch Heuschnupfen Beschwerden wie Niesen, Jucken oder gar asthmatische AnfĂ€lle bis hin zu BindehautentzĂŒndungen auf.

FĂŒr die acht allergologisch wichtigsten BlĂŒtenpollen gibt es beim Deutschen Wetterdienst Vorhersagen der BelastungsintensitĂ€t durch den sogenannten Pollenflug-Gefahrenindex. Zu diesen acht zĂ€hlen die Pollen der Hasel, Erle, Esche, Birke, GrĂ€ser, Roggen, Beifuß und der Ambrosia. Etwa 95 % aller Pollenallergiker in Deutschland leiden beim Flug dieser Pollen. Aktuell sorgt Hoch ERICH mit seiner ruhigen und eher milderen Witterung vor allem in den westlichen Landesteilen bereits fĂŒr eine mittlere Belastung durch Haselpollen. Aber auch in vielen weiteren Regionen ist eine geringe bis mittlere Belastung zu verzeichnen. Bei den Erlenpollen hingegen ist die BlĂŒte noch nicht so weit vorangeschritten, womit es entweder keine oder nur eine geringe Belastung gibt (linker Teil der Grafik).

Ab Donnerstag wird Hoch ERICH seinen Platz bei uns jedoch rĂ€umen mĂŒssen, was den Tiefdruckgebieten LIN und MARIE Gelegenheit verschafft, mit ihren AuslĂ€ufern auf Deutschland ĂŒberzugreifen. Damit kommen Wind und NiederschlĂ€ge auf, die die Pollen aus der Luft auswaschen und Allergikern eine Verschnaufpause bringen, bis das nĂ€chste Hoch bei uns aufschlĂ€gt. Vorhersagen der BelastungsintensitĂ€t sind pollenflug abrufbar und können auch newsletter als kostenloser Newsletter abonniert werden. html die allerdings kostenpflichtige GesundheitsWetter-App des Deutschen Wetterdienstes herunterladen, in der neben weiteren die Gesundheit betreffenden Wetterelementen auch Pollenflugvorhersagen integriert sind.

Dipl.-Met. Simon Trippler

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 25.01.2022

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DWD Es liegt was in der Luft

Balkan und Kleinasien: derzeit eher KĂŒhlkammer!

In Deutschland heißt es einmal mehr auch in diesen Tagen: Schnee in den Bergen (meist so ab den mittleren bis in obere Lagen) und im Flachland zu mild, teils sogar Grau in Grau und meist trocken. Alles in allem wirkt das wenig spektakulĂ€r und ist auch im Hinblick auf die vergangenen Winter keine wirklich neue Entwicklung. Das derzeitige Wettergeschehen wird sich bis Wochenmitte nicht wesentlich Ă€ndern. Aber auch danach, ja wir kommen dann wieder in eine straffe nordwestliche Strömung, mit der auch mal erwĂ€rmte Polarluft zu uns gelangt. Selbst das dĂŒrfte höchstens zum mittlerweile geflĂŒgelten Wort Berglandwinter (und das erneut ab den mittleren Lagen nach oben) reichen.

Die in den letzten Wochen immer wieder aufgetretenen Nordwestlagen begĂŒnstigten allerdings die Gebiete östlich und vor allem sĂŒdöstlich von uns. Gemeint ist der Raum Balkan und TĂŒrkei, teils auch der Nahe Osten (Syrien, Libanon). WĂ€hrend es Deutschland hĂ€ufig mit Randlagen relativ zu einer Hochdruckzone von den Britischen Inseln bis nach West- und Mitteleuropa zu tun hatte, waren und sind KaltluftausbrĂŒche mit Tiefdruckgebieten, die nördlich und östlich um diese Hochdruckzone herum bis weit nach SĂŒdosten ziehen, erst möglich geworden. Die Auswirkungen in diesen Gebieten sind insofern stĂ€rker, da diese Luftmassen mit polarem Ursprung den Weg nach SĂŒdosten weniger ĂŒber den warmen Atlantik oder die Nordsee, sondern vielmehr ĂŒber Skandinavien, die Ostsee und das Baltikum nehmen. Auch daher kommt neben verschiedenen dynamischen Effekten diese Luftmasse dort oft deutlich kĂ€lter an und verursacht krĂ€ftige SchneefĂ€lle, oft bis in tiefe Lagen.

Bis ĂŒber die Wochenmitte hinaus bleibt ĂŒber dem Balkan, der TĂŒrkei und Teilen des Nahen Ostens die recht kalte Luftmasse quasi liegen, wĂ€hrend es im nördlichen Osteuropa (z.B. Baltikum) insgesamt allmĂ€hlich wieder milder wird.

Anbei ist eine Grafik des EZMWF-Modells zur Prognose der mittleren wöchentlichen Abweichungen der 2 m-Temperatur im Bereich SĂŒdosteuropa dargestellt (Zeitraum vom 24.01.22 bis 31.01.22). Hier ist deutlich eine negative Anomalie (Abweichung) ĂŒber Teilen des Balkans, vor allem aber ĂŒber der TĂŒrkei auszumachen. Im Bereich des Tiefdruckkomplexes ĂŒber Kleinasien soll ja die kĂ€lteste Luft quasi erstmal liegenbleiben. Über dem Balkan hingegen setzt sich von Nordwesten zunehmend Hochdruckeinfluss durch. Aus diesem Grund kann die Luftmasse vor allem nachts ĂŒber Land weiter auskĂŒhlen, tagsĂŒber macht sich allmĂ€hlich die verĂ€nderte (zunehmend positive) Strahlungsbilanz sowohl jahreszeitlich als auch generell breitengradabhĂ€ngig stĂ€rker bemerkbar. Außerdem wird die kĂ€lteste Luft zum Wochenende allmĂ€hlich ostwĂ€rts abgedrĂ€ngt. Insofern fallen dort die negativen Anomalien geringer aus.

Zum Abschluss noch aktuelle Wetterdaten aus der beschriebenen Region:

Die Minimumtemperatur der letzten Nacht (23./24.01.22) betrug im Inneren der TĂŒrkei ca. -10 bis unter -15 Grad im Bergland. An der Grenze zu Syrien gab es ebenso leichten Frost. In weiten Teilen der TĂŒrkei fielen in den letzten 24 Stunden nochmals rund 15 bis 30 cm Neuschnee. Beispielweise meldete die Station Zonguldak (auf 137 m Höhe) an der tĂŒrkischen SchwarzmeerkĂŒste heute frĂŒh (24.01.22) eine Gesamtschneehöhe von 54 cm (gegenĂŒber 39 cm am 23.01.22). „Ski und Rodel gut“, erst recht mit solchen Schneemengen, heißt es an der sĂŒdlichen SchwarzmeerkĂŒste nicht allzu oft.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.01.2022

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DWD Balkan und Kleinasien derzeit eher Kuehlkammer

 

Vulkan Hunga Tonga: Was ĂŒber den Ausbruch noch bekannt ist

Der Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai war wohl der heftigste seit der Eruption des Pinatubo im Jahre 1991. Gleichzeitig war es auch einer der am besten zu beobachtenden AusbrĂŒche mit den heutzutage verfĂŒgbaren Mitteln der Fernerkundung, sprich: Satelliten. Die dabei ausgestoßene Aschewolke erreichte auf ihrem Höhepunkt einen Durchmesser von mehreren hundert Kilometern. Erste EinschĂ€tzungen gehen davon aus, dass sie eine Höhe zwischen 20 und 30 Kilometern erreichte, möglicherweise aber auch noch höher war. Detailliertere EinschĂ€tzungen können dabei erst nach genauerer Auswertung der verfĂŒgbaren Daten getroffen werden.

Dementsprechend kam bereits wiederholt die Frage auf, ob dieser Vulkanausbruch möglicherweise direkte Folgen fĂŒr das Weltklima haben könnte. Üblicherweise betrachtet man zur Beantwortung dieser Frage die Emission von Schwefeldioxid (SO2) in die StratosphĂ€re. Die StratosphĂ€re ist dabei der Teil der erdumgebenden AtmosphĂ€re, der sich oberhalb der TroposphĂ€re, in der sich das hautsĂ€chliche Wettergeschehen abspielt, zwischen rund 10 und 50 km Höhe anschließt. SO2 hat die Eigenschaft, in der StratosphĂ€re durch Reflexion von Sonnenlicht die Einstrahlung am Boden zu beeintrĂ€chtigen und damit fĂŒr eine AbkĂŒhlung zu sorgen. Eine ĂŒblicherweise getroffene Annahme lautet hier, dass ein Eintrag von 5 Teragramm (Tg) – das entspricht einer Masse von 5 Millionen Tonnen – in die AtmosphĂ€re nötig ist, um klimawirksam zu sein. SchĂ€tzungen aus Satellitendaten gehen nach aktuellem Stand davon aus, dass beim Ausbruch des Hunga Tonga etwa 0,4 Tg Schwefeldioxid emittiert worden sind. Das wĂ€re ein Ă€hnliches Niveau wie zum Beispiel das der Holuhraun-Eruption auf Island im Jahr 2014. Somit kann man zunĂ€chst annehmen, dass zumindest die SO2-Emissionen des Vulkans keine nachhaltigen Auswirkungen haben werden. Der Grund, warum der Eintrag so gering erscheint, ist, dass die Eruption zwar extrem heftig war, aber auch sehr kurz.

Neben den SO2-Emissionen spielten Tsunamis eine weitere wesentliche Rolle im globalen Geschehen. Diese konnten im gesamten pazifischen Raum, von Australien ĂŒber Neuseeland bis nach Japan und entlang der gesamten westamerikanischen KĂŒste von Chile bis nach Alaska in verschiedener IntensitĂ€t beobachtet werden. Oft erreichten die Wellen eine Höhe von mehreren zehn Zentimetern bis hin zu fast zwei Metern, und fĂŒhrten auch weit entfernt vom Vulkan noch zu Überflutungen und SchĂ€den. Am grĂ¶ĂŸten waren die VerwĂŒstungen auf Tonga selber. WĂ€hrend in der Hauptstadt Nuku’alofa eine Wellenhöhe von 1,20 Metern registriert wurde, erreichte lt. Aussagen der Regierung Tongas die maximale Höhe der Tsunamiwelle 15 Meter. Dementsprechend ist leider auch ein entsprechendes Schadensbild mit teils kompletter Zerstörung vorhandener Infrastruktur zu beklagen.

Insgesamt lĂ€sst sich festhalten, dass der Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai ein außerordentlich außergewöhnliches Ereignis war und insbesondere fĂŒr die erdwissenschaftliche Forschung eine große Menge an Potential fĂŒr neuen Erkenntnisgewinn birgt.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.01.2022

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DWD Vulkan Hunga Tonga Was ueber den Ausbruch noch bekannt ist

Vulkan Hunga Tonga: MessgerÀte des Deutschen Wetterdienstes erfassen Druckwelle

Heute vor einer Woche, am Samstag, 15.01.2022 gegen 4 UTC brach der Vulkan Hunga Tonga (eigentlich Hunga Tonga-Hunga Ha’apai) aus. WĂ€hrend Satellitenbilder des Ausbruchs schnell in den Medien kursierten, lĂ€sst sich das ganze Ausmaß der Naturkatastrophe nur langsam abschĂ€tzen.

Die Druckwelle der Hauptexplosion des Vulkanausbruches konnte auch ĂŒber Deutschland von meteorologischen MessgerĂ€ten des DWD beobachtet werden. Die nachfolgenden ErlĂ€uterungen entstammen einem Hintergrundbericht der Kollegen vom Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg:

Zuerst wurde die Druckwelle im Norden (Helgoland, 19:24 UTC) und spĂ€ter im SĂŒden (Hohenpeißenberg, 20:02 UTC) erfasst. Verwendet man die kĂŒrzeste Entfernung auf einer KugeloberflĂ€che (Luftlinie der Druckwelle ĂŒber den Nordpol vom Vulkan Hunga Tonga nach Helgoland: ca. 16.200 km und zum Hohen Peißenberg: ca. 16.900 km), um die Ausbreitung der Druckwelle zu beschreiben, dann kann man deren Geschwindigkeit abschĂ€tzen. Sie betrĂ€gt ca. 1.050 km/h. Zum Vergleich: Ein Interkontinental-Verkehrsflugzeug fliegt mit etwa 900-1.000 km/h. Die Schallgeschwindigkeit unter Standardbedingungen betrĂ€gt etwa 1.235 km/h.

In Abbildung 1 wird der zeitliche Verlauf des normierten Luftdruckes dargestellt. Die gezeigten Daten wurden an den hochsensiblen ICOS-Stationen des DWD gemessen, die im Rahmen des Integrated Carbon Observation System (ICOS) zahlreiche meteorologische Parameter erfassen. Der Durchgang der ersten Druckwelle an jeder Station und im Gesamteindruck der Durchgang von Nord nach SĂŒd durch Deutschland ist gut zu erkennen. Schaut man sich die Maxima und Minima an, so erhĂ€lt man eine Differenz von ca. 3 hPa, was einer Wellenamplitude von ca. 1,5 hPa entspricht. Die zeitliche Dauer zwischen Maximum und Minimum betrug ja nach Station zwischen 21 und 28 Minuten.

Es gab einen zweiten Durchgang der Welle. Die Richtung ist entgegengesetzt der ersten Welle und erreichte Deutschland ĂŒber den SĂŒdpol, wodurch der Weg lĂ€nger ist. Nimmt man den Erdumfang von 40.000 Kilometern, erhĂ€lt man die Entfernungen vom Vulkan zum Hohen Peißenberg mit etwa 23.100 km und rund 23.800 km bis nach Helgoland. Die Amplitude der zweiten Welle war nur noch etwa ein Drittel so groß (+/- 0,5 hPa) wie die der ersten Druckwelle, wodurch es schwieriger wurde, sie in den Daten zu identifizieren. Der Durchgang durch Deutschland erfolgte diesmal von SĂŒd nach Nord. Die Ankunftszeit fĂŒr Hohenpeißenberg war 01:12 UTC am 16.01.2022 und fĂŒr Helgoland 01:52 UTC. Damit ergibt sich eine leicht höhere Geschwindigkeit der Druckwelle von ca. 1.090 km/h. Diese geringe Abweichung liegt im Rahmen der Unsicherheiten, die in die AbschĂ€tzung eingingen.

Abbildung 2 zeigt wieder den zeitlichen Verlauf des normierten Luftdruckes. Zur ĂŒbersichtlichen Darstellung und Unterscheidung der Linien wurde fĂŒr jede Station ein geringer Wert (Bias) hinzuaddiert. Nun kann man auch fĂŒr die zweite Druckwelle die Änderung des Luftdruckes an jeder Station und im Gesamteindruck den Durchgang der Welle von SĂŒd nach Nord verfolgen.

Ausblick: Am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg betreibt der DWD ein Vulkanaschezentrum. Über die dortigen hochsensiblen MessgerĂ€te, wie beispielsweise Ceilometer oder Lidar, können Vulkanaschepartikel in der AtmosphĂ€re identifiziert werden. Es wird Wochen, wenn nicht gar Monate dauern, bis die MessgerĂ€te Vulkanaerosolpartikel detektieren können. Aufgrund der geographischen Lage und der Erkenntnisse ĂŒber den Austausch von Luftmassen in der AtmosphĂ€re sind spĂŒrbare Auswirkungen auf Wetter und Klima in Deutschland nicht zu erwarten.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann / Fachlicher Inhalt: Dr. Frank Wagner, Stefan Schwarzer (DWD Hohenpeißenberg)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.01.2022

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DWD Vulkan Hunga Tonga Messgeraete des Deutschen Wetterdienstes erfassen Druckwelle