Wochenteiler

Der heutige Mittwoch ist geprägt von allmählich schwindendem Hochdruckeinfluss. Hoch LILIOSA verlagert sich allmählich in den Mittelmeerraum und die Adria. Über dem Nordatlantik liegt ein umfangreiches Tiefdruckgebiet. Seine Ausläufer dringen heute schon zu uns vor und sorgen zeitweise für feuchtes Wetter. Zwischen beiden Druckgebilden fließt aus Südwesten aber milde Luft ins Land, sodass trotz vieler Wolken und ab und zu etwas Regen das Wetter insgesamt noch “freundlich” erscheint.

Aus dem Tief über dem Nordatlantik bildet sich ein Randtief. Es zieht am Donnerstag von England Richtung Dänemark. Das zugehörige Frontensystem, bestehend aus Warm- und Kaltfront, zieht bereits in der Nacht bzw. am Donnerstagvormittag ostwärts über Deutschland hinweg. Es bringt dichte Wolken und verbreitet Regen. Auf der Rückseite der Kaltfront kommt es im Tagesverlauf zu Schauern und auch Gewittern, die mitunter kräftiger ausfallen können.

Da sich in der Höhe ein recht kräftiges Windfeld über Deutschland befindet, können vor allem in Schauer- und Gewitternähe sowie in den Berglagen stürmischen Böen oder Sturmböen auftreten. In den Niederungen bleibt es abseits der konvektiven Ereignisse überwiegend bei Böen zwischen 50 und 60 km/h und damit Stufe 7 auf der Beaufortskala.

In der Nacht zum Freitag beruhigt sich die Lage vorübergehend. Der Druckgradient fächert etwas auf, der Wind lässt nach und auch die Schauer und Gewitter ebben ab. Aber im Laufe des Tages macht sich von England ein neues Tiefdruckgebiet auf in Richtung Deutschland. Seine Front überquert uns im Tagesverlauf ostwärts.

Das Tief wird voraussichtlich in der Nacht zum Samstag den Nordwesten des Landes erreichen. Auf der Vorderseite des Tiefs strömt am Freitag milde, aber sehr feuchte Meeresluft nach Deutschland, die für teils kräftige und schauerartig verstärke Regenfälle sorgt. Auch Gewitter sind möglich. Das Höhenwindfeld umfasst tagsüber Windstärken von 70 bis 100 km/h, in der Nacht zieht das Hauptwindfeld in 850 hPa mit Geschwindigkeiten bis zu 120 km/h über die Mitte und den Süden ostwärts hinweg. Entsprechend sind auf den höheren Berggipfeln orkanartige Böen oder Orkanböen möglich. In den tieferen Lagen reicht es vor allem über der Mitte und dem Süden für stürmische Böen.

Aufgrund der Zugbahn des Tiefs über die eher nördlichen Landesteile hinweg, bleibt der Norden voraussichtlich von Wind und Sturm verschont und auch im Osten sind die Auswirkungen des Tiefdruckgebietes deutlich schwächer.
Am Samstag regnet es im Zusammenhang mit dem langsam über den Norden ostwärts ziehenden Tief vor allem über den mittleren Landesteilen anhaltend, nach Süden hin schauerartig verstärkt. Nach Norden hin ist zeitweise ebenfalls mit Regen zu rechnen. In den Alpen geht der Regen im Tagesverlauf allmählich in Schnee über, denn von Norden her bahnt sich kältere Luft den Weg zu uns. Ab Sonntag wird der Zustrom kalter Luftmassen aus Norden durch eine Hochdruckzone verstärkt, die sich von Spitzbergen bis nach Portugal erstreckt und damit gut 4500 km umfasst. Eingelagert sind mehrere Hochzentren, die Luftmassen polaren Ursprungs auch nach Mitteleuropa führen.

Ab Sonntag wird es also wieder deutlich kühler bei uns. In den Nächten droht verbreitet Frost. Mit zunehmendem Hochdruckeinfluss wird die Luft allerdings auch trockener und die Sonnenanteile nehmen zu.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.03.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Es wird wieder milder

Nachdem im gestrigen Thema des Tages der Wintereinbruch thematisiert wurde, stellt sich sicher der ein oder andere die Frage: Wann wird’s denn wieder Frühling? Und die Antwort lautet: Im Südwesten und Westen sehr bald, im Nordosten mit leichter Verzögerung.
Der Wintereinbruch findet in der kommenden Nacht zum Dienstag sozusagen seinen Höhepunkt: Verbreitet muss mit Nachtfrost zwischen -1 und -4 Grad, im Bergland und bei Aufklaren über Schnee mit mäßigem Frost zwischen -5 und -8 Grad gerechnet werden.

Hinzu kommen weitere Schneeschauer, die zwar von Westen im Nachtverlauf abklingen, sich aber von der Ostsee bis zum Erzgebirge sowie teils in den östlichen, bayerischen Mittelgebirgen fortsetzten. Am Erzgebirge und vor allem auch an den Alpen fällt nachts anhaltend Schnee, so dass bis zum Dienstagmorgen noch einige Zentimeter Neuschnee dazukommen.
Die Milderung setzt bereits am morgigen Dienstag allmählich von Südwesten bzw. Westen ein. Während am heutigen Montag deutschlandweit im Maximum keine 10 Grad erreicht werden, werden es am Dienstag im Südwesten bereits wieder 10 bis 12 Grad (Abbildung 1).

Diese Milderung setzt sich rasch fort. Zwar bleibt auch der Mittwoch ganz im Nordosten noch kühl und vor allem in Vorpommern noch unterhalb der 10-Grad-Marke, sonst steigen die Tageshöchstwerte aber schon wieder in milde bis sehr milde Sphären zwischen 10 und 19 Grad (Abbildung 2). Am wärmsten wird es dabei am Oberrhein. Am Donnerstag sind die frühlingshaften Temperaturen mit Höchstwerten zwischen 15 und 19 Grad dann auch im Osten und Nordosten zurück. Aufgrund der kühlen Nord- und Ostsee bleibt es lediglich an den Küsten und auf den Inseln bei Höchstwerten um 10 Grad.

Wenn jetzt die Milderung ja eigentlich schon wieder vor der Tür steht, stellt sich auch die Frage: War’s das jetzt mit Kälte und Schnee oder etwa nicht? Na ja, für die aktuelle Woche kann man sagen, dass es wohl weitgehend mild bleibt. Dazu ist es überwiegend wechselhaft mit zeitweiligem Regen. Allerdings deutet sich zu Beginn der kommenden Woche ein erneuter Kaltluftvorstoß an.

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.03.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wetter immer und überall

Wetter, jeder spricht darüber, ob morgens beim Bäcker oder im Supermarkt, beim Warten auf die Bahn oder beim gemütlichen Kaffeeklatsch. Das Thema Wetter ist allgegenwärtig. Mal wird geschimpft, was denn mit dem Wetter los sei, dann wird über die Hitze oder andauernden Regen gestöhnt und nur selten sind wirklich alle zufrieden. Das ist aber kein Wunder, denn schließlich verfolgt jeder Mensch andere Interessen. Während beispielsweise Bauern das passende Wetter samt Niederschlägen für ihre Aussaat und Zucht von Getreide usw. brauchen, wollen viele in ihrer Freizeit am besten trockenes Wetter samt Sonnenschein oder nur wenigen Wolkenfeldern, die mal etwas Schatten spenden. Im Winter soll es hingegen schneien, damit die Kinder Schlittenfahren und die Erwachsenen Skifahren können. Die Autofahrer hingegen stöhnen bei Kälte, Schnee und Frost. Sind doch Staus und Unfälle dann vorprogrammiert. Einige Bereiche, in denen Wetter eine Rolle spielt, wurden damit schon angeschnitten. Doch wo spielt Wetter noch eine Rolle und wo arbeiten Meteorologen eigentlich überall?

Studierten Meteorologen stehen nach Abschluss des Studiums viele Wege offen. Neben dem “klassisch” angesehenen Weg vor die Kamera oder ins Radio beziehungsweise in die (Flugwetter-) Vorhersage beim Deutschen Wetterdienst oder bei privaten Wetteranbietern kann man auch eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen. Oftmals vertiefen sich Meteorologen in Projektarbeiten im Bereich der Klimatologie, der Modellierung, der Hydrologie, der Stadtplanung oder im Agrarbereich. Ein weiterer Arbeitsbereich ist in der Energiemeteorologie angesiedelt, um beispielsweise Berechnungen und Prognosen zu erstellen, wo es sich lohnen könnte, einen Windpark oder eine Solaranlage zu erstellen, beziehungsweise wie deren Ertrag aussieht. Auch im Versicherungsbereich finden sich Meteorologen sowohl bei Rückversicherern, als auch bei Firmen, die zum Beispiel Niederschlags-, Wind- oder Hagelgutachten erstellen. Selbst der Strom- und Gaspreis ist vom Wetter abhängig, weshalb in großen Energiefirmen ebenso Meteorologen sitzen, die Prognosen erstellen, wieviel Strom durch Wind- und Solarenergie in die Netze eingespeist werden kann. In der Wettervorhersage für Autorennen oder andere Events werden ebenfalls Meteorologen benötigt.

Des Weiteren taucht der Begriff Wetter oder alles, was damit in Verbindung gebracht wird, in vielen Liedern auf. Beispielsweise geht es in “Leise rieselt der Schnee”, “36 Grad”, “Weather with you” oder “Wann wird´s mal wieder richtig Sommer” ums Wetter.
Außerdem haben sich einige Dichter mit dem Thema Wetter befasst oder Wetterbedingungen spielen eine grundlegende Rolle in ihren Werken. Zum Beispiel wäre dabei “Der Osterspaziergang”, “Der Erlkönig” oder “Unterm weißen Baume sitzend” zu nennen. Dies sind nur wenige Beispiele für Lieder und Gedichte. Vielleicht haben auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, ein selbst geschriebenes Gedicht oder einen selbst komponierten Wettersong auf Lager?

Eins ist abschließend auf jeden Fall sicher zu sagen. Das Thema Wetter beschäftigt viele Menschen Tag für Tag aufs Neue. Das war in der Vergangenheit bereits der Fall und wird sich sicherlich in der Zukunft nicht ändern, ganz nach dem Motto:

“Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, dann ändert sich das Wetter oder es bleibt, wie es ist”.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.03.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

IPCC-Bericht: Anleitung für eine lebenswerte Zukunft

Hunderte führende Wissenschaftler aus aller Welt haben über mehrere Jahre hinweg die Ergebnisse von zehntausenden, bereits begutachteten Studien gesichtet, diskutiert und bewertet. In drei Arbeitsgruppen des “Intergovernmental Panel on Climate Change” (IPCC), kurz Weltklimarat, arbeiten diese Wissenschaftler zusammen und kommen dabei aus verschiedenen Bereichen, wie z.B. Klima- und Meeresforschung, Statistik, Ökonomie und Gesundheit. Dabei fasst die 1. Arbeitsgruppe den wissenschaftlichen Kenntnisstand zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels zusammen. Die 2. Arbeitsgruppe schaut auf die Folgen der Erderwärmung und wie Natur und Gesellschaft sich anpassen können und die 3. Arbeitsgruppe zeigt, wie die Erderwärmung begrenzt werden kann.

Die drei Arbeitsgruppen haben ihre Ergebnisse bereits im August 2021, sowie im Februar und April 2022 vorgestellt. Am Montag (20. März) erschien nun der Synthesebericht, also die Zusammenfassung der Teilberichte aus der sechsten Berichtsperiode (“AR6 Synthesis Report”).

Ein Überblick über die wesentlichen Ergebnisse:

– Die globale Durchschnittstemperatur hat bereits um etwa 1,1 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zugenommen. Dabei ist die Erwärmung nicht überall auf der Welt gleich – einige Regionen wie die Arktis und Afrika erwärmen sich schneller als andere.

– Die zunehmende Erderwärmung führt zu stärkeren Hitzewellen, häufigeren und intensiveren extremen Wetterereignissen sowie zu einem Anstieg des Meeresspiegels und zunehmender Ozeanversauerung.

– Diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, sind unverhältnismäßig stark betroffen: Fast die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Regionen, die durch den Klimawandel besonders gefährdet sind, wie Afrika südlich der Sahara, Teile von Asien sowie Zentral- und Südamerika. Einige Gegenden werden irgendwann nahezu unbewohnbar sein – z.B. wegen Hitze und Trockenheit oder im Falle von Inseln und Küstenregionen durch Überflutungen (so wäre im Jahr 2060 mit +4 °C Erwärmung die halbe Erde nahezu unbewohnbar). Der Klimawandel führt also auch zu einer Verschärfung von bestehenden sozialen Ungleichheiten, Konflikten und Migration.

– Den Klimawandel zu begrenzen ist möglich, erfordert aber eine sofortige und tiefgreifende Reduzierung der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren und eine drastische Veränderung unserer Lebensweise. Mit den aktuellen Maßnahmen steuern wir auf eine Erwärmung von 3,2 °C im Jahr 2100 zu. Um die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, muss die Weltgemeinschaft bis 2030 die Emissionen um die Hälfte senken und selbst für das 2-Grad-Ziel müssen die Emissionen global sehr schnell fallen (siehe Abb. 1).

– Jedes zehntel Grad macht einen Unterschied: Mit jeder noch so kleinen Zunahme der globalen Erwärmung steigen die Risiken und die Auswirkungen von abrupten und irreversiblen Veränderungen im Klimasystem; einschließlich der Veränderungen, die durch das Erreichen von Kipppunkten ausgelöst werden.

– Klimatische und nicht-klimatische Risiken werden sich zunehmend gegenseitig beeinflussen und zu kaskadenartigen Risiken führen, die komplexer und schwieriger zu beherrschen sind. (Beispiel: starke Hitze beeinträchtigt u.a. Schienen- und Straßenverkehr, was Lieferketten beeinflusst, was sich wiederum auf die wirtschaftliche Produktion und Verteilung von Gütern auswirkt. Gleichzeitig ist bei einer starken Hitzebelastung in manchen Berufen auch die Arbeitsproduktivität beeinträchtigt.)

– Klimaschutz kostet, aber die Klimakrise kostet mehr: Der wirtschaftliche Nutzen bei Erreichen des 2-Grad-Ziels liegt in den meisten Studien höher als die Investitionen, die für Klimaschutz nötig sind (dabei sind noch nicht einmal die Schäden eingerechnet, die durch den Klimawandel verursacht werden). Allein die Vorteile für die menschliche Gesundheit durch saubere Luft könnten die Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen mindestens ausgleichen. Je wärmer die Welt allerdings wird, desto mühsamer und teurer wird es, sich anzupassen.

– Viele der Lösungen sind bereits vorhanden (wie Sonne, Wind, Erhalt von Ökosystemen z.B. durch Aufforstung, etc.), bei denen wir gleich in mehrfacher Hinsicht profitieren würden: sie bieten gesundheitliche und ökonomische Vorteile (erneuerbare Energien sind sogar schon heute günstiger als Energien aus fossilen Brennstoffen), und könnten sogar zu mehr Gerechtigkeit beitragen und die Energieabhängigkeit von totalitären Staaten reduzieren (siehe Abbildung 2).

– Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich rapide. Die Auswirkungen für die nächsten Generationen hängen von unserem jetzigen Handeln und den Entscheidungen ab, die wir in diesem Jahrzehnt treffen (siehe Abbildung 3).

Vor dem Hintergrund des letzten Punktes rief auch UN-Generalsekretär António Guterres bei der Vorstellung des Berichts zum Handeln auf: “Die Klima-Zeitbombe tickt. Aber der heutige IPCC-Bericht ist ein Leitfaden zur Entschärfung der Klima-Zeitbombe. Er ist ein Überlebensleitfaden für die Menschheit.”

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.03.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wenn unten nichts ankommt…

Vergangenen Mittwochnachmittag: Papa holt den Sohnemann von der Kita ab. Jetzt noch schnell einen Abstecher auf den Spielplatz bevor es demnächst anfängt zu regnen. Das Radar zeigt nämlich ein von Westen auf Offenbach zuziehendes Regengebiet. Und wie sooft vergeht die Zeit dann doch schneller als man denkt und plötzlich fällt einem auf: Müsste es eigentlich nicht schon längst regnen? Schnell das Smartphone gezückt, WarnWetter-App geöffnet und tatsächlich! Mittlerweile hatte der Regen nicht nur Frankfurt, sondern auch Offenbach erreicht – zumindest laut Radar. Am Boden kam davon aber nichts an und auch der Blick gen Westen deutete nicht wirklich auf Regen hin. Die Wolken wirkten allerdings an ihrer Unterseite etwas verwaschen.

Am Tag darauf zeigte das Radar erneut ein Regengebiet, das das Rhein-Main-Gebiet erfasst hat. Dieses Mal kam aber auch etwas am Boden an, wie die Messungen einiger Wetterstationen belegen.

as war denn da jetzt los? Radar kaputt? Nein, natürlich nicht. Sonst wäre der Text an dieser Stelle ja auch schon zu Ende. Den Grund dafür findet man, bei Betrachtung der vertikalen Schichtung der unteren Atmosphäre, genau genommen den Verlauf von Lufttemperatur und -feuchtigkeit mit der Höhe. Dafür nutzt man sogenannte Radiosonden. Bei einer Radiosonde handelt es sich um ein Gerät, das mit einem Sender und mehreren Messfühlern ausgestattetet ist. Angebunden an einen mit zumeist Heliumgas gefüllten Gummiballon, steigt die Radiosonde mit rund 300 Metern pro Minute in die Luft auf und misst dabei stetig Luftdruck, -feuchte und -temperatur sowie indirekt durch die Windverlagerung auch Geschwindigkeit und Richtung des Windes. Diese Daten werden über den Sender direkt an die Empfangsstation am Boden übermittelt. Kurz darauf stehen sie schließlich uns Meteorologen grafisch aufbereitet zur Verfügung und liefern zudem neben vielen weiteren Beobachtungsdaten die Basis für die Prognosen unserer Wettermodelle. Weitere Infos zu Radiosondenaufstiege finden Sie zum Beispiel auch im Thema des Tages vom 03.07.2020.

Schauen wir uns doch nun einmal den Radiosondenaufstieg am Beispiel von Idar-Oberstein von Mittwoch 19 Uhr an. Kurz zur Orientierung: Auf der linken Vertikalachse ist der Luftdruck in hPa und auf der Horizontalachse unten die Temperatur in Grad Celsius aufgetragen. Die Temperatur bleibt dabei entlang der roten Linien, die von unten nach schräg-rechts-oben verlaufen, konstant. Die Null-Grad-Linie ist blau eingefärbt. Den vertikalen Verlauf der Lufttemperatur stellt nun die durchgezogene schwarze Linie dar und der Taupunkt (Maß für die Luftfeuchtigkeit) wird durch die gestrichelte schwarze Linie repräsentiert. Liegen die beiden Linien, also Temperatur und Taupunkt, nah beieinander, ist die relative Luftfeuchtigkeit hoch, sind sie weit voneinander entfernt, ist sie niedrig.

Verfolgt man die beiden Linien des Aufstiegs von Mittwoch 19 Uhr in Idar-Oberstein von oben nach unten, stellt man fest, dass sie zunächst relativ nah beieinander liegen, die relative Luftfeuchtigkeit also recht hoch ist. Erst ab etwa 750 hPa beginnen sie stark auseinanderzugehen mit einem Maximalabstand bei etwa 800 hPa (grob 2 km Höhe). Hier ist die Luft also relativ trocken und das ist der entscheidende Punkt: Der Regen, der sich darüber entwickeln konnte, hatte es nicht durch diese trockene Schicht geschafft, sondern ist verdunstet und kam daher nicht am Boden an.

Durch die Verdunstung wurde diese trockene Luft aber allmählich angefeuchtet und ist einige Stunden später – wie man am Radiosondenaufstieg von Donnerstag 13 Uhr sieht – verschwunden. Die Temperatur- und Taupunktslinien verlaufen nun fast durchweg recht eng beieinander, wodurch es der Regen nun problemlos bis zum Boden schaffte – was er übrigens auch in den kommenden Tagen immer wieder tun wird.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.03.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Windige Sache

Subjektiv betrachtet bescherte uns das Jahr 2023 in Deutschland immer wieder Tage mit viel Wind, ohne dass es allerdings den ganz großen Sturm mit orkanartigen Böen ( 104 km/hBft 11) oder Orkanböen ( 118 km/hBft 12) gab (mit Ausnahme der Küste und der Berge). Dennoch entstand der Eindruck, dass es in diesem Jahr windiger ist als sonst. Aber stimmt das auch?

Um die Frage zu klären, hat der Autor des Textes die Statistik bemüht und Winddaten von etwa 550 Stationen in Deutschland ausgewertet. Des Weiteren wurde dafür empirisch ein sogenannter “Windtag” definiert. An solch einem Tag sollen mindestens 50 % der Stationen mindestens eine Windstärke von 50 km/h (Bft 7) erreichen. Angewandt auf das Jahr 2023 kamen so bis zum 21. März 2023 20 Tage zusammen, an denen die Kriterien erfüllt waren.

Da das Jahr allerdings erst 80 Tage alt ist, klingt das zunächst nach viel. Im Vergleich zu den Vorjahren schrumpft die Zahl aber rasch zusammen. So ist in Abb. 1 zu erkennen, dass die dunkelblaue Linie (Windtage im Zeitraum 01.01. bis 21.03. eines Jahres) in diesem Jahr nicht besonders nach oben abweicht und nur knapp oberhalb des Mittels 2000 bis 2023 von 17,7 Tagen landet (hellblaue Linie). 2020 und 2022 beispielsweise hatten zum aktuellen Zeitpunkt im Jahr mit 33 bzw. 25 schon mehr Windtage. Die windschwachen 2010er-Jahre hingegen blieben fast alle unter dem Mittelwert. Am wenigsten Windtage gab es 2006 mit nur 2, am meisten 2002 mit 35.

 

Auf das ganze Jahr gesehen kann man im Mittel 42 Windtage erwarten (hellbraune Linie). 2007 bot mit 69 Windtagen das Maximum. Damals war im Prinzip jeder siebte Tag ein Windtag. Interessanterweise korrelieren die beiden dunklen Linien (außer 2016) ganz gut miteinander. Würde die Korrelation auch dieses Jahr stimmen, dürften es am Jahresende 35 bis 45 Windtage werden.

Dass die Statistik am Ende stimmt, dafür will die Natur in den kommenden Tagen einen Beitrag leisten. So erwarten uns ein windiger Freitag, dem ein noch windigerer Samstag folgt. Beide Tage dürften recht problemlos die an dieser Stelle definierten Kriterien des Windtages erfüllen. Ähnliches gilt für den Montag, womit dann 3 weitere Tage die 2023-Bilanz aufhübschen. Einen ausgewachsenen Sturm soll es aber weiterhin nicht geben.

Dipl.-Met Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.03.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Ein klein wenig Poesie zum Start in den Frühling

Der “Welttag der Poesie” wird seit dem Jahr 2000 begangen und steht unter der Schirmherrschaft der UNESCO und der Vereinten Nationen. Er betont die Bedeutung und die Vielfalt des Kulturguts Sprache und soll den interkulturellen Austausch fördern. Des Weiteren soll er dem Bedeutungsverlust der Poesie entgegenwirken. Insbesondere waren Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt traditionell dazu aufgefordert, Gedichte über Gewalt und Frieden zu verfassen und um 11:30 Uhr (MEZ) für den Frieden zu trommeln.
Das Wort “Poesie” stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie “Erschaffung”. Es beschreibt die künstlerische Art, die Ausdrucksmöglichkeiten der Sprache zu nutzen, um dem Adressaten Lebenserfahrungen und Weltdeutungen zu vermitteln. Gerne werden hierzu Verse und eine metaphorische Sprache verwendet.

Auch das Thema “Wetter” findet sich in vielen Gedichten wieder. Ebenfalls in Reimform, aber meist kürzer und selten mit allerlei Stilmitteln ausgeschmückt, sind die allseits bekannten Bauernregeln. Bauernregeln sind alte Volkssprüche, die Auskunft über das Wetter und die Folgen für die Landwirtschaft geben sollen. Die Reimform erleichtert die Merkfähigkeit der eigentlichen Informationen und das Wissen konnte so gut an die Nachfahren weitergegeben werden. Zu den bekanntesten Bauernregeln gehören die Siebenschläfer-Regel und die Regeln zu den Hundstagen und der Schafskälte. Andere Regeln berücksichtigen keine festen Tage, sondern beziehen sich eher auf die Tier- und Pflanzenwelt (z.B. das viel zitierte “Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter (oder es bleibt wie es ist)”) oder es sind einfach lustige kleine Gedichte ohne Bezug zur Wettervorhersage. Zwei Bauernregeln zum heutigen 21. März lauten unter anderem “An Sankt Benedikt achte wohl, dass man Hafer säen soll!” oder “Willst du Erbsen und Zwiebeln dick, so säe sie an Sankt Benedikt!”

Auch bekannte Dichter und Denker verfassten mehr oder weniger kurze Reime zum Thema “Wetter”. Wilhelm Busch (1832-1908) schrieb beispielsweise “Der Weise äußert sich vorsichtig, der Narr mit Bestimmtheit über das kommende Wetter.” Leider ist dies nicht nur beim Thema “Wetter” so, dass sich vermeintliche Experten beziehungsweise diejenigen, die sich als solche erachten, am lautesten zu einem Thema äußern. Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) nahm fast ernüchtert zur Kenntnis, dass “es regnen soll, wenn es regnen will, denn wenn es nicht mehr regnen will, so hört es auch von selber wieder auf.” Dies wollte Mark Twain (1835-1910) nicht ganz so schulterzuckend hinnehmen und äußerte: “Alle Welt schimpft auf das Wetter, aber niemand tut etwas dagegen.”

Da der Frühling nun auch astronomisch begonnen hat, wird dieser Tatsache nun auch mit einem kleinen Frühlingsgedicht von Fred Endrikat (1890-1942) Rechnung getragen:

Früher Frühling

Zwischen Februar und März
Liegt die große Zeitenwende,
und, man spürt es allerwärts,
mit dem Winter geht`s zu Ende.
Schon beim ersten Sonnenschimmer
Steigt der Lenz ins Wartezimmer.
Keiner weiß, wie es geschah,
und auf einmal ist er da.
Manche Knospe wird verschneit
Zwar im frühen Lenz auf Erden.
Alles dauert seine Zeit,
nur Geduld, es wird schon werden.
Folgt auch noch ein rauher Schauer,
lacht der Himmel umso blauer.
Leichter schlägt das Menschenherz
zwischen Februar und März.

Neben dem “Welttag der Poesie” ist heute zudem der Tag der Farbe, des Holzes und des Waldes. Grund genug also, die Gedichtsammlung oder das Poesiealbum erst am Abend herauszukramen und zuvor noch einen (Wald-)Spaziergang einzulegen, um die ersten Farben des Frühlings zu bewundern. Vor allem südlich der Donau ist dies sehr vielversprechend, denn Höchsttemperaturen von 16 bis 18 Grad und ein teils heiterer Himmel locken sicherlich den Einen oder die Andere nach draußen. Anders sieht es leider in der Nordhälfte aus. Dort zeigt sich die Sonne meist leider nicht am Himmel. Des Weiteren wurde und wird es dort von Westen her zunehmend regnerisch. Wer also die ersten Frühlingsboten möglichst trocken begrüßen möchte, trägt einen Schirm nicht ganz umsonst mit sich herum.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.03.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Kein Frühlingshoch in Sicht

Ach, wie war das schön am vergangenen Wochenende und teilweise auch in den letzten Tagen. Endlich mal etwas Sonne, gepaart mit angenehm warmen Temperaturen in weiten Teilen des Landes. Die 20-Gradmarke wurde am Freitag und Samstag an einigen Orten (z. B. Wolfach, Garmisch-Partenkirchen, Kitzingen) in Baden-Württemberg und Bayern geknackt. Gestern reichte es ebenfalls nochmals für milde 18,1 Grad in Regensburg (Bayern).

Zunächst bleibt es noch recht warm, denn auf der Vorderseite des Tiefs HILMAR draußen auf dem Nordwestatlantik wird mit einer lebhaften südwestlichen Strömung milde bis sehr milde, aber auch zunehmend feuchte Atlantikluft nach Deutschland geführt.

Am heutigen Mittwoch kommt mit einem Tiefausläufer von Nordwesten bereits ein erster Schwall an feuchter Luft in Deutschland an. In der Nordwesthälfte regnet es dann zeitweilig ein wenig, während in der Südosthälfte die Sonne noch häufig zum Zuge kommt. Dort klettert das Thermometer südlich der Donau auf über 20 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich der Regen ostsüdostwärts aus. Viel kommt allerdings nicht zusammen. Allenfalls im Norden und Nordwesten des Landes fallen bis Donnerstagmorgen um 10 Liter pro Quadratmeter. Gänzlich trocken bleibt es im Süden. Frost steht in der kommenden Nacht und in den darauffolgenden Nächten nicht auf der Agenda. Mitunter bleiben die Tiefstwerte sogar im zweistelligen Bereich.

Am Donnerstag zeigt sich die Sonne nur noch im Umfeld der Alpen etwas häufiger. Höchstwerte bis 22 oder gar 23 Grad lassen nochmal einen Biergartenbesuch zu. Ansonsten macht sich die Sonne eher rar, mit Höchstwerten zwischen 11 und 19 Grad ist es aber noch relativ mild. Die zeitweiligen Regenfälle aus der Nacht nehmen im Tagesverlauf zunehmend Schauercharakter an. Im Norden können ganz vereinzelte Gewitter nicht ausgeschlossen werden. Den Regenschirm festzuhalten dürfte aber zunehmend problematisch werden, denn der Wind bläst recht kräftig aus südwestlichen Richtungen. Sturm herrscht auf den Bergen.

Am Freitag legt der Wind dann noch eine Schippe drauf. Bis ins Flachland drohen dann einzelne stürmische Böen um 65 km/hBft 8. Dabei zieht eine Kaltfront samt Regen über Deutschland hinweg und erreicht am Nachmittag auch die Alpen. Rückseitig der Kaltfront folgen bevorzugt im Westen noch einige, teils gewittrige Schauer nach.

Typisches Aprilwetter im März gibt es dann am Samstag, denn dann wechseln sich dicke Quellwolken mit kurzen sonnigen Abschnitten ab. Aus den Quellwolken entwickeln sich immer wieder Schauer und kurze Gewitter. Der stürmische Südwest- bis Westwind tut sein Übriges, um einen ungemütlichen Wettereindruck entstehen zu lassen. Mit Ausnahme des Nordostens treten verbreitet stürmische Böen und Sturmböen zwischen 65 und 80 km/h (Bft 8 bis 9) auf. Die Temperaturen gehen deutlich zurück und es werden nur noch zwischen 9 und 14 Grad erreicht. Diese fühlen sich durch den starken Wind noch deutlich kühler an und statt Gartenarbeit kann getrost der Frühjahrsputz drinnen erfolgen.

Auch der Sonntag scheint eher herbstlich als frühlingshaft zu verlaufen. Verbreitet regnet es leicht bis mäßig und mitunter länger anhaltend. Trocken bleibt es voraussichtlich im äußersten Norden und Nordosten. Die Natur wird es danken. Akkumuliert kommen bis Montagmorgen in der Fläche meist zwischen 10 und 30 Liter pro Quadratmeter zusammen.

In einigen Staulagen sind 50 bis 70 Liter pro Quadratmeter möglich. Deutliche Unterschiede ergeben sich am Alpenrand, wo laut GFS akkumuliert um 80 Liter pro Quadratmeter fallen sollen. Eine genaue Prognose ist demnach noch nicht zu geben.
Eins ist aber sicher, ein Frühlingshoch ist bis auf Weiteres nicht auf den Wetterkarten zu finden. Ganz im Gegenteil sind zu Beginn der kommenden Woche in den Mittelgebirgen wieder Flocken möglich. Die Winterjacke sollte demnach noch nicht eingemottet werden und weiter griffbereit sein.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.03.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Die Entwicklung der Globalstrahlung

Die Globalstrahlung ist die auf der Erde empfangene solare Strahlung und gibt an, wie viel Energie der kurzwelligen Strahlung von der
Sonne auf der horizontalen Erdoberfläche ankommt. Sie setzt sich zusammen aus der direkten Strahlung und der diffusen Strahlung. Die diffuse Strahlung ist die an Luftmolekülen, Aerosolen und Wolken gestreute solare Strahlung. Die direkte Strahlung hingegen legt den kürzesten Weg durch die Atmosphäre zur Erdoberfläche zurück, ohne gestreut zu werden. Die Energieausbeute der Globalstrahlung variiert räumlich und zeitlich. Letztere ist unter anderem abhängig von der geografischen Breite, der Höhe über dem Meeresspiegel, der Jahres- und Tageszeit, den Wetterbedingungen und den Luftbeimengungen.

Im Januar 2023 veröffentlichte der DWD einen Bericht zur Entwicklung der Globalstrahlung in Deutschland im Zeitraum von 1983 bis 2020

Die Datenbasis für diesen Bericht sind Monatssummen der deutschlandweiten Globalstrahlung. Diese basieren auf Satellitendaten, die mit Bodenmesswerten aus dem Strahlungsmessnetz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) verknüpft werden. Die Auflösung beträgt 1 x 1 km. Die Daten liegen in der Einheit Kilowattstunde pro Quadratmeter (kWh/m²) vor.

Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Jahressumme der Globalstrahlung in Deutschland seit 1983 bis 2020 gestiegen ist. Der Anstieg der Globalstrahlung über den betrachteten Zeitraum kann verschiedene Ursachen haben. In diversen wissenschaftlichen Untersuchungen werden die Bewölkung und vom Menschen induzierte Aerosole in der Atmosphäre als zwei wichtige Faktoren genannt.

Der beobachtete Effekt des so genannten Brightening kann neben der Verbesserung der Luftqualität (u.a. Verringerung der Belastung durch Feinstaub und Stickstoffdioxid) durch eine Veränderung in der Bewölkung erklärt werden. Diese kann laut wissenschaftlicher Untersuchungen sowohl natürlichen Ursprungs sein und/oder durch den indirekten Effekt von anthropogenen Aerosolen auf die Wolkenbildung hervorgerufen werden.

Ein Anstieg der Globalstrahlung aufgrund erhöhter Sonnenaktivität lässt sich hingegen ausschließen. Die Sonnenaktivität unterliegt natürlichen 11-jährigen Schwankungen. Durch die komplexen Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Ozean und Land ist es sehr schwierig, den exakten Einfluss der Sonnenaktivität auf das Klima zu bestimmen. Zudem beziehen sich die Schwankungen zum Großteil auf die ultraviolette Strahlung, welche bei der Messung der Globalstrahlung eine untergeordnete Rolle spielt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Anstieg der Globalstrahlung in Deutschland (wie auch differenziert in Europa) vermutlich durch das Zusammenspiel aus verbesserter Luftqualität und veränderten Wolkenmustern erklärt werden kann. Dennoch ist damit der Brightening-Effekt noch nicht vollständig erklärt, da weltweit nur wenige hinreichend lange Datenreihen zur Globalstrahlung vorliegen. Besonders über den Ozeanen und in Gebirgen ist das Datenaufkommen unzureichend.

Aus dem zitierten Bericht des DWD wurden lediglich Auszüge verwendet, hier lohnt sich jedoch ein intensiveres Nachlesen.

In Bezug auf den Einfluss der variablen Sonnenaktivität auf die Erdatmosphäre wird noch auf folgendes Tagesthema verwiesen –

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.03.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Phänologie im Klimawandel – Teil 1: Verschiebung der phänologischen Jahreszeiten

Zwar wollte der Winter in der ersten Märzhälfte in Deutschland noch nicht ganz klein beigeben. Selbst dem Flachland brachte er nasskaltes Wetter mit Schnee- und Graupelschauern und regional wurde es auch nochmals weiß, insbesondere ab mittlere Höhenlagen. Die Vegetation ist dennoch bereits aus ihrem Winterschlaf erwacht. Nach einer extrem milden Witterungsperiode zum Jahreswechsel und in der ersten Januarhälfte begann im deutschlandweiten Mittel die Hasel bereits am 16. Januar zu blühen, in Nordrhein-Westfalen sogar schon am 10. Januar. Damit begann der Vorfrühling ebenso wie der Erstfrühling (in dem wir uns aktuell befinden) deutlich früher als “normal”, worauf im Thema des Tages vom Vortag bereits ausführlich eingegangen wurde. Aber was heißt in Zeiten der globalen Erwärmung eigentlich “normal” oder anders ausgedrückt: Haben sich die Vegetationsperioden in Folge des Klimawandels in Deutschland mittlerweile verändert? Dieser Frage wollen wir im heutigen Thema des Tages nachgehen.

Mit Fragestellungen dieser Art beschäftigt sich der Fachbereich der “Phänologie” (griechisch: “Lehre der Erscheinungen”). Die Phänologie untersucht die Entwicklung der Pflanzen und Tiere im Jahresverlauf, beispielsweise anhand der Eintrittszeiten für Blattentfaltung, Blüte und Fruchtreife (sog. Pflanzenphasen) unterschiedlicher Pflanzenarten.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) besitzt hierzu einen in seinem Umfang weltweit einzigartigen “Datenschatz” aus Beobachtungen, die bis weit in die Vergangenheit zurückreichen. Dazu betreibt der DWD ein dichtes Beobachtungsmessnetz, bestehend aus ca. 1100 ehrenamtlichen Jahresmeldern. Sie dokumentieren kontinuierlich die Entwicklung bestimmter Pflanzen im Umkreis von 5 Kilometern und in gleicher Höhenlage um ihren Standort und melden diese Daten zum Jahresende dem DWD. Beispielsweise beobachten sie Jahr für Jahr eine bestimmte Buche und notieren, wann diese im Frühjahr austreibt oder im Herbst ihre Blätter abwirft. Es können bis zu 168 Pflanzenphasen beobachtet werden und die Daten reichen bis 1951 zurück, an einigen Orten sogar bis ins 19. Jahrhundert.

Eine Untergruppe der Jahresmelder (zurzeit 317 Beobachter) sind zusätzlich als Sofortmelder tätig. Sie beobachten die frühesten Pflanzen, also beispielsweise die früheste Forsythie, die in ihrem Umkreis zu blühen beginnt und melden dies sofort dem DWD. Diese Daten reichen für insgesamt 83 Pflanzenphasen bis ins Jahr 1992 zurück.

Seit kurzem können auch Sie mit der Vollversion der Warnwetter-App des DWD Pflanzenmeldungen aus ihrer Region abgeben und diese mit Fotos belegen. Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Beobachtungen beim Sonntagsspaziergang oder auf dem Weg mit dem Rad zur Arbeit mit uns teilen und damit unserem einzigartigen Datensatz erweitern.

Mithilfe all dieser Beobachtungsdaten kann das Jahr in phänologische Jahreszeiten unterteilt werden, die man anschaulich mit der “Phänologischen Uhr” darstellen kann (Abb. 1 bis 3). Dazu werden im Uhrzeigersinn die zehn phänologischen Jahreszeiten Vor-, Erst- und Vollfrühling, Früh-, Hoch- und Spätsommer, Früh-, Voll- und Spätherbst sowie der phänologische Winter aufgetragen. Auf die beiden erstgenannten sind wir ja bereits eingegangen. Jede dieser Jahreszeiten wird durch eine bestimmte Leitphase eröffnet (z.B. die Haselblüte für den Vorfrühling, die Holunderblüte für den Frühsommer oder die Blattverfärbung der Stiel-Eiche für den Spätherbst). Den aktuellen Zeigerstand der Phänologischen Uhr für Ihr Bundesland im Vergleich zum vieljährigen Mittel können Sie hier abrufen.

Kommen wir nun zur Ausgangsfrage zurück, ob sich die Vegetationsperioden durch den Klimawandel in den letzten Jahrzehnten verändert haben. Abbildung 1 vergleicht für Deutschland den Jahresverlauf und die Dauer der phänologischen Jahreszeiten während der Periode 1961-1990 (äußerer Ring) mit der aktuelleren Periode 1991-2020 (innerer Ring). Dabei fällt sofort auf, dass in den Jahren 1991-2020 der Vorfrühling, definiert durch den Beginn der Haselblüte, deutlich früher beginnt als in der vorherigen Periode 1961-1990. Während der Vorfrühling damals durchschnittlich erst am 3. März anklopfte, fing die Haselblüte in der neueren Periode schon mehr als zwei Wochen früher (am 14. Februar) an zu blühen. Diese Verfrühung ist auch bei den meisten anderen phänologischen Jahreszeiten erkennbar. Der Spätherbst (Blattverfärbung der Stiel-Eiche) und der Winter (Blattfall der Stiel-Eiche) haben sich aber nur geringfügig nach hinten verschoben. Vor allem bedingt durch die milder werdenden Winter ist die Vegetationsruhe (phänologischer Winter) mittlerweile deutlich kürzer (1961-1990: 120 Tage, 1991-2020: 101 Tage). Dieser Trend hin zu einem früheren Frühlingserwachen und einem zeitlich nach vorne verschobenem Sommer wird in allen Regionen Deutschlands beobachtet, sodass der Klimawandel in Deutschland längere Vegetationsperioden zur Folge hat. Es gibt jedoch regionale Unterschiede, insbesondere beim Frühlingsbeginn (Abb. 2 und 3). In Ostdeutschland beginnt der Vorfrühling üblicherweise später als im Westen. So ist in Nordrhein-Westfalen mittlerweile schon am 5. Februar und in Sachsen “erst” am 22. Februar mit dem Beginn der Haselblüte zu rechnen. Damit hat sich in Nordrhein-Westfalen die Winterruhe von 109 (1961-1990) auf 91 Tage (1991-2020) und in Sachsen von 130 auf 111 Tage verkürzt.

Diese Veränderungen sind eng mit steigenden Temperaturen verknüpft, wie man am Beispiel von Geisenheim im Rheingau eindrucksvoll erkennen kann. Diese besonders wertvolle Zeitreihe haben wir schon im gestrigen Tagesthema vorgestellt. Dort reichen sowohl phänologische als auch Wetterdaten bis Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Abbildung 4 zeigt den Zusammenhang zwischen dem Beginn der Schlehenblüte und der Temperaturabweichung zum vieljährigen Mittel von Januar bis April. Wie man sieht, beginnt in der Regel die Schlehenblüte in Jahren mit negativer Temperaturabweichung später als im Mittel (in Geisenheim am 3. April) und umgekehrt. Zudem ist klar zu erkennen, dass seit den 1990ern die Schlehenblüte in Geisenheim durchschnittlich zwei bis drei Wochen früher beginnt, was ebenfalls gut mit den wärmeren Temperaturen zwischen Januar und April korreliert.

Im zweiten Teil gehen wir der Frage nach, welchen Einfluss der frühere Vegetationsbeginn auf die Wahrscheinlichkeit für Schadfröste im Obstbau hat.

 

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Vorhersage- und Beratungszentrale

Fachliche Unterstützung:
Bianca Plückhahn
Abteilung Agrarmeteorologie

Deutscher Wetterdienst
Offenbach, den 19.03.2023
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