Historischer Hurrikan IAN – Zerstörungen auf Florida

Dass es irgendwann “krachen” würde, war im Hinblick auf die ungewöhnlich hohen Meeresoberflächentemperaturen im Karibischen Meer und im Golf von Mexiko zu befürchten. Sobald die übrigen, atmosphärischen Voraussetzungen geschaffen werden würden, stünden den sich entwickelnden tropischen Wirbelstürmen ein gewaltiges Energiereservoir zur Verfügung. Dieses Potenzial scheint Hurrikan IAN nun in hohem Maße ausgeschöpft zu haben, zählte er am Ende doch zu den stärksten und verheerendsten Wirbelstürmen, die Florida und die USA je heimgesucht haben.

Am Dienstagmorgen (27. September) Mitteleuropäischer Zeit überquerte IAN den Westen Kubas nach rascher Intensivierung bereits als Hurrikan der dritten Kategorie von fünf mit Windgeschwindigkeiten um 200 km/h und heftigem Starkregen. Schon dort zeigten sich massive Schäden an der Infrastruktur, größere Teile des Landes waren zwei Tage ohne Strom.

Über dem Golf von Mexiko konnte sich IAN dann sukzessive weiter verstärken und erreichte am Mittwochmittag (28. September) seinen Entwicklungshöhepunkt. Er reifte zu einem extrem gefährlichen Hurrikan der vierten Kategorie heran und produzierte bei einem Kernluftdruck von 937 hPa Windgeschwindigkeiten von 250 km/h. Zu diesem Zeitpunkt befand sich IAN schon unmittelbar vor der Südwestküste Floridas. Das Zeitfenster für eine Abschwächung bis zum Landgang, das Meteorologen aufgrund zunehmender Windscherung über dem Südosten der USA im Vorfeld ausgemacht haben, schrumpfte somit auf ein Minimum. Folglich schlug IAN am Mittwochabend gegen 21 MESZ als immer noch zerstörerischer Hurrikan der zweithöchsten Kategorie mit einem Kernluftdruck von 940 hPa und mittleren Windgeschwindigkeiten bis 240 km/h mit fast voller Wucht auf die Küste nahe Fort Myers auf. Gemessen an den Windgeschwindigkeiten war es der viertstärkste Hurrikan, der je auf Florida traf, und der neuntstärkste in der Wettergeschichte der Vereinigten Staaten von Amerika.

Als besonders problematisch stellte sich neben der Stärke vor allem die äußerst langsame Verlagerung des Sturms heraus. Nahe der “Eyewall“, also der kreisrund um das eher wolken- und windschwache “Auge” des Sturms angeordneten Wolkenwand, herrschte an der Südwestküste Floridas über Stunden hinweg Orkan. An der Südflanke des Sturms wehte der Wind aus westlichen Richtungen, sodass zudem gewaltige Wassermengen vom Meer in Richtung Küste und Buchten gedrückt wurden. Dies führte dort zu historisch hohen Sturmfluten bis zu 5 Metern Höhe. Im Landesinneren schwächte sich der Sturm dann zwar langsam ab, nicht aber der Starkregen. Bei Niederschlagsmengen von zum Teil mehr als 300 Liter pro Quadratmeter innerhalb von 12 bis 24 Stunden – das entspricht fast zwei Dritteln des Jahresniederschlages in Berlin – bildeten sich auch im Inland, insbesondere in einem Streifen von Fort Myers und Tampa über Orlando in Richtung Nordosten bis zur Atlantikküste, ausgedehnte Überschwemmungsflächen. Nach Daten des amerikanischen Wetterdienstes handelte es sich in einigen Regionen um ein Ereignis, das statistisch nur alle 1000 Jahre auftritt. Die Schadensbilanz dürfte verheerend ausfallen, die Aufräumarbeiten müssen allerdings abgewartet werden.

Die Frage, ob Hurrikan IAN eine Folge der Klimakrise ist, lässt sich nicht so einfach beantworten, da von Einzelereignissen nicht unmittelbar auf den Klimawandel geschlossen werden kann. Mithilfe der sogenannten Attributionsforschung lässt sich aber der ursächliche Einfluss der Klimaveränderungen auf die Stärke der Wirbelstürme abschätzen. So deuten erste Voranalysen der Stony Brook Universität (New York) darauf hin, dass der Starkregen durch die Klimaveränderungen um 10% höher ausgefallen sein könnte.

DWD Historischer Hurrikan IAN Zerstoerungen auf Florida

Am heutigen Freitag (30. September) befindet sich IAN als Kategorie-1-Hurrikan mit mittleren Windgeschwindigkeiten von 140 km/h bereits auf dem Atlantik und nähert sich auf einer nördlichen Bahn der Küste von South Carolina. Dort wird er, höchstwahrscheinlich ohne nennenswerte Intensitätsänderung, in der kommenden Nacht zum Samstag auf Land treffen. Orkanartiger Sturm, Starkregen und Sturmfluten sind zwar wieder zu befürchten, allerdings bei weitem nicht in dem Ausmaß wie in Florida.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.09.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Weltherztag

Unser Herz ist unser wichtigster Muskel. Er versorgt unsere Organe mit sauerstoffreichem Blut, hört es auf zu schlagen, setzt auch die Versorgung aus. Bleibt ein Herzinfarkt unbehandelt, sterben wir.

Seit 2011 wird an jedem 29. September der Weltherztag “gefeiert”. Ziel ist es, das Herz und dessen Gesundheit in den Fokus der Menschen zu bringen. In diesem Jahr will der Weltherztag den Herzinfarkt in den Mittelpunkt rücken mit dem Motto: “Herzinfarkt: Vorbeugen ist nicht schwer!”.

DWD Weltherztag

Und das Vorbeugen ist gar nicht so schwer: Gesundes Essen und ausreichend Bewegung sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Risikopatienten sollten ihre Blutwerte regelmäßig kontrollieren und notwendige Medikamente einnehmen. Außerdem sollte man auf seine innere Stimme hören. Das ist in hektischen Zeiten gar nicht so leicht. Daher sollten wiederkehrende Ruhepausen eingelegt werden, in denen man ausgiebig in sich hinein hört.

Im Falle eines Falles sollte aber auch jeder wissen, was zu tun ist. Richtig ist, sofort zu handeln. Die Deutsche Herzstiftung hat in einem Artikel alles Wichtige zusammengefasst:

Herzinfarkte sind nicht nur ein Problem des Alters. Auch junge Menschen können einen Herzinfarkt erleiden. Studien haben herausgefunden, dass Herzinfarkte bei Patienten unter 50 Jahren auf erhöhte Blutfette zurückzuführen sind. So ist das Lipoprotein(a), ein Partikel des Cholesterin, ein wichtiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mit einer einmaligen Blutuntersuchung kann man den Lp(a) Wert bestimmen und gegebenenfalls rechtzeitig gegensteuern.

Ganz generell hat auch das Wetter oder besser gesagt die Temperatur Einfluss auf unsere Herzgesundheit. Als Merksatz gilt: Je kälter es ist, umso stressiger ist es für unser Herz-Kreislauf-System. Bei Kälte, gemeint sind vor allem Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, ziehen sich die Gefäße zusammen, der Blutdruck steigt. Verkalkungen in den Gefäßen können abplatzen, Gerinnsel können sich bilden und im Ernstfall kommt es zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Forscher in Kanada haben 2015 einen klaren Zusammenhang zwischen der Außentemperatur und einem schweren Herzinfarkt gefunden

Je 10 Grad Temperaturabnahme steigt die Gefahr eines schweren Herzinfarkts um 7 %. Da die Temperatur und ihre Abnahme relativ gut vorhersagbar sind, kann man auch eine Vorhersage des Herzinfarktrisikos treffen.

Neben der Kälte hat auch die Hitze einen negativen Einfluss auf unser Herz. Bei Ausdehnung der Blutgefäße kommt es zu Blutdruckabfall und im schlimmsten Fall zu einem Kreislaufkollaps oder Hitzschlag.

Am Ende bleiben nur eine gesunde Lebensweise und eine regelmäßige Kontrolle der Körperfunktionen, um das Risiko einer Herzerkrankung zu senken.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.09.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Regennachschub – der Herbst bleibt sich (noch) treu

Regenschirme bleiben auch in den nächsten Tagen ein beliebtes Accessoire. Zwar geht Tiefdruckgebiet THORVI, das sich über Mitteleuropa eingenistet hat und uns in den vergangenen Tagen zum Teil schon ergiebigen Regen gebracht hat, die Luft aus und es kann sich vor allem zum Freitag vorübergehend schwacher Hochdruckeinfluss bemerkbar machen. Doch schon am Wochenende erreichen uns neue atlantische Tiefausläufer mit dicken Regenwolken.

Damit bleibt sich der diesjährige meteorologische Herbst treu. Denn der sonnige und warme Septemberbeginn erwies sich nur als flüchtige Zugabe des Sommers. Über weite Strecken des Monats dominierte Tiefdruckeinfluss und mitunter sehr niederschlagsreiches Wetter. Das verdeutlicht auch die Radaranalyse der Niederschlagsbilanz für den Monat bis einschließlich Mittwoch (28.09.). Fast überall war es deutlich zu nass! Vor allem über der südlichen Mitte Deutschlands fiel nicht selten das 2- bis 3-fache der auf Grundlage der vieljährigen Mittelwerte zu erwartenden Regenmengen. Das ist ein völlig konträres Bild zum Sommer, als sich verbreitet ein gewaltiges Niederschlagsdefizit aufbauen konnte.

DWD Regennachschub der Herbst bleibt sich noch treu 1

Eine ausführliche Auswertung der Witterung im September, inklusive der Niederschlagsbilanz, erfolgt in der Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes, die noch im Laufe der Woche veröffentlich wird.

Blicken wir nun in die Zukunft, die, wie bereits erwähnt, zunächst einmal kein generelles Umschwenken zu trockenerer Witterung verspricht. Ab Samstag erreichen uns mit atlantischen Tiefausläufern erneut mehrere Regenschübe, die uns bis mindestens zum Beginn der kommenden Woche beschäftigen werden. Das sind nicht nur Schauer, sondern zum Teil auch wieder länger anhaltende und ergiebige Regenfälle. Diese stehen in Verbindung mit kleinen Randtiefs, deren Vorhersage mit größeren Unsicherheiten behaftet ist. Entsprechend sollte man die beiden Berechnungen des bis zum Montag (03.10.) aufsummierten Niederschlags vom ICON– und IFS-Modell mit Vorsicht genießen. An der Grundaussage, dass gebietsweise wieder einiges an Regen runterkommt, ändert das aber wenig. Mit Ausnahme des Nordostens, wo beide Modelle meist nur 5 bis 10 Liter pro Quadratmeter simulieren, kommen erneut Mengen von verbreitet 10 bis 30 Liter pro Quadratmeter zusammen. In Staulagen der Mittelgebirge sowie an der Nordsee sind zum Teil 30 bis 60 Liter pro Quadratmeter möglich, bevorzugt im Schwarzwald und im Allgäu auch noch mehr.

DWD Regennachschub der Herbst bleibt sich noch treu

Prinzipiell sollte man dem Regen weiter wohlwollend gegenüberstehen. Zwar hat sich die Dürre im Oberboden bereits vielfach entspannt, in den tiefen Bodenschichten sitzt sie aber teilweise noch fest. Dennoch, der ein oder andere kleinere oder mittelgroße Fluss könnte Anfang Oktober vorübergehend Hochwasser führen.

Der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober könnte nicht nur ein Wendepunkt in der deutschen Geschichte sein, sondern dieses Jahr möglicherweise auch beim Wetter. Die Modelle deuten für den weiteren Verlauf der ersten Oktoberwoche eine Wetterberuhigung an. Ob das herbstlich kühle Schauerwetter tatsächlich mal eine substanzielle Pause einlegt und Altweibersommer Einzug hält, bleibt aber abzuwarten.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.09.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Klimakommunikation in Krisenzeiten

Wie kann Kommunikation über den Klimawandel wirksamer werden? Wie kann Kommunikation die Entscheidungsfindung in politischen, gesellschaftlichen oder unternehmerischen Prozessen unterstützen und zu Handlungen motivieren, die das Klima schützen? Und welchen Beitrag kann Kommunikation für ein Gelingen des gesellschaftlichen Wandels hin zu einem klimaverträglichen Wirtschaftssystem leisten? Unter anderem diese Fragen wurden am 14. und 15. September auf dem K3 Kongress zu Klimakommunikation in Zürich diskutiert.

Auch wenn der ausgebuchte Kongress hauptsächlich vor Ort stattfand, so konnten ausgewählte Vorträge und Beiträge, unter anderem die “Keynotes” (siehe ) online live verfolgt werden. Eine davon hielt Prof. Dr. Maren Urner, Neurowissenschaftlerin und Professorin für Medienpsychologie über “Nachhaltigkeit beginnt im Kopf”.

DWD Klimakommunikation in Krisenzeiten

Schon der Einstieg des insgesamt sehr fesselnden Vortrags blieb (sprichwörtlich) im Gedächtnis: Ein MRT-Bild eines Gehirns, ihres eigenen Gehirns, füllte die große Leinwand im Saal (oder den Bildschirm zu Hause) aus. Die Botschaft dazu: Wir alle haben unterschiedliche Gehirne; deshalb sieht, riecht und schmeckt nicht nur jeder von uns anders, sondern deswegen sieht jeder die ganze Welt aus anderen Augen. Wenn man sich also manchmal denkt: “Das muss der doch sehen/merken/genauso empfinden!” muss man sich immer vor Augen führen: “Nein, muss er nicht!”… Die einzige Möglichkeit, diesem “Dilemma” zu entkommen, ist laut Maren Urner klar: Kommunikation. Dabei stehen wir allerdings vor großen Herausforderungen:

1. Unsere Vorliebe fürs Negative
Die vielen negativen Nachrichten über Kriege, Krisen und Katastrophen, die täglich auf uns einprasseln, sind laut Maren Urner nicht unbedingt böse Absicht der Journalisten (- auch wenn negative Nachrichten mehr Klicks bringen und sich damit mehr Geld verdienen lässt). Vor allem ist der sogenannte Negativitäts-Bias schuld – also unsere Tendenz, negative Nachrichten als wichtiger zu empfinden. Woher kommt dieser Hang zum Negativen? Die Ursprünge liegen in der Steinzeit: Unser Gehirn ist darauf programmiert, zu überleben. Damals waren Informationen über Gefahren überlebenswichtig, und obwohl wir solchen Gefahren heute nicht mehr ausgesetzt sind, laufen wir immer noch mit einem Steinzeitgehirn durch die Welt.

2. Angst und Unsicherheit sind schlechte Berater
Der einseitige Fokus aufs Negative, auf die Probleme und Herausforderungen, sorgt zwar für kurzfristiges Überleben, langfristig jedoch für Stress, ausgelöst durch Angst und Unsicherheit. Unser Angsthirn hindert uns daran, langfristige und gut überlegte Entscheidungen zu treffen.

3. Macht der Gewohnheit und erlernte Hilflosigkeit
Doch worauf basieren unsere Entscheidungen? Zum großen Teil auf unseren Gewohnheiten! Bis zu 95 Prozent unserer täglichen Handlungen sind Gewohnheitshandlungen. Bekommen wir andauernd gesagt und gezeigt, dass wir gegen die Probleme dieser Welt nichts ausrichten können, erreichen wir möglicherweise irgendwann den Zustand der sogenannten “erlernten Hilflosigkeit” (an dieser Stelle wurde ein Experiment mit Hunden aus dem Jahr 1967 erläutert, das hier nur kurz angerissen werden kann: Eine Gruppe von Hunden, die infolge einer früheren Erfahrung gelernt hatte, hilflos zu sein, ließ Stromschläge lethargisch über sich ergehen, selbst als sie ihnen hätte entgehen können).

Zugegeben: Negativitäts-Bias, Angsthirn, Gewohnheitstier – das klingt alles wenig vielversprechend. Also ist alles aussichtlos? “Nein”, sagt Maren Urner und zitiert Steve de Shazer: “Das Reden über Probleme schafft Probleme, das Reden über Lösungen schafft Lösungen.” Konkret kann das gelingen, indem wir beispielsweise bessere Fragen stellen, also “wofür” statt “wogegen”. Im Hinblick auf die Klimakrise sollten wir also nicht davon sprechen, welche Einschränkungen es gibt oder was wir verlieren, sondern vielmehr überlegen, was wir durch eine Kursänderung gewinnen oder worauf wir uns sogar freuen können. Es gilt, quasi einen Schalter im Kopf umzulegen: Das ist zwar erstmal anstrengend, da unser Gehirn gerne im Energiesparmodus arbeitet – aber wenn wir unsere Neugier ankurbeln, wird das Belohnungssystem im Hirn aktiv und sorgt anschließend für Glücksgefühle.

Und bei wem nun die Neugier geweckt ist, der kann in Kürze den ganzen Vortrag von Maren Urner (und einige andere) unter

sehen. Vielleicht bleibt neben vielen anderen interessanten Aspekten ja auch ein Zitat von Paul Harvey in Erinnerung, das es irgendwie schafft, bei all den vielen täglichen negativen Nachrichten sprichwörtlich “zu erden”:

DWD Klimakommunikation in Krisenzeiten 1

Despite all our accomplishments, we owe our existence to a six-inch layer of topsoil and the fact it rains.” (Auf Deutsch etwa “Trotz all unserer Leistungen verdanken wir unsere Existenz einer sechs Zoll dicken Humusschicht und der Tatsache, dass es regnet.”)

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.09.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Frühester Frost

Vor etwa drei Wochen konnte man tagsüber bei Höchsttemperaturen von gebietsweise 30 Grad und mehr in Teilen Deutschlands noch gut in den Pool springen, mittlerweile hat es sich aber deutlich abgekühlt. Tagsüber werden derzeit kaum noch 15 Grad erreicht, vor einigen Nächten gab es bereits Frost.

So wurde in den Morgenstunden des 21., 22. und 23. September 2022 an einigen Stationen in der Mitte, im Osten und im Süden der erste Frost des zweiten Halbjahres registriert. Dieser Frost beschränkte sich nicht nur auf das höhere Bergland, sondern trat auch in tieferen Lagen auf  Ist dieser frühe erste Frost ungewöhnlich bzw. gab es ihn sogar so früh wie noch nie?

DWD Fruehester Frost

Zur Klärung dieser Frage hilft die Grafik mit dem frühesten Frost mit Temperaturen unter 0 Grad im Zeitraum Winter 1981/1982 bis 2021/2022 in Deutschland weiter. Im Südosten des Landes gab es in diesem Zeitraum meist zwischen dem 14. und 23. September den frühesten Frost, in der Mitte und im Osten zwischen dem 23. September und dem 2. Oktober. Im Westen und Norden wurde der früheste Frost dagegen erst zwischen dem 2. und 10. Oktober oder noch später gemessen. Vergleicht man also den aktuellen Frost damit, so war der diesjährige Frost tatsächlich sehr früh. Auswertungen von etwa 100 CDC-Stationen (CDC=Climate Data Center) mit entsprechend langen Zeitreihen und ohne größere Ausfälle zeigen an zwei Stationen sogar den frühesten registrierten Frost seit dem Winter 1981/1982: In Hechingen (Baden-Württemberg) am 22. September und in Augsburg (Bayern) am 23. September 2022

DWD Fruehester Frost

Unter  lassen sich weitere Frostkarten mit den frühesten (spätesten) mäßigen bzw. strengen Frösten (Tagestiefsttemperatur unter -5 bzw. -10 Grad) in Deutschland abrufen. Untergibt es darüber hinaus Grafiken für die Wahrscheinlichkeit für Frost (bzw. mäßigen/strengen Frost) an ausgewählten Stationen.

In den kommenden Tagen spielt bei meist vielen Wolken unter Tiefdruckeinfluss und nur kurzem Zwischenhocheinfluss am Donnerstag und Freitag Frost vorerst so gut wie keine Rolle mehr. Allgemein aber steigt die Frostwahrscheinlichkeit im Oktober dann immer weiter an.

Dipl.-Met.Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.09.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Wirbelstürme Open End

Die tropischen Weltmeere halten Anrainer und Meteorologen weiter in Atem. Nach Hurrikan “Fiona” richtet sich der Fokus im Atlantik jetzt auf “Ian”. Gleichzeitig hat sich “Noru” im Pazifik explosionsartig innerhalb von 24 Stunden zum Supertaifun entwickelt, der die Philippinen trifft.

Über den Ex-Hurrikan “Fiona”, der sich inzwischen in subpolaren Gefilden befindet und sich deutlich abgeschwächt hat, wurde bereits im Thema des Tages der Vortage berichtet. Nach seiner Umwandlung in ein außertropisches Tiefdruckgebiet traf “Fiona” nun auf die kanadische Ostküste, genauer gesagt die Provinz Nova Scotia. Dabei wurde unter anderem der bestehende kanadische Rekord für den tiefsten je gemessenen Luftdruck von 940,2 hPa aus dem Jahre 1977 quasi pulverisiert, nachdem gestern auf Hart Island ein Wert von 931,6 hPa registriert wurde. Entsprechend heftig fiel der Sturm dort nochmals aus. Die gemessenen Windgeschwindigkeiten bewegten sich dabei im Bereich von etwa 150 bis 160 km/h. Ein ziemlich verheerendes Schadensbild ist die Folge. Es gab nicht nur eine Vielzahl umgestürzter Bäume und großflächige Stromausfälle durch zerstörte Stromleitungen, an exponierten Küstenabschnitten wurden sogar ganze Häuserzeilen in den Ozean gerissen.

Nun ist der Sturm “Fiona” mehr oder weniger Geschichte und zieht als gewöhnliches außertropisches Tief unter rascher Abschwächung weiter nordwärts in die Labradorsee Richtung Grönland. Zeit, den Blick wieder südwärts auf den Golf von Mexiko zu richten. Dort sind in diesem Jahr die Entstehungsbedingungen für Hurrikane aufgrund anormal hoher Wassertemperaturen überdurchschnittlich gut. Allerdings benötigt es auch günstige Strömungsverhältnisse in der Atmosphäre, damit sich so ein Hurrikan auch entwickeln kann. Nach langer Ruhephase ist diese Zeit jetzt offenbar gekommen. Mit Tropensturm “Ian” befindet sich ein solches System aktuell in der Entstehung. Die zuständigen Vorhersagemeteorologen betrachten diesen Sturm mit Sorge, denn er soll sich in den nächsten Tagen rasch zu einem ausgewachsenen Hurrikan entwickeln und anschließend auf die Küste Floridas treffen. Vorher soll “Ian” bereits als Hurrikan über die Cayman-Inseln und Westkuba ziehen; auch dort muss man wohl mit schweren Schäden rechnen. Erwartet wird das Eintreffen in Kuba für den Dienstag, Florida ist anschließend ab der Nacht zum Freitag betroffen. Dabei ist die genaue Zone des sogenannten “Landfalls” aber noch ziemlich unsicher, hier gilt es, die Prognosen genau im Auge zu behalten. Das nationale Hurrikan-Center des amerikanischen Wetterdienstes bittet aber bereits jetzt die Bevölkerung, sich auf eine mögliche Evakuierung vorzubereiten. Folgt man den aktuellen Modellprognosen, wird sich “Ian” zu einem Hurrikan der Stufe 3 oder 4 entwickeln.

Wetter und Klima Deutscher Wetterdienst Neuestes Thema des Tages

Äquivalent zu einem Hurrikan der höchsten Stufe 5 ist dagegen der Supertaifun “Noru” östlich der Philippinen mit Windgeschwindigkeiten um 260 km/h (Böen sogar um 300 km/h). Dass “Noru” derart stark werden würde, war dabei vor circa 36 Stunden noch gar nicht klar. Eigentlich ging man von einem schwach bis mäßig entwickelten System aus, dass später auf die Philippinen treffen würde. Dort hätte es zwar immer noch Schäden angerichtet; der Sturm wäre aber etwas gewesen, was man in dieser Region handhaben könnte. Die Philippinen werden nämlich quasi jährlich von Taifunen getroffen. Ein Supertaifun ist dagegen ein anderes Kaliber, gegen das man mehr oder weniger machtlos ist. Sehr problematisch ist vor allem die jetzt nur sehr kurze Vorlauf- und Vorwarnzeit, um sich in Sicherheit zu bringen, da mit dieser explosionsartigen Entwicklung nicht gerechnet wurde. Diese Entwicklung ist tatsächlich ziemlich außergewöhnlich, in den letzten 30 Jahren konnte so eine rapide Entwicklung noch nicht beobachtet werden. Innerhalb von 24 Stunden fiel der Kerndruck des Sturms um 76 hPa. Offenbar traf der Sturm auf extrem günstige Entwicklungsbedingungen, die in den Modellen so nicht abgebildet werden konnten. Oftmals entscheiden ohnehin bereits kleine Details über die weitere Entwicklung tropischer Stürme, was sie auch heutzutage noch immer nur schwer berechenbar macht. “Noru” ist aktuell ein sehr gutes Beispiel dafür und man möchte hoffen, dass die Philippinen dieses Ereignis verhältnismäßig glimpflich überstehen.

Wetter und Klima Deutscher Wetterdienst Neuestes Thema des Tages1

Ex-Hurrikan Fiona bringt rekordverdächtigen Orkan in Ostkanada

Der Hurrikan FIONA hat sich in der Nacht zu einem rekordverdächtigen außertropischen Tief entwickelt und trifft mit Orkanböen und einer Sturmflut auf die kanadische Ostküste. Warum sich dieses System so explosionsartig entwickeln konnte und was das im weiteren Verlauf für unser Wetter bedeutet, soll heute Thema sein.

Im gestrigen Thema des Tages (Thema des Tages vom 23.09.2022) wurde erläutert, dass der aktuelle Hurrikan FIONA einen hohen Beitrag zum “Accumulated Cyclone Energy” ACE-Index liefert. Nun hat sich der ehemalige Hurrikan der Kategorie 4 ungewöhnlich schnell in ein außertropisches Tief umgewandelt, das als Orkantief auf die kanadische Ostküste trifft. Der geschätzte Kerndruck liegt derzeit bei 931 hPa, was weit unter dem kanadischen Allzeitrekord von 940 hPa aus dem Jahre 1977 liegt. Das Erstaunliche daran ist, dass sich solch ein tiefer Luftdruck bereits im Herbst entwickeln konnte. Normalerweise entstehen die kräftigsten Tiefdruckgebiete mit den niedrigsten Kerndrücken im Winter. Wie konnte sich der Hurrikan FIONA so schnell umwandeln und dabei so kräftig bleiben? Der Hurrikan traf auf die Kaltfront eines Tiefdruckgebiets über Ostkanada. Der warme abgeschlossene Kern des tropischen Wirbelsturms blieb am Boden noch erhalten, währende sich in der Höhe ein Trog (Höhentief angefüllt mit Kaltluft) näherte und sich deutlich verstärkte. Somit wandelte der Hurrikan sich ungewöhnlich schnell in ein Tief der mittleren Breiten um. Diesen Prozess nennt man auch “instant warm seclusion”.
Satellitenbilder vom heutigen Vormittag mitteleuropäischer Zeit zeigten an der Südostseite des Tiefkerns knapp vor der Küste der Kap-Breton-Insel einen spitz zulaufenden “Wolkenstachel”, der auf einen möglichen Sting Jet (Thema des Tages vom 24.03.2017, nicht barrierefrei bearbeitet) hindeuten. Im relativ schmalen Bereich eines Sting Jets können nochmals stärkere Böen aus der mittleren Troposphäre bis zum Boden transportiert werden. Absinkende trockene stratosphärische Luft sorgt hier für ein Abtrocknen der Wolken, was zu dieser typischen Stachelform führt. Bisher wurden auf der Insel Windgeschwindigkeiten über 150 km/h gemessen. In den neusten Satellitenbildern hat sich die Struktur jedoch abgeschwächt.
24 Bild1

24 Bild2

Ex-FIONA spielt auch eine wesentliche Rolle für unser Wetter in der kommenden Woche: An der Ostflanke dieses mächtigen Tiefdruckgebietes wird warme Luft weit nach Norden über den Atlantik geführt, wodurch sich dort ein atlantisches Hochdruckgebiet verstärkt. Stromabwärts entwickelt sich als Folge ein weiteres kräftiges Tief an der Ostküste Grönlands, das sich Anfang der Woche an der Nordostflanke des Hochs über die Nordsee bis nach Nordwesten Deutschlands verlagert. Es hat hochreichend kalte Polarluft im Gepäck. Somit wird wieder ein wechselhafter und sehr kühler Witterungsabschnitt eingeleitet. Bereits ab Dienstag gehen die Temperaturen deutlich zurück und es muss mit herbstlichem Schauerwetter und sogar Graupelgewittern gerechnet werden. Bei längerem nächtlichem Aufklaren gibt es sogar vereinzelt wieder Frost.

24 Bild3

Der kühle Witterungsabschnitt hält noch bis Ende der neuen Woche an. Für das lange Oktoberwochenende zeigt sich dann ein grober Erwärmungstrend. Vom Altweibersommer sieht man also noch keine Spur.

Die akkumulierte Energie tropischer Wirbelstürme

Wie jeden Sommer richten viele Meteorologen ihre Augen auf die tropischen Meere, denn dort brodelt es zu bestimmten Zeiten des Jahres, wenn sich die förderlichen Zutaten für die Tropensturmentwicklung wie warmes Meerwasser, schwache Windgeschwindigkeitsänderung mit der Höhe (Windscherung) und eine feuchte Troposphäre überlappen. Diese Zeiträume mit dem Großteil der Aktivität sind z.B. der 1. Juni bis zum 30. November im Nordatlantik, der 15. Mai bis zum 30. September im östlichen Pazifik (ab dem 1. Juni im Zentralpazifik) bzw. das ganze Jahr über im westlichen Pazifik, um nur einige Beispiele zu nennen.

Früh werden die ersten Vorhersagen im Jahr erstellt, wie aktiv oder inaktiv eine Tropensturmsaison im jeweiligen Seegebiet ausfallen soll. Doch nach welcher Maßzahl richtet man sich da? Wie genau können die jeweiligen saisonalen Aktivitäten miteinander verglichen werden? Im Folgenden konzentrieren wir uns auf den Nordatlantik, der im Hoheitsgebiet des National Hurricane Center liegt, wo alle Vorhersagen und Warnungen bezüglich zu erwartender oder aktiver Tropenstürme vorbereitet und letztendlich auch ausgegeben werden.

Die eine Möglichkeit ist, die Anzahl der tropischen Systeme von Jahr zu Jahr miteinander zu vergleichen und darauf basierend die Vorhersagen zu erstellen. Dazu wird ein laufendes 30- jähriges Mittel der jeweiligen tropischen Aktivität verwendet, momentan der Zeitraum von 1991 bis 2020. Während dieser Zeit traten im Mittel 14,4 benannte Tropenstürme auf (also Tiefdruckgebiete, die durch Konvektion angetrieben beständige Windgeschwindigkeiten in 10 m Höhe von mehr als 63 km/h aufweisen), 7,2 Hurrikane (Windgeschwindigkeiten von mehr als 119 km/h) sowie 3,2 sogenannte “major” Hurrikane. Von einem solchen spricht man bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 179 km/h im 10-minütigen Mittel. An Hand dieser Werte wird nun eine saisonale Vorhersage abgeglichen und eingestuft.

Im Mai ließ die erste Vorhersage der NOAA verlauten, dass diese Hurrikansaison mit einer Wahrscheinlichkeit von 70% zu aktiv ausfallen würde, wobei dieser Wert im August während eines Updates auf 60% verringert wurde. In Werten ausgedrückt erwartete man im Mai, dass sich in der aktuellen Saison 14 bis 20 benannte Stürme, 6 bis 10 Hurrikane und 3 bis 5 “major” Hurrikane entwickeln würden.

Doch es gibt auch eine andere Möglichkeit, ein Maß für die saisonale Aktivität zu erstellen, und zwar mit dem sogenannten “akkumulierten zyklonalen Energieindex”, auf Englisch “accumulated cyclone energy index, ACE”.

Beim ACE handelt es sich um einen sogenannten Windenergieindex, der definiert wird als die Summe des maximal auftretenden Oberflächenwindes im Quadrat. Dieser Wert wird alle 6 Stunden für alle benannten Stürme ermittelt, während sie mindestens die Stärke eines Tropensturms innehaben (geteilt durch 10 000, um den Index besser lesen zu können und mit der Einheit Knoten hoch zwei, wobei die Einheit in der Folge weggelassen wird). Damit wird also sowohl die Intensität als auch die Dauer des Sturmes berücksichtigt. Ein langlebiger intensiver Hurrikan kann den Wert daher innerhalb weniger Tage deutlich in die Höhe treiben, während mehrere schwache und kurzlebige Systeme ins Gewicht fallen. Mit dieser Berechnung erhält man für die Saison von 1991 bis 2020 einen Mittelwert von 122. Allerdings fielen in diesen Zeitraum sehr viele aktive Saisons, sodass des besseren Vergleichs wegen der Zeitraum von 1951 bis 2002 mit 96,7 bevorzugt wird. Richtet man sich nach diesem Wert, dann spricht man von einer extrem aktiven Saison, wenn der ACE den Wert von 160 überschreitet. Bei einem Wert von mehr als 126 spricht man von einer aktiven (über dem Durchschnitt liegend), bei 73 von einer unterdurchschnittlichen und zwischen 73 und 126 von einer nahezu normalen Saison.

Und wo stehen wir denn momentan im Nordatlantik? Der Eindruck war bisher, dass wir mit dem Tropensturm ALEXBONNIECOLIN sowie den Hurrikanen DANIELLE und EARL einen eher gemäßigten Saisonbeginn hatten. In der Tat lag der ACE bis zur Entstehung von DANIELLE am 1. September mit 3.5 bei rund 10% des klimatologischen ACE-Wertes. Der Grund dafür war einerseits die leicht unterdurchschnittliche Anzahl von Tropenstürmen bis zum 1. September und dass die auftretenden Stürme recht kurzlebige und schwache Systeme waren. Mit den beiden “Fischstürmen” DANIELLE und EARL, also Tropenstürmen, die nur über dem offenen Ozean tobten, nahm der ACE rasch auf knapp 30 zu, was rund 53% des normalen klimatologischen Mittels entspricht (beide waren Hurrikane).

Man kann sich aber auch den ACE der jeweiligen Stürme ausrechnen. Hurrikan DANIELLE wurde z.B.: für 7,25 Tage als benanntes System geführt, 5 Tage davon als Hurrikan und dabei erzeugte er einen ACE von 12,5. Hurrikan EARL kam auf 7,75 Tage, nur 3,75 Tage als Hurrikan, wies jedoch höhere Spitzengeschwindigkeiten auf und erzielte dabei einen ACE von 14,2. ALEXBONNIE und COLIN kamen zusammen hingegen bis dahin nur auf einen akkumulierten Wert von 2,9!

Mit FIONA, dem aktuell aktiven Hurrikan, erhielt der ACE während der letzten Tage einen deutlichen Schub nach oben, da FIONA ein langlebiger und sehr kräftiger Hurrikan ist (in Spitzenzeiten wurde die zweithöchste Intensitätsstufe von Fünf erreicht). Damit die saisonalen Vorhersagen auch erfüllt werden, muss der Wert von 126 erreicht und überschritten werden – mal schauen, was der Rest der Saison noch mit sich bringt. Stand vorgestern liegen wir bei 67% des klimatologischen ACE-Wertes.

DWD Die akkumulierte Energie tropischer Wirbelstuerme

Im bisher sehr aktiven Nordpazifik liegt der ACE bis heute bei einem prozentualen Wert von 93%, im Nordwestpazifik bei rund 66% und über die gesamte Nordhemisphäre gemittelt (zusammen mit dem nordindischen Ozean) bei rund 74%.

Wie stark ein Sturm den ACE beeinflussen kann, zeigte vom 28. August bis 9. Juni 2022 der Supertaifun HINNAMNOR im Nordwestpazifik, der die höchste Stufe auf der fünfteiligen Intensitätsskala erreichte und den prozentualen ACE-Wert im Nordwestpazifik von 29% auf 53% anhob (eine Differenz von 24%).

Übrigens, den Weltrekord des höchsten ACE-Wertes für einen Sturm hält der Hurrikan/Taifun IOKE aus dem Jahr 2006 mit einem Wert von 82 und der höchste akkumulierte ACE-Wert stammt aus der nordpazifischen Taifunsaison des Jahres 1997 mit einem unglaublichen Wert von 571.

Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.09.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Frischer Frühherbstmorgen

Hoch STEFAN liegt derzeit genau über Mitteleuropa und sorgt in Deutschland für kühle Nächte, denn die eingeflossene Meeresluft polaren Ursprungs kann sich in den nun fast schon 12 Stunden langen Nächten deutlich auskühlen. Bodenfrost ist dann keine Seltenheit mehr, aber auch Luftfrost trat vor allem in Süddeutschland in der vergangenen Nacht regional auf. Die nachfolgende Tabelle zeigt einige Orte, an denen Luftfrost (Tabelle 1) und an denen Bodenfrost (Tabelle 2) aufgetreten ist.

Ort (Bundesland) Tiefstwerte (Luft) vergangene Nacht in °C
Merklingen (Baden-Württemberg) – 1,7
Rottweil (Baden-Württemberg) – 1,3
Sigmaringen-Laiz (Baden-Württemberg) – 1,2
Reit im Winkl (Bayern) – 1,1
Oberstdorf (Bayern) – 1,0
Nürnberg-Netzstall (Bayern) – 0,9
Mittenwald-Buckelwiesen (Bayern) – 0,9
München-Flughafen (Bayern) – 0,6
Wielenbach (Bayern) – 0,6
Leutkirch-Herlazhofen (Baden-Württemberg) – 0,5
Ort (Bundesland) Tiefstwerte (Boden) vergangene Nacht in °C
Rottweil (Baden-Württemberg) – 4,1
Merklingen (Baden-Württemberg) – 3,9
Sigmaringen-Laiz (Baden-Württemberg) – 3,9
Deutschneudorf-Brüderwiese (Sachsen) – 3,5
Oberhaching-Laufzorn (Bayern) – 3,3
Hechingen (Baden-Württemberg) – 3.0
Lenzkirch-Ruhbühl (Baden-Württemberg) – 3,0
Oy-Mittlberg (Bayern) – 2,9
Reit im Winkl (Bayern) – 2,9
Leutkirch-Herlazhofen (Baden-Württemberg) -2,9

Auch in der kommenden Nacht wird es wieder sehr frisch mit verbreitet einstelligen Tiefstwerten. Luftfrost droht vereinzelt nochmals in Tal- und Muldenlagen der süd- und ostdeutschen Mittelgebirge sowie in prädestinierten Alpentälern. Bodenfrost hingegen gibt es im Süden und Osten sowie generell im Bergland recht häufig. Auch Nebel ist dann wieder ein Thema, jedoch tritt dieser deutlich seltener als in den vergangenen Nächten auf. Von Nordwesten aufziehende Wolkenfelder verhindern die Nebelbildung. Am größten ist das Nebelrisiko in Gewässernähe Süd- und Ostdeutschlands sowie teilweise in der Mitte. In Bild 1 und Bild 2 sind die Satellitenbilder sowie die Sichtweiten am Mittwoch- und Donnerstagmorgen zu erkennen. Auch darauf zeigen sich Nebelfelder in der Nähe von Flüssen und Seen. Mitunter war der Nebel so dicht, dass er zu Problemen im Straßenverkehr geführt hat.

DWD Frischer Fruehherbstmorgen

DWD Frischer Fruehherbstmorgen 1

Ab dem Wochenende sind die kalten Nächte dann Geschichte. Luftfrost beziehungsweise Frost in Bodennähe tritt dann nicht mehr auf. Schuld daran ist zunehmender Tiefdruckeinfluss von Nordwest- und Nordeuropa her. Dadurch werden viele Wolken herangeführt. Diese verhindern eine ungehinderte Ausstrahlung in den Weltraum und somit kann es bodennah nicht mehr so stark auskühlen. Dafür rückt tagsüber jedoch auch die 20 Gradmarke in weite Ferne. Oftmals werden nächste Woche nicht mal 15 Grad erreicht. Der Herbst zeigt sich also nicht mehr von seiner goldenen, sondern eher von seiner schmuddeligen Seite. Zusammengefasst bedeutet dies kühl, nass und ungemütlich.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.09.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Was sagt uns die aktuelle saisonale Vorhersage über den Winter?

Der astronomische Herbstanfang klopft buchstäblich an die Tür und auch das Wetter präsentiert sich in dieser Woche dementsprechend. Rechtzeitig dazu liegt nun neben Prognosen einschlägiger globaler Klimamodelle auch die aktualisierte saisonale Vorhersage des Klimamodells des Deutschen Wetterdienstes (DWD) für die kommenden Monate vor.

Jahreszeitenvorhersagen geben eine Prognose darüber ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit die kommenden drei Monate zum Beispiel trockener oder feuchter, wärmer oder kälter als im langzeitlichen Mittel werden.
Das German Climate Forecast System (CFS) ist ein Gemeinschaftsprojekt der Universität Hamburg (UHH), des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) und des Deutschen Wetterdienstes (DWD),

Dafür errechneten die Wissenschaftler mit einem speziell angepassten Klimarechenmodell zunächst Vorhersagen für möglichst viele vergangene Jahre. Diese langfristige Klimatologie liefert zuverlässige Durchschnittswerte und dient damit als Basis für den Vergleich mit den aktuellen Prognosen. Zusätzlich werden die errechneten Prognosen mit Klimatologien verglichen, die aus Beobachtungsdaten gewonnen werden. Auf dieser breiten Basis können Aussagen über Trends getroffen werden, die sich allerdings maßgeblich von der herkömmlichen Wettervorhersage unterscheiden.

Bei einem Blick auf den prognostizierten Trend für die Abweichung der 2m-Temperatur ist für die Wintermonate Dezember, Januar und Februar für Mitteleuropa eine eher moderate Abweichung in Richtung 0,5 bis 1 Grad zu warm zu erkennen.

DWD Was sagt uns die aktuelle saisonale Vorhersage ueber den Winter

Das mag aus derzeitiger Sicht einerseits nicht viel bedeuten, andererseits würde eine derartige Abweichung auch eine zeitweilige negative Abweichung der Lufttemperatur einschließen (vorübergehende Kaltlufteinbrüche).
Kommen wir nun zu einigen aus klimatologischer Sicht interessanten sowie ergänzenden Informationen. Bis einschließlich Januar besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für die Fortdauer des derzeitigen La Niña-Ereignisses (zu El Niño und La Niña,

Derartige ozeanisch-atmosphärische Phänomene mit relativ langer Andauer (low frequency base state) und damit auch längerer und relativ guter Vorhersagegüte fließen in saisonale Vorhersagemodelle sowohl über statistische Korrelationen als auch über direkte Relationen zu bestimmten synoptischen Mustern ein. Ein klassisches synoptisches Muster bei La Niña ist der so genannte Alëuten-Höhenrücken, also häufig hoher Luftdruck über Teilen des Nordpazifiks. Normalerweise nimmt klimatologisch dort das Alëuten-Tief diesen Platz ein

Letzteres sorgt im Winterhalbjahr üblicherweise für verstärkte meridionale und vertikale Wärmeflüsse (allgemein Wellenflüsse), die sich mitunter im erweiterten Arktikumfeld bis in die Stratosphäre ausbreiten können, um dort unter Wärmefreisetzung zu dissipieren (sich auflösen). Daher würde im Falle eines intakten Aleuten-Tiefs neben anderen Bedingungen auch die Wahrscheinlichkeit einer plötzlichen Stratosphärenerwärmung (SSW) erhöht, was wiederum weitreichende Konsequenzen z.B. für die atlantische Zirkulation (NAO) haben könnte,

Die Vorhersage für den Zustand des Stratosphärischen Polarwirbels (SPV), ausgedrückt über den zonal gemittelten zonalen Wind in 10 hPa (in über 30 km Höhe) und auf 60 Grad Nord gemittelt des CFS vom DWD sieht nun über die Wintermonate hinweg einen weitgehend normal ausgeprägten SPV mit westlichen Winden in diesem Bereich.

 

DWD Was sagt uns die aktuelle saisonale Vorhersage ueber den Winter 1

Nur wenige Ensemble-Member sehen im Winterverlauf eine komplette Windumkehr auf östliche Winde (Definition für ein so genanntes Major-SSW). Im Gegenteil, nach einem im Vergleich zum klimatologischen Mittel schwächeren Verlauf im November soll der SPV im Januar und Februar 2023 überdurchschnittlich stark ausgeprägt sein. Diese Trendvorhersage würde zu den obigen Aussagen im Allgemeinen recht gut passen. Ein normal ausgeprägter SPV führte über Mitteleuropa eher zu atlantisch geprägten Westwetterlagen, das heißt teils zu relativ nassem und überwiegend mildem, zeitweise auch windigem Wettercharakter.

Allerdings kann eine ausgewachsene La Niña im Winterhalbjahr unter der Voraussetzung eines ausgeprägten Jet-Streams (bei normal bis überdurchschnittlich starkem stratosphärischen Polarwirbel) indirekt vom Pazifik her die Amplifizierung planetarer Wellen bis in den Atlantik hin beeinflussen. Ein stärkeres Mäandrieren der Strömung auf dem Nordatlantik ließe über West- und Mitteleuropa zumindest vorübergehend auch Wetterlagen wie Atlantischer Rücken (AtR) oder auch Trog Skandinavien in der Ausprägung NAO (Nordatlantische Oszillation,

negativ zu, was zumindest vorübergehend zu Kaltluftausbrüchen führen könnte.

Abschließend sei aber festzuhalten, dass dieser kurze Abriss lediglich eine Zusammenschau übergeordneter Faktoren und einen Abgleich mit der aktuellen saisonalen Vorhersage darstellt. Viele andere Faktoren beeinflussen synoptische Muster in der Troposphäre und sind selbst in der erweiterten Mittelfrist (10 bis 15 Tage Vorhersagefrist) nicht oder nur schwer vorhersagbar.

Zudem ist insbesondere bei der Nutzung der Abbildungen zu den Jahreszeitenvorhersagen zu beachten, dass diese Prognosen Gegenstand intensiver Forschung und permanenter Weiterentwicklung sind.

Dr. rer. nat. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.09.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst