Ein außergewöhnlicher September

Selbst wenn man sich schon an das neue Klimamittel für September gewöhnt hat, wird man sicher festgestellt haben, dass der erste Herbstmonat in diesem Jahr außergewöhnlich warm und sonnig war. Und das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für ganz Europa. Im Mittel lag die Durchschnittstemperatur in Europa 2.5 K über dem vieljährigen Mittel von 1991-2020 und ganze 1.1 K über dem bisherigen Rekordwert von September (2020). Das sind schon enorme Abweichungen, wenn man bedenkt, dass es sich um einen Mittelwert über für den ganzen Kontinent handelt. Nicht überraschend wurden in vielen Ländern neue Septemberrekorde seit Aufzeichnungsbeginn gemessen.

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Die wesentlichen Aspekte zum September 2023 wurden vor einigen Tagen bereits in der Pressemitteilung veröffentlicht

Wenn man sich den September etwas näher anschaut, so findet man aber noch einige spannende Details mehr. Diese sollen in der Folge kurz gezeigt und erläutert werden.

September 2023 im Vergleich zu den eigentlichen Sommermonaten

Bisher sind die Monate September und Oktober die Monate im Jahr, bei denen die Erwärmung der letzten Jahrzehnte noch am wenigsten ausgeprägt war.
Die Durchschnittstemperatur des Septembers lag bei 17.3°C und damit 4 K über den vieljährigen Mittelwerten von 1961-1990 (bzw. 3.4 K über 1991-2020). Der September 2023 war zudem 0.4 K wärmer als die bisherigen Rekordjahre 2006 und 2016.
Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem der Vergleich mit den Mittelwerten der eigentlichen Sommermonate Juni bis August. Diese lagen im Vergleichszeitraum 1961 bis 1990 bei 15.4 Grad (Juni), 16.9 Grad (Juli) und 16.5 Grad (August). Mit anderen Worten, der September 2023 war wärmer als ein nach der alten Vergleichsperiode üblicher Sommer und verlief etwa auf dem Niveau eines Durchschnittssommers nach der derzeitigen Vergleichsperiode 1991 bis 2020 (Sommermittel: 17.6°C).

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Interessant ist auch der Vergleich des Septembers mit den diesjährigen Mittelwerten der Sommermonate. Im Mittel über ganz Deutschland waren Juni (+1.3 K), Juli (+1.4 K) und August (+1 K) etwas wärmer als der September. Schaut man sich die verschiedenen Wetterstationen in Deutschland an, sieht man, dass dies nicht überall der Fall war. An den Küsten und auch im höheren Bergland war der September 2023 wärmer als jeder Sommermonat in diesem Jahr.

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Sommertage im September 2023 oft mit neuen Rekorden

Ebenfalls interessant ist der Blick auf die Anzahl der Sommertage, die im September 2023 erreicht wurden. Exemplarisch wurde dies für verschiedene Stationen quer über Deutschland untersucht. Es lässt sich feststellen, dass es an vielen Stationen neue Rekorde bei der Anzahl der Sommertage für einen September gab. Etwas davon ausgenommen ist der Nordwesten Deutschlands. Sonst wurden vielerorts die Rekorde eingestellt oder übertroffen. Besonders ausgeprägt war dies im Südwesten des Landes. In Frankfurt wurde der alte Rekord (15) um drei Tage überboten (18). In Mülheim am Oberrhein waren es ganze fünf Tage mehr (21 statt 16) und in Stuttgart auf dem Schnarrenberg sogar sechs (19 statt 13).

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September 2023 besonders extrem im Bergland

Auffällig sind auch wieder die Bergstationen. So wurde in Neuhaus auf 845 m Höhe sechsmal ein Sommertag registriert (bisheriger Rekord 3) und es gab noch keinen Frosttag. Aber auch an anderen Stationen im Bergland lassen sich enorme Abweichungen finden. Die Abweichungen zu den vieljährigen Mittelwerten sind ebendort besonders markant, wie die nachfolgende Tabelle zeigt. So liegt der Mittelwert über alle Stationen in ganz Deutschland bei +4 K. Betrachtet man nur die Stationen über 1000 m Höhe, sind es hingegen +5.2 K, wobei der Brocken mit +5.4 K hervorsticht.

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Zu guter Letzt noch eine weitere Grafik, welche den enormen Wärmeüberschuss im Bergland illustriert. Dargestellt ist der Verlauf der Mitteltemperatur auf der Zugspitze im Vergleich zu den höchsten bzw. niedrigsten Tagesdurchschnittswerten im vieljährigen Mittel. 2023 bewegte sich die Zugspitze fast immer am Oberrand des maximal Möglichen. An neun Tagen wurde ein neuer Rekordwert aufgestellt, davon acht Tage am Stück. In der Spitze wurde der alte Tagerekord um 4.3 K überboten (05.09.). Dieser September passt sich damit in den Trend ein, dass die Klimaerwärmung im Bergland schneller voranschreitet als in tiefen Lagen.

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Abschluss, was macht der Oktober?

All diese Statistiken zeigen, wie außergewöhnlich der September 2023 gewesen ist, und dass man ihn mit Fug und Recht als vierten Sommermonat bezeichnen kann. Ob das auch für den Oktober gilt? Zumindest macht der zweite meteorologische Herbstmonat genau da weiter, wo der September aufgehört hat … mit neuen Rekorden. Richtiger Vollherbst ist in den nächsten 7 bis 10 Tagen nicht in Sicht.

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Offenbach, den 05.10.2023
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Warum der Jetstream die Flugzeiten beeinflusst

Als Jetstream oder Strahlstrom wird ein Starkwindband in der Atmosphäre bezeichnet. Dabei muss die maximale Windgeschwindigkeit des Starkwindbandes mindestens 60 Knoten, also etwa 110 Kilometer pro Stunde erreichen. Zwischen dem 40. und 60. Grad nördlicher und südlicher Breite befindet sich der sogenannte Polarfront-Jetstream in einer Höhe von 8 bis 15 Kilometern. Der Polarfront-Jetstream ist dabei aber kein statisches Band, das sich um die Erde legt. Durch größere Hindernisse wie beispielsweise die Rocky Mountains und die Corioliskraft gerät der Jetstream ins schlingern und bildet Wellen. Diese Wellen werden als Rossby-Wellen bezeichnet und mäandrieren um den Globus.

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Die genau Ausprägung der Rossby-Wellen hängt dabei zum einen von der Jahreszeit ab. Im Sommerhalbjahr befindet sich der Polarfront-Jetstream auf der Nordhalbkugel weiter im Norden, zum Herbst hin wandert der Strahlstrom wieder in südliche Richtungen. Zum anderen ist der Jetstream im Sommer generell weniger intensiv ausgeprägt als im Winter. Diese Verschiebung bestimmt das Wetter sowohl in Nordamerika als auch in Europa. In der Regel sind starke Stürme und Orkane über Europa auch immer mit einem starken Polarfront-Jetstream verbunden. Die Windgeschwindigkeit des Strahlstroms über dem Nordatlantik hängt dabei von dem Temperaturunterschied zwischen der arktischen Atmosphäre und der über den gemäßigten Breiten ab.
Je größer die Temperaturdifferenz ist, umso stärker weht der Strahlstrom. Im Sommer ist der Temperaturunterschied etwas geringer, sodass der Jetstream meist schwach ausgeprägt ist. Starke Stürme oder Orkane sind dann über Europa eher selten. Im Herbst hingegen werden die Unterschiede wieder größer. In der Arktis beginnt die Zeit der Polarnacht. Durch die fehlende Sonneneinstrahlung geht die Temperatur der Troposphäre (also der untersten Atmosphärenschicht) dort stark zurück. Im Gegensatz dazu sind die Temperaturen über Europa und auch die Meeresoberflächentemperaturen noch recht warm. Die Temperaturdifferenz wird also größer.

Dies hat auch Auswirkungen auf die Flugzeiten zwischen Nordamerika und Europa. Flüge von West nach Ost, also in Stromrichtung des Jetstreams sind generell kürzer als in die Gegenrichtung. Ein Flug von London nach New York dauert durchschnittlich knapp acht Stunden, der Rückflug nur sieben Stunden. Die Flugzeuge fliegen in der Strömung mit, sodass sich die Geschwindigkeiten von Flieger und Umgebungsströmung addieren. Das heißt, dass die Geschwindigkeit eines Fliegers über Grund schneller oder langsamer ist als die wahre Fluggeschwindigkeit relativ zur Umgebungsströmung. Typischerweise erreicht der Jetstream im Herbst und Winter Maximalgeschwindigkeiten von etwa 260 Kilometern pro Stunde. Bei einer Reisegeschwindigkeit des Flugzeuges von 800 Kilometern pro Stunde ergibt sich in Richtung Osten eine Geschwindigkeit von 1060 Kilometern pro Stunde über Grund. Würde das Flugzeug entgegen des Strahlstroms fliegen, würde sich die Geschwindigkeit auf 540 Kilometer pro Stunde verringern und die Reisezeit würde dadurch erheblich verlängert werden. Für die Berechnung der Flugzeit und dem damit benötigten Treibstoff eines Fluges sind die Vorhersage des Jetstreams und der Windgeschwindigkeit in Reisehöhe wichtig.

Aufgrund der potentiellen Treibstoffeinsparung und der modernen Navigations- und Telekommunikationssysteme wurden vor einigen Jahren auch die festen Flugrouten über dem Nordatlantik abgeschafft. So kann der Pilot bzw. die Airline ihre Flugroute selbst planen und die effizienteste Route wählen. Dabei hilft die numerische Wettervorhersage, die für die einzelnen Flughöhen die Windgeschwindigkeiten und -richtungen prognostiziert werden. Es werden auch spezielle Karten für die Luftfahrt erstellt, aus der Lage und Verlauf des Jetstreams hervorgeht.

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Normalerweise dauert ein Flug von London nach New York knapp acht Stunden. In umgekehrter Flugrichtung knapp sieben Stunden. Ein Flug der British Airways heute morgen hatte eine Reisezeit von etwas über 6 Stunden. Obwohl der Flieger mit einer Verspätung von einer Stunde gestartet ist, kam er noch zur geplanten Ankunftszeit in London an. Dabei half der Jetstream ordentlich mit.

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Im Februar 2020 betrug die Flugzeit einer Boeing 747 unterwegs von New York nach London nur 4 Stunde 56 Minuten. Kurzzeitig erreichte die Maschine dabei eine Spitzengeschwindigkeit von über 1300 Kilometern pro Stunde über Grund. Das ist schneller als der Schall. Die Schallmauer wurde aber nicht gebrochen, da der Knall nur bei absoluten Windgeschwindigkeiten ausgelöst wird. Der starke Jetstream hat damals Orkantief SABINE verursacht, das im Februar 2020 über Deutschland hinwegfegte. Den bis heute gültigen Reisezeit-Rekord einer kommerziellen Maschine hält übrigens immer noch die Concorde. Der Überschallflieger legte die Strecke 1996 in 2 Stunden 53 Minuten zurück.

Für morgen werden keine neuen Rekorde erwartet. Die Abbildung 1 zeigt die Prognose des Windgeschwindigkeiten etwa in Reisehöhe des zivilen Flugverkehrs (etwa 10 Kilometer über Grund). Die Geschwindigkeiten über dem östlichen Nordatlantik nehmen etwas ab. Sollte Ihr Flieger in Nordamerika also mit Verspätung starten, ist es sehr unwahrscheinlich, dass er diese durch eine kürzere Reisezeit wieder aufholen kann.

M.Sc. Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.10.2023
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Ungewöhnliche Wärme

Es ist Anfang Oktober, der Herbst ist in vollem Gange, aber die Temperatur lässt uns noch an den Sommer glauben. Grund dafür war die großräumige Strömung. In dieser hat Hochdruckgebiet SONJA mit Zentrum über Mittel- und Südeuropa warme bis heiße und weitgehend trockene Luft über Nordafrika und Südwesteuropa angezapft und sowohl am Sonntag (obere Grafik) als auch am Montag (untere Grafik) nach Deutschland geführt. Bei viel Sonnenschein und unter großflächigem Absinken im Hochdruckbereich hat sich so die Luft über Deutschland kräftig erwärmt.

DWD Ungewoehnliche Waerme 1

DWD Ungewoehnliche Waerme

Am 01. Oktober (Sonntag) wurde im Westen und Süden des Landes oftmals die 25-Grad-Marke überschritten. Steigt die Temperatur an einem Tag über 25 Grad, so spricht man von einem Sommertag. Am gestrigen Montag wurden in Deutschland verbreitet über 25 Grad gemessen. Örtlich wurde nur knapp die 30-Grad-Marke verfehlt. Ist es wärmer als 30 Grad, so nennt man dies einen heißen Tag.

Tageshöchstwerte am gestrigen Montag, 02.10.2023:

Notzingen/BW 29,8 Grad
Müllheim/BW 29,6 Grad
Freiburg/BW 29,5 Grad
Weilerswist-Lommersum/NRW 29,4 Grad
Metzingen/BW 29,2 Grad
Bad Neuenahr-Ahrweiler/RP 29,0 Grad
Emmendingen-Mundingen/BW 29,0 Grad
Ellwangen-Rindelbach/BW 28,7 Grad
Hechingen/BW 28,7 Grad
Mühlacker/BW 28,7 Grad

Heiße Tage, also Tage mit Höchstwerten über 30 Grad, sind so spät im Jahr sehr ungewöhnlich. Bemüht man die Statistik, so treten sie im langjährigen Mittel so gut wie nicht mehr auf. Sommertage sind im Oktober hingegen keine so große Seltenheit. Wenn man von den nördlichen Bundesländern einmal absieht, so sind Sommertage im Oktober im langjährigen Mittel immer wieder aufgetreten. Dabei lässt sich rein statistisch im Vergleich der Zeiträume 1961 – 1990 und 1981 – 2010 keine Zunahme in der Häufigkeit feststellen.
In der Nacht zum heutigen Dienstag kühlte es vor allem im wolkenverhangenen Westen nur wenig ab. Dabei wurde eine Tropennacht – eine Nacht mit einer Tiefsttemperatur über 20 Grad – in Essen-Bredeney mit 19,7 Grad Tiefstwert nur knapp verpasst. Auch in Duisburg und Aachen kühlte es nur auf rund 19 Grad ab.

Die große Wärme findet am heutigen Dienstag ein Ende, denn Tiefdruckgebiet NOAH lenkt zunächst eine Kaltfront mit reichlich Wolken und teils kräftigen Gewittern zu uns und dahinter dann auch deutlich kühlere Luft. Dabei wird es heute in der Südosthälfte Deutschlands noch einmal sehr warm. Örtlich sind erneut knapp 30 Grad möglich. Am morgigen Mittwoch (04.10.2023) erreichen die Temperaturhöchstwerte allerdings nur noch um 20 Grad.

Auch in den Folgetagen lässt der Zustrom kühlerer Luft aus Westen nicht nach und die Temperatur ist eher gedämpft, wenngleich es tagsüber nicht unbedingt kühl wird. In den Nächten sind zumindest im Süden allerdings tiefe einstellige Temperaturwerte zu erwarten. Zum Wochenende findet nach aktuellem Trend wieder wärmere Luft den Weg zu uns. Ob es noch einmal verbreitet für über 25 Grad und somit Sommertage reicht, ist noch ungewiss.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.10.2023
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Die besonderen Reize des Oktobers

Im Oktober lohnt ein ausgiebiger Spaziergang in der Natur eigentlich immer. In erster Linie können dabei natürlich die Veränderungen der Natur mit der fortschreitenden Blattfärbung bestaunt werden, zum anderen gibt es aber auch lokal auftretende Effekte zu beobachten. Ein solcher ist der sogenannte “Seerauch”, der in den kommenden Wochen, zumindest aus klimatologischer Sicht, häufiger auftreten wird.

Dabei steigen Fragmente von Nebelschwaden von der Seeoberfläche auf und verschwinden anschließend relativ schnell wieder. Der sich daher ständig bewegende Seerauch ist eine besondere Nebelform und gehört zur Klasse der Verdunstungsnebel. Wenn relativ warmes Wasser mit deutlich kälterer Umgebungsluft in Berührung kommt, resultieren daraus nämlich Verdunstungseffekte. Einer dünnen Luftschicht über dem See wird dabei unter Erwärmung Wasserdampf zugeführt. Damit einhergehend findet aber gerade über den größeren Seen auch eine starke Labilisierung der untersten Atmosphärenschicht statt, denn die nun erwärmte Luft steigt auf und mischt sich mit der relativ dazu kälteren Umgebungsluft. Bei diesem Mischungsvorgang kondensiert der Wasserdampf und der Seerauch entsteht. Besonders während des Sonnenaufgangs kann dadurch eine eindrucksvolle Szenerie entstehen. Da die kalte, trockenere Luft aber deutlich überwiegt, folgt beim weiteren vertikalen Aufsteigen der feuchten Luft rasch wieder die Verdunstung der Wassertröpfchen. Daher entsteht aus Seerauch in vielen Fällen auch kein “richtiger” Nebel.

Allerdings können tiefliegende Inversionen dafür sorgen, dass die dünne Luftschicht darunter langsam mit erhöhter Feuchte angereichert wird. Bei einem sehr großen See mit einem großen Wasserdampfangebot passiert es dann ab und zu, dass es zur erneuten Kondensation kommt. Die Inversion als atmosphärische Sperrschicht verhindert nun aber das weitere Aufsteigen der Luftpakete und damit die Einmischung von kalter, trockener Luft. Infolgedessen entsteht eine dünne (Hoch-) Nebelschicht, die aber in den ersten Oktobertagen mit Hilfe der Sonneneinstrahlung im Tagesverlauf häufig doch noch aufgelöst wird.

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Doch wie schauen nun die Bedingungen für das Entstehen von Seerauch in den nächsten Tagen aus? Dabei lohnt ein Blick auf die aktuellen Wassertemperaturen der Seen. Der außergewöhnlich warme September (wärmster September seit Aufzeichnungsbeginn) sorgte dafür, dass auch die heimischen Seen meist eine überdurchschnittliche Wassertemperatur aufweisen. Am Starnberger See, Chiemsee und Bodensee werden am heutigen Tag Werte von knapp unter 20 Grad gemessen (Quelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt) und auch die Temperaturen der Müritz liegen nicht weit darunter. Damit wäre die erste Zutat für die Entstehung von Seerauch jedenfalls gegeben.

Allerdings mangelt es aktuell an der erforderlichen zweiten Randbedingung: eine Luftmasse polaren oder subpolaren Ursprungs ist zunächst nicht in Reichweite. Aktuell dominiert das Hochdruckgebiet SONJA über Mitteleuropa und sorgt dabei für eine durchwegs warme, stellenweise auch sommerliche Witterung. Am Montag verlagert sich dieses Hoch mit seinem Schwerpunkt ostwärts und macht dabei die Bahn frei für den Zustrom noch wärmerer Luft aus dem westlichen Mittelmeerraum. Im Süden und der Mitte werden am Montag bei viel Sonnenschein Höchstwerte zwischen 24 und 29 Grad erreicht, im Norden sind des immerhin 20 bis 23 Grad. Es ist nicht ausgeschlossen, dass im äußersten Südwesten die Marke von 30 Grad örtlich knapp übertroffen wird.

Am Dienstag mischt sich vorübergehend ein kleines Tief, das von England nach Südschweden zieht, in das mitteleuropäische Wettergeschehen ein. Mit der dazugehörenden Kaltfront strömt zwar deutlich kühlere Meeresluft heran, aber diese kommt zunächst aufgrund des deutlich auffrischenden Windes nicht zur Ruhe. Am Beginn der zweiten Wochenhälfte folgt schließlich eine weitere Kaltfront. Der Blick in die Mittelfrist zeigt außerdem, dass zum kommenden Wochenende der Temperaturtrend wieder deutlich nach oben zeigt. Daher muss wohl dieses Jahr für die Beobachtung von Seerauch noch etwas Geduld aufgebracht werden.

Mag. rer. nat. Florian Bilgeri (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.10.2023

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Die kalte und oftmals neblige Bucht von San Francisco und die Verbindung zur “El-Niño – Southern Oscillation”

Die Gegend um San Francisco und Los Angeles (Kalifornien, USA) verwöhnt die vielen Besucher häufig mit Sonnenschein und sehr warmen Temperaturen. Das Meerwasser an den Küsten will aber nicht so richtig warm werden. Stattdessen kühlt es die unteren Luftschichten so stark ab, dass sich teilweise sogar dichter Nebel bilden kann, der dann z.B. die “Golden Gate Bridge” ein in Grau-in-Grau hüllt. Dieses Phänomen lässt sich jedoch nicht nur an der kalifornischen Küste beobachten. Vielmehr herrscht an allen tropischen und subtropischen Westküsten der Kontinente mehr oder minder stark ausgeprägt kaltes Küstenwasser vor. Doch warum ist dies so?

Wie die Atmosphäre ist auch der Ozean ständig in Bewegung. An der Oberfläche und in der Tiefe dominieren dabei häufig horizontale Strömungen. Jedoch kann das Meerwasser lokal auch Absinken oder Aufsteigen.

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Oberflächenströmungen werden im Wesentlichen durch Wind angetrieben. In erster Linie sind dafür die Passate (beständiger Wind in tropischen Seegebieten bis etwa 25° südlicher und nördlicher geographischer Breite) und die Westwinde in den mittleren Breiten verantwortlich. Dabei gibt der Wind durch die Reibung einen Impuls (Bewegungsgröße, Stärke einer bewegten Masse) an das Wasser der oberflächennahen Schichten des Ozeans ab. Das Wasser wird entsprechend mit der Windrichtung gezogen. Durch die Erdrotation wirkt jedoch auf bewegte Flüssigkeiten oder Gegenstände eine ablenkende Kraft, die sogenannte Corioliskraft . Mit der Tiefe nimmt die Abweichung der Wasserströmung von der herrschenden Windrichtung stetig zu, bis der Windimpuls seine Antriebskraft komplett verloren hat und das Wasser steht. Über die gesamte Tiefe gemittelt kommt es daher zu dem Effekt, dass sich das Wasser nicht in Windrichtung, sondern in eine Richtung senkrecht zum Wind bewegt. Auf der Nordhalbkugel zeigt diese Richtung nach rechts (wenn man den Wind im Rücken hat), auf der Südhalbkugel nach links. Eine Strömung, die durch diesen Effekt zustande kommt, wird “Ekman-Transport” genannt.

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An den tropischen und teils auch subtropischen Westküsten der Kontinente wehen die Passatwinde häufig küstenparallel zum Äquator. Entsprechend des beschriebenen Ekman-Transportes wird das küstennahe Oberflächenwasser westwärts von den Küsten weg auf den Ozean getrieben. Da durch die Kontinente von Osten kein Wasser nachströmen kann, quillt aus Massenerhaltungsgründen kaltes nährstoffreiches Tiefenwasser auf und ersetzt somit das abtransportierte Oberflächenwasser.

Als Folge liegen die küstennahen Wassertemperaturen in den Aufquellgebieten von Tiefenwasser und somit auch vor San Francisco selbst im Sommer nur bei etwa 13 Grad. Daher sind diese Küstengebiete nur bedingt für Badegäste geeignet. Gleichzeitig freuen sich jedoch die Fischer über einen durch das kalte, nährstoff- und sauerstoffreiche Tiefenwasser überdurchschnittlich hohen Fischreichtum.

Schwächeln nun die Passatwinde wird weniger warmes Oberflächenwasser von den Küsten Südamerikas westwärts Richtung Australien und Indonesien transportiert, sodass das kalte Tiefenwasser kaum oder gar nicht aufquillt. Dadurch befindet sich das wärmste Wasser nicht mehr über Südostasien, sondern weiter östlich in Richtung der Westküste Südamerikas. Der Weg für ein sogenanntes El-Niño-Ereignis wäre frei.

Als Maß für die Bewertung und Vorhersage eines “El-Niño-Ereignisses” wird beispielsweise der sogenannte “Ozean Niño Index (ONI)” verwendet, der auf den mittleren dreimonatigen Abweichungen der Oberflächenwassertemperaturen in der Niño3.4 Region (170° W bis 120° W, 5° S bis 5° N) basiert. Als Referenz dienen verbesserte und homogene historische Analysen der Oberflächenwassertemperatur für den 30-jährigen Zeitraum zwischen 1981 und 2010. Ein El-Niño-Ereignis ist dabei durch einen positiven ONI größer oder gleich 0,5 Grad definiert. Bei einem La Niña-Ereignis liegen ONI-Werte kleiner oder gleich -0,5 Grad vor.

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Auch derzeit wird ein “El-Niño-Ereignis” beobachtet. Dieses Ereignis geht dabei mit überdurchschnittlich hohe Meeresoberflächentemperaturen (SST) im zentralen und östlichen tropischen Pazifik einher. Die Abweichungen der Oberflächenwassertemperaturen betrugen zwischen dem 18. und 25. September 1,2 Grad in der Niño 4 Region und bis 2,8 Grad in der Niño 1+2 Region. Insgesamt sind seit März überdurchschnittliche Werte zu verzeichnen. Derzeit wird mit einer 95%-Wahrscheinlichkeit erwartet, dass El Niño über den Winter der nördlichen Hemisphäre hinweg bis mindestens März 2024 anhält. Einhergehend ist über Indonesien mit der Abnahme der Niederschläge zu rechnen, während diese über dem zentralen und östlichen tropischen Pazifik zunehmen bzw. weiter überdurchschnittlich ausfallen.

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Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.09.2023
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Auf der Jagd nach dem Indian Summer

Rückseitig einer Tiefdruckrinne wird am morgigen Samstag etwas kühlere Luft von Nordwesten nach Deutschland geführt, trotzdem wird es wohl der heißeste September seit Aufzeichnung in Deutschland werden (siehe unten verlinkte Pressemitteilung vom 29.09.2023). Die Temperaturen der vergangenen Woche wirken eher sommerlich. Auch am heutigen Freitag werden die Höchstwerte vielerorts wieder über 25 Grad liegen. Phänologisch gesehen hat diese Woche am 25.09.2023 aber der Vollherbst Einzug erhalten.
In der Phänologie definieren sich die Jahreszeiten durch den Entwicklungsstand verschiedener mitteleuropäischer Pflanzen. Dabei wird das Jahr in zehn unterschiedliche Abschnitte unterteilt. Den Vergleich der aktuellen phänologischen Jahreszeit mit dem langjährigen Mittel stellt die Phänologische Uhr dar. Der Beginn des Vollherbstes ist durch die Fruchtreife der Stiel-Eiche definiert und wurde in diesem Jahr am 25.09. beobachtet.

DWD Auf der Jagd nach dem Indian Summer

Die phänologische Jahreszeit Vollherbst zeichnet sich vor allem durch die Blattverfärbung der meisten Laubbaumarten wie beispielsweise Rosskastanie, Esche oder Rotbuche aus. Die Laubverfärbung hat in der zweiten Hälfte des Vollherbstes ihren Höhenpunkt. Die Änderung der Blätterfarbe von grün-gelb auf orange-rot wird durch die kürzer werdende Tageslänge ausgelöst. Im Frühling und Sommer gewinnt der Baum durch Photosynthese im Blattwerk seine Energie. Das dazu benötigte stickstoffhaltige Chlorophyll besitzt grüne Farbstoffe. Somit sind auch die Blätter der Laubbäume grün. Im Winter kann aufgrund mangelnden Lichts und der zunehmenden Kälte keine Photosynthese stattfinden. Des Weiteren verlieren Laubbäume über ihre Blätter viel Wasser, das im Winter bei gefrorenem Boden durch die Wurzeln nur schwer nachgeliefert werden kann. Deshalb ziehen Laubbäume im Herbst alle Nährstoffe aus den Blättern zurück. Dabei wird das grüne Chlorophyll in den Blättern abgebaut. Zurück bleiben gelbe und rote Blattfarbstoffe (Carotinoide und Anthozyane), die langsamer abgebaut werden. Dadurch entsteht die typisch leuchtend rote und gelbe Färbung der Blätter. In Deutschland ist das die Zeit des goldenen Oktobers.

Um den Verfärbungsprozess in Gang zu setzen und zu beschleunigen, sind nicht nur kürzere Tageslängen notwendig, sondern auch kalte Nächte. Besonders mehrere, aufeinander folgende Tage mit Nachtfrösten sind für eine großflächige Blattverfärbung vorteilhaft, da dadurch der Abbau des Chlorophylls beschleunigt wird. Um den Start und den Höhepunkt der Blattverfärbung im goldenen Oktober nicht zu verpassen, muss man also immer ein Auge auf die Minimumtemperaturen im Herbst legen. Was in Deutschland als goldener Oktober bekannt ist, wird auf dem nordamerikanischen Kontinent als Indian Summer bezeichnet. Woher genau die Bezeichnung Indian Summer kommt, ist unbekannt. Es gibt allerdings eine indianische Legende, die sich um die Laubverfärbung während des Indian Summers dreht. Demnach soll im Herbst das Blut eines erlegten Bärens die Blätter des Ahornbaums rot färben. Die Blattfärbung der riesigen Laub- und Mischwälder Nordamerikas kann rund um den Globus beobachtet werden und wird zudem touristisch vermarktet. Es gibt durch das große touristische Interesse Webcams in den Wäldern Kanadas (Beispiel) als auch in den USA explizite Vorhersage-Karten des “fall foliage”, also der Blattverfärbung. Dort hat ein umfangreiches Hochdruckgebiet mit trockener und gleichzeitiger Zufuhr kühler Luft aus Norden in der letzten Woche für eine rasche Ausbreitung der orange-roten Blätterpracht geführt. Doch nicht nur in den USA, auch für die Schweiz gibt es mittlerweile solche Vorhersagekarten.

DWD Auf der Jagd nach dem Indian Summer 1

In Deutschland zeichnen sich die kommenden Nächte nicht mit besonders niedrigen Temperaturen aus. Ganz im Gegenteil. Vor allem am kommenden Montag bringt Hoch SONJA (ein Name, über den ich mich besonders freue) nochmal warme Luft aus dem westlichen Mittelmeerraum heran. Dabei können im Südwesten tagsüber sogar nochmal an die 30 Grad erreicht werden. Der deutsche Indian Summer wird also erst mal noch auf sich warten lassen. Auch in der kommenden Woche sind noch keine Nachtfröste in Sicht, die die Blattverfärbung beschleunigen würde. Letztes Jahr begann der Vollherbst fast “pünktlich” am 16. September. Dieses Jahr startete er erst neun Tage später am 25. September. Der Höhepunkt der diesjährigen orange-roten Offensive der Laubbäume wird also vermutlich erst später zwischen Mitte und Ende Oktober eintreffen. In der Warn-Wetter-App des Deutschen Wetterdienstes können Nutzer neben der Blattverfärbung von sechs Baumarten, auch andere herbstliche Erscheinungen der Phänologie melden. Ein Spaziergang durch die Natur am kommenden Sonntag lohnt sich also immer, auch wenn es für die Jagd auf den Indian Summer noch zu früh ist.

MSc Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.09.2023
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“Zwischen Skylla und Charybdis”

Es gibt Orte auf der Welt, die so besonders sind, dass sie Gegenstand von Mythen und Legenden geworden sind und darüber sogar Bücher geschrieben wurden wie z.B. die “Odyssee” von Homer in der griechischen Mythologie. Einer dieser Orte ist die Straße von Messina, eine Meerenge zwischen Kalabrien an der Stiefelspitze des italienischen Festlands und der Insel Sizilien. An der Meerenge sollen demnach Charybdis und Skylla, zwei Meeresungeheuer, gelebt haben. Skylla hauste auf dem größeren der beiden sich gegenüberstehenden Felsen der Meerenge und Charybdis unterhalb des kleineren Felsens. Charybdis saugte dreimal am Tag das Meerwasser ein, um es danach brüllend wieder auszustoßen. Schiffe, die in den dadurch entstandenen Sog gerieten, waren verloren und nicht einmal der Meeresgott Poseidon konnte diese Schiffe retten. Eventuell überlebende Schiffbrüchige wurden dann von Skylla gefressen.

Daraus hat sich in der Alltagssprache der Region die Redewendung “zwischen Skylla und Charybdis” entwickelt. Denn für die Schiffskapitäne sind Skylla und Charybdis wie Pest und Cholera, zwischen denen sie sich entscheiden müssen. Es ist unmöglich, ohne Schaden aus diesem Dilemma herauszukommen.

Nachfolgend soll eine wissenschaftliche Erklärung geliefert werden. Die Straße von Messina verbindet das Tyrrhenische Meer im Norden und das Ionische Meer im Süden. Die Meeresstraße ist 32 km lang, zwischen 3 und 8 km breit und maximal 250 m tief (Abbildung 1). Die Durchfahrt durch die Straße von Messina gestaltet sich tatsächlich aufgrund der Wind- und Strömungsverhältnisse sowie der beiderseits nahen Steilküsten von je her sehr schwierig.

Da die beiden o.g. Meere unterschiedliche Gezeiten und Salzgehalte aufweisen, ergibt sich eine Meeresströmung, die eigentümliche hydrodynamische Phänomene zur Folge hat. Weil die Gezeiten der beiden Meere gegensätzlich verlaufen, also in dem einen Ebbe und im anderen Flut herrscht, weisen die Meeresspiegel einen Höhenunterschied von bis zu 27 cm auf. Dies führt zu wechselnden Ausgleichsströmungen und so zu einem Wasseraustausch.

Bei einer Strömung vom Tyrrhenischen Meer ins Ionische Meer (Nord-Süd-Richtung) fließt das aufgrund des niedrigeren Salzgehaltes leichtere tyrrhenische Wasser über das schwerere ionische Wasser. Andersherum bei einer Strömung vom Ionischen Meer ins Tyrrhenische Meer (Süd-Nord-Richtung) taucht das schwerere ionische Wasser, nachdem dieses einen unterseeischen Sattel überquert hat, unter das tyrrhenische Wasser (siehe Grafik).

Daraus entstehen Turbulenzen wie “Meeresrippen” oder “Strudel”. Beim Ersten sind es Wellen, die durch das reine Strömen des Wassers verursacht werden (siehe Abbildung 2). Letztere werden durch entgegengesetzte Strömungen und die unterseeische Orographie hervorgerufen.
Diese Phänomene können durch die vorherrschenden Winde über der Meerenge noch verstärkt werden, vor allem wenn der Wind gegen die Meeresströmung weht.

Im Sommer dominieren nordöstliche Winde (“Vento Cavaliere”) – eine “Brise”, die im Mittel 30 bis 40 km/h erreicht und in den Nachmittagsstunden am stärksten ist (Abbildung 3). Manchmal kann der Nordostwind auch Windgeschwindigkeiten über 60 km/h erreichen und gegen den Tagesgang anhaltend stark bleiben. Dies passiert, wenn hoher Luftdruck im westlichen und niedriger Luftdruck im östlichen Mittelmeerraum herrscht.

Im Herbst, im Winter sowie im Frühjahr weht abhängig von der großräumigen Luftdruckverteilung entweder der sogenannte “Mistral” oder der “Scirocco”. Der Mistral ist ein Nordwestwind, der manchmal Orkanstärke über 120 km/h erreichen kann. Bei solchen Lagen bleibt die Wellenhöhe allerdings niedrig, da die Straße von Messina nach Norden hin ihre engste Stelle hat und deswegen vor den Wellen aus dem Tyrrhenischen Meer geschützt ist.

Beim Scirocco hingegen – ein Süd- bis Südostwind, der vor allem in den Wintermonaten besonders kräftig bis zur Orkanstärke sein kann, können sich die Wellen vom Ionischen Meer leicht in die Meerenge ausweiten, da die Straße von Messina nach Süden hin offen ist. Bei einer nord-südlichen Meerströmung können die Wellen sogar ihre Amplitude vergrößern. Bis zu 7 m hohe Wellen sind dann keine Seltenheit (Abbildung 4). Dadurch treten große Probleme auf wie Küstenerosion an der sizilianischen Seite der Meerenge. Aber vor allem die Fährverbindung zwischen Messina und dem Festland ist dann eingestellt, mit großen negativen Auswirkungen für den Transport und für die Menschen, die täglich zwischen Sizilien und Kalabrien pendeln.

DWD Zwischen Skylla und Charybdis

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.09.2023
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Wo bleibt der Regen im September?

Es waren regenreiche Tage im August. Mit 125 Liter pro Quadratmeter fiel dieser in der Fläche deutlich zu nass aus. Rund 60 % übertraf der Niederschlag das Soll des klimatologischen Mittels (sowohl bezogen auf die Referenzperiode 1961 bis 1990 als auch auf 1991 bis 2020). Im bisherigen September fehlt allerdings der Niederschlag in vielen Teilen des Landes. Zwar gab es durchaus vom Westen bis in den Nordosten sowie an den Alpen insbesondere am 12. und 13. September teils heftige Starkregenfälle, die örtlich zu Überflutungen und vollgelaufenen Kellern führten, in der Fläche lässt die Niederschlagsbilanz im September bisher jedoch zu wünschen übrig.
Mithilfe von Radardaten lassen sich die im September bisher gefallenen Niederschlagsmengen recht gut abschätzen. Diese bieten den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu den Punktmessungen der Wetterstationen auch in der Fläche verfügbar sind. So werden auch lokal eng begrenzte Unterschiede sichtbar, die gerade bei kleinräumig auftretenden Schauern und Gewittern teilweise recht groß sein können. Verschneidet man die Radardaten jedoch zusätzlich noch mit den Messwerten der Stationen aus dem DWD-Messnetz, wird die Abschätzung noch etwas genauer.

DWD Wo bleibt der Regen im September

Bei der Betrachtung der Gesamtniederschlagsmenge in Deutschland seit Monatsbeginn (1. September) in Liter pro Quadratmeter (auch “absolute Niederschlagsmenge” genannt; siehe Abbildung 1) fallen auf den ersten Blick die Farben Blau und Grün ins Auge. Insbesondere in der Südhälfte, im Osten sowie im Nordwesten sind also meist weniger als 10 bis 15 Liter pro Quadratmeter seit Monatsbeginn niedergegangen. Schaut man jedoch die gelb bis violett eingefärbten Bereiche an, kann man vom Westen bis in den Nordosten einen Streifen mit Niederschlagsmengen zwischen 40 und 80, vereinzelt über 100 Liter pro Quadratmeter erkennen. Diese Werte lassen sich bei einem Vergleich mit den Wetterstationen im DWD-Messnetz auch bestätigen. Die Station Bad Salzuflen (Nordrhein-Westfalen) weist derzeit eine Niederschlagsmenge von 103 Liter pro Quadratmeter auf. Anders sieht es an den Stationen in Karlsruhe-Rheinstetten (Baden-Württemberg) oder in Altomünster-Maisbrunn (Bayern) aus. Dort wurden bisher lediglich 0,1 Liter pro Quadratmeter registriert, der Niederschlag blieb dort also bisher aus.

DWD Wo bleibt der Regen im September 1

Aber wie ordnet man die absoluten Niederschlagsmengen nun ein? Um die sogenannten absoluten Niederschlagsmengen besser interpretieren zu können („Welche Niederschlagssummen sind viel für die Region und Jahreszeit, welche wenig?“), setzt man sie in einen klimatologischen Kontext. Dabei werden die aktuell gemessenen Daten mit den bis zum Analysetag (Sonntag, 17.09.2023) mittleren langjährigen Niederschlagsmengen von 1991 bis 2020 verglichen. Entsprechend erhält man bei der relativen Betrachtung eine Prozentzahl, wobei Werte unter 100 % ein Niederschlagsdefizit (rote bis hellgrüne Flächen) beschreiben, Werte über 100 % (blaue bis violette und weiße Flächen) stellen eine zu nasse Witterung dar. Die dunkelgrünen Flächen repräsentieren hingegen Regionen, in denen der Regen ungefähr der im Mittel zu erwartenden Niederschlagsmenge entspricht (siehe Abbildung 2).

DWD Wo bleibt der Regen im September 2

Dabei überwiegen in Deutschland derzeit die roten bis hellgrünen Flächen. Dies entspricht einem Anteil von 0 bis 70 % des bisherigen Monatssolls. Insbesondere in der Südhälfte sowie im Nordwesten war es also deutlich zu trocken im bisherigen September! Im Gegensatz dazu wurde das Niederschlagssoll im einem breiten Streifen vom Westen bis in den Nordosten bereits weitgehend erfüllt oder sogar regional übertroffen (siehe dunkelgrüne bis violette Flächen). Insbesondere zwischen dem Ruhrgebiet und Hannover kam bei kräftigen Gewittern so viel Niederschlag zusammen, dass die Bilanz dort aktuell 200 % der üblichen Regenmenge aufweist.

Nach dieser längeren weitgehend trockenen Witterungsperiode steht allerdings ab der kommenden Nacht zum Montag ein Wetterwechsel ins Haus, wie man dem vom 16.09.2023 bereits entnehmen konnte. Damit stehen auch wieder etwas wechselhaftere Tage an. Abbildung 3 zeigt die Vorhersage der akkumulierten Niederschlagsmengen bis nächsten Sonntagmorgen, den 24.09.2023 (Wettermodell ICON des DWD). Insbesondere im Südwesten und Nordwesten sollten kräftigere Niederschläge die bisherige Niederschlagsbilanz aufbessern können. Ob von München bis Berlin lediglich einstellige Niederschlagsmengen fallen werden, muss jedoch noch abgewartet werden.

MSc.-Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.09.2023
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„Quiteria” auf dem Rückzug

Eines der Wesen, die dem meteorologischen Herbst (Beginn am 1. September eines jeden Jahres) innewohnen, ist die Tatsache, dass dieser sich zu Beginn oft eher als Sommer denn als Herbst geriert. So ist es auch in diesem Jahr der Fall. In den letzten 14 Tagen prägten zunächst eine Omega-Wetterlage mit Dauerhochdruck und zuletzt erneut Hochdruckgebiete mit Zentrum über dem nördlichen Europa das Wettergeschehen. Das Ganze nur kurz unterbrochen durch einen Luftmassenwechsel in Verbindung mit kräftigen Gewittern, die zumindest den Temperaturregler etwas herunterdrehten. Auch aktuell herrscht noch eitel Sonnenschein bei sommerlichen Temperaturen, oft zwischen 25 °C und 30 °C. Dafür sorgt Hoch „Quiteria”, das sich mittlerweile mit seinen inzwischen mehreren Zentren vom Baltikum bis zur Barentssee erstreckt, aber auch bei uns in Deutschland noch wetterwirksam ist.

Auch am morgigen Sonntag macht der Wochentag seinem Namen nochmals alle Ehre. Vor allem im Süden und Osten scheint den ganzen Tag die Sonne, sieht man einmal von einzelnen Feldern mit Schleierbewölkung ab. Etwas anders stellt sich die Sache dagegen im Nordwesten dar, denn hier macht sich bodennah bereits der von Westen zunehmende Tiefdruckeinfluss bemerkbar. Bereits in der Nacht ziehen aus Frankreich und Benelux dichte Wolkenfelder heran und sorgen für bedeckten Himmel sowie hier und dort einzelne Schauer, die im Tagesverlauf nordwärts durchziehen. Nichtsdestotrotz wird es dabei erneut sommerlich warm. Am Oberrhein werden voraussichtlich ganz vereinzelt sogar nochmals die 30 °C geknackt.

Vorbei mit der „Herrlichkeit” ist es aber ab der Nacht zum Montag. Dann greifen endgültig die Ausläufer eines Sturmtiefkomplexes bei den Britischen Inseln auf Deutschland über. Die Folge sind Gewitter und Starkregen, die sich bis zum Montagmorgen von der Nordsee bis zum Schwarzwald erstrecken und im Laufe des Montags zunächst bis zur Mitte Deutschlands vorankommen. Im Fokus steht dabei in erster Linie auftretender Starkregen, der mancherorts durchaus unwetterartig ausfällt. Gegen Abend erreicht diese Gewitterlinie dann auch allmählich den Osten Deutschlands, schwächt sich dabei aber zusehends ab. Ganz ruhig wird es aber auch in der Nacht zum Dienstag noch nicht, wenn aus Westen weiterhin noch einige Regenschwaden übers Land ziehen.

Am Dienstag hat sich die Wetterlage endgültig umgestellt – auf straffen Westwind. Dann zeigt der Herbst zum ersten Mal sein Gesicht. Es wird verbreitet sehr windig, und – je weiter man nach Norden kommt – auch stürmisch. Dazu fällt entlang der Nordseeküste sowie in deren erweitertem Umfeld eine ganze Menge Regen. Schuld daran ist der bereits erwähnte Sturmtiefkomplex, der sich in der Zwischenzeit über weite Teile des Nordmeeres ausweitet und sich dabei verstärkt, während sich über Südeuropa zunehmend Hochdruck breitmacht. Dies verstärkt zum einen die Druck- und Temperaturgegensätze, führt aber auch dazu, dass es im Süden Deutschlands abgesehen vom Wind rasch wieder freundlicher wird. Nur bei den Temperaturen geht es überall spürbar in den Keller. Diese erreichen dann nur noch Werte von maximal 18 °C bis 22 °C. Im Bergland wird es dabei sogar noch deutlich kühler. Aber das ist insgesamt wohl nur von kurzer Dauer. Vieles deutet darauf hin, dass es an den Folgetagen rasch wieder spürbar wärmer werden wird.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.09.2023
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Zustand der Meereisbedeckung in der Arktis und Antarktis

Zuletzt gab es an dieser Stelle im Juni einen Blick auf die Meereisbedingungen in der Arktis und Antarktis (siehe Thema des Tages vom 12.06.2023). Inzwischen neigen sich der nordhemisphärische Sommer bzw. südhemisphärische Winter ihrem Ende zu. Zunächst widmen wir uns der sommerlichen Meereisschmelze im Arktischen Ozean.

DWD Zustand der Meereisbedeckung in der Arktis und Antarktis

Im Juli nahm die arktische Meereisausdehnung mit einer Geschwindigkeit von 93.300 Quadratkilometer pro Tag ab und lag damit nahe am langjährigen Durchschnittswert (86.900 Quadratkilometer pro Tag). Besonders die geringen Eiskonzentrationen in der Laptewsee und nördlich davon stechen ins Auge (Abbildung 1). Auch die Ostsibirische See sowie die Gewässer nördlich der Küsten Alaskas und des Mackenzie-Deltas waren zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend eisfrei. Sonst hingegen war auf dem nördlichen Seeweg und in der Nordwestpassage noch beträchtliches Eis vorhanden.

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Die durchschnittliche arktische Meereisausdehnung betrug im Juli 8,16 Millionen Quadratkilometer und rangierte damit auf dem zwölftletzten Rang der Eisausdehnungen seit Beginn der kontinuierlichen Satellitenmessungen im Jahr 1979. Der lineare Abwärtstrend setzt sich damit auch im Monat Juli der letzten Jahrzehnte kontinuierlich fort. Gut sieben Prozent büßt das Eis im Monat Juli pro Dekade ein (Abbildung 2). Aufsummiert entspricht das seit 1979 einem Eisverlust von gut 2,9 Millionen Quadratkilometern, was etwas mehr als der Fläche Argentiniens entspricht.

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Die atmosphärische Zirkulation war im Juli von tiefem Druck über der eurasischen Seite der Arktis und Hochdruck über der nordamerikanischen Seite geprägt (Abbildung 3). Infolgedessen gab es einen starken Druckgradienten über dem zentralen Arktischen Ozean, der sich bis östlich von Spitzbergen und dann in Richtung Island erstreckte. Dies wiederum lässt auf kräftige Winde und damit auf einen starken Meereistransport in diesem Bereich rückschließen. Während im Juli rekordverdächtige globale Durchschnittswerte der Lufttemperatur verzeichnet wurden, fallen die Abweichungen in der Arktis verhältnismäßig unauffällig aus. In weiten Teilen des Arktischen Ozeans lag die Lufttemperatur um 1 bis 3 Grad über dem Durchschnitt. In der weitgehend eisfreien Laptewsee war die gemittelte Temperatur sogar leicht unterdurchschnittlich. Das einzige Gebiet mit ausgeprägter Wärme befand sich über dem Mackenzie-Delta, wo die Temperaturen bis zu 7 Grad über dem Durchschnitt lagen.

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Über die erste Monatshälfte des Augustes beschleunigte sich der Rückgang in der arktischen Meereisbedeckung und die tägliche Eisverlustrate von 81.000 Quadratkilometer lag deutlich über dem langjährigen Durchschnittswert. Veranschaulicht gesprochen entsprach der tägliche Meereisverlust etwas mehr als der Fläche der Tschechischen Republik. Die beschleunigte Eisschmelze lässt sich auf überdurchschnittliche Lufttemperaturen zurückführen. Abgesehen von der zentralen Arktisregion zeigte die Lufttemperatur positive Anomalien von 3 bis 4, in der Barentssee von über 5 Grad gegenüber dem Bezugszeitraum. In der zweiten Augusthälfte hat sich das Tempo des Eisverlustes unter einer graduellen Abkühlung wie üblich verlangsamt.

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Für den diesjährigen August lässt sich die mittlere Meereisausdehnung auf rund 5,51 Millionen Quadratkilometer beziffern. Damit rangierte er an neuntletzter Stelle der Eisausdehnungen. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass sich vorrangig in den Regionen nördlich der Ostsibirischen See und Laptewsee sowie in der Beaufortsee die Meereiskante im August besonders stark zurückgezogen hat (Abbildung 5). Im Sektor nördlich des Kanadischen Archipels, Grönlands und in der zentralen Arktis weist die Eisdecke eine überwiegend kompakte Struktur auf und die Eiskante liegt nahe am langjährigen Durschnitt. Die relativ große Eisausdehnung lässt sich auf den Einfluss von regelmäßigen Tiefdrucksystemen in der zentralen Arktis zurückführen, die eine eher ungewöhnliche Eisdrift aus der zentralen Arktis Richtung Laptewsee förderten.
Zum gestrigen 10. September bezifferte sich die Meereisausdehnung auf 4,48 Millionen Quadratkilometer. Gut möglich, dass die arktische Meereisbedeckung damit dem diesjährigen saisonalen Minimum schon sehr nahekommt. Es bleibt abzuwarten, ob sich das Meereis in diesen Tagen noch etwas zurückziehen kann. Die Ausdehnung fällt geringer aus als 2022, liegt aber noch deutlich über dem Rekordminimum von 2012.

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Nach der Arktis folgt nun noch ein kleiner Exkurs an den Südpol. Die antarktische Meereisausdehnung ist über den gesamten Südwinter auf dem bemerkenswerten Rekordtiefststand geblieben (Abbildung 6). Nach einem nur leichten Anstieg der Ausdehnung Anfang August, hat sich das Eiswachstum nachfolgend immerhin noch etwas beschleunigt. Das winterliche antarktische Maximum dürfte nun unmittelbar bevorstehen. Aktuell beziffert sich die Ausdehnung auf 17,06 Millionen Quadratkilometer. Die negative Flächenabweichung zum langjährigen Mittel (18,6 Millionen Quadratkilometer) beläuft sich auf rund 1,5 Millionen Quadratkilometer, was in etwa der Größe der Mongolei entspricht.

M.Sc. (Meteorologe) Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.09.2023
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