Jahresvorausschau 2022

Langsam aber sicher neigt sich das Jahr dem Ende entgegen. Und während Weihnachten noch vor uns liegt, gehören viele Jahresrückblicke bereits der Vergangenheit an. Selbstverständlich wird es auch noch einen Rückblick auf das Wetter 2021 geben, heute wollen wir aber an dieser Stelle den Spieß umdrehen. Lassen wir unseren Gedanken (und vor allem dem gepflegten Unsinn) freien Lauf und wagen – wie bereits in den vergangenen Jahren – eine Vorausschau auf das kommende Jahr 2022, wie gewohnt alles andere als ernst gemeint!

Januar: Die Genderneutralität hält nun auch in den Wetterberichten Einzug. Da “Schauer und Schauerinnen sowie Gewitter und Gewitterinnen” aber zu lang wäre, heißt es in Zukunft “Schaua und Gewitta”.

Februar: Olympische Winterspiele in Peking! Um den “grünen Anstrich” dieser Veranstaltung zu betonen, werden die Anzüge der Outdoor-Athleten mit Solarpanels und die Helme mit kleinen Windrädern bestückt. Der gewonnene Strom fließt direkt in die Schneekanonen.

März: Die Bundesregierung streicht die Abschaffung der Zeitumstellung von ihrer To-Do-Liste und erklärt die Thematik zur Ländersache. Um den Überblick zu behalten, werden im Bundestag schon mal 16 Uhren aufgehängt.

April: Nachdem vor rund einem Jahr auf dem Mars eine Windböe zu hören war, trauen die Wissenschaftler dieses Mal ihren Augen nicht. Mars-Roboter “Perseverance” gelingt die Aufnahme eines Blitzes am Rande eines nahenden Sandsturms.

Mai: Hurrikan “Alex” eröffnet sehr früh die diesjährige atlantische Tropensturmsaison. Aufgrund seiner Zugbahn über den Golf von Mexiko verhindert er die planmäßige Rückkehr der ISS-Crew um Matthias Maurer. Eine Landung im windschwachen Auge des Hurrikans würde die NASA nur Han Solo oder Käpt’n Balu zutrauen.

Juni: Pünktlich zum Sommeranfang läuten heftige Schaua und Gewitta die diesjährige Unwettersaison ein.

Juli: Zur nächsten “Boosterrunde” möchten Eisdielenbetreiber den – Zitat – “Super-Sonnen-Sommer” nutzen und mit Impfstoff versehene Auffrischungsgetränke und Eiskugeln in diversen Geschmacksrichtungen anbieten.

August: Aus mit dem “Super-Sonnen-Sommer”! Unbeständig und ohne nennenswerte Hitzewellen: Ein normaler, rekordfreier, mitteleuropäischer Sommermonat – ähnlich wie in 2021. “Rekordverdächtig”!

September: Endlich wieder Oktoberfest! Allerdings nur mit 3G-Beschränkung: Geimpft, Geduscht, Gedürstend. Das Wetter spielt mit und verfolgt die 3W-Regel: Wolkig, Warm, Windschwach.

Oktober: Partielle Sonnenfinsternis am 25.10.: Die maximale Verdunklung ist in Deutschland mit rund 35 % auf Rügen gegen 12.13 Uhr zu sehen – mecklenburg-vorpommerscher Winterzeit versteht sich.

November: Freifisch statt Truthahn? Hurrikan “Tobias” zieht pünktlich zu Thanksgiving die US-Ostküste entlang – zum Glück ausschließlich über Wasser. Schäden gibt es keine, dafür wird umso mehr Meeresgetier an die Küstenregionen geschleudert.

Dezember: Spekulatius, Glühwein und Deutschland-Rollkragenpulli: In so manchem Wohnzimmer verfolgt man beim Private Viewing das WM-Finale im “Fußballland” Katar zwischen Deutschland und dem künftigen Vizeweltmeister. Zur Pokalübergabe: wolkenloser Himmel bei rund 22 Grad – in Katar, nicht in Deutschland wohlgemerkt.

Nun aber genug (un-)sinniert! Was 2022 wirklich bringen mag, steht natürlich in den Sternen (wenn überhaupt). Lassen wir uns einfach überraschen, was anderes bleibt uns eh nicht übrig. 😉

An dieser Stelle wünscht Ihnen der Autor schon einmal schöne Weihnachten und kommen Sie gut und vor allem gesund ins neue Jahr!

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.12.2021

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DWD Jahresvorausschau 2022

In eigener Sache: Neuerscheinung über das Leben und Wirken von Gustav Hellmann

Größen wie Alfred Wegener oder Vilhelm Bjerknes mögen noch geläufig sein – aber Gustav Hellmann? Der Gelehrte ist selbst unter Meteorologen meist nur wegen des gleichnamigen Regenmessers bekannt. Doch Prof. Dr. Gustav Hellmann (1854-1939) war nicht nur Leiter des Königlich Preußischen Meteorologischen Instituts und leidenschaftlicher Historiker, sondern betrieb auch intensive Niederschlagsforschungen und war maßgeblich an der Schaffung eines Netzes zuverlässiger meteorologischer Beobachtungen beteiligt. Angesichts der bedeutsamen Forschungsarbeiten und großen Hinterlassenschaften erscheint es also fast verwunderlich, dass seine Spuren verblasst sind und er nicht im kollektiven Gedächtnis geblieben ist.

Im Selbstverlag des Deutschen Wetterdienstes ist nun eine umfassende Publikation über Gustav Hellmann erschienen, die durch Einblicke in sein Leben und durch eine Zusammenschau seiner wichtigsten Werke das Andenken Hellmanns erneuern möchte. Der Autor Dr. Joachim Pelkowski führte dazu über mehr als vier Jahre akribische Recherchearbeiten durch: Das Wälzen historischer Schriften in seiner Privatbibliothek gehörten genauso dazu wie Reisen nach Berlin zur Staatsbibliothek oder das (unverhoffte) Auffinden Hellmanns Grabstätte. Herausgekommen ist ein zweiteiliger Band mit dem Titel “Gustav Hellmann – Preußens ergiebigster Meteorologe”, wobei sich der erste Teil dem “Leben und Wirken” widmet, während Teil 2 “Eine Werkschau” darstellt.

Das insgesamt 650 Seiten starke Werk ist so aufgebaut, dass jedes Kapitel einzeln gelesen werden kann: Wer sich in aller Kürze über Hellmanns berufliches Wirken informieren will, liest Kapitel 1. Wer sich tiefergehend für das berufliche und private Leben des Meteorologen interessiert, findet im zweiten und längsten Kapitel nicht nur Antworten, sondern auch den ein oder anderen schmunzelerregenden Brief von der Mutter an den jungen Hellmann. In Kapitel 3 wird das Bild seines Lebens eingebettet in ein Umfeld von Fachgenossen, zu denen er engere Beziehungen pflegte oder die sein Wirken in irgendeiner Weise begleitet haben. Es folgen Hintergründe zur Gründung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft in Kapitel 4, bei der Gustav Hellmann Gründungsmitglied war. Die Leserschaft, die ihn als Urheber seines berühmten Regenmessers kennt (der teils auch heute noch unverändert verwendet wird), und nur dazu Auskunft wünscht, liest Kapitel 5 im ersten Teilband.

Der zweite Teilband schließt mit einer Schau Hellmanns wichtigster Arbeiten an – eine Werkschau. Dem berühmten Regenwerk gebührt dabei genauso ein eigenes Kapitel wie dem Oderwerk über Vb-Wetterlagen oder dem 1921 veröffentlichten “Klimaatlas von Deutschland”, der eine richtungweisende und erstmalige Publikation zur Klimakunde darstellte. Der Autor schreibt zum zweiten Teilband: “Nicht bloß Verzeichnis seiner Schriften, die zahlenmäßig an die 400 heranreichen, sondern vielmehr mehrstimmig referierende “Ergographie” will der zweite Teil dieser Schrift sein. Darin kommen vor allem urteilsfähige zeitgenössische Fachgelehrte zu Wort. Zu einem “Denker” im landläufigen Sinne wird man Hellmann kaum erheben können, aber in seinen Schriften wird gewiss ein klarer, gründlicher und geistreicher Kopf “sichtbar”. Sie sind der Schlüssel zum Verständnis seiner Persönlichkeit.”

Sie sind neugierig geworden oder noch auf der Suche nach einem besonderen Weihnachtsgeschenk für historisch und meteorologisch Interessierte? Die zwei Teilbände sind seit dem 17.12.2021 über den Wettershop des DWD (www.dwd-shop.de) und im Buchhandel erhältlich. Zugegeben, die Preise von 165 EUR (Teilband 1) bzw. 145 EUR (Teilband 2) löst bei Schnäppchenjägern vermutlich erst einmal Schnappatmung aus, ergeben sich (wie häufig bei wissenschaftlichen Publikationen kleiner (Selbst)Verlage) jedoch aus der hohen Seitenzahl bei gleichzeitig geringer Auflage. Doch es lohnt sich: Denn eindrucksvoll ist dieser Band in der Reihe “Geschichte der Meteorologie in Deutschland” nicht nur wegen seiner großen wissenschaftshistorischen Bedeutung und Verwendung bisher unveröffentlichter Quellen, sondern auch durch das besondere Talent des Autors, die deutsche Sprache in seinem Facettenreichtum und seiner Schönheit mit geistreicher Leichtigkeit zu Papier zu bringen. Zitate über oder von Gustav Hellmann als Einstieg eines jeden Kapitels erscheinen dabei wie ein ästhetisches, poetisches i-Tüpfelchen.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.12.2021

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DWD In eigener Sache Neuerscheinung ueber das Leben und Wirken von Gustav Hellmann

Die langen Nächte der Vorweihnachtszeit

Die astronomischen Randbedingungen bringen es mit sich, dass die längsten Nächte bzw. die kürzesten Tage des Jahres immer kurz vor Weihnachten stattfinden. Die Extremwerte werden dann zur Wintersonnenwende erreicht, die dieses Jahr am 21.12. stattfindet. Damit erreicht jene Zeit im Jahr ihren Höhepunkt, während der man bei nachteiligen meteorologischen Einflüssen eine ausreichende Tageshelligkeit nur mit Mühe erreichen kann. Rein astronomisch gesehen geht die Sonne beispielsweise in Hamburg heute um 08:33 Uhr auf und bereits um 16:01 Uhr unter, in München reicht diese Spanne von 08:00 bis 16:21 Uhr (jeweils MEZ). Diese meridionalen Unterschiede resultieren aus der Neigung der Erdbahn auf ihrem Weg um die Sonne (Neigung der Ekliptik um 23,5 Grad). Die Sonne ist daher im Sommerhalbjahr der Nordhalbkugel dem Nordpol zugeneigt, im Nordwinter steht diese über der Südhalbkugel und kann daher den Norden nur eingeschränkt bescheinen (Polarnacht nördlich des Polarkreises).

Doch die rein astronomischen Sonnenaufgangs- und -untergangszeiten geben nur einen Teil der Wahrheit wieder. Es ist ja bekanntlich nicht so, dass die Sonne einfach auf Knopfdruck ein- und ausgeschaltet wird. Je nach geographischer Breite gibt es auf unserer Erde verschieden lange Dämmerungszeiten, sowohl bei Auf- als auch bei Untergang der Sonne. Um sich jetzt bei den Dämmerungszeiten nicht nur auf das reine Gefühl verlassen zu müssen und eine gewisse Vergleichbarkeit zu schaffen, gibt es seit langer Zeit genaue Definitionen für die verschiedenen Dämmerungsabschnitte.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Dämmerung als die Übergangszeit zwischen Tag und Nacht angesehen. Physikalisch beschreibt diese hingegen klar jenen Zeitraum, in welchem das gestreute Restlicht der Sonne sichtbar ist, während die Sonne bereits oder noch unter dem Horizont steht. Die für die Bevölkerung relevanteste Dämmerungsart ist die sogenannte “bürgerliche Dämmerung”. Diese bezeichnet jenen Zeitraum, in dem die Sonne nicht tiefer als 6 bis 6,5 Grad unter dem Horizont steht. In Mitteleuropa dauert die bürgerliche Dämmerung etwa 37 bis 51 Minuten. Helle Planeten wie Venus oder Jupiter sind schon sichtbar. In dieser Phase ist es gerade noch möglich, ohne künstliche Lichtquelle beispielsweise eine Zeitung zu lesen.

Die “nautische Dämmerung” schließt sich an die bürgerliche Dämmerung an und endet, wenn die Sonne 12 Grad unter dem Horizont steht. Dabei können bereits einzelne Sternbilder beobachtet werden. Nach der nautischen Dämmerung folgt schließlich die “astronomische Dämmerung”. Diese endet, wenn die Sonne 18 Grad unter dem Horizont steht. Der Himmel ist nun richtig dunkel und das Firmament ist voller Sterne.

Allerdings sind dies nur die allgemeingültigen Regelungen. Natürlich ist vor allem die Länge der bürgerlichen Dämmerung stark von den jeweiligen Bewölkungs- und Aerosolverhältnissen in der Atmosphäre abhängig. Vermehrter (kondensierter) Wasserdampf sowie Staub-, Gas- und Eisaerosole in der Atmosphäre (bspw. Vulkanasche) können die Dämmerung enorm verändern. Besonders bei den heute und in den vergangenen Tagen sehr verbreitet trüben Verhältnissen durch Nebel- oder Hochnebel kann sich die gefühlte Dämmerung sehr in die Länge ziehen. Dann ist es durchaus realistisch, dass man erst am späten Vormittag das Gefühl von “Tageslicht” bekommt. Entsprechendes gilt auch für die frühe Abenddämmerung am Nachmittag. Doch die Wetterkarten zeigen, dass sich diese sehr trüben Eindrücke ab der neuen Woche deutlich reduzieren werden. Mit einer nordöstlichen Strömung gelangt zunehmend kältere, aber auch trockenere Festlandluft nach Mitteleuropa. Das senkt die Nebel- und Hochnebelwahrscheinlichkeit und die Wintersonne kann etwas verbreiteter und auch länger genossen werden.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.12.2021

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Kleine Synoptikkunde (11) – Wann schneit es eigentlich?

Es steht mal wieder das Weihnachtsfest vor der Tür. Damit kommen entsprechend auch – wie jedes Jahr so üblich – die gängigen Fragestellungen wieder auf. Eine davon kennt mit Sicherheit jeder unserer geneigten Leser: Wird es in diesem Jahr weiße Weihnachten geben? Nun, für das laufende Jahr ist das noch gar nicht klar, wie bereits im gestrigen Beitrag zum Thema des Tages ausführlich erläutert wurde. Da liegt es nahe, im Zuge dieses Kapitels der “Kleinen Synoptikkunde” etwas Rüstwerkzeug an die Hand zu geben, um sich selber ein zumindest grobes Urteil über die Chancen auf Schnee bilden zu können.

Zunächst muss man dafür die Frage beantworten, unter welchen Bedingungen überhaupt Schnee fallen kann. Rein intuitiv würde man jetzt sagen: Klar, wenn am Boden die Temperatur unter 0 Grad fällt. Das ist zumindest nicht falsch, aber auch nicht die ganze Wahrheit. Viel wichtiger – und das gilt oft auch allgemein – ist, was sich in der Höhe abspielt. Eine Grundbedingung für Schneefall ist entsprechende Kälte in der Höhe.

Niederschlagsbildung in Wolken findet in unseren Breiten meist bei Temperaturen von unter -10 Grad statt. Damit dieser Niederschlag aber auch in Form von Schnee am Boden ankommt, sollte es bis zum Boden möglichst auch nicht wärmer als 0 Grad werden. Um eine solche Abschätzung treffen zu können, bedient man sich der Temperaturkarte im Druckniveau von 850 hPa. Dieses Niveau befindet sich als grobe Faustformel etwa 1,5 Kilometer über dem Meeresspiegel. Der Grund für die Wahl dieser Höhe ist die Tatsache, dass es sich noch oberhalb der darunterliegenden Grenzschicht im Bereich der freien Atmosphäre befindet und somit frei von bodennahen Störeinflüssen ist. Aber zunächst zurück zur Temperatur. Ausgehend vom Niveau 850 hPa und der dazugehörigen Höhe kann man bis Bodennähe einen feuchtadiabatischen Temperaturgradienten annehmen, insbesondere bei Vorhandensein von Niederschlag. Dieser beträgt etwa 0,65 Kelvin pro 100 m Höhenunterschied. Das heißt, dass die Temperatur mit 100 m Höhenzunahme im Mittel um 0,65 Grad abnimmt. Somit lässt sich aus der bekannten Temperatur in 850 hPa und dem feuchtadiabatischen Gradienten auf die Höhe schließen, in der die Temperaturmarke von 0 Grad Celsius erreicht wird.

Einen Fakt darf man dabei aber nicht vernachlässigen: Die Höhe der 850 hPa-Druckfläche selber liegt eben nicht exakt in 1,5 Kilometern Höhe, sondern schwankt mit den generell herrschenden Druckverhältnissen. Das bedeutet, dass man sich zur Abschätzung der Schneefallgrenze neben der Temperatur auch das Geopotential der 850 hPa-Fläche betrachten muss, aus dem man deren Höhe ablesen kann. Bezüglich genauerer Ausführungen über das Geopotential sei hierbei auf das Kapitel 1 der “Kleinen Synoptikkunde” unter geopot verwiesen. Der Einfachheit halber kann man annehmen, dass die geopotentielle Höhe mit der geometrischen Höhe identisch ist und der dabei gemachte Fehler vernachlässigt werden kann, gerade im Hinblick auf die generelle Ungenauigkeit der durchgeführten Abschätzung.

Noch eine weitere Schwierigkeit gilt es zu berücksichtigen, wenn man eine halbwegs realistische Schätzung der Schneefallgrenze treffen will. Tatsächlich geht der Schnee beim Erreichen der 0 Grad-Grenze nicht urplötzlich in Regen über, sondern beginnt erst ganz allmählich zu schmelzen und fällt dabei weiter nach unten. Als geeignete Referenz bietet sich daher eher die sogenannte Feuchttemperatur an. Diese Temperatur ist ein Maß dafür, auf welche Temperatur eine Oberfläche durch Verdunstung mit der anwesenden Luftmasse abgekühlt werden kann und liegt zwischen Taupunkt und tatsächlicher Temperatur. Eine Faustregel lautet hier, dass der Niederschlag bis zu einer Feuchttemperatur von etwa 1 bis 1,3 Grad Celsius als Schnee fällt. Da die Feuchttemperatur aber wesentlich schwieriger zu bestimmen ist als die tatsächliche Temperatur, trifft man hier einfach die Annahme, dass bis zu einer Lufttemperatur von +2 Grad der Niederschlag als Schnee fällt. Das bedeutet für unser Abschätzungsverfahren, dass nicht die Grenze von 0 Grad, sondern von +2 Grad als Schneefallgrenze mit Hilfe des feuchtadiabatischen Temperaturgradienten bestimmt wird. Als ganz einfache Faustregel für die Flachlandbewohner lässt sich abschließend noch ausführen, dass für Schneefall bis “ganz runter” die 850 hPa-Temperatur wenigstens -5 Grad, besser aber -7 Grad oder weniger betragen sollte.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.12.2021

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Kleine Synoptikkunde 11 Wann schneit es eigentlich

Weihnachtswetter mit viel Konjunktiv

Heute in einer Woche ist Heiligabend – da kann man doch schon mal einen Blick auf’s Weihnachtswetter werfen, oder? “Können” tut man das schon, nur ob man nachher so viel schlauer ist, ist die große Frage. Das war sicherlich auch der Grund, warum an dieser Stelle in den vergangenen Tagen noch keine Aussagen zum Weihnachtswetter zu finden waren, obwohl in den Medien ja schon seit einiger Zeit (mal mehr, mal weniger seriös) Spekulationen betrieben wurden.

Und so stellte sich auch heute Vormittag wieder die Gretchen-Frage dieses Mediendienstes: Worüber schreiben?? Über den Taifun RAI, der gestern auf die Philippinen getroffen ist? Oder die aktuelle Nebel-/Hochnebellage, die wohl eher unter die Kategorie “langweilig” fällt? Oder doch ein “Konserventhema” wählen à la “Warum ist der Himmel blau?”? So richtig in den Schreibfluss kam die Verfasserin dieses Thema des Tages bei diesen Überschriften irgendwie nicht. Und so hat sie sich schließlich doch entschieden, die Leserschaft mit auf eine (Lese-)Reise in die Weihnachtswetterwelt zu nehmen, nicht, weil spekulieren so viel Spaß machen würde, sondern um den derzeitigen (Un)Wissensstand aufzuzeigen.

Fangen wir von vorne an: Der Einfluss des Hochs ZAFIRA mit Zentrum über den Britischen Inseln reicht aktuell bis nach Mitteleuropa. Daran ändert sich auch in den nächsten Tagen nicht viel: Die eingeflossene feuchte, milde Luftmasse, die zu Nebel und Hochnebel neigt, bleibt uns also auch am Wochenende erhalten. Doch eine Änderung vollzieht ZAFIRA allmählich: Sie “kippt” von West-Ost- auf Nord-Süd-Ausrichtung (aus einer zonalen Strömung wird eher eine meridionale), wodurch sich ein umfangreiches Tief mit sehr kalter Luft über Russland aufbauen kann. Somit dreht bei uns die Strömung auf Nord und kältere Luft kann zum Wochenanfang ihren Weg nach Deutschland finden (wenngleich sie weniger kalt ist als in Russland). Bis Mittwoch können im Norden und Osten schwache Tiefausläufer mit etwas Schneeregen und Schnee durchziehen, nach Westen und Süden bleibt es meist trocken. Insgesamt wird das Dauergrau verdrängt, denn die Luftmasse wird nicht nur kälter, sondern auch trockener.

Schön und gut, doch wie geht es dann weiter?

Für Heiligabend gibt es verschiedene Szenarien:

1.: Nach dem gestrigen Lauf des europäischen Wettermodells (EZMW) verblieben wir im Zustrom kalter Luft, jedoch würde sich über dem Atlantik eine umfangreiche Tiefdruckzone aufbauen, die bis zum Mittelmeer reicht. Diese könnte sehr milde Luft aus Süden nordwärts führen, die auf die kalte Luft aus Norden treffen würde – eine Luftmassengrenze (mit Schneefällen) entstünde. Nach gestrigem Stand lag diese Luftmassengrenze aber eher südlich von Deutschland, in etwa südlich der Alpen. Erwähnenswert sind bei dieser Lösung auch Schneefälle im Ostseebereich durch den sogenannten Lake-Effekt, die für weiße Weihnachten von der Küste Mecklenburg-Vorpommerns bis nach Schleswig-Holstein und Hamburg sorgen könnten.

2.: Nach dem heutigen Lauf des EZMWFs würde sich die deutlich mildere Atlantikluft in ganz Deutschland durchsetzen, am Oberrhein wären dann sogar 10°C und mehr möglich. Im Übergangsbereich von kalter und warmer Luft würde es nur vorübergehend schneien, bevor der Schnee rasch in (gefrierenden) Regen übergehen würde. Also eher grüne statt weiße Weihnachten…

3.: Nach dem heutigen Lauf des amerikanischen Wettermodells GFS liegt über Deutschland eine Luftmassengrenze, die kältere Luft im Norden von wärmerer im Süden trennt. Damit könnten durchaus Niederschläge verbunden sein, Richtung Norden auch als Schnee.

Übrigens: Nach dem gestrigen GFS-Lauf würde sich über Mitteleuropa ein kräftiges Hoch aufbauen, das kalte (und trockene!) Luft bedeuten würde…

Nicht viel schlauer als vorher? Dann ziehen wir doch noch die Probabilistik zurate – denn da die beschriebenen Szenarien nur “Einzellösungen” sind, macht es durchaus Sinn, sich verschiedene Läufe eines Modells mit leicht unterschiedlichen Anfangsbedingungen anzuschauen, das sogenannte Ensemble. 50 Modellläufe des europäischen Wettermodells zeigen im Mittel, dass die “Hochdruck”-Variante als unwahrscheinlich angesehen werden kann und sich eher Tiefdruckeinfluss andeutet. Wo genau eine mögliche Luftmassengrenze liegen wird, wird von den einzelnen Berechnungen sehr unterschiedlich gesehen und bleibt folglich unsicher.

Im Norden und Osten liegt die Wahrscheinlichkeit für Dauerfrost an Heiligabend (immerhin) bei 30-50 %, Richtung Westen und Süden ist sie (abgesehen von den Alpen) deutlich geringer. Die Wahrscheinlichkeit für Schneefall liegt an Heiligabend in der Südwesthälfte bei unter 10 %, in der Nordosthälfte bei 10-20% – die Chancen auf weiße Weihnachten sind dort also (wenn man davon sprechen kann) am größten. Insgesamt sind diese Werte aufgrund der großen Streuung, also den sehr unterschiedlichen Berechnungen der einzelnen Mitglieder des Ensembles, mit Vorsicht zu genießen sind.

Und auch, wenn sich in diesen Text nun 16 Konjunktive geschlichen haben, so wird sie zwar schwächer, die Hoffnung auf weiße Weihnachten – aber vielleicht rieselt bei dem ganzen “Spekulatius” ja am Ende sogar doch mehr als nur ein bisschen “Gekrümel” vom Himmel…

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.12.2021

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DWD Weihnachtswetter mit viel Konjunktiv

Die “Zwiebelringe” des Niederschlagsradars

In den letzten zwei Wochen dominierte häufig nasskaltes Winterwetter mit wiederholten Schneefällen in den Mittelgebirgen, während in den Niederungen ein Mix aus Regen, Schneeregen und Schnee für “Schmuddelwetter” sorgte. Bei solchen Wetterlagen erscheinen auf Radarbildern, die Sie u.a. über unsere WarnWetter-App erhalten, nicht selten unterschiedlich große mysteriöse Ringe. Keine Angst – Aliens haben nicht die Macht über unser Wetter übernommen und die Radare sind auch nicht kaputt! Es handelt sich bei den “Zwiebelringen” um den sogenannten “Brightband-Effekt”, der im Winterhalbjahr häufiger zu sehen ist.

Um die Erklärung dieser merkwürdigen Ringe zu verstehen, muss man wissen, wie ein Niederschlagsradar funktioniert. Kurz und vereinfacht zusammengefasst besitzt ein Radar einen Sender und einen Empfänger. Der Sender sendet einen gebündelten Strahl aus elektromagnetischen Wellen aus. Treffen diese auf ein Niederschlagsteilchen, wird ein geringer Anteil des Strahls reflektiert und gelangt zurück zum Empfänger des Radars. Es handelt sich also um keine direkte Messmethode von Niederschlag (z.B. Regentopf, der den Regen auffängt), sondern um eine indirekte Methode. Deshalb wird auf dem Radarbild auch nicht die Niederschlagsintensität (z.B. mm/h), sondern die Reflektivität (dBZ), also die Stärke des zurückgestreuten Radarsignals, angegeben. Um auf die Intensität des Niederschlags zu schließen, nimmt man an, dass diese mit steigender Reflektivität zunimmt. Und je länger es dauert, bis die ausgesendete Welle am Empfänger ankommt, desto weiter ist der Niederschlag vom Radar entfernt. Aus diesen beiden Informationen erhält man ein zweidimensionales Radarbild, das die Intensität und Verteilung des Niederschlags zeigt.

Damit Hochhäuser oder Bergketten den Radarstrahl nicht reflektieren, wird dieser nicht exakt horizontal, sondern mit einem kleinen Neigungswinkel nach oben ausgesandt (beim DWD je nach Lage 0,1 bis 1,9°). Das Radar misst also nicht den tatsächlich am Boden ankommenden Niederschlag. Je weiter man sich nämlich vom Radar entfernt, desto höher befindet sich der Radarstrahl über dem Erdboden. Das Radar detektiert demnach je nach Entfernung zum Radar den Niederschlag in einigen Hundert Metern bis wenigen Kilometern über dem Erdboden.

Nun kommt noch ein kniffliges Detail dazu und damit kommen wir zurück zu unseren Zwiebelringen. Die Reflektivität hängt nämlich nicht nur von der Niederschlagsintensität, sondern auch von deren Phase ab. Regentropfen liefern ein stärkeres Rückstreusignal als filigrane Schneekristalle. Die mit Abstand stärkste Reflektivität besitzen aber schmelzende Eiskristalle, also Schneeregen (siehe Skizze).

Das dargestellte Radarbild stammt vom Niederschlagsradar bei Essen. Weit vom Radar entfernt (z.B. bei Köln) befindet sich der Radarstrahl bereits so hoch über dem Erdboden, dass er Schneekristalle detektiert. In der Nähe des Radars wird der Strahl hingegen von Regentropfen weiter unten in der Wolke reflektiert. Im ringförmigen orangefarbenen Bereich mit den stärksten Reflektivitäten befindet sich der Radarstrahl genau in der Höhe, in der der fallende Schnee zu Regen schmilzt. Diese Schmelzschicht wird als “Brightband” bezeichnet. Die hohen Reflektivitäten sind also nicht – wie man vermuten könnte – auf besonders starken Niederschlag zurückzuführen, sondern auf die starke Reflexion von schmelzenden Eiskristallen.

Durch geschickte Korrekturverfahren kann der Brightband-Effekt in der Regel herausgefiltert werden, sodass er auf dem finalen Radarbild nicht mehr vorkommt. Dabei helfen die großzügigen Überlappungen der Bereiche, die jedes einzelne der 17 Radare des DWD-Radarverbunds mit ihrer horizontalen Reichweite von 150 km erfassen. Liegt die Schneefallgrenze nur wenige 100 m über dem Erdboden, ist dies allerdings nicht mehr möglich. Daher treten diese Ringe vor allem im Winterhalbjahr auf.

Übrigens: Die auf den ersten Blick störende oder irreführende ringförmige Struktur hat auch was Positives – man kann damit die Schneefallgrenze abschätzen. Wird der Ring mit der Zeit kleiner, deutet dies auf eine absinkende Schneefallgrenze hin. Ist das Brightband nur noch als Fleck um das Radar zu sehen, ist davon auszugehen, dass auch bei Ihnen der Regen bald in Schneeregen oder Schnee übergehen sollte, sofern Sie sich auf gleichem Höhenniveau wie das Radar befinden.

In den nächsten Wochen und Monaten wird man noch häufiger “Zwiebelringe” auf Radarbildern sehen, immer dann, wenn es in den Niederungen regnet und in mittleren oder höheren Mittelgebirgslagen schneit. Seien Sie sich sicher, auch dann ist alles natürlich und erklärlich – Außerirdische haben damit nichts zu tun 😉

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.12.2021

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DWD Die Zwiebelringe des Niederschlagsradars

Bauernregeln im Dezember

Im altrömischen Kalendarium war der Dezember ursprünglich der zehnte Monat (lat. decem = zehn). Im Jahre 153 v. Chr. wurde der Neujahrstag vom Senat des Römischen Reiches aber um zwei Monate auf den 1. Januar vorverlegt und der Dezember so zum zwölften Monat des Jahres. Unter Kaiser Commodus hieß der Dezember kurzzeitig “Exsuperatorius”. Ein altdeutscher Name für den letzten Monat unseres Kalenders ist “Julmond” und leitet sich vom sog. Julfest, der germanischen Feier zur Wintersonnenwende ab. Nach der Christianisierung Europas entstanden die Bezeichnungen “Christ- oder Heilmond”.

Zwar hat der meteorologische Winter bereits am ersten Dezember begonnen, der kalendarische Winteranfang erfolgt aber erst in der dritten Dekade, dieses Jahr am 21.12. Mit dem einsetzenden Winter ist in der Landwirtschaft nicht mehr viel zu holen, daher beschäftigen sich die meisten Bauernregeln im Dezember mit der Voraussicht auf das nächste Jahr oder den kommenden Frühling. Wie immer sind die Regeln mit Vorsicht zu genießen und lassen sich nicht auf einen Tag genau festlegen. Oft steckt aber ein Körnchen Wahrheit drin.

“Im Dezember Schnee und Frost, das verheißt viel Korn und Most.” ist eine der für den ganzen Monat geltenden Bauernregeln. “Dezember mild mit viel Regen, ist für die Saat kein Segen.” lautet eine weitere Regel. Beide deuten auf das Gleiche hin. Regnet es im Dezember viel, ist die Gefahr groß, dass die Saat ausgeschwemmt wird oder bei mildem Wetter gar zu keimen beginnt. Kommt dann der Frost im Januar sind die jungen Keimlinge schutzlos und erfrieren. Ähnlich ergeht es den Knospen an den Bäumen. Sie sind durch eine dünne Wachsschicht vor Frost geschützt. Ist es allerdings mild im Dezember, gehen sie auf, der nächste Frost kann eindringen und sie sterben ab. Andersrum sorgen Schnee und Frost dafür, dass die Saaten im Boden vor Ausschwemmungen geschützt sind. Im milden Frühjahr können sie dann gut aufgehen.

Es gibt am Anfang des Monats Bauernregeln, die auf das Wetter zu Weihnachten abzielen. “Geht Barbara im Klee, kommt das Christkind im Schnee.” ist eine Regel am 04. Dezember, St. Barbara. Der diesjährige vierte Dezember brachte verbreitet trübes und nasses Wetter. Dabei fielen im Osten ein paar Zentimeter Schnee, in den Bergen kamen teils erhebliche Neuschneemengen zusammen. Das kann man nun wahrlich nicht als “Klee” bezeichnen. Nach dieser Regel wären die Chancen für Schnee an den diesjährigen Weihnachtstagen also gering. Wie wir aber bereits in früheren Themen des Tages angesprochen haben, deuten die aktuellen Prognosen für Weihnachten den Zustrom eher kühler Luftmassen an. Damit könnte es zumindest in den Bergen für weiße Weihnachten reichen. In den tiefsten Lagen im Norden und Westen stehen die Chancen statistisch gesehen immer schlecht. Wie sich das Wetter genau entwickelt, bleibt noch abzuwarten.

Auch an den Weihnachtstagen hat der Bauernkalender einiges zu bieten: “Hängt zu Weihnacht Eis von den Weiden, kannst du zu Ostern Palmen schneiden.” und “Viel Wind an den Weihnachtstagen, reichlich Obst die Bäume tragen.”. Beide beziehen sich auf das Wetter beziehungsweise die Ernte im nächsten Jahr. Nur wenn es im Winter kalt ist, ist die Ernte im neuen Jahr gesichert.

Die wohl glaubwürdigste Bauernregel des Jahres gibt es am 31. Dezember: “Friert zu Silvester Berg und Tal, geschieht es dieses Jahr das letzte Mal.” Mit diesen wahren und weisen Worten wünscht die Autorin Ihnen und Ihren Lieben eine frohe und besinnliche Weihnachtszeit.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.12.2021

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Tornado-Outbreak in den USA

Mehrere Tornados sorgten am Abend des vergangenen Freitags und in der darauffolgenden Nacht zum Samstag in Teilen des Südostens und Mittleren Westens der USA für Verwüstungen und leider auch zahlreiche Tote. Besonders betroffen davon war ein Streifen vom Nordosten Arkansas über den Nordwesten Tennessees bis in den Westen Kentuckys. Allein in Kentucky kamen Medienberichten zufolge über 70 Menschen ums Leben, was bedeutet, dass dieses Tornadoereignis dort eines der, wenn nicht sogar das bisher tödlichste war.

Aber auch von Missouri bis nach Illinois sowie vereinzelt in Mississippi, Alabama und Ohio gab es Tornadomeldungen. Insgesamt wurden dem Storm Prediction Center (SPC) des US-Wetterdienstes der NOAA (Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde) rund 60 Tornados gemeldet, wobei die tatsächliche Anzahl durch Mehrfachsichtungen ein und desselben Tornados vermutlich niedriger sein dürfte. Berichten zufolge sollen es knapp 35 Tornados gewesen sein, davon sieben der Kategorie EF3 (Windgeschwindigkeiten zwischen 218 und 265 km/h). Auf der linken Seite der beigefügten Abbildung  sind die Tornadomeldungen als rote Punkte markiert (in blau Sturm- und Orkanböen, in grün Hagel).

Auch wenn Tornados in den USA selbst im Dezember keine Seltenheit sind, ist dieses Ereignis sowohl was die Anzahl an Tornados als auch die betroffenen Regionen angeht durchaus ungewöhnlich. Dem SPC nach treten im Dezember vor allem in den Staaten in der Nähe zum Golf von Mexiko durchschnittlich 2 bis 4 Tornados pro Bundesstaat auf. Im Mittleren Westen liegt diese Zahl – abgesehen von Missouri (MO) – unter 1.

Im Mittel treten in den USA jährlich etwa 1200 Tornados auf. Nach einer vorläufigen Auswertung des SPC waren es mit Stand vom 07.12.2021 in diesem Jahr bisher 1180 Tornados, wobei diese Zahl vermutlich noch etwas nach unten korrigiert werden dürfte (Stichwort Mehrfachmeldungen). Rechnet man den kürzlichen Tornado-Outbreak noch dazu, dürfte dieses Jahr in Sachen Tornados also im “Sollbereich” oder etwas darunter liegen. Das Vorjahr verlief etwas unterdurchschnittlich (vorläufige Meldung des SPC: 1075), 2019 wiederum war mit über 1500 Tornados dagegen sehr intensiv.

Für die kommenden Tage sind Tornados in den USA voraussichtlich kaum ein Thema mehr. Zwar prognostiziert das SPC ab dem morgigen Mittwochnachmittag ein geringes Risiko für schwere Gewitter in Teilen von Iowa, Tornados sollten dabei aber wenn überhaupt nur die Ausnahme bilden.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.12.2021

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DWD Tornado Outbreak in den USA

Schwere Zeiten für Sternschnuppenfreunde

Weihnachten kommt mit großen Schritten näher und auch die damit verbundenen Traditionen und Gepflogenheiten. Für Freunde der Astronomie findet das weihnachtliche Highlight aber meist schon ein paar Tage vor dem Fest statt, denn mit dem alljährlichen Meteorschauer der Geminiden kommt das astronomische Beobachtungsjahr meistens zu einem schönen Abschluss.

Die Geminiden treten regelmäßig zwischen dem 04. und dem 20. Dezember auf und sind mittlerweile einer der stärksten Meteorströme des Jahres. Das Maximum wird meist um den 14. Dezember herum erreicht. Die Sternschnuppen entstehen dadurch, dass die Erde die von einem Asteroiden bzw. einem Kometen durch Staub verunreinigte Spur kreuzt. Diese Staubteilchen dringen dabei in die Atmosphäre ein und verglühen dort. Die genaue Verunreinigungsquelle war bei den Geminiden lange Zeit nicht geklärt. Nach Untersuchungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) scheint mittlerweile aber wissenschaftlich festzustehen, dass wahrscheinlich der Asteroid “Phaeton” der Quellkörper ist. Im laufenden Jahrzehnt ist sogar noch eine Raumfahrtmission (“Destiny Plus”) zu diesem Asteroiden geplant. Neben den Geminiden im Dezember sind die Perseiden im Sommer und die Leoniden im Spätherbst besonders bekannt. Die Grundvoraussetzung schlechthin für magische Augenblicke ist natürlich eine freie und möglichst nicht durch Wolken gestörte Himmelssicht. Den besten Blick auf den Nachthimmel gibt es normalerweise auf orographischen Anhöhen, Hügeln oder Bergen sowie im Bereich von ausgedehnten Feldern außerhalb der lichtdurchfluteten Ballungsräume. Die zweite wichtige Voraussetzung ist wesentlich schwieriger zu erreichen, denn auf das Wettergeschehen haben wir (zum Glück) keinen Einfluss.

Leider meint es das Wetter dieses Jahr mit den Sternschnuppenfans nicht sonderlich gut. Aktuell befindet sich Mitteleuropa im Bereich einer schmalen Hochdruckzone, die von der Iberischen Halbinsel bis zu den Baltischen Staaten reicht. Dabei strömt von Südwesten her eine zunehmend milde, aber auch ziemlich feuchte Luftmasse heran. Die Kombination aus feuchter Luft und Hochdruckeinfluss führt im Winter fast zwangsläufig zu überwiegend bedeckten bis trüben Witterungsverhältnissen. Auch wenn sich tagsüber die Wolkendecke kurz durchbrochen zeigen sollte, verdichten sich Nebel- und Hochnebelfelder in den Nächten meist wieder. Außerdem streifen in den nächsten Tagen auch noch Tiefausläufer den Norden, die teils mehrschichtige Bewölkung und leichten Regen mit sich bringen.

Doch ganz chancenlos ist man bei der Sternschnuppenjagd dieses Jahr dann doch nicht, man muss allerdings unter Umständen ein paar größere Reisestrapazen auf sich nehmen. In den höheren Lagen des Südens, insbesondere des Hochschwarzwaldes und der Alpen, stehen die Chancen auf gute nächtliche Sichtverhältnisse in den kommenden Nächten etwas besser. Außerdem haben diese Regionen den Vorteil, dass man den lichtverschmutzten Bereichen der Großstädte entfliehen kann. Sollte es in den kommenden Nächten also aufgrund der Wetterverhältnisse nicht klappen, bestehen bei den nächsten Sternschnuppenschauern des Winters weitere Beobachtungschancen. Kurz vor Weihnachten werden sich beispielsweise die schwachen Ursiden und gleich im neuen Jahr die deutlich stärkeren Quadrantiden einstellen. Hoffen wir mal, dass das Wetter dann besser mitspielt.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 13.12.2021

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“Vorgezogenes” Weihnachtstauwetter

Einige von euch haben bestimmt das Wort “Weihnachtstauwetter” gehört und fragen sich, was dies bedeutet. Nun als Weihnachtstauwetter bezeichnet die mild-nasse Witterungsperiode, die in Mitteleuropa als klimatologische Singularität in knapp sieben von zehn Jahren zwischen dem 24. Und dem 29. Dezember eintritt.

Um Weihnachtstauwetter entstehen zu können, muss feuchtwarme Meeresluft aus dem Westen und Südwesten bis nach Mitteleuropa vorstoßen, die die winterliche Witterungsperiode beendet. Die bis dahin gebildete Schneedecke schmilzt bis teils in die mittleren Lagen weg.

In den vergangenen Tagen sorgten Luftmassen polaren Ursprungs für Schneefälle teils bis in den Niederungen. Aktuell liegt in Teilen Mitteleuropas bzw. in Süd- und Ostdeutschland eine mehr oder weniger dünne Schneedecke. In den Mittelgebirgen und an den Alpen ist die Schneedecke teils über 50 cm dick.

Zum dritten Advent, also kurz vor Weihnachten, stellt sich die Wetterlage nun um. Zwischen dem Hoch “Yascha”, das sich von der iberischen Halbinsel bis nach Mitteleuropa erstreckt, und den atlantischen Tiefdruckgebieten “Lutz” vor Irland und “Kamillo” bei Island strömt von Westen und Südwesten her zunehmend sehr milde Luft nach Deutschland.

Die Warmfront vom Tief “Kamillo” mit dem dazugehörigen Niederschlagsgebiet hat am heutigen Sonntag Norddeutschland erreicht und weitet sich weiter nach Süddeutschland aus. Die Milderung kann sich in den Niederungen von Mittel- und Süddeutschlands nur zögerlich durchsetzen. Anfangs kann Schnee dabei sein, der aber bis in die höheren Lagen in Regen übergeht. Stellenweise führt der Regen, wo der Boden noch gefroren ist, zu Glatteisbildung. Also Aufpassen, wenn Sie in den zentralen und östlichen Mittelgebirgen, später auch in Südostdeutschland unterwegs sind.

Am Montag ist die Milderung so weit fortgeschritten, dass die letzten “Kältelöcher” auch an der unteren Donau ausgeräumt werden. Im Nordwesten werden sogar Höchstwerte bis 13 Grad erreicht, was man für die Jahreszeit als “sehr mild” bezeichnen kann. In tiefen Lagen dürfte der Schnee daher bald passé sein.

Der weitere Ausblick sagt am Dienstag und Mittwoch im Norden und in der Mitte etwas Regen voraus, danach dominiert wohl Hochdruckeinfluss – was im Winter zumindest in tiefen Lagen aber oft Nebel oder Hochnebel bedeutet. Die Berge könnten dagegen durchaus einige Sonnenstunden abbekommen.

Eine Inversionswetterlage stellt sich somit ein, wo sich in den Niederungen die Kaltluft sammeln kann und es auf den Bergen mild bleibt. Die Nächte bleiben in Norden meist frostfrei. In der Mitte und Süden muss dagegen mit leichten und zur Wochenmitte mit mäßigem Frost gerechnet werden und bei Dauernebel herrscht Dauerfrost.

Das “vorgezogene” Weihnachtstauwetter” könnte ein gutes Omen für weiße Weihnachten sein. Denn die Wettermodelle deuten an, dass der Schwerpunkt des Hochs kurz vor den Feiertagen von Mitteleuropa in Richtung der Britischen Inseln und des Nordatlantiks wandert.

Somit wäre die “Tür” zum Atlantik, von wo im Winter die milde Luft herkommt, geschlossen. Der Weg für die Polarluft aus Skandinavien bzw. Russland in Richtung Mitteleuropa wäre dagegen frei. Kälte und Schnee bis ins Flachland könnten dann die Folgen sein. Die Chancen dafür sehen nicht so schlecht aus.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 12.12.2021

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