Wildes (Vor-) Weihnachtswetter

Derzeit leuchtet die Warnkarte des Deutschen Wetterdienstes auf wie ein bunt geschmückter Weihnachtsbaum. Von den Farben Grün, Gelb und Orange bis Rot sind nahezu alle Warnstufen vertreten.
Am gestrigen Donnerstag (21.12.2023) fegte Sturmtief “Zoltan” an Deutschland vorbei und brachte neben milderer Meeresluft und kräftigen Niederschlägen, teils mit Gewittern, auch hohe Windgeschwindigkeiten. So traten verbreitet stürmische Böen oder Sturmböen bis 85 km/h auf. Bei kräftigen Schauern und Gewittern konnten häufiger auch schwere Sturmböen oder orkanartige Böen zwischen 90 und 115 km/h beobachtet werden, so zum Beispiel auch in Haaren in Nordrhein-Westfalen. Dort wurden am Nachmittag satte 113 km/h gemessen. Auf dem Feldberg im Schwarzwald sowie auf Spiekeroog (Ostfriesland) konnten selbst Böen mit 140 km/h registriert werden. Neben Behinderungen im Bahnverkehr gab es aber auch für Hilfs- und Rettungskräfte zahlreiche Einsätze, besonders wegen umgestürzter Bäume sowie Schäden an Autos und Häusern.

DWD Wildes Vor Weihnachtswetter

Die Auswirkungen des Sturms sind jedoch noch nicht vorüber. Aufgrund der strammen nordwestlichen Anströmung der Deutschen Bucht warnt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (kurz: BSH) aktuell (Stand 22.12.23, 10 Uhr MESZ) vor einer Sturmflut im Bereich der Nordsee. Teilweise wird sogar um die Mittagszeit eine schwere Sturmflut erwartet, wie zum Beispiel in Hamburg an der Elbe. Weitere Informationen zur aktuellen Lage finden Sie unter www.bsh.de.
Aber auch an Regen hat es definitiv nicht gemangelt. So sind alleine in den vergangenen 24 Stunden insbesondere in den Staulagen der Mittelgebirge erhebliche Regenmengen zusammengekommen. Gebietsweise fielen 20 bis 35 Liter pro Quadratmeter in nur 24 Stunden. In einzelnen Regionen, wie dem Westerwald, dem Schwarzwald sowie dem Bayerwald kamen sogar unwetterartige Regenmengen über 50 Liter pro Quadratmeter zusammen.

Wind und Regen werden uns auch in den kommenden Tagen immer wieder begleiten. Zwar zieht das Sturmtief “Zoltan” heute langsam in Richtung Baltikum und verliert an Einfluss auf Deutschland, dennoch verbleiben wir in einer strammen nordwestlichen Strömung. Darüber hinaus trennt eine Luftmassengrenze derzeit sehr milde Luft im Südwesten von kühlerer Luft im Nordosten. So kommt es noch bis Sonntag zu anhaltenden, teils kräftigen Niederschlägen, die in Staulagen der Mittelgebirge und der Alpen ergiebige Niederschlagsmengen bringen. Auf der kalten Seite der Luftmassengrenze kann es insbesondere in der Nacht zum Samstag und am Samstagvormittag auch für etwas Schnee bis in tiefe Lagen reichen. Im Stau des Erzgebirges wird vorübergehend sogar starker Schneefall vorhergesagt. In weniger als 12 Stunden könnten dort möglicherweise 25 cm zusammenkommen, in vereinzelten höher gelegenen Staulagen sind bis zu 40 cm Neuschnee nicht ausgeschlossen. Könnte es dort dann vielleicht sogar für weiße Weihnachten reichen? Was wäre es aber für ein Weihnachtsfest ohne ein “richtiges” Weihnachtstauwetter …

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Zum Sonntag (Heiligabend) überquert uns die Warmfront eines Atlantiktiefs, die mit einer zunehmend westlichen Strömung sehr milde Meeresluft im Gepäck hat. Somit setzt quasi “pünktlich” zum Fest in der Nacht zu Heiligabend in diesen Regionen Tauwetter ein und der Schnee zieht sich allmählich wieder in höhere Berglagen zurück. Heiligabend selbst gestaltet sich dann meist stark bewölkt und sehr wechselhaft. Bei Höchstwerten von 8 bis 13 Grad hält der lebhafte Westwind mit starken bis stürmischen Böen weiter an.
Am Montag, dem 1. Weihnachtsfeiertag, liegt erneut ein Tiefausläufer quer über der Mitte Deutschlands, dort bleibt es also regnerisch und windig bis stürmisch. Immerhin kann sich im äußersten Norden sowie im Süden vorübergehend die Sonne zeigen. Bei weiterhin sehr milden 9 bis 15 Grad kann man also getrost mal wieder vielerorts von einem “grau-grünen” Weihnachtsfest sprechen.
Und auch am Dienstag, dem 2. Weihnachtsfeiertag, bleibt es sehr mild und im Norden und der Mitte wechselhaft mit zeitweiligem Regen. Nur im Alpenvorland zeigt sich häufiger die Sonne. Dem Wind geht darüber hinaus allmählich die Puste aus. Dieser lässt im Tagesverlauf allmählich nach und tangiert im Folgenden nur noch die Küsten und das höhere Bergland.

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MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.12.2023
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Wenn Atmosphärische Flüsse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen ….

Kurz nach unserer letzten Analyse an dieser Stelle (siehe Thema des Tages vom 11.09.2023) wurde Mitte September das jährliche arktische Meereisminimum mit 4,33 Millionen Quadratkilometer erreicht und nahm damit den siebten Platz in der Messreihe der geringsten Meereisausdehnung ein, die seit 1979 mittels Satellitendaten kontinuierlich erfasst wird. Im Vergleich zum vieljährigen Mittel 1981-2010 rangierte die Meereisausdehnung im ganzen Jahr 2023 am unteren Rand der Spannbreite und vor allem in den Monaten August und September auch unter den Vorjahreswerten (siehe Abbildung 1). Mit dem Beginn des langen arktischen Winters hat die Ausdehnung des Meereises überdurchschnittlich stark zugenommen. Ende Oktober hatte die Eisdecke die sibirische Küste erreicht, während an den Küsten der Beaufort- und Tschuktschensee weiterhin offenes Wasser vorhanden war.

DWD Wenn Atmosphaerische Fluesse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen … 1

Auch bis weit in den November hielt das leicht überdurchschnittliche Meereiswachstum an, wobei die Expansion vor allem in der Baffin Bay und in der südlichen Beaufortsee dominierte. Gemittelt über den Monat lag die tägliche Zunahme der Eisbedeckung bei 70.800 Quadratkilometern (langjähriges Mittel 1981-2010: 69.500 Quadratkilometer), was in etwa der Fläche Irlands entspricht. Die durchschnittliche Meereisausdehnung in der Arktis betrug im November 2023 9,66 Millionen Quadratkilometer und rangiert damit zusammen mit dem November 2006 auf dem siebtniedrigsten Rang in der 45-jährigen Satellitenaufzeichnung.

Ab dem 22. November kam das Zufrieren vorübergehend für einige Tage nahezu zum Stillstand. Ursächlich war eine vom 21. bis zum 28. November andauernde Serie von drei kräftigen Tiefdruckgebieten. Diese schlugen eine sehr ähnliche Zugbahn ein, die sich von der Nordostküste Grönlands ostwärts entlang des nördlichen Randes der Barents-, Kara- und Laptev-See erstreckte. Auf dem Weg in den Arktischen Ozean verschmolzen die Tiefs mit ihren Vorgängern, so dass ein anhaltendes zyklonales (gegen den Uhrzeigersinn rotierendes) Windsystem entstand. Sowohl der erste als auch der dritte dieser Stürme hatten ihren Ursprung in der Region des Islandtiefs, bevor sie die Ostseite Grönlands hinaufwanderten. Das zweite Tiefdrucksystem entstand unmittelbar nördlich von Grönland. Gleichzeitig entwickelte sich ein Hochdruckzentrum über dem eisfreien Teil der Barentssee aus, das vom 26. bis 28. November besonders stark wurde.

Diese Kombination aus anhaltendem Tiefdruck nördlich und westlich von Spitzbergen und einem Hochdruckzentrum im Südosten führte zu einer starken, anhaltenden Strömung sehr warmer und feuchter Luft aus dem Bereich des mittleren Nordatlantiks in Richtung Spitzbergen. Von dort drehte die Strömung dann entlang der Randeiszone nach Osten. Insgesamt begünstigte diese Konstellation die Ausdehnung eines atmosphärischen Flusses über die mittleren Breiten hinaus bis in die Arktis. Atmosphärische Flüsse sind übrigens lange, schmale Korridore, die eine große Menge Wasserdampf transportieren (für mehr Informationen zu atmosphärischen Flüssen sei auf das verwiesen). Neue Forschungsergebnisse (https://eos.org/articles/rivers-in-the-sky-are-hindering-winter-arctic-sea-ice-recovery) zeigen, dass atmosphärische Ströme immer häufiger weiter nach Norden vordringen als noch vor vier Jahrzehnten. Diese atmosphärischen Flüsse pumpen vermehrt warme und feuchte Luft in die Arktis, auch in den Wintermonaten. Sie lassen Regen auf das sich erholende arktische Meereis fallen, wenn das Eis eigentlich seinen saisonalen Höchststand erreichen soll. Zudem sind mit dem häufigeren Auftreten der atmosphärischen Flüsse höhere Windgeschwindigkeiten und auch größere Wellen verbunden, die die Eisbildung weiter behindern können. Insgesamt stehen diese neuen Erkenntnisse im Einklang mit der beobachteten Unterbrechung des saisonalen Eiswachstums Ende November.

DWD Wenn Atmosphaerische Fluesse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen …

Nachdem die Tiefdruckserie Ende November ihr Ende fand, beschleunigte sich die tägliche Meereiszunahme wieder auf weitgehend durchschnittliche Werte. Aktuell wird die Meereisbedeckung auf 12,45 Millionen Quadratkilometer beziffert (siehe Abbildung 2). Damit entspricht die Flächenausdehnung zu Beginn der dritten Dezemberdekade in etwa denen des Vorjahres und liegt damit weiter am unteren Rand der vieljährigen Schwankungsbreite.

DWD Wenn Atmosphaerische Fluesse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen … 2

Von der Arktis begeben wir uns noch zuletzt in die Antarktis. Wie hat sich die Meereisbedeckung in den ersten Sommermonaten (auf der Südhalbkügel herrscht derzeit Sommer) nach einem absoluten winterlichen Rekordtiefststand entwickelt? Der tägliche Eisverlust bewegte sich bis Anfang November zunächst in einem ähnlichen Bereich wie im letzten Jahr. Der Rückgang der antarktischen Meereisausdehnung hielt um den 9. November herum für einige Tage an. Dies führte erstmals seit Mai dazu, dass die Ausdehnung über dem Minimum aus dem Jahr 2016 lag. Der saisonale Rückgang nahm dann jedoch wieder zu und folgte eng dem Verlauf der rekordtiefen Tagesausdehnung von 2016.

 

DWD Wenn Atmosphaerische Fluesse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen … 3

Aktuell fällt die Eisausdehnung im Weddellmeer- und der Kosmonautensee sowie im Rossmeer anhaltend niedrig aus, in der Bellingshausen- und Amundsensee liegt sie jedoch leicht über dem Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010 (siehe Abbildung 4). Ungewöhnlich warme Bedingungen über dem östlichen Weddellmeer und starke ablandige Winde direkt im Osten (an der Küste von Dronning Maud Land) führten zu einem Rückzug des Eises entlang dieser Küste und öffneten eine breite Küstenpolynja in diesem Gebiet. Das heißt der ablandige Wind treibt das Meereis von der Küste weg, wodurch es zu einer relativ beständigen, eisfreien Zone kommen kann.

M.Sc. (Meteorologe) Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.12.2023

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Warum kommt es zu Sturmschäden?

Am morgigen Donnerstag und am Freitag stehen uns zwei sehr stürmische Tage ins Haus. Ursache ist Sturmtief ZOLTAN, das morgen über Südschweden zur Ostsee und bis Freitag zum Baltikum zieht. Es hat ein beachtliches Sturmfeld im Schlepptau, welches morgen und in der Nacht zum Freitag ganz Deutschland erfasst. Wir rechnen daher verbreitet mit stürmischen Böen und Sturmböen zwischen 70 und 85 km/h. In den Mittelgebirgen, im Alpenvorland und nördlich des Erzgebirges kommt es wahrscheinlich sogar zu schweren Sturmböen bis 100 km/h, an den Küsten und auf den Berggipfeln sind auch orkanartige Böen oder Orkanböen (über 105 km/h) zu erwarten. Aber auch abseits der genannten Regionen sind mit Durchzug der Kaltfront, insbesondere bei eingelagerten kräftigen Schauern und Gewittern, örtlich und kurzzeitig schwere Sturmböen bis ins Flachland möglich. Auch wenn es sich um keinen ausgewachsenen Orkan handelt, werden Sturmschäden bei diesen Windgeschwindigkeiten nicht ausbleiben. Dabei stellt sich die Frage, weshalb Wind so gefährlich ist?

Wind ist nichts anderes als bewegte Luft. Bei ihrer Beschleunigung wird Energie erzeugt, die sogenannte kinetische Energie. Trifft die bewegte Luft nun auf ein starres Hindernis, wirkt auf dieses eine Kraft, welche die Energie abbaut. Das Entscheidende dabei ist, dass die kinetische Energie proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit zunimmt. Bei einer Verdopplung der Windgeschwindigkeit wird die vierfache, bei einer Verdreifachung sogar die 9-fache kinetische Energie erzeugt usw. Trifft also Luft mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h auf einen Gegenstand, so wird auf diesem die vierfache Kraft ausgeübt als bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Dies macht hohe Windgeschwindigkeiten so zerstörerisch.

Die soeben beschriebene Krafteinwirkung auf einen Körper nennt man “Windkraft” oder “Winddruck”. Dabei ist dieser neben der Windstärke abhängig von der Ausrichtung des angeströmten Gegenstands. Trifft der Wind senkrecht auf ein Hindernis (z.B. eine senkrechte Hauswand), ist der Winddruck größer als bei einem schräg zugewandten Hindernis (z.B. eine Dachschräge). Hält der Gegenstand dem Winddruck nicht mehr stand, kommt es zum Sturmschaden. Auch die Form des angeströmten Körpers hat Einfluss auf den Winddruck. Hält man beispielsweise eine Schüssel in den Wind, dann wirkt auf ihr ein stärkerer Winddruck, wenn der Wind in die Schüssel hineinweht als wenn der Wind von außen um die Schüssel herum weht (Abb. 1). Auf diesem Prinzip basieren Schalenkreuzanemometer, also die kleinen Windrädchen, die Windgeschwindigkeiten messen. Der Wind übt einen stärkeren Druck auf die dem Wind zugewandten Schalen aus als auf die umgedrehten Schalen auf der gegenüberliegenden Seite, wodurch das Rädchen in Rotation versetzt wird. Um Sturmschäden zu vermeiden, besitzen beispielsweise Baukräne eine drehbare Achse, sodass sich der Kran mit dem Wind drehen kann. So kann die Fläche des Krans, auf die die Windkraft wirkt, minimiert werden. Vor einem erwarteten Sturm werden die Strandkörbe so gedreht, dass der Wind nicht in den Korb hineinwehen und ihn durch den so erhöhten Winddruck umwerfen könnte. Auch elastische Gegenstände sind weniger anfällig als starre, da sich erstere mit dem Wind bewegen bzw. neigen können. Großflächige Waldschäden sind meist eine Folge von starkem Winddruck.

DWD Warum kommt es zu Sturmschaeden

Neben dem Winddruck gibt es noch weitere Effekte, die zu Sturmschäden führen können. Zu nennen ist hauptsächlich die Sogwirkung an überströmten Flächen. Verantwortlich hierfür ist der sogenannte “Bernoulli-Effekt”. Dieses physikalische Gesetz besagt, dass der Luftdruck an überströmten Flächen mit dem Quadrat der Windgeschwindigkeit abnimmt. So entsteht an der Oberfläche des überströmten Körpers ein Unterdruck und es kommt zu einer Sogwirkung. Abgedeckte Dachziegel, Schäden an Wellblechdächern oder wegfliegende Planen werden meist durch die Sogwirkung des Winds und nicht durch den Winddruck verursacht. Der Unterdruck ist auch dafür verantwortlich, dass einem das Atmen im Gegenwind schwerfällt, dass ein Regenschirm im Wind nach oben umklappt und dass die speziell geformten Tragflächen von Flugzeugen diesem den nötigen Auftrieb verleihen.

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Diese Sogwirkung ist jedoch nicht zu verwechseln mit dem Sog von Tornados. Im Inneren des rotierenden Aufwindschlauchs eines Tornados entsteht ebenfalls ein starker Unterdruck, durch dessen Sog alles, was nicht niet- und nagelfest ist, in die Höhe gewirbelt wird. Die Zerstörungskraft des Sogs von Tornados ist entscheidender als dessen Windgeschwindigkeiten.

Zuletzt ist noch der Einfluss der Böigkeit zu nennen. Weht der Wind nicht mit konstanter Stärke, können Wind- und Sturmböen Objekte in Schwingungen versetzen (z.B. schwankende Bäume im Wind). Entspricht die Frequenz von aufeinanderfolgenden Böen in etwa der Eigenfrequenz des Gegenstands, kann es zu einem Aufschaukelungsprozess (Resonanzkatastrophe) kommen. Diese Böeneinwirkung kann Bäume abknicken oder entwurzeln. In sehr seltenen Fällen kann es sogar zum Einstürzen von Bauwerken kommen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist die Tacoma-Narrows-Brücke, die 1940 durch ein Zusammenspiel dieses Resonanzeffekts und der oben beschriebenen Sogeinwirkung einstürzte.

DWD Warum kommt es zu Sturmschaeden 1

Bleibt zum Abschluss zu hoffen, dass sich die Schäden in den kommenden Tagen bei uns in Deutschland in Grenzen halten. Um einer bösen Überraschung kurz vor Weihnachten entgegenzuwirken, sichern Sie wenn möglich rechtzeitig lose Gegenstände, parken Sie Ihr Auto nicht unter Bäumen und vermeiden Sie Spaziergänge im Wald oder Parks mit Bäumen. Aktuelle Informationen zu den Warnungen in Ihrer Region erhalten Sie unter oder in der DWD-Warnwetter-App.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.12.2023
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Weiße Weihnachten?

Für die meisten Menschen gehört Schnee zu Weihnachten wie die Kerzen auf den Adventskranz. Tatsächlich sind weiße Weihnachten ein recht seltenes Ereignis. Das letzte Mal, dass ganz Deutschland an Weihnachten unter einer geschlossenen Schneedecke lag, war 2010. Seit 1960 gab es dies nur viermal. Im Tiefland sind lediglich 10 % aller Weihnachten weiß, im Nordosten immerhin bis zu 20 %. Die Situation sieht nur in den Mittelgebirgen deutlich besser aus. Grund für die meistens milde Witterung ist das sogenannte, eine Witterungssingularität, die uns zu Weihnachten häufig eine milde Westwetterlage beschert. Wie es derzeit aussieht, erwartet uns auch dieses Jahr eine solche Westwetterlage. Bis gestern war jedoch unsicher, ob nicht doch ein kurzzeitiger Kaltlufteinbruch auf der Rückseite eigener Tiefdruckgebiete für Schneechancen sorgen könnte. Doch dazu später mehr.

Aktuell ist die Schneelage alles andere als üppig. Im Thüringer Wald und im Erzgebirge liegen in Höhenlagen oberhalb von etwa 700 m noch 10 – 15 cm Schnee. Im Bayerischen Wald ist es noch etwas mehr. Der Brocken meldet 17 cm. Auch in den Alpentälern sind es etwa 10 – 15 cm. Größere Schneemengen gibt es erst oberhalb von 1000 m, beispielsweise auf dem Fichtelberg mit 49 cm, dem Großen Arber mit 92 cm und dem Feldberg mit 71 cm. Diese Schneemengen sollten auch ein potenziell größeres Tauwetter überstehen, sodass oberhalb von 1000 m Schnee zu Weihnachten sicher ist.

Doch wie sieht es in den anderen Gebieten aus? Die aktuelle Großwetterlage ist eher ungünstig. Die Westwetterlage hat uns fest im Griff. Tiefdruckgebiete ziehen in rascher Abfolge auf einer Ost-West-Zugbahn von Island nach Südskandinavien ins Baltikum. Deren Fronten beeinflussen Mitteleuropa, was für stürmisches und regnerisches Wetter sorgt. Dabei wird meist sehr milde Atlantikluft herangeführt, die nur kurzzeitig auf der Rückseite der Tiefdruckgebiete von erwärmter Polarluft verdrängt wird. Diese Polarluft bringt am Donnerstag und Freitag im Mittelgebirgsraum Schnee. Im Bayerischen Wald werden dabei kräftige Schneefälle erwartet, die eine gute Grundlage für den Weihnachtsschnee bilden könnten.

Die weitere Wetterentwicklung war lange unsicher. Einige Modellläufe zeigten für Weihnachten eine Luftmassengrenze zwischen subtropischer Luft im Süden und polarer Kaltluft im Norden. In diesem Bereich wurde Schnee bis in tiefe Lagen simuliert. Andere Optionen rechneten sogar mit einem Kaltlufteinbruch, während wieder andere sehr mildes Wetter zeigten. Nun haben sich die milden Varianten durchgesetzt: Fast alle Modelle zeigen ein neues Tief auf einer nördlichen Zugbahn. Zu Heiligabend gelangt Mitteleuropa in den weit geöffneten Warmsektor dieses Tiefs, wobei für die Jahreszeit ungewöhnlich warme subtropische Luft herangeführt wird. Dazu wird es stürmisch und regnerisch. So setzt sich das Weihnachtstauwetter auch in den Gipfellagen der Mittelgebirge durch. Die Frage bleibt, wie lange die dortige Schneedecke dem Tauwetter standhalten kann. Dies dürfte nur in den östlichen Mittelgebirgen oberhalb von 800 m und in einigen Alpentälern der Fall sein. Im Tiefland werden zweistellige Höchstwerte erwartet. Auch wenn die Modelle sich relativ einig sind, bleibt bei solchen Wetterlagen in diesem Vorhersagezeitraum immer eine Restunsicherheit. Es ist also nicht auszuschließen, dass die Kaltluft, die nicht weit nach Norden zurückgedrängt wird, durch eine etwas andere Zugbahn der Tiefdruckgebiete doch noch ihren Weg zu uns findet. Deshalb besteht eine Restwahrscheinlichkeit von 5 % für weiße Weihnachten in tieferen Lagen, die im Nordosten etwas höher ist.

DWD Weisse Weihnachten

DWD Weisse Weihnachten

Wie sieht es jedoch bezüglich der weiteren Feiertage aus? Irgendwann im Laufe der Feiertage überquert uns die Kaltfront des Tiefs mit erwärmter Polarluft. Diese könnte zumindest im Bergland und im Nordosten etwas Schnee bringen. Laut den Modellprognosen ist selbst das noch sehr unsicher.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass es zu Heiligabend voraussichtlich ziemlich mild wird. Dabei profitieren die Kammlagen der östlichen Mittelgebirge noch vom Restschnee. An den Weihnachtsfeiertagen wird es dann wahrscheinlich etwas kälter, aber ernstzunehmende Schneeoptionen bestehen nur für den Nordosten und das Bergland. Selbst wenn der Kaltlufteinbruch stärker ausfallen sollte, wird er nicht nachhaltig sein. Die derzeitige Westwindzirkulation ist sehr stabil und typisch für milde Winter. Eine nachhaltige Einwinterung wie noch zu Beginn des Dezembers ist derzeit also nicht in Sicht.

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Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.12.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Turbulente Vorweihnachtswoche

Eines ist sicher, der heutige Montag wird wettertechnisch der ruhigste Tag der Woche. Über dem Süden und der Mitte verweilt das Hochdruckgebiet FIONA, das sich von der Iberischen Halbinsel bis zum Schwarzen Meer erstreckt. Aufgrund einer sehr ausgeprägten Inversion kann sich dort aber nicht überall die Sonne durchsetzen. Gebietsweise halten sich vor allem in den Flussniederungen mitunter dichte Nebelfelder und dazu ist es mit Temperaturen um 1 Grad feuchtkalt. Ungewöhnlich mild ist es auf den Bergen. Aktuell (14 Uhr MEZ) werden beispielsweise in den höheren Lagen Süddeutschlands Temperaturen um 13 Grad erreicht. Der Norden liegt hingegen unter schwachem Tiefdruckeinfluss und das Wetter gestaltet sich leicht wechselhaft, aber auch mild.

DWD Turbulente Vorweihnachtswoche

In der kommenden Nacht weiten sich Nebel- und Hochnebelfelder im Süden wieder aus. In den tiefen Lagen droht dann auch wieder Frost und regional Reifglätte. Der Regen vom Tage kommt im Laufe der Nacht südwärts voran und erreicht in den Frühstunden auch die nördliche Mitte. Unter den kompakten Wolken bleibt es mit 9 bis 2 Grad frostfrei.

Am Dienstag nimmt der Tiefdruckeinfluss auch in der Mitte langsam zu, während sich im Süden noch länger schwacher Hochdruckeinfluss halten kann. Sonnenschein ist jedoch nicht garantiert, denn Nebel- und Hochnebelfelder lösen sich mitunter nur zäh auf. Der Südwestwind legt mit Ausnahme des Südens langsam etwas zu.

Ab Mittwoch liegt dann ganz Deutschland wieder unter dem Einfluss von Tiefdruckgebieten, die sich über Nordwest- und Nordeuropa tummeln. Von besinnlicher Vorweihnachtszeit hält das Wetter überhaupt nichts. Gebietsweise viel Regen sowie eine beginnende Sturmlage stehen auf dem Programm.

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Der erste Höhepunkt ist wohl am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag zu erwarten. Verbreitet kommt es dann bis ins Tiefland zu (schweren) Sturmböen zwischen 70 und 90, örtlich auch um 100 km/h (Bft 8-10). Auf den Bergen und an den Küsten treten orkanartige Böen und Orkanböen zwischen 110 und 130 km/h (Bft 11-12) auf. Es sollten also sich im Freien befindliche geschmückte Weihnachtsbäume und sonstige Dekorationen auf jeden Fall gesichert werden!

Ein weiteres Augenmerk liegt auf dem Niederschlag. Immer wieder kommt es insbesondere ab Mittwoch zu teils länger anhaltenden Niederschlägen, die nur in den höheren Lagen zeitweise als Schnee niedergehen. Vor allem in den Weststaulagen der Berge und gebietsweise in der Nordhälfte werden vom heutigen Montag bis Samstagabend in der Fläche 40 bis 70, lokal auch über 100 l/qm prognostiziert. Das entspricht teils mehr als dem Monatsniederschlag, womit Hochwasser weiterhin ein Thema bleiben wird. Auch in den restlichen Regionen wird es mit Mengen zwischen 15 und 40 l/qm recht nass.

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Ein Ausblick auf die Weihnachtstage zeigt, dass es spannend bleibt. Die Wetterlage bietet großes Überraschungspotential. Von zeitweiligem schauerartigen Schneefall, über eine Sturmlage bis hin zu Dauerregen ist alles möglich. Eine nachhaltige Schneedecke bis ins Flachland ist aber eher unwahrscheinlich. Doch mehr dazu in den kommenden Themen des Tages.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.12.2023
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Phänomenal

Beim ersten Blick auf die aktuelle Wetterkarte sieht man viele Wolken im Norden und viel Sonne im Süden. Diese Wetterzweiteilung kommt bei unserem recht langgestreckten Land häufiger vor. Und meistens ist auch der Süden auf der “schönen” Seite. Wobei Schönheit klar im Auge des Betrachters liegt. Aber es verbergen sich heute noch zwei weitere Phänomene darin, die man bei kurzem Hinschauen glatt übersehen kann. Beide Phänomene stehen miteinander in Verbindung. Finden Sie sie?

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Phänomen Nummer eins ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Man muss Ortskenntnis besitzen.

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Im Zoom (oben) lässt sich aber vielleicht erkennen, dass es auf den Bergen wärmer ist als in den Niederungen. Normalerweise nimmt die Temperatur mit der Höhe kontinuierlich ab. Dank des Hochdruckeinflusses aber wird die Luft auf den Boden gepresst und es findet kein vertikaler Austausch statt. Beim Absinken der Luftmassen im Hoch (daher auch Absinkinversion) wird die Luft zusammengedrückt und erwärmt sich adiabatisch, also ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung. Je tiefer die Luft sinkt, umso wärmer wird sie. Da sie trocken ist, nennt man die Erwärmung “trockenadiabatisch”.

Am Boden liegt nun noch die feuchte und kühle Luft der letzten Tiefdruckgebiete. Zwischen dieser und der trockenadiabatisch erwärmten Hochdruckluft bildete sich eine Sperrschicht, sie wird “Inversion” genannt. Zu erkennen ist das auch im Vertikalprofil der Temperatur am Beispiel Stuttgart von heute Vormittag (unten). Die Temperatur steigt mit der Höhe, bis sie schließlich oberhalb der Absinkinversion wieder abnimmt.

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Die Sperrschicht kann aufgrund des anhaltenden Hochdrucks und der stabilen Wetterlage nicht durchbrochen werden. Infolgedessen erwärmen sich die Luftschichten unterschiedlich stark. Dabei bleibt am Boden die kühlere und feuchtere Luft liegen, während sich in der Höhe trockene und warme Luft durchsetzt. Da auch am morgigen Montag keine Wetterumstellung in Sicht ist, kann sich die Inversion sogar noch verstärken.

Phänomen Nummer zwei ist gut zu erkennen und befindet sich im Norden, östlich einiger Mittelgebirge – Leewellen.

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Leewellen bilden sich, wie der Name schon sagt, im Lee von Hindernissen. Das Lee ist die windabgewandte Seite eines Hindernisses, hier der Mittelgebirge. Sie entstehen, wenn Luft in einer stabilen Schichtung ein Hindernis überströmen muss. Dass die Luft gerade stabil ist, haben wir bereits oben am Phänomen der Inversion gesehen.

Bei der Bildung von Leewellen wird ein Luftpaket bereits im Luv (der windzugewandten Seite) nach oben abgelenkt und gelangt dort in eine Schicht, die vergleichsweise wärmer ist als das Luftpaket selbst. Nun ist kalte Luft aber schwerer als wärmere und sinkt demzufolge wieder ab. Dabei sinkt das Paket in kältere Luft und stiegt wieder auf und der oben beschriebene Vorgang wiederholt sich. Durch die schwingende Bewegung um einen Ausgangszustand herum entsteht ein Wellenmuster, das wir auf dem Satellitenbild wiederfinden. Weil die Schwerkraft bei diesen Wellen die dominante Kraft ist, werden Leewellen den Schwerewellen zugeordnet.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.12.2023
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Unruhige Vorweihnachtszeit, oder gar mehr?

Weihnachten rückt näher und in knapp einer Woche steht die feierliche, besinnliche und ruhige Weihnachtszeit bevor. Doch leider scheint sich die Wetterküche so gar nicht auf eine entspannte (Vor-)Weihnachtszeit einstellen zu wollen, sondern serviert uns ein womöglich sehr stürmisches Gericht. Für Einzelheiten ist es natürlich noch zu früh, doch wollen wir heute mal hinter die Kulissen schauen, wieso es in der Atmosphäre so gewaltig rumort.

Grundsätzlich benötigte Zutaten:

Kurz und knapp bedarf es eines zunehmenden Temperaturunterschieds zwischen Nord und Süd. Je knackiger dieser Temperaturgradient ausfällt, umso heftiger weht der Wind mit der Höhe (Stichwort: thermischer Wind) und umso mehr Dynamik herrscht in der Troposphäre (siehe). Die Höhenwinde sorgen bei günstiger Platzierung zu einem Bodentief, dass dieses von oben dank der deftigen Winde regelrecht “ausgesaugt” wird (Masse wird weggeführt, Druckfall setzt ein), sodass sich das Bodentief rasant intensivieren kann. Dieser Temperaturgegensatz baut sich in der kommenden Woche über dem Nordatlantik auf, wo arktische Luftmassen von Kanada südwärts geführt werden und dort auf (sub)tropische Luftmassen treffen, die polwärts drängen.

DWD Unruhige Vorweihnachtszeit oder gar mehr

Soweit so gut. Mit diesem Wissen kann man früh erahnen, wenn einem die numerischen Wettermodelle eine zunehmend volatile Umgebung präsentieren.

Doch es gibt auch Lagen, wo die innere Alarmglocke eines Meteorologen zu läuten beginnt. Dazu muss man wissen, dass man in der Wettervorhersage sehr gerne mit sogenannten “Anomalievorhersagen” arbeitet. Diese Werte heben Ereignisse hervor, deren Entwicklung im Vergleich zur hinterlegten Klimatologie stark abweichen und damit sehr ungewöhnlich ausfallen können. Nächste Woche ist so eine Lage, wo z.B. das 500 hPa Geopotenzial westlich der Azoren für diesen Zeitraum Rekordwerte erreichen soll. Solche Werte, in Verbindung mit einer sich aufbauenden dynamischen Wetterlage sind immer ein Achtungszeichen, können sie doch (aber müssen nicht) für außergewöhnliche Entwicklungen gut sein. Das nächste Woche so nebenbei auch weitere Anomaliewerte “aufblinken”, wie der “Feuchtefluss”, “Windböen” oder die “850 hPa Temperatur” machen die Sache umso spannender. Doch was sorgt für diese massive positive Geopotenzialanomalie (Antizyklone) westlich der Azoren?

Antizyklone sind Bereiche, wo Luftmassen absinken und für ruhiges Wetter sorgen. Nicht selten verlaufen solche Bodenhochentwicklungen recht progressiv rückseitig einer Kaltfront, wo also kalte Luftmassen südwärts geführt werden. Abseits von winterlichen Landmassen (wo sich strahlungsbedingt daraus eine beständige Hochdrucklage entwickeln kann) sind diese Druckgebilde häufig recht mobil. Stabiler und somit ggf. auch langlebiger werden solche Gebilde, wenn auch noch in der Höhe milde Luftmassen herangeführt werden. Man spricht in dem Fall von warmen und hochreichenden Antizyklonen.

Doch es geht noch weiter. Wenn diese höhenmilde Luftmasse zusätzlich auch noch sehr feucht ist, dann erfolgt noch eine zusätzliche Erwärmung, die sogenannte “diabatische”, wo also zusätzliche Wärme freigesetzt wird. Feuchte und warme Luftmassen steigen auf, kondensieren, es kommt zur Wolkenbildung und dadurch wird latente Wärme freigesetzt. Dabei wird die Luftmasse vorderseitig eines Troges großräumig angehoben und polwärts geführt (Stichwort: warmes Förderband, engl. warm conveyor belt). Dies gilt besonders für Tröge, die sehr weit nach Süden bis in die Subtropen reichen und daher auch mit sehr warmen und feuchten Luftmassen “arbeiten” können. Genau diese Konstellationen sind u.a. von großem Interesse, denn dadurch können sich Antizyklone zu ungeahnten Intensitäten aufplustern.

Aktuelle Entwicklung:

So auch im aktuell bevorstehenden Fall. Im  erkennt man, wie zahlreiche Tiefdruckgebiete tief in den Subtropen (teils auch Tropen) eine nahezu unmodifizierte tropische Luftmasse nach Norden führen, die am Westrand der Antizyklone in die Außertropen eingebunden wird (grüne Pfeile).

DWD Unruhige Vorweihnachtszeit oder gar mehr 1

DWD Unruhige Vorweihnachtszeit oder gar mehr 2

In Bild 3 (linkes Bild) wird dies nochmal schön zusammengefasst. Grüne Werte zeigen sehr feuchte Luftmassen (niederschlagbares Wasser über 20 mm), während die rote Einfärbung den Bereich hervorhebt, wo die Anomaliewerte des Geopotenzials in 500 hPa für diesen Zeitraum ungewöhnlich hohe, wenn nicht sogar Rekordwerte erreichen. Entsprechend groß fallen dadurch die Druckgegensätze von Süd nach Nord aus mit entsprechend viel Wind und Dynamik. Diese Antizyklone verlagert sich dann in der kommenden Woche zunehmend nach Osten. Wie in  (rechts oben und unten) hervorgehoben, wird die tropische Luftmasse von einem großflächig zu warmen (sub)tropischen Nordatlantik beeinflusst, was noch zusätzlich “Musik” bzw. Energie in die Wetterlage bringt.

Was kommt auf uns zu?

Nun stellt sich natürlich die Frage, wo das Sturmpotenzial erhöht ist und ob uns eine ruppige Vorweihnachtszeit bevorsteht. Grundsätzlich muss man sagen, dass eine von mehreren möglichen Ausgangslagen NICHT gegeben ist, die Mitteleuropa immer wieder mal mit deftigen Sturmtiefs versorgt.

DWD Unruhige Vorweihnachtszeit oder gar mehr 4

Ein Blick auf drei bemerkenswerte Sturmereignisse in der Vergangenheit zeigen alle Tiefdruckgebiete mit direktem Zugang zur warmen und feuchten Luftmasse, die im Warmsektor eingebunden dank latenter Wärmefreisetzung für besonders explosive Tiefdruckentwicklungen gut sind, sogenannte “diabatische Rossbywellen”. Diese Systeme werden ebenfalls durch einen überbordenden Eintrag feucht/warmer Luftmassen mit angebundener latenter Wärmefreisetzung angefacht und neigen zu rasanten Intensivierungsphasen. Dabei waren bei diesen Lagen die Antizyklonen vergleichsweise schwach ausgeprägt und konnten somit die Zufuhr dieser energiereichen Luftmasse nicht unterbinden.

Im aktuellen Fall ( rechts unten) sorgt das 1045 bis 1050 hPa Azorenhoch, dass sich diese klassische Ausgangslage nicht einstellen kann.
Doch auch Konstellationen wie in der kommenden Woche waren in der Vergangenheit schon für deftige Sturmlagen gut. Man vergleiche nur mal die Lage Ende Februar/Anfang März 1990, wo eine Reihe schwerer Sturmtiefs mit den Namen VIVIAN und WIEBKE Deutschland beeinflussten. Die Ähnlichkeiten sind beeindruckend.

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Doch auch hier gilt: Nicht 1:1 das Potenzial von damals auf das der kommenden Woche projizieren. Diese, unter dem Namen “pattern recognition” bekannte Herangehensweise, führt einem nur EINE mögliche Option vors Auge, doch stellt sich nun eher die Frage, welche Tiefdruckgebiete bzw. Wellen wann und wo in den “Nordatlantikexpress” eingebunden werden. Jede kleinste Verschiebung sorgt in dieser hochdynamischen Ausgangslage für sehr unterschiedliche Resultate mit einem windigen bis stürmischen, milden oder kühlen Verlauf. Aber die Signale innerhalb der Numerik mehren sich, dass unter Umstände eine deftige Sturmlage auch Deutschland betreffen könnte – recht sicher aber vor allem Dänemark, Norddeutschland und Südschweden. Diese Bereiche werden durch die Ensemblevorhersage z.B. des europäischen Wettermodells für das Erreichen bzw. Überschreiten orkanartiger Böen (Bft 11) bereits mit mehr als 50 Prozent hervorgehoben (Vorhersage für Freitag, den 22.12.2023 mit Windgeschwindigkeiten in 1 km über Grund).

Kurzum, in welche Richtung sich alles letztendlich entwickelt werden Sie die kommenden Tage über natürlich in den jeweiligen Übersichten der “Kurzfrist” und der “Mittelfrist” lesen können.

Aber bitte, behalten Sie die nächsten Tage auf jeden Fall die Wetterentwicklung für die kommende Woche im Blick, denn wie gezeigt wurde: Die Atmosphäre ist so gar nicht in vorweihnachtlich ruhiger Stimmung!

Dipl. Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.12.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

 

 

Jahresrückblick 2023 | Teil 2

Schon im gestrigen Tagesthema wurde die Statistik der Nutzermeldungen vorgestellt, die uns über die Warnwetter-App tagtäglich erreichen. 3.635 Meldungen waren es im Schnitt zwischen dem 01.01.2023 und dem 12.12.2023 pro Tag. Der Spitzenwert mit 46.464 Meldungen wurde in diesem Jahr am 22.06. erreicht. Im heutigen zweiten Teil des Jahresrückblicks wird die zweite Jahreshälfte ab Juli näher unter die Lupe genommen. Zum besseren Überblick gibt es zunächst noch einmal die Übersichtsgrafik über das gesamte Jahr.

DWD Jahresrueckblick 2023 Teil 2

Monat Juli

Der zweite Sommermonat brachte uns die höchste Monatssumme an Nutzermeldungen. Ganze 217.530 Reports erreichten uns bis Monatsende. Verantwortlich dafür waren zahlreiche Gewitterlagen, die die Trockenheit in einigen Regionen lindern konnten. Besonders stößt der 11.Juli mit rund 22.000 Meldungen ins Auge. Betroffen davon war vor allem der Süden mit heftigem Starkregen und Orkanböen am Bodensee und in Teilen des Voralpengebiets.
Schlussendlich war es ein nasser Juli mit einem satten Plus von 30 % und nur durchschnittlicher Sonnenscheindauer. Die größte Hitze gab es in der ersten Monatshälfte mit dem Höhepunkt von 38,8 Grad in Möhrendorf-Kleinseebach nördlich von Nürnberg am 15.07..
Das letzte Monatsdrittel war hingegen bestimmt von einer unbeständigen Westwetterlage und Maxima die teils nur unter 20 Grad lagen.
Erwähnenswert ist noch der ungewöhnlich starke Sommersturm “Poly”, der zu Monatsbeginn (05.07.) dem Nordwesten vielfach orkanartige Böen und einzelne Orkanböen brachte. Neben umgestürzten Bäumen und Einschränkungen bei der Bahn, gab es auch Todesopfer zu beklagen.

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Monat August

Auch im letzten Sommermonat gab es wieder einiges zu tun für uns Warnmeteorologen und Schuld daran waren wie so häufig Schwergewitterlagen. Vom 12. bis zum 18.08. musste quasi täglich in Deutschland die rote Unwetterkarte gezogen werden. Diese Ballung lässt sich auch gut in den Nutzermeldungen wiederfinden.
Die Meldungen aus der Warnwetter App zeigen nochmal ein Maximum zum Monatsende. Dieses fällt mit der Schwergewitterlage am 24.08. zusammen, die vor allem den Süden fest im Griff hatte. Dort wurden häufig orkanartige Böen und Orkanböen gemessen. In Lindau am Bodensee zeigte der Windmesser enorme 144 km/h.
Insgesamt hatte der August ganz unterschiedlicher Gesichter. Er startete mit Herbstkühle und kaum 20 Grad, ehe tropische Luftmassen Einzug hielten. Zum Monatsende drückte eine signifikante Abkühlung das Monatsmittel nochmal nach unten (+1,8 K im Vergleich zu 1961-90).
Bei den Unwetterlagen im August 2023 finden sich auch ein paar Dauerregenlagen (z.B.: 05./06.08.). Mit einem Plus von +60 % war es der nasseste Augustmonat seit 2010.

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Monat September

Eine ausgeprägte Omegawetterlage bescherte dem September Rekordwärme. Der erste Herbstmonat hatte eher den Charakter eines Hochsommermonats und brachte es auf ein Plus von 3,9 K (im Vergleich zu 1961-90). Vor allem im höheren Bergland und auf den Nordseeinseln war der September der wärmste Monat des Jahres, also wärmer als die eigentlichen Sommermonate Juni, Juli und August.
Beeindruckend war die hohe Anzahl an Sommer- und auch Hitzetagen. Am Oberrhein gab es ganze 10 Hitzetage in Waghäusel-Kirrlach und ein Maximum von 33,3 Grad (12.09.). Auch in Magdeburg wurde mit sieben Hitzetagen ein neuer Rekord für September registriert.
Der 12.09 war es auch, der die höchste tägliche Meldezahl in diesem Monat brachte. Die Ursache lag abermals in einer ausgeprägten Schwergewitterlage, die besonders den Westen und die Mitte traf.
Zu erwähnen ist noch der medienwirksame Eifeltornado in Nusbaum, der es dort am 21.09. auf die Stärke F2 (von 5) brachte.
Sonst war es der zweitsonnigste Septembermonat seit Aufzeichnungsbeginn und im Deutschlandflächenmittel mit nur 50 % Niederschlag (im Vergleich zu 1961-90) außergewöhnlich trocken.

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Monat Oktober

Auch der zweite Herbstmonat startete zunächst sommerlich und wurde nur kurz von einer knackigen Kaltfrontpassage mit schweren Sturmböen und einzelnen orkanartigen Böen unterbrochen (03.10.). Diese Lage brache am Ende auch den Tagesrekord an Nutzermeldungen in diesem Monat.
Der Oktobersommer brachte den spätesten Hitzetag seit Aufzeichnungsbeginn in Rheinfelden und Müllheim am 13.10. mit 30,1 Grad. Auch die Minima gingen in manchen Nächten kaum unter die 20 Grad Marke zurück. Dass der Oktober nicht erneut ein Rekordmonat wurde, hat er einem saftigen Temperatursturz von über 15 Grad zur Monatsmitte zu verdanken. Als Folge gab es die ersten Nachtfröste, die zum Beispiel für die Rhein-Main Region verhältnismäßig früh im Jahr verzeichnet wurden.
Zudem gab es im Gegensatz zum September viel Regen. An der Nordsee war nahezu jeder Tag ein Regentag und es wurden rekordverdächtige 200 l/qm als Monatssumme gemessen. Dort blieb es entsprechend auch häufig grau, während im Süden recht häufig die Sonne schien.
In Erinnerung geblieben ist sicher auch noch die extreme Sturmflut an der Ostseeküste am 20.10. Böen bis Orkanstärke aus östlichen Richtungen brachten der schleswig-holsteinischen Ostseeküste rekordverdächtige Pegelstände mit mehr als 2 m über dem mittleren Wasserstand. Im Gegenzug mussten aufgrund von extremen Niedrigwasser an der Nordseeküste Fährverbindungen zu den Inseln eingestellt werden.

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Monat November

Der letzte Monat des meteorologischen Herbstes war geprägt von atlantischen Tiefausläufern. Diese aktive Westwetterlage bescherte dem November im Mittel fast doppelt so viel Niederschlag wie üblich. Im Süden wurde teils die dreifache Menge erreicht. Zuletzt vergleichbar nass war der November 1944. Die Niederschläge mündeten auch in mehreren Dauerregenunwetterlagen, die mal den Schwarzwald und die Alpen betrafen (12.11. und 16.11.), mal auch den Norden (20.11.).
Ein Sonnenplus gab es nur im Südosten und Osten des Landes, sonst war es vielerorts eine trübe Angelegenheit.
Zum Monatesende schlug dann erstmals der Winter mit kräftigen Schneefällen bis ins Tiefland zu. In den westlichen Mittelgebirgen waren Gegenden durch unwetterartige Neuschneemengen vorübergehend von der Außenwelt abgeschnitten. Im Norden wurden sogar die ersten strengen Nachtfröste gemessen. In Itzehoe gab es in der Nacht auf den 29.11. mit -16,6 Grad, einen neuen Monatsrekord für die seit 1988 aufzeichnende Wetterstation.
Der Wintereinbruch zeigt sich auch gut in den Nutzermeldungen, die es zum Monatsende an mehreren Tagen über die 5.000er Marke an täglichen Meldungen schafften.

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Was bringt der letzte Monat des Jahres – Dezember

“So Einiges”, mag man sagen. Der letzte Monat des Jahres startete bereits sehr ereignisreich mit Rekordschneefällen im Voralpengebiet, die auch vorläufig die höchsten Meldezahlen des bisherigen Monats brachten. In München wurde am Flughafen die höchste Neuschneesumme innerhalb 24 h in einem Dezembermonat seit Aufzeichnungsbeginn gemessen.
Nachdem es in weiterer Folge in einigen Regionen die erste richtige Glatteislage des noch jungen Winters gab, folgten Dauerniederschläge und starkes Tauwetter vor allem in den süddeutschen Mittelgebirgen und Alpen.
Nun beruhigt sich das Wetter dank eines massiven Hochdruckgebiets mit dem Namen “Fiona”, aber schon ab Mitte kommender Woche wird es wieder spannend, auch mit Blick auf das Weihnachtsfest. Es besteht durchaus das Potential für eine ausgeprägte Sturmlage. Auch dann sind wir wieder auf Ihre Nutzermeldungen angewiesen und bedanken uns schon einmal im Voraus dafür!

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Ganz wichtig sind für uns auch immer an die Meldungen angehängte Bilder. Als Schlussbild daher jetzt noch eine Zusammenfassung der Top 3 Wetterbilder für jede Jahreszeit. Die Bewertungen stammen dabei von den Nutzern der Warnwetter App.

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Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.12.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Jahresrückblick 2023 | Teil 1

Das Jahr 2023 ist fast vorüber und viel ist passiert, auch beim Wetter. Es ist also an der Zeit für einen Jahreswetterrückblick zu wagen, auf die Wettereignisse des Jahres 2023. Natürlich kann es in diesem Tagesthema nur eine kleine Auswahl an interessanten Wetterlagen geben, die subjektiv ausgewählt wurden. Sicherlich gibt es für Sie persönlich und Ihren Ort auch andere Wettertage, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind. Schreiben sie uns gerne Ihre Highlights!

Nutzermeldungen aus der Warnwetter App

Eine gute Möglichkeit, um das Wetterjahr einmal Revue passieren zu lassen, sind die Nutzermeldungen, die Sie uns tagtäglich über die Warnwetter App zusenden. Viele Nutzer unterstützen uns damit bei unserer Arbeit. Die Meldungen helfen uns im Sommer um die Intensität und Begleiterscheinungen von Gewittern einschätzen zu können. Mit angehängten Fotos können wir direkt sehen, wie groß beispielsweise die Hagelkörner sind. Im Winter sind die Nutzermeldungen eine gute Unterstützung, um bei Grenzwetterlagen zu sehen, wo es noch schneit und wo vielleicht schon gefrierender Regen fällt. Neben den Beobachtungsdaten (Wetterstationen, Radiosonden) und Fernerkundungsdaten (Wetterradar, Satellit, Blitze) sind die Nutzermeldungen für uns ein weiterer wichtiger und unverzichtbarer Baustein geworden.

Zwischen dem 01.01.2023 und dem 12.12.2023 haben uns sage und schreibe 1.250.414 Nutzermeldungen erreicht. 2022 waren es bis zum Jahresende 1.271.966, 2021: 1.545.970. Die tägliche Anzahl an Zumeldungen hängt natürlich stark von der Wetterlage ab. Im Schnitt haben uns über den gesamten Zeitraum 2023 3.635 Meldungen täglich erreicht, wobei es bei ruhigen Hochdrucklagen oft nur 1.000 bis 2.000 waren. Die meisten Nachrichten erreichen uns bei sommerlichen Gewitterlagen bzw. bei kräftigen Wind- oder Schneeereignissen im Winter. In den Übergangsjahreszeiten wird tendenziell weniger gemeldet.

DWD Jahresrueckblick 2023 Teil 1

Nun aber genug zu Statistik und rein in den Jahresüberblick. Die folgende Grafik fasst den Jahresverlauf schön zusammen. Abgetragen sind die täglich abgegebenen Meldezahlen bis zum 12.12.2022. Zu sehen sind verschiedene Peaks in einem sonst vorhanden Grundrauschen. Alle diese Peaks haben ihre Ursache in spannenden Wetterereignissen. Ein paar dieser Ereignisse wurden in der Grafik markiert und finden auch Eingang in dem nun folgenden Jahresrückblick.

Monat Januar

Der erste Monat des Jahres landete in den Top 10 der wärmsten Januarmonate seit Aufzeichnungsbeginn und man kann die Bezeichnung Eismonat getrost in die Schublade wandern lassen. Ganz im Gegenteil begann das Jahr rekordwarm mit Höchstwerten, die man eher im März oder April erwarten würde. In Freiburg wurde ein Höchstwert von 19.5 Grad gemessen. Erst in der zweiten Januarhälfte kam dann zumindest im Bergland etwas Winterfeeling auf. Rund um den 21.01. zeigt ein Peak bei den Nutzermeldungen, dass es auch in tiefen Lagen im Osten und Südosten vorübergehend mal nennenswert schneite.
Zudem war der Januar bevorzugt in der Westhälfte ein sehr nasser und trüber Monat. Markante Dauerregenfälle brachten den zentralen und westlichen Mittelgebirge besonders am 12./13.01. reichlich Regen, im Bergischen Land bis in den Unwetterbereich. Ein weiteres Ereignis mit Peaks bei den Nutzermeldungen war das Orkantief Frederic am 15.01., das vor allem dem Norden und Nordwesten viel Wind brachte.

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Monat Februar

Der letzte Monat des meteorologischen Winters startete an den Alpen und im ostbayerischen Bergland gleich mit einem richtigen Ausrufezeichen. Dort kam es zu intensiven Dauerschneefällen und in Verbindung mit dem stürmischen Wind, auch zu Schneeverwehungen. Innerhalb von 24 h fiel in manchen Regionen fast ein halber Meter Neuschnee. Nicht überraschend bildet der Beginn des Monats auch das höchste Aufkommen an Nutzermeldungen.
Sonst verlief der Februar vergleichsweise ruhig und nur mit kurzen Winterepisoden im Tiefland. An den Karnevalstagen kamen mit Höchstwerten bis 18 Grad schon erste Frühlingsgefühle auf. Damit lag das Monatsmittel erneut deutlich über den vieljährigen Mittelwerten.
Niederschlag viel in einigen Regionen fast gar nicht. So kamen im Saarland im Flächenmittel gerade einmal 5 Liter pro Quadratmeter herunter. Die Sonne verwöhnte die meisten hingegen überdurchschnittlich.

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Monat März

Während der März 2022 noch ein Rekordsonnenmonat gewesen ist, war der erste Frühlingsmonat in diesem Jahr eher grau. Schien die Sonne im Schnitt über ganz Deutschland 2022 noch sage und schreibe 235 Stunden, gab es 2023 gerade einmal 100 Sonnenstunden.
Geprägt war der März durch häufige Temperatursprünge und einem regelrechten Kaltstart. So startete der meteorologische Frühling mit teils strengen Nachfrösten und – dank einer Luftmassengrenze – mit einer norddeutschen Winterlandschaft mit Schneehöhen von 10 bis 20 cm zwischen dem Emsland und der Mecklenburgischen Seenplatte (11.03.). Dieser winterliche Witterungsabschnitt spiegelt sich auch mit mehreren Peaks in den Nutzermeldungen wieder, die die Schneefallereignisse zeigen.
Lange blieb der Winter aber nicht. Schon am 13. März gab es die erste ausgewachsene Schwergewitterlage, die sich von Südwesten bis nach Sachsen erstreckte und neben schweren Sturmböen und heftigem Starkregen, auch Hagel bis 3 cm Durchmesser brachte.
Zum Monatsende gab es weitere Gewitterlagen (siehe Anstieg der Meldezahlen) und schließlich am 26.03. auch noch zwei medienwirksame Tornados im hessischen Annerod und Wetzlar.
Damit endete ein ereignisreicher und insgesamt milder März (+2,2 K im Vergleich zu 1961-90), der sich mit einem Niederschlagsplus von 60 % als nassester März seit 20 Jahren einen Namen macht.

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Monat April

Der April ist klimatologisch gesehen bisher derjenige Monat, der sich mit Blick auf das Gesamtjahr am stärksten verändert hat. Beim Vergleich der Klimareferenzperioden 1991 bis 2020 zu 1961 bis 1990 zeigt der April die stärkste Abnahme der Niederschlagsmenge, die größte Zunahme der Sonnenscheindauer und den höchsten Anstieg der Mitteltemperatur.
In diesem Jahr folgt der April diesem Trend allerdings ganz und gar nicht. Mit 24.6 Grad als höchste gemessene Temperatur in Deutschland, gab es das erste Mal seit 2008 keinen einzigen Sommertag. Stattdessen fiel deutlich mehr Niederschlag und es schien weniger Sonne, als im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert. Im Süden gab es an jedem zweiten Apriltag Regen und zum ersten Mal seit 15 Jahren fiel ein Aprilmonat wieder zu nass aus.
Als „Trostpflaster“ konnte man am 24. April in einigen Landesteilen intensive Polarlichter beobachten.
Die höchste Anzahl an täglichen Nutzermeldungen wurden am 21.April verzeichnet, als Gewitter mit Starkregen vor allem den Westen im Griff hatten.

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Monat Mai

Auch der Mai legte einen Kaltstart hin, der in Barth in Mecklenburg-Vorpommern am 4. sogar nochmal leichten Nachtfrost brachte. Im weiteren Verlauf konnte sich der zweite Frühlingsmonat dann aber auf sommerliches Niveau steigern. Bevor es auch zu Pfingsten wieder Frühsommer gab, brachte der Abschnitt vom 14.-17. Mai nochmal einem Dämpfer mit gemittelten Maxima bei 15 Grad. Damit reichte es am Ende auch nur für ein leichtes Plus im Vergleich zu den vieljährigen Mittelwerten.
Während es im Nordosten eine große Niederschlagsarmut gab (teils <5 Liter pro Quadratmeter in der Altmark, Mecklenburger Seenplatte und Vorpommern), sah es nach Westen und Süden auch aufgrund mehrerer Schwergewitterlagen ganz anders aus.
Besonders hervorzuheben sind die Gewitterlagen am 05.05. und 22.05., die dem Süden und Westen vor allem heftigen Starkregen brachten und auch bei den Nutzermeldungen die meldungsstärksten Tage waren.
Die westlichen Mittelgebirge und Alpen schafften es am Ende auf 20 Niederschlagstage, während im Nordosten ein deutliches Sonnenplus registriert wurde.

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Monat Juni

Der Juni lief als erster Sommermonat gleich zur Hochform auf und schaffte es mit einem Plus von mehr als 3 K auf Platz 5 der Liste mit den wärmsten Junimonaten. Besonders ausgeprägt war die Hitze im Südwesten. Entlang des Oberrheins wurde an 29 Tagen die 25 Grad Marke überschritten (Sommertag) und in Waghäusel-Kirrlach gab es ganze 13 Hitzetage (>30 Grad).
Beim Niederschlag lassen sich ganz unterschiedliche Regionen ausmachen. Während man im Südwesten unter extremer Trockenheit litt, gab es über der nördlichen Mitte von NRW bis nach Berlin kein Defizit. Ganz im Gegenteil, am 22.06. wurde ein neuer Rekord an täglichen Nutzermeldungen aufgestellt. Den neuen Rekord von 46.464 Meldungen innerhalb von 24 h (bisher 36.542 aus 2021) hatte Tief Lambert zu verantworten. Diese Extremwetterlage brachte neben teils extremen Starkregen auch Orkanböen. Ein Beispiel: An der Kläranlage in Jülich (NRW) fielen innerhalb von nur 15 Minuten sage und schreibe 40,5 l/qm. In Kassel wurden schwere Schäden durch Hagel und Überflutungen verzeichnet.
Davon unbeeindruckt schien die Sonne zum Teil tagelang und schaffte es klar auf den zweiten Platz der sonnenreichsten Junimonate seit Aufzeichnungsbeginn, mit einem Plus von 50 %. Im Südwesten wurde am Ende sogar ein neuer Rekord aufgestellt und die mittlere Sonnenscheindauer war bereits zur Monatsmitte übertroffen.

DWD Jahresrueckblick 2023 Teil 1 6

Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.12.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Sternschnuppen in dunkler Nacht

Am heutigen Mittwoch wird in Schweden, aber auch in anderen skandinavischen Ländern, das Luciafest gefeiert. Ein Mädchen, in der Familie traditionell die älteste Tochter, trägt ein weißes Gewand und auf dem Kopf einen Kranz mit Kerzen (heutzutage aufgrund der Verbrennungsgefahr meist elektrische Kerzen). Vor der Gregorianischen Kalenderreform war der 13. Dezember der kürzeste Tag des Jahres. Aus diesem Grund ist das Luciafest weniger das Fest zu Ehren der Heiligen Lucia, sondern steht vielmehr in der Tradition jahrhundertealter Sonnenwendfeste. Im übertragenen Sinn kann man also interpretieren, dass das Kerzenlicht Helligkeit in unseren dunklen Alltag bringen soll.

Vom Mond ist aktuell hingegen keinerlei Helligkeit zu erwarten, denn wir hatten in der vergangenen Nacht den Dezember-Neumond. Für alle Sternschnuppenfans ist dies nicht die schlechteste Nachricht. Die neben den Perseiden zu den stärksten Meteorströmen zählenden Geminiden erreichen nämlich am morgigen Donnerstag ihr Maximum.

Meteorströme sind als eine Art Teilchenwolke zu verstehen und werden auch als Meteorschauer oder Sternschnuppenschwärme bezeichnet. Bei diesen Teilchen handelt es sich meist um Staub oder auch um eishaltige Gesteinsreste eines Kometen. Bei den Geminiden hingegen gehen die Experten davon aus, dass die Teilchen von einem als Asteroid klassifizierten Himmelskörper namens (3200) Phaethon stammen. Zum ersten Mal konnten Astronomen die Geminiden im Jahr 1862 beobachten.

Durchquert die Erde auf ihrer Umlaufbahn einen solchen Meteorstrom, so können diese Teilchen in die Erdatmosphäre eindringen. Aufgrund der hohen Reibung fangen diese an zu glühen. Dieses Glühen nehmen wir dann als Sternschnuppen wahr.

Die Geminiden haben ihren Anfangspunkt (Radiant) im Sternbild Zwillinge, welches namensgebend für diesen Meteorstrom ist. Die ersten Sternschnuppen der Geminiden kann man bereits seit dem 04. Dezember beobachten. Die Aktivität nahm dann von Tag zu Tag zu. Nun zur Hauptaktivitätszeit kann man durchschnittlich 30 bis 60 pro Stunde beobachten, in lichtverschmutzten Gebieten wesentlich weniger. Ein Vorteil an den Geminiden ist unter anderem, dass auch schon in den Abendstunden Sternschnuppen beobachtet werden können. In den kommenden Tagen nimmt die Aktivität allmählich wieder ab und am 20. Dezember endet dann die Zeit der Geminiden. Ein Trost für alle Sternschnuppenfans ist sicherlich die Tatsache, dass die Geminiden nahtlos in die Ursiden übergehen, die am 23. Dezember ihr Maximum finden. Allerdings sind diese schwächer ausgeprägt als die Geminiden.

Doch wie sieht es in den kommenden Tagen nun hinsichtlich der Bewölkung aus? An dieser Stelle gibt es leider keine guten Nachrichten, denn nicht nur am Tage, sondern auch des Nachts ziehen viele Wolken über den Himmel. Die ein oder andere Wolkenlücke, die sich möglicherweise in der starken Bewölkung auftut, ist schwer zu lokalisieren und auch nicht zwangsläufig von großer Dauer. Zudem besteht beim Warten auf eine Wolkenlücke durchaus die Möglichkeit, dass einem ein Tropfen oder eine Schneeflocke auf die Nase fällt. In den Alpen hat man es ab der kommenden Nacht erst einmal mit teils länger anhaltenden Schneefällen zu tun. Dort ist an Sternegucken also nicht zu denken.

DWD Sternschnuppen in dunkler Nacht

DWD Sternschnuppen in dunkler Nacht 1

Erst in der Nacht zum Samstag besteht die Hoffnung, dass sich zumindest gebietsweise die Wolken etwas lichten und einen Blick in den Sternenhimmel ermöglichen. Allerdings könnte das ein oder andere Nebelfeld so manchem Sterngucker einen Strich durch die Rechnung machen.

DWD Sternschnuppen in dunkler Nacht 2

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.12.2023
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