YLENIA und ZEYNEP: Orkantiefs im Doppelpack

Ausgangspunkt dieser stürmischen Wetterlage sind massive Temperaturgegensätze über dem Nordatlantik. Die stets auf Ausgleich bemühte Atmosphäre reagiert mit Luftmassenbewegungen oder einfach ausgedrückt: mit Wind! Dabei gilt, je größer die Unterschiede, desto stärker der Wind. Ein Starkwindband in der oberen Troposphäre in ca. 10 km Höhe ist die Folge, der sog. “Jet-Stream”. Er erreicht Windgeschwindigkeiten von zum Teil über 300 km/h und stößt dabei bis nach Mitteleuropa vor. Er fungiert wie eine Autobahn für Tiefdruckgebiete, die in rascher Abfolge vom Nordatlantik nach Mittel- und Nordeuropa ziehen.

Dabei bilden sich gleich zwei Orkantiefs heraus, die unmittelbar Deutschland beeinflussen. Den Anfang macht YLENIA in der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstag, gefolgt von ZEYNEP am Freitagabend und in der Nacht zum Samstag. YLENIA verlagert sich über Schottland und die Nordsee nach Dänemark und lenkt danach nach Nordosten Richtung Baltikum ein. Das Sturmfeld befindet sich an der Südflanke des Tiefs und erfasst weite Teile von West- und Mitteleuropa – und damit auch Deutschland. Aufgrund der Nähe zum Tiefkern steht insbesondere die Nordosthälfte des Landes im Fokus der Sturmentwicklung. Ab der Nacht zum Donnerstag muss vom Nordwesten bis zur Mitte und in die östlichen Landesteile verbreitet mit schweren Sturmböen bis 100 km/h gerechnet werden. Bevorzugt an der Kaltfront, die von Nordwest nach Südost über Deutschland hinwegzieht sowie in den mitunter gewittrigen Schauern dahinter sind sogar einzelne orkanartige Böen und Orkanböen bis 120 km/h wahrscheinlich. Das sind Windgeschwindigkeiten, die wir so verbreitet bis ins Flachland nicht jedes Jahr erleben. Zudem treten die Böen bei einer solchen “konvektiven Windlage” teilweise sehr plötzlich auf. All das führt zu einem nicht zu verachtenden Schadenspotenzial. Größere Bäume können entwurzelt, Dächer beschädigt und Gegenstände umher gewirbelt werden. Damit wird der Verkehr sowohl am Boden als auch in der Luft so seine Schwierigkeiten haben. Es gilt also nicht nur Reisen, sondern generell den Aufenthalt im Freien nach Möglichkeit zu vermeiden. Erst im Laufe des Donnerstagnachmittags lässt der Wind von Westen deutlich nach.

Nach einem kurzen Zwischenhocheinfluss, der seinen Namen kaum verdient, nähert sich am Freitag das nächste Orkantief ZEYNEP. Wie man in der Grafik erkennt, setzt dieses Tief ein gutes Stück südlicher an als YLENIA. Zudem fällt auf, dass das Sturmfeld kleinräumiger ist. Es handelt sich um einen sog. Schnellläufer, also kleinräumige, sich sehr schnell mit der Höhenströmung fortbewegende Tiefs, deren Vorhersage traditionell unsicherer ist als die der großen Orkantiefs. So bereitet uns Meteorologen auch ZEYNEP Kopfzerbrechen, denn etwa ab den Britischen Inseln wird die Prognose der Zugbahn sehr unscharf. Zwar ist recht sicher, dass das Sturmfeld Deutschland erfassen wird, wo genau und mit welchen Windgeschwindigkeiten, bleibt bisweilen aber unklar. Die Gefahr von Orkanböen ist dennoch durchaus gegeben, zumindest regional und besonders über der Nordhälfte.

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.02.2022

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DWD YLENIA und ZEYNEP Orkantiefs im Doppelpack

Tag des Regenwurms

Der Tag des Regenwurms wurde sehr wahrscheinlich im Jahr 2005 initiiert. Sinn und Zweck des Gedenktages ist es, auf den Nutzen des noch so kleinsten Lebewesens in unserer Natur hinzuweisen und zu helfen, ein Bewusstsein für alles Leben auf unserem Planeten zu entwickeln.

Die Regenwürmer gehören zum Stamm der Ringelwürmer. Ein Regenwurm kann zwischen 3 und 8 Jahre alt werden und es gibt Würmer, die eine Länge von bis zu 30 cm erreichen können. Woher der Name kommt, ist nicht geklärt. Man vermutet, dass er den Würmern gegeben wurde, weil sie besonders bei Regen an die Oberfläche kommen.

Und Regen ist das Stichwort für den weiteren Text. Mit Tiefdruckeinfluss regnet es nämlich in Deutschland in den kommenden Tagen recht kräftig und teils auch länger anhaltend. Die erste Front mit verbreiteten Niederschlägen erreicht uns in den Abendstunden des heutigen Dienstags von Nordwesten. In der Nacht zum Mittwoch breitet sich der Regen südostwärts aus. Dabei fällt im höheren Bergland anfangs auch noch Schnee, in den tiefen Lagen regnet es durchgehend.

Im Laufe des Mittwochs wird der Niederschlag der ersten Front von dem einer weiteren aus Westen eingeholt und quasi überlagert. Dies verstärkt den Regen. Bis Mittwochabend fallen im Norden und Westen verbreitet 10 bis 15 Liter pro Quadratmeter. Im Stau der westlichen Mittelgebirge sind 20, lokal auch 30 Liter in 18 bis 24 Stunden möglich. Nach Osten und Süden hin fallen verbreitet 2 bis 5, regional bis 10 Liter pro Quadratmeter. Nur im Schwarzwald sind höhere Mengen zwischen 10 und 20 Liter möglich.

Nach nur einer kurzen Wetterberuhigung am Mittwochnachmittag und Abend wird Deutschland aus Westen von einer weiteren Frontalzone mit Niederschlägen erfasst. Dabei kommt es zu schauerartig verstärkten Regenfällen, vor allem im Norden ist auch vereinzelt gewittriger Regen möglich. Die Niederschläge lassen am Donnerstagvormittag meist nach, nur der Norden verbleibt in der Schleifzone des Frontensystems und somit unter dichten Wolken und Regen.

Von Mittwochabend bis Donnerstagvormittag fallen im Norden 10 bis 20 Liter pro Quadratmeter, lokal etwas weniger, lokal vielleicht auch etwas mehr. Nach Süden hin werden verbreitet noch einmal 5 bis 10 Liter erwartet. Im Stau der Mittelgebirge und der Alpen summieren sich die Niederschläge auf 15, örtlich auch 25 Liter in 12 Stunden. Am Donnerstag tagsüber sind die Niederschläge in vielen Regionen Deutschlands nur noch gering. Im Norden kommen noch einmal 5 bis 10 Liter hinzu.

Das klingt jetzt so einzeln nicht nach besonders viel Regen, wenn man es aber über 36 bis 48 Stunden aufsummiert, dann kommen in den Mittelgebirgen 35 bis 45 Liter pro Quadratmeter zusammen, örtlich werden von den Modellen um 55 Liter simuliert. Zudem liegen auf den Bergen auch noch ein paar Zentimeter Schnee, die im Zustrom milder Luft schmelzen und einen Beitrag zum abfließenden Wasser leisten. Im Norden und Nordwesten des Landes fallen in der Fläche bis zu 25, regional auch bis 40 Liter innerhalb von 36 bis 48 Stunden. Im Süden, abseits der Mittelgebirge und der Alpen, kommen im gleichen Zeitraum verbreitet 10, regional um 20 Liter Regen pro Quadratmeter zusammen.

Aufgrund der flächigen und länger andauernden Regenphase schwellen vor allem kleinere Bäche und Flüsse an und können über die Ufer treten. Es sind also räumlich begrenzt Überschwemmungen möglich.

Apropos Überschwemmungen: Früher hat man vermutet, dass die Regenwürmer bei Regen an die Oberfläche kommen, weil sie sonst “ertrinken” würden. Neuere Forschungen gehen davon aus, dass ein Regenwurm bis zu 35 Stunden im Nassen überleben kann. Was auch immer stimmt, wenn Sie in den nächsten Tagen aufmerksam spazieren gehen, dann entdecken Sie vielleicht auch den ein oder anderen Regenwurm.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.02.2022

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Diese Woche geht es rund

Seit Jahresbeginn warnen wir vom Deutschen Wetterdienst immer wieder vor Wind- und Sturmböen. Im Bergland gab es schon häufiger Warnungen vor orkanartigen Böen oder Orkanböen und auch die Küsten waren wiederholt mit schweren Sturmböen dabei. In Hamburg stand der Fischmarkt durch Sturmfluten schon einige Male unter Wasser und auch an anderen Küstenabschnitten haben Sturm und Wellen für Schäden gesorgt.

In dieser Woche starten wir zwar verhältnismäßig mit eher lauem Wind, auf dem Atlantik bringen sich aber Tiefdruckgebiete in Stellung, die in der zweiten Wochenhälfte in rascher Abfolge über den Norden Deutschlands und Südskandinavien ostwärts hinweg ziehen. Auch der Jet positioniert sich im Laufe der Woche über dem Atlantik und zieht mit der Strömung ostwärts, sodass er ab Donnerstag etwa über Norddeutschland liegt. Jet plus Instabilität durch Tiefdruckgebiete sorgen dann für verbreitet stürmisches Wetter.

Am Mittwoch wird es zunächst über der Mitte und dem Süden Deutschlands windig mit verbreiteten Böen um 70 km/h. Im Bergland treten Sturmböen oder schwere Sturmböen zwischen 85 und 95 km/h auf. Auf den Gipfeln der Mittelgebirge und der Alpen werden Böen zwischen 110 und 130 km/h erwartet. In der Nacht zum Donnerstag frischt der Wind verbreitet auf und erreicht im Flachland bis zu 85 km/h, an den Küsten bis 100, im Bergland 110 km/h. Auf den Gipfeln sind dann Böen von mehr als 120 km/h wahrscheinlich.

Für den Donnerstag selbst werden aktuell im Flachland von der dänischen Grenze bis an die Alpen Böen zwischen 80 und 100 km/h prognostiziert. An den Küsten und im Bergland sind Böen bis 115 km/h wahrscheinlich und die Gipfel können voraussichtlich mit Böen um 150 km/h aufwarten.

Die führenden Modelle sind sich in der Prognose bis Donnerstag recht einig und zeigen dies auch schon seit einigen Läufen. Anschließend gehen die Vorhersagen noch auseinander, grundsätzlich bleibt es aber windig.

Das derzeit wahrscheinlichste Szenario: Zwar lässt der Wind in der Nacht zum Freitag etwas nach, aber auch am Freitag und in der Nacht zum Samstag können noch Böen um 80 km/h in den Niederungen und 100 km/h an den Küsten und im Bergland auftreten. Je nach Modell und Region ist auch mehr möglich, allerdings sind die Unterschiede noch groß.

Das Wochenende verläuft nach derzeitigen Kenntnissen “moderat stürmisch”: Böen im Flachland zwischen 60 und 70 km/h, auf den Bergen 80 bis 90 km/h, in Gipfellagen bis 120 km/h.

Mit vorherrschender westlicher Windrichtung ist die Luft maritim geprägt, sprich feucht. Immer wieder regnet es, teils auch kräftiger. Bei guter vertikaler Durchmischung liegt die Schneefallgrenze meist oberhalb von 400 bis 600 Metern, teils auch über 1000 Metern. Ein Wintereinbruch im Flachland ist weiter nicht in Sicht.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.02.2022

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DWD Diese Woche geht es rund

 

Droht im Frühjahr erneut ein Ozonloch über der Arktis?

Jedes Jahr, wenn das aufkommende Sonnenlicht die Polarnacht in der Arktis beendet, sinkt die Ozonkonzentration in der Stratosphäre, die sich in etwa in 10 bis 50 km Höhe befindet. Die höchste Ozonkonzentration in der ozonbildenden Schicht innerhalb der Stratosphäre tritt im Übrigen in einer Höhe von etwa 32 Kilometern Höhe über der Erdoberfläche auf.

Die arktische Winterstratosphäre ist insgesamt viel dynamischer als die antarktische Winterstratosphäre, sodass über der Arktis bisher selten so drastische Ozonabnahmen im Frühjahr im Vergleich zur Antarktis stattgefunden haben. Mit Dynamik ist der Einfluss von vertikalen Wellenflüssen aus der Troposphäre (durch unterschiedliche Orografie sowie Land-/Meerverteilung im Vergleich zur Antarktis) sowie der meridionale Transport von Ozon aus niederen Breiten in der Stratosphäre selbst gemeint.

Die Voraussetzung zum Ozonabbau sind im Wesentlichen die Bildung von polaren Stratosphärenwolken (PSC), wobei sehr niedrige Temperaturen (i.d.R. unter -78 Grad) erforderlich sind. An der Oberfläche dieser PSCs reagieren Chlorgase und setzen Chlor in einer Form frei, die Ozon leicht zerstören kann.

Die Position und Ausdehnung des winterlichen stratosphärischen Polarwirbels spielt eine entscheidende Rolle für die Menge und Verteilung des Ozons innerhalb Stratosphäre. Der Polarwirbel wiederum bezeichnet das Gebiet, in dem kalte Polarluft durch die sehr starken Winde des Polarnachtjets (um 60 Grad Nord im Mittel am stärksten ausgeprägt) eingeschlossen wird. Während der Winter-/Frühjahrsperiode, wenn der Polarwirbel über der Arktis am stärksten ist, kann keine Luft außerhalb des Polarwirbels eindringen. Da sich dann auch die relativ warme Luft aus den mittleren Breiten nicht mit der eisigen Polarluft vermischen kann, wird die Luft innerhalb des Polarwirbels aufgrund des Wärmeverlustes durch Strahlung immer kälter. Daneben können auch zusätzliche dynamische Faktoren (z.B. fehlende Wechselwirkungen mit der Troposphäre, siehe oben) den Polarwirbel zusätzlich stärken. Wenn das Ozon im Wirbel einmal abgebaut ist, wird es somit auch nicht durch ozonreichere Luft außerhalb des Wirbels wieder aufgefüllt. Erst im mittleren bis späten Frühjahr wird der stratosphärische Polarwirbel schwächer und bricht schließlich zusammen. Danach kommt es zu einer gründlichen Durchmischung, und die Ozonmengen werden wieder aufgefüllt.

Derzeit ist der stratosphärische Polarwirbel überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Als Kriterium kann man die auf 60 Grad Nord gemittelten zonalen (westlichen) Winde in 10 hPa (über 30 km Höhe über Grund) nehmen, die aktuell um 60 m/s liegen. Das stellt eine mehr als doppelt so hohe Windgeschwindigkeit im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert um Mitte Februar dar. Auch die Prognosen der Windgeschwindigkeit in 60 Grad Nord und auf 10 hPa gehen bis mindestens Mitte März überwiegend von einem überdurchschnittlich starken Polarwirbel aus.

In der beigefügten Grafik ist die gesamte Ozonsäule, gemittelt über die Polkappe für Breitengrade nördlich von 63 Grad Nord dargestellt. Dies ist ein gutes Maß für den Gesamtozongehalt im stratosphärischen Polarwirbel. Bei der Auswertung dieser Berechnungen für Ende Oktober bis Ende Februar ist jedoch Vorsicht geboten, da ein großer Teil des Gebiets in der Polarnacht liegt. Für die Messung des Ozongehaltes benötigt der Sensor am Satelliten einer polarnahen Umlaufbahn als Strahlungsquelle Sonnenlicht, da dieser vom Erdboden reflektiertes oder in der Atmosphäre gestreutes Licht aufnimmt (Ozon filtert dabei ultraviolette Strahlung aus dem Sonnenlicht heraus). Die fehlenden Beobachtungen werden mit Hilfe eines Modells aufgefüllt. Die Ozonkonzentration ist in der Einheit Dobson Unit (DU) angegeben. Die Dobson Unit bzw. Einheit wird am häufigsten zur Messung der stratosphärischen Ozonkonzentration verwendet. Die durchschnittliche Ozonmenge in der Atmosphäre beträgt etwa 300 bis 400 DU. Der Grafik kann man entnehmen, dass die momentane Ozonkonzentration (rote Kurve) bereits deutlich unter dem vieljährigen Mittelwert (dicke schwarze Linie) verläuft. Zum Vergleich wird in der Grafik auch das Winterhalbjahr 2020/2021 herangezogen (blaue Kurve), wo die stratosphärische Ozonkonzentration etwa im Bereich der vieljährigen Mittelwerte lag. Daher kann unter Berücksichtigung der weiter oben beschriebenen Prozesse und unter Beibehaltung eines überdurchschnittlich starken stratosphärischen Polarwirbels bis weit in den März hinein (Prognose) von einer deutlichen Abnahme des stratosphärischen Ozons im Frühjahr zumindest im Arktisumfeld ausgegangen werden (eventuell erneut unter 300 DU).

Zum Vergleich: Über der Antarktis wurden in der Vergangenheit im dortigen Frühjahr (September/Oktober) auch Werte unter 220 DU gemessen, einhergehend mit einem ausgedehnten Ozonloch im Bereich des antarktischen stratosphärischen Polarwirbels.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 13.02.2022

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DWD Droht im Fruehjahr erneut ein Ozonloch ueber der Arktis

 

Februar 2022 – Mild, milder, am mildesten?

Mit einer durchschnittlichen Temperatur von 4,3°C war der bisherige Februar viel zu mild. Im Vergleich zur Referenzperiode 1961 – 1991 beträgt die Abweichung zum Klimamittel knapp 4 Grad. Dabei sind die Abweichungen mit teils über 5 Grad im Osten am größten, im Südwesten beträgt die positive Abweichung “nur” rund 2,5 Grad. Zieht man die wärmere Referenzperiode 1991 – 2020 heran, so ist der diesjährige Februar im Deutschlandmittel immerhin noch 2,8 Grad zu warm. Blickt man auf die Temperaturprognosen der kommenden Woche, so wird sich diese Abweichung weiter erhöhen, denn die zweite Februardekade wird ebenfalls deutlich zu mild ausfallen, wie wir gleich noch sehen werden. Damit macht der Februar 2022 den Spitzenreitern mächtig Konkurrenz. Der bisherige Rekordhalter ist der Februar 1990 mit einer Mitteltemperatur von 5,7°C, gefolgt von den Jahren 2020 und 2002 mit 5,3°C beziehungsweise 5,1°C. Ob der diesjährige Februar den Februar aus dem Jahre 2002 vom Treppchen stößt oder sogar den Februar 1990 vom Thron stürzt, hängt maßgeblich von den Temperaturen im letzten Februardrittel ab, die sowohl in die eine wie in die andere Richtung ausschlagen können. Ziemlich sicher ist allerdings bereits, dass sich der Februar 2022 in die Riege der Top 10 einreihen wird.

Zugegeben, die vergangene und auch die kommende Nacht war bzw. wird verbreitet frostig – an den Alpen teils auch um -10 Grad – aber (lokale) Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel. Hoch INGO, das uns heute einen sonnigen Samstag beschert, verabschiedet sich nach Osteuropa und wir gelangen somit in eine kräftige südwestliche Strömung, mit der erneut sehr milde Luft nach Deutschland geblasen wird. Tief VERA, das sich am morgigen Sonntag mit dem Kern über der Irischen See befindet, liegt noch weit genug von uns fern, sodass sich auch der morgige Tag vielfach noch von seiner Sonnenseite zeigt. Als Vorboten der sich nähernden Wetterfront von Tief VERA ziehen allerdings im Westen und Nordwesten im Tagesverlauf Wolkenfelder auf und der Wind legt einen Zahn zu. Das Warmluftgebläse lässt die Temperaturen regelrecht in die Höhe schnellen. Im milden Breisgau werden sogar um 15 Grad erwartet und auch in den übrigen Niederungen im Westen, beispielsweise an Rhein und Ruhr, werden verbreitet zweistellige Höchstwerte erreicht. Im Nordosten kann sich die milde Luft allerdings noch nicht durchsetzen, sodass es auf Rügen mit rund 5 Grad noch vergleichsweise kühl bleibt.

Bis Montag verlagert sich Tief VERA weiter zur Nordsee und damit greift auch ihr Frontensystem auf Deutschland über. Damit ziehen in weiten Teilen Deutschlands dichte Wolkenfelder auf und hier und da fällt auch mal etwas Regen. Von Berlin bis München und südostwärts davon scheint allerdings nochmals die Sonne. Die feuchtmilde Luft flutet am Montag fast ganz Deutschland. Verbreitet werden Höchstwerte zwischen 10 und 13 Grad erreicht, mit 6 bis 9 Grad bleibt es nur im Großteil von Bayern, in den Mittelgebirgen und an der Nordsee etwas “kühler”.

Bis zum Dienstag zieht Tief VERA nach Südschweden und ihre Front verlässt Deutschland nach Osten. Über dem Atlantik stehen aber schon die nächsten Tiefs in den Startlöchern und es stellt sich dort eine ausgeprägte Westströmung ein, typisch für die Westwindzone der mittleren Breiten. Beim Blick auf die Wetterkarten kommen für uns Meteorologen also keine Zweifel auf, dass diese Tiefs mit ihren Wetterfronten in der strammen westlichen Strömung auch zu uns nach Mitteleuropa gelangen. Dies ist quasi der Winterkiller schlechthin, denn Schnee und Frost haben bei dieser Wetterlage im Flachland ganz schlechte Karten.

Am Dienstag kommt Deutschland vorübergehend unter schwachem Zwischenhocheinfluss, sodass sich vor allem am Nachmittag auch mal zeitweise die Sonne zeigen kann. Ungemütlicher wird es an und in den Alpen sein. Dort schneit es am Vormittag für längere Zeit, die Schneefallgrenze steigt aber rasch wieder an und Regen beziehungsweise Schnee lassen dort im Tagesverlauf nach. Nur im Berchtesgadener Land hält sich der Regen länger, in höheren Lagen schneit es dort weiter. An den Alpen bleibt es mit rund 5 Grad auch am kühlsten, sonst wird es mit 7 bis 11 Grad erneut recht mild. Im Westen und Nordwesten pfeift uns allerdings voraussichtlich ein teils böiger Südwestwind um die Ohren. In der Nacht zum Mittwoch zieht schon die nächste Regenfront über Deutschland hinweg, Schnee fällt nur in den höchsten Lagen der Mittelgebirge.

Auch im weiteren Verlauf der Woche zeigt sich über dem Atlantik eine rege Tiefdrucktätigkeit. Damit geht es sehr mild weiter, teils mit Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad. Allerdings gestaltet sich das Wetter unbeständig und turbulent. Immer wieder ziehen Schauer oder Regengebiete durch und es wird zunehmend windig bis stürmisch. Diese Wetterlage bietet auch erhöhtes Sturmpotential, wobei dies von der genauen Zugbahn und Stärke der Tiefs abhängt.

Ob es bis zum Ende des Monats so mild weitergeht oder ob der Winter uns doch nochmals einen Besuch abstattet, kann man aus heutiger Sicht noch nicht beurteilen. Lassen wir uns also überraschen, welchen Platz der Februar in der Temperatur-Rangliste einnehmen wird.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 12.02.2022

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DWD Februar 2022 Mild milder am mildesten

 

Unfallträchtige Lawinentage in den Alpen

In den Alpen ereigneten sich traurigerweise seit vergangenem Freitag mehrere tödliche Lawinenunfälle. Dabei waren von Freitag bis Sonntag insgesamt elf Tote zu beklagen, acht davon allein in Tirol. Bei der Auslösung von teils großen Schneebrettlawinen kamen am Fließer Berg in der Samnaungruppe fünf, bei der Breitegg-Spitze in den westlichen Kitzbühler Alpen zwei und bei der Gammerspitze im Schmirntal in den nördlichen Zillertaler Alpen ein Wintersportler ums Leben. Auch in den Berchtesgadener Alpen wurden am vergangenen Samstag zwei Skitourengeher von einer Schneebrettlawine am Steintalhörndl mitgerissen, wobei einer nur noch tot geborgen werden konnte. Zwei Lawinenopfer waren zudem in Vorarlberg und im Schweizer Kanton Wallis zu beklagen. Ein weiterer Lawinenunfall ereignete sich schließlich am Dienstag im Langtauferer Tal, einem Seitental des oberen Vinschgaus an der Grenze zu Österreich, bei dem ein deutscher Skitourengeher verschüttet wurde und an der Unfallstelle verstarb.

Die hohe Zahl der Lawinenunfälle ist dabei auf eine Kombination verschiedener Faktoren zurückzuführen. Einer der entscheidenden Faktoren war das Wetter in der vergangenen Woche, dass in den Nordalpen zu einem ungünstigen Schneedeckenaufbau führte. Nach einer längeren schneearmen Zeit stellte sich die großräumige Wetterlage auf das Muster “Nordwest zyklonal”. Insbesondere die aufeinanderfolgenden Tiefs “Odette” und “Philine” luden mit ihren Frontensystemen reichlich Schnee in den Nordwest- und Nordstaulagen der Alpen ab. Neuschneemengen von teils einem halben bis über einen Meter kamen dabei zusammen. Insbesondere in einigen Hochlagen von der Silvretta-Arlbergregion über die Lechtaler Alpen bis zum Karwendel konnten sich staubedingt durchaus auch um 1,5 bis knapp 2 Meter Neuschnee akkumulieren. Problematisch während der Niederschlagsperiode war zudem der stürmische Nordwestwind, der den frischen Neuschnee mächtig verlagerte und so für teils großen Triebschneeansammlungen sorgte. Innerhalb der vom Wind geformten Triebschneepakete weisen die Schneekristalle eine hohe Bindung auf und bilden somit gefährliche Schneebretter aus. Zudem fand auch zum Ende der Niederschlagsperiode und auch in der zweiten Wochenhälfte eine Erwärmung statt, wodurch sich die Neuschneedecke weiter verdichten konnte.

Ein weiterer ungünstiger Faktor für die Lawinensituation war zudem die Altschneeoberfläche, auf der sich der Neu- und Triebschnee ablagerte. So wiesen die aufgenommenen Schneeprofile an den Lawinenanrissen eine Schwachschicht aus kantigen Kristallen unterhalb einer dünnen Schmelzharschschicht auf, welche sich vor der letzten Schneefallperiode flächig gebildet hatte (siehe Abbildung 1: Schneeprofil vom Lawinenanriss am Fließer Berg in der Samnaungruppe). Da die Schwachschicht großflächig und oft gleichmäßig vorhanden war, ermöglichte alleine die Zusatzbelastung durch einzelne oder mehrere Wintersportler eine großflächige Bruchfortpflanzung und somit das Auslösen von mittelgroßen bis großen Schneebrettlawinen.

Die Lawinengefahrenstufe wurde dementsprechend zunächst nach dem Neuschneeereignis von den Lawinenwarndiensten auf große Gefahr der Stufe 4 gesetzt. Zum vergangenen Freitag wurde sie auf die erhebliche Gefahrenstufe (Stufe 3) zurückgenommen. Bei sonnigem und mildem Wetter trieb es am vergangenen Wochenende viele Wintersportler und Skitourengeher in die Berge. Die Kombination von schönem Wetter und heikler Lawinensituation bildete dabei den Nährboden für die vielen tödlichen Unglücke. Statistisch gesehen passieren zwei Drittel aller Lawinenunglücke bei Gefahrenstufe 3.

Von Sonntag auf Montag brachte dann die Kaltfront von Sturmtief “Roxana” in den Nordalpen erneut starken Schneefall. Teils gab es 20 bis 40 Zentimeter Neuschnee. Problematisch erwies sich wiederum der Wind, der mit Sturm- und schweren Sturmböen, auf den Gipfeln auch mit vollem Orkan erneut für gefährliche Triebschneeansammlungen sorgte. Nachfolgend setzte und verfestigte sich bei Hochdruckeinfluss und deutlicher Erwärmung unter der Woche die Schneedecke, wodurch die Lawinengefahr in den Nordalpen auf die mäßige Stufe 2 zurückgenommen werden konnte. Lediglich in den zentralen Gebirgsgruppen oberhalb etwa 1600 m besteht weiterhin eine erhebliche Gefahrenstufe. Generell bleiben Bereiche mit Triebschneeansammlungen aber weiter störanfällig. Oft reicht schon ein einzelner Skifahrer zur Auslösung des Schneebrettes, wie etwa am gestrigen Donnerstag in den Allgäuer Alpen am Grießgrundkopf geschehen (siehe Abbildung 2).

Am heutigen Freitag bringt eine Kaltfront bei teils stürmischem Wind nochmal etwa 5 bis 15 Zentimeter Neuschnee in der Nordalpenregion. Die Lawinengefahrenlage bleibt daher weiter mäßig bis erheblich (Stufe 2 bis 3). Nachfolgend fließt polare Kaltluft ein, die am Wochenende unter Hochdruckeinfluss gerät. Zwar sinken die Temperaturen, aber an der derzeitigen Lawinengefahr dürfte sich vorerst kaum etwas ändern. Zur Gefahrenvermeidung gilt es dennoch, als Wintersportler ein gutes lawinenkundliches Beurteilungsvermögen mitzubringen und auf eine defensivere Routenwahl mit Meidung von steilen Hanglagen zu setzen.

M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 11.02.2022

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DWD Unfalltraechtige Lawinentage in den Alpen

Zwei regnerische Wochen – auch in der Bodenfeuchte erkennbar

Die letzten Wochen waren insgesamt von wechselhaftem Wetter geprägt. Auch atlantische Hochdruckgebiete, die hin und wieder versuchten, zumindest vorübergehend für ruhigere Phasen zu sorgen, konnten den Wetter-Gesamteindruck nicht dauerhaft “aufhübschen”.

Diese Wetterentwicklung lässt sich auch an den Niederschlagsummen der letzten beiden Wochen ablesen. Vor allem im Norden und Westen sind gebietsweise mehr als 60 l/m², teilweise sogar um 100 l/m² gefallen – das ist ein Vielfaches (etwa das Zwei- bis Fünffache) dessen, was dort sonst in dem entsprechenden Zeitfenster zu erwarten ist. Kräftige Niederschläge gab es regional auch in anderen Ecken, etwa an den Alpen, im Schwarzwald, im Thüringer Wald oder vom Bergischen Land bis hinüber ins Sauer- und Siegerland.

Trockener (wenn auch nicht wirklich trocken) war es z.B. in einem breiten Streifen von der Prignitz in Nordwestbrandenburg bis ins Thüringer Becken, aber auch in Teilen Unterfrankens oder in Rheinhessen. In den genannten Regionen ist es aber etwas schwieriger, die gefallenen Niederschläge klimatologisch einzuordnen. Während es sich bei der Altmark, der Börde und auch bei Rheinhessen um insgesamt trockene Gebiete handelt, bei denen die beobachteten Regen- und Schneefälle auch etwa dem Zwei- bis Fünffachen des vieljährigen Mittels entsprechen, liegen die Niederschläge im Thüringer Becken oder in Unterfranken im Bereich oder nur leicht über den vieljährigen Mittelwerten.

Die beschriebene zweiwöchige “Niederschlagshistorie” lässt sich auch in den Werten der Bodenfeuchte ablesen. Zwar hängt die Bodenfeuchte in hohem Maß vom Bewuchs, der Verdunstung, der hydrologischen Speicherkapazität des Bodens und vieler weiterer Faktoren ab, so dass Niederschlag und Bodenfeuchte nicht “deckungsgleich” sind, aber trotzdem kann man ähnliche Muster erkennen.

Dazu finden Sie in der o. e. Abbildung (rechts) auch der DWD-Bodenfeuchteviewer. Dieser modelliert auf Basis des Modelle AMBAV 2.0 (Agrarmeteorologische Berechnung der aktuellen Verdunstung) für verschiedene Bodentiefen und unterschiedlichen Bewuchs die nutzbare Feldkapazität (nFK in %) des Bodens. Das ist, salopp gesagt, der Teil des Wassers, der für die Pflanzen verfügbar ist.

Im konkreten Beispiel zeigt die Abbildung die nFK unter Winterweizen in einer Tiefe von 80 bis 90 cm. Recht trocken ist dabei ein Streifen, der etwa von der Börde im Norden bis ins südliche Mittelfranken im Süden reicht – und damit dem Bereich entspricht, in dem es in den letzten zwei Wochen am wenigsten Niederschlag gegeben hat. Eine – zumindest lokal – geringe nFK erkennt man beispielsweise auch am Oderbruch oder in Rheinhessen.

Dass viel Wasser nicht unbedingt gutes Pflanzenwachstum bedeutet, kann man aus der in der Legende ebenfalls aufgelisteten Interpretation der nFK-Werte ablesen. Sehr verbreitet kann man in Deutschland für die konkret ausgewählten Rahmenbedingungen eine Überversorgung mit Wasser konstatieren, die zu einem Sauerstoffmangel der Pflanzen führt oder führen kann.

Auch unter diesem Aspekt könnte sich der eine oder andere ein paar trockene Tage wünschen.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 10.02.2022

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DWD Zwei regnerische Wochen auch in der Bodenfeuchte erkennbar

Zwei neue Weltrekorde

Vor wenigen Tagen, mit Pressemitteilung vom 01.02.2022, bestätigte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO, World Meteorological Organization) neue spektakuläre Weltrekorde. Bei zwei Blitzentladungen, einer in Nord-, der andere in Südamerika, konnten neue Höchstwerte gemessen bzw. beobachtet werden. Das für Wetter- und Klimaextreme zuständige Komitee bediente sich dabei zur genauen Beurteilung der Megablitze neuesten Satellitentechnologien.

Der nun längste jemals beobachtete Einzelblitz fand am 29. April 2020 im Süden der Vereinigten Staaten statt und legte eine horizontale Distanz von 768 km zurück (bei einem Unsicherheitsbereich von +/- 8 km). Um diese Entfernung richtig einordnen zu können, muss man sich vor Augen führen, dass dies ungefähr die Nord-Süd-Ausdehnung Deutschlands, d.h. die Luftlinie zwischen Flensburg und der Zuspitze ist. Der alte Rekord war um etwa 60 km kürzer (709 km) und trat am 31.10.2018 im südlichen Brasilien auf. Die Erhebungsmethodologie war dabei identisch (“great circle distance” bzw. “Großkreismethode”).

Der am längsten andauernde Blitz stammt ebenfalls vom amerikanischen Kontinent, allerdings vom südlichen Teil. Dieser erhellte am 18. Juni 2020 den Himmel zwischen Uruguay und dem nördlichen Argentinien für satte 17,102 Sekunden (von seinem Anfang bis zum Ende) mit einer geringfügigen Messungenauigkeit von +/- 0,002 Sekunden). Damit blieb der Rekord in Südamerika, denn auch der bis dahin gültige Rekordblitz wurde in Argentinien mit 16,73 Sekunden gemessen (am 04. März 2019).

Natürlich sind Ereignisse solcher Dimension mit einem räumlich limitierten bodengebundenen Messnetz, wie es seit vielen Jahre zur Anwendung kommt, nur schwer zu detektieren. Daher extrahieren die damit befassten Wissenschaftler ihre Erkenntnisse, wie auch sonst häufig bei meteorologischen Untersuchungen, aus dem umfangreichen Datenschatz der geostationären Satelliten. Diese beobachten die Erdoberfläche und die Atmosphäre in einer Höhe von ca. 35 800 km Höhe über dem Äquator, denn dadurch ist sichergestellt, dass sich der Satellit relativ zur Erde nicht bewegt. Damit sind kontinuierliche Untersuchungen eines gewünschten Zielgebiets möglich. Ein für solche spezielle Zwecke konstruiertes Messgerät ist beispielsweise der sog. “Lightning Mapper”, der auf den US-amerikanischen GOES-16 und 17 (detektierten die Rekorde) sowie auf dem europäischen Pendant Meteosat (dritte Generation, MTG) und einem chinesischen Satelliten verbaut ist.

Selbstverständlich kommen solche Megablitze nicht bei einem “gewöhnlichen” Gewitter vor, sondern sind eingebettet in große Gewittersysteme, sogenannten “Mesoscale Convective Systems (MCS)”. Einige Regionen der Erde bieten besonders gute meteorologische, klimatologische und topographische Randbedingungen für die Entstehung solcher MCS. Unter anderem fallen darunter auch jene Regionen bzw. angrenzenden Gebiete, in denen nun diese Megablitze aufgetreten sind, wie das La-Plata-Becken in Südamerika und die Great Plains in den USA.

Die neuesten wissenschaftlichen Methoden erlauben nun, die komplexen Vorgänge bei einem Gewitter und die dabei entstehenden Blitzentladungen auf einer globalen Skala in hoher Auflösung zu untersuchen (sowohl Wolken-Erde-Blitze als auch jene innerhalb der Wolken). Die daraus abgeleiteten Erkenntnisse dienen anschließend dazu, die Auswirkungen und Gefahren von (Mega-) Blitzen neu einschätzen zu können. Besonders Länder mit einer noch eingeschränkten meteorologischen Überwachung werden davon besonders profitieren. Aber auch für unsere Breiten sind solche Forschungen von großem Nutzen, denn selbst in Deutschland sterben beispielsweise fast jährlich Menschen durch Blitzeinschläge. Besonders gefährlich sind dabei jene Blitze, die nicht in unmittelbarer Nähe zum Zentrum der Gewitterzelle in den Boden einschlagen. Daher sind zum Beispiel schon bei einem 10 km entfernten Gewitter schützende Bereiche aufzusuchen.

Zu den Untersuchungen erschien auch eine offizielle Publikation im “Bulletin of the American Meteorological Society”.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 09.02.2022

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DWD Zwei neue Weltrekorde

Wintereinbruch

Als der Autor dieses Textes vor ziemlich genau einem Jahr an dieser Stelle an einem neuen Thema des Tages arbeitete, war das Thema schnell gefunden: In Teilen Deutschlands gab es einen massiven Wintereinbruch. In diesem Winter gibt es winterliche Erscheinungen meist nur im Bergland, während die “Flachlandtiroler” in die Röhre schauten. Vor einem Jahr jedoch brachte der massive Wintereinbruch gebietsweise erheblichen Neuschnee bis ins Tiefland.

Was war damals passiert? Zwischen dem Schneetief TRISTAN mit Kernen über Nordfrankreich und Norditalien und dem Hoch GISELA mit Schwerpunkt über Skandinavien und dem Nordmeer hatte sich am 7. Februar 2021 (einem Sonntag) eine Luftmassengrenze über Deutschland ausgebildet, bei der nördlich davon kalte Luft aus dem Osten nach Deutschland strömte, während südlich davon deutlich mildere Luft aus südlichen Gefilden einfloss. Diese Grenze lag genau über der Mitte des Landes etwa auf einer Linie Eifel – Rhein-Main-Gebiet – Nord-Bayern.

Tief TRISTAN sorgte für teils länger andauernde Niederschläge, die vor allem in der nördlichen Mitte in der kalten Luft durchweg als Schnee fielen und dort gebietsweise erheblichen Neuschnee bis in tiefe Lagen brachten. Die Schneehöhen am Montagmorgen des 8. Februar 2021 sprechen für sich: 10 bis 30 cm, lokal um 50 cm und im Bergland teils über 80 cm in einem Streifen vom südlichen Emsland und dem Niederrhein bis zum südlichen Brandenburg und bis nach Sachsen (siehe rechter Teil der Grafik). Ganz im Norden war es zwar ebenfalls kalt, dort reichte der Einfluss des Tiefs allerdings nicht für größere Neuschneemengen. Südlich der Luftmassengrenze hingegen war es zu warm, sodass dort meist Regen fiel. In einem Grenzbereich zwischen Schnee und Regen gab es in der Mitte Deutschlands auch Regionen, in denen erhebliches Glatteis durch gefrierenden Regen auftrat.

Darüber hinaus brachte die Bodendruckverteilung nördlich der Luftmassengrenze einen scharfen Gradienten, sodass der Wind dort sehr lebhaft war und in Böen stark bis stürmisch aus Ost wehte. So konnte der frischgefallene Schnee zum Teil stark verwehen, wobei von Schneeanhäufungen mit weit über einem Meter Höhe berichtet wurde. Infrastruktur und Verkehr wurden damit stark belastet, was mit dem nachfolgenden Kälteeinbruch in der darauffolgenden Woche mehrere Tage zu Problemen führte.

Von solchen winterlichen Wetterkapriolen bleiben wir derzeit verschont, der Blick zurück zeigt jedoch, was auch heute noch trotz der mit dem Klimawandel steigenden Temperaturen bei entsprechenden Konstellationen möglich ist. Dass es in diesem Winter noch einmal zu einem solchen Ereignis kommt, ist zwar nicht völlig ausgeschlossen, angesichts der fortgeschritten Jahreszeit (für die Meteorologen endet der Winter am 28. Februar 2022) und der derzeit unwinterlichen Wetteraussichten aber nicht sehr wahrscheinlich.

Dipl.-Met. Simon Trippler

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 08.02.2022

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DWD Wintereinbruch

Von der Eiswinterprognose zu einer außergewöhnlich milden Winterrealität 2021/22

Sicher hat der eine oder andere noch die (unseriösen) Prognosen aus dem Herbst in Erinnerung, die von einigen Medien verteilt wurden. Die Wahrscheinlichkeit für einen Eiswinter in Deutschland würde immer größer werden. Und was ist daraus geworden? Das komplette Gegenteil. Der Winter 2021/22 ordnet sich klar im Bereich der wärmsten Winter ein. Und dies wird nun im Folgenden mit ein paar Statistiken untermauert. Eine Zusammenfassung der betrachteten Statistiken ist dem Thema des Tages als Bild angehängt.

Für die Bewertung des meteorologischen Winters (1. Dezember bis 28./29. Februar) bieten sich verschiedene Maßzahlen an. Das sind zum einen die Anzahl der Frosttage (Minimumtemperatur unter 0 Grad) und Eistage (Maximumtemperatur unter 0 Grad). Auch die mittlere Temperatur (Tagesmitteltemperatur über den gesamten Winter hinweg) und die Kältesumme (Aufsummierung aller negativen Tagesmitteltemperaturen) sind gute Maßzahlen. Blicken wir zunächst auf die Zahl an Frost- und Eistagen. Zunächst einmal lässt sich ganz allgemein feststellen, dass die Anzahl der Frost- bzw. Eistage im Vergleich von der alten Klimareferenzperiode 1961-1990 zur neuen Referenzperiode 1991 bis 2020 deutlich zurückgegangen ist. So gibt es überall weniger Tage mit einer Minimumtemperatur unter dem Gefrierpunkt. Dies gilt besonders für den Norden Deutschland. In List auf Sylt sind es durchschnittlich ganze zwölf Tage weniger, in Hamburg zehn. Geringer fällt der Rückgang im Osten und Süden mit etwa fünf Tagen aus. Schaut man auf die Bilanz des Winters 2021/22, dann liegen die bisher registrierten Frosttage nochmal deutlich unter der neuen Klimareferenzperiode. Oftmals fehlen noch über 20 Tage bis zum Klimamittel. In List auf Sylt gab es bisher gerade mal an sechs Tagen, in Bremerhaven an acht Tagen Nachtfrost.

Bei den Eistagen fällt die Bilanz ebenfalls deutlich aus. Die Anzahl der Eistage ist im Vergleich zur alten Klimareferenzperiode um durchschnittlich drei bis acht Tage zurückgegangen. In diesem Winter gab es an einigen Stationen in Deutschland noch nicht einmal Dauerfrost (z.B. Teile des Ruhrgebiets, Teile des Rhein-Main-Gebiets, Würzburg). Aber auch sonst hat es abseits des Berglandes oft nur für wenige Dauerfrosttage gereicht.

Eine ernüchternde Bilanz. Selbst im bisher wärmsten Winter 2006/2007 hat es abgesehen vom direkten Nordseeumfeld immerhin mal für den ein oder anderen Eistag gereicht. Kann man sich da einen richtig kalten Winter überhaupt noch vorstellen? Den letzten richtig kalten Winter gab es 1996/97. Damals gab es in Frankfurt 25 Eistage, in Essen 24. Selbst auf Sylt hat es für 19 Tage gereicht. Oder wie wäre es mit dem Eiswinter 1962/63? Da schaffte es Frankfurt auf 31 und Sylt auf 19 Eistage – also Tage, an denen die Temperatur nicht über den Gefrierpunkt gestiegen ist! Auch wenn es nicht wenige Leser geben wird, die diese Winter miterlebt haben, ist eine solche Kälte in Anbetracht des sich wandelnden Klimas und im Angesicht des derzeitigen Winters kaum noch vorstellbar.

Werfen wird noch einen Blick auf die bisherige Mitteltemperatur und Kältesumme. Gerade letztere eignet sich sehr gut für die Einordnung der Strenge des Winters, da sie auch die Absolutwerte der täglichen Temperatur mit einbezieht.

Die derzeitige Durchschnittstemperatur im Flächenmittel über Deutschland (2,8 Grad) liegt deutlich unterhalb des Rekordjahres 2006/2007 (4,4 Grad). Das liegt vor allem daran, dass bisher die großen Mildphasen und Rekordtemperaturen ausgeblieben sind. Was in diesem Winter bisher allerdings auffällig war, ist die beständige Wetterlage, die kaum richtige Kältephasen brachte. Dies erkennt man schon an der Anzahl der Frost- und Eistage, die vergleichbar mit 2006/2007 sind, in einigen Regionen sogar noch geringer ausfallen. Deutlich wird dies auch in der Kältesumme. Diese liegt deutschlandweit bisher im unteren zweistelligen Bereich. In Frankfurt gerade einmal bei 7 Kelvin, in Essen nur bei 1,5 Kelvin. Um von einem normalen Winter zu sprechen, sollte die Summe hingegen eher im dreistelligen Bereich zu finden sein. Blicken wir doch nochmal auf den Winter 1996/97. In Frankfurt gab es damals eine Kältesumme von 186 Kelvin, in Essen von 161 Kelvin. In kälteren Regionen wie beispielsweise in Erfurt, wurden 296 Kelvin erzielt (2021/22: 28). Oder 1962/63: Frankfurt 443 Kelvin, Essen 321 Kelvin und Erfurt 630 Kelvin. Kaum (noch) vorstellbar, oder? Und wie schaut es im Vergleich zum Rekordwinter 2006/07 aus? Die Kältesummen im Rekordwinter waren recht ähnlich zu diesem Jahr. Im Norden und Osten lagen die Werte 2006/2007 etwas niedriger, im Westen und Süden aber sogar höher. So fehlen in Frankfurt noch 6 Kelvin, in Essen 10 Kelvin. Ob sich das bis zum Ende des Winters noch wesentlich ändert, ist fraglich.

Damit kann man festhalten: Der Winter 2021/22 kann zwar bezüglich der Mitteltemperatur nicht mit dem bisherigen Rekordwinter 2006/07 mithalten. Bei den Kennzahlen Frost- und Eistage sowie bei der Kältesumme bewegt er sich aber kurz vor Ende klar im Bereich der wärmsten Winter seit Aufzeichnungsbeginn. Dies ist vor allem dem Ausbleiben einer richtigen Kältewelle geschuldet.

Und wie geht es weiter? Nun, es wird hier und da sicherlich noch der ein oder andere Frosttag bis zum Monatsende hinzukommen. An der Gesamtbilanz wird dies aber wohl nicht mehr viel ändern, zumal es im Laufe der Woche ziemlich mild wird (Mittwoch 14 Grad am Oberrhein). Auch danach ist ein Wintereinbruch weiterhin weit und breit nicht in Sicht. Es bleibt also nur im höheren Bergland ein Winter, der den Namen auch verdient.

Dipl.-Met. Marcus Beyer

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 07.02.2022

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DWD Von der Eiswinterprognose zu einer aussergewoehnlich milden Winterrealitaet 202122