3304

Die Zahl 3304 ist auf dieser Welt vielfach vergeben. Es ist zum Beispiel die Postleitzahl von St. Georgen am Ybbsfelde in Österreich, Eger in Ungarn und Tabor in Slowenien. Die Quersumme von 3304 ist 10, als römische Ziffer ist es MMMCCCIV und als Binärzahl lautet sie 110011101000. Jetzt können Sie sich zu Recht fragen, was das alles soll.

Aber die Zahl 3304 ist auch die Anzahl an Themen des Tages, die Sie online auf den Seiten des DWD abrufen können. Bis zum heutigen Montag, den 23.10.2023, hat sich 3304 Mal jemand Gedanken gemacht, um Ihnen ein ansprechendes und interessantes Thema des Tages mit zumindest ansatzweise einem Bezug zur Meteorologie zu offerieren.

Die Themenauswahl ist vielfältig: Von der einfachen Beschreibung der Wetterlage über berühmte Persönlichkeiten aus der Wissenschaft bis hin zu komplexen Themen der Wetterentstehung ist alles dabei.

Viele hundert Male haben wir das aktuelle und kommende Wetter in Deutschland und weltweit beschrieben. Wir haben die Entstehung und die Auswirkungen von tropischen und außertropischen Wirbelstürmen beleuchtet. Wir haben Sie mitgenommen auf Reisen um den Globus. Wir haben Ihnen mehrfach den “Blick hinter unsere Kulissen” gewährt. Und nicht zuletzt haben wir viele Male zauberhafte Wetterphänomene beschrieben, wie irisierende Wolken oder Halos.

Jeden Monatsanfang blicken wir gemeinsam mit Ihnen auf den vergangenen Monat und stellen Tabellen mit der höchsten und tiefsten gemessenen Temperatur, Sonnenscheindauer und Niederschlagsmenge zusammen. Nach jeder “Saison” oder Jahreszeit gibt es einen Rückblick auf das Wetter der vergangenen 3 Monate.

Manchmal blicken wir humoristisch auf den Alltag von uns Meteorologen, manchmal geben wir Ihnen auch einfach nur harte Fakten. Dabei ist der Schreibstil so vielfältig wie die Anzahl an Menschen, die Ihnen täglich ein Thema präsentieren wollen.

Wir machen das gerne. Auch wenn es bisweilen nicht immer einfach ist, etwas Originelles und Ansprechendes zu finden. Stöbern Sie durch unser Archiv. Es ist für jeden etwas dabei. Und wenn Sie ein Thema vermissen oder etwas näher beleuchtet haben möchten, dann schreiben Sie uns.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

(Un)Wetterwarnungen des DWD – Teil 3: Wie entsteht eine Warnung?

In den beiden ersten Teilen dieser Serie haben wir zum einen vorgestellt, welche unterschiedlichen Zielgruppen auf (Un)Wetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) angewiesen sind und in welche Intensitätsstufen diese unterteilt sind. Zum anderen haben wir das dreigliedrige Warnsystem vorgestellt – bestehend aus der “Wochenvorhersage Wettergefahren”, den “Warnlageberichten” und den Gemeinde-genauen amtlichen Warnungen.

Heute erklären wir, wie die Warnmeteorologen Wetter- und Unwetterwarnungen erstellen. Dabei beschränken wir uns im Wesentlichen auf die letzte Phase unseres Warnsystems, den Gemeinde-genauen (Un)Wetterwarnungen. Der DWD warnt vor Wind/Sturm, Gewitter (inklusive Begleiterscheinungen), Stark- und Dauerregen, Nebel, Schneefall, Schneeverwehungen, Glätte/Glatteis, Frost und starkem Tauwetter. Diese haben sehr unterschiedliche Eigenschaften, sodass bei der Erstellung von Warnungen ganz unterschiedliche Daten gesichtet und bewertet werden müssen.

DWD UnWetterwarnungen des DWD Teil 3 Wie entsteht eine Warnung

Das Winterhalbjahr hat begonnen und das bedeutet auch für uns Meteorologen eine Umstellung, denn salopp gesagt warnen wir im Winter oft ganz anders als im Sommer. Im Winter stehen häufig große Tiefdruckwirbel im Fokus. Wie kürzlich gesehen, haben sie starken Wind oder gar Sturm im Gepäck. Auch Schneefälle oder länger anhaltender Dauerregen sind oft ein Thema. Von diesen Wettererscheinungen sind in der Regel größere Gebiete betroffen, die üblicherweise schon frühzeitig von den numerischen Wettervorhersagemodellen erfasst werden. So wissen wir schon mehrere Tage im Voraus, wenn Teilen Deutschlands Sturm oder starke Niederschläge drohen und können in der “Wochenvorhersage Wettergefahren” bereits darauf hinweisen.

Wie stark beispielsweise ein bevorstehender Sturm wirklich wird und welche Gebiete am stärksten von ihm betroffen sind, können wir aber erst etwa einen Tag vor seinem Eintreffen halbwegs präzise abschätzen. Dazu schauen wir uns nicht nur ein Wettervorhersagemodell an, sondern vergleichen die Berechnungen von mehreren Modellen unterschiedlicher Wetterdienste und arbeiten mögliche Unterschiede heraus, die wir in den Warnungen berücksichtigen. Zudem analysieren wir sogenannte Ensembleprognosen. Dabei berechnet dasselbe Wettermodell mehrere dutzende Male das zukünftige Wetter mit leicht unterschiedlichen Startdaten. Als Ergebnis bekommen wir zum einen Wahrscheinlichkeitsaussagen, also beispielsweise mit welcher Wahrscheinlichkeit an einem bestimmten Ort Sturmböen auftreten. Zum anderen erhalten wir Kartendarstellungen vom Mittelwert aus allen Berechnungen und die extremste Lösung, quasi als “Worst-Case”-Szenario. All dies sichtet und bewertet der Meteorologe und zeichnet schlussendlich Warngebiete, stellt für diese die erwarteten Windgeschwindigkeiten, die Windrichtung und den Warnzeitraum ein. Üblicherweise können bereits 6 bis 18 Stunden (bei großen Unwetterlagen auch noch frühzeitiger) Wind- und Sturmwarnungen ausgeben werden. Vorhersagemodelle sind also die Hauptdatenquelle für überregionale warnwürdige Wetterereignisse. Ähnlich gehen wir bei der Warnung vor großflächigen Schneefallgebieten, Dauerregen oder Tauwetter vor, wobei bei allen zuvor genannten Wetterelementen auch die Topographie (z.B. Höhenlage, Staueffekte, Küstenlinien) eine wichtige Rolle spielt.

DWD UnWetterwarnungen des DWD Teil 3 Wie entsteht eine Warnung

Beginnt das Warnereignis, muss der Warnmeteorologe ständig überprüfen, ob die zuvor ausgegebenen Warnungen passen. Zeigen zum Beispiel Wetterstationen über BeNeLux, dass an einer Kaltfront, die sich Deutschland nähert, die Windgeschwindigkeiten stärker ausfallen als vorhergesagt, muss er kurzfristig reagieren und die Warnungen stromabwärts erhöhen.

Etwas komplizierter wird es bei Glätte. Hier liefern gängige Wettervorhersagemodelle keine Informationen. Dafür gibt es spezielle Modelle, die den Straßenzustand vorhersagen, also ob Reifbildung, gefrierende Nässe oder Schneeglätte zu erwarten ist. Bei der Ausgabe von Glättewarnungen werden zudem Satellitenbilder begutachtet. Sind die Straßen nass und lockert am Abend die Bewölkung auf, ist durch rasche Abkühlung in diesen Gebieten das Risiko vor gefährlicher gefrierender Nässe besonders groß. Dies erkennt der Meteorologe oft erst mit wenigen Stunden Vorlauf. Auch das stetige Monitoren der Straßenbelagstemperaturen, von denen es ein dichtes Messnetz an Autobahnen, Haupt- und ausgewählten Nebenstraßen gibt, liefert uns wertvolle Hinweise auf Straßenglätte.

UnWetterwarnungen des DWD Teil 3 Wie entsteht eine Warnung

Im Sommerhalbjahr stehen in erster Linie Gewitter mit ihren Begleiterscheinungen (Starkregen, Hagel, Böen) im Fokus. Anders als bei winterlichen Warnelementen sind die Auswirkungen zwar teils erheblich, betreffen aber oft nur sehr kleine Gebiete. Während ein Dorf absäuft, fallen im Nachbardorf unter Umständen nur ein paar Tropfen. Kein Wettermodell kann vorherzusagen, zu welcher Uhrzeit ein Gewitter einem gewissen Stadtteil Starkregen und Sturmböen bringt. Mithilfe der Modelle kann man am Vortag aber oft zumindest das Gefährdungspotential, die Art der Gewitter (z.B. einzelne Zellen, große Gewitterkomplexe) und die zu erwarteten Begleiterscheinungen abschätzen. In unseren zentralen und regionalen Warnlageberichten und möglichen Vorabinformationen können wir mit 12 bis 24 Stunden Vorlauf (also ähnlich früh wie bei winterlichen Wettererscheinungen) darauf hinweisen, in welchen Regionen ein gewisses Potential für starke Gewitter besteht und wo mit schweren Unwettern zu rechnen ist. Gemeinde-genaue Gewitterwarnungen können aber noch nicht ausgegeben werden. Dazu benötigen wir Nowcasting-Produkte wie Niederschlagsradar- und Blitzdaten. Damit kann man erkennen, in welche Richtung ein Gewitter zieht, ob es sich verstärkt oder abschwächt, wieviel Regen fällt und ob Hagelschlag zu erwarten ist. Anhand spezieller Radarstrukturen kann man mitunter auch auf die Stärke von Sturmböen oder eine mögliche Tornadogefahr schließen. Automatisierte Auswertungstools unterstützen uns zudem bei der Wahl der Warnstufe und der auftretenden Wettergefahren. Gemeinde-genaue Gewitterwarnungen können also nur mit kurzer Vorlaufzeit (wenige Minuten bis eine Stunde) ausgegeben werden. Nur bei langlebigen Superzellen oder großen Gewitterkomplexen sind längere Vorlaufzeiten möglich.

Bei der Erstellung von Wetterwarnungen können übrigens auch Sie als Nutzer der DWD-Warnwetter-App ins Spiel kommen. Seit der Einführung der “Nutzermeldungen” haben wir Warnmeteorologen einen weiteren sehr wertvollen Datensatz dazubekommen. Haben Sie eine warnwürdige Wettererscheinung beobachtet, können Sie uns diese via App als Nutzermeldung mitteilen. Besonders hilfreich sind diese Meldungen, wenn sie mit Fotos belegt werden. Aufnahmen von Hagelkörnern, Sturmschäden oder mögliche Beobachtungen von Tornados oder Funnels (Wolkenrüssel ohne Bodenkontakt) werden bei der Erstellung unserer Warnungen mitberücksichtigt. Sie ermöglichen noch präzisere Warnungen für diejenigen Orte, denen das Gewitter noch bevorsteht. Auch im Winter sind Nutzermeldungen eine große Hilfe, z.B. bei Glätte/Glatteis oder den Neuschneemengen. Scheuen Sie sich nicht, uns zahlreiche Nutzermeldungen (mit Fotos) zukommen zu lassen. Damit liefern Sie einen wertvollen Beitrag zur Warnung der Bevölkerung.

DWD UnWetterwarnungen des DWD Teil 3 Wie entsteht eine Warnung 1

Dr. rer. nat Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.10.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Ein Zyklus, der das Auge tropischer Stürme mit der Zeit verändert

In einigen Themen des Tages der jüngeren Vergangenheit (Stichwortsuche: “Stadion-Effekt”) wurde besonders die Herangehensweise der Intensitätsabschätzung tropischer Stürme betrachtet. Dadurch geriet die Dynamik dieser Stürme etwas in den Hintergrund, weshalb wir uns heute mal etwas mehr diesem Thema widmen wollen. Dazu betrachten wir einen Zyklus, der immer wieder besonders bei kräftigen Tropenstürmen zu beobachten ist.

Tropenstürme, so zerstörerisch sie auch sein können, sind grundsätzlich recht anfällige, wenn nicht manchmal sogar fragile Gebilde, die auf atmosphärische Veränderungen in der Umgebung reagieren. Erhöht sich die Windscherung (Änderung der Windgeschwindigkeit und -richtung mit der Höhe), dann erfolgt nicht selten eine Abschwächungsphase. Wird eine trockenere Luftmasse zum Zentrum des Sturmes geführt, dann schwächelt die Konvektion und somit auch das gesamte System und natürlich muss auch eine nachhaltige (negative) Beeinflussung beim Kontakt mit einer Landmasse oder Insel erwähnt werden.

Doch selbst wenn all diese Bedingungen nicht gegeben sind und der Tropensturm in einer scherungsarmen und feuchten Umgebung über sehr warmes Meereswasser zieht, unterläuft das System trotzdem Intensitätsschwankungen. Diese werden durch innere dynamische Prozesse hervorgerufen. Dabei handelt es sich um sogenannte „eyewall replacement cycles“, oder auf Deutsch und etwas freier übersetzt: „ein oder mehrere Zyklen, die die bestehende Augenwand ersetzen“.

Die Augenwand ist ein Teil der Dynamik, die einen Tropensturm ausmacht. Dank eines sich immer weiter vertiefenden Kerndrucks des Systems etabliert sich ein sogenannter „inflow“, also eine Strömung mit warmer und feuchter Luft, die mehr oder weniger direkt ins Zentrum des Sturmes gerichtet ist. Diese Luftmasse ist labil geschichtet und somit bereit zum Aufsteigen. Das gelingt ihr in der Nähe zum Zentrum des Sturms, wo die Luftmasse zum Aufsteigen gezwungen wird und sich mächtige Schauer- und Gewitterwolken bilden. Direkt über dem Zentrum entwickelt sich eine Art Ausgleichsströmung, die sich durch kräftiges Absinken auszeichnet. Dank starker Abtrocknung bildet sich dadurch das typische wolkenarme oder gar wolkenfreie Auge aus. Hier ist der Wind kaum zu spüren, während dieser nur wenige Kilometer entfernt innerhalb der Augenwand mit Böenspitzen deutlich jenseits der Orkanschwelle tobt. Wer die Passage eines solchen Auges erlebt hat, der sieht an dessen Rand, dass die kräftigen Schauer und Gewitter drohend wie eine riesige Wand das Auge umrahmen, weshalb dieser Bereich auch als Augenwand (engl. eyewall) bezeichnet wird. Wer sich das mal bildlich anschauen möchte, kann das im  gerne machen.

Nun kommt es immer wieder vor, dass sich die zentrumsnahe Augenwand abschwächt und sich eine zweite, weiter vom Zentrum entfernte Augenwand entwickelt. Vermutungen, wie dieser Prozess abläuft, gibt es viele, doch bis heute ist dieser Prozess Gegenstand intensiver Forschung. Folgende Ansätze gibt es zu nennen:

Sollte der Augendurchmesser zu klein werden, dann verliert die Konvektion irgendwann an Struktur/Organisation und es bildet sich eine neue Augenwand aus.

Eine andere Option besagt, wenn die Windgeschwindigkeit zu hoch wird, kommt es irgendwann zu einem turbulenten Zusammenbruch des Windfeldes. Dieser Zusammenbruch schwächt wiederum die Augenwand ab. Eine Neubildung erfolgt dann in dem Bereich, wo das Windfeld nicht so turbulent ist, was in größerer Entfernung zum Zentrum des Sturms der Fall ist.

Die letzte Variante ist die, dass eine Zunahme der Konvektion außerhalb der inneren Augenwand so viel Feuchtigkeit und Energie benötigt, dass diese der ersten Augenwand fehlen. Diese Entwicklung führt dann letztendlich zum Zusammenbruch der inneren Augenwand.
Welche dieser Varianten letztendlich der Wahrheit entspricht oder ob es gar eine Mischung aus all diesen Varianten ist, wird sich in Zukunft mit weiteren Messkampagnen sicherlich noch zeigen.

Was sind denn die Folgen eines solchen Zyklus? Die erste Konsequenz ist ein Abschwächen des Tropensturms bzw. ein Ansteigen des Kerndrucks, da der Motor des Systems vorübergehend gestört wird. Wenn sich die Konvektion in Folge des Zyklus abschwächt, dann erfolgt auch ein geringerer Eintrag latenter Wärmeenergie (Link 1) und in der Folge kann sich ein Tropensturm um eine, manchmal auch um mehrere Kategorien auf der Saffir-Simpson Skala abschwächen. Für die leidgeplagte Bevölkerung, die im Weg eines solchen Tropensturms steht, ist das natürlich erstmal eine günstige Entwicklung. Weniger schön jedoch ist, dass sich das Windfeld bei solch einem Zyklus nicht selten dramatisch ausweitet, sodass z.B. das Risiko einer beträchtlichen Sturmflut deutlich zunehmen kann.

Doch schauen wir uns diesen Prozess mal an Hand von Bildern an:

DWD Ein Zyklus der das Auge tropischer Stuerme mit der Zeit veraendert

Im Satellitenbild vom 23.09.2018 erkennt man, dass der Taifun TRAMI ein sehr kleines und kompaktes Auge besitzt. Rund 24 h später hat sich das Erscheinungsbild des zukünftigen Supertaifuns grundlegend geändert. Der Augendurchmesser hat sich dramatisch vergrößert. TRAMI war eines der Systeme, die es geschafft haben, dass sich der “eyewall replacement cycle” kaum auf die Intensität des Sturmes ausgewirkt hat. Allerdings erkennt man im rechten Bild, dass sich die Wolkenoberflächentemperatur etwas erwärmt hat (keine gelben, nur noch rote Farben), sodass wenigstens kurzfristig Auswirkungen in Form einer geringen Abschwächung und nachlassender Organisation beobachtet werden konnten. Letztendlich aber erreichte der Sturm noch am selben Tag den Status eines Supertaifuns. Die Gründe, wieso manche Zyklen langsamer als andere und mit variablen Intensitätsschwankungen ablaufen, sind übrigens noch nicht geklärt.

DWD Ein Zyklus der das Auge tropischer Stuerme mit der Zeit veraendert 1

Um durch die Wolken und auf das Windfeld von TRAMI zu schauen, benutzen wir ein Mikrowellenradar, das von einem (polarumlaufenden) Satelliten von oben auf den Sturm schaut. Auch hier erkennt man die dramatische Vergrößerung des Auges. Behält man die rote Farbe (Windgeschwindigkeiten von 30 m/s oder mehr) im Auge, dann erkennt man vom 25.09. zum 28.09. eine Aufweitung des Windfeldes (auch abseits der Tatsache, dass ein variabler Zoom verwendet wurde) – weitere Augenwandzyklen beeinflussten TRAMI also auch während dieser Zeit. Leider liegen für den 23. und 24. September keine Messdaten vor, denn es ist immer ein Glücksfall, wenn solch ein Sturm die vergleichsweise enge Spur eines Satelliten kreuzt.

DWD Ein Zyklus der das Auge tropischer Stuerme mit der Zeit veraendert 2

Als ein Glücksfall können die Ereignisse bezeichnet werden, wo so ein Zyklus vom (normalen) Radar aus verfolgt werden kann (was dann aber leider auch eine gewisse Nähe des Sturms zum Festland bedeutet). Dies geschah z.B. 2022 beim Hurrikan IAN, der über das westliche Kuba in Richtung Florida zog. In a) erkennt man eine dominante Augenwand, die jedoch wenig später in b) zunehmend von einer zweiten Augenwand umrahmt wurde. Das Auge weitete sich in der Folge in c) immer weiter auf und die zweite Augenwand entwickelte sich zur dominanten, während die erste regelrecht auseinanderbrach. Letztendlich erfolgte dann in der Folge in d) eine erneute Intensivierungsphase des Hurrikans direkt vor Landgang in Florida zu einem Kategorie 5 Sturm auf der fünfteiligen Intensitätsskala. Diesem Sturm fielen über 160 Menschen zum Opfer und der hier besprochene Zyklus der Augenwand sorgte im Vorhersagebetrieb für zahlreiche Probleme und Überraschungen mit Blick auf die finale Intensitätsabschätzung.

Werkzeuge zur Vorhersage der Zyklen gibt es mittlerweile genug, doch leider bringt einem das beste Werkzeug wenig, wenn der physikalische Ablauf, der dahintersteckt, bisher nur lückenhaft bekannt ist. Somit ergeben sich auch heutzutage immer wieder kritische Fälle, wenn z.B. wie bei Hurrikan IAN ein Tropensturm kurz vor Landgang steht und sich die Frage stellt, ob ein Augenwandzyklus für eine Abschwächung sorgen könnte, oder eben nicht. Dahingehend wird es sicherlich noch sehr viel Forschungs- und Modellierungsarbeit geben und vielleicht gelingt es irgendwann, diese Zyklen besser vorherzusagen. Was für den Moment jedoch für den Beobachter bleibt, ist aber die Faszination der Veränderlichkeit des Aussehens, die solche Zyklen bei kräftigen Tropenstürmen hervorrufen können.

Dipl. Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Die Farbe der Ozeane verändert sich

Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology und des nationalen Zentrums für Ozeanografie in England stellten fest, dass sich die Farbe der Ozeane in den vergangenen 20 Jahren signifikant verändert hat. Diese Veränderung lässt sich jedoch nicht mit den üblicherweise während eines Jahres auftretenden Schwankungen in Verbindung bringen, sondern ist vielmehr auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen.

In ihrer Studie fassten die Forschenden zusammen: Auf mehr als der Hälfte der Fläche der Weltmeere ist eine für das menschliche Auge nicht erfassbare Farbveränderung festzustellen. Diese Fläche ist größer als die gesamte Landfläche der Erde. Des Weiteren sind die Ozeane insbesondere in subtropischen und tropischen Regionen in der Nähe des Äquators im Laufe der Zeit immer grüner geworden.

Eine Veränderung der Ozeanfarbe weist auf eine Veränderung der Ökosysteme an der Meeresoberfläche hin. Denn die Farbe der Ozeane ist ein visuelles Produkt der Organismen und Materialien, die sich im Wasser befinden. Eine tiefblaue Farbe deutet auf sehr wenig Leben hin, grüne Gewässer hingegen zeigen das Vorhandensein von Ökosystemen und vor allem von Phytoplankton an. Plankton stellt nicht nur die Grundlage der marinen Nahrungskette dar, es spielt auch eine wichtige Rolle bei der Fähigkeit des Ozeans, Kohlendioxid zu binden und zu speichern. Durch Photosynthese wandelt Phytoplankton Kohlendioxid in Sauerstoff um.

DWD Die Farbe der Ozeane veraendert sich

Derzeit können die Wissenschaftler noch nicht sagen, in wie fern sich die marinen Ökosysteme verändern, um die Farbänderungen widerzugeben. In einem Punkt sind sie sich aber sicher: Der wahrscheinlichste Grund dafür ist der durch den Menschen verursachte Klimawandel. Doch wie fanden die Forscher dies heraus?

Hierzu wurden Messungen der Ozeanfarben der letzten 20 Jahre – vor allem in (sub-)tropischen Regionen – ausgewertet. Diese wurden mit dem Radiospektrometer MODIS (Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer) auf dem Aqua-Satelliten aufgenommen. Das Ergebnis ist eindeutig. Es ergibt sich ein klarer Trend der Farbveränderung, der über die typische jährliche Variabilität hinausgeht. Denn aufgrund der nicht vorhandenen Jahreszeiten in den Tropen und Subtropen variieren die Farben an sich nicht so sehr, wodurch Langzeitveränderungen eher sichtbar werden.

Um abzuschätzen, in wie fern der menschengemachte Klimawandel dazu beigetragen hat, wurde ein Modell verwendet, das die Farbveränderungen zum einen MIT und zum anderen OHNE den Einfluss von Treibhausgasen berechnet hat. Bei der Simulation inklusive Treibhausgasen ergab sich ein Trend innerhalb von 20 Jahren, der Veränderungen der Ozeanfarbe auf mindestens 50 Prozent der Ozeanoberfläche zeigt. Dies entspricht in etwa dem, was die Wissenschaftler der Studie bei der Auswertung der realen Daten herausfanden.

Die Forschenden kamen somit zu folgendem Ergebnis: Die Farbe der Ozeane hat sich verändert. Noch ist aber nicht bekannt, wie dies von statten geht. Allerdings spiegeln die Veränderungen der Farbe Veränderungen in den Planktongemeinschaften wider, welche wiederum alles beeinflussen, was sich von Plankton ernährt. Des Weiteren verändert sich die Fähigkeit des Ozeans, Kohlenstoff zu speichern, da unterschiedliche Arten von Plankton diesbezüglich unterschiedliche Fähigkeiten haben. Computermodelle simulierten schon seit Jahren Farbveränderungen der Ozeanoberfläche, nun zeigt sich in realen Daten, dass diese Prozesse tatsächlich stattfinden.

Diplom-Meteorologin Julia Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Oststurm und Dauerregen

Eine brisante Wetterlage steht an. Die zwei Protagonisten stellen dabei Tiefdruckkomplex WOLFGANG über Westeuropa und Hochdruckgebiet WIBKE über Nordeuropa dar. Zwischen diesen beiden Druckgebilden sind die Luftdruckgegensätze vor allem über der Nord- und Ostsee sehr stark ausgeprägt und es kommt eine veritable Oststurmlage samt einer schweren Sturmflut an der Ostsee sowie Niedrigwasser an der Nordsee in Gang. Darauf wurde im gestrigen Thema des Tages  bereits umfangreich eingegangen.

Doch nicht nur der Wind gewinnt an Stärke, sondern auch die Niederschlagsaktivität nimmt deutlich zu. Der Schwerpunkt liegt dabei über dem Norden des Landes im Bereich einer Luftmassengrenze, die arktische Polarluft von subtropischer Warmluft trennt. Durch kräftige und länger anhaltende Hebungsvorgänge kommt es ab heute Nachmittag und bis in die Nacht zum Samstag nördlich einer Linie Münsterland – Uckermark zu teils länger anhaltenden Regenfällen. Verbreitet fallen in diesem Bereich innerhalb von 36 Stunden meist zwischen 20 und 30 l/qm. In Schleswig-Holstein sind sogar Mengen zwischen 30 und 60 l/qm möglich, wobei der Großteil des Niederschlags Freitagnachmittag und eingangs der Nacht zum Samstag fallen wird.

DWD Oststurm und Dauerregen

Auch in den anderen Landesteilen regnet es immer wieder und mitunter schauerartig verstärkt. Allerdings sind die Regenpausen deutlich länger als im Norden. In der Fläche fallen bis Samstagmorgen akkumuliert 5 bis 15, im Südwesten und im Stau der südwestlichen und westlichen Mittelgebirge auch bis 30 l/qm. Nahezu trocken bleibt es mit Föhnunterstützung im äußersten Südosten.

Ein Rückblick auf die bisherigen Niederschlagsmengen im Oktober zeigt, dass es vor allem im Norden und Nordwesten des Landes bisher sehr nass war. Immer wieder kam es in diesen Gebieten zu kräftigen Regenfällen.

DWD Oststurm und Dauerregen 1

Aufsummiert fielen bis heute Morgen um 100, teils um 150 l/qm, was bereits der doppelten Monatssumme entspricht. Im krassen Gegensatz dazu fiel südlich der Donau und am Ostrand des Pfälzerwaldes bisher nur sehr wenig Niederschlag. Lokal kamen dort weniger als 5 l/qm zusammen.
Eines ist auf jeden Fall gewiss, das Niederschlagssoll im Norden und Nordwesten wird im diesjährigen Oktober deutlich überschritten. Ob die Niederschlagsbilanz im Süden noch maßgeblich aufgebessert wird, muss abgewartet werden.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.10.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Küstensturm im Herbst – alles wie immer?

Nach langer, überdurchschnittlicher Wärmeperiode, die teils neue Temperaturrekorde mit sich brachte, liegt jetzt auch schon die erste herbstliche Phase mit nennenswerten Nachtfrösten hinter uns. Begünstigt wurde diese durch Hoch „Verena”, das für sternenklare Nächte in trockener Polarluft mit entsprechend niedrigen Temperaturen gesorgt hat. Doch damit ist es jetzt auch schon wieder vorbei.

Auf dem Atlantik herrscht rege Tiefdruckaktivität, und diese macht sich auch in Deutschland bemerkbar. Zentraler Taktgeber ist hier zunächst Tief „Viktor” (international auf den Namen „Babet” getauft), das sich als Doppelgebilde mit zwei Kernen von der Biskaya bis nach Großbritannien und Irland erstreckt. Dabei wird eine Menge milder Luft aus Südwesten nach Deutschland geschaufelt, die dem oft sonnigen und ruhigen Herbstwetter der letzten Tage den Garaus macht. Denn Tief „Viktor” ist noch lange nicht fertig – im Gegenteil: Es wird sich in den nächsten Tagen noch verstärken und als komplexes Gebilde mit immer neuen Tiefdruckzentren entlang der Nordseeküste nordwärts Richtung Niederlande und Ärmelkanal ziehen. Mit im Gepäck ist dabei zunächst jede Menge Regen. Beginnend im Südwesten zieht im Laufe der kommenden Nacht zum Donnerstag ein frontaler Ausläufer nordostwärts über Deutschland hinweg und sorgt vielerorts für erstes Nass von oben.

DWD Kuestensturm im Herbst – alles wie immer

Am Donnerstag geht es dann munter weiter mit den Niederschlägen. Zum einen regnet es dann im Norden weiter, zum anderen kommen im Südwesten gleich die nächsten Niederschläge nach, die diesmal recht kräftig ausfallen können, und sogar für das ein oder andere kurze Gewitter gut sind. Diese Niederschläge sind aber nur ein Aspekt. Im Auge sollte man vor allem den Wind behalten, denn der spielt diesmal eine ungewöhnliche Rolle. Denn „Viktor” hat einen mächtigen Gegenspieler: Hoch „Wiebke” über Skandinavien. So kräftig, wie sich „Viktor” entwickelt, so kräftig hält „Wiebke” im Norden dagegen. Die Folge: Es baut sich ein mächtiger Luftdruckgegensatz  vom Ärmelkanal bis nach Südschweden bzw. –norwegen auf. Dementsprechend nimmt in den nächsten Stunden und Tagen der Wind auch an der deutschen Küste zu. Und hier liegt die Krux: Das Hoch liegt im Norden, das Tief im Süden. Das heißt nichts anderes als dass der Wind, anders als sonst, aus Osten kommt! Und das nicht zu knapp: Bereits am morgigen Donnerstag erreicht er Sturmstärke mit Böen Bft 8-9, in Ostholstein und der Lübecker Bucht vereinzelt sogar schon schweren Sturm mit Bft 10.

DWD Kuestensturm im Herbst – alles wie immer 1

In der Nacht zum Freitag legt der Sturm dann nochmal eine ordentliche Schippe drauf und erreicht im Laufe des Freitags seinen Höhepunkt mit einzelnen, aber wiederholt auftretenden orkanartigen Böen der Stärke Bft 11 an der Ost-, aber auch der Nordsee, wo besonders die Insel Helgoland einiges abbekommen dürfte. Auf der offenen See sind dabei sogar Orkanböen, also Stärke Bft 12, denkbar (siehe Modellprognose in).

Die anstehende Sturmlage wird also eine recht ungewöhnliche Geschichte. Betroffen sind diesmal Gegenden, die normalerweise bei Sturmlagen eher wenig abbekommen. Besonders beachtenswert ist hierbei auch das zu erwartende und sonst eher selten auftretende Ostseehochwasser. Dabei werden die Höchststände teilweise über einen Meter nach oben abweichen, und das bereits am Donnerstag. Am Freitag dürften vermutlich noch höhere Wasserstände erreicht werden. Betroffen sind hier vor allem die Küstenregionen zwischen Lübecker Bucht und Schlei, die genau frontal im Ostwind liegen. Aber auch entlang der restlichen Ostseeküste ist mit nennenswertem Hochwasser zu rechnen.

DWD Kuestensturm im Herbst – alles wie immer 2

M.Sc Felix Dietzsch (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Großwetterlagen im Großen und Kleinen

Die deutschen Meteorologen P. Hess und H. Brezowsky veröffentlichten 1952 einen Katalog mit einer subjektiven Einteilung der großräumigen Drucksituation über Europa in Klassen. Hierbei benannten sie 30 mögliche Großwetterlagen. Die Statistik der Großwetterlagen ist für jeden Tag seit 1881 verfügbar und wird bis heute vom Deutschen Wetterdienst fortgeführt. Für den Katalog mit den 30 Großwetterlagen und für die bis zum August 2023 aufgetretenen Großwetterlagen sei auf die Links am Ende des Textes verwiesen.

Eine Großwetterlage ist definiert als “die mittlere Luftdruckverteilung eines Großraumes, mindestens von der Größe Europas während eines mehrtägigen Zeitraumes, in welchem gewisse Züge aufeinanderfolgender Wetterlagen gleichbleiben, eben jene Züge, welche die Witterung in den einzelnen Teilgebieten des Großraums bedingen”.

Um eine Großwetterlage bestimmen zu können, ist es wichtig, die geografische Lage der Steuerungszentren (Höhenhoch- und Höhentiefdruckgebiete, Tröge) sowie den Verlauf und die Erstreckung der Frontalzone zu kennen. Zur Beurteilung werden Höhenkarten (500hPa-Geopotential) herangezogen. Allerdings ist es ebenso wichtig, die Verteilung des auf Meeresniveau reduzierten Luftdrucks zu kennen, da für die ersten Jahrzehnte der Statistik (1881 bis 1938) nur Bodenwetterkarten für Europa und den östlichen Nordatlantik zur Verfügung standen. Bei der Festlegung einer Großwetterlage spielt zudem der Witterungscharakter über Mitteleuropa eine wichtige Rolle, der zumeist zyklonal oder antizyklonal geprägt ist. Außerdem soll die Zugrichtung wandernder Druckgebilde (hierzu zählen unter anderem Einzelzyklonen oder Zwischenhochkeile) sowie Gebiete gleicher Drucktendenz berücksichtigt werden.

Wie der Definition einer Großwetterlage zu entnehmen ist, muss eine Luftdruckverteilung über mehrere Tage in Grundzügen gleichbleiben, um als Großwetterlage bezeichnet werden zu können. Nach Hess und Brezowsky beträgt dieser Zeitraum mindestens drei Tage. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass eine Großwetterlage nicht eindeutig genug in eine andere übergeht. Daher können auch ein bis zwei Übergangstage vorkommen. Diese erkennt man in der Statistik an dem Buchstaben “U” für “unbestimmt” oder der Nummer 30.

Die 30 Großwetterlagen können zunächst je nach Strömungsrichtung zehn Großwettertypen und diese wiederum drei Zirkulationsformen zugeordnet werden. Es gibt drei Arten von Zirkulationsformen: die Zonale, die Meridionale und die Gemischte.

Zur zonalen Zirkulationsform zählen alle Westlagen. Diese werden durch eine glatte West-Ost-Strömung ermöglicht, wobei die Frontalzone nahezu parallel zu den Breitengraden verläuft. Einzelne Tiefdruckgebiete ziehen von ihrem Entstehungsgebiet im östlichen Nordatlantik über das europäische Festland hinweg.

Bei der meridionalen Zirkulationsform verläuft die Frontalzone überwiegend parallel zu den Längengraden. Stationäre, blockierende Hochdruckgebiete über dem subpolaren Raum sowie alle Troglagen, deren Achse sich in nord-südlicher Richtung erstreckt, sind charakteristisch für diese Zirkulationsform. Hierbei besteht die Möglichkeit, dass die einzelnen Tiefdruckgebiete sowohl von Nord nach Süd als auch von Süd nach Nord ziehen können. Neben den Nord- und den Südlagen zählen auch die Ostlagen zu dieser Zirkulationsform. Bei den Nordost- und den Südostlagen erscheint es zunächst als offensichtlich, diese der gemischten Zirkulationsform zuzuordnen, dennoch zählen auch sie zur meridionalen Zirkulationsform.

Die gemischte Zirkulationsform liegt dann vor, wenn die Strömungskomponenten aus zonaler und meridionaler Richtung ungefähr gleich groß sind. Hierbei verläuft die Frontalzone in einem Winkel von etwa 45° zu den Breiten- bzw. Längengraden. Der Austausch von Luftmassen, die aus verschiedenen geografischen Breiten stammen, kann zwar erfolgen, allerdings nicht mit der gleichen Intensität wie auf dem meridionalen, also dem kürzesten Weg, da eine deutliche zonale Strömungskomponente wirken kann. Charakteristische Großwetterlagen dieser Zirkulationsform sind die Südwest- und die Nordwestlagen. Zudem zählen auch die Großwetterlagen “Hoch Mitteleuropa” und “Tief Mitteleuropa” zur gemischten Zirkulationsform.

Doch was bedeutet all dies quasi im Kleinen vor Ort? Nehmen wir als Beispiel die Station Frankfurt (Main) und den Sommer 2023. Nun kann man eine Art Statistik erstellen. Man zählt die Sommertage (Tageshöchsttemperatur gleich oder größer 25 Grad) und die Hitzetage (Tageshöchsttemperatur gleich oder größer 30 Grad) sowie die Tage, an denen Niederschlag gefallen ist. Dies bringt man dann in den Zusammenhang, ob an diesem Tag eine antizyklonale oder eine zyklonale Großwetterlage vorherrschend war. Eine antizyklonale Großwetterlage bedingt gemeinhin großräumiges Absinken, Wolkenauflösung und in der Folge bleibt es trocken. Bei einer zyklonalen Großwetterlage würde man automatisch von Niederschlag ausgehen. Ganz so einfach ist es natürlich nicht, dennoch lässt sich dem Diagramm tatsächlich eine dementsprechende Tendenz entnehmen. Bei einer antizyklonalen Großwetterlage gab es in Frankfurt (Main) meist einen Sommer- oder Hitzetag ohne Niederschlag. Bei einer zyklonalen Großwetterlage gab es meist Niederlag und die Tageshöchsttemperatur erreichte nicht die 25-Grad-Marke. Trotzdem gab es beispielsweise mehr Sommertage mit zyklonaler Großwetterlage, an denen es trocken blieb.

DWD Grosswetterlagen im Grossen und Kleinen

Man sieht also durchaus, dass man manchmal doch vom Großen auf das Kleine schließen kann.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Energieinput von oben

Ein maßgeblicher Faktor der Strahlungsbilanz in unserem Klimasystem Erde-Atmosphäre ist die sogenannte Globalstrahlung. Unter dieser versteht man die gesamte an der Erdoberfläche auf einer horizontalen Ebene empfangene Solarstrahlung. Die Globalstrahlung setzt sich dabei aus der direkten Strahlung (d.h. jene Strahlung, die Schatten werfen kann) und der gestreuten (diffusen) Sonnenstrahlung aus der Himmelshalbkugel zusammen. Die extraterrestrische Strahlung (d.h. die auf die Atmosphäre auftreffende Strahlung) wird nämlich beim Passieren der Erdatmosphäre verändert und erfährt beispielsweise eine Abschwächung (Extinktion) durch die Streuung/Reflexion an Luftmolekülen, Wolken, Wasser- und Staubteilchen. Zudem erfolgt auch eine Absorption durch Wasserdampf und atmosphärische Spurengase, diese soll an dieser Stelle aber nicht weiter behandelt werden. Als Faustregel gilt, dass bei Sonnenhöhen von mehr als 50° und wolkenlosem Himmel die Globalstrahlung zu ca. 75 % aus direkter Sonnenstrahlung besteht, bei einem deutlich tieferen Sonnenstand (ca. 10°) nur noch zu 33 %. D.h. bei tieferen Sonnenständen überwiegt die diffuse Himmelsstrahlung gegenüber der direkten Strahlung deutlich.

DWD Energieinput von oben

Die Globalstrahlung kann mit einem sogenannten Pyranometer  sehr gut gemessen werden. Dieses besteht aus für die kurzwellige Strahlung durchlässigen und auch als Witterungsschutz dienenden Halbkugeln und hintereinander geschalteten Thermoelementen (geschwärzte Thermosäule) als Sensor. Die geschwärzten Empfangsflächen der aktiven Lötstellen der Thermoelemente absorbieren die einfallende Strahlung und erwärmen sich gegenüber den passiven Lötstellen innerhalb des Geräts. Die auftretenden Temperaturdifferenzen erzeugen Thermospannungen, die ein Maß für die empfangene Bestrahlungsstärke sind. Mit einer entsprechenden Abschattung (Schattenring) kann mit diesem Gerät auch die diffuse Strahlung bestimmt. Auf jeden Fall ist eine sogenannte Horizontfreiheit, d.h. kein Horizonteinschränkung durch Bäume, Gebäude oder Bergrücken erforderlich.

DWD Energieinput von oben 1

Aufgrund der starken Abhängigkeit der Globalstrahlung vom Sonnenstand besteht in unseren Breiten ein immenser Jahresgang. So liegt die mittlere Monatssumme für Deutschland im Zeitraum 1991 bis 2020 für den Monat Dezember beispielsweise unter 20 kWh/m², bei höchstem Sonnenstand in den Sommermonaten Juni und Juli bei über 160 kWh/m² . Außerdem ist in der Abbildung anhand des „Box-Plots“ auch das 25 % und 75 % bzw. das 10 und 90 % Perzentil (d.h. die wahrscheinlichste Schwankungsbreite bzw. der fast maximale Erwartungswert) ersichtlich (Erklärung in der unteren Legende beachten). Für das aktuelle Jahr 2023 lag die Monatssumme im Juni beispielsweise bei sehr hohen 199 kWh/m² und damit deutlich über dem normalerweise erwarteten Wertebereich. Auch im kürzlich abgelaufenen September ist dieser Effekt aufgetreten: die Monatssumme von 124 kWh/m² liegt deutlich oberhalb des Mittelwerts, der bei etwas unter 100 kWh/m² zu finden ist. Diese deutlichen Ausreißer führen nun dazu, dass die mittlere Jahressumme der Globalstrahlung von 1086 kWh/m² (1991 bis 2020) dieses Jahr wahrscheinlich schon im Oktober übertroffen wird. Den absoluten Spitzenrang nimmt im Bezugszeitraum seit 1983 das vergangene Jahr 2022 mit einer Jahressumme von 1227 kWh/m² ein.

Generell ist festzustellen, dass es seit 1983 einen eindeutigen positiven Trend der Jahressummen der Globalstrahlung gibt . Legt man einen linearen Trend in die Datenpunkte ergibt sich eine Steigerung von etwa 3,6 kWh/m² pro Jahr. Das bedeutet, dass in 10 Jahren im Deutschlandmittel 36 kWh/m² hinzugekommen sind. Sehr schön ersichtlich sind auch die zwei „Ausreißer“ in den vergangenen Jahren sowie das Jahr 2003.

DWD Energieinput von oben 2

Außerdem unterliegt die Globalstrahlung in Deutschland aufgrund der Geographie und der Geometrie der einfallenden Strahlung einer regionalen Differenzierung. In den Mittelwerten der Jahressummen im Zeitraum von 1991 bis 2020 gibt es im Süden der Bundesrepublik deutlich höhere Werte als im Norden und Nordwesten Deutschlands. Die höchsten Werte der Globalstrahlung werden etwa in einem Streifen vom Bodensee über das Alpenvorland bis zum Inn und der Salzach sowie am Oberrhein und am Neckar erreicht. Im Vergleich zu den geringeren Werten im Norden (knapp über 1000 kWh/m²) werden im Süden fasst 200 kWh/m² im Jahr mehr erreicht.

Die erwähnten Abbildungen sind unter zu finden.

Mag.rer.nat Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Herbstzeit ist Nebelzeit

Nach einem sehr warmen September ist der Herbst nun endgültig bei uns angekommen. Eine markante Kaltfront sorgte von Freitag auf Samstag für einen deutlichen Temperatursturz. Doch zum Herbst gehören nicht nur kühle Tage und Nächte, sondern gerade ab Oktober auch häufig dichte Nebelfelder.

Bei Nebel handelt es sich um eine Wolke an der Erdoberfläche. Gerade im Herbst, wenn die Nächte länger werden, kommt es häufiger zu diesem Wetterphänomen. In wolkenarmen Nächten findet eine Auskühlung der bodennahen Luftschichten statt, wodurch die Temperatur häufig bis zum Taupunkt absinkt. Der Taupunkt ist die Temperatur, die erreicht wird, wenn die Luft nicht mehr Wasserdampf aufnehmen kann und damit gesättigt ist. Ist dies der Fall, kondensiert der Wasserdampf in der Luft zu kleinen Wassertröpfchen, die wir als Nebel wahrnehmen. Da kalte Luft weniger Wasserdampf aufnehmen kann als warme Luft, ist dieser Prozess in der kalten Jahreszeit häufiger zu beobachten.

In der Meteorologie wird dabei zwischen 3 unterschiedlichen Nebelarten unterschieden.

Am häufigsten tritt in unseren Breiten der Strahlungsnebel auf. Dieser entsteht durch nächtliche Ausstrahlung bei windschwachen Wetterlagen. Dabei tritt Strahlungsnebel im Herbst und Winter bei ruhigen und windschwachen Hochdrucklagen auf. Damit sind häufig Inversionswetterlagen verbunden, bei denen eine atmosphärische Sperrschicht in Form einer Temperaturinversion vorhanden ist, sodass ein vertikaler Austausch der Luft nicht möglich ist. Bei dieser Wetterlage ist es in den Niederungen gerade im Spätherbst und Winter oftmals ganztägig trüb und kühl durch Strahlungsnebel, während auf den Bergen der Mittelgebirge und der Alpen sonniges und mildes Wetter mit bester Fernschicht herrscht.

Advektionsnebel kommt am häufigsten im Winter vor und entsteht bei der Advektion feuchtwarmer Luftmassen in eine kältere Region. Damit tritt Advektionsnebel häufig in Verbindung mit Warmfronten auf. An Nord- und Ostsee ist diese Nebelform im Frühjahr oft anzutreffen, wenn warme Luftmassen aus Süden über das noch relativ kühle Wasser der See strömen und sich dabei bis zur Sättigung abkühlen.

Ebenfalls im Herbst wird an Seen gelegentlich auch Verdunstungsnebel beobachtet. Dieser entsteht durch die großen Temperaturgegensätze zwischen der Umgebungsluft und dem Wasser des Sees. Umgangssprachlich wird auch von Dampfnebel oder Seerauch gesprochen.

Mischungsnebel ist die vierte Art und entsteht bei Abkühlung der Luft bei gleichzeitiger Erhöhung des Wasserdampfgehaltes. Diese Nebelart tritt im Bereich von Fronten auf, wo es zur turbulenten Durchmischung von feuchtwarmer und kalter Luft kommen kann.

Dichter Nebel stellt durch die Einschränkung der Sichtweite vor allem für den Straßenverkehr eine große Gefahr dar. Gerade plötzlich auftretende Nebelbänke sind häufig Ursachen von Autounfällen und Massenkarambolagen. Deshalb warnt der DWD vor diesem Wetterphänomen, wenn die Sichtweite weniger als 150 m beträgt und es somit zu signifikanten Einschränkungen im Straßenverkehr kommen kann.

Ruhiges Hochdruckwetter wird vor allem bis zur Wochenmitte gebietsweise für Nebel in den Frühstunden sorgen. Relativ windschwache Bedingungen und nur wenige hohe Wolken fördern in der kommenden Nacht die Nebelbildung vor allem im Südosten und in der Mitte Deutschlands. Im Südwesten ist es dagegen zu windig, sodass sich dort trotz teils klarer Bedingungen nur in windgeschützten Senken und Tälern Strahlungsnebel ausbilden kann. Stärkerer Wind sorgt nämlich für eine Durchmischung der feuchten bodennahen Luftmasse, sodass die Bildung von tiefen  nicht möglich ist. In der Nacht auf Dienstag sind die Bedingungen für warnwürdigen Nebel im Nordwesten am besten, während am Mittwoch dieser im Osten gebietsweise auftritt, da von Südwesten die hohe Bewölkung zunimmt.

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Vom Oktobersommer mit Vollgas in den Vollherbst

Die T-Shirts und kurzen Hosen können eingemottet werden. Dafür müssen nur warme Klamotten und eventuell sogar Schal und Mütze aus dem Schrank gekramt werden. Schuld daran ist eine markante Wetterumstellung. Während seit Wochen fast ununterbrochen ungewöhnlich warme Luftmassen in weiten Teilen des Landes vorherrschend waren, erfolgt nun eine 180-Grad-Wende. Schuld daran ist eine markante Kaltfront, zugehörig zu einem Tief über der nördlichen Ostsee, die die sehr warme Luftmasse subtropischen Ursprungs verdrängen konnte. Auf der Rückseite der Kaltfront fließt Meeresluft polaren Ursprungs ein. Die einfließende Luftmasse ist dabei etwa 15 Grad kälter als die Luftmasse der vergangenen Tage.

DWD Vom Oktobersommer mit Vollgas in den Vollherbst

Dies zeigt sich auch deutlich bei den Höchstwerten. Während am Freitag im Süden des Landes der späteste heiße Tag (Höchstwert über der 30-Grad-Marke) der in Deutschland seit Messbeginn jemals registriert wurde, auftrat, reicht es dort am Sonntag maximal noch für Höchsttemperaturen um 15 Grad. Die Spitzenreiter des gestrigen Freitags waren nach derzeitigem Stand Rheinfelden und Müllheim (jeweils Baden-Württemberg) mit 30,1 Grad. In einigen Orten des Südens wurde sogar ein neuer Monatsrekord verzeichnet und das Mitte Oktober, was doch recht ungewöhnlich ist. Der Allzeitoktoberrekord mit 30,9 Grad in Müllheim vom 07.10.2009 wurde dabei nur knapp verfehlt.

Fast noch eindrucksvoller waren die Tiefstwerte der vergangenen Nächte. In der Nacht zum heutigen Samstag lagen die vorläufigen Minima lokal nicht unter der 20-Grad-Marke, was einer Tropennacht entspricht. Beispielsweise war dies in Cottbus (Brandenburg) mit 20,8 Grad, Schipkau-Klettwitz (Brandenburg) mit 20,7 Grad und Dresden-Klotzsche (Sachsen) mit 20,5 Grad der Fall. Dabei ist der Wert aus Cottbus nach derzeitigem Stand das höchste Minimum, das jemals in Deutschland im Oktober gemessen wurde.

Dass der Temperatursturz mit ordentlich Wind einherging, erklärt sich fast von selbst, denn irgendwie müssen die immensen Temperaturunterschiede ja ausgeglichen werden. An und vor der Kaltfront kam es verbreitet zu stürmischen Böen und Sturmböen. An der Küste traten teils auch schwere Sturmböen auf. Die Station Darßer Ort (Mecklenburg-Vorpommern) meldete in der Nacht zum Samstag sogar eine orkanartige Böe mit 112 km/hBft 11. Im Küstenumfeld bleibt der Wind auch in den kommenden Tagen noch stürmisch und weht aus West bis Nordwest. Auch sonst lebt er am Sonntag im Nordosten nochmals deutlich auf. In den anderen Landesteilen bleibt der Wind zwar spürbar, aber bei weitem nicht so kräftig wie in der vergangenen Nacht und heute tagsüber.

Am Sonntag zieht über die Nordosthälfte des Landes ein Höhentief hinweg und sorgt dort für sehr wechselhaftes Wetter samt Regen- und Graupelschauern, die im Umfeld der Küsten mitunter gewittrig sein können. In den anderen Landesteilen macht sich bereits eine schwache Hochdruckbrücke bemerkbar, die von den Britischen Inseln über Mitteleuropa bis in den Balkan reicht. Dabei gibt es einen freundlichen Mix aus Sonne und Wolken, Schauer sind eher selten. Nur am Alpenrand regnet es noch etwas häufiger. Mit 8 bis 15 Grad wird es herbstlich kühl. In der Nacht zum Montag droht dann gebietsweise Luftfrost, weshalb empfindliche Pflanzen nun definitiv ins Warme gebracht werden müssen!

Zum Beginn der neuen Woche beruhigt sich das Wettergeschehen dann verbreitet, denn das Höhentief verabschiedet sich nach Nordosteuropa und Deutschland liegt dann fast vollständig unter der Hochdruckbrücke. Nur im Küstenumfeld bleibt es leicht wechselhaft. Insgesamt bleibt die Luftmasse kühl, sodass die Höchstwerte meist unter 15 Grad liegen werden. Exemplarisch dafür ist im nachfolgenden Bild der Temperaturverlauf für die Städte Frankfurt am Main, Berlin und München dargestellt.

DWD Vom Oktobersommer mit Vollgas in den Vollherbst 1

Der herbstliche Wettercharakter wird außerdem dadurch unterstrichen, dass sich Nebel- und Hochnebelfelder mitunter nur sehr zögerlich auflösen. Inwiefern zur Wochenmitte wieder Tiefdruckeinfluss die Oberhand gewinnt, muss noch abgewartet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt deuten sich allerdings von Südwesten teils länger anhaltende Regenfälle an. Eins ist auf jeden Fall gewiss, der Sommer 2023 ist Geschichte.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst