Kaltluftausbruch in Kanada und den USA

In Nordamerika kann aktuell ein massiver Kaltluftausbruch beobachtet werden. Während eines solchen Szenarios strömt Kaltluft aus polaren Breiten zügig und auf direktem Weg nach Süden. Damit ein solcher Kaltluftausbruch möglichst kräftig ausfällt, müssen die Druckverhältnisse in der Region eine bestimmte Konstellation aufweisen.

Am effektivsten lässt sich der Kaltluftvorstoß nach Süden bewerkstelligen, wenn über dem Westen Kanadas ein Hoch-, über dem Osten Kanadas dagegen ein Tiefdruckgebiet liegt. Bei dieser Positionierung schieben sowohl das sich im Uhrzeigersinn drehende Hoch als auch das sich entgegen des Uhrzeigersinns drehende Tief über Zentralkanada Luftmassen nach Süden. Dabei dürfen die Druckgebilde auch nicht zu weit im Norden liegen. Sollte dies der Fall sein, dann „zapfen“ sie zwar polare Luft an, können diese aber nicht weit genug nach Süden transportieren. Liegen die Tiefs dagegen zu weit südlich, so kommen sie nicht an die polaren Luftmassen heran.

DWD Kaltluftausbruch in Kanada und den USA

Die Abbildung 1 zeigt für die vergangene Nacht (mitteleuropäischer Zeit; in Nordamerika also in den Abendstunden) die Druckverteilung über Nordamerika. Zu diesem Zeitpunkt befand sich ein Tief über der Hudson Bay und ein Hoch über den kanadischen Rocky Mountains. Entsprechend der für einen Kaltluftvorstoß günstigen Lage der beiden Druckgebilde wird zwischen ihnen Kaltluft nach Süden geschoben (blaue Pfeile). Dies ist ebenfalls in Abbildung 1 zu erkennen, denn als Farbflächen sind dort die Temperaturen in 850 hPa, also in etwa 1,5 km Höhe, angegeben. Man kann deutlich eine „kalte Nase“ ausmachen, die sich zwischen den Rocky Mountains und den Großen Seen nach Süden auf den Weg macht.

Eine kleine Randbemerkung an dieser Stelle: Es lohnt sich, einen kurzen Blick auf den Kerndruck des Hudson-Bay-Tiefs zu werfen. Dieser liegt nur knapp unter 1020 hPa – und damit würde unser Tief andernorts und in einer anderen Konstellation als veritables Hoch durchgehen.

Aber wie auch immer – der ausgelöste Kaltluftvorstoß kam plötzlich und mit „Wumms“. Dazu ist in der zweiten Abbildung für die Station Cheyenne im Südwesten Wyomings in Rot der Temperaturverlauf angegeben (Karte nach NOAA, leicht modifiziert). Zwischen 13 und 14 Uhr MST (Mountain Standard Time, entspricht MEZ – 8h) fiel die Temperatur von +6 auf bemerkenswerte -17°C. Und danach ging es weiter abwärts. Noch ein knappes Stündchen später lag die Temperatur schon bei -23°C – also ein Temperaturrückgang von 29°C innerhalb von 2 Stunden.

DWD Kaltluftausbruch in Kanada und den USA 1

Der bemerkenswerte Temperaturrückgang betraf aber natürlich nicht nur das Städtchen Cheyenne. Über großen Teilen Nordamerikas präsentiert sich das Wetter aktuell extrem winterlich. Dazu sind in Abbildung 3 die Tiefstwerte der vergangenen Nacht angegeben. In den Vereinigten Staaten waren es zwischen den Großen Seen und den Rocky Mountains etwa -15 bis -35°C. In Zentral- und (Nord-)Westkanada ging es sogar bis auf -25 bis -50°C runter. Ins Auge springen auch die beiden Stationen mit unter -50°C (grün). Rekordhalter war der Ort Rabbit Kettle (könnte mit Kaninchentopf bzw. Kaninchenkessel übersetzt werden) mit -52,6°C. Ortsunkundige können hier anfangen zu spekulieren. Ein Kessel oder Topf könnte eine Senke beschreiben, in der sich in kalten Winternächten natürlich Kaltluft sammelt – was dann die extrem niedrigen Temperaturen erklären könnte.

DWD Kaltluftausbruch in Kanada und den USA 2

Aber nicht nur der Blick ins nördliche Nordamerika lässt einen frösteln. Auch Washington lag mit -7°C im mäßigen Frostbereich und am Flughafen Dallas – Fort Worth im sonst warmen Texas entging man mit +1°C nur knapp den Frostgraden.

Damit ist die „Weiße Weihnacht“ jenseits des „Großen Teichs“ wohl gesichert – zumindest taut der Schnee, wenn denn Schnee liegt – nicht mehr weg. Stattdessen freut man sich in USA aber auch deswegen auf die Weihnachtstage, weil es dann mit den Temperaturen wieder aufwärtsgehen soll.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Früher war mehr Schnee – oder doch nicht?

„Früher war mehr Lametta“, sagte einst Loriot, um zum Ausdruck zu bringen, dass Weihnachten früher noch viel gemütlicher, beschaulicher und fröhlicher war. Längst ist die Aussage aus dem legendären Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts“ zu einem geflügelten Wort geworden, um das subjektive Empfinden zu bekunden, dass früher alles besser war. Wenn Großeltern ihren Enkeln von früher tiefverschneiten und monatelang zu Eis erstarrten Landschaften berichten, dann ruft das bei vielen ein ähnliches Gefühl hervor wie bei Loriots Lametta-Spruch: „Jaja, ist klar.“ War früher denn wirklich mehr Schnee?

Auf Grundlage von individuellen Erzählungen, basierend auf persönlichen Erinnerungen, lässt sich diese Frage nicht beantworten – auch nicht, wenn man die Stichprobe erhöht, also beispielsweise viele weitere Großmütter und -väter befragt und daraus eine scheinbar allgemeingültige Aussage ableitet. Ganz einfach aus dem Grund, dass unser Gedächtnis nur selektiv funktioniert. Es kann sich nicht an alle Ereignisse und Erfahrungen gleichermaßen erinnern. Bestimmte Erinnerungen werden ganz tief in unserem Geist verankert, andere können wir uns weniger gut merken oder geraten gar in Vergessenheit. Unser Gedächtnis ist also alles andere als eine detailgetreue Aufzeichnung davon, was wir wirklich erlebt haben. An was wir uns gut erinnern und an was weniger, ist individuell sehr verschieden. In jedem Fall speichern wir die Ereignisse, die für uns von besonderer Bedeutung waren oder starke Gefühle verursachten, leichter ab. Dazu könnte zum Beispiel ein extrem schneereicher Winter gehören, den man zu ausgiebigen Schlittenfahrten nutzte und in dem vielleicht sogar die Schule das ein oder andere Mal ausfiel. Natürlich kann auch ein sehr trister Winter für starke, meistens wohl eher negative Gefühle sorgen. Allerdings sorgen konkurrierende Wahrnehmungen und Gedanken in unserem Kopf für einen unangenehmen Gefühlszustand, die sogenannte kognitive Dissonanz. Deswegen wird eines der beiden Erlebnisse gelöscht oder die Erinnerung daran temporär unterdrückt.

Was bleibt uns? Eine ganz nüchterne statistische Auswertung der Daten der Wetterstationen! Das ist nicht romantisch und auch kein heimeliger Schwank aus der Jugend. Wenn man gewisse „technische“ Unwägbarkeiten wie Messungenauigkeiten, die uns vor allem seit der Automatisierung beschäftigen, oder geringfügige Änderungen der Lage der Wetterstationen außen vor lässt, dann täuschen die Daten aber zumindest nicht und geben die Historie im Idealfall lückenlos wieder. Um eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden nur Stationen zur Auswertung herangezogen, die im Zeitraum von 1961 bis 2021 durchgehend meldeten. Als Bedingungen für einen „Schneetag“ wurde eine mindestens 3 cm mächtige Schneedecke festgelegt. Es sollte schon knirschen unter den Schuhen!

Frueher war mehr Schnee oder doch nicht

Die Abbildung zeigt die jährliche Entwicklung der über alle Stationen gemittelten „Schneetagezahl“, unterteilt in tiefe Lagen unter 300 Metern Höhe, mittlere Lagen zwischen 300 und 700 Metern und höhere Lagen über 700 Metern. Da es sich um ein deutschlandweites Stationsmittel handelt, soll an dieser Stelle schon mal angemerkt sein, dass es regional zu durchaus unterschiedlichen Trends kommen kann.

Als erstes fällt die starke Variabilität der Schneetagezahl in tiefen und mittleren Lagen auf, erst in höheren Lagen nimmt diese deutlich ab. Man könnte auch sagen: Einzelne schneereiche „Flachlandwinter“ wechseln sich mit reinen „Berglandwintern“ ab. Berechnet man nun aber einen linearen Trend zwischen den Jahren 1961 und 2021 zeigt sich in allen Höhenintervallen eine mehr oder weniger starke Abnahme der Schneetagezahl. Während die Abnahme in den Hochlagen nur rund 30 % beträgt, hat sie in den mittleren und tiefen Lagen mit 50 bis 65 % bereits ein beträchtliches Maß erreicht. Insbesondere die Flachlandwinter werden also seltener: Während es in tiefen Lagen in den 60er Jahren im statistischen Mittel noch knapp 30 Schneetage gab, verringerte sich die Zahl im vergangenen Jahrzehnt auf magere 10 Tage. Besonders ins Gewicht fallen dabei die sehr schneearmen Jahre seit 2010, die im krassen Gegensatz zu den teilweise sehr schneereichen 60er und 80er Jahren stehen. Ein absolutes Ausnahmejahr in Zeiten immer schneeärmerer Jahre stellt das Jahr 2010 dar. Aufgrund des langen, schneereichen Spätwinters 2009/2010 und des frühen Wintereinbruchs im Herbst 2010, dem dann auch noch der legendäre Dezember 2010 folgte, nimmt das Jahr zumindest in tiefen und mittleren Lagen bei dieser Auswertung eine Spitzenposition ein.

Zurück zur Eingangsfrage, ob Großmutters Aussage, es hätte früher mehr Schnee gegeben, einer statistischen Prüfung standhält: Ja, mit ein paar wenigen Einschränkungen tut sie das! Oder, um in den Worten von Loriot zu sagen: Früher war einfach mehr Lametta …

Dipl.-Met Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Weihnachtswetter

Das Weihnachtsfest 2022 rückt näher und damit mehren sich auch die Fragen, wie es an diesem Weihnachtsfest werden wird. Gerade nach der vergangenen hochwinterlichen Woche keimten Hoffnungen auf, dass es doch nach 2010 endlich mal wieder landesweit weiße Weihnachten geben würde. Bevor wir aber zu den konkreten Aussichten kommen, sollen zunächst einmal allerlei Statistiken an ausgewählten Beispielstationen vorgestellt werden.

DWD Weihnachtswetter

Weiße Weihnachten

Die Statistiken basieren alle auf Zeitreihen zwischen 1950 und 2021. Beginnen wollen wir mit der klassischen Frage: Wie oft gibt es an Weihnachten eine Schneedecke. Für die Betrachtung werden alle drei Tage vom 24.12. bis zum 26.12. herangezogen. In der Grafik sieht man für ausgewählte Stationen jeweils die höchste gemessene Schneedecke seit 1950. Zum einen findet man die Anzahl an Weihnachtsfesten, an denen es an mindestens einem der drei Tage eine Schneedecke gegeben hat. Im linken Kästchen wurde die 30-jährige Referenzperiode 1961 bis 1990 herangezogen, in der rechten Spalte die Referenzperiode 1991 bis 2020. Schauen wir uns beispielhaft wieder Frankfurt an, so sieht man, das an 6 von 30 Jahren an Weihnachten Schnee lag. Oder anders gesprochen: An jedem fünften Weihnachten gibt es an einem der drei Tage eine Schneedecke. Würde man nur den 24.12. betrachten, dann ist die Anzahl reduziert.

Während es in Frankfurt keine Änderung bei den Referenzperioden gab, sieht man beim Vergleich 1961-1990 mit 1991-2021 an vielen anderen Stationen hingegen einen deutlichen Rückgang der Anzahl an Weihnachtsfesten, an denen es Schnee gab. Beispielhaft sei Augsburg erwähnt. Dort gab es 1961 bis 1990 noch in 13 von 30 Jahren eine Schneedecke, während dies von 1991 bis 2020 nur an sieben von 30 Jahren der Fall war.

DWD Weihnachtswetter

Niederschlag am Weihnachtsfest

Schauen wir nun auf den Niederschlag an sich. In der Grafik sind jeweils eingetragen die höchste 24h Niederschlagssumme an einen der drei Tage. Außerdem findet man die Anzahl der Jahre, an denen es an mindestens einem der drei Tage Niederschlag gab. Dies wurde wieder unterteilt nach den beiden Referenzperioden.

Zunächst einmal sei festgehalten, dass es keinen klaren Trend zwischen den beiden Referenzperioden gibt. Die schlechtesten Karten auf ein trockenes Fest hat man im Westen und Nordwesten des Landes. Dort gibt es an mehr als zwei von drei Weihnachtsfesten Niederschlag. Die besten Chancen trocken davon zu kommen, bestehen im Süden und Südosten, wo es nur an jedem zweiten Weihnachtsfest Niederschlag gibt.

DWD Weihnachtswetter 1

Sonne am Weihnachtsfest

Wie schaut es eigentlich mit dem Sonnenschein aus? Diese Frage beantwortet die nächste Grafik. Für die Stationsauswahl ist zum einem die Anzahl an Jahren mit Sonnenschein an einem der drei Tage für 1961 bis 1990 dargestellt (links). Auf der rechten Seite sieht man dies für die neue Klimareferenzperiode 1991 bis 2020.

Es gibt zwar einen leichten Trend hin zu sonnigeren Weihnachtsfesten, dies gilt aber nur für das Deutschlandmittel. Betrachtet man einzelne Stationen, so gibt es solche, nach denen die Sonnentage weniger geworden sind. Am größten sind die Sonnenchancen im Süden (zwei von drei Weihnachten mit Sonnenschein), während es im Nordwesten an zwei von drei Weihnachtsfesten grau bleibt.

DWD Weihnachtswetter 2

Temperaturen am Weihnachtsfest

Bleibt noch die Temperatur. Hier gibt es nun vier Spalten. Zum einen ist oben die niedrigste (links) und höchste Messung (rechts) dargestellt. Darunter folgen dann die mittleren Minima/Maxima über alle drei Tage im Vergleich der Referenzperioden.

An den Absolutwerten kann man klar erkennen, dass es an Weihnachten eine große Spannbreite an Möglichkeiten gibt. Greifen wir beispielhaft erneut Frankfurt heraus. Es gab Weihnachtsfeste mit Tiefstwerten bis -17 Grad, aber auch solche, wo die Maxima bis nahe 15 Grad gestiegen sind.
Ganz klar zu erkennen ist ein Anstieg der Temperatur im Vergleich der beiden Referenzperioden. Das gilt für alle Stationen und sowohl für die Minima, als auch die Maxima. In Frankfurt liegen die Minima und auch die Maxima von 1991 bis 2020 um 1.8 Grad über denen von 1961 bis 1990.

DWD Weihnachtswetter 3

Speziell für Frankfurt sei zur Verdeutlichung auch nochmal eine Grafik dargestellt, die für jedes Jahr die mittlere Maximum- und Minimumtemperatur über alle drei Tage zeigt. Deutlich ist der Anstieg zu erkennen. Ein interessanter Aspekt sei für die Referenzperiode 1991 bis 2020 festgehalten. In Frankfurt ist der wärmste Tag demnach der 24.12. mit einem mittleren Minimum von 1.1°C und einem mittleren Maximum von 6.3°C. An den Folgetagen gehen die Werte sukzessive zurück. 25.12.: 0.5°C/5.6°C; 26.12: -0.4°C/4.8°C. In der Referenzperiode 1961 bis 1990 war dies noch nicht zu sehen. Um diese Feststellung zu festigen, müsste man allerdings noch deutlich mehr Stationen näher untersuchen.

DWD Weihnachtswetter 4

Wie wird Weihnachten 2022

Nach all den Statistiken fehlt noch ein Blick auf das Weihnachtsfest 2022. Was manche befürchtet haben, schlägt in diesem Jahr wieder zu: Das Weihnachtstauwetter. Das komplette Weihnachtsfest fällt in vielen Landesteilen mild bis sehr mild aus. So gibt es von der Mitte bis in den Süden zweistellige Höchstwerte und es bleibt häufig frostfrei. Etwas kälter ist es im Norden und Nordosten. An der Grenze zu Dänemark liegen die Maxima an Heiligabend nur um 4 Grad. Nicht ausgeschlossen, dass sich dort vorübergehend auch mal ein paar nasse Flocken drunter mischen.

Den Niederschlag betreffend ist die Gefahr im Norden hoch, dass man einen Regenschutz benötigt. Der Schirm sollte es aber besser nicht sein, da auch ein lebhafter West- bis Südwestwind unterwegs ist. Im Rest des Landes sind die Unsicherheiten noch groß. In der Grafik sieht man die Lösung der deutschen Modellkette. Demnach würde es über der breiten Mitte häufig trocken bleiben. Andere Modelle sind diesbezüglich aber deutlich pessimistischer. Insofern muss man noch etwas abwarten. Die Chance auch mal die Sonne sehen zu können, ist aber in der Mitte und im Süden deutlich höher als im Norden.

DWD Weihnachtswetter 5

DWD Weihnachtswetter 6

Um sich über das doch recht unwinterliche Weihnachten hinweg zu trösten, zum Abschluss noch eine Statistik: Das sonnigste, nasseste, kälteste, schneereichste und wärmste Weihnachtsfest für vier ausgewählte Stationen.

DWD Weihnachtswetter 7

Diplom Meteorologe Marcus Beyer

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

 

Wenn eine geschichtsinteressierte Meteorologin Adventslieder hört…

Dennoch beschäftigt es sich recht wenig mit den meteorologischen Gegebenheiten rund um das Weihnachtsfest (Wunschgedanke von schneebedeckten Winterlandschaften) und hat seinen Ursprung in einer doch recht düsteren Zeit, in der die Erwartung des Weihnachtsfestes ein kurzer Lichtblick im grauen, vom Hunger geprägten und oftmals kriegerischen Alltag darstellte.
Zum ersten Mal wurde das Lied 1622, also vor genau 400 Jahren, veröffentlicht. Der Text stammt sehr wahrscheinlich vom Jesuiten Friedrich Spee. Sehr wahrscheinlich deshalb, da der Text Ähnlichkeiten zu einem Lied aus der „Trutznachtigall“, einer Sammlung von 52 lyrischen Gedichten und heute noch bekannten Kirchenliedern der beiden großen Konfessionen, aufweist. Sehr schnell wurde das Lied in katholische Liedersammlungen aufgenommen. In der evangelischen Kirche sah man das Lied mehr als drei Jahrhunderte lang als katholisches Adventslied, aber seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird es deutschlandweit in den Gottesdiensten beider Konfessionen gerne gesungen.
Kunstgeschichtlich ist der Text eindeutig dem Barock zuzuordnen. Typisch für Texte aus dieser Zeit sind die Motive Vanitas (Vergänglichkeit alles Irdischen), Memento mori („Gedenke, dass du stirbst!“) und Carpe diem („Nutze den Tag!“). Vor allem aber war das Lebensgefühl dieser Zeit geprägt von der Sehnsucht nach dem Erlöser und einer besseren Zeit. Man kann sich sicherlich vorstellen, dass diese Sehnsucht in der Adventszeit besonders groß war.
Es waren Jahrzehnte, die geprägt waren von Hunger, Seuchen und kriegerischen Auseinandersetzungen wie dem Dreißigjährigen Krieg, ausgelöst durch den Streit der beiden großen Konfessionen. Aber auch Aberglaube spielte damals eine sehr große Rolle. Daher ist es wenig verwunderlich, dass in dieser Zeit die Hexenverfolgungen in Mitteleuropa ihren Höhepunkt erreichten. Friedrich Spee war einer der vehementesten innerkirchlichen Kritiker der Hexenverfolgungen und trug mit seiner anonym verfassten Schrift Cautio Criminalis zum Ende dieser bei.
Vor diesem Hintergrund schrieb er den Text für „O Heiland, reiß die Himmel auf“, welches direkt mit einem Klageruf eingeleitet wird. Er verarbeitete darin zahlreiche dynamische Verben und meteorologische Motive.
Die ersten drei Strophen sind noch recht hoffnungsvoll geprägt. In der ersten Strophe wird das Bild vom Aufreißen des Himmels mit dem Öffnen von Toren und Türen verglichen. In der nächsten Strophe soll sich Tau vom Himmel ergießen und die Wolken brechen und ausregnen. Dies soll eine Verbindung zur Erde herstellen, die daraufhin ausschlagen soll, sodass alles grün werde, Blumen hervorbringe und somit die Welt errettet wird.
In den darauffolgenden drei Strophen werden eher tristen Bildern hoffnungsvolle Szenerien entgegengestellt, in denen Trost und Vertrauen anklingen sollen, ohne aber den Bezug zur Realität zu verlieren. In der vierten Strophe wird Trost und Hoffnung für die sich im Jammertal Befindlichen erbeten. In der nächsten Strophe soll die Sonne/der Stern Licht in die Finsternis bringen. Und auch in der letzten Strophe wird der größten Not, dem ewig Tod und dem Elend eine starke Hand, die einen zu dem Vaterland führt, entgegengestellt, sodass Vertrauen vermittelt wird.
Noch 400 Jahre später kann man anhand der meteorologischen Motive genau verstehen, was der Autor ausdrücken wollte, selbst wenn der Text sprachlich heute sicherlich anders formuliert werden würde. Auch in anderen Gedichten und Liedern wurden und werden gerne meteorologische Motive verwendet. Beim genauen Hinhören wird man sicherlich vieler solcher Motive begegnen. In anderen Advents- und Weihnachtsliedern ist es beispielsweise die oben erwähnte Hoffnung auf eine schneebedeckte Landschaft. Im hier beschriebenen Beispiel sind die Motive wiederum mehr als Metapher zu verstehen. Summa summarum lohnt es sich also, sich mit so manchem Liedtext und den Hintergründen genauer zu beschäftigen.
Nimmt man zumindest den Titel des Liedes wörtlich, so wird es in den meisten Regionen Deutschlands bei dem Wunschgedanken bleiben. Der Himmel zeigt sich in den kommenden Tagen meist bedeckt und von einem Aufreißen des Himmels kann meist leider nicht die Rede sein.
M.Sc. Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Eine turbulente Expedition

Als Meteorologin in der Wettervorhersage arbeitet man meistens in einem schönen Büro mit höhenverstellbaren Tischen in angenehmer Atmosphäre. Nach Feierabend geht man nach Hause und überlässt die Arbeit seinen Kollegen. Ganz anders gestaltet sich die Arbeit jedoch, wenn man als Bordmeteorologin auf einem Forschungsschiff unterwegs ist.
Ich hatte das Vergnügen, an der Expedition PS133 des Forschungseisbrechers FS Polarstern teilzunehmen. Das Leben an Bord ist sehr durchgetaktet. Dienstbeginn ist jeden Tag um 6 Uhr Bordzeit. Frühstück gibt es um 7.30 Uhr. Um 8.15 Uhr beginnt das Wetterbriefing im Wetterbüro. Weitere Briefings und Meetings folgen im weiteren Verlauf bis zum Dienstende etwa um 19 Uhr.
Dabei bekommt man das Wetter hautnah zu spüren. Man spürt die Winddrehung beim Rundgang auf Deck und schaukelt mit jeder Welle im Takt mit. Einen richtigen Feierabend gibt es damit nicht. Als Meteorologin bleibt man immer Ansprechperson für Wind und Wetter auch beim abendlichen Kartenspielen.

DWD Eine turbulente

Die Expedition startete am 02. Oktober 2022 in Kapstadt. Das Hauptforschungsgebiet sollte dann der Südliche Ozean sein. Ein Gebiet mitten in den Roaring Fifties, den Rasenden Fünfzigern, das neben den Furious Forties,
den Brüllenden Vierzigern, für seine stürmischen Westwinde bekannt ist. Und diese Breitengrade machten ihren Namen bei dieser Expedition alle Ehre.
Bereits in der ersten Woche auf See war abzusehen, dass die Stürme und der damit verbundene Seegang teils zu gefährlich waren. Es musste abgewettert werden. Auch auf der Ausweichposition blieben wir aber nicht ganz verschont. Westwind zwischen 6 und 9 Windstärken bei einer signifikanten Wellenhöhe von mindestens 4 Metern standen auf der Tagesordnung. Kurze ruhigere Phasen wurden genutzt, um das ein oder andere Messinstrument ins Wasser zu lassen.

Nach über zwei Wochen auf See mit teils Wellenhöhen bis 12 Metern kündigte sich eine länger anhaltende Wetterberuhigung an. Das Hoch über dem Südatlantik streckte seine Fühler etwas weiter nach Süden hin aus. Die Forschungsarbeit konnte damit so richtig beginnen.
Zu allem Überfluss jedoch musste die Expedition aufgrund eines medizinischen Notfalls unterbrochen werden. Das Problem: das nächste Krankenhaus liegt leider fast 2500 km, also 4 bis 5 Seetage weit entfernt auf den Falklandinseln. Mit Vollgas ging es also entgegen der Wind- und Wellenrichtung nach Westen. Zum Glück konnten die Patientinnen erfolgreich ausgeflogen werden und befinden sich mittlerweile bei ihren Familien.
Bei den Falklandinseln suchte uns das nächste Unwetter heim. Und dieses hatte es in sich. Mit Spitzengeschwindigkeiten von etwa 140 Kilometern pro Stunde fegte ein Orkan über die Insel hinweg. Zumindest konnte das Schiff im Berkley Sound bei den Falklandinseln dem schweren Seegang entgehen. Nach Durchzug des Orkans folgte das Schiff den Spuren des Sturms zurück in das Forschungsgebiet. Und endlich war das Wetter uns auch hold und sorgte für ein paar Tage ruhigeren Seegang.

DWD Eine turbulente Expedition 1

Den nächsten Sturm konnte man geschützt vor Südgeorgien absitzen. Danach folgte noch ein kleiner Abstecher in den Tiefseegraben östlich von den Südlichen Sandwich Inseln. Dort wurden Sedimentproben aus über 8000 Metern Tiefe entnommen. Und dann war die Zeit auch schon fast vorbei und es folgte der Transit nach Punta Arenas.
In Südchile angekommen, wechselten einige Wissenschaftler und auch die Mannschaft. Und auch ich durfte von Bord. Der zweite Teil der Expedition startete am 20. November. Ziel des zweiten Teils, war den Island Impact rund um Südgeorgien zu untersuchen.
Der Wettergott hatte es diesmal besser gemeint mit Besatzung und Wissenschaftler. Vielleicht war das das Geburtstagsgeschenk für FS Polarstern, denn am 09. Dezember 2022 konnte das Schiff seinen 40. Geburtstag feiern (kleines Geburtstagsvideo siehe Link 1). Dieser Ehrentag wurde auf dem Schiff gebührend gefeiert. Momentan befindet sich die Polarstern auf der Zielgeraden zurück nach Kapstadt, wo schon die nächsten Wissenschaftler und der nächste Bordmeteorologe auf den kommenden Einsatz warten.
Die aktuelle Position von FS Polarstern findet man bei Link 2.

 

M.Sc. Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Startschuss für eine neue Satellitengeneration

Die spannende winterliche und teilweise bis zum Unwetter reichende Wetterlage der vergangenen Tage verdrängte andere interessante meteorologische Themen etwas in den Hintergrund. Allerdings soll nun ein durchaus bemerkenswertes Ereignis der vergangenen Woche auch in unserem „Thema des Tages“ entsprechend gewürdigt werden. Am Dienstag (13.12.2022) startete um 20:30 Uhr UTC der erste Wettersatellit der neuen (dritten) Meteosat-Generation vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana. Als Trägerrakete diente die bewährte europäische Ariane 5ECA, die den „MTG-I1“ genannten Wettersatelliten, gemeinsam mit zwei Kommunikationseinrichtungen, erfolgreich ins Weltall brachte.

Bereits seit 1977 betreibt EUMETSAT mit Sitz in Darmstadt im Auftrag der europäischen Wetterdienste ein Netzwerk von Wettersatelliten. In dieser zwischenstaatlichen Organisation haben sich die nationalen Wetterdienste von derzeit 30 europäischen Staaten zusammengeschlossen, um ihre Aufgaben gemeinsam zu bewältigen und die Kosten zu teilen. Der Betrieb der Satelliten umfasst die genaue Kontrolle und Korrektur der Position, die Lagesteuerung, die Durchführung technischer Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der vollen Funktionsfähigkeit, die Übermittlung der beobachteten Daten sowie die Aufbereitung und operationelle Verteilung dieser Daten.

DWD startschuss fuer eine neue satellitengeneration

Pose MTG-I1 (CU2) sur ACU au S5B, le 02/12/2022. | MTG-I1 (CU2) integration on payload adaptor at S5B. 12/02/2022.

Aktuell sind die Satelliten der zweiten Meteosat-Generation (MSGMeteosat Second Generation) die „Lastesel“ der europäischen Wetterbeobachtung aus dem All. Diese lösten ab dem Jahre 2002 sukzessive jene Satelliten der ersten Meteosat-Familie ab, die nachfolgend abgeschaltet und in einen „Friedhofsorbit“ gesteuert wurden. Die aktuell aktiven MSG und mit Meteosat 9 bis 11 benannten Satelliten erreichen aber nach ca. 20 Jahren Lebenszeit bald ihr geplantes Funktionsende. Daher starteten bereits vor vielen Jahren die Planungen für entsprechende Nachfolgesonden.

Nach den ersten Überlegungen im Jahr 2006 trat EUMETSAT 2008 in die Detailvorbereitungen für neue Geräte ein. Bereits damals fokussierte man sich auf eine möglichst gute spektrale, räumliche und zeitliche Auflösung der Satellitenbilder und auf die Erfassung von Blitzen sowie der Infrarot- und Ultraviolettstrahlung der Erde. Die Anforderungen wurden aber so umfangreich, dass man nicht alle Messgeräte auf einem Satelliten unterbringen konnte. Daher besteht die dritte Meteosat-Generation aus geplanten vier Satelliten mit den klassischen Aufnahmeeinrichtungen sowie dem neuen Blitzdetektor (MTG-I1 bis MTG-I4) und den beiden für die Sondierung der Atmosphäre zuständigen MTG-S1 und MTG-S2. Das gesamte MTG-Programm mit diesen sechs Satelliten soll bis 2035 gestartet werden, Daten bis in die 2040er Jahre liefern und wird insgesamt über drei Milliarden Euro kosten. Deutschland trägt davon mehr als 20 Prozent.

Damit die Meteosat-Satelliten zeitlich hochaufgelöste Daten einer definierten Zielregion liefern können, müssen diese den sogenannten „geostationären Orbit (GEO)“ erreichen. Auf einer Kreisbahn in 35.786 km über der Erdoberfläche am Äquator können diese der Erdrotation exakt folgen und beobachten damit immer dieselbe festgelegte Region. Im Gegensatz zu den ebenfalls wichtigen polarumlaufenden Satelliten ist dadurch eine permanente Überwachung der Erdoberfläche möglich. Zum Frühlings- und Herbstbeginn werden beispielsweise von den Meteosat-Satelliten aufgrund der von Nordpol bis zum Südpol vorhandenen solaren Bestrahlung die bekannten, imposanten Bilder der halben Weltkugel aufgenommen.

DWD startschuss fuer eine neue satellitengeneration 1

Man kann sich daher vorstellen, dass die von Satelliten gelieferten Datenmengen enorm sind. Mit der neuen Generation steigert sich der verfügbare Datensatz nochmals. Der DWD verarbeitet und prüft bereits heute täglich rund 165 Millionen Wetterbeobachtungen. Davon werden etwa fünf Millionen Beobachtungen aktiv für die Wettervorhersage genutzt. Davon stammen rund 85 Prozent von Satelliten. Da MTG im Vergleich zu den MSG-Satelliten etwa die 50-fache Datenmenge liefert, wird die Bedeutung von Satelliten erneut wachsen. Die zentrale Herausforderung ist, diese riesigen Datenmengen, die alle zehn Minuten (später für ausgewählte Regionen sogar alle 2,5 Minuten) eintreffen und nun Gebiete von einer Größe von 500 x 500 m abdecken, in die Wettervorhersagemodelle einzuarbeiten. Bereits jetzt darf man gespannt auf die ersten Daten sein, die ab Herbst 2023 erwartet werden.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Schnee, Glätte und Frost – ein Rückblick

Schnee, Frost, Glatteis – das sind die Stichworte für die vergangenen Tage und der Winter hat recht eindrucksvoll bewiesen, was er so auf der Pfanne hat. Verantwortlich dafür war eine kalte Luftmasse, die aus nördlichen Breiten einfließen konnte. Dieser gegenüber stand milde Luft im Süden. Im Grenzbereich kam es dadurch zu Niederschlägen. Dazu wurde in den vergangenen Themen des Tages schon einiges geschrieben.

Durch die langen Nächte, die Schneedecke und den klaren Himmel konnte die Luft stark auskühlen, was zweistellige Minustemperaturen hervorgerufen hat. Die folgenden Tabellen geben dazu einen Überblick:

Ort (Bundesland) Tiefstwerte der Lufttemperatur in °C Nacht 15.12./16.12.2022
Oberharz am Brocken-Stiege (ST) – 16,1
Doberlug-Kirchhain (BB) – 14,9
Fulda-Horas (HE) – 14,7

Tabelle 1

Ort (Bundesland) Tiefstwerte der Lufttemperatur in °C Nacht 14.12./15.12.2022
Anklam (MV) -17,0
Oberharz am Brocken-Stiege (ST) -16,2
Menz (BB) -15,2

Tabelle 2

Ort (Bundesland) Tiefstwerte der Lufttemperatur in °C Nacht 13.12./14.12.2022
Dippoldiswalde-Reinberg -17,6
Sohland/Spree (SN) -16,8
Doberlug-Kirchhain (BB) -15,0

Tabelle 3

Lokal trat also in den vergangenen Nächten strenger oder sehr strenger Frost auf. Ungewöhnlich ist dies für Dezember nicht. Eindrucksvoll war die Kältewelle dennoch. Am Frankfurter Flughafen wurde beispielsweise in der vergangenen Nacht ein Tiefstwert von -11,8 °C gemessen, was der niedrigsten Temperatur seit Januar 2017 entspricht.

In den kommenden Nächten wird es gebietsweise erneut klirrend kalt. Über Schnee sind dann vor allem in Tal- und Muldenlagen der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen Minima um -15 °C, teils auch noch tiefer möglich. Mäßiger, teils strenger Frost tritt mit Ausnahme der Küstengebiete ohnehin auf.

DWD Schnee Glaette und Frost ein Rueckblick

DWD Schnee Glaette und Frost ein Rueckblick 1

Schnee hat es in den vergangenen Tagen ebenfalls gegeben. Und dies nicht nur im Süden, sondern auch einiges ganz im Norden des Landes. Ein kleines Tief über der Nordsee sorgte dafür, dass im Norden immer wieder Schauerstraßen über die gleichen Gebiete hinweggezogen sind. Vor allem in einem Streifen zwischen Sankt Peter-Ording (SH) und Kiel (SH) lagen heute Morgen 10 bis 20 cm, vereinzelt über 20 cm Schnee. Spitzenreiter ist dabei die Station Bordesholm (SH) mit gemessenen 25 cm Schnee. Lokal dürften es sogar noch ein paar cm mehr sein. Ansonsten liegt mit Ausnahme des Westens und Nordwestens verbreitet zumindest eine dünne Schneedecke. Im Süden wird diese sogar wieder etwas mächtiger, denn dort kommen vor allem südlich der Donau bis in die späten Abendstunden des heutigen Freitags noch der ein oder andere cm hinzu.

DWD Schnee Glaette und Frost ein Rueckblick 2

Am Wochenende wird die Schneedecke nicht weiter anwachsen, denn Hochdruckeinfluss sorgt für trockenes und ruhiges Winterwetter. Bewegung in die Wetterküche kommt erst wieder in der Nacht zum Montag, wenn sich von Westen ein Frontensystem auf den Weg nach Mitteleuropa macht und die nächste gefährliche Glatteislage ansteht. Dem Schnee geht es zu Beginn der kommenden Woche dann an den Kragen, denn mildes, nasses und windiges Wetter sorgt verbreitet für ein Abtauen der Schneedecke. Einzig im Südosten kann sich die Milderung noch nicht so richtig durchsetzen.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Winterlicher Burnout

In weiten Teilen Deutschlands bekommt man beim Blick aus dem Fenster momentan (je nach Region mal mehr, mal weniger) Schnee zu Gesicht. Selbst im schneefeindlichen Offenbach hat es in den vergangenen Tagen für eine kleine, zugegebener Weise recht abenteuerliche Schlittenfahrt gereicht (wobei „Schlitten“ schon eine sehr beschönigende Beschreibung für eine Plastiktüte ist…).

Großflächig schneefrei ist es am heutigen Donnerstag eigentlich nur vom Niederrhein bis etwa zur niedersächsischen Elbe. Dort lässt dafür aber wohl zumindest das Temperaturniveau winterliche Gefühle aufkommen. Denn in der vergangenen Nacht rauschte die Temperatur über dem Norden und der Mitte (zum Teil muss man sagen „einmal mehr“) in den Keller mit Tiefstwerten um -10 Grad, im Osten sogar bis -15 Grad. Dazu blieb der positive Skalenbereich der Außenthermometer in Deutschland in den letzten Tagen weitestgehend unberührt.

Deutlich milder war es am gestrigen Mittwoch dagegen im äußersten Süden. Im Allgäu stieg die Temperatur zum Teil auf bis zu 6 Grad (Oy-Mittelberg-Petersthal). Dieser Warmlufteinschub führte zusammen mit Regen und gefrorenen Böden verbreitet zu Glatteis wie im gestrigen Thema des Tages Thema des Tages vom 14.12.2022 bereits ausführlich beschrieben.

Mittlerweile sind die Niederschläge dort abgeklungen und die Lage kann sich etwas entspannen, aber bereits in der kommenden Nacht zum Freitag droht die nächste Glatteislage. Betroffen davon sind hauptsächlich die Regionen zwischen Bodensee, Bayerischem Wald und Berchtesgadener Land, also grob gesagt das Alpenvorland. Im Laufe des heutigen Abends ziehen aus den Alpen heraus Niederschläge auf, die sich in der ersten Nachthälfte nordostwärts ausweiten. Grund dafür ist einmal mehr ein kleinräumiges Tief, das kommende Nacht ost-nordostwärts über die Alpen und Österreich Richtung Slowakei zieht. Vorderseitig bleibt damit zunächst die Zufuhr milder Luft erhalten (Temperatur in rund 1,5 km Höhe im Alpenvorland zwischen 0 und +4 Grad), sodass die Niederschläge in flüssiger Form auf die erneut oder immer noch gefrorenen Böden fallen. Es muss also wieder mit spiegelglatten Straßen und Wegen gerechnet werden.

Auf der Rückseite des Tiefs wird dann die ansonsten in Deutschland befindliche Kaltluft „angezapft“, sodass der Regen im Laufe der Nacht in Schnee übergeht und den ganzen Freitag über anhält. Erst in der Nacht zum Samstag verabschieden sich die Schneefälle südostwärts. Nach dem gefrierenden Regen sind damit bis zu 10 cm Neuschnee drin, in Staulagen der Alpen naturgemäß noch mehr. Auch nördlich der „Glatteiszone“, etwa bis zu einer Linie Karlsruhe – Hof, wo die Niederschläge durchweg als Schnee fallen, darf man sich auf wenige Zentimeter Neuschnee freuen – zumindest wer möchte.

Schnee ist aber nicht nur im Süden ein Thema, sondern auch ganz im Norden, genauer gesagt in Schleswig-Holstein, wo von der Nordsee heranziehende Schneeschauer bis heute Abend ebenfalls vielfach für etwas Neuschneezuwachs (lokal sogar bis zu 10 cm) sorgen.

Am Wochenende ist der Spuk dann vorbei. Unter Hochdruckeinfluss bleibt es weitestgehend trocken und sofern es Nebel und Hochnebel zulassen, lässt strahlender Sonnenschein die Schneeregionen förmlich zum Winterwunderland werden! Tagsüber gibt es häufig Dauerfrost, nachts wird es klirrend kalt bei oftmals um oder teilweise sogar deutlich unter -10 Grad.

Eine wunderbare Basis für Weihnachten? Von wegen! Schon am Montag gelangen wir in den Einflussbereich eines kräftigen Tiefdruckkomplexes westlich der Britischen Inseln. In der Folge dreht die Strömung auf Südwest und Deutschland wird mit sehr milder und feuchter Atlantikluft „geflutet“. Der Frühwinter verabschiedet sich damit zwar völlig verausgabt, brockt uns zum Ende aber noch die nächste ausgewachsene Glatteislage ein. Diese steht nach heutigem Stand allerdings nicht nur dem Süden, sondern weiten Teilen Deutschlands bevor.

DWD Winterlicher Burnout

Die Temperaturen machen einen fast schon brutalen Sprung nach oben. Gibt es am Sonntag mit Ausnahme des Westens und vielleicht auch Südwestens noch verbreitet Dauerfrost, stehen für Montag Höchstwerte zwischen +10 Grad im Westen und +3 Grad im Osten auf der Prognosekarte (einzig im Südosten könnte es noch einmal für Dauerfrost reichen). Dazu wird es windig, auf den Bergen und an den Küsten stürmisch. Tja und mit Blick auf den astronomischen Winterstart am 21.12. (Mittwoch) nimmt die Temperatur in höheren Luftschichten zwar schon wieder ab, durch den anhaltenden Wind merkt man davon am Boden aber kaum etwas: Es sieht derzeit verbreitet nach hohen einstelligen, in der Westhälfte häufig sogar zweistelligen Höchstwerten aus. Da könnten ja beinahe schon Herbstgefühle aufkommen…

Dipl.-Met.Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Glatteislage im Süden – Analyse und Ausblick

Ausgangslage:

Zu Wochenbeginn war noch größtenteils das Hoch JULIAN wetterbestimmend. Zuvor hatte es bei Dauerfrost stellenweise leicht geschneit, bevor die Wolkendecke in der Nacht zum Dienstag verbreitet auflockerte bei windstillen Verhältnissen. Das ist ein idealer Nährboden für besonders kalte Temperaturen, da die Restwärme in die Atmosphäre ausstrahlen konnte (langwellige Ausstrahlung) und der Schnee zumindest teilweise leicht isolierend für den Bodenwärmestrom wirkte. So sank das Thermometer bis zum Dienstagmorgen auf Werte vielfach unter -10 Grad ab. „Spitzenreiter“ waren Reit im Winkl (BY) mit -17,3 Grad, Geisingen (BW) mit -17,2 Grad und Oberstdorf mit -16,9 Grad. Aber auch München-Stadt mit -9,1 Grad, Stuttgart-Echterdingen mit -9,6 Grad sowie Augsburg mit -11,1 Grad waren gut dabei.

Durch die nur örtliche dünne Schneeauflage konnte der Frost zudem gut in den Boden eindringen. So wurden vor Einsetzen der Niederschläge in den heutigen Frühstunden bedingt auch durch die Frostperiode der Vortage bis in 10 cm, stellenweise auch bis 20 cm Tiefe, negative Bodentemperaturen in Süddeutschland gemessen.

DWD Glatteislage im Sueden Analyse und Ausblick

Der Grundstein war mit tief gefrorenen Böden und einer ausgekühlten winterlichen Luftmasse also gelegt. Nun näherte sich aus Süden die langgestreckte Warmfront eines umfangreichen Tiefs westlich der Biskaya. Diese Warmluft ist leichter als die schwerere Kaltluft in bodennahen Schichten und gleitet somit in der Höhe langsam auf diese auf. Als Folge dieser gewissermaßen erzwungenen Hebung setzte Wolken- und Niederschlagsbildung ein.

DWD Glatteislage im Sueden Analyse und Ausblick 1

So begannen nach Mitternacht erste leichte Niederschläge aufzukommen, die anfangs noch meist als Schnee, von der Schweiz und Österreich her aber schon immer häufiger in leichten Regen oder Sprühregen übergingen. Woran lag das? Ein Blick in die Höhe zeigt, dass die Warmluft inzwischen schon deutlich mehr Raum nach Norden gewonnen hat. Zur Mittagszeit lag die 0 Grad Isotherme (Linie gleicher Temperatur) in rund 1500 Metern schon fast auf Höhe des Großraums Stuttgart. Zur gleichen Zeit wurden in Altenstadt südwestlich von München bereits +4 Grad gemessen. Fällt nun der Niederschlag durch diese warme Schicht schmilzt er und der Weg zum Boden ist kaum noch ausreichend, um ihn wieder gefrieren zu lassen. Beobachtungen und Nutzermeldungen zufolge gab es aber am Vormittag bereits einige Regionen zwischen dem Oberrheingraben und den Großräumen Stuttgart und München mit einem ständigen Wechsel aus gefrierendem Regen, Schneeflocken und Eiskörnern. Was tatsächlich am Boden ankommt, ist selbst mit den modernsten Radarprodukten nur sehr schwer abzuschätzen. Daher sind wir im operationellen Dienst umso dankbarer für Ihre Zumeldungen – beispielsweise über die WarnWetter-App, die es uns ermöglichen, ein noch klareres Bild von der aktuellen Lage zu gewinnen.

DWD Glatteislage im Sueden Analyse und Ausblick 2

Wie geht es nun weiter? Das Hauptproblem bei dieser Unwetterlage ist ganz klar die Stationarität – die Lage der Luftmassengrenze ändert sich kaum. Zudem tut sich die Milderung sehr schwer aus der Schweiz und den Alpen heraus nordwärts auszugreifen. Es gibt kaum Auflockerungen, so dass die Sonneneinstrahlung helfen könnte, noch sind die Luftdruckgegensätze und damit die Windgeschwindigkeiten äußerst schwach. Immerhin hat inzwischen im südlichen Alpenvorland mäßig auffrischender Südwestwind durchgegriffen und leichtes Tauwetter hat eingesetzt. Bis nach Freiburg-Stuttgart und München sollte sich das aber nicht durchsetzen. Und so werden auch die kommenden Stunden zum Drahtseilakt rechtzeitig und vor allem sicher von der Arbeit und Schule zum Sport- oder Musikunterricht und anschließend vielleicht noch kurz zum Einkaufen zu fahren.

Immerhin hat der Flughafen München inzwischen für 2 Stunden lang den Flugbetrieb eingestellt. Darüber hinaus gab es schon zahlreiche Unfälle, die Krankenhäuser sind vielerorts (auch aus nicht-meteorologischen Gründen) überfüllt und/oder überlastet. Etliche Patienten wurden aber auch als Folge von Stürzen eingeliefert. Autobahnen und Bundesstraßen wurden zeitweise gesperrt.

DWD Glatteislage im Sueden Analyse und Ausblick 3

Und Entwarnung kann weiterhin nicht gegeben werden. Auch in den nächsten Stunden wird es zu weiteren Niederschlägen kommen, die in der Nordhälfte Bayerns und Baden-Württembergs meist als Schnee, sonst als Regen fallen. Dabei zeigen sich die Niederschläge im Laufe der kommenden Nacht zum Donnerstag zunehmend nach Süden zurück und gehen von Norden zögernd überall in Schnee über, bevor sie dann am Donnerstagvormittag langsam abklingen. Das bedeutet, dass es selbst noch einmal im inzwischen milden südlichen Alpenvorland kritisch werden kann. In den aktuell betroffenen Glatteisgebieten wachsen die Eispanzer unterdessen weiter an, so dass auch größere Schäden an der Infrastruktur nicht ausgeschlossen werden können.

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Was, wo und wie misst eine Wetterstation? (Teil 3)

Im ersten Teil dieser Serie (veröffentlicht am 21.11.2022) haben wir das Bodenmessnetz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vorgestellt, das aus etwa 200 hauptamtlichen Wetterstationen sowie weiteren ehrenamtlich betreuten Wetter- und Niederschlagsstationen besteht. Heutzutage messen diese Wetterstationen alle vollautomatisch. Im zweiten Teil (veröffentlicht am 27.11.2022) haben wir bereits die Messverfahren von Temperatur, Luftfeuchte, Sichtweite, Luftdruck, Windrichtung und -stärke beschrieben. (Die ersten beiden Teile dieser Serie können Sie hier nachlesen: Teil 1Teil 2)

Im heutigen Thema des Tages erklären wir die Messverfahren der noch verbleibenden Wetterparameter, die an hauptamtlichen Wetterstationen des DWD mit automatischen Sensoren erfasst werden.

Niederschlagsmenge und -dauer

Der Niederschlagsmesser dient zur Erfassung der Niederschlagsmenge. Wie eine Waage misst er das Gewicht des Niederschlags, der durch eine trichterförmige Öffnung fällt. Dabei entspricht einem Liter Niederschlag pro Quadratmeter (l/m²) 1 mm (flüssiger) Niederschlag. Es wird bei der Messung nicht zwischen der Niederschlagsart (z.B. Regen, Schnee, Hagel) unterschieden. Ein zusätzliches Messgerät, der Niederschlagswächter, erfasst zudem die Dauer des Niederschlags sowie dessen Anfangs- und Endzeit. Er verfügt über eine Infrarotlichtschranke, die hindurchfallende Niederschlagspartikel erkennen kann. Werden zwei Partikel innerhalb von 50 Sekunden erkannt, meldet der Wächter Niederschlag.

Niederschlagsart

Nun weiß man zwar, wann und wieviel Niederschlag gefallen ist, für die Art des Niederschlags ist aber ein weiteres Messgerät erforderlich, der Laser-Niederschlagsmonitor. Dabei handelt es sich um ein optisches Disdrometer, das ein horizontales Infrarotlichtband erzeugt, welches von einer Fotodiode auf der gegenüberliegenden Seite empfangen wird. Fallen Niederschlagsteilchen durch dieses Lichtband, wird das Signal geschwächt. Anhand der Schwächung kann die Größe der Niederschlagsteilchen und anhand der Dauer der Schwächung deren Fallgeschwindigkeit ermittelt werden. Das Messgerät kann also die Größe, Fallgeschwindigkeit und Anzahl der Partikel messen und besitzt zudem einen Temperaturfühler. Aus der Verteilung dieser Messgrößen kann nun auf die Art des Niederschlags geschlossen werden, wobei zwischen Sprühregen, Regen, Schnee, gefrierender (Sprüh-)regen, Schneegriesel/Eisnadeln, Graupel, Hagel, Eiskörnern und Schneeregen unterschieden wird. Diese Zuordnung ist allerdings nicht trivial und oft nicht eindeutig, sodass es in manchen Fällen auch zu fehlerhaften Interpretationen der Niederschlagsart kommen kann.

Schneehöhe

Die Schneehöhe wird mittels einer Laserentfernungsmessung bestimmt. Dazu sendet ein Laser einen kurzen Lichtimpuls aus, der an der Schneeoberfläche reflektiert wird. Da sich Licht mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet, kann aus der zeitlichen Differenz zwischen ausgesendetem Lichtimpuls und empfangenem Signal die Schneehöhe auf einem am Boden ausgelegten Schneebrett ermittelt werden. Die Messung an sich ist zwar sehr genau, allerdings handelt es sich hierbei um eine Punktmessung, sodass mögliche Schneeverwehungen nicht berücksichtigt werden können. Daher kann es bei der automatischen Schneehöhenmessung vor allem bei lockerem Schnee und Wind zu für die Umgebung nicht repräsentativen Messwerten kommen.

Sonnenscheindauer

Die stündliche Sonnenscheindauer (in Minuten) registriert das sogenannte Pyranometer. Ein Sensor tastet kontinuierlich den Himmel ab, wobei eine direkte Sonnenstrahlung den Wert von 120 W/m² überschreiten muss, um als Sonnenschein gewertet zu werden. Bei diesem Wert sind die Sonnenscheibe sowie ein Schattenwurf deutlich erkennbar. Die einfallende Strahlung wird dazu mit einer rotierenden Schlitzblende auf einen Fotodetektor geleitet.

Wolkenuntergrenze und -bedeckungsgrad

Die Wolkenuntergrenze wird mit dem sogenannten Laser-Ceilometer bestimmt. Ähnlich wie bei der Erfassung der Schneehöhe, wird auch die Wolkenuntergrenze mit der Laufzeitmessung eines Laserstrahls ermittelt. Dazu sendet das Ceilometer Laserlichtimpulse aus, die von Wolkentröpfchen zurückgestreut werden. Das zurückgestreute Licht wird auf einer als Empfänger dienenden Fotodiode als elektrisches Signal erkannt. Durch die Dauer zwischen ausgesendetem Laserimpuls und empfangenem zurückgestreuten Signal kann die Höhe der Unterseite der Wolken bestimmt werden. Da die Lichtimpulse auch von anderen Schwebstoffen in der Atmosphäre (z.B. Saharastaub) zurückgestreut werden, kann man mit dem Ceilometer auch die sogenannte Vertikalsicht ermitteln. Wolkenuntergrenze und Vertikalsicht sind v.a. für die Luftfahrt wichtig. Der Wolkenbedeckungsgrad beschreibt den Anteil des Himmels, der von Wolken bedeckt ist. Er wird in Achteln angegeben (0/8: wolkenlos, <1/8: sonnig, 1/8 bis 3/8: leicht bewölkt/heiter, 4/8 bis 6/8: wolkig, 7/8: stark bewölkt, 8/8: bedeckt). Der Bedeckungsgrad wird ebenfalls mit dem Ceilometer anhand der in der vergangenen Stunde detektierten Wolkenschichten geschätzt. Dadurch wird die räumliche Integration, mit der früher ein Wetterbeobachter den Bedeckungsgrad ermittelte, durch eine zeitliche Integration ersetzt. Allerdings ist diese Messmethode fehlerbehaftet, da das Ceilometer lediglich vertikal nach oben blickt. Etwaige stärkere Bewölkung oder Auflockerungen abseits des Blickwinkels können mit dieser Messmethode nicht erfasst werden. Auch eine automatische Auswertung von aufgenommenen Bildern von 180 Grad-Himmelskameras, liefern aktuell noch keine brauchbareren Ergebnisse.

Lufthygiene

Heutzutage haben auch der Feinstaubgehalt der Luft und sonstige Luftschadstoffe an Bedeutung zugenommen. Zu deren Erfassung werden zwei Schadstoffsammler verwendet. Beim sogenannten „Sigma-2-Sammler“ befindet sich eine Staubhaftfolie am Boden des Geräts, die den sedimentierfähigen Grobstaub (> 2,5 Mikrometer) auffängt. Zudem werden Benzol und Stickstoffdioxid (NO2) auf einer chemisch aktiven Oberfläche gesammelt. Beides erfolgt ohne Ansaugen der Luft. Zusätzlich saugt der sogenannte „Mini-Volumen-Sammler“ mit einer Pumpe Luft an, wobei nur Staubpartikel < 2,5 Mikrometer, also der besonders feine Feinstaub (PM2,5), durchgelassen und auf einem Glasfaserfilter abgeschieden wird. Die Haftfolien und Filter werden wöchentlich gewechselt und anschließend im zentralen lufthygienischen Labor des DWD in Freiburg analysiert. Durch die Schwärzung der Filter wird außerdem der Rußanteil ermittelt. So kann die wöchentliche Konzentration der genannten Stoffe überwacht werden.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.12.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst