Wie hoch sind die Wellen?

Am gestrigen Samstag ist schon das zweite Orkantief innerhalb einer Woche über die Britischen Inseln zur Nordsee gezogen. Vor allem an der Südflanke der Tiefs traten stürmische Winde mit teils extremen Orkanböen auf. Vor allem die Bretagne war davon betroffen. Auf Land sorgten die starken Winde für umherfliegende Gegenstände und abbrechende Äste. Auf See generierte der starke Wind hohe Wellen.

Die Wellenhöhe hängt maßgeblich von drei Dingen ab. Zum einem von der Windgeschwindigkeit. Zum anderen von der Wirkdauer des Windes, also wie lange die höchsten Windgeschwindigkeiten anhalten. Und zuletzt noch von der Windstreichlänge, auch Fetch genannt. Der genaue Zusammenhang zwischen den drei Parametern und der signifikanten Wellenhöhe wird in Abbildung 1 dargestellt. In den vergangenen Tagen waren für die Biskaya alle drei Faktoren in ausreichendem Maße gegeben. Es gab über mehrere Stunden Windgeschwindigkeiten zwischen Sturm- und Orkanstärke, die aus westlicher Richtung über den Nordatlantik fegten. Dies alles führte zu einer sogenannten ausgereiften See. Die See gilt als ausgereift, wenn eine Erhöhung der Wirkdauer und der Streichlänge zu keinem höheren Seegang führen würde.

DWD Wie hoch sind die Wellen

Der Seegang, der in Abbildung 1 abgelesen werden kann, ist die sogenannte signifikante See. Der signifikante Seegang oder die signifikante Wellenhöhe ist eine Größe, die in ihrer Definition erst mal sehr theoretisch klingt. In der Praxis lässt sich dieser aber für geübte Seefahrer gut beobachten. Laut Definition ist der signifikante Seegang die mittlere Wellenhöhe des höchsten Drittels aller Wellen in einem Seegebiet. Dabei ist das Seegebiet mindestens 10 auf 10 Kilometer groß. Die Wellen werden zudem in einem repräsentativen Zeitraum beobachtet. Das heißt, wenn man 300 Wellen beobachtet, werden die kleinsten 200 Wellen ignoriert. Aus den höchsten 100 Wellen wird der Mittelwert gebildet.

Bei längerer Betrachtung des Wellenbildes auf See kann man mehrere Wellen beobachten. Zum einen gibt es die Windsee. Das sind die Wellen, die direkt von der Kraft des Windes generiert werden und sich immer in Windrichtung ausbreiten. Da es Schwankungen in der Windgeschwindigkeit gibt, weist die Windsee selbst bereits eine Wellenverteilung auf. Keine Welle gleicht exakt der anderen. Zum anderen sieht man unter Umständen auch Dünungswellen, die aus unterschiedlicher Richtung und mit unterschiedlichen Wellenlängen kommen können. Die Dünung ist quasi eine “alte” Windsee. Von entfernten Sturmgebieten laufen die Dünungswellen unabhängig von der Windrichtung über das Meer. Dünungswellen sind zudem in ihrer Höhe unabhängig vom lokalen Wind vor Ort. Alle Wellen zusammen ergeben ein Wellenspektrum. Wenn man die Wellenhöhen des Spektrums zusammenträgt, ergibt sich eine Verteilung der Wellenhöhen, die in etwa einer Rayleigh-Verteilung entspricht (Abbildung 2).

DWD Wie hoch sind die Wellen 1

Nach der theoretischen Rayleigh-Verteilung der Wellenhöhen sind also ein Großteil der tatsächlich auftretenden Wellen niedriger als der signifikante Seegang und nur wenige Wellen höher. Doch warum wird dann trotzdem der signifikante Seegang als Mess- und Vorhersagegröße herangezogen?

Operationelle Seegangsmessungen erfolgen mit verschiedenen Messinstrumenten beispielsweise an festen Bauwerken wie Offshore-Windenergieanlagen oder Ölplattformen. Traditionell gibt es auch Seegangsmessbojen die ihre Daten an Land funken. Zudem erfolgt die Beobachtung von Seegang noch manuell von erfahrenen Seeleuten auf Schiffen. Bei allen Beobachtungs- und Messmethoden wird zum einen der signifikante Seegang, wie auch die maximale Wellenhöhe erfasst. Dies wird bereits seit Jahrzehnten so praktiziert, sodass der signifikante Seegang zu einer Größe wurde, unter der sich jeder Seemann was vorstellen konnte. Der Theorie zu Folge lässt sich mit dem signifikanten Seegang auch die maximalen Einzelwellen und ihre Wahrscheinlichkeit ableiten. Jede hundertste Welle ist etwa 60 Prozent höher als die signifikante Wellenhöhe, jede tausendste Welle ist 80 Prozent höher. Gibt es in einem Seegebiet Kreuzsee, kann sich die Verteilung der Wellen nach rechts verschieben. Das heißt, wenn Windsee und Dünung im senkrechten Winkel aufeinandertreffen, kommt es häufiger zu höheren Einzelwellen, als es bei einer Rayleigh Verteilung statistisch möglich wäre. (siehe )

Nach der vielen Theorie, folgt jetzt der Blick auf die Praxis. Am vergangenen Donnerstag, den 02. November 2023 hat eine Boje vor der Küste Bretagne einen signifikanten Seegang von 11,7 Metern gemessen. Die höchste Welle maß um 20 Meter. Leider gab es einige Datenausfälle, was bei Bojen im Sturm häufiger vorkommt. Doch auch in der vergangenen Nacht hat die Messboje Oléron in der Biskaya knapp 10 Meter signifikante See gemessen. Dabei war die höchste Einzelwelle 18 Meter hoch. Ein Großteil der höheren Einzelwellen 14 bis 15 Meter hoch. In beiden Fällen entspricht die maximale Einzelwelle dem 1,8-fachem der signifikanten See. Der Großteil der Einzelwellen war 1,6 mal so hoch, wie die signifikante Wellenhöhe. Kreuzsee wurde an beiden Tagen nicht beobachtet. Es wäre schön, wenn Theorie und Praxis immer so gut übereinstimmen würden.

DWD Wie hoch sind die Wellen 2

MSc Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.11.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Nach dem Sturm ist vor dem Sturm!

Erst Orkantief EMIR (int: CIARAN) und nun Orkantief FRED. In Teilen von West- und Mitteleuropa ist momentan einiges los. Während am Donnerstag EMIR vor allem in Frankreich und Benelux teils für extreme Orkanböen über 150 Kilometer pro Stunde sorgte, rauscht am heutigen Samstag schon das nächste markante Tief heran.

Verantwortlich hierfür ist ein starker Polarfront-Jetstream über Westeuropa, welcher warme Luftmassen über den Subtropen von kalter Luft über den polaren Breiten trennt. Dieses Starkwindband befindet sich in einer Höhe von etwa 9 bis 10 Kilometern und ist vor allem im Spätherbst und im Winter besonders stark ausgeprägt. Zu dieser Jahreszeit sind Temperaturunterschiede zwischen den Polargebieten und den Subtropen besonders markant ausgeprägt, da durch die sehr kurzen Tage in den polaren Breiten sich dort eine großes Kältereservoir ausbildet, während die Subtropen auch im Winterhalbjahr noch relativ warme Luftmassen haben.

Aktuell befindet sich ein Jetstreak (Windgeschwindigkeitsmaximum innerhalb des Polarfront-Jetstream) über Südfrankreich mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 km/h (siehe Abbildung 1). Im Bereich von diesem Windband kommt es zu hohen horizontalen und vertikalen Geschwindigkeitsscherungen. Diese haben großen Einfluss auf Tiefdruckgebiete und können diese in einigen Fällen deutlich intensivieren. Momentan befindet sich Orkantief FRED über der Bretagne. Im Laufe des Wochenendes verlagert er sich in Richtung Mitteleuropa. Dabei kann sich FRED allerdings nicht mehr verstärken. Er füllt sich langsam auf und ist in der Vorhersage zu Wochenbeginn nur noch als schwaches Tief über Südskandinavien erkennbar. Grund dafür ist seine für die weitere Intensivierung ungünstige Position relativ zum Polarfront-Jetstream.

DWD Nach dem Sturm ist vor dem Sturm

Viele rasch entwickelnde Sturm- und Orkantiefs kreuzen den Jetstream. Ein Beispiel hierfür ist Orkantief Kyrill aus dem Jahre 2007, welches sich von der rechten Seite im Eingangsbereich des Starkwindbands auf die linke Seite des Ausgangbereiches verlagerte. Dabei kam es zu einer raschen Intensivierung, da in diesen Bereichen in der Höhe die Winde jeweils auseinanderströmen, wodurch es am Boden zu Druckfall kommt. KYRILL sorgte daraufhin in weiten Teilen Deutschlands bis ins Flachland für schweren Sturm, teils waren sogar auch in den Niederungen Orkanböen über 120 Kilometer pro Stunde dabei.

FRED kreuzte dagegen den Jetstream nicht und erreichte bereits vor Frankreich seinen Höhepunkt der Entwicklung. Die Zündung für seine starke Entwicklung über dem Atlantik war ein markanter nach Süden gerichteter Polarluftvorstoß im Bereich zwischen Grönland und Neufundland. Nun befindet sich der Sturm aber nördlich der Frontalzone. Dabei fehlt ihm der synoptische Antrieb. Deshalb wird sich FRED wie auch sein Vorgänger EMIR auf dem Weg in Richtung Mitteleuropa in den nächsten Tagen abschwächen.

Trotzdem werden am morgigen Sonntag in Süddeutschland Sturmböen bis in die Niederungen erwartet. Auf den Bergen des Schwarzwaldes und der Alpen weht der Wind teils sogar in Orkanstärke. Nähere Infos dazu gibt es auf unserer Warnseite(siehe “Weitere Informationen zum Thema”) oder in unserer Warn Wetter App.

M.Sc.-Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.11.2023
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Tief EMIR

Das Tiefdruckgebiet EMIR (international: CIARAN) liegt heute über der Nordsee und bringt dem Nordwesten und Westen noch steife bis stürmische Böen. Auch im höheren Bergland treten einzelne stürmische Böen oder Sturmböen auf. Details zur Entstehung des Tiefdruckgebietes und seiner Zugbahn vom Atlantik nach Westeuropa wurden bereits am Mittwoch im Thema des Tages behandelt (siehe ).

Bereits am Mittwoch frischte der Wind an der Biskaya und am Ärmelkanal signifikant auf. Bis zum Abend gab es erste Sturmböen, vereinzelt auch orkanartige Böen an der Westküste Frankreichs. In der Nacht zum Donnerstag traten in der Bretagne und Normandie Orkanböen, teils mit mehr als 170 Kilometer pro Stunde auf. In Pointe du Raz (West-Bretagne) wurde eine Böe von 207 km/h gemessen. Der Rekord liegt dort bei 216 km/h und stammt aus dem Jahre 1987. Auf der Insel Île de Batz (nördliche Bretagne) wurde mit einer Böe von 195 km/h ein neuer Windrekord aufgestellt. Der alte Rekord lag bei 173 km/h und wurde 1988 aufgestellt. Auch im Ort Lannion in der Bretagne im Département Côtes-d’Armor wurde mit einer Böe von 158 km/h der alte Rekord von 137 km/h aus dem Jahre 1999 deutlich überschritten.

Etwas weniger windig war es auf britischer Seite des Ärmelkanals. Dort wurden in Cornwall “nur” orkanartige Böen bis 115 km/h registriert. Die gab es am Donnerstag auch an weiteren Abschnitten des Ärmelkanals auf französischer Seite. In Boulogne-sur-Mer wurde eine Orkanböe von 125 km/h gemessen. An der niederländischen und belgischen Nordseeküste traten verbreitet Sturmböen und schwere Sturmböen auf.

In Deutschland frischte der Südwestwind in der Nacht zum Donnerstag auf und brachte in der Eifel bereits am frühen Morgen eine orkanartige Böe von 104 km/h. Sonst lagen die Windböen in der Nacht meist zwischen 60 und 70, in Nordrhein-Westfalen teils bei 80 Kilometer pro Stunde. Bis zum Mittag frischte der Wind in der gesamten Westhälfte deutlich auf und erreichte teils Sturmstärke, im Bergland gab es zunehmend schwere Sturmböen, auf dem Brocken Orkanböen. Am Abend ließ der Wind sukzessive nach.

Ausgewählte Spitzenböen in Deutschland am Donnerstag, 02.11.2023:

Ort/Station

Windgeschwindigkeit in km/h

Brocken/Sachsen-Anhalt 142
Kall-Sistig/Nordrhein-Westfalen 104
Wasserkuppe/Hessen 97
Aachen-Orsbach/Nordrhein-Westfalen 93
Essen-Bredeney/Nordrhein-Westfalen 86
Werl/Nordrhein-Westfalen 86
Neu-Ulrichstein/Hessen 85
Düsseldorf/Nordrhein-Westfalen 83
Eisenach/Thüringen 81
Norderney/Niedersachsen 81
Alfeld/Niedersachsen 80
Trier-Petrisberg/Rheinland-Pfalz 76

Derzeit gilt: Nach dem Tief ist vor dem Tief und so ist es nicht verwunderlich, dass bereits eine neue Depression über dem Atlantik auf dem Weg nach West- und Mitteleuropa ist. FRED wird am Wochenende dichte Wolken und Regen bringen. Auch der Wind wird wieder auffrischen. Diesmal sind vor allem die Mitte und der Süden Deutschlands betroffen, das Starkwindfeld zieht nach derzeitiger Modelllage über die Südhälfte hinweg. Dabei treten stürmische Böen auf, vereinzelt auch Sturmböen. Im Bergland sind schwere Sturmböen bis hin zu orkanartigen Böen möglich. Nach Norden und vor allem Osten hin ist der Wind schwächer. Allerdings können an den Küsten auch steife bis stürmische Böen auftreten.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.11.2023
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Der EMIR kommt! – oder: Orkan CIARAN formiert sich!

Der November macht in Deutschland da weiter, wo der Oktober aufgehört hat: Tiefdruckeinfluss. Genau genommen handelt es sich um einen Tiefdruckkomplex westlich der Britischen Inseln, der sich bis in die Labradorsee erstreckt und am heutigen Mittwoch zunächst der Nordwesthälfte und ab dem Abend auch den Südwesten mit Regenwolken versorgt.

So gefährlich wie interessant in den nächsten 24 Stunden wird dabei ein kleinräumiges Tief, das gestern Mittag noch knapp östlich von Neufundland lag mit einem Kerndruck von rund 1000 hPa. Es “hört” auf den Namen EMIR beziehungsweise im internationalen Kontext auch auf CIARAN und konnte am Südrand des angesprochenen Tiefdruckkomplexes richtig Gas geben – sowohl was die zurückgelegte Strecke, als auch die Verstärkung angeht. Heute Mittag befindet es sich bereits über dem Ostatlantik, südwestlich von Irland mit einem Kerndruck von etwa 970 hPa und weitere zwölf Stunden später, also gegen Mitternacht, dürfte es mit etwas über 950 hPa den Ärmelkanal erreichen. Von dort zieht das Tief mit seinem Kern über die Südküste Englands hinweg ost-nordostwärts und erreicht in den Mittagsstunden des Donnerstags die Nordsee, wo es sich dann mehr und mehr abschwächt.

In der Folge muss ab der kommenden Nacht an der französischen Küste sowie an der englischen Südküste verbreitet mit Böen bis Orkanstärke gerechnet werden. Besonders heftig wird es nach aktuellem Stand die Bretagne treffen, wo an der Küste 150 bis 170 km/h, an exponierten Stellen vielleicht sogar noch etwas mehr, erwartet werden. Dort dürften auch noch bis weit ins angrenzende Binnenland Orkanböen auftreten. Extreme Orkanböen über 140 km/h drohen dann auch an den Küstenabschnitten der Normandie und eventuell auch der Region Hauts-de-France. Das dies natürlich massive Auswirkungen auf die dortige Infrastruktur haben wird, kann man sich leicht vorstellen. Im weiteren Verlauf sind dann die belgische und niederländische Küste betroffen, wo aufgrund des ablandigen Winds (Wind vom Land in Richtung See) und der allmählichen Abschwächung des Tiefs wohl “nur noch” schwere Sturm- bis Orkanböen zu erwarten sind (90 bis 120 km/h).

DWD Der EMIR kommt oder Orkan CIARAN formiert sich 1

Daneben ist auch der Niederschlag ein Thema. Es werden kräftige und zum Teil langanhaltende Regenfälle erwartet, die vor allem im Nordwesten Frankreichs und im Süden Englands aufgrund der bereits gesättigten Böden zu Überschwemmungen führen können. Zudem wird natürlich auch ein sehr hoher Wellengang erwartet. Vor der Küste der Bretagne kann die signifikante Wellenhöhe bei zum Teil deutlich über 10 m liegen.

Auf uns in Deutschland greift das Windfeld von EMIR am Donnerstag zwar ebenfalls über, aber nur in stark abgeschwächter Form. Trotzdem dürfte es nach aktuellem Stand vor allem von der Nordsee bis ins Saarland und im Bergland durchaus stürmisch werden. In Zahlen umgemünzt bedeutet dies dort Böen in etwa zwischen 60 und 75 km/h, im Bergland sowie in exponierten Lagen auch bis 85 km/h. Auf den Mittelgebirgsgipfeln, an exponierten Küstenabschnitten der Nordsee und am Nordrand der Eifel würden auch einzelne schwere Sturmböen bis 100 km/h nicht verwundern. Böen bis Orkanstärke beschränken sich allenfalls auf den Brocken, den Feldberg im Schwarzwald und föhnbedingt eventuell auch auf hohe Alpengipfel. Entsprechende Warnungen dazu werden in den heutigen Abendstunden ausgegeben.

Und auf CIARAN folgt eine nachhaltige Wetterberuhigung? Nein! Es geht munter weiter auf dem Nordatlantik in Sachen Tiefdrucktätigkeit. Am Westrand des Tiefdruckkomplexes um CIARAN entwickelt sich neues Sturmtief, das in der Nacht zum Freitag der spanischen und dem Süden der französischen Atlantikküste Orkanböen bringt. Vor der Ostküste der USA formiert sich aktuell ebenfalls ein Sturmtief. Es zieht im Lauf dieser Woche über den Atlantik und könnte am Samstag erneut vor allem an der französischen Atlantikküste für Orkanböen sorgen.

Auch bei uns in Deutschland bleibt es in den kommenden Tagen im Großen und Ganzen wolkenreich, unbeständig und zeitweise windig bis stürmisch – alles aber kein Vergleich zu dem, was sich in Westeuropa abspielt.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.11.2023
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Föhn vs. “Gruselwetter”

Ob am heutigen Halloween-Dienstag wirklich Gruselwetter herrscht, ist sicherlich Geschmackssache. Von Herbstwetter kann man aber definitiv sprechen. Viele Wolken, immer wieder mal Regen und windig – so lässt sich das Wetter nicht nur für heute, sondern im Großen und Ganzen auch für die kommenden Tage zusammenfassen. Eine Ausnahme bilden dabei das Alpen- und Erzgebirgsvorland am Mittwoch und zum Teil auch am Donnerstag. Auf der Ostflanke eines Tiefdruckkomplexes bei den Britischen Inseln sorgt Föhn für weitgehend trockene Verhältnisse und immer wieder auch sonnige Abschnitte.

Ist von Föhn die Rede, wird schnell das (vielleicht auch schon etwas eingestaubte) Schulwissen herausgekramt: Luft trifft auf ein Gebirge und wird zum Aufsteigen gezwungen. Dabei kühlt sie um 1 Kelvin pro 100 m ab. Irgendwann bilden sich Wolken und es beginnt zu regnen, wobei die Luft nun nur noch mit 0,65 Kelvin pro 100 m Aufstieg abkühlt. Am Gipfel angekommen, strömt die Luft auf der Leeseite, also der windabgewandten Seite des Gebirges, herab und erwärmt sich dabei, wodurch es zur Wolkenauflösung kommt. Die Erwärmung beim Abstieg erfolgt nun durchweg mit 1 K pro 100 m.

DWD Foehn vs. Gruselwetter

Bei diesem Prozess spricht man von der klassischen Föhntheorie. Jetzt gibt es allerdings ein Problem: Wie eine Studie zeigt, gehen zum Beispiel in Innsbruck mindestens 50 % der dort untersuchten Föhnfälle ohne Niederschläge einher. Zu einem geringen Teil kam es sogar nicht einmal zur Wolkenbildung. Irgendwie blöd, oder?

Gut, dass es – neben zahlreichen weiteren Theorien – die hydraulische Föhntheorie gibt. Bei ihr geht man davon aus, dass die Luft, die auf ein Gebirge trifft, nicht aufsteigt, sondern geblockt wird und im Luv (also auf der windzugewandten Seite des Gebirges) liegen bleibt und langsam auskühlt. Die im bzw. oberhalb des Bergkammniveaus heranströmende, deutlich trockenere Luft fällt dagegen nach Überquerung des Gebirgskamms ins Tal ab und erwärmt sich dabei um 1 K pro 100 m. Das kann man sich vorstellen wie in einem randvollen Stausee, bei dem nur die oberste Wasserschicht über die Staumauer in die Tiefe schwappt.

DWD Foehn vs. Gruselwetter 1

Stellt sich noch die Frage, wie es zu den mitunter hohen Windgeschwindigkeiten auf der Leeseite eines Gebirges kommt. Betrachten wir daher einfach mal ein Luftpaket, das gerade über dem Gipfel angekommen ist. Dieses Paket besitzt eine gewisse Energie, die sich hauptsächlich aus seiner Lage- und seiner Bewegungsenergie zusammensetzt. Die Lageenergie hängt dabei von der Höhe (also der vertikalen Lage) des Pakets ab und die Bewegungsenergie stark von dessen Geschwindigkeit. Strömt das Paket nun den Berg hinab, nimmt seine Höhe und damit auch seine Lageenergie ab. Da seine Gesamtenergie aber gleichbleiben muss (Stichwort Energieerhaltung), muss im Umkehrschluss seine Bewegungsenergie zunehmen und damit seine Geschwindigkeit.

Verstärkt werden kann dieser Effekt u.a. noch durch das Gelände. Muss unser Luftpaket unterwegs noch einen engen Gebirgspass durchströmen, entsteht eine Art Düseneffekt (Stichwort Venturi-Effekt) und es kann vorübergehend noch einmal deutlich mehr Gas geben.

Diese Beschreibung wurde an dieser Stelle natürlich nur sehr grob gehalten. Deutlich detailliertere Informationen zu dieser und weiteren Föhn-Theorien finden Sie in unserem Wetterlexikon unter.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.10.2023

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Küstensturm im Herbst – alles wie immer?

Nach langer, überdurchschnittlicher Wärmeperiode, die teils neue Temperaturrekorde mit sich brachte, liegt jetzt auch schon die erste herbstliche Phase mit nennenswerten Nachtfrösten hinter uns. Begünstigt wurde diese durch Hoch „Verena”, das für sternenklare Nächte in trockener Polarluft mit entsprechend niedrigen Temperaturen gesorgt hat. Doch damit ist es jetzt auch schon wieder vorbei.

Auf dem Atlantik herrscht rege Tiefdruckaktivität, und diese macht sich auch in Deutschland bemerkbar. Zentraler Taktgeber ist hier zunächst Tief „Viktor” (international auf den Namen „Babet” getauft), das sich als Doppelgebilde mit zwei Kernen von der Biskaya bis nach Großbritannien und Irland erstreckt. Dabei wird eine Menge milder Luft aus Südwesten nach Deutschland geschaufelt, die dem oft sonnigen und ruhigen Herbstwetter der letzten Tage den Garaus macht. Denn Tief „Viktor” ist noch lange nicht fertig – im Gegenteil: Es wird sich in den nächsten Tagen noch verstärken und als komplexes Gebilde mit immer neuen Tiefdruckzentren entlang der Nordseeküste nordwärts Richtung Niederlande und Ärmelkanal ziehen. Mit im Gepäck ist dabei zunächst jede Menge Regen. Beginnend im Südwesten zieht im Laufe der kommenden Nacht zum Donnerstag ein frontaler Ausläufer nordostwärts über Deutschland hinweg und sorgt vielerorts für erstes Nass von oben.

DWD Kuestensturm im Herbst – alles wie immer

Am Donnerstag geht es dann munter weiter mit den Niederschlägen. Zum einen regnet es dann im Norden weiter, zum anderen kommen im Südwesten gleich die nächsten Niederschläge nach, die diesmal recht kräftig ausfallen können, und sogar für das ein oder andere kurze Gewitter gut sind. Diese Niederschläge sind aber nur ein Aspekt. Im Auge sollte man vor allem den Wind behalten, denn der spielt diesmal eine ungewöhnliche Rolle. Denn „Viktor” hat einen mächtigen Gegenspieler: Hoch „Wiebke” über Skandinavien. So kräftig, wie sich „Viktor” entwickelt, so kräftig hält „Wiebke” im Norden dagegen. Die Folge: Es baut sich ein mächtiger Luftdruckgegensatz  vom Ärmelkanal bis nach Südschweden bzw. –norwegen auf. Dementsprechend nimmt in den nächsten Stunden und Tagen der Wind auch an der deutschen Küste zu. Und hier liegt die Krux: Das Hoch liegt im Norden, das Tief im Süden. Das heißt nichts anderes als dass der Wind, anders als sonst, aus Osten kommt! Und das nicht zu knapp: Bereits am morgigen Donnerstag erreicht er Sturmstärke mit Böen Bft 8-9, in Ostholstein und der Lübecker Bucht vereinzelt sogar schon schweren Sturm mit Bft 10.

DWD Kuestensturm im Herbst – alles wie immer 1

In der Nacht zum Freitag legt der Sturm dann nochmal eine ordentliche Schippe drauf und erreicht im Laufe des Freitags seinen Höhepunkt mit einzelnen, aber wiederholt auftretenden orkanartigen Böen der Stärke Bft 11 an der Ost-, aber auch der Nordsee, wo besonders die Insel Helgoland einiges abbekommen dürfte. Auf der offenen See sind dabei sogar Orkanböen, also Stärke Bft 12, denkbar (siehe Modellprognose in).

Die anstehende Sturmlage wird also eine recht ungewöhnliche Geschichte. Betroffen sind diesmal Gegenden, die normalerweise bei Sturmlagen eher wenig abbekommen. Besonders beachtenswert ist hierbei auch das zu erwartende und sonst eher selten auftretende Ostseehochwasser. Dabei werden die Höchststände teilweise über einen Meter nach oben abweichen, und das bereits am Donnerstag. Am Freitag dürften vermutlich noch höhere Wasserstände erreicht werden. Betroffen sind hier vor allem die Küstenregionen zwischen Lübecker Bucht und Schlei, die genau frontal im Ostwind liegen. Aber auch entlang der restlichen Ostseeküste ist mit nennenswertem Hochwasser zu rechnen.

DWD Kuestensturm im Herbst – alles wie immer 2

M.Sc Felix Dietzsch (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.10.2023
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Vom Oktobersommer mit Vollgas in den Vollherbst

Die T-Shirts und kurzen Hosen können eingemottet werden. Dafür müssen nur warme Klamotten und eventuell sogar Schal und Mütze aus dem Schrank gekramt werden. Schuld daran ist eine markante Wetterumstellung. Während seit Wochen fast ununterbrochen ungewöhnlich warme Luftmassen in weiten Teilen des Landes vorherrschend waren, erfolgt nun eine 180-Grad-Wende. Schuld daran ist eine markante Kaltfront, zugehörig zu einem Tief über der nördlichen Ostsee, die die sehr warme Luftmasse subtropischen Ursprungs verdrängen konnte. Auf der Rückseite der Kaltfront fließt Meeresluft polaren Ursprungs ein. Die einfließende Luftmasse ist dabei etwa 15 Grad kälter als die Luftmasse der vergangenen Tage.

DWD Vom Oktobersommer mit Vollgas in den Vollherbst

Dies zeigt sich auch deutlich bei den Höchstwerten. Während am Freitag im Süden des Landes der späteste heiße Tag (Höchstwert über der 30-Grad-Marke) der in Deutschland seit Messbeginn jemals registriert wurde, auftrat, reicht es dort am Sonntag maximal noch für Höchsttemperaturen um 15 Grad. Die Spitzenreiter des gestrigen Freitags waren nach derzeitigem Stand Rheinfelden und Müllheim (jeweils Baden-Württemberg) mit 30,1 Grad. In einigen Orten des Südens wurde sogar ein neuer Monatsrekord verzeichnet und das Mitte Oktober, was doch recht ungewöhnlich ist. Der Allzeitoktoberrekord mit 30,9 Grad in Müllheim vom 07.10.2009 wurde dabei nur knapp verfehlt.

Fast noch eindrucksvoller waren die Tiefstwerte der vergangenen Nächte. In der Nacht zum heutigen Samstag lagen die vorläufigen Minima lokal nicht unter der 20-Grad-Marke, was einer Tropennacht entspricht. Beispielsweise war dies in Cottbus (Brandenburg) mit 20,8 Grad, Schipkau-Klettwitz (Brandenburg) mit 20,7 Grad und Dresden-Klotzsche (Sachsen) mit 20,5 Grad der Fall. Dabei ist der Wert aus Cottbus nach derzeitigem Stand das höchste Minimum, das jemals in Deutschland im Oktober gemessen wurde.

Dass der Temperatursturz mit ordentlich Wind einherging, erklärt sich fast von selbst, denn irgendwie müssen die immensen Temperaturunterschiede ja ausgeglichen werden. An und vor der Kaltfront kam es verbreitet zu stürmischen Böen und Sturmböen. An der Küste traten teils auch schwere Sturmböen auf. Die Station Darßer Ort (Mecklenburg-Vorpommern) meldete in der Nacht zum Samstag sogar eine orkanartige Böe mit 112 km/hBft 11. Im Küstenumfeld bleibt der Wind auch in den kommenden Tagen noch stürmisch und weht aus West bis Nordwest. Auch sonst lebt er am Sonntag im Nordosten nochmals deutlich auf. In den anderen Landesteilen bleibt der Wind zwar spürbar, aber bei weitem nicht so kräftig wie in der vergangenen Nacht und heute tagsüber.

Am Sonntag zieht über die Nordosthälfte des Landes ein Höhentief hinweg und sorgt dort für sehr wechselhaftes Wetter samt Regen- und Graupelschauern, die im Umfeld der Küsten mitunter gewittrig sein können. In den anderen Landesteilen macht sich bereits eine schwache Hochdruckbrücke bemerkbar, die von den Britischen Inseln über Mitteleuropa bis in den Balkan reicht. Dabei gibt es einen freundlichen Mix aus Sonne und Wolken, Schauer sind eher selten. Nur am Alpenrand regnet es noch etwas häufiger. Mit 8 bis 15 Grad wird es herbstlich kühl. In der Nacht zum Montag droht dann gebietsweise Luftfrost, weshalb empfindliche Pflanzen nun definitiv ins Warme gebracht werden müssen!

Zum Beginn der neuen Woche beruhigt sich das Wettergeschehen dann verbreitet, denn das Höhentief verabschiedet sich nach Nordosteuropa und Deutschland liegt dann fast vollständig unter der Hochdruckbrücke. Nur im Küstenumfeld bleibt es leicht wechselhaft. Insgesamt bleibt die Luftmasse kühl, sodass die Höchstwerte meist unter 15 Grad liegen werden. Exemplarisch dafür ist im nachfolgenden Bild der Temperaturverlauf für die Städte Frankfurt am Main, Berlin und München dargestellt.

DWD Vom Oktobersommer mit Vollgas in den Vollherbst 1

Der herbstliche Wettercharakter wird außerdem dadurch unterstrichen, dass sich Nebel- und Hochnebelfelder mitunter nur sehr zögerlich auflösen. Inwiefern zur Wochenmitte wieder Tiefdruckeinfluss die Oberhand gewinnt, muss noch abgewartet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt deuten sich allerdings von Südwesten teils länger anhaltende Regenfälle an. Eins ist auf jeden Fall gewiss, der Sommer 2023 ist Geschichte.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.10.2023
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Jahreszeitenwirrwarr

Der Blick in den Kalender verrät eindeutig: Es ist Herbst – sowohl kalendarisch als auch meteorologisch und das schon seit ein paar Wochen. Der Blick aus dem Fenster beziehungsweise auf das Thermometer lässt aber anderes vermuten und eher sommerliche Gefühle aufkommen. Doch der Herbst wird sich letztlich auch in unserem Bewusstsein durchsetzen, klar. Die Frage ist nur, wann diesem Wirrwarr ein Ende gesetzt wird?

Am heutigen Mittwoch auf jeden Fall noch nicht. Zwar sorgt eine auf den Norden übergreifende Kaltfront dort im Tagesverlauf für zum Teil kräftige Regenfälle und einiges an Wind, die Temperatur bleibt mit Höchstwerten um 20 Grad aber im sehr milden Bereich. Sommerlich warm bei viel Sonnenschein ist es dagegen oftmals in der Mitte und im Süden des Landes bei in der Spitze um 25 Grad. Am Oberrhein sind örtlich sogar 28 Grad drin!

DWD Jahreszeitenwirrwarr 2

Der Donnerstag geht dann schon eher in Richtung Herbst. Die “Mittwochs-Kaltfront”, die zu einem Nordmeer- beziehungsweise dann Skandinavientief gehört, kommt bis in die Mitte voran und bringt einiges an Regenwolken und auch spürbar kühlere Luft mit sich. Immerhin werden in der Mitte und dem Norden kaum noch 20 Grad erreicht. Der Süden, genauer gesagt der äußerste Süden bleibt dagegen standhaft: Bei viel Sonnenschein wird dort örtlich nochmals ein Sommertag (25 Grad und mehr) eingeheimst.

DWD Jahreszeitenwirrwarr 3

Startet der Herbst nun auch (endlich) beim Wetter durch? Nein, noch nicht! Ein Tiefdruckkomplex, der sich vom nahen Ostatlantik bis ins Nordmeer erstreckt, pumpt am Freitag noch einmal warme Luft aus Südwesten nach Deutschland. Die Folge: Wieder ein deutlicher Temperaturanstieg auf verbreitet über 20 Grad und im Süden auf vielfach 25 bis 28 Grad. Am Oberrhein könnten sogar knapp 30 Grad erreicht werden, was einen neuen Temperaturrekord für die zweite Oktoberdekade zur Folge hätte. Diesen hat derzeit noch die mittlerweile nicht mehr aktive Station Bad Reichenhall inne. Am 15.10.2000 wurden dort 28,9 Grad gemessen.

Am Samstag schlägt dann aber die Stunde des Herbsts: Die nächste Kaltfront – die am Freitag bereits dem Nordwesten einen windigen und regnerischen Tag beschert – überquert Deutschland südostwärts mit zum Teil kräftigen Regenfällen und sorgt nun wohl nachhaltig für eine deutliche Abkühlung. Sind am Samstag nur noch im Süden und Südosten über 20 Grad drin, werden ab Sonntag bundesweit wahrscheinlich nicht einmal mehr 15 Grad erreicht. In den Nächten wird dann Bodenfrost ein Thema, im Bergland könnte es lokal sogar zu leichtem Luftfrost reichen.

DWD Jahreszeitenwirrwarr 4

Ab etwa Mitte der Woche deutet sich dann zwar wieder eine allmähliche Erwärmung an. Ob die aber ausreicht, um nochmals sommerliche Gefühle zu wecken, ist fraglich. Aber mal ehrlich: So langsam wird’s Zeit, dass sich Kalender und persönliches Empfinden einig werden, oder?

Dipl.-Met.: Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.10.2023
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Geteiltes Wetter in Deutschland

Tief “Patrick” liegt heute über Westrussland. Von ihm geht dabei eine Kaltfront aus, die sich quer vom Osten bis in den Nordwesten Deutschlands erstreckt und in die Luftmassengrenze von Tief “Quiron” übergeht, welches derzeit mit seinen Tiefkernen im Nordostatlantik zu finden ist. Diese Luftmassengrenze sorgt jedoch nicht nur für viele Wolken und etwas Regen, sie trennt auch zwei unterschiedlich temperierte Luftmassen.

DWD Geteiltes Wetter in Deutschland

Der Süden und Südwesten Deutschlands befinden sich in einer sogenannten “maritimen Subtropikluft” (kurz:  ). In der feuchten und für die Jahreszeit ungewöhnlich milden Luft können die Höchstwerte am heutigen Sonntag auf bis zu 27 Grad ansteigen. Das spätsommerliche Wetter zieht die Menschen für unzählige Unternehmungen ins Freie und lädt noch einmal zum Sonne tanken ein vor dem Anbruch der dunkleren Jahreszeiten.
Im Nordosten hält dagegen eine “maritim erwärmte Subpolarluft” (kurz:) Einzug. Diese kann eher als deutlich kälter charakterisiert werden. Zwar scheint dort ebenfalls die Sonne, es weht allerdings eine deutlich kältere Brise um die Nasenspitze. Dort liegen die Höchstwerte am Sonntagnachmittag lediglich bei 12 bis 14 Grad. Dazwischen zeigen sich heute viele Wolken und zeitweise etwas Regen am Himmel.

DWD Geteiltes Wetter in Deutschland 1

Bereits in der vergangenen Nacht konnte man ein starkes Temperaturgefälle wahrnehmen. In Teilen der Mitte bis in den Südosten Deutschlands verhinderten dichte Wolken die nächtliche Ausstrahlung. Somit sanken die Temperaturen dort im Nachtverlauf nicht allzu stark ab. Auch hier wird die ungewöhnliche Milde der Luftmasse deutlich: Die Tiefsttemperatur an der Station München-Stadt lag bei 17,1 Grad, in Holzkirchen (ebenfalls Bayern) wurde sogar ein (vorläufig) neuer Stationsrekord mit 16,8 Grad aufgestellt. Das heißt, noch nie lagen die Tiefstwerte in einer Oktobernacht in Holzkirchen so hoch wie in der vergangenen.
Mehr als 15 Grad kälter und somit deutlich besser zum statistischen Mittel eines Oktobertages passend war es hingegen im Nordosten. Dort wurde an der Station Barth in Mecklenburg-Vorpommern eine Tiefsttemperatur von 1,4 Grad gemessen. Und auch an der benachbarten Station Steinhagen-Negast war es mit 2,0 Grad nicht signifikant wärmer. In Bodennähe (also in 5 Zentimeter über dem Erdboden gemessen) kam es an diesen Stationen sogar zu leichtem Frost um -1 Grad.

Wie geht es nun weiter mit der Wetterteilung?
In den kommenden Tagen wird die quer über Deutschland liegende Luftmassengrenze auch weiterhin den Norden und Osten beeinflussen. Zeitweise muss dort neben dichten Wolken mit etwas Regen gerechnet werden. Der äußerste Nordosten bleibt zunächst noch in der kalten Subpolarluft. Im Süden und Südwesten scheint sich ebenfalls nur wenig zu bewegen: Dort scheint häufig die Sonne und auch die Höchstwerte bleiben im Südwesten teils sommerlich warm mit über 25 Grad.

Erst zum Mittwoch zieht die Luftmassengrenze vorübergehend nach Norden hin ab, sodass mit Ausnahme des äußersten Nordens in vielen Teilen des Landes die Sonne zum Vorschein kommt. Dabei liegen die Höchstwerte im Norden um 19 Grad, in der Mitte und im Süden werden 23 bis 28 Grad erreicht.
Allerdings kündigt der am Mittwoch im Norden teils stürmisch auffrischende Wind das nächste Frontensystem an. Ausgehend von einem Tiefdruckkomplex, der sich von der nördlichen Ostsee bis ins Europäische Nordmeer erstreckt, greift eine Kaltfront im Tagesverlauf auf den Norden über und breitet sich in der Nacht zum Donnerstag bis in mittlere Landesteile aus. Den Süden scheint diese Luftmassengrenze jedoch nach den aktuellen Wettermodellrechnungen nicht zu erreichen. Dort sollte sich am Donnerstag und Freitag bei zeitweiligem Sonnenschein weiterhin die ungewöhnlich milde Luft halten können.

MSc.-Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

(Un)Wetterwarnungen des DWD – Teil 1: Weshalb sind sie notwendig?

Sicher haben Sie schon oft im Radio oder am Ende der TV-Nachrichten Sätze wie “Es bestehen aktuelle Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes vor schweren Gewittern in Teilen von Nordrhein-Westfalen” oder “Der Deutsche Wetterdienst warnt vor ergiebigem Dauerregen an den Alpen” gehört. Die Rede ist dabei von Unwetterwarnungen, für die der Deutsche Wetterdienst (DWD) als Bundesbehörde zuständig ist. Die Information und Warnung der Bevölkerung vor Wettergefahren jeglicher Art ist eine der wichtigsten hoheitlichen Aufgaben im Geschäftsbereich “Wettervorhersage” des DWD. Es wird vor Wind/Sturm, Gewitter (inklusive Begleiterscheinungen), Stark- und Dauerregen, Nebel, Schneefall, Schneeverwehungen, Glätte/Glatteis und starkem Tauwetter gewarnt.

Wer braucht diese Warnungen?

Natürlich hängt dies stark vom Wetterereignis ab. Von großer Bedeutung sind Wetter- und Unwetterwarnungen für Organisatoren von Freiluftveranstaltungen. Nähert sich zum Beispiel dem Festivalgelände von “Rock am Ring” ein Gewitter, sind Warnungen des DWD ein wichtiger Bestandteil bei der Entscheidung, ob evakuiert werden muss oder ob weiterhin gefahrenlos der Rockband zugehört werden kann. Bei anderen Veranstaltungen kann insbesondere Wind und Sturm zum Problem werden. Durch eine rechtzeitige Warnung und darauffolgende Schutzmaßnahmen kann verhindert werden, dass Videoleinwände umstürzen oder dass Stehzelte weggeweht und dadurch Besucher in Gefahr gebracht werden. Doch nicht nur Großveranstalter sind auf präzise Wetterwarnungen angewiesen. Diese helfen auch der Feuerwehr bei der Einsatzplanung. Die Hochwasserschutzzentralen der Länder nutzen Warnungen vor ergiebigem Dauerregen oder starkem Tauwetter zur Einschätzung und Prognose möglicher Hochwasserereignisse. Im Winterhalbjahr geben Schnee- und Glättewarnungen Hinweise, wo Straßenmeistereien mit ihren Räum- und Streufahrzeugen ausrücken müssen.

Wetter- und Unwetterwarnungen sind zudem für jeden Bundesbürger wichtig, im Beruf wie in der Freizeit. Weiß Förster Sigmund Goldlaub (Namen fiktiv) zum Beispiel, dass es am Nachmittag stürmisch wird, wird er sicherheitshalber Waldarbeiten verschieben. Gleichzeitig muss das Wild nicht vor Jäger Klaus Rehschreck auf der Hut sein, da dieser wohl seine Jagd vertagt, um nicht selbst durch einen umstürzenden Baum das Zeitliche zu segnen. Auch für Gertrud Sommer, die ihren runden Geburtstag mit einer rauschenden Gartenparty feiern möchte, sind Wetterwarnungen nicht uninteressant. Drohen Gewitter mit Sturmböen, verzichtet sie vielleicht auf das Aufbauen eines Gartenzeltes und erstellt einen “Plan B”, falls pünktlich zum Fertigwerden der ersten Grillwürstchen Platzregen einsetzen sollte. Wird gar ein Orkan erwartet, kann Wolfgang Sturm rechtzeitig lose Gegenstände auf seinem Grundstück in Sicherheit bringen. Wie Sie sehen, sind (Un)Wetterwarnungen für unterschiedlichste Zielgruppen relevant – von Behörden über Großveranstalter bis hin zur Privatperson.

Welche Warnstufen gibt es?

Die Warnmeteorologen der regionalen Außenstellen und der Vorhersage- und Beratungszentrale im DWD geben Wetterwarnungen in farblich unterschiedlichen Warnstufen aus. Gelbe Warnungen (Stufe 1) sind eher als Wetterhinweis anzusehen. Mit größeren Schäden ist noch nicht zu rechnen. Dennoch bewahren sie uns vor wetterbedingten Überraschungen. So können beispielsweise Obstbauern und Winzer im Frühjahr bei einer Frostwarnung ihre Kulturen vor Frostschäden schützen und der Hobbygärtner weiß, wann er empfindliche Pflanzen ins warme Haus stellen sollte. Auch wenn die Auswirkungen bei gelben Warnungen meist gering sind, ahnen Pendler, die in manche schneearme Metropole fahren möchten, dass ihnen bei einer Warnung vor leichtem Schneefall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Verkehrschaos blüht ;-).

Besteht für Ihre Region eine orange/ocker Warnung (Warnung vor markantem Wetter, Stufe 2), kann es bereits zu Schäden und mehr oder weniger großen Auswirkungen kommen. Durch Sturmböen können Äste abbrechen und Gegenstände umherfliegen oder durch Stark- oder Dauerregen können Bäche über die Ufer treten und Straßen überschwemmt werden.

Geht es wettermäßig so richtig zur Sache, zieht der Warnmeteorologe – anders als beim Fußball – bereits VOR dem Ereignis die “rote Karte”, sprich: es wird eine Unwetterwarnung (Stufe 3) ausgegeben. Nun ist mit größeren Schäden an der Infrastruktur und Beeinträchtigen im öffentlichen Leben zu rechnen. Bei Gewittern sind diese meist nur räumlich sehr eng begrenzt, bei Durchzug eines Orkantiefs sind hingegen großflächig erhebliche Schäden wahrscheinlich. Erscheint sogar die Farbe dunkelrot (Stufe 4) auf der Warnkarte, wird für diese Region ein extremes und sehr schadensträchtiges Unwetter erwartet. Dies ist aber glücklicherweise eher selten der Fall und betrifft meist nur kleine Regionen.

Im 2. Teil erfahren Sie mehr über den Weg vom ersten Hinweis auf ein gefährliches Wetterereignis bis hin zur konkreten Gemeinde-genauen Warnung.

DWD UnWetterwarnungen des DWD Teil 1 Weshalb sind sie notwendig

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst