Nach dem Hochwasser Rückkehr des Winters

Die Hochwasserlage in vielen Regionen Deutschlands bleibt besonders in der Mitte und im Nordwesten sehr angespannt und zunächst reißt die sehr nasse Witterungsphase nicht ab. Denn wir sind immer noch von Tiefs regelrecht umzingelt. Aber es gibt eine gute Nachricht: Ab Sonntag und vor allem ab nächster Woche baut sich zwischen den Britischen Inseln und Skandinavien ein kräftiges Hochdruckgebiet auf, das dann zunehmend auch das Wetter in Deutschland beeinflusst. Dabei dreht die Strömung von westlichen auf nordöstliche Richtungen. Somit gelangen deutlich kältere aber auch trockene Luftmasse zu uns.

DWD Nach dem Hochwasser Rueckkehr des Winters

Am heutigen Donnerstag zieht Tief ANNELIE zwar nach Osten ab, aber ein neues Tief BRIGITTA über dem Ärmelkanal steht schon Parat. Der Tag bleibt also in Deutschland sehr wechselhaft mit zahlreichen Schauern, die vor allem zwischen Nordrhein-Westfalen und Ostbayern unterwegs sind. Im Südwesten klingen sie allmählich ab und auch im Nordosten lassen die Niederschläge nach. Dort ist kältere Luft eingesickert, sodass zunehmend Schnee dabei ist. Die Tageshöchstwerte liegen zwischen 0 Grad an der Grenze zu Dänemark und 11 Grad am Oberrhein. Dazu ist es vor allem in der Südhälfte und im Osten sehr windig mit starken bis stürmischen Böen in der Mitte und im Süden aus westlichen, im Nordosten aus nördlichen Richtungen.

In der Nacht zum Freitag erreichen die Regenwolken von Tief BRIGITTA den Nordwesten des Landes. Die Niederschläge gehen zwischen Hamburg und Magdeburg in Schnee über mit entsprechender Glättegefahr, denn im Norden und Nordosten liegen die Tiefstwerte zwischen 0 und -5 Grad. Auch im Süden kann es zu leichtem Frost kommen, denn der Himmel klart zeitweise auf und es bleibt dort trocken. Am mildesten ist es mit 7 Grad im Westen unter den dichten Wolken.

Am Freitag liegt Tief BRIGITTE mit seinem Kern zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und schwächt sich aber zunehmend ab. Zwischen Hamburg und Berlin und nördlich davon fällt leichter bis mäßiger Schneefall mit Neuschneemengen bis 10 cm. Ansonsten fällt nur Regen. Süddeutschland wird von einem Tief über Italien beeinflusst, dabei setzt an den Alpen und im Alpenvorland Regen ein. Die Schneefallgrenze liegt aber noch bei etwa 1000 m und sinkt erst in der Nacht zum Samstag bis in die Täler ab. Zwischen Main und Donau bleibt es meist niederschlagsfrei. Die Höchstwerte liegen zwischen -1 Grad im Norden und 10 Grad am Oberrhein. Der Wind weht mäßig bis frisch im Norden aus Ost und in der Mitte und im Süden aus West.

Am Wochenende macht sich das verstärkende Hoch nördlich von uns immer mehr bemerkbar. Die Strömung dreht auch in der Mitte und im Süden immer mehr auf Nord bis Nordost und die Kaltluft erreicht spätestens in der Nacht zum Sonntag den Süden des Landes. Die Niederschläge lassen in den geplagten Hochwassergebieten immer mehr nach und gehen in Schnee über. Im Süden kommt es teils zu kräftigen Schneefällen, dabei sind 10 bis 20 cm, an den Alpen bis 40 cm Neuschnee möglich.

Anfangs nächster Woche klingen die Schneefälle auch im Süden ab und ENDLICH werden in ganz Deutschland unter Hochdruckeinfluss keine Niederschläge mehr erwartet. Im Gegenzug herrscht aber vielerorts Dauerfrost und nachts gibt es vor allem im Süden auch strengen Frost. Der Winter kehrt zurück.

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Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.01.2024

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Turbulentes Wetter zum Jahresstart

Zunächst einmal Ihnen allen ein frohes neues Jahr, liebe Leserinnen und Leser! Sind Sie gut ins neue Jahr gekommen? Unsere Warnkarte startet auf jeden Fall gut gefüllt ins neue Jahr. Darin zu finden sind Warnungen vor zum Teil ergiebigem Dauerregen und Wind. Heute tagsüber steht dabei zunächst einmal der Wind im Fokus, der sich vor allem in der Mitte und dem Süden sehr lebhaft, im Bergland mitunter auch stürmisch präsentiert. Ansonsten zeigt sich das Neujahrswetter häufig von seiner unbeständigen und wolkenreichen Seite. Im Südosten laden dagegen weitgehend trockene Bedingungen und etwas Sonnenschein zu einem Neujahrsspaziergang ein.

DWD Turbulentes Wetter zum Jahresstart

Verantwortlich für unser Wetter ist dabei Tiefdruckkomplex COSTA über den Britischen Inseln – noch! Denn über dem Atlantik nähert sich langsam aber sicher Tief DIETMAR, dessen Ausläufer in der kommenden Nacht zum Dienstag mit teils kräftigem Regen auf Deutschland übergreifen. Verstärkt werden diese Regenfälle durch ein kleinräumiges Sturmtief, das sich am Südrand von DIETMAR formiert und in der Nacht zum Mittwoch bereits über der Nordsee liegt.

DWD Turbulentes Wetter zum Jahresstart 1

In der Folge kommt es ab der Nacht zum Dienstag bis in den Mittwoch hinein verbreitet zu teils kräftigem und vor allem in den Mittelgebirgen zu langanhaltendem und mitunter ergiebigem Regen. Mit Blick auf die aktuelle Hochwassersituation in Teilen Deutschlands sind das natürlich alles andere als gute Nachrichten. Aktuelle Infos dazu finden Sie übrigens unter. Kleiner Nebenschauplatz: In den östlichen Mittelgebirgen kann es zu Beginn der Niederschläge, also ab Dienstagfrüh, erst einmal ein paar Zentimeter Neuschnee geben, ehe sie beim Übergang in Regen wieder ruckzuck wegtauen.

Tja und das Sturmtief trägt den Wortteil “Sturm” nicht umsonst im Namen, denn an seiner Südflanke wird es am Dienstag und Mittwoch in weiten Teilen des Landes sehr windig bis stürmisch, auf den Bergen und an der Nordsee droht schwerer Sturm. Aber nicht nur an der Südflanke, auch an der Nord- beziehungsweise Nordostflanke des Tiefs wird es stürmisch, was hauptsächlich die Ostsee betrifft. Über Skandinavien thront nämlich ein kräftiges Hochdruckgebiet, sodass sich zwischen den beiden Druckgebilden ein kräftiger Druckgradient aufbauen kann.

DWD Turbulentes Wetter zum Jahresstart

Welchen Weg das Sturmtief danach einschlägt, ist noch sehr unsicher. Einig ist sich die Modellwelt dagegen, dass es sich im Laufe des Mittwochs langsam abschwächt. Von einer Wetterberuhigung kann man aber nicht wirklich sprechen, denn zum einen bleibt es auch am Mittwoch und Donnerstag weiterhin sehr unbeständig mit zum Teil kräftigen Schauern und zum anderen zum anderen wird es am Donnerstag im Süden noch einmal sehr windig.

Summiert man die Niederschlagsmengen von der kommenden Nacht zum Dienstag bis Donnerstag auf, so kommt man verbreitet auf 15 bis 30 l/qm, vom Südwesten bis in den Nordwesten und über Teilen der Mitte auf etwa 30 bis 50 l/qm und im Weststau mancher Mittelgebirge auf 50 bis 80 l/qm innerhalb von 48 bis 60 Stunden. Das muss allerdings noch nicht das Ende der Fahnenstange sein, denn in der Nacht zum Freitag soll nach jetzigem Stand bereits das nächste Tief mit Niederschlägen von Westen auf Deutschland übergreifen. Die genaue Zugbahn dieses Tiefs ist allerdings noch sehr unsicher, genauso wie die damit zusammenhängenden Niederschlagsschwerpunkte.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.01.2024
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Jahresvorausschau 2024

Tja, was 2024 mit sich bringt, ist eine gute Frage – insbesondere beim Wetter. Lassen Sie uns an dieser Stelle einfach mal wieder den Verstand ausschalten und vogelwild drauflos spekulieren – natürlich wie immer mit einem dicken Augenzwinkern 😉

Januar:
Wintereinbruch in Teilen Deutschlands. Zur Reduzierung von Materialverschleiß greifen bei der Heim-EM der Handballer einige Teams im Training auf Schneebälle zurück.

Februar:
Ob Fastnacht, Fasching, Karneval,
der Name ist doch sch…-egal.
Viel wicht’ger ist, ja sonnenklar:
Das Wetter, das wird wunderbar!

März:
Der DWD plant den operationellen Einsatz von KI in der Vorhersage für in 5 Jahren. “Das entspricht ja der aktuell erwarteten Restentwicklungszeit!” wird man in 8 Jahren feststellen.

April:
Ein Ruck geht durch Politik und Gesellschaft! Weltweit werden effektive Maßnahmen getroffen, dem menschgemachten Klimawandel gemeinsam und zügig entgegen zu wirken. – April, April…

Mai:
Kühles Schmuddelwetter in Deutschland, noch nie dagewesene Wärme in Nordosteuropa. Beim European Songcontest in Malmö zeigt das Außenthermometer selbst zu später Stunde noch über 20 °C. Icke Hüftgold holt mit “Klima find ick prima” sensationell den 3. Platz.

Juni:
Zu Ehren des 200. Geburtstag des britischen Physikers William Thomson, 1. Baron Kelvin beschließt die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) für ein Jahr sämtliche Temperaturangaben in Kelvin anzugeben.

Juli:
Extreme Hitzewelle in Deutschland. Vielfach werden Höchstwerte um 313 Kelvin verzeichnet. Das Endspiel der Fußball-EM zwischen Schottland und England in Berlin wird in den kühleren September verlegt.

August:
Fortdauer der Hitzeperiode in weiten Teilen Europas. Bei den Olympischen Spielen in Paris kommt es bei den Wasserdisziplinen immer wieder zu Unterbrechungen aufgrund von sogenannten “Plantschern” (Pendant zu “Flitzer”).

September:
“Der Laubbläser kommt!” schallt es durch die Medienwelt. Tatsächlich sorgt der erste Herbststurm in der Nordhälfte verbreitet für (schwere) Sturmböen. Das Endspiel der Fußball-EM wird in den Oktober verlegt.

Oktober:
Verfrühtes Winterintermezzo im Osten des Landes. Bei Schneematsch und Temperaturen um 273 Kelvin gewinnt Schottland auf nahezu unbespielbarem Platz das Finale der Fußball-EM im Elfmeterschießen mit 1:0.

November:
Mehrwöchige Hochdrucklage! Die Folge: Auf den Bergen Sonne ohne Ende, im Tiefland dagegen oftmals neblig-trübe Tristesse. Im Rhein-Main-Gebiet und an der Donau verzeichnen Apotheken und Supermärkte einen Rekordumsatz bei Vitamin-D-Tabletten.

Dezember:
In einer erneut sehr aktiven atlantischen Wirbelsturmsaison leitet Ex-Hurrikan Tony das traditionelle Weihnachtstauwetter in Deutschland ein. “Problem”: Es gibt gar nichts zum Wegtauen. “Was soll’s…” sagt man sich auf den zahlreichen Weihnachtsgrillpartys.

Soweit zum nicht wirklich ernstgemeinten Ausblick auf 2024. Ernst wird es dagegen am Dienstag und Mittwoch für einige Teile Deutschlands, wenn teils ergiebiger Dauerregen und Sturm auf der Agenda stehen.

Nun wünscht der Autor Ihnen aber erst einmal – auch im Namen des gesamten Thema-des-Tages-Teams – einen guten und vor allen Dingen gesunden Rutsch ins neue Jahr!

DWD Dipl. Met. Tobias Reinartz

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.12.2023
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Alles hat ein Ende

Das “alte” Jahr geht dem Ende entgegen und das mit vielen Wolken und hier und da auch etwas Regen. Immerhin ist der Niederschlag nicht von Dauer oder kräftiger Intensität, dennoch reicht es, um die Situation in den Hochwassergebieten angespannt zu halten. Grund dafür ist ein Tiefdruckkomplex bei den Britischen Inseln, dessen Ausläufer uns am Tag ostwärts überqueren. Vorschlafen für die rauschende Party am Abend ist am Sonntag also kein Problem. Beim Wetter verpasst man nichts. Wer allerdings noch einmal frische Luft schnappen möchte, der sollte dies in der Osthälfte des Landes am Vormittag tun, also vor der Front. Da stehen die Chancen auch nicht schlecht, noch den einen oder anderen Sonnenstrahl zu erhaschen. In der Westhälfte sollte man damit bis nachmittags warten, dann ist der “große” Regen schon auf dem Weg in den Osten und es tun sich längere trockene Abschnitte zwischen (weiteren) Schauern auf.

DWD Alles hat ein Ende

Der Jahreswechsel geht in den meisten Regionen Deutschlands wahrscheinlich trocken über die Bühne. Allerdings handelt es sich aus aktueller Sicht um ein kurzes Fenster von 1 bis 2 Stunden, in dem es in weiten Teilen des Landes weitgehend niederschlagsfrei ist. Davor ziehen die Reste der Regenfront ostwärts ab, danach kommen aus Westen die Vorboten eines Randtroges des Tiefs bei den Britischen Inseln auf.

DWD Alles hat ein Ende 1

Entsprechend verhält sich auch die Bewölkung. Im Westen und Norden ziehen die dichteren Wolken des Tiefs schon herein. Im Osten und Süden sind hingegen größere Auflockerungen hinter der abziehenden Störung zu erwarten.
Immerhin ist der Jahreswechsel recht mild. Frost gibt es allenfalls in den höheren Berglagen, sonst ist es frostfrei und die Temperatur unter dichter Bewölkung örtlich sogar zweistellig.

DWD Alles hat ein Ende 2

Neben der grundsätzlichen Vorsicht beim Zünden von Feuerwerk empfiehlt es sich in der Westhälfte des Landes den Wind im Auge zu behalten. Dieser frischt vor allem im Westen und Nordwesten sowie auf den Bergen böig auf und erreicht in den Lagen oberhalb von 600 bis 800 Metern sowie an der Nordseeküste in Böen mitunter Beaufort 7 oder 8, also steife bis stürmische Böen mit bis zu 70 Kilometern pro Stunde. In den tieferen Lagen im Landesinneren ist der Wind zu Mitternacht etwas schwächer und erreicht in Böen voraussichtlich Beaufort 5 bis 6 oder bis 50 Kilometer pro Stunde. Das reicht aber noch, um Raketen und Knallkörper durch die Luft etwas weiter zu verwehen. Größeren Abstand zu leicht entzündlichen Quellen zu halten, ist angeraten.

DWD Alles hat ein Ende 3

In der Osthälfte des Landes ist der Wind aufgrund der größeren Entfernung zum Tief bei den Britischen Inseln schwächer. Dort treten im Bergland Böen von 7, auf dem Brocken 9 Beaufort auf. In den tieferen Lagen werden gegen Mitternacht exponiert voraussichtlich Böen um 30 Kilometer pro Stunde, also etwa Beaufort 5 erwartet, sonst ist der Wind schwach unterwegs.

Wie so oft unterliegt die Detailprognose natürlich noch Unsicherheiten. Nur eine kleine Verzögerung oder Beschleunigung der Front am Tag und schon verschiebt sich das trockene Fenster zeitlich nach vorn oder hinten. Auch die Ausprägung des Randtroges nach Mitternacht steht noch nicht fest. Eine kleine Vertiefung südwärts und der Wind frischt verbreitetet auf.

Wer auf Nummer sicher gehen will zum Jahreswechsel, der stellt sich auf wechselhaftes und windiges Wetter ein. Und darauf sind wir dank der vergangenen Tage und Wochen ja gut vorbereitet.
Ich wünsche Ihnen an dieser Stelle einen guten “Rutsch” nach 2024. Bleiben Sie wachsam.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.12.2023
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Neues aus der Stratosphäre

Das heutige Thema des Tages behandelt Phänomene in der Stratosphäre, der zweituntersten Schicht der Erdatmosphäre (zwischen etwa 13 und 50 km Höhe). In dieser Schicht nimmt die Temperatur durch die Absorption von UV-Strahlung an Ozon mit der Höhe zu. Im Gegensatz zur darunter liegenden Troposphäre, in der die Temperatur mit der Höhe abnimmt. Aufgrund dieser inversen Temperaturschichtung ist die Stratosphäre weitgehend von der Troposphäre entkoppelt und weist eigene Prozesse auf. Darunter fällt auch das sogenannte “Berliner Phänomen”.

Um dieses Phänomen zu verstehen, betrachten wir die winterliche Stratosphäre auf der Nordhalbkugel. Über dem Pol, wo im Winter kein Sonnenlicht einfällt, kann sich die Stratosphäre nicht durch UV-Absorption am Ozon erwärmen. Daher kühlt die Stratosphäre dort auf Temperaturen unter -80 °C ab. Dies führt zur Bildung eines kräftigen Höhentiefs, des sogenannten Polarwirbels, der bis in die Troposphäre reicht.

In den 50er Jahren entdeckte der Stratosphärenwissenschaftler Richard Scherhag bei der Auswertung von Wetterballondaten, dass sich die winterliche Stratosphäre in unregelmäßigen Abständen, im Durchschnitt alle 2 Jahre, plötzlich stark erwärmt. Aufgrund seiner Forschung an der Freien Universität Berlin wird dieses Phänomen als “Berliner Phänomen” bezeichnet.

Die Ursache für diese plötzliche Erwärmung ist recht komplex und lässt sich in der Troposphäre finden. Etwas vereinfacht dargestellt, breiten sich bei bestimmten Wetterlagen auf der Nordhalbkugel Wellen vertikal bis in die Stratosphäre aus. Dort beginnen sie sich in etwa 30 km Höhe aufzulösen und setzen dabei ihre Wellenenergie frei. Diese wird in Wärmeenergie umgewandelt, sodass es zu einer raschen Erwärmung kommt. Diese Erwärmung beginnt zunächst in etwa 30 km Höhe. Ist diese kräftig genug, “wandert” sie bis in eine Höhe von 15 km hinunter. Bei sehr kräftigen Erwärmungen wird der bereits beschriebene Polarwirbel zerstört und zerfällt in mehrere Teilwirbel oder wird weit nach Süden abgedrängt. Die winterlichen Westwinde in der Troposphäre schwächen sich infolgedessen ab und kehren sich sogar zu Ostwinden um. Man spricht dann auch von einem “Major Warming“.

Dies hat dann sogar Auswirkungen auf unser Wetter. In der Troposphäre schwächt sich der Jetstream (Starkwindband in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre) ab. Dadurch stoßen Hochdruckgebiete weit nach Norden vor und führen an ihrer Westflanke warme Luft in Richtung Pol. Die normalerweise vorherrschende West-Ost-Zugbahn der Tiefdruckgebiete wird in Folge dessen unterbrochen, sodass sie mit Kaltluft aus polaren Breiten weit nach Süden ausscheren können. Diese Blockade-Wetterlagen sorgen im Winter häufig für längere kältere Phasen in Mitteleuropa. Einfacher ausgedrückt: Der Druckunterschied zwischen Islandtief und Azorenhoch wird im Mittel verringert, sodass sich der Zustrom milder Atlantikluft nach Mitteleuropa häufig abschwächt. Major Warmings erhöhen also die Chance auf kalte Witterungsphasen in den mitteleuropäischen Wintern.

Derzeit simulieren Modelle erneut eine plötzliche Stratosphärenerwärmung. Nach dem aktuellen Stand reicht diese Erwärmung jedoch nicht aus, um den Polarwirbel zu zerstören, sondern er wird sich nur abschwächen und südwärts Richtung Nordeuropa verschieben. Die Auswirkungen auf unser Wetter Anfang Januar sind schwer abzuschätzen. In der erweiterten Mittelfrist zeigen Modelle jedoch eine deutliche Abschwächung der vorherrschenden Westwinddrift, die seit Mitte Dezember durch einen sehr kompakten Polarwirbel aufrechterhalten wird. Stattdessen deutet sich ein Trend zu hohem Luftdruck über Grönland und dem Nordmeer an, was den Weg für kältere Luftmassen nach Nord- und Mitteleuropa ebnen könnte.

DWD Neues aus der Stratosphaere

Obwohl die Prognose noch vage ist, zeigen die Modellensembles tatsächlich einen groben Trend zu einer Abkühlung in der zweiten Januarwoche, die zumindest im Bergland den Winter zurückbringen könnte. Diese Entwicklung könnte sogar eine direkte Folge der Prozesse in der Stratosphäre sein.

DWD Neues aus der Stratosphaere 1

Ein optischer Effekt wird sich ab dem Wochenende wahrscheinlich beobachten lassen: Durch die Verschiebung des Polarwirbels nach Nordeuropa (siehe Abbildung 1) wird die Temperatur über Norddeutschland in einer Höhe von 23 km auf etwa -80 °C fallen. Infolgedessen könnten sich sogenannte “Polare Stratosphärenwolken” oder “Perlmuttwolken” bilden. Diese entstehen in einer Aerosolschicht in 22 bis 29 km Höhe, auch bekannt als “Jungschicht”, die winzige Schwefelsäuretröpfchen enthält. Die Hauptquelle für diese Schwefelsäuretröpfchen sind Vulkanausbrüche. Bei Temperaturen unter -78 °C gefrieren diese Tröpfchen und es lagern sich Wasser- und Salpetersäuremoleküle an. Dadurch entstehen Kristalle, die aus einer Mischung aus Schwefelsäure und Salpetersäuretetrahydrat bestehen. Das einfallende Sonnenlicht wird an diesen Kristallen gebrochen, wodurch perlmuttartig erscheinende Wolken entstehen. Aufgrund der Mehrfachstreuung des Sonnenlichts an diesen Wolken könnte es für mehrere Tage zu sehr intensiven roten bis purpurnen Sonnenauf- und Untergängen (Purpurlicht) kommen.

Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.12.2023

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Bis zum Jahresende mild, wechselhaft und windig

Die Wetterlage ist ziemlich eingefahren, denn Deutschland befindet sich in einer äußerst beständigen Westdrift. Infolgedessen ziehen immer wieder Tiefdruckgebiete beziehungsweise Tiefausläufer über uns hinweg. Hochdruckphasen sind nur von kurzer Dauer und daran wird sich dieses Jahr nichts mehr ändern. Die Tiefdruckgebiete bringen dabei nicht nur Niederschlag, wie im gestrigen Thema des Tages bereits sehr ausführlich erläutert, sondern auch einiges an Wind. Eine ausgewachsene Sturmlage deutet sich nach aktuellem Stand zwar nicht an, stürmisch wird es gebietsweise dennoch.

DWD Bis zum Jahresende mild wechselhaft und windig 2

Der Windschwerpunkt befindet sich heute und in den kommenden Tagen meist in der Nord- bzw. Nordwesthälfte des Landes. Am heutigen Donnerstag muss vor allem von der Eifel bis zur Ostsee und im Umfeld der zentralen Mittelgebirge mit Böen zwischen 50 und 65 km/h (Bft 7-8) gerechnet werden. An den Küsten und im höheren Bergland sind Sturmböen bis 85 km/h (Bft 9) möglich. Die aktuelle Warnkarte ist unter  zu finden.

Am morgigen Freitag bleibt es im Norden und der Mitte sehr windig. Verbreitet treten steife bis stürmische Böen zwischen 60 und 70 km/h (Bft 7-8) auf. In kräftigen Schauern und kurzen Gewittern sowie generell im Bergland sind im Norden Sturmböen bis 80 km/h (Bft 9), vereinzelt auch schwere Sturmböen um 90 km/h (Bft 10) nicht ausgeschlossen. Am Nachmittag und Abend beruhigt sich der Wind etwas und auch am Samstag weht er zwar weiterhin lebhaft aus Südwest bis West, aber stürmische Böen beschränken sich dann auf Küstenumfeld und das höhere Bergland.

Voraussichtlich legt der Süd- bis Südwestwind am Sonntag erneut eine Schippe drauf und vor allem in der Westhälfte stehen erneut steife bis stürmische Böen auf dem Programm.

In der Neujahrsnacht bleibt es windig, sodass man beim Abschießen von Böllern und Raketen vorsichtig vorgehen sollte. Nach derzeitigem Stand liegen die Windgeschwindigkeiten um Mitternacht im Westen und Nordwesten bei 50 bis 70 km/h (Bft 7-8) und in den anderen Landesteilen bei 25 bis 45 km/h (Bft 4-6). Der Wind weht dabei aus Süd bis Südwest.

DWD Bis zum Jahresende mild wechselhaft und windig 1

Ansonsten ist das Wetter der kommenden Tage schnell zusammengefasst. Heute regnet es zwischen Main und Donau aus dichter Bewölkung ein wenig. Im Küstenumfeld sind einzelne Schauer möglich. Sonst wechseln sich Sonne und dichte Wolkenfelder ab und es bleibt trocken. Am Freitag kommt es vor allem über der breiten Mitte immer wieder zu schauerartig verstärktem Regen und im Norden gibt es einzelne Schauer samt kurzer Gewitter. Im Süden zeigt sich zeitweise die Sonne und es bleibt trocken. Am Samstag nimmt die Niederschlagsneigung landesweit deutlich ab, bevor sie am Sonntag abermals zunimmt. In der Neujahrsnacht deuten sich für den Norden und den Alpenrand schauerartige Niederschläge an. Ansonsten ist das Regenrisiko eher gering und die Wolken lockern gebietsweise auf. Allerdings ist die Prognose noch mit einigen Unsicherheiten verbunden. Prinzipiell bleibt es mild bis sehr mild und allenfalls im Süden kann es bei nächtlichem Aufklaren vereinzelt für leichten Frost reichen.

DWD Bis zum Jahresende mild wechselhaft und windig

Und was macht nun der Schnee? In der Nacht zum Samstag und am Samstag kann es in den Kammlagen der östlichen Mittelgebirge etwas schneien. Am Sonntag sinkt die Schneefallgrenze von Westen her auf 700-900 m ab. Auch zu Beginn des neuen Jahres schaut es fürs Tiefland bezüglich Winterwetter eher mau aus, wenngleich der Regen durch zurückgehende Temperaturen kälter wird.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.12.2023
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Warum kommt es zu Sturmschäden?

Am morgigen Donnerstag und am Freitag stehen uns zwei sehr stürmische Tage ins Haus. Ursache ist Sturmtief ZOLTAN, das morgen über Südschweden zur Ostsee und bis Freitag zum Baltikum zieht. Es hat ein beachtliches Sturmfeld im Schlepptau, welches morgen und in der Nacht zum Freitag ganz Deutschland erfasst. Wir rechnen daher verbreitet mit stürmischen Böen und Sturmböen zwischen 70 und 85 km/h. In den Mittelgebirgen, im Alpenvorland und nördlich des Erzgebirges kommt es wahrscheinlich sogar zu schweren Sturmböen bis 100 km/h, an den Küsten und auf den Berggipfeln sind auch orkanartige Böen oder Orkanböen (über 105 km/h) zu erwarten. Aber auch abseits der genannten Regionen sind mit Durchzug der Kaltfront, insbesondere bei eingelagerten kräftigen Schauern und Gewittern, örtlich und kurzzeitig schwere Sturmböen bis ins Flachland möglich. Auch wenn es sich um keinen ausgewachsenen Orkan handelt, werden Sturmschäden bei diesen Windgeschwindigkeiten nicht ausbleiben. Dabei stellt sich die Frage, weshalb Wind so gefährlich ist?

Wind ist nichts anderes als bewegte Luft. Bei ihrer Beschleunigung wird Energie erzeugt, die sogenannte kinetische Energie. Trifft die bewegte Luft nun auf ein starres Hindernis, wirkt auf dieses eine Kraft, welche die Energie abbaut. Das Entscheidende dabei ist, dass die kinetische Energie proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit zunimmt. Bei einer Verdopplung der Windgeschwindigkeit wird die vierfache, bei einer Verdreifachung sogar die 9-fache kinetische Energie erzeugt usw. Trifft also Luft mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h auf einen Gegenstand, so wird auf diesem die vierfache Kraft ausgeübt als bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Dies macht hohe Windgeschwindigkeiten so zerstörerisch.

Die soeben beschriebene Krafteinwirkung auf einen Körper nennt man “Windkraft” oder “Winddruck”. Dabei ist dieser neben der Windstärke abhängig von der Ausrichtung des angeströmten Gegenstands. Trifft der Wind senkrecht auf ein Hindernis (z.B. eine senkrechte Hauswand), ist der Winddruck größer als bei einem schräg zugewandten Hindernis (z.B. eine Dachschräge). Hält der Gegenstand dem Winddruck nicht mehr stand, kommt es zum Sturmschaden. Auch die Form des angeströmten Körpers hat Einfluss auf den Winddruck. Hält man beispielsweise eine Schüssel in den Wind, dann wirkt auf ihr ein stärkerer Winddruck, wenn der Wind in die Schüssel hineinweht als wenn der Wind von außen um die Schüssel herum weht (Abb. 1). Auf diesem Prinzip basieren Schalenkreuzanemometer, also die kleinen Windrädchen, die Windgeschwindigkeiten messen. Der Wind übt einen stärkeren Druck auf die dem Wind zugewandten Schalen aus als auf die umgedrehten Schalen auf der gegenüberliegenden Seite, wodurch das Rädchen in Rotation versetzt wird. Um Sturmschäden zu vermeiden, besitzen beispielsweise Baukräne eine drehbare Achse, sodass sich der Kran mit dem Wind drehen kann. So kann die Fläche des Krans, auf die die Windkraft wirkt, minimiert werden. Vor einem erwarteten Sturm werden die Strandkörbe so gedreht, dass der Wind nicht in den Korb hineinwehen und ihn durch den so erhöhten Winddruck umwerfen könnte. Auch elastische Gegenstände sind weniger anfällig als starre, da sich erstere mit dem Wind bewegen bzw. neigen können. Großflächige Waldschäden sind meist eine Folge von starkem Winddruck.

DWD Warum kommt es zu Sturmschaeden

Neben dem Winddruck gibt es noch weitere Effekte, die zu Sturmschäden führen können. Zu nennen ist hauptsächlich die Sogwirkung an überströmten Flächen. Verantwortlich hierfür ist der sogenannte “Bernoulli-Effekt”. Dieses physikalische Gesetz besagt, dass der Luftdruck an überströmten Flächen mit dem Quadrat der Windgeschwindigkeit abnimmt. So entsteht an der Oberfläche des überströmten Körpers ein Unterdruck und es kommt zu einer Sogwirkung. Abgedeckte Dachziegel, Schäden an Wellblechdächern oder wegfliegende Planen werden meist durch die Sogwirkung des Winds und nicht durch den Winddruck verursacht. Der Unterdruck ist auch dafür verantwortlich, dass einem das Atmen im Gegenwind schwerfällt, dass ein Regenschirm im Wind nach oben umklappt und dass die speziell geformten Tragflächen von Flugzeugen diesem den nötigen Auftrieb verleihen.

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Diese Sogwirkung ist jedoch nicht zu verwechseln mit dem Sog von Tornados. Im Inneren des rotierenden Aufwindschlauchs eines Tornados entsteht ebenfalls ein starker Unterdruck, durch dessen Sog alles, was nicht niet- und nagelfest ist, in die Höhe gewirbelt wird. Die Zerstörungskraft des Sogs von Tornados ist entscheidender als dessen Windgeschwindigkeiten.

Zuletzt ist noch der Einfluss der Böigkeit zu nennen. Weht der Wind nicht mit konstanter Stärke, können Wind- und Sturmböen Objekte in Schwingungen versetzen (z.B. schwankende Bäume im Wind). Entspricht die Frequenz von aufeinanderfolgenden Böen in etwa der Eigenfrequenz des Gegenstands, kann es zu einem Aufschaukelungsprozess (Resonanzkatastrophe) kommen. Diese Böeneinwirkung kann Bäume abknicken oder entwurzeln. In sehr seltenen Fällen kann es sogar zum Einstürzen von Bauwerken kommen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist die Tacoma-Narrows-Brücke, die 1940 durch ein Zusammenspiel dieses Resonanzeffekts und der oben beschriebenen Sogeinwirkung einstürzte.

DWD Warum kommt es zu Sturmschaeden 1

Bleibt zum Abschluss zu hoffen, dass sich die Schäden in den kommenden Tagen bei uns in Deutschland in Grenzen halten. Um einer bösen Überraschung kurz vor Weihnachten entgegenzuwirken, sichern Sie wenn möglich rechtzeitig lose Gegenstände, parken Sie Ihr Auto nicht unter Bäumen und vermeiden Sie Spaziergänge im Wald oder Parks mit Bäumen. Aktuelle Informationen zu den Warnungen in Ihrer Region erhalten Sie unter oder in der DWD-Warnwetter-App.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.12.2023
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Unruhige Vorweihnachtszeit, oder gar mehr?

Weihnachten rückt näher und in knapp einer Woche steht die feierliche, besinnliche und ruhige Weihnachtszeit bevor. Doch leider scheint sich die Wetterküche so gar nicht auf eine entspannte (Vor-)Weihnachtszeit einstellen zu wollen, sondern serviert uns ein womöglich sehr stürmisches Gericht. Für Einzelheiten ist es natürlich noch zu früh, doch wollen wir heute mal hinter die Kulissen schauen, wieso es in der Atmosphäre so gewaltig rumort.

Grundsätzlich benötigte Zutaten:

Kurz und knapp bedarf es eines zunehmenden Temperaturunterschieds zwischen Nord und Süd. Je knackiger dieser Temperaturgradient ausfällt, umso heftiger weht der Wind mit der Höhe (Stichwort: thermischer Wind) und umso mehr Dynamik herrscht in der Troposphäre (siehe). Die Höhenwinde sorgen bei günstiger Platzierung zu einem Bodentief, dass dieses von oben dank der deftigen Winde regelrecht “ausgesaugt” wird (Masse wird weggeführt, Druckfall setzt ein), sodass sich das Bodentief rasant intensivieren kann. Dieser Temperaturgegensatz baut sich in der kommenden Woche über dem Nordatlantik auf, wo arktische Luftmassen von Kanada südwärts geführt werden und dort auf (sub)tropische Luftmassen treffen, die polwärts drängen.

DWD Unruhige Vorweihnachtszeit oder gar mehr

Soweit so gut. Mit diesem Wissen kann man früh erahnen, wenn einem die numerischen Wettermodelle eine zunehmend volatile Umgebung präsentieren.

Doch es gibt auch Lagen, wo die innere Alarmglocke eines Meteorologen zu läuten beginnt. Dazu muss man wissen, dass man in der Wettervorhersage sehr gerne mit sogenannten “Anomalievorhersagen” arbeitet. Diese Werte heben Ereignisse hervor, deren Entwicklung im Vergleich zur hinterlegten Klimatologie stark abweichen und damit sehr ungewöhnlich ausfallen können. Nächste Woche ist so eine Lage, wo z.B. das 500 hPa Geopotenzial westlich der Azoren für diesen Zeitraum Rekordwerte erreichen soll. Solche Werte, in Verbindung mit einer sich aufbauenden dynamischen Wetterlage sind immer ein Achtungszeichen, können sie doch (aber müssen nicht) für außergewöhnliche Entwicklungen gut sein. Das nächste Woche so nebenbei auch weitere Anomaliewerte “aufblinken”, wie der “Feuchtefluss”, “Windböen” oder die “850 hPa Temperatur” machen die Sache umso spannender. Doch was sorgt für diese massive positive Geopotenzialanomalie (Antizyklone) westlich der Azoren?

Antizyklone sind Bereiche, wo Luftmassen absinken und für ruhiges Wetter sorgen. Nicht selten verlaufen solche Bodenhochentwicklungen recht progressiv rückseitig einer Kaltfront, wo also kalte Luftmassen südwärts geführt werden. Abseits von winterlichen Landmassen (wo sich strahlungsbedingt daraus eine beständige Hochdrucklage entwickeln kann) sind diese Druckgebilde häufig recht mobil. Stabiler und somit ggf. auch langlebiger werden solche Gebilde, wenn auch noch in der Höhe milde Luftmassen herangeführt werden. Man spricht in dem Fall von warmen und hochreichenden Antizyklonen.

Doch es geht noch weiter. Wenn diese höhenmilde Luftmasse zusätzlich auch noch sehr feucht ist, dann erfolgt noch eine zusätzliche Erwärmung, die sogenannte “diabatische”, wo also zusätzliche Wärme freigesetzt wird. Feuchte und warme Luftmassen steigen auf, kondensieren, es kommt zur Wolkenbildung und dadurch wird latente Wärme freigesetzt. Dabei wird die Luftmasse vorderseitig eines Troges großräumig angehoben und polwärts geführt (Stichwort: warmes Förderband, engl. warm conveyor belt). Dies gilt besonders für Tröge, die sehr weit nach Süden bis in die Subtropen reichen und daher auch mit sehr warmen und feuchten Luftmassen “arbeiten” können. Genau diese Konstellationen sind u.a. von großem Interesse, denn dadurch können sich Antizyklone zu ungeahnten Intensitäten aufplustern.

Aktuelle Entwicklung:

So auch im aktuell bevorstehenden Fall. Im  erkennt man, wie zahlreiche Tiefdruckgebiete tief in den Subtropen (teils auch Tropen) eine nahezu unmodifizierte tropische Luftmasse nach Norden führen, die am Westrand der Antizyklone in die Außertropen eingebunden wird (grüne Pfeile).

DWD Unruhige Vorweihnachtszeit oder gar mehr 1

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In Bild 3 (linkes Bild) wird dies nochmal schön zusammengefasst. Grüne Werte zeigen sehr feuchte Luftmassen (niederschlagbares Wasser über 20 mm), während die rote Einfärbung den Bereich hervorhebt, wo die Anomaliewerte des Geopotenzials in 500 hPa für diesen Zeitraum ungewöhnlich hohe, wenn nicht sogar Rekordwerte erreichen. Entsprechend groß fallen dadurch die Druckgegensätze von Süd nach Nord aus mit entsprechend viel Wind und Dynamik. Diese Antizyklone verlagert sich dann in der kommenden Woche zunehmend nach Osten. Wie in  (rechts oben und unten) hervorgehoben, wird die tropische Luftmasse von einem großflächig zu warmen (sub)tropischen Nordatlantik beeinflusst, was noch zusätzlich “Musik” bzw. Energie in die Wetterlage bringt.

Was kommt auf uns zu?

Nun stellt sich natürlich die Frage, wo das Sturmpotenzial erhöht ist und ob uns eine ruppige Vorweihnachtszeit bevorsteht. Grundsätzlich muss man sagen, dass eine von mehreren möglichen Ausgangslagen NICHT gegeben ist, die Mitteleuropa immer wieder mal mit deftigen Sturmtiefs versorgt.

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Ein Blick auf drei bemerkenswerte Sturmereignisse in der Vergangenheit zeigen alle Tiefdruckgebiete mit direktem Zugang zur warmen und feuchten Luftmasse, die im Warmsektor eingebunden dank latenter Wärmefreisetzung für besonders explosive Tiefdruckentwicklungen gut sind, sogenannte “diabatische Rossbywellen”. Diese Systeme werden ebenfalls durch einen überbordenden Eintrag feucht/warmer Luftmassen mit angebundener latenter Wärmefreisetzung angefacht und neigen zu rasanten Intensivierungsphasen. Dabei waren bei diesen Lagen die Antizyklonen vergleichsweise schwach ausgeprägt und konnten somit die Zufuhr dieser energiereichen Luftmasse nicht unterbinden.

Im aktuellen Fall ( rechts unten) sorgt das 1045 bis 1050 hPa Azorenhoch, dass sich diese klassische Ausgangslage nicht einstellen kann.
Doch auch Konstellationen wie in der kommenden Woche waren in der Vergangenheit schon für deftige Sturmlagen gut. Man vergleiche nur mal die Lage Ende Februar/Anfang März 1990, wo eine Reihe schwerer Sturmtiefs mit den Namen VIVIAN und WIEBKE Deutschland beeinflussten. Die Ähnlichkeiten sind beeindruckend.

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Doch auch hier gilt: Nicht 1:1 das Potenzial von damals auf das der kommenden Woche projizieren. Diese, unter dem Namen “pattern recognition” bekannte Herangehensweise, führt einem nur EINE mögliche Option vors Auge, doch stellt sich nun eher die Frage, welche Tiefdruckgebiete bzw. Wellen wann und wo in den “Nordatlantikexpress” eingebunden werden. Jede kleinste Verschiebung sorgt in dieser hochdynamischen Ausgangslage für sehr unterschiedliche Resultate mit einem windigen bis stürmischen, milden oder kühlen Verlauf. Aber die Signale innerhalb der Numerik mehren sich, dass unter Umstände eine deftige Sturmlage auch Deutschland betreffen könnte – recht sicher aber vor allem Dänemark, Norddeutschland und Südschweden. Diese Bereiche werden durch die Ensemblevorhersage z.B. des europäischen Wettermodells für das Erreichen bzw. Überschreiten orkanartiger Böen (Bft 11) bereits mit mehr als 50 Prozent hervorgehoben (Vorhersage für Freitag, den 22.12.2023 mit Windgeschwindigkeiten in 1 km über Grund).

Kurzum, in welche Richtung sich alles letztendlich entwickelt werden Sie die kommenden Tage über natürlich in den jeweiligen Übersichten der “Kurzfrist” und der “Mittelfrist” lesen können.

Aber bitte, behalten Sie die nächsten Tage auf jeden Fall die Wetterentwicklung für die kommende Woche im Blick, denn wie gezeigt wurde: Die Atmosphäre ist so gar nicht in vorweihnachtlich ruhiger Stimmung!

Dipl. Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.12.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

 

 

Es taut!

Aktuell liegt Deutschland im Übergangsbereich zwischen der frostigen Luft, die sich in Nord- und Osteuropa im Winter festgesetzt hat, und der deutlich milderen Meeresluft, die durch Tiefdruckgebiete vom Atlantik zu uns geführt wird. Ab Samstag gewinnt nun die teils sehr milde Luft und spätesten ab Sonntag setzt sie sich überall in Deutschland durch. Die untere Wetterkarte zeigt, wie die starke Tiefdruckaktivität über dem Nordatlantik mit einer westlichen Strömung (die Pfeile) zunehmend mildere Meeresluft nach Mitteleuropa bringen.

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Am heutigen Freitag bis in die Nacht zum Samstag muss aber zunächst in der Osthälfte mit glatten Straßen durch etwas Schnee, überfrierende Nässe oder vor allem in Ostbayern durch gefrierenden Regen oder Sprühregen rechnen.

Am Samstag kommt einen Schwall sehr milder Luft nach Deutschland. Verantwortlich dafür ist ein Tief über den Britischen Inseln, das im weiteren Verlauf zur Nordsee zieht. Das ausgeprägte Niederschlagsgebiet erreicht gegen Mittag den Westen des Landes und bis zum Abend weitet sich es bis zur Mitte aus. Diesmal fällt nur Regen, denn mit dem stark auffrischenden Süd- bis Südwestwind steigen die Temperaturen auf Werte zwischen 5 und 10 Grad an. Nur im Osten und Südosten liegen die Höchstwerte zwischen 1 und 4 Grad. Dort bleibt es bis zum Abend trocken und die Sonne kann sich tagsüber kurz zeigen.

In der Nacht zum Sonntag erreicht der Niederschlag auch den Osten, von Westen her folgen Schauer nach. Es besteht in einigen Tälern der östlichen Mittelgebirge noch mal die Gefahr vor gefrierendem Regen bei Werten um 0 Grad. Sonst mit dem starken bis stürmischen Westwind bleibt es vielerorts bei Tiefstwerten zwischen 9 und 3 Grad frostfrei. Wind, Regen und positive Temperaturen lassen die Schneedecke bis weitet in höhere Lagen anfangen zu tauen.

Die Tauwetterlage setzt sich am Sonntag und Anfang nächster Woche fort. Dabei überqueren unter Tiefdruckeinfluss mehrere Niederschlagsgebiete Deutschland bei starkem bis stürmischem Westwind und milden Temperaturen zwischen 6 und 13 Grad. Selbst nachts bleibt es überall frostfrei.

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Regen zusammen mit der Schneeschmelze und dem stark böigen Wind lässt viele Flüsse und Bäche vor allem in Süddeutschland und in den Mittelgebirgen, wo noch eine mächtige Schneedecke liegt, stark anschwellen, die dann in die großen Flüsse wie Donau und Rhein zufließen. Die Hochwassergefahr steigt dabei deutlich an.

Die Tauwetterphase sollte nicht so langen anhalten. Denn schon Ende nächster Woche gehen die Temperaturen wieder zurück. Bis dahin sollte jedoch die Schneedecke in tiefen und mittleren Lagen fast komplett weggetaut bzw. weggewaschen sein. Aber keine Angst, der Winter ist nicht vorbei und wer weiß: vielleicht stehen die Chancen auf weiße Weihnachten diesmal nicht so schlecht wie in den vergangenen Jahren.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.12.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

“Zurück in die Zukunft” beim Wetter

Am morgigen Freitag wird in den USA der “Gib-vor-ein-Zeitreisender-zu-sein-Tag” begangen. Dieser findet seit dem Jahr 2007 immer am 08. Dezember statt. In gewisser Hinsicht sind wir MeteorologInnen tagtäglich Zeitreisende, denn wir versuchen, in die Zukunft zu blicken. Dabei ist das Ziel, das Wetter mit seinen Eigenschaften wie Temperatur, Niederschlag oder Wind an einem bestimmten Ort möglichst weit in die Zukunft bestmöglich vorherzusagen.

In welches Jahr oder zu welchem Zeitpunkt würden Sie gemäß dem Filmtitel “Zurück in die Zukunft” gerne reisen? Jede und jeder hat sicherlich Momente in seinem Leben, zu denen man gerne zurückreisen und sich möglicherweise anders entscheiden würde. Manchmal würde man auch gerne wissen, was morgen oder übermorgen passieren könnte (bei uns MeteorologInnen schon allein berufsbedingt). Aber wenn man das Angebot bekommen würde, tatsächlich einmal in die Zukunft zu reisen, dann ist es durchaus fraglich, ob man dieses Angebot letztendlich annehmen würde.

Wenn man am heutigen 07. Dezember in der Geschichte zurückreisen würde, käme man bei dem ein oder anderen historischen Ereignis heraus. Da wäre beispielsweise der japanische Angriff auf Pearl Harbor im Jahr 1941. Bei diesem Ereignis ist allerdings zu bezweifeln, dass man dahin gerne zurückreisen würde. Der Kniefall von Warschau im Jahr 1970 wäre dahingehend schon etwas Anderes.

Doch nun zum Blick in die Zukunft beim Wetter. Wettervorhersagemodelle benötigen für ihre Berechnungen, was in der Zukunft wettertechnisch passieren könnte, einen Anfangszustand. Dieser sollte möglichst präzise den aktuellen Gegebenheiten entsprechen. Beste Voraussetzungen hierfür liefert eine gute Datengrundlage, die sich aus den Messungen von Wetterstationen, Flugzeug- und Schiffsmessungen, Radiosondenaufstiegen sowie Radar- und Satellitendaten speist.

Wenn man den Anfangszustand am heutigen Donnerstag beschreiben müsste, so fasst “ein ruhiger Wettercharakter” das Ganze für Deutschland sehr gut zusammen. Das Vorhersagegebiet befindet sich nämlich unter Zwischenhocheinfluss. Das Hochdruckgebiet EVANGELIA sorgt in Anlehnung an das Evangelium zumindest in der Südwesthälfte für eine “Frohe Botschaft”, denn dort hat man es heute mit einem Mix aus Sonne und Wolken zu tun. In einigen Flussniederungen sowie im Norden und Osten sieht es allerdings eher nach einem Tag mit Dauergrau aus. Örtlich kann auch etwas Sprühregen oder Schneegriesel aus der “grauen Masse” fallen. In diesen Regionen kreisen die heutigen Höchstwerte um die 0-Grad-Marke. In den mit etwas Sonne verwöhnten Regionen klettern die Temperaturwerte immerhin auf bis zu 6 Grad.

Bereits das Wetter in der kommenden Nacht stellt die Vorhersagemodelle vor Herausforderungen. Das Tiefdruckgebiet UDO sorgt für etwas mehr Würze in der Wetterküche. Auf die Wetterlage an sich wurde bereits im gestrigen Thema des Tages  eingegangen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass UDO Wolken in den Westen und Südwesten lenkt, aus denen nachfolgend Niederschläge fallen. Ganz im Westen sowie in den Niederungen handelt es sich meist um Regen. Im Bergland fällt der Niederschlag oft als Schnee. Der Regen ist allerdings aber auch teils gefrierend und es kommt gebietsweise zu Glatteisbildung. Die Warnmeteorologen werden vorzeitig und großflächig mit Warnpolygonen vor markantem Wetter (ockerfarbene Warnungen) hantieren. Lokale Unwetterwarnungen (rote Warnungen) sind dabei nicht ausgeschlossen. Ob eine Warnung “hochgestuft” wird, wird man dann im sogenannten Nowcasting anhand der Temperaturen in Bodennähe und anhand der Niederschlagsmenge beurteilen.
Wie glatt es ganz lokal bei jedem Einzelnen tatsächlich wird, gleicht dabei allerdings einem Blick in die Glaskugel. So oder so gilt vor allem zur Hauptverkehrszeit höchste Vorsicht. Egal ob per Auto, mit dem Fahrrad oder zu Fuß sollte man sich den örtlichen Begebenheiten dementsprechend anpassen.

Vergleicht man in den Vorhersagemodellen das prognostizierte signifikante Wetter (erste Abbildung: Vorhersage von Mittwoch, 06.12.2023; zweite Abbildung: Vorhersage von Donnerstag, 07.12.2023), so sieht man deutliche Unterschiede hinsichtlich Niederschlagsphase und Verlagerung. Ob die aktuelleren Modellläufe eher der Realität entsprechen, wird sich zeigen.

DWD Zurueck in die Zukunft beim Wetter

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Diese Niederschläge ziehen in den darauffolgenden Stunden und im Laufe des Freitags dann weiter ostwärts. Nach Durchzug des Niederschlagsgebiets setzt dann auch sukzessive eine Milderung von Westen ein. Werden am heutigen Donnerstag am Niederrhein noch die oben erwähnten 6 Grad erreicht, so steigen die Temperaturwerte am zweiten Adventssonntag dort auf bis zu 11 Grad. Nach Osten hin hält sich die kühlere Luft noch etwas länger. Ab spätestens Sonntag setzt dann aber auch dort die Milderung ein. Bei teils kräftigem Südwestwind und viel Regen am Sonntag und Montag, der an den Alpen teils langanhaltend fällt, gehören die bestehenden Schneedecken vergleichsweise schnell der Geschichte an.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.12.2023

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