Die milde Luft klopft an die Tür

Der Winter hat gerade erst begonnen (der 1. Dezember ist der meteorologische Winteranfang), zeigt uns aber schon mal, was er draufhat: Nach dem Schneechaos im Südostdeutschland hat sich das Wetter dank des Hochs DUNJA zumindest vorübergehend beruhigt. Unter teils klarem Himmel sind die Temperaturen durch die mächtige Schneedecke im Südosten des Landes auf Gefrierfachniveau gesunken mit Werten häufig zwischen -12 und -19 Grad.

Von Westen “klopft” jedoch die milde Atlantikluft mit Tief SANI mit Kern über dem Ärmelkanal an. Da kalte Luft schwerer ist als warme Luft, hat die Atlantikluft viel Arbeit vor sich, um die eingeflossene Kaltluft wegzuräumen. Dies geschieht nicht immer glimpflich. Wenn ein Tief ins Spiel kommt, kann es dann zu einer Glatteislage führen.

DWD Die milde Luft klopft an die Tuer

Im Laufe des Montagnachmittags weiten sich die Niederschläge von Tief SANI von Südwesten nordostwärts aus. Bis Dienstagmorgen bleiben nur der äußerste Nordosten und Südosten noch trocken.

Zunächst fällt nur Schnee, ab dem Nachmittag mischt sich aber auch zunehmend Regen darunter. Das liegt daran, dass in höheren Luftschichten von Westen wärmere Luft herangeführt wird. Am Boden hält sich aber zum Teil weiter die Kaltluft. Es kommt also gebietsweise zu einer erhöhten Glatteisgefahr, vor allem im westlichen Bergland und je weiter man nach Osten kommt. Besonders gefährdet sind ab den Abendstunden bis Dienstagfrüh die Regionen zwischen Main und Donau. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Glatteissituation vereinzelt auch unwetterartig ausfällt. Nach Norden und Nordosten fällt etwas Schnee. Nur entlang des Rheins und ganz im Westen bleiben die Temperaturen in der Nacht zum Dienstag über null Grad, ansonsten liegen sie meist in den Frostbereich. Im Südosten Bayerns kann es erneut strengen Frost auftreten.

DWD Die milde Luft klopft an die Tuer 1

Zu erwähnen ist auch der Wind: Mit der Annäherung des Tiefs SANI frischt der südöstliche Wind vor allem in den Kammlagen der Mittelgebirge und auf den Alpengipfeln auf. Es werden zwar keine hohen Windgeschwindigkeiten erwartet, aber in Kombination mit dem noch lockeren Schnee kann es zu Schneeverwehungen kommen.

Am Dienstag liegt der Kern des Tiefs über Nordwestdeutschland. Dabei fließt wieder etwas kältere Luftmassen ein. Im Bergland oberhalb von 400 bis 600 m fällt dann wieder Schnee. In tieferen Lagen entspannt sich bei positiven Temperaturen um 5 Grad die Glättesituation. Lediglich im Nordosten und ganz im Norden sowie ganz im Südosten fällt bis unten Schnee. In der Nacht zum Mittwoch bleiben wir immer noch unter dem Einfluss von Tief SANI. Dabei werden weitere Niederschläge erwartet, die teils bis in tieferen Lagen als Schnee fallen. Entsprechend muss mit Glätte durch überfrierende Nässe oder Schnee gerechnet werden.

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Zur Wochenmitte zieht das Tief langsam nach Polen ab und von Westen macht sich ein Zwischenhoch bemerkbar. Entsprechend verlagern sich die Niederschläge mehr in den Osten. Die Milderung setzt sich aber nur zögerlich durch. Ganz im Osten und Südosten hält sich die kalte Luft mit Temperaturen um 0 Grad, ansonsten werden Höchstwerte zwischen 3 und 7 Grad erreicht. In der Nacht zum Donnerstag gibt es aber verbreitet Frost zwischen 0 und -7 Grad. Dabei bleibt es meist trocken.

Am Donnerstag versucht ein neues “mildes” Atlantiktief auf Deutschland überzugreifen. Gegenüber steht aber das “kalte” Hoch über Russland. Es bleibt spannend, in wie weit sich die milde Luft nach Osten durchsetzt und wie nachhaltig wird sie sein. Es gibt auch Modellprognosen, in denen die Kaltluft relativ schnell zurückkehrt.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.12.2023
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Lake Effect Snow – Verbindendes meteorologisches Phänomen zwischen Ostsee und Großen Seen

In vielen Regionen Deutschlands liegt bis in die Niederungen zumindest eine dünne Schneedecke. Lediglich im Südwesten schaut man eher noch “ins Grüne”. In den vergangenen Tagen wurde in den Themen des Tages bereits ausführlicher auf die Entwicklung der winterlichen Wetterlage und der Schneedecke eingegangen (siehe Themen des Tages vom 28.11.23 und 29.11.23). Nicht nur im Mittelgebirgsraum oder an den Alpen musste zu Besen oder Schaufel gegriffen werden, um die Wege oder das Auto freizuräumen. Auch entlang den deutschen Küsten, vor allem der Ostsee, liegt für diese Regionen eine veritable Schneedecke (Abbildung 1). In Nordamerika, genauer gesagt im Umfeld der Großen Seen, braucht man derzeit schon teils schwereres Gerät, um den dortigen Schneemassen Herr zu werden. Beide Regionen verbindet dieser Tage der sogenannte “Lake Effect Snow“, welcher regional für verhältnismäßig hohe Schneesummen sorgt.

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen

Der Lake Effect Snow (LES) ist ein Phänomen, das im Winterhalbjahr beim Überströmen von Kaltluft über größere, relativ warme Wasserflächen auftreten kann. Beim Überstreichen der trocken-kalten Luft über die deutlich wärmeren Gewässer wird die untere Atmosphäre mit Wärme und Feuchtigkeit versorgt und deren Schichtung wird dadurch labiler. Die mit Wärme und Feuchtigkeit angereicherten Luftpakete steigen auf, kühlen sich ab und kondensieren vorwiegend bereits in den unteren Atmosphärenschichten. Daher kann es zu flächenmäßig eng begrenzten Niederschlagsbändern mit heftigen Schneefällen kommen. Aufgrund der geringen Breite der Niederschlagsbänder von oft nur wenigen Kilometern kann das betroffene Gebiet im Schnee versinken, während im näheren Umfeld mitunter deutlich weniger oder gar kein Schnee fällt. Verschiedene Studien zeigen, dass zwischen der Wasseroberflächentemperatur und der Temperatur in 1,5 km Höhe (Druckniveau auf etwa 850 hPa) über Grund eine Differenz von mindestens 13 Kelvin bestehen muss, damit genügend Energie für die Bildung kräftiger und langlebiger Niederschlagsbänder zur Verfügung steht. Starke Schneeschauer können unter anderem dann entstehen, wenn die labile Luftmasse eine vertikale Mächtigkeit von mindestens ca. 2 km über Grund erreicht.

Eine weitere Schlüsselkomponente bei der Bestimmung von besonders betroffenen Küstengebieten beim Lake Effect Snow ist die Windrichtung. Zudem ist der sogenannte “Fetch” entscheidend, der die Wirklänge des Windes über die offene Wasserfläche beschreibt. Der “Fetch” sollte typischerweise mindestens 100 km betragen, damit der Luft ausreichend Wärme und Feuchtigkeit für die Entwicklung der Schneeschauerstraßen zugeführt werden kann.

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen

Der Lake Effect Snow ist im Bereich der Großen Seen (USA) besonders ausgeprägt, da es hier häufiger zu einem “Arctic Outbreak” kommt. Dabei kann auf der Rückseite eines Tiefs häufig sehr kalte, trockene Luft aus den arktischen Breiten Kanadas weit nach Süden in die USA vorstoßen. Dort überströmen die arktischen Luftmassen die Großen Seen, meist von West bis Nordwest nach Ost bis Südost. Für den Eriesee und den Ontariosee beispielsweise ist der “Fetch” bei einer westlichen Windkomponente mit mehreren hundert Kilometern besonders lang. In der ersten Wochenhälfte kam es nun zum ersten markanten “Arctic Outbreak” über Nordamerika mit entsprechendem Lake Effect Snow (siehe animierte Abbildung 2).

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen 1

Die Wassertemperatur der Großen Seen lag verbreitet noch bei +6 bis +9 Grad, während in 1,5 km rund -14 Grad vorherrschend waren (Abbildung 3). Summa summarum ergaben sich demnach in der unteren Atmosphäre Differenzen von 20 bis 23 Kelvin. Dieser Temperaturgegensatz stellte viel Energie für die Bildung von intensiven und teils gewittrig durchsetzten Schneeschauerstraßen vor allem an den Ost- und Südostseiten von Lake Michigan, Huron, Erie und Ontario zur Verfügung. Dabei wurden häufig pro Stunde Neuschneeraten von 3-10 cm (ca. 1-3 inches), in einigen Regionen (z.B. knapp südlich von Buffalo) auch 10 bis 15 cm (4-6 inches) beobachtet. Insgesamt sind seit Montag teilweise 25-50 cm (10-20 inches), strichweise auch um 75 cm (30 inches) gemeldet worden.

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen 1

Kehren wir wieder nach Mitteleuropa zurück. Wie bereits erwähnt, konnte beispielsweise am Dienstag im Skagerrak und Kattegat sowie in der westlichen Ostsee (siehe Abbildung 4) der Lake Effect Snow mit seinen charakteristischen Schauerstraßen von Nord bis Nordost nach Süd bis Südwest beobachtet werden.

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen 2

Die Bedingungen waren dabei denen in Nordamerika sehr ähnlich. Die Temperaturdifferenz betrug zwischen Wasseroberfläche (rund 8 Grad) und 1,5 km (-12 bis -14 Grad) um bzw. etwas über 20 Kelvin. Lediglich die Breite der Wasserflächen und damit der “Fetch” reicht in den westlichen Ostseegebieten nicht an die Großen Seen heran, sodass die Neuschneemengen in der Regel im Verhältnis nicht so hoch ausfallen. In weiten Teilen des Landes hält die Zufuhr kalter Luftmassen aus Norden bis Nordosten in den kommenden Tagen an, sodass der Lake Effect Snow an der Ostseeküste strichweise weiteren Schneenachschub liefern dürfte.

M.Sc. (Meteorologe) Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.11.2023
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Wann kommt endlich ein “Dauerhoch”?

Am heutigen Samstag gelangt Deutschland unter dem Zwischenhoch ARZU. Das Tief LINUS, das vor allem in Süddeutschland viel Regen, Wind und bis in die mittleren Lagen Schnee gebracht hat, ist inzwischen nach Südosteuropa gezogen. Somit ist der Tag vor allem zwischen der Nordsee und Nordbayern oft neblig-trüb und frostig gestartet und im Osten und Südosten waren noch letzte Schauer unterwegs. In Westdeutschland haben bereits vormittags die ersten Wolken des nächsten Tiefs MARCO mit Kern bei den Britischen Inseln erreicht.

DWD Wann kommt endlich ein Dauerhoch

Die lange nasse Witterungsphase will also noch nicht abreißen. Die Regenpausen sind, wenn überhaupt, meist nur von kurzer Dauer. Für große Teile Ostdeutschlands bleibt es nämlich heute trocken. Die Regenwolken des Tiefs MARCO erreichen nachmittags zunächst den Westen und bis zum Abend weiten sich die Regenfälle bis zur Mitte des Landes aus. Die Höchstwerte liegen zwischen 3 Grad in den zentralen und östlichen Mittelgebirgen und 9 Grad im Westen. Der Wind frischt mit der Annäherung des Tiefs im Westen und Nordwesten auf, mit ersten starken bis stürmischen Böen in den westlichen Mittelgebirgen und an der Nordsee.

In der Nacht zum Sonntag erreichen die Niederschläge auch den Osten des Landes. In den östlichen Mittelgebirgen kann es vorübergehend Schnee oder gefrierenden Regen geben. Im Schwarzwald und an den Alpen regnet es zum Teil kräftig und lang anhaltend, dort wurden markante Warnungen vor Dauerregen mit Mengen zwischen 30 und 50 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden herausgegeben. Im Westen und Nordwesten hingegen reißen die Wolkendecke in der zweiten Nachthälfte ab und es folgen nur vereinzelte Schauer nach. Der Wind ist spürbar unterwegs mit Sturmböen an der Nordsee und im Bergland. Die Tiefstwerte liegen zwischen 8 Grad im Westen und 0 Grad in den östlichen Mittelgebirgen.

DWD Wann kommt endlich ein Dauerhoch 2

Am Sonntag und anfangs der neuen Woche bleibt es für viele Regionen häufig nass, denn das Tief MARCO zieht von den Britischen Inseln über Deutschland nach Polen. Mit der lebhaften südwestlichen Strömung gelangt milde Luft nach Deutschland. Somit liegen die Höchstwerte meist im zweistelligen Bereich zwischen 10 und 15 Grad. Erst zur Wochenmitte mit der Winddrehung auf Nordwest wird es allmählich kälter mit Schnee in den Bergen und Nachtfrostgefahr.

Alle fragen sich: Wann kommt endlich ein “Dauerhoch”? Das ist eine berechtige Frage. Eine gewisse Hoffnung gibt es ab Mitte nächster Woche, wenn sich in Nord- und Nordwesteuropa eine langgestreckte Hochdruckzone positionieren kann, die sich ab Mittwoch nach Mitteleuropa verschiebt. Sie bremst die atlantischen Tiefs vorübergehend aus, sodass es zumindest in einigen Regionen vornehmlich nach Süden zu auch mal für zwei oder drei Tage trocken bleiben könnte. Der Norden wird am Nordrand der Hochdruckzone dagegen schnell wieder anfällig für Tiefausläufer, was die Wahrscheinlichkeit für eine längere Trockenphase stark mindert.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.11.2023

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Sturm LINUS: Erst peitschender Regen, dann Flockenwirbel

Die Tiefdruckserie, die uns nun schon seit einiger Zeit sehr unbeständiges, nasses und teils stürmisches Wetter bringt, möchte einfach nicht abreißen. Am gestrigen Donnerstag und in der Nacht zum Freitag sorgte Sturmtief LINUS, das international auf den Namen FREDERICO getauft wurde, für ordentlich Wirbel und Schweißtropfen auf den Stirnen der Warnmeteorologen.

Das kleine, aber intensive Randtief rauschte am gestrigen Donnerstag vom Nordatlantik heran und brachte zunächst der französischen Atlantikküste Böen bis Orkanstärke. Die Wetterstation Le Talut auf der Insel Belle-Île registrierte eine Orkanböe von 143 km/h. Im Tagesverlauf zog LINUS über den Norden Frankreichs ostwärts und erreichte am späten Abend Südwestdeutschland.

Schon im Vorfeld streckte LINUS seine Fühler in Form großflächiger Regengebiete zu uns aus. Vor allem in Südwest- und Süddeutschland regnete es langanhaltend und kräftig. Im Schwarzwald, auf der Alb und im Alpenvorland kamen zwischen Donnerstag- und Freitagmittag verbreitet 30 bis 50 Liter pro Quadratmeter zusammen, in Staulagen örtlich 50 bis 80 Liter pro Quadratmeter (siehe Abbildung 1, links). Da die Böden von der nassen Witterung bereits gesättigt waren, floss das Wasser größtenteils in die Flüsse und ließ die Pegel dort erneut in die Höhe schnellen. Nicht nur kleine Flüsse und Bäche traten über die Ufer, sondern auch an größeren Flüssen wie Rhein, Donau und Co. werden infolge der Regenfälle teilweise Hochwasser-Meldehöhen überschritten. Aktuelle Hochwasser-Informationen und -Warnungen gibt es im Länderübergreifenden Hochwasser Portal(LHP / siehe: weitere Informationen zum Thema).

DWD Sturm LINUS Erst peitschender Regen dann Flockenwirbel

An der Südflanke des Tiefs, das sich in der Nacht in etwa auf einer Linie von Offenburg nach Passau ostwärts verlagerte, frischte der Westwind stürmisch auf und peitschte den Regen durch die Luft. Zwischen Südschwarzwald und südlichem Alpenvorland wurden verbreitet Sturmböen bis 85 km/h, örtlich schwere Sturmböen um 100 km/h beobachtet (siehe Abbildung 1, rechts). Auf exponierten Gipfeln ging es natürlich noch heftiger zur Sache: Der Feldberg im Schwarzwald beispielsweise meldete eine extreme Orkanböe von 168 km/h. Insbesondere Bäume, die noch belaubt waren und in aufgeweichten Böen standen, hatten mit dem Sturm zu kämpfen und stürzten um.

DWD Sturm LINUS Erst peitschender Regen dann Flockenwirbel 1

Am Freitagmorgen hat sich das Tief bereits nach Osten verabschiedet. Rückseitig drehte der Wind auf Nordwest, sodass kältere Luft bis zu den Alpen vorstoßen konnte. Die Niederschläge gingen folglich bis auf rund 600 m in Schnee über. In Lagen oberhalb von 800 m konnte sich eine dünne Schneedecke ausbilden. In Hochlagen ab 1000 m im Schwarzwald und in den Alpen wuchs die Schneedecke bis Freitagvormittag um 10 bis 20 cm (siehe Abbildung 2). An den Alpen schneit es noch bis in die Nacht zum Samstag hinein weiter, sodass nochmal ein paar Zentimeter zusammenkommen. Zumindest dort könnte man von einem “Hauch von Winter” sprechen.

Auch in den kommenden Tagen will die Tiefdruckserie nicht abreißen, es bleibt sehr unbeständig und nass. Vor allem im Süden deutet sich bis Wochenbeginn wieder einiges an Regen an und zumindest in Lagen unterhalb von 2000 m schmilzt vieles vom Schnee dahin. An den Flüssen bedeutet das erneut ansteigende Hochwassergefahr!

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.11.2023
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Die Blätter machen den Abgang

Der Herbst ist mittlerweile mehr als zur Hälfte vorüber, für die Meteorologen beginnt der Winter sogar bereits in rund zwei Wochen am 1. Dezember. Zwar macht der Herbst durch Regen und Sturm in Sachen Wetter seit etwa vier Wochen quasi alles richtig, die Temperaturen sind aber fortwährend zu hoch. Bleibt es so mild, könnte dieser Herbst als einer der drei wärmsten in die Wetterannalen eingehen.

Die langen Phasen mit warmem Altweiber- und Spätsommerwetter bis Mitte Oktober haben die Natur bereits irritiert. So gibt es Berichte von blühenden Pflanzen und Bäumen, längeren Ernten als üblich und kräftigem Rasenwachstum in dieser Zeit. Ebenso blieben die Blätter noch lange grün.

Blattverfärbungen

Blattverfärbungen werden im Herbst ausgelöst, wenn der Sonnenstand immer niedriger und die Tageslänge immer kürzer werden und vor allem die nächtlichen Temperaturen in den einstelligen Bereich sinken. Dabei sollte es mehrere sehr kühle Nächte hintereinander geben. Ist es soweit, wird das in den grünen Blättern vorherrschende Chlorophyll schneller abgebaut. Der Baum zerlegt also das Chlorophyll in seine Bausteine und holt es in die dicken Äste und den Stamm zurück. Dort werden sie bis zum nächsten Frühjahr eingelagert und dann wiederverwertet. Blattverfärbungen stellen sich also nicht nur aufgrund der kürzeren Tage ein, sondern auch im Zusammenhang mit der aktuellen Witterung.

In diesem Herbst sorgten die meist auch warmen Nächte für eine Verzögerung der Blattverfärbung. Anhand der aktuellen phänologischen Uhr (weitere Informationen zur Phänologie unter ) lässt sich herauslesen, dass die Leitphase für den Spätherbst mit der Blattverfärbung der Stieleiche statt üblicherweise um den 19. Oktober herum (Mittel der Jahre 2011 bis 2022) erst am 28. Oktober einsetzte. Mit anderen Worten: die Blätter fielen durchschnittlich 9 Tage später als in den letzten 12 Jahren!

DWD Die Blaetter machen den Abgang

Blattfall

Dieser Rückstand konnte durch das seit Mitte Oktober umgeschlagene Wetter mit anhaltender Tiefdruckaktivität und zeitweiligen Sturm nur bedingt aufgeholt werden. Der Blattfall der Stieleiche als Leitphase für den beginnenden Winter wurde erst am 13. statt am 7. November gemeldet. Damit blieb eine Verzögerung von 6 Tagen.

Der subjektive Eindruck des späten Blattfalls in diesem Herbst kann also durch Beobachtungen bestätigt werden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass zum Teil noch einige Blätter an den Bäumen hängen. In den nächsten Tagen sorgen Sturm, Regen und sinkende Temperaturen voraussichtlich aber für einen weiteren starken Abgang der Blätter von den Bäumen.

Die alte Bauernregel, die besagt: „Hängt das Laub bis November hinein, wird der Winter lange sein“ lässt sich übrigens nicht belegen. Sie steht wissenschaftlich auf sehr wackeligen Beinen. Wie der Winter wird, können uns die Bäume also auch heute leider noch nicht verraten.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.11.2023
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Tiefdruckgebiete halten das Zepter in der Hand

JASPER, KNUD und LINUS sind derzeit die Protagonisten. Dabei handelt es sich nicht um Nachwuchs im Berliner Zoo, sondern um die Tiefdruckgebiete, die aktuell und in den kommenden Tagen das Wetter in Deutschland beeinflussen. Sie sorgen dafür, dass keine Langweile aufkommt und es wechselhaft sowie zeitweise windig bis stürmisch bleibt.

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Tief JASPER liegt derzeit (Stand: Mittwoch, den 15.11.2023, 7 Uhr) über Polen und sorgte in den vergangenen Tagen unter anderem für die ergiebigen Niederschläge im Süden des Landes. Verbreitet fielen dabei von Sonntagmorgen, den 12.11.2023, 7 Uhr bis Mittwochmorgen den 15.11.2023, 7 Uhr vom Schwarzwald bis ins Chiemgau 40 bis 70 l/qm/72 h. Im Südschwarzwald wurden Mengen zwischen 100 und 150 l/qm/72 h erreicht. Beispielsweise gab es in Dachsberg-Wolpadingen (Baden-Württemberg) 155 l/qm/72 h und in Vöhrenbach 150 l/qm/72 h (Baden-Württemberg). Auch im Allgäu fielen in Staulagen teils über 100 l/qm. Spitzenreiter sind dort Oberstdorf-Rohrmoos (Bayern) mit 122 l/qm/72 h und Balderschwang (Bayern) mit 130 l/qm/72 h. Sonst wurden meist zwischen 10 und 40 l/qm/72 h registriert. Nur in der Norddeutschen Tiefebene gibt es einige Gebiete mit weniger Niederschlag.

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Tief KNUD, das sich von Westengland in die westliche Ostsee verlagert, sorgt heute verbreitet für einige Schauer, im Süden und in der Mitte kann es sogar zu kurzen Gewittern kommen. Östlich der Elbe bleibt es weitgehend trocken. In der Nacht ziehen sich die schauerartigen Niederschläge in den Norden und Osten zurück. Sonst sind Schauer eher die Ausnahme. Hier und da kann es auflockern.

Der dritte Protagonist, Tief LINUS, kommt dann im Laufe des Donnerstags ins Spiel. Zunächst lässt die Niederschlagsneigung nach und vorrangig südlich der Donau und in Nordseenähe gewinnt die Sonne die Oberhand. Gegen Nachmittag kündigt sich im Westen und Südwesten dann der Tiefausläufer von Tief LINUS an.

Dieser sorgt in der Nacht zum Freitag vor allem in der Südhälfte für ordentlich Rabatz. Gebietsweise regnet es kräftig und der Wind lebt deutlich auf. Südlich einer Linie Saarland-Bayerischer Wald drohen Sturmböen zwischen 70 und 85 km/h (Bft 8-9) zunächst aus Südwest, später aus West bis Nordwest bis ins Flachland. Im Alpenvorland, in Oberschwaben und generell in höheren Lagen sind schwere Sturmböen bis 100 km/h (Bft 10) denkbar. Orkanböen (Bft 12) drohen in den Gipfellagen. Einen groben Überblick zu den erwartbaren Böen gibt die folgende Grafik.

DWD Tiefdruckgebiete halten das Zepter in der Hand 6

Es muss jedoch deutlich darauf hingewiesen werden, dass sich die Modellberechnungen derzeit noch unterscheiden, was in der nächsten Darstellung deutlich wird. Zu diesem Thema gibt es einige Informationen im gestrigen Thema des Tages unter

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Doch das Tief hat, wie gesagt, nicht nur ordentlich Wind im Gepäck, sondern auch einiges an Niederschlag. Die Schneefallgrenze sinkt dabei bis Freitagfrüh von anfangs über 1000 m auf etwa 600-800 m ab. Eine Schneedecke bildet sich allerdings nur in den Hochlagen aus, da die Böden noch viel zu warm sind. Die Niederschlagsmengen liegen südlich des Mains in der Fläche bei 5 bis 15 l/qm/12 h. In einem Streifen, dessen genaue Lage noch nicht sicher ist (abhängig von der genauen Zugbahn des Tiefs), werden Mengen zwischen 20 und 40, teils bis 60 l/qm/12 h berechnet.

DWD Tiefdruckgebiete halten das Zepter in der Hand 8

In der Nordhälfte des Landes passiert in der Nacht zum Freitag nicht viel und es bleibt deutlich ruhiger. Auch im Süden zieht der Sturm am Morgen rasch ab, leicht wechselhaft bleibt es aber dennoch. Wer die Hoffnung hegt, dass sich deutschlandweit endlich mal wieder ruhiges Herbstwetter einstellt, der muss an dieser Stelle enttäuscht werden. Zwar wird es am Samstag vorübergehend etwas freundlicher, doch bereits zum Abend zieht von Westen ein neues Niederschlagsgebiet heran und der Wind frischt etwas auf. Nun ja, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.11.2023
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Deutschland kommt nicht zur Ruhe…

Es wurde erläutert, dass die Vorhersage des Wetters aufgrund der Chaostheorie als nichtlineares, dynamisches und chaotisches System Grenzen aufgewiesen bekommt. Die Anfangsbedingungen in der Atmosphäre sind nicht exakt bestimmbar, und die Wettermodelle bieten lediglich Annäherungen. Doch wie manifestieren sich diese Grenzen?

Ein konkretes Beispiel verdeutlicht die Wettervorhersage für die Nacht zum Freitag: Abbildung 1 zeigt den auf Meeresniveau reduzierten Luftdruck und die Temperatur auf der 850 hPa – Fläche, was bei dieser Lage etwa einer Höhe von 1400 m entspricht. Links ist die Wetterprognose des europäischen Modells (ECMWF) dargestellt, in der Mitte das deutsche Modell (ICON) und rechts das amerikanische Modell (GFS), jeweils mit einer 78-stündigen Vorhersage für Freitagfrüh. Auffällige Unterschiede werden sichtbar.

Während sich im GFS und ECMWF am Donnerstag ein Tief über Frankreich entwickeln soll, das in der Nacht zum Freitag über Deutschland ziehen und sich im GFS sogar zu einem schweren Sturm entwickeln würde, fehlt dieses Tief im Deutschen ICON-Modell ganz. Die Entstehung und Zugbahn dieses Tiefs hängen offenbar entscheidend von den Anfangsbedingungen, den Näherungen der Modelle (Parametrisierungen) und der zugrunde liegenden Modellphysik ab. Die Auswirkungen dieses Tiefs beeinflussen maßgeblich die Vorhersage von Niederschlagsgebieten, Wind, Temperatur und Bewölkung.

Während das GFS-Modell einen schweren Sturm im Westen vorhersagen würde, prognostiziert das ICON-Modell vergleichsweise schwache Winde. Bei der ECMWF-Lösung mit südlicher Zugbahn würden wiederum kräftige Niederschläge im Schwarzwald und am Alpenrand auftreten. Solche Modellunterschiede im kurzfristigen Vorhersagezeitraum sind ungewöhnlich und markieren einen Punkt, an dem die Vorhersage zumindest vorübergehend ins Chaos abzudriften scheint.

DWD Chaos in der Wettervorhersage

Um das Chaos-Problem zumindest teilweise zu bewältigen, werden sogenannte Ensemblerechnungen durchgeführt. Das bedeutet, dass ein Wettermodell mehrmals mit leicht variierten Anfangsbedingungen berechnet wird. Dies dient einerseits dazu, die Prognosesicherheit zu bewerten, und andererseits, in unsicheren Fällen dennoch Aussagen zu ermöglichen. Das ECMWF führt beispielsweise 50 solcher leicht variierten Modellrechnungen durch (siehe Abbildung 2).

Da jedoch kein Meteorologe die Zeit hat, 50 Wettermodelle einzeln auszuwerten, wird eine Methode namens Clusteranalyse verwendet, um die Auswertung zu erleichtern. Dabei werden Vorhersagen mit ähnlichen Strukturen von einem Algorithmus in sogenannte Cluster eingeteilt. In unserem Fall ergeben sich 2 Cluster, die etwa gleich viele Mitglieder haben. Das bedeutet, die Hälfte der Ensemblemodelle zeigt das angesprochene Tief, während die andere Hälfte die ICON-Variante bevorzugt (siehe Abbildung 3). Diese Situation erschwert die Entscheidungsfindung erheblich.

In solchen Fällen kommt es auf die Erfahrungswerte der Meteorologen an, um festzustellen, welches Modell in bestimmten Situationen die besten Vorhersagen liefert. In ähnlichen Situationen war es oft so, dass sich mit Annähern an das Ereignis ICON und die übrigen Ensembles dem ECMWF-Hauptlauf angenähert haben. Daher wagen wir die Annahme, dass es eher wahrscheinlich ist, dass ein Tiefdruckgebiet in bisher nicht vorhersagbarer Intensität und Zugbahn irgendwo über die Mitte oder den Süden Deutschlands ziehen könnte.

DWD Chaos in der Wettervorhersage 1

DWD Chaos in der Wettervorhersage 1

Eine zusätzliche Methode zur Auswertung von Ensembleprognosen besteht darin, Wahrscheinlichkeiten aus den einzelnen Modellläufen zu berechnen. Dies könnte als eigenes Thema des Tages behandelt werden.

Es ist wichtig zu betonen, dass Unsicherheiten im Kurzfristbereich nicht zwangsläufig bedeuten, dass auch der Mittelfristbereich unsicher ist. Zum Wochenende hin prognostizieren die Modelle wieder einheitlich ein neues Atlantiktief, das auf einer West-Ostzugbahn über das nördliche Mitteleuropa zieht. Dieses Tiefdruckgebiet wird voraussichtlich mit seinem Sturmfeld wechselhaftes Wetter bringen. Die Warmfront des Systems wird dann vor allem im Norden für regnerisches, aber sehr mildes Wetter sorgen. Die Vorhersage für dieses Tiefdruckgebiet ist im Vergleich zu kurzfristigen Prognosen sicherer, da es sich um ein großes System handelt und große Strukturen in Modellen generell besser vorhergesagt werden können.

Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.11.2023
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Deutschland kommt nicht zur Ruhe…

Verantwortlich für die in der Überschrift erwähnte Ruhestörung ist eine stark ausgeprägte westliche Höhenströmung, unter der wir uns mehr oder weniger schon seit Wochen befinden. Mit ihr werden immer wieder atlantische Tiefdruckgebiete mit ihren Ausläufern nach Europa gesteuert.

Aktuell ist Sturmtief JASPER an der Reihe, das am heutigen Montag von den Britischen Inseln über die Nordsee Richtung dänische Küste zieht. Sein Frontensystem zieht am heutigen Montag über Deutschland mehr oder weniger hinweg. ‘Mehr oder weniger’ deshalb, weil diese Aussage nicht für alle Regionen des Landes zutrifft. Über den Süden des Landes zieht die Warmfront von JASPER zwar rasch hinweg (oder hat dies schon getan), seine Kaltfront bleibt aber über dem äußersten Süden nahezu liegen und kommt kaum noch südwärts voran.

Der Grund liegt darin, dass die Kaltfront im Süden zunehmend parallel zu den Isobaren, also den Linien gleichen Luftdrucks, liegt. Genauer gesagt, bekommt die Front in der westlichen Strömung eine mehr und mehr West-Ost-Ausrichtung. Da der Wind (ganz grob) entlang der Isobaren weht, wird es für ihn damit immer schwieriger, die Front voranzutreiben. Anders sieht es im Norden Deutschlands aus, wo die Front noch eher von Nord nach Süd verläuft und damit die Schubkomponente des Westwindes deutlich größer ist (als Beispiel wird im Folgenden die Luftdruck- und Frontenanalyse von heute Mittag 12 UTC gezeigt).
DWD Deutschland kommt nicht zur Ruhe 2

Und das hat natürlich Folgen für das damit verbundene Wetter: Während das frontale Regengebiet in der Nordhälfte im heutigen Tages- und kommenden Nachtverlauf ostwärts abzieht, kam und kommt es im Süden zu anhaltenden Niederschlägen. Vor allem im Schwarzwald und im südlichen Alpenvorland kam von gestern Mittag bis heute Mittag schon einiges an Niederschlägen runter: vielfach 25 bis 40 l/qm, im Oberallgäu bis 50 l/qm und im Südschwarzwald lokal noch etwas mehr innerhalb von 24 Stunden.

Doch damit nicht genug. Bis Dienstag werden nochmals ähnlich hohe Mengen erwartet, wobei in den Staulagen von Schwarzwald und Allgäu auch deutlich über 50 l/qm in 24 Stunden fallen können. Im Oberallgäu, wo die Regenfälle erst im Laufe des Mittwochs abklingen, sind bis dahin sogar um 100 l/qm in 48 Stunden nicht ausgeschlossen. Insgesamt ist die Prognose – gerade was die Spitzenmengen angeht – immer noch recht unsicher. Das hat vor allem auch mit der Lage des strömungsparallelen Tiefausläufers zu tun, die von Modell zu Modell leicht unterschiedlich vorhergesagt wird. Mal liegt sie etwas nördlicher, mal etwas südlicher. Diese kleinen Unterschiede haben allerdings einen großen Einfluss auf die Niederschlagsentwicklung.

Dass aber noch einiges an Wasser vom Himmel fällt, ist klar. Dazu kommt noch die Schneeschmelze in den Alpen, denn in der von JAPSER mitgebrachten milden Meeresluft konnte die Schneefallgrenze auf über 2000 m ansteigen. Besonders im Schwarzwald und Allgäu können in der Folge Bäche und kleinere Flüsse über die Ufer treten. Auch sind dort einzelne Erdrutsche nicht ausgeschlossen. Spätestens am Mittwoch dürften sich die Regenfälle dort aber, wie gesagt, deutlich abschwächen beziehungsweise sogar abklingen.

Und was passiert sonst so in Deutschland? Auch im großen Rest des Landes wird es in den kommenden Tagen immer wieder Regen geben, denn wir verbleiben – wer hätte es geahnt – unter Tiefdruckeinfluss. Dazu wird es immer wieder windig bis stürmisch, in den Hochlagen muss zeitweise auch mit schweren Sturmböen gerechnet werden und es bleibt für Mitte November recht mild.

DWD Deutschland kommt nicht zur Ruhe 3

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Stellt sich abschließend noch die Frage, wo denn eigentlich die für ruhiges Wetter bekannten Hochdruckgebiete sind? Die tummeln sich weit südlich von uns in deutlich wärmeren Gefilden (wer will’s ihnen verdenken). Ihre Ausflüge zu uns sind aus heutiger Sicht weiterhin allenfalls von kurzer Dauer.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.11.2023
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Steht Island ein neuer Vulkanausbruch bevor?

Auf Island braut sich etwas zusammen…es bebt und brodelt mal wieder heftig! Island – die Insel aus Feuer und Eis – ist nämlich nicht nur bekannt für seine Geysire, facettenreichen Wasserfälle und ausgedehnten Gletscher, sondern auch berühmt für ihre vulkanische Aktivität. Spätestens nach dem explosiven Ausbruch des “Eyjafjallajökull” im Jahr 2010, der den Flugverkehr in Europa tagelang massiv störte, ist diese Tatsache wohl den meisten bekannt. Seit März 2021 rückt vor allem die Halbinsel “Reykjanes” südwestlich der Hauptstadt Reykjavík in den Fokus, auf der sich auch der internationale Flughafen “Keflavík” (KEF) befindet.

Vulkanserie am Fagradalsfjall

Bevor wir uns den aktuellen Ereignissen widmen, blicken wir kurz auf die Vulkanserie der letzten Jahre zurück. Anfang 2021 bebte es auf der Halbinsel Reykjanes mehrere Wochen, was am 19. März in den ersten Vulkanausbruch seit fast 800 Jahren in dieser Region mündete. Die anfangs als “winzig kleiner Ausbruch” bezeichnete Eruption hielt schließlich mehrere Monate an. Jene bildete einen stattlichen Vulkankrater und ein 4,85 Quadratkilometer großes Lavafeld aus. Da von diesem Ausbruch keine größere Gefahr ausging und die Stelle zudem leicht zugänglich war, entwickelte sich der Ort schnell zur Touristenattraktion. Auch der heutige Autor bewunderte Anfang Juli das beeindruckende Naturschauspiel. Seitdem kam es dort zu zwei weiteren Eruptionen. Im August 2022 ereignete sich ein kleiner und nur gut zwei Wochen andauernder Ausbruch. Im Juli dieses Jahres tat sich die Erde erneut auf und aus einer ca. 200 m breiten Spalte trat Lava aus. Diese Eruption hielt immerhin knapp 4 Wochen an und formte ein etwa 1,5 Quadratkilometer großes Lavafeld. Alle bisherigen Ausbrüche bedrohten keine kritische Infrastruktur und waren vor allem ein Highlight für abenteuerlustige Island-Touristen.

DWD Steht Island ein neuer Vulkanausbruch bevor 1

Was passiert aktuell auf Reykjanes?

Seit dem 24. Oktober bebt es erneut auf der Halbinsel. Seither wird die Region mal stärker, mal etwas weniger stark von zahllosen Erdbeben, sogenannten Schwarmbeben, erschüttert. Bisher haben sich rund 25.000 Beben ereignet. Zahlreiche dieser erreichten Stärken über Magnitude 3 (ab der man Beben in der Regel spüren kann), einige sogar Magnitude 4 (M4) und stärker. Anfangs gingen Experten lediglich von Spannungsänderungen aufgrund der Verformung der Halbinsel durch die früheren Eruptionen aus. Bereits nach einigen Tagen ließen aber Messungen darauf schließen, dass in der Erdkruste in einer Tiefe von 4 bis 5 Kilometern Magma einfließt und sich dort ansammelt. Die Erdbeben sind eine Reaktion auf Erdspannungen, die durch das Eindringen des Magmas entstehen. Satelliten- und GPS-Messungen belegen, dass die Magmaansammlung zu einem Anheben der Landmasse von einigen Zentimetern geführt hat. Dabei entstehen Risse in der Erdkruste und Erdbeben, die für einen Abbau der Spannungen sorgen, sind die Folge. Solche Magmaansammlungen münden nicht immer in einen Vulkanausbruch. Oft lassen die Schwarmbeben nach einiger Zeit wieder nach. Bis Freitagmittag gab es keine eindeutigen Hinweise, dass sich das in rund 4-5 km Tiefe befindliche Magma auf den Weg Richtung Erdoberfläche machte.

Freitagnachmittag spitze sich die Situation aber schlagartig zu. Die Erdbeben nahmen sowohl in ihrer Anzahl als auch in ihrer Heftigkeit rapide zu (siehe Abbildung 1). Zahlreiche Beben der Stärke M4 erschütterten die Region um den Ort Grindavík. Am frühen Abend ereignete sich sogar ein Beben der Stärke M5.2, welches unter anderem die Verbindungsstraße zwischen Flughafen und Grindavík teilweise zerstörte. Auch in Grindavík wurden Straßen und Häuser beschädigt. Experten zufolge waren dies Anzeichen, dass sich das Magma allmählich der Erdoberfläche nähert. Ein Vulkanausbruch wurde wahrscheinlicher.

DWD Steht Island ein neuer Vulkanausbruch bevor

Was unterscheidet die aktuelle Situation von vorherigen Ausbrüchen?

Anders als bei den vorherigen Ereignissen, treten bzw. traten die meisten Erdbeben weiter westlich auf. Bei einem Ausbruch in dieser Region könnte auch kritische Infrastruktur betroffen sein. Daher haben die aktuellen Ereignisse eine deutlich höhere Brisanz. Zum einen befindet sich dort die bereits erwähnte Verbindungsstraße zwischen dem Norden (wo sich z.B. der Flughafen befindet) und dem Süden der Halbinsel. An dieser Straße liegt auch das bei Touristen beliebte Geothermalbad “Blaue Lagune”, das am Freitag vorsorglich bis auf Weiteres geschlossen wurde. Direkt nebenan befindet sich ein Kraftwerk, das u.a. den Flughafen mit Strom versorgt. Besonders dramatisch könnte es allerdings für den Küstenort Grindavík (ca. 4000 Einwohner) werden. In der Nacht zum gestrigen Samstag verlagerte sich die seismische Aktivität nach Süden Richtung Grindavík. Von den Behörden wurde am Freitagabend der Notstand für den Zivilschutz ausgerufen und die Bewohner des Ortes wurden evakuiert.

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Basierend auf Satellitenbildern und GPS-Messungen wurden gestern Modelle erstellt. Sie zeigen einen etwa 15 km langen Magmatunnel unter der Erde, in dem das Magma fließt (siehe Abbildung 2). Zudem nähert sich das Magma der Oberfläche. Bereits gestern lag die geschätzte geringste Tiefe des Magmas bei nur noch 800 m und das Magma dürfte bis heute weiter aufgestiegen sein. Experten zufolge ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in den kommenden Tagen jederzeit zu einem Vulkanausbruch entlang des Magmatunnels kommen könnte. Zwar hat die Erdbebenaktivität seit gestern Nachmittag stark abgenommen (siehe Abbildung 3), was aber vor einer beginnenden Eruption nicht ungewöhnlich ist. Zudem geht man davon aus, dass das starke Erdbeben vom Freitagabend für einen Spannungsabbau in der Erdkruste gesorgt hat, wodurch zum einen die Erdbebenaktivität abnimmt und zum anderen das Magma wahrscheinlich einfacher aufsteigen kann. Die Modelle deuten ebenfalls darauf hin, dass auch am südlichen Ende des Magmatunnels Magma austreten könnte. Es besteht also eine erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Vulkanausbruchs auf dem Meeresboden. Dies würde einen explosiven Ausbruch zur Folge haben.

Es bleibt abzuwarten, ob, wann und wo eine Eruption stattfindet. Den Bewohnern von Grindavík wünschen wir, dass sie nicht ihr Zuhause verlieren und Island auch dieses Mal mit einem blauen Auge davonkommt.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wochenendwetter

Am morgigen 11. November ist neben dem Martinstag auch der Beginn der fünften Jahreszeit. Für alle Fußballbegeisterten wird sicherlich ebenfalls etwas geboten sein, wenn sich am Nachmittag und Abend im Süden und Westen Bundesligamannschaften gegenüberstehen. Tatsächlich ist es nämlich so, dass mit München, Augsburg, Stuttgart, Darmstadt und Bochum nur Austragungsorte aus diesen Landesteilen vertreten sind.

Das Gebot der Stunde wird auf jeden Fall das Tragen einer Regenjacke sein. Für alle Narren und Jecken eher ein notwendiges Übel, verdeckt die Jacke doch das wohl ausgewählte Kostüm. Der größte Regenschirm im Haus sollte auch die Wahl für alle Eltern sein, die planen, mit ihren Kindern einen Martinsumzug zu besuchen, um die selbstgebastelte Laterne möglichst vor den Regentropfen zu schützen.

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Das Tiefdruckgebiet HELMOE (international gültiger Name: ELISA) mit Kern über der Nordsee beschert uns einen herbstlichen Start ins Wochenende. In der Nacht zum Samstag zeigt sich der Himmel oft bedeckt und es treten gebietsweise schauerartige Regenfälle auf. Die Schneefallgrenze sinkt ab, weswegen vor allem im Oberallgäu und im Hochschwarzwald ein paar Zentimeter Neuschnee verzeichnet werden können. Für alle Nachteulen in diesen Regionen ist es ratsam, dieses Schauspiel lieber aus der warmen Stube zu betrachten, denn ein auffrischender, in den Hochlagen auch stürmischer Westwind weht um die Häuserecken. Die Tiefstwerte liegen dabei zwischen 7 und 0 Grad, in den Hochlagen der Mittelgebirge und Alpen tritt leichter Frost auf.

Auch am Tage zeigt sich der Himmel oft bedeckt und gebietsweise ist mit Regen zu rechnen. Die Schneefallgrenze liegt dabei bei 700 bis 1000 m. Die ganz große Nummer wird das aber nicht zum Start in die fünfte Jahreszeit. Die Böden sind noch warm, zudem ist es in den in Frage kommenden Regionen oft windig bis stürmisch, was das “Liegenbleiben” oder gar das Zustandekommen einer Schneedecke meist verhindert. Kurzum reicht es allenfalls im Hochschwarzwald, in den Alpen sowie in den Gipfellagen des Bayerischen Waldes und des Erzgebirges für ein paar Zentimeter Neuschnee. Im Nordosten bleibt es zwar bis zum Nachmittag noch weitgehend trocken, aber vielerorts verhindern Wolken längeren Sonnenschein. Im Tagesverlauf klingen die Regenfälle im Südwesten allmählich ab. Es treten zwar noch einzelne Schauer auf, aber dazwischen lockert die Bewölkung auf und es scheint zeitweise die Sonne. Die Temperaturen steigen dabei landesweit auf Werte von 5 bis 11 Grad, in den Mittelgebirgen sowie in einigen Alpentälern bleibt es etwas kühler.

DWD Wochenendwetter

Auch in den nachfolgenden Tagen bleibt es “beständig unbeständig”. Während am Sonntag von Nordwesten bis Südosten von schwachem Zwischenhocheinfluss gesprochen werden kann, zieht von Südwesten neues Ungemach auf. Aus dichter Bewölkung regnet es im Süden dann teils lang anhaltend und kräftig. Noch besteht recht wenig Konsistenz zwischen den Modellen, wie viel Niederschlag letztendlich zusammenkommen wird. Was relativ gesichert ist, ist die Tatsache, dass es insbesondere für den Südwesten und Süden eine nasse Angelegenheit wird, mit den “bevorzugten” Regionen Schwarzwald und Allgäu.

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Am Montag und in der Nacht zum Dienstag wird es in der Südhälfte zudem windig bis stürmisch. Das Temperaturniveau steigt dann allmählich von Südwesten wieder an. Während am Sonntag am Oberrhein gerade einmal 10 Grad erreicht werden, liegen die Höchstwerte am Montag dort bei 15 Grad. Dann sieht man ein deutliches Südwest-Nordost-Gefälle, denn in Vorpommern steigen die Temperaturen gerade einmal auf 6 Grad.

 

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M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst