Klimaänderung anhand der Temperatur am Hohenpeißenberg

Abbildung 1. zeigt die Klimaänderung anhand der 240 Jahre langen Hohenpeißenberger Messreihe der Temperatur (blaue Kurven). Die Jahresmitteltemperatur hat in den letzten Jahrzehnten gegenüber dem Zeitraum 1781 bis 1960 um rund 2°C zugenommen. Ab 1980 ist der Anstieg besonders deutlich. Ähnliche Anstiege zeigen die mittlere Temperatur über Deutschland (rosa Kurven, ab 1881) und die weltweite Mitteltemperatur (grüne, rote und lila Kurven). Die Temperatur am Hohenpeißenberg ist sogar etwas stärker angestiegen als über Deutschland. Beide sind deutlich mehr angestiegen als die weltweite Temperatur. Am Hohenpeißenberg lag das langjährige Mittel der Jahre 1990 bis 2020 um +1.7°C oberhalb des Mittels der Jahre 1781 bis 1960. Das Mittel der letzten Jahre lag sogar +2.6°C höher (gestrichelte blaue Linien).

Was aber bedeuten 2°C Temperaturänderung? Von Tag zu Tag, vom frühen Morgen zum Nachmittag hin, oder im Verlauf eines Jahres treten doch viel größere Temperaturschwankungen auf. Drei Beispiele zeigen, dass 2°C Änderung der mittleren Temperatur drastisch sind: In der letzten Eiszeit lag die globale Mitteltemperatur lediglich 6°C niedriger als im letzten Jahrhundert. 2°C mehr in Deutschland bedeuten längere Wachstumsperioden, z.B., dass Bäume heute 2 Wochen früher blühen und austreiben. (Leider erhöht die frühere Blütezeit auch die Gefahr von Nachtfrösten). Temperaturen in Süddeutschland sind heute so, wie früher südlich der Alpen in Italien. Gefährlich ist dabei weniger die Änderung der mittleren Temperatur (oder des Niederschlags), sondern mehr die Zunahme extremer Temperaturen (oder extremer Ereignisse). Beim mittleren Niederschlag läuft ein Bach nicht über, wohl aber, wenn es extrem viel regnet. Nicht die mittlere Temperatur belastet Menschen und Pflanzen, sondern ungewöhnliche Hitze und Kälte.

Deswegen zeigt Abbildung 2a anhand von Über- und Unterschreitungshäufigkeiten, wie oft am Hohenpeißenberg besonders warme oder kalte Tage vorkommen. Die meisten Tage liegen zwischen -5°C und +20°C. Früher (1781 bis 1960, ~65000 Tage) lag die Tagesmitteltemperatur an 20% aller Tage über 13.5°C, an weniger als 2% aller Tage über 20°C (rosa Kurve). Heute (1990 bis 2020, ~11000 Tage) treten Tagesmittel wärmer als 15°C an rund 20% aller Tage auf, wärmer als 20°C an mehr als 5% aller Tage (rote Kurve). Dabei hat sich die Überschreitungshäufigkeit ziemlich genau um +1.7°C zu höheren Temperaturen verschoben (rote und die rosa gestrichelte Kurve fast gleich). Die Verschiebung entspricht der Zunahme des langjährigen Mittelwerts in Abbildung 1.

Bei kalten Tagen hat sich die Häufigkeit ebenfalls verschoben (hellblaue und dunkelblaue Kurven), wobei besonders kalte Tage, kälter als -7°C, noch stärker abgenommen haben, als nach Verschiebung der alten Kurve zu erwarten (blaue Kurve unterhalb der gestrichelten hellblauen Kurve). Waren früher 2.4% aller Tagesmittel kälter als -10°C, so trifft das heute nur noch für 1% der Tage zu.

Abbildung 2b verdeutlicht, wie dramatisch sich die Über- und Unterschreitungshäufigkeiten von früher auf heute geändert haben. Tage wärmer als 20°C kommen heute mehr als 2-mal so häufig vor wie früher, Tage wärmer als 25°C mehr als 6-mal so oft (Abb. 2b, rote Kurve). Bei kalten Tagen sind die Veränderungen noch größer (Abb. 2b, blaue Kurve): Tage kälter als -5°C kamen früher 1.6-mal häufiger vor als heute, Tage kälter als -15°C kamen früher 3 bis 10-mal häufiger vor. Sehr kalte Tage, kälter als -18°C, gibt es heute praktisch nicht mehr.

Alle Klimasimulationen sagen weiter steigende Temperaturen vorher und lassen in Zukunft nochmal deutlich mehr warme Tage erwarten und deutlich weniger kalte Tage, als in Abbildung 2 schon für den Zeitraum 1990 bis 2020 (und den „kalten“ Hohenpeißenberg mit fast 1000 m Höhe) erkennbar. Anpassung an diese Veränderungen und Reduktion der verursachenden Treibhausgas-Emissionen sind enorme, weltweite Aufgaben für die nächsten Jahre und Jahrzehnte.

[Hinweis: Dieses Thema des Tages entstammt dem GAW (Global Atmosphere Watch)-Brief Nr. 80 vom 19. Oktober 2021, der vom Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg herausgegeben wird und unter. html kostenfrei abonniert werden kann.]

Dr. Wolfgang Steinbrecht, Dr. Werner Thomas, Dipl.-Ing. Thomas Elste (DWD Hohenpeißenberg)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.10.2021

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DWD Klimaaenderung anhand der Temperatur am Hohenpeissenberg

 

IGNATZ und HENDRIK schwingen den Kochlöffel

Die ruhigen Tage sind vorbei „und das ist auch gut so!“, mag man sich vielleicht mancherorts im Süden und Südwesten unseres Landes denken. Dort hatte man es in den vergangenen Tagen nämlich immer wieder mit zum Teil zähem Nebel und Hochnebel zu tun – ein für viele wohl eher negativ behafteter Effekt einer herbstlichen Hochdrucklage. Denn während das Barometer eisern behauptet, draußen sei es „schön“, steckt man nahezu den ganzen Tag über in tristem Grau.

Warum das so ist? Nun, durch die im Herbst immer „länger“ werdenden Nächte bzw. genauer gesagt, durch die immer länger fehlende Sonneneinstrahlung, hat der Boden auch immer mehr Zeit, Wärme abzustrahlen und folglich abzukühlen. Die darüber befindliche Luft kühlt dagegen deutlich langsamer ab, was bedeutet, dass die Temperatur in den untersten Troposphärenschichten mit der Höhe zunimmt. Man spricht von einer sogenannten bodennahen Inversion, wobei mit „bodennah“ wenige hundert bis rund 2000 m über Grund gemeint sind. Die Luftschichten innerhalb der Inversion sind von den darüber liegenden entkoppelt, d.h. zwischen Ihnen kommt es zu keinem Luftaustausch mehr.

Im Sommer löst sich eine nächtlich ausgebildete Inversion meist schon in den Vormittagsstunden wieder auf, da die recht steil einfallende Sonnenstrahlung den Boden rasch erwärmt. Im Winterhalbjahr kann sie sich dagegen aufgrund der langen Nächte und der nur flachen Einstrahlung vor allem bei ruhigen, also windschwachen Hochdrucklagen – wie wir sie die letzten Tage hatten – schon mal über mehrere Tage halten.

In den Niederungen ist eine Inversion dann eben auch häufig mit zum Teil zähem Nebel oder Hochnebel verbunden, sofern die Entstehungsbedingungen dafür erfüllt sind. Währenddessen scheint auf den Bergen, oberhalb der Inversion, die wärmende Sonne. In der Meteorologie spricht man in diesem Zusammenhang auch von einer schlechten Durchmischung der Luftschichten. Bildlich gesprochen fehlt bei einer solchen Wetterlage der Löffel, der diese „Suppe“ mal so richtig umrührt.

Und hier kommt jetzt der Tiefdruckkomplex um IGNATZ und HENDRIK ins Spiel! Das dazugehörige Sturmfeld greift in der kommenden Nacht zum Donnerstag von Westen auf Deutschland über. Was es mit dem Sturm im Detail auf sich hat, wurde bereits im gestrigen Thema des Tages beschrieben. Er sorgt auf jeden Fall für eine gute Durchmischung der Luftschichten, was uns am Donnerstag noch einmal verbreitet milde 13 bis 18 Grad bringt und uns zudem Nebel und Hochnebel vom Hals hält. Letztere werden sich wohl erst wieder in den Nächten am kommenden Wochenende im Süden und Südwesten hier und da zeigen. Denn da sorgt Hoch QUEDLINBURGIA wieder für eine Wetterberuhigung.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.10.2021

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Der Baumrüttler kommt!

Nach etwas mehr als der Hälfte des meteorologischen Herbstes (bestehend aus den Monaten September, Oktober und November) lässt sich bezogen auf die Referenzperiode 1961-1990 mit einer Abweichung von etwa 0,8 Grad bisher ein leicht zu milder Verlauf konstatieren. Mit nur 31% des Niederschlagsolls des Gesamtherbstes ist es außerdem zu trocken und mit 79 % des Sonnenscheinsolls des Gesamtherbstes deutlich sonniger als üblich. Da es darüber hinaus auch nur wenige kalte Nächte hintereinander gab, ist es in der Natur zu einer Verzögerung der Blattverfärbung gekommen.

Die Blattverfärbung wird in der Phänologie, die sich mit dem Einfluss der Witterung auf die jahreszeitlichen Entwicklungsphasen der Pflanzen befasst, mit dem sogenannten Spätherbst verbunden. Als Leitphase dient dabei die Blattverfärbung der Stieleiche, die im vieljährigen Mittel am 18. Oktober erreicht wird und damit am gestrigen Montag hätte beginnen sollen. Durch die Witterungsverzögerung lagen bis gestern aber noch nicht aus allen Regionen Meldungen des Eintritts des Spätherbsts vor, sodass die Leitphase noch nicht vollständig erreicht ist.

Dennoch zeigen sich viele Bäume und Sträucher in unseren herbstlichen Wäldern nun mit einem roten, gelben oder braunen Blattgewand, weil ihre Blattverfärbung früher als die der Stieleiche bereits begonnen hat. Etwa 2 bis 3 Wochen nach der Blattverfärbung setzt der Blattfall ein. Das passiert, wenn den Blättern alle Nährstoffe entzogen worden sind und eine Trennschicht zwischen Blattstiel und Zweig wächst. Nun reicht ein leichter Windstoß, um die Blätter vom Baum zu wehen.

Ein zünftiger Sturm könnte den Blattfall also stark befeuern und tatsächlich kündigt sich in der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstag ein solcher an! So könnte sich Sturm IGNATZ (wahrscheinlich mit den zwei Kernen IGNATZ I und II) als kräftiger Baumrüttler erweisen, der den schon länger verfärbten Blättern an den Kragen geht und einige von ihnen zu Boden fallen lassen wird.

Dabei wartet IGNATZ mit zum Teil schweren Sturmböen zwischen 90 und 100 km/h (entspricht Beaufort 10) bis ins Tiefland auf. In kräftigen Schauern oder Gewittern sind lokal ganz vereinzelt orkanartige Böen um 105 km/h (Bft 11) nicht völlig ausgeschlossen. Im höheren Bergland treten orkanartige Böen häufiger auf, auf exponierten Berggipfeln wie dem Brocken und dem Feldberg/Schwarzwald sind Orkanböen ab 118 km/h (Bft 12) wahrscheinlich. Bei solchen Windgeschwindigkeiten ist nicht nur Blattfall zu erwarten, auch den einen oder anderen Baum mit dem häufig noch vollen Laub wird es dabei „erwischen“. Das Hauptwindfeld erreicht den Westen Deutschlands in der zweiten Hälfte der Nacht zum Donnerstag und breitet sich bis zum Donnerstagmorgen zügig bis in die Mitte und auf den Südwesten Deutschlands aus. In den Vormittagsstunden des Donnerstags erfasst der Sturm den Osten und Südosten des Landes, am Nachmittag ist auch der Norden „dran“. Zum Abend hin zieht das Hauptwindfeld bereits über den Osten Deutschlands hinweg nach Osten ab. Der Wind weht also meist nur wenige Stunden in der oben beschriebenen maximalen Stärke.

Sturm IGNATZ könnte außerdem der alten Bauernregel, die besagt: „Hängt das Laub bis November hinein, wird der Winter lange sein“ in die Parade fahren. Allerdings steht diese Bauernregel wissenschaftlich auf sehr wackeligen Füßen, weil sie sich kaum belegen lässt. Wie der Winter wird, können uns die Bäume also leider weder derzeit, noch nach dem Sturm verraten.

Dipl.-Met. Simon Trippler

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.10.2021

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DWD Der Baumruettler kommt

Welttag der Meteorologie

Seit nunmehr 60 Jahren wird am 23. März die Meteorologie mit einem Ehrentag gewürdigt. Motto dieses Jahr: die Weltmeere.

MARGARETHE baut Druck auf

In den kommenden Tagen bestimmt Hoch MARGARETHE das Wetter in Deutschland. Der Wetterablauf, mit Fokus auf die Region Potsdam, wird im heutigen Thema des Tages skizziert.

Erster Sturm des Jahres

Zum Donnerstag, den 11.03.2021, deutet sich eine recht flächige Sturmlage über Deutschland an. Welche Faktoren die Heftigkeit des Sturms bei uns ggf. beeinflussen, soll hier kurz dargelegt werden.

Zyklone MARIAN und NIRAN

Tropische Stürme sind um diese Jahreszeit in den Seegebieten rund um den nördlichen australischen Kontinent nichts Ungewöhnliches. Derzeit sind dort die Zyklone MARIAN im südlichen Indischen und NIRAN im südlichen Pazifischen Ozean aktiv.

Teil 2: Vendée Globe – Das Wetter und die Segler

Im gestrigen Thema des Tages gab es einen ersten Einblick in die Vendée Globe Regatta. Heute werfen wir einen genaueren Blick auf den Einfluss des Wetters bei dieser besonderen Regatta.

Der Windchill und ab wann es gefährlich wird

Winter – Kälte, as kann zu Problemem führen, der Windchill bringt schnell Erfrierungen, deshalb warm anziehen und dicken Neopren tragen.

Weiße Weihnachten – eine Frage des Standortes

Zwar wird von internationalen Reisen derzeit abgeraten. Dennoch wollen wir uns im heutigen Thema des Tages nicht nur auf Deutschland beschränken, sondern einen Blick über die Landesgrenzen hinaus in die Welt werfen und der Frage nachgehen: Wo wird das Weihnachtsfest „weiß“ werden?