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Unwetter auf den Kanaren

Hoher Luftdruck sorgte in den vergangenen Tagen in Deutschland fĂŒr ruhiges und sonniges FrĂŒhlingswetter. Bei der milden Witterung zog es viele Leute ins Freie, wo die Pflanzen um die Wette blĂŒhen. Auch die GrĂŒnflĂ€chen in den StĂ€dten werden wieder zunehmend von geselligen Menschen eingenommen. Wenn man die derzeit vorherrschende außergewöhnliche Trockenheit mal außer Acht lĂ€sst, kann man also von nahezu perfektem FrĂŒhlingswetter sprechen.
Aber nicht ĂŒberall in Europa ging es so ruhig zu. Die Kanarischen Inseln wurden in den vergangenen Tagen von schweren Unwettern heimgesucht. Erst Anfang MĂ€rz verursachten dort Unwetter zum Teil große SchĂ€den. Dieses Mal waren besonders die Inseln La Palma, Teneriffa, La Gomera und Gran Canaria betroffen, wo heftige RegenfĂ€lle zu Überschwemmungen fĂŒhrten. Innerhalb von kurzer Zeit wurden im Norden von La Palma an der Station „Roque de los Muchachos“ 44 Liter pro Quadratmeter registriert. Zuvor wurden auf der Insel vorsorglich sĂ€mtliche Wander- und Forstwege gesperrt, Freizeit- und Erholungsgebiete geschlossen und Arbeiten im Freien untersagt. Zudem blieben die Schulen geschlossen.
Unwetter auf den Kanaren teil 1

Satellitenbild und Linien gleichen Luftdrucks in circa 1,5 Kilometern Höhe von Donnerstag, dem 03.04.2025, im Bereich des nordöstlichen Atlantiks vor den KĂŒsten der Iberischen Halbinsel und Marokkos. 

Deutlich schwerwiegender fiel aber der Wind aus. Bereits am Donnerstagvormittag frischte dieser auf den Inseln auf. In den Mittags- und Nachmittagsstunden wurden dann insbesondere in Leelagen der Berge aufgrund von Fallwinden Böen bis zu 130 km/h gemessen. Der spanische Wetterdienst AEMET warnte auf der Ostseite von La Palma sogar mit einer Unwetterwarnung der höchsten Stufe vor den heftigen Böen. Dies fĂŒhrte zu erheblichen BeeintrĂ€chtigungen, darunter FlugausfĂ€lle am Flughafen La Palma und EinschrĂ€nkungen im öffentlichen Leben. Nicht ohne Grund, denn die heftigen Winde ließen nicht nur BĂ€ume, sondern auch Laternen und auf Gran Canaria sogar einen Strommasten umknicken. Auch von StromausfĂ€llen wurde berichtet. Neben den krĂ€ftigen Böen wurde auch ein starker Seegang erwartet mit einer signifikanten Wellenhöhe von 4 bis 5 Metern.
 

Unwetter auf den Kanaren teil 2 

Ausschnitt aus der DWD-Bodendruckanalyse sowie Modellfeld der sogenannten Àquivalentpotenziellen Temperatur in circa 1,5 Kilometern Höhe von Donnerstag, den 03.04.2025. 

Die Schuldige fĂŒr die schweren Unwetter auf den Kanaren ist schnell ausgemacht. Tief „Nuria“ liegt derzeit vor der Iberischen Halbinsel. Am gestrigen Donnerstag zog knapp nördlich der Kanaren ein Randtief vorĂŒber, dessen Kaltfront auch auf die Inseln ĂŒbergriff. Dabei sorgte zum einen die NĂ€he zum Tief fĂŒr krĂ€ftige Winde, die sich in Leelagen der Gebirge in Form von Fallwinden noch verstĂ€rkten. Zum anderen konnte es in den Nordwest-Staulagen der Gebirge zu heftigen RegenfĂ€llen kommen.
Unwetter auf den Kanaren teil 3

Vorhersage des deutschen ICON-Modells von Sonntag, 06.04.2025, 20 Uhr bis Donnerstag, 10.04.2025, 14 Uhr MESZ des Luftdrucks in circa 900 Metern Höhe und des 6-stĂŒndigen Niederschlags im Bereich des nordöstlichen Atlantiks vor den KĂŒsten der Iberischen Halbinsel und Marokkos. 

Unter Hochdruckeinfluss hat sich das Wetter auf den Kanaren heute wieder beruhigt. Allerdings zeigen die Wetterkarten in der kommenden Woche einen Langwellentrog ĂŒber dem Atlantik, der im Laufe der Woche abtropft. Das abgetropfte und folglich dann eigenstĂ€ndige Tief nĂ€hert sich zum Mittwoch bereits wieder den Inseln an und hat voraussichtlich weitere heftige RegenfĂ€lle sowie Gewitter im GepĂ€ck. Auch der Wind könnte am Donnerstag wieder krĂ€ftig auffrischen.

MSc.-Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.04.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

(Un)Wetterwarnungen des DWD -Teil 2: Gibt es die „perfekte Warnung“?

Im Tagesthema vom 07. Oktober wurde erklĂ€rt, dass (Un)Wetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) fĂŒr unterschiedlichste Zielgruppen relevant sein können. Heute geht es darum, inwieweit die hohen Anforderungen erfĂŒllt werden können, die viele Kunden an diese Warnungen stellen.

Zusammengefasst sollte die Bevölkerung frĂŒhzeitig, prĂ€zise und ortsgenau vor Wettergefahren informiert werden. FrĂŒhzeitig, damit Großveranstalter sowie Privatpersonen rechtzeitig Schutzvorkehrungen treffen können. Steht der Keller von Michael Nassfuß (Name fiktiv) bereits unter Wasser, hilft ihm eine Starkregenwarnung nichts mehr. PrĂ€zise, denn Aussagen wie „es wird stĂŒrmisch“ oder „es schneit krĂ€ftig“ reichen nicht aus. So könnte man sich unter der ersten Aussage stĂŒrmische Böen (um 65 km/h) oder schwere Sturmböen (um 100 km/h) vorstellen. WĂŒrden bei ersterem nur Äste von BĂ€umen abbrechen, können bei schweren Sturmböen BĂ€ume umstĂŒrzen und HĂ€user beschĂ€digt werden. Zuletzt ist wichtig, WANN und WO mit gefĂ€hrlichem Wetter zu rechnen ist. Schneit es nur oberhalb von 800 m oder bis in die Niederungen? Welche Orte werden vom Gewitter mit Hagel und Sturmböen erfasst?

Vielleicht ahnen Sie bereits, dass die „perfekte Warnung“, die alle drei Anforderungen optimal erfĂŒllt, kaum möglich ist. Dies veranschaulicht beigefĂŒgte Grafik. Liegt das Wetterereignis noch viele Tage in der Zukunft, ist die Unsicherheit groß, die PrĂ€zision und Regionalisierung gering. Oft sind mehrere Tage im Voraus noch unklar, wie stark der vorhergesagte Sturm ausfĂ€llt, wohin er genau zieht oder ob er ĂŒberhaupt eintritt. Kurz vor Eintreffen des Unwetters kann es zwar genau lokalisiert und dessen StĂ€rke sicher und prĂ€zise vorhergesagt werden, fĂŒr eine Warnung wĂ€re es aber möglicherweise schon zu spĂ€t. Wie geht der DWD mit diesem Dilemma um?

Die Lösung ist ein dreigliedriges Warnsystem. In Phase 1, der sogenannten „Wochenvorhersage Wettergefahren“ werden mögliche Wettergefahren der kommenden 7 Tage aufgefĂŒhrt. Mithilfe der Ergebnisse aus Vorhersagemodellen analysiert der Mittelfristmeteorologe, wie sich die Wetterlage im Laufe der kommenden Woche entwickelt und welche Wettergefahren möglicherweise zu erwarten sind. Zur Beurteilung der Unsicherheit der Wettervorhersage, sichtet er gleich mehrere Modelle verschiedener Wetterdienste. Sagt beispielsweise das eine Modell in sechs Tagen eine schwere Sturmlage vorher und ein zweites Modell eine ruhige Hochdrucklage, so ist die Vorhersage offenbar noch sehr unsicher. ZusĂ€tzlich werden sogenannte Ensembleprognosen betrachtet. Dabei handelt es sich um eine Vielzahl von Vorhersagen des gleichen Modells mit leicht variierenden Anfangsbedingungen. Je stĂ€rker sich die einzelnen Prognosen unterscheiden, desto unsicherer ist die Prognose. Die „Wettervorhersage Wettergefahren“ liefert also frĂŒhzeitig Informationen und Wahrscheinlichkeitsaussagen zu warnwĂŒrdigen Wetterereignissen, prĂ€zise und ortsgenau sind diese aber noch nicht.

DWD UnWetterwarnungen des DWD Teil 2 Gibt es die erfekte Warnung

Maximal zwei Tage (in der Regel aber 24 Stunden) vor dem Wetterereignis beginnt Phase 2, die sogenannten „regionalen Warnlageberichte“. Diese enthalten die erwarteten Wettergefahren fĂŒr jedes Bundesland. Nun stehen den Meteorologen hochaufgelöste Vorhersagemodelle zur VerfĂŒgung, mit denen die IntensitĂ€t möglicher Wetterereignisse meist schon relativ prĂ€zise beurteilt und lokalisiert werden können. Dennoch spielen Wahrscheinlichkeitsaussagen weiterhin eine wichtige Rolle. Erwarten wir eine ĂŒberörtliche Unwetterlage, wird zusĂ€tzlich zu den Warnlageberichten etwa 12 bis 24 Stunden im Voraus eine „Vorabinformation Unwetter“ (rot schraffierte Gebiete auf der Warnkarte) sowie ein Unwetterclip erstellt, beides zu finden auf der DWD-Homepage oder in der WarnWetter-App.

Die letzte Phase ist die „Gemeinde-genaue (Un)Wetterwarnung“, in denen nun konkrete Angaben zur StĂ€rke und Dauer der Wettergefahr gemacht werden. Der Zeitpunkt der Ausgabe hĂ€ngt allerdings vom Wetterereignis ab. Bei einer relativ sicher eintretenden großrĂ€umigen Sturmlage werden Warnungen bis zu 24 Stunden im Voraus ausgegeben. Bei kleinrĂ€umigen Ereignissen (z.B. Gewitter) ist dies allerdings nicht möglich. Eine Gemeinde-genaue Gewitterwarnung kann erst einige Minuten bis etwa eine Stunde vor Eintreffen erfolgen. Sie ist prĂ€zise und ortsgenau, aber nicht mehr unbedingt frĂŒhzeitig.

Zum Schluss machen wir die Funktionsweise des dreigliedrigen Warnsystems an einem Beispiel deutlich. Der Veranstalter eines großen Volksfestes im Sommer kann bei Beachtung der „Wochenvorhersage Wettergefahren“ sich bereits Tage zuvor auf eine mögliche gefĂ€hrliche Gewitterlage einstellen. Am Vortag erhĂ€lt er durch die „Warnlageberichte“ und eine mögliche „Vorabinformation“ genauere Informationen ĂŒber potentielle Wettergefahren und kann Personal bereitstellen oder sonstige Vorkehrungen fĂŒr einen Notfall treffen. Die eigentliche Gewitterwarnung hilft ihm letztendlich bei der Entscheidung zur Evakuierung des FestivalgelĂ€ndes.

Auch wenn jede dieser drei Phasen fĂŒr sich gesehen unzureichend wĂ€ren, kommt man mit deren Kombination den Anforderungen an eine „perfekte Warnung“ bestmöglich heran.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

„High-Impact-Wetter“: Heftige RegenfĂ€lle am westlichen Mittelmeer

Schwere Unwetter werden im westlichen Mittelmeerraum erwartet. Heftige StarkregenfĂ€lle erfassen vor allem Teile der Balearen sowie SĂŒdost-Spanien…