Der Alpenraum im Fokus

Vor wenigen Wochen erschien bereits der dritte Bericht zum Alpenklima (Sommerhalbjahr 2023: Klimazustand in den Zentral- und Ostalpen), der von den drei nationalen Wetterdiensten Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz, Geosphere Austria und dem Deutschen Wetterdienst gemeinsam und regelmäßig herausgegeben wird. Der Alpenraum als hochsensibles Gebiet ist ganz besonders von verändernden Klimabedingungen betroffen, die dort auch zunehmend sichtbar werden. Nicht nur die Gletscher verlieren beständig an Masse, sondern auch höhere Durchschnitttemperaturen mit längeren heißen Phasen und teils katastrophale Starkregenereignisse machen sich im Leben der dortigen Bevölkerung bemerkbar. Da diese Veränderungen nicht an den Landesgrenzen Halt machen und den gesamten Alpenraum betreffen, ist es umso wichtiger grenzübergreifende Informationen zur Verfügung zu stellen. Die Klimaentwicklung in den einzelnen Ländern wird so genau beobachtet und in einen größeren Kontext gestellt, um diesen wertvollen Natur-, Lebens- und Wirtschaftsraum vor den Auswirkungen des Klimawandels besser schützen zu können.

DWD Der Alpenraum im Fokus 2

Der Bericht zum vergangenen Sommerhalbjahr (Mai bis Oktober 2023) zeigt eindrücklich drei verschiedene, teils einschneidende Wetterereignisse: extreme Niederschläge im August, erneut viele neue Temperaturrekorde und eine lange herbstliche Wärmeperiode zum Abschluss sowie die Messung einer neuen Rekordhöhe der Nullgradgrenze. Anfang August 2023 fielen in Südösterreich und den angrenzenden Gebieten in Italien und Slowenien Rekordniederschläge. Das ursächliche Italientief (ZACHARIAS) sorgte über mehrere Tage hinweg für die Heranführung von feuchtwarmen Luftmassen, die unweigerlich in einem regionalen Hochwasserereignis mündeten. Beispielsweise regnet es am Loibl (Grenzgebiet zwischen Kärnten und Slowenien) 266 l/qm in 48 Stunden, in Ferlach (Kärnten) 213 l/qm im selben Zeitraum (zur Einordnung: die Warnschwelle des Deutschen Wetterdienstes für extrem ergiebigen Dauerregen liegt bei 90 l/qm in 48 Stunden). Statistisch treten solche Niederschlagsmengen seltener als einmal in 100 Jahren auf. Zum Ende des Monats brachte schließlich ein weiteres Italientief (ERWIN) auch in manchen anderen Regionen des Berichtsgebiets Starkniederschläge, teilweise erneut mit Jährlichkeiten von über 100 Jahren. Überflutungen, Erdrutsche und Schäden an der Infrastruktur waren vor allem in der Schweiz und Westösterreich die Folge.

DWD Der Alpenraum im Fokus 1

Die erste Hitzewelle des Sommers 2023 wurde im Juli verzeichnet. Auf der Vorderseite eines Langwellentroges (siehe Wetter- und Klimalexikon des DWD) über Nordwesteuropa wurde extrem warme Luft aus Nordafrika in den Alpenraum geführt. Die Temperaturen am 3109 m hohen Sonnblick Observatorium (Österreich) knackten zum fünften Mal seit Messbeginn 1886 die 15 °C-Marke (am 11. Juli 2023 mit 15,7 °C ein neuer Temperaturrekord). Eine weitere längere Hitzewelle während der zweiten Augusthälfte war auch in den mittleren und oberen Troposphärenschichten durch ungewöhnlich hohen Temperaturen charakterisiert. In der Nacht vom 20. auf den 21. August 2023 erreichte die Nullgradgrenze in der freien Atmosphäre über der Schweiz die Rekordhöhe von 5298 m. Der bisherige Rekord von 5184 m vom 25. Juli 2022 wurde damit bereits im Folgejahr deutlich übertroffen. In Oberschleißheim liegt 2023 ebenfalls ein neuer Augustrekord vor (5064 m am 21. August), bis dahin wurden Nullgradgrenzen über 5000 m nur im Juni und Juli erreicht. Seit 1959 ist die Nullgradgrenze in Payerne (Schweiz) um gut 90 m pro Dekade gestiegen mit Auswirkungen unter anderem auf Wasserversorgung und Biodiversität.

DWD Der Alpenraum im Fokus

Das Ende des Sommerhalbjahres wurde schließlich durch eine lange Wärmeperiode geprägt. Der September war mit Abstand der wärmste seit Aufzeichnungsbeginn, das Temperaturmittel an der Zugspitze lag 5,5 °C über dem vieljährigen Septembermittel und 1,3 °C über dem bisherigen Rekord aus dem Jahre 2006. Der Oktober rangierte lokal unter den Top 3. Die prägenden Wetterereignisse im Sommerhalbjahr 2022 und im Winter 2022/23 können in den ebenfalls verfügbaren Berichten zum Alpenklima eingesehen werden. Unterstützt durch viele Abbildungen und Tabellen sowie näheren Erläuterungen kann man in die Welt der alpinen Klimatologie richtig eintauchen. Schauen Sie bei Interesse einfach mal rein.

Hinweis: Dieses Thema des Tages basiert auf der Pressemitteilung vom 12. Dezember 2023 und den bisher erschienenen Bulletins „Alpenklima“ (siehe Links). Kontakte zu den verschiedenen Autorinnen und Autoren sind aus den Berichten zu entnehmen.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Vom Winde verweht

Und wieder einmal ging in vielen Regionen Deutschlands das Weihnachtsfest bzw. der Jahreswechsel schneearm über die Bühne. Der Winter hat aber noch genügend Zeit, um seine Krallen erneut auszufahren, hat er doch im Dezember z.B. im Süden Deutschlands gezeigt, wozu er fähig sein kann. Doch es braucht keine Schneemassen, um z.B. den Autofahrern die Sorgenfalten ins Gesicht zu treiben. Neben der beinahe alltäglichen, in deren Dimension jedoch sehr unterschiedlich ausfallenden Glätteproblematik stehen Verwehungen ebenfalls weit oben auf der Liste der störenden winterlichen Faktoren. Diese können bereits bei einer geringen Schneehöhe und beständigem Wind auftreten.
Dabei betrifft das nicht nur die Autofahrer, sondern bei entsprechender Dimension auch Hausbesitzer, die verzweifelt versuchen die gesetzlich vorgeschriebene Räumungsmission z.B. ihrer Gehwege erfolgreich zu bewältigen, wenn sich hohe Schneeverwehungen vor ihnen auftürmen, die mit der Zeit die Tendenz haben, immer fester zu werden.

DWD Vom Winde verweht

Ach ja, unter dem Begriff „Schneeverwehung“ ist nicht die seitliche Verfrachtung des Schnees durch den Winterdienst gemeint, die nicht selten zielgerecht auf den Gehwegen landet. Auch können Schweißperlen auf der Stirn von Statikern erscheinen, weil Gebäude sehr ungleichmäßig von mächtigen Verwehungen beeinflusst werden. Den Einwand, dass dies bevorzugt Themen für das Bergland sind kann man zwar einwerfen, sollte sich dann aber z.B. das Ereignis Anfang Februar 2021 über der nördlichen und östlichen Mitte Deutschlands nochmal in Erinnerung rufen, wo es auch im Tiefland beachtliche Neuschneemengen gab. Auch aktuell treten in Teilen Dänemarks und Südnorwegens erhebliche Schneemassen auf.

Doch nicht genug, dass sich Schnee anhäuft, nein, er hat auch die Eigenschaft bei entsprechend kalten Temperaturwerten aufgewirbelt zu werden, was zu teils erheblichen Sichteinschränkungen führen kann (englisch „blowing snow„).

Doch wie wird der Schnee überhaupt verfrachtet?

Der Hauptinitiator dafür ist natürlich der Wind, doch im Grunde muss die gesamte Schneephysik mit einbezogen werden, um über die „Verfrachtungsfreude“ des Schnees Auskunft geben zu können. Handelt es sich um frischen, „puderzuckerweichen“ Neuschnee mit einer Dichte von 50 bis 70 Kilogramm pro Kubikmeter, oder aber um einen sehr feuchten Nassschnee mit einer Dichte irgendwo zwischen 300 und 400 Kilogramm pro Kubikmeter? Frisch gefallener Schnee kann bereits ab einer Windgeschwindigkeit von 20 km/h (Bft 3 bis 4) bewegt werden, während derselbe Schnee mit einer gefrorenen Kruste erst ab Sturmböen (Bft 9) erodiert. Und es geht noch weiter mit den Fragen. Handelt es sich um älteren Schnee, frisch gefallenen Neuschnee, wie sieht das vertikale Temperaturprofil der Schneedecke aus, wie ist die Luftfeuchte bzw. die Windgeschwindigkeit beim Fallen des Schnees gewesen, wie entwickelten sich Temperatur und Taupunkt seit dem Schneefallereignis und so weiter und so fort.

Diese unvollständige Aufzählung zeigt einige der Punkte, die entscheiden, ab wann die kritische Windgeschwindigkeit erreicht wird, um den Schnee anzuheben. Bei entsprechend starken Winden kann auch eine verkrustete und gesetzte Schneeoberfläche regelrecht abgerieben werden mit dem Ergebnis, dass auf einmal Verwehungen eintreten. Wenn es darum geht die Entwicklung von Schneeverwehungen zu verhindern, dann müssen auch klimatologisches bzw. Lokalwissen, z.B. der bevorzugten Windrichtung oder lokaler orografischer Verstärkungseffekte des Windes, mit einfließen.

Es beginnt alles mit dem sogenannten „Rollen, Kriechen“ bzw. englisch „creep“ und das bei Windgeschwindigkeiten im soliden Bft 4 bis 5 Bereich (20 bis knapp 40 km/h). Die oben aufliegenden Kristalle (oder nennen wir sie lieber allgemein „Schneepartikel“, da sie beim Rollen über den Boden ihre Statik und Aussehen rasch durch Abbruch etc. verändern) beginnen sich zu bewegen. Auch wenn sie bei solchen Windgeschwindigkeiten grundsätzlich nicht weit kommen, so macht es hier die Dauer des Windereignisses aus, sodass permanent Schneepartikel freigesetzt werden. Kleinste Hindernisse können hier zur Bildung von Verwehungen gut sein, wie z.B. der eigene Fußabdruck im Schnee, der bereits ein ausreichendes Hindernis darstellt. Die Höhe des aufgewirbelten Schnees ist mit rund 1 cm für den Straßenverkehr vernachlässigbar. Ein Beispiel dieses Vorgangs kann im Bild 2 bestaunt werden, wenngleich der Übergang der Verfrachtungsschritte fließend und somit eine klare Trennung nicht selten schwer möglich ist.

Der nächste Schritt der Verfrachtung beginnt im Übergangsbereich von Bft 5 zu Bft 6 (30 bis 50 km/h) und fand unter dem englischen Namen „saltation“ Eintrag in die meteorologische Enzyklopädie. Bei diesen Windgeschwindigkeiten beginnt der Wind zunehmend auch unter die Kristalle zu greifen bzw. diese anzuheben, sodass diese nun beginnen zu schweben. Dabei legen sie den Wind- und Gravitationskräften folgend deutlich weitere Strecken zurück, wenngleich letztendlich die Gravitationskraft noch überwiegt und somit die Trajektorien immer zur Erdoberfläche zeigen (sie hüpfen). Dieser Prozess sorgt für eine Verfrachtungshöhe von bis zu 1 m über Grund mit einer entsprechenden horizontalen Verlagerung. Wenn die Partikel wieder auf die Schneeoberfläche auftreffen, werden zusätzliche Partikel freigesetzt: Es findet also somit eine Vervielfachung der Partikel statt. Die Sichteinschränkung fällt je nach Flughöhe meist nur gering aus, dennoch können die Konturen, z.B. der Straße, teils verschwinden.

DWD Vom Winde verweht 1

Zuletzt setzt bei Windgeschwindigkeiten ab Bft 7 (ab 50 km/h) die sogenannte „Suspension“ oder „turbulente Diffusion“ ein, die auch verantwortlich für das „blowing snow„-Kriterium ist. Dieses Kriterium lautet bei der National Oceanic and Atmospheric Administration, NOAA: Anheben des Schnees auf mindestens 1.8 m über Grund. Die nun zunehmend turbulente Strömung hebt die Partikel in die Luft, zumeist bis rund 2 m über Grund, wobei proportional die größte Schneeverfrachtung bis 1 m über Grund beobachtet wird.
Wenn nun die Strömung z.B. hinter Hindernissen abreißt, kann es zu einer verstärkten Ablagerung der Partikel und somit zur Bildung von Schneeverwehungen kommen. Fragen Sie sich doch das nächste Mal bei der Sichtung einer Verwehung in der Nähe eines Hindernisses, woher der Wind kommen musste, um diese Verwehung zu formen.
Bei solchen Bedingungen möchte man sich nicht mehr auf einer abgeschiedenen Landstraße aufhalten, denn die Sichteinschränkungen können erheblich sein, wie in der folgenden Bildcollage zu erkennen ist.

DWD Vom Winde verweht 2

Neben der Bildung von Schneeverwehungen sorgt der aufgewirbelte Schnee auch für erhebliche Sichteinschränkungen, was u.a. daran liegt, dass der Wind während eines Ereignisses in der Grenzschicht stark variiert (bei Messungen mit Werten von 30 bis 50% des Mittelwindes festgelegt). Das bedeutet bei einem Wind von 60 km/h mit einer Variabilität von 40% eine Sichtschwankung zwischen 16 m und 1100m. Dies zeigt, wie gefährlich so eine Situation werden kann und man immer wieder mehr oder weniger orientierungslos der Naturgewalt ausgesetzt ist.

Ob nervig oder schön zu beobachten, ohne Schnee klappt es nicht. Doch lange muss man nun nicht darauf warten. Bereits heute fällt im Norden und am Wochenende auch im Süden mehr oder weniger Schnee, sodass man wenigstens dort den Wandel der Schneedecke beobachten kann.

Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.01.2024

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Deutschlandwetter im Jahr 2023

Erste Auswertungen der Ergebnisse der rund 2000 Messstationen des DWD in Deutschland.

Besonders warme Orte im Jahr 2023*

Platz

Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Waghäusel-Kirrlach Baden-Württemberg 13,1 °C +2,8 Grad
2 Freiburg Baden-Württemberg 12,9 °C +3,2 Grad
3 Ohlsbach Baden-Württemberg 12,8 °C +3,2 Grad

Besonders kalte Orte im Jahr 2023*

Platz

Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Carlsfeld Sachsen 6,8 °C +2,4 Grad
2 Zinnwald-Georgenfeld Sachsen 6,9 °C +2,5 Grad
3 Kahler Asten Nordrhein-Westfalen 7,1 °C +2,3 Grad

Besonders niederschlagsreiche Orte im Jahr 2023**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Baiersbronn-Ruhestein Baden-Württemberg 2399,8 l/m² 120 %
2 Ruhpolding-Seehaus Bayern 2302,6 l/m² 103 %
3 Oberstdorf Bayern 2258,7 l/m² 123 %

Besonders trockene Orte im Jahr 2023**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Zülpich-Enzen Nordrhein-Westfalen 533,4 l/m² 92 %
2 Grünstadt Rheinland-Pfalz 541,6 l/m² 102 %
3 Prenzlau Brandenburg 545,2 l/m² 108 %

Besonders sonnenscheinreiche Orte im Jahr 2023**

Platz Station Bundesland Sonnenschein Anteil
1 München-Flughafen Bayern 2062 Stunden 124 %
2 Arkona Mecklenburg-Vorpommern 2044 Stunden 113 %
3 Weihenstephan Bayern 2030 Stunden 121 %

Besonders sonnenscheinarme Orte im Jahr 2023**

Platz Station Bundesland Sonnenscheindauer Anteil
1 Kahler Asten Nordrhein-Westfalen 1474 Stunden 109 %
2 Lüdenscheid Nordrhein-Westfalen 1498 Stunden 111 %
3 Alfeld Niedersachsen 1540 Stunden 117 %

Oberhalb 920 m NHN sind Bergstationen hierbei nicht berücksichtigt.
* Jahresmittel sowie deren Abweichung vom vieljährigen Durchschnitt (int Referenzperiode 1961-1990)
** Prozentangaben bezeichnen das Verhältnis des gemessenen Jahreswertes zum vieljährigen Jahresmittelwert der jeweiligen Station (int Referenzperiode, normal = 100 Prozent).

Hinweis:
Einen ausführlichen Jahresüberblick für ganz Deutschland und alle Bundesländer finden Sie im Internet unter

Meteorologe Denny Karran
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Deutschlandwetter im Dezember 2023

Erste Auswertungen der Ergebnisse der rund 2000 Messstationen des DWD in Deutschland.

Besonders warme Orte im Dezember 2023*

Platz

Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Geilenkirchen Nordrhein-Westfalen 6,9 °C +3,8 Grad
2 Köln-Stammheim Nordrhein-Westfalen 6,8 °C +2,9 Grad
3 Duisburg-Baerl Nordrhein-Westfalen 6,7 °C +2,6 Grad

Besonders kalte Orte im Dezember 2023*

Platz

Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Reit im Winkl Bayern -0,2 °C +2,8 Grad
2 Zinnwald-Georgenfeld Sachsen 0,0 °C +3,2 Grad
3 Carlsfeld Sachsen 0,2 °C +2,9 Grad

Besonders niederschlagsreiche Orte im Dezember 2023**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Braunlage Niedersachsen 392,0 l/m² 261 %
2 Horn-Bad Meinberg – Leopoldstal Nordrhein-Westfalen 368,1 l/m² 260 %
3 Baiersbronn-Mitteltal Baden-Württemberg 344,5 l/m² 140 %

Besonders trockene Orte im Dezember 2023**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Haßloch Rheinland-Pfalz 30,6 l/m² 76 %
2 Grünstadt Rheinland-Pfalz 32,2 l/m² 79 %
3 Frankenthal-Studernheim Rheinland-Pfalz 35,2 l/m² 99 %

Besonders sonnenscheinreiche Orte im Dezember 2023**

Platz Station Bundesland Sonnenschein Anteil
1 Wielenbach Bayern 87 Stunden 177 %
2 Memmingen Bayern 83 Stunden 114 %
3 Rosenheim Bayern 79 Stunden 168 %

Besonders sonnenscheinarme Orte im Dezember 2023**

Platz Station Bundesland Sonnenscheindauer Anteil
1 Soltau Niedersachsen 7 Stunden 20 %
2 Bremen Bremen 9 Stunden 25 %
3 Belm Niedersachsen 9 Stunden 26 %

Oberhalb 920 m NHN sind Bergstationen hierbei nicht berücksichtigt.
* Monatsmittel sowie deren Abweichung vom vieljährigen Durchschnitt (int Referenzperiode 1961-1990)
** Prozentangaben bezeichnen das Verhältnis des gemessenen Monatswertes zum vieljährigen Monatsmittelwert der jeweiligen Station (int Referenzperiode, normal = 100 Prozent).

Hinweis:
Einen ausführlichen Monatsüberblick für ganz Deutschland und alle Bundesländer finden Sie im Internet unter

Meteorologe Denny Karran
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Jahresvorausschau 2024

Tja, was 2024 mit sich bringt, ist eine gute Frage – insbesondere beim Wetter. Lassen Sie uns an dieser Stelle einfach mal wieder den Verstand ausschalten und vogelwild drauflos spekulieren – natürlich wie immer mit einem dicken Augenzwinkern 😉

Januar:
Wintereinbruch in Teilen Deutschlands. Zur Reduzierung von Materialverschleiß greifen bei der Heim-EM der Handballer einige Teams im Training auf Schneebälle zurück.

Februar:
Ob Fastnacht, Fasching, Karneval,
der Name ist doch sch…-egal.
Viel wicht’ger ist, ja sonnenklar:
Das Wetter, das wird wunderbar!

März:
Der DWD plant den operationellen Einsatz von KI in der Vorhersage für in 5 Jahren. „Das entspricht ja der aktuell erwarteten Restentwicklungszeit!“ wird man in 8 Jahren feststellen.

April:
Ein Ruck geht durch Politik und Gesellschaft! Weltweit werden effektive Maßnahmen getroffen, dem menschgemachten Klimawandel gemeinsam und zügig entgegen zu wirken. – April, April…

Mai:
Kühles Schmuddelwetter in Deutschland, noch nie dagewesene Wärme in Nordosteuropa. Beim European Songcontest in Malmö zeigt das Außenthermometer selbst zu später Stunde noch über 20 °C. Icke Hüftgold holt mit „Klima find ick prima“ sensationell den 3. Platz.

Juni:
Zu Ehren des 200. Geburtstag des britischen Physikers William Thomson, 1. Baron Kelvin beschließt die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) für ein Jahr sämtliche Temperaturangaben in Kelvin anzugeben.

Juli:
Extreme Hitzewelle in Deutschland. Vielfach werden Höchstwerte um 313 Kelvin verzeichnet. Das Endspiel der Fußball-EM zwischen Schottland und England in Berlin wird in den kühleren September verlegt.

August:
Fortdauer der Hitzeperiode in weiten Teilen Europas. Bei den Olympischen Spielen in Paris kommt es bei den Wasserdisziplinen immer wieder zu Unterbrechungen aufgrund von sogenannten „Plantschern“ (Pendant zu „Flitzer“).

September:
„Der Laubbläser kommt!“ schallt es durch die Medienwelt. Tatsächlich sorgt der erste Herbststurm in der Nordhälfte verbreitet für (schwere) Sturmböen. Das Endspiel der Fußball-EM wird in den Oktober verlegt.

Oktober:
Verfrühtes Winterintermezzo im Osten des Landes. Bei Schneematsch und Temperaturen um 273 Kelvin gewinnt Schottland auf nahezu unbespielbarem Platz das Finale der Fußball-EM im Elfmeterschießen mit 1:0.

November:
Mehrwöchige Hochdrucklage! Die Folge: Auf den Bergen Sonne ohne Ende, im Tiefland dagegen oftmals neblig-trübe Tristesse. Im Rhein-Main-Gebiet und an der Donau verzeichnen Apotheken und Supermärkte einen Rekordumsatz bei Vitamin-D-Tabletten.

Dezember:
In einer erneut sehr aktiven atlantischen Wirbelsturmsaison leitet Ex-Hurrikan Tony das traditionelle Weihnachtstauwetter in Deutschland ein. „Problem“: Es gibt gar nichts zum Wegtauen. „Was soll’s…“ sagt man sich auf den zahlreichen Weihnachtsgrillpartys.

Soweit zum nicht wirklich ernstgemeinten Ausblick auf 2024. Ernst wird es dagegen am Dienstag und Mittwoch für einige Teile Deutschlands, wenn teils ergiebiger Dauerregen und Sturm auf der Agenda stehen.

Nun wünscht der Autor Ihnen aber erst einmal – auch im Namen des gesamten Thema-des-Tages-Teams – einen guten und vor allen Dingen gesunden Rutsch ins neue Jahr!

DWD Dipl. Met. Tobias Reinartz

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.12.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wenn Atmosphärische Flüsse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen ….

Kurz nach unserer letzten Analyse an dieser Stelle (siehe Thema des Tages vom 11.09.2023) wurde Mitte September das jährliche arktische Meereisminimum mit 4,33 Millionen Quadratkilometer erreicht und nahm damit den siebten Platz in der Messreihe der geringsten Meereisausdehnung ein, die seit 1979 mittels Satellitendaten kontinuierlich erfasst wird. Im Vergleich zum vieljährigen Mittel 1981-2010 rangierte die Meereisausdehnung im ganzen Jahr 2023 am unteren Rand der Spannbreite und vor allem in den Monaten August und September auch unter den Vorjahreswerten (siehe Abbildung 1). Mit dem Beginn des langen arktischen Winters hat die Ausdehnung des Meereises überdurchschnittlich stark zugenommen. Ende Oktober hatte die Eisdecke die sibirische Küste erreicht, während an den Küsten der Beaufort- und Tschuktschensee weiterhin offenes Wasser vorhanden war.

DWD Wenn Atmosphaerische Fluesse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen … 1

Auch bis weit in den November hielt das leicht überdurchschnittliche Meereiswachstum an, wobei die Expansion vor allem in der Baffin Bay und in der südlichen Beaufortsee dominierte. Gemittelt über den Monat lag die tägliche Zunahme der Eisbedeckung bei 70.800 Quadratkilometern (langjähriges Mittel 1981-2010: 69.500 Quadratkilometer), was in etwa der Fläche Irlands entspricht. Die durchschnittliche Meereisausdehnung in der Arktis betrug im November 2023 9,66 Millionen Quadratkilometer und rangiert damit zusammen mit dem November 2006 auf dem siebtniedrigsten Rang in der 45-jährigen Satellitenaufzeichnung.

Ab dem 22. November kam das Zufrieren vorübergehend für einige Tage nahezu zum Stillstand. Ursächlich war eine vom 21. bis zum 28. November andauernde Serie von drei kräftigen Tiefdruckgebieten. Diese schlugen eine sehr ähnliche Zugbahn ein, die sich von der Nordostküste Grönlands ostwärts entlang des nördlichen Randes der Barents-, Kara- und Laptev-See erstreckte. Auf dem Weg in den Arktischen Ozean verschmolzen die Tiefs mit ihren Vorgängern, so dass ein anhaltendes zyklonales (gegen den Uhrzeigersinn rotierendes) Windsystem entstand. Sowohl der erste als auch der dritte dieser Stürme hatten ihren Ursprung in der Region des Islandtiefs, bevor sie die Ostseite Grönlands hinaufwanderten. Das zweite Tiefdrucksystem entstand unmittelbar nördlich von Grönland. Gleichzeitig entwickelte sich ein Hochdruckzentrum über dem eisfreien Teil der Barentssee aus, das vom 26. bis 28. November besonders stark wurde.

Diese Kombination aus anhaltendem Tiefdruck nördlich und westlich von Spitzbergen und einem Hochdruckzentrum im Südosten führte zu einer starken, anhaltenden Strömung sehr warmer und feuchter Luft aus dem Bereich des mittleren Nordatlantiks in Richtung Spitzbergen. Von dort drehte die Strömung dann entlang der Randeiszone nach Osten. Insgesamt begünstigte diese Konstellation die Ausdehnung eines atmosphärischen Flusses über die mittleren Breiten hinaus bis in die Arktis. Atmosphärische Flüsse sind übrigens lange, schmale Korridore, die eine große Menge Wasserdampf transportieren (für mehr Informationen zu atmosphärischen Flüssen sei auf das verwiesen). Neue Forschungsergebnisse (https://eos.org/articles/rivers-in-the-sky-are-hindering-winter-arctic-sea-ice-recovery) zeigen, dass atmosphärische Ströme immer häufiger weiter nach Norden vordringen als noch vor vier Jahrzehnten. Diese atmosphärischen Flüsse pumpen vermehrt warme und feuchte Luft in die Arktis, auch in den Wintermonaten. Sie lassen Regen auf das sich erholende arktische Meereis fallen, wenn das Eis eigentlich seinen saisonalen Höchststand erreichen soll. Zudem sind mit dem häufigeren Auftreten der atmosphärischen Flüsse höhere Windgeschwindigkeiten und auch größere Wellen verbunden, die die Eisbildung weiter behindern können. Insgesamt stehen diese neuen Erkenntnisse im Einklang mit der beobachteten Unterbrechung des saisonalen Eiswachstums Ende November.

DWD Wenn Atmosphaerische Fluesse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen …

Nachdem die Tiefdruckserie Ende November ihr Ende fand, beschleunigte sich die tägliche Meereiszunahme wieder auf weitgehend durchschnittliche Werte. Aktuell wird die Meereisbedeckung auf 12,45 Millionen Quadratkilometer beziffert (siehe Abbildung 2). Damit entspricht die Flächenausdehnung zu Beginn der dritten Dezemberdekade in etwa denen des Vorjahres und liegt damit weiter am unteren Rand der vieljährigen Schwankungsbreite.

DWD Wenn Atmosphaerische Fluesse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen … 2

Von der Arktis begeben wir uns noch zuletzt in die Antarktis. Wie hat sich die Meereisbedeckung in den ersten Sommermonaten (auf der Südhalbkügel herrscht derzeit Sommer) nach einem absoluten winterlichen Rekordtiefststand entwickelt? Der tägliche Eisverlust bewegte sich bis Anfang November zunächst in einem ähnlichen Bereich wie im letzten Jahr. Der Rückgang der antarktischen Meereisausdehnung hielt um den 9. November herum für einige Tage an. Dies führte erstmals seit Mai dazu, dass die Ausdehnung über dem Minimum aus dem Jahr 2016 lag. Der saisonale Rückgang nahm dann jedoch wieder zu und folgte eng dem Verlauf der rekordtiefen Tagesausdehnung von 2016.

 

DWD Wenn Atmosphaerische Fluesse das Meereiswachstum zum Stillstand bringen … 3

Aktuell fällt die Eisausdehnung im Weddellmeer- und der Kosmonautensee sowie im Rossmeer anhaltend niedrig aus, in der Bellingshausen- und Amundsensee liegt sie jedoch leicht über dem Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010 (siehe Abbildung 4). Ungewöhnlich warme Bedingungen über dem östlichen Weddellmeer und starke ablandige Winde direkt im Osten (an der Küste von Dronning Maud Land) führten zu einem Rückzug des Eises entlang dieser Küste und öffneten eine breite Küstenpolynja in diesem Gebiet. Das heißt der ablandige Wind treibt das Meereis von der Küste weg, wodurch es zu einer relativ beständigen, eisfreien Zone kommen kann.

M.Sc. (Meteorologe) Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.12.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Ehrenamt beim Wetterdienst

Im heutigen Thema des Tages soll es um einen Aktionstag gehen, den die UNO im Jahr 1986 ins Leben gerufen hat – und zwar den „Internationalen Tag des Ehrenamtes“. Auch in Deutschland wird er gefeiert und von staatlicher Seite finden Ehrungen statt. Der Bundespräsident verleiht z.B. Verdienstorden an Personen aus allen Bundesländern, die sich durch ein außerordentliches, ehrenamtliches Engagement auszeichnen.

Auch beim Deutschen Wetterdienst (nachfolgend als DWD bezeichnet) werden Ehrenamtliche benötigt und gesucht. Der DWD betreibt ein nebenamtliches Netz von Wetter- und Niederschlagsstationen zur Wetter- und Klimaüberwachung. Daher werden wetterbegeisterte Bürger und Bürgerinnen gesucht, die ein geeignetes Grundstück für das Aufstellen der Messgeräte zur Verfügung stellen können. Teils müssen auch manuelle Messungen durchgeführt werden (z.B. Schneemessungen) und sowohl die Messgeräte als auch das Grundstück müssen in Stand gehalten bzw. gepflegt werden. Eine weitere Voraussetzung ist ein Internetanschluss zur Weiterleitung der gesammelten Daten. Nähere Informationen zu den Anforderungen an das Grundstück, zu Orten, an denen aktuell BeobachterInnen gesucht werden oder auch was man genau tun muss, können u.a. auf der folgenden Webseite nachgelesen werden

Auch das Phänologische Messnetz des DWD benötigt Freiwillige, die im Jahresverlauf wiederkehrende Wachstums- und Entwicklungserscheinungen verschiedener sogenannter Leitkulturen ermitteln. Als Leitkulturen dienen verschiedene Pflanzenarten, Forst- oder Ziergehölze. Es werden Eintrittsdaten charakteristischer Vegetationsstadien (z.B. Blüte der Forsythie, Apfelblüte, Laubentfaltung Stieleiche, Laubfall Stieleiche) beobachtet und übermittelt. Diese Daten dienen dem Klimamonitoring sowie der agrar- und medizinmeteorologischen Beratung des DWD. Nähere Informationen zur stetigen Suche phänologischer Beobachter und Beobachterinnen sowie zur Phänologie im Allgemeinen gibt es auf der Homepage des DWD unter.

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.12.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Lake Effect Snow – Verbindendes meteorologisches Phänomen zwischen Ostsee und Großen Seen

In vielen Regionen Deutschlands liegt bis in die Niederungen zumindest eine dünne Schneedecke. Lediglich im Südwesten schaut man eher noch „ins Grüne“. In den vergangenen Tagen wurde in den Themen des Tages bereits ausführlicher auf die Entwicklung der winterlichen Wetterlage und der Schneedecke eingegangen (siehe Themen des Tages vom 28.11.23 und 29.11.23). Nicht nur im Mittelgebirgsraum oder an den Alpen musste zu Besen oder Schaufel gegriffen werden, um die Wege oder das Auto freizuräumen. Auch entlang den deutschen Küsten, vor allem der Ostsee, liegt für diese Regionen eine veritable Schneedecke (Abbildung 1). In Nordamerika, genauer gesagt im Umfeld der Großen Seen, braucht man derzeit schon teils schwereres Gerät, um den dortigen Schneemassen Herr zu werden. Beide Regionen verbindet dieser Tage der sogenannte „Lake Effect Snow„, welcher regional für verhältnismäßig hohe Schneesummen sorgt.

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen

Der Lake Effect Snow (LES) ist ein Phänomen, das im Winterhalbjahr beim Überströmen von Kaltluft über größere, relativ warme Wasserflächen auftreten kann. Beim Überstreichen der trocken-kalten Luft über die deutlich wärmeren Gewässer wird die untere Atmosphäre mit Wärme und Feuchtigkeit versorgt und deren Schichtung wird dadurch labiler. Die mit Wärme und Feuchtigkeit angereicherten Luftpakete steigen auf, kühlen sich ab und kondensieren vorwiegend bereits in den unteren Atmosphärenschichten. Daher kann es zu flächenmäßig eng begrenzten Niederschlagsbändern mit heftigen Schneefällen kommen. Aufgrund der geringen Breite der Niederschlagsbänder von oft nur wenigen Kilometern kann das betroffene Gebiet im Schnee versinken, während im näheren Umfeld mitunter deutlich weniger oder gar kein Schnee fällt. Verschiedene Studien zeigen, dass zwischen der Wasseroberflächentemperatur und der Temperatur in 1,5 km Höhe (Druckniveau auf etwa 850 hPa) über Grund eine Differenz von mindestens 13 Kelvin bestehen muss, damit genügend Energie für die Bildung kräftiger und langlebiger Niederschlagsbänder zur Verfügung steht. Starke Schneeschauer können unter anderem dann entstehen, wenn die labile Luftmasse eine vertikale Mächtigkeit von mindestens ca. 2 km über Grund erreicht.

Eine weitere Schlüsselkomponente bei der Bestimmung von besonders betroffenen Küstengebieten beim Lake Effect Snow ist die Windrichtung. Zudem ist der sogenannte „Fetch“ entscheidend, der die Wirklänge des Windes über die offene Wasserfläche beschreibt. Der „Fetch“ sollte typischerweise mindestens 100 km betragen, damit der Luft ausreichend Wärme und Feuchtigkeit für die Entwicklung der Schneeschauerstraßen zugeführt werden kann.

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen

Der Lake Effect Snow ist im Bereich der Großen Seen (USA) besonders ausgeprägt, da es hier häufiger zu einem „Arctic Outbreak“ kommt. Dabei kann auf der Rückseite eines Tiefs häufig sehr kalte, trockene Luft aus den arktischen Breiten Kanadas weit nach Süden in die USA vorstoßen. Dort überströmen die arktischen Luftmassen die Großen Seen, meist von West bis Nordwest nach Ost bis Südost. Für den Eriesee und den Ontariosee beispielsweise ist der „Fetch“ bei einer westlichen Windkomponente mit mehreren hundert Kilometern besonders lang. In der ersten Wochenhälfte kam es nun zum ersten markanten „Arctic Outbreak“ über Nordamerika mit entsprechendem Lake Effect Snow (siehe animierte Abbildung 2).

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen 1

Die Wassertemperatur der Großen Seen lag verbreitet noch bei +6 bis +9 Grad, während in 1,5 km rund -14 Grad vorherrschend waren (Abbildung 3). Summa summarum ergaben sich demnach in der unteren Atmosphäre Differenzen von 20 bis 23 Kelvin. Dieser Temperaturgegensatz stellte viel Energie für die Bildung von intensiven und teils gewittrig durchsetzten Schneeschauerstraßen vor allem an den Ost- und Südostseiten von Lake Michigan, Huron, Erie und Ontario zur Verfügung. Dabei wurden häufig pro Stunde Neuschneeraten von 3-10 cm (ca. 1-3 inches), in einigen Regionen (z.B. knapp südlich von Buffalo) auch 10 bis 15 cm (4-6 inches) beobachtet. Insgesamt sind seit Montag teilweise 25-50 cm (10-20 inches), strichweise auch um 75 cm (30 inches) gemeldet worden.

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen 1

Kehren wir wieder nach Mitteleuropa zurück. Wie bereits erwähnt, konnte beispielsweise am Dienstag im Skagerrak und Kattegat sowie in der westlichen Ostsee (siehe Abbildung 4) der Lake Effect Snow mit seinen charakteristischen Schauerstraßen von Nord bis Nordost nach Süd bis Südwest beobachtet werden.

DWD Lake Effect Snow Verbindendes meteorologisches Phaenomen zwischen Ostsee und Grossen Seen 2

Die Bedingungen waren dabei denen in Nordamerika sehr ähnlich. Die Temperaturdifferenz betrug zwischen Wasseroberfläche (rund 8 Grad) und 1,5 km (-12 bis -14 Grad) um bzw. etwas über 20 Kelvin. Lediglich die Breite der Wasserflächen und damit der „Fetch“ reicht in den westlichen Ostseegebieten nicht an die Großen Seen heran, sodass die Neuschneemengen in der Regel im Verhältnis nicht so hoch ausfallen. In weiten Teilen des Landes hält die Zufuhr kalter Luftmassen aus Norden bis Nordosten in den kommenden Tagen an, sodass der Lake Effect Snow an der Ostseeküste strichweise weiteren Schneenachschub liefern dürfte.

M.Sc. (Meteorologe) Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Übers Wetter nicht nur reden, sondern singen

Was wäre ein Tag oder gar ein Leben ohne Musik? Mithilfe von Musik lassen sich Emotionen wie Ärger, Wut, Angst, Freude, Liebe oder Trauer ausdrücken. Töne, Klänge und Geräusche dienen hierbei als Ausgangsmaterial. Deren Eigenschaften wie Lautstärke, Tonhöhe oder Tondauer können variabel genutzt und kombiniert werden, um die gewünschten Emotionen oder Assoziationen hervorzurufen.
Auch das Wetter spielt naturgemäß eine entscheidende Rolle im Leben aller. Sei es im Alltag bei der Beantwortung der Frage, ob man beim Verlassen des Hauses einen Schirm mitnehmen sollte. Für die Landwirtschaft spielt das ausgewogene Verhältnis von Sonnenschein und Regen eine essentielle Rolle beim Pflanzenwachstum. Und auch beim Kofferpacken für den nächsten Urlaub befasst man sich noch etwas intensiver mit den Wetteraussichten für die kommenden Tage im Urlaubsort.
Wer hat sich noch nie darüber geärgert, dass man auf dem Heimweg nass wurde, obwohl man dachte, man schaffe es noch vor dem Schauer nach Hause? Wer hat sich noch nie wie ein Kind gefreut, wenn Schneeflocken leise vom Himmel fallen? Und wer hat noch nie einen Sonnenuntergang als romantisch empfunden?
Bei diesen beispielhaften Empfindungen ist es natürlich nicht verwunderlich, dass auch das Thema „Wetter“ das ein oder andere Mal in der Musik verarbeitet wurde.
Vor bald fünf Jahren hat der geschätzte Kollege in seinem Thema des Tages den Hit „An Tagen wie diesen“ mit der Erkältungszeit verknüpft  Diese Thematik trifft auch auf die aktuelle Zeit besonders gut zu. Hört man doch viele Leute in den Zügen und Einkaufsläden, wie sie in Taschentücher oder Ärmel husten, niesen oder schniefen. Bei all diesen Geräuschen könnte man aus Sorge einer Ansteckung durchaus etwas ängstlich werden.
Die in der Musik am meisten verwendeten Wettererscheinungen sind sicherlich Sonnenschein und Regen. Die Beatles sangen beispielsweise „Here Comes the Sun„, meinten dies aber eher metaphorisch, dergestalt, dass das Lied an Menschen in einer schwierigen Lebenslage gerichtet ist und Hoffnung auf bessere Zeiten bieten soll. Sicherlich kennen auch die meisten den Klassiker „You Are My Sunshine„.
Mehr den tatsächlichen Bezug zur Sonne (bzw. die Assoziation zu wärmeren Gefilden) haben beispielsweise Ben Zuckers „Der Sonne entgegen“ oder Buddys „Ab in den Süden“ (… der Sonne hinterher …). Bei diesen Liedern kann man beim Hören tatsächlich etwas Fernweh bekommen, erst recht, wenn gleichzeitig der Blick nach draußen schweift und das Novembergrau vom Himmel grüßt.
Auch über den Regen lässt sich der ein oder andere Musiktitel finden. Beispiele sind „Purple Rain“ von Prince oder „November Rain“ von Guns N‘ Roses. „Let It Rain“ braucht man am heutigen Montag in der Norddeutschen Tiefebene nicht singen, denn dort laufen gebietsweise Warnungen vor Dauerregen. Dort wird eher Rihannas „Umbrella“ angestimmt. Neben den der Sonne gewidmeten Liedern kommt auch bei Albert Hammonds „It Never Rain in Southern California“ durchaus Fernweh auf.
Es gibt tatsächlich auch Musiker, die sich einen meteorologischen Namen geben, so zum Beispiel „The Weather Girls„. Und wie könnte es anders sein, als dass auch sie mit „I t’sRaining Men“ über das Wetter sangen, auch wenn das sicherlich mehr im übertragenen Sinn zu verstehen ist…
US-amerikanische Forscher befassten sich ebenfalls mit dem Zusammenhang von Musik und Wetter . Unter anderem fanden sie beispielsweise heraus, dass Bob Dylan der „Meteorologe“ unter den Musikern ist. Er ist also derjenige, der in seinen Liedern am häufigsten einen Bezug zum Wetter genommen hat. Sie stellten auch fest, dass sich Musiker häufig von aktuellen meteorologischen Ereignissen inspirieren lassen. So entstanden beispielsweise in den USA in den 1950er und 1960er Jahren viele Lieder, die von „schlechtem“ Wetter handeln, da es dort in diesen Jahren tatsächlich vergleichsweise stürmisch war.
Und welches Lied würde zum aktuellen Wetter am besten passen? Möchte man ein Lied hören, in dem das aktuell wetterbestimmende Tiefdruckgebiet zumindest vom Namen her eine zentrale Rolle spielt, so sollte man Lieder heraussuchen, in denen „Marco“ vorkommt. Beispielsweise könnte man auch „Über den Wolken“ oder „Lila Wolken“ in den Raum werfen, denn am heutigen Montag und erst recht am morgigen Dienstag verdecken viele Wolken die Sonne. Welches Lied letztendlich am besten passt, kann aber durchaus vielfältig sein und liegt an jedem selbst, was man in dem Moment gerne hören möchte.

DWD Uebers Wetter nicht nur reden sondern singen

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Die Blätter machen den Abgang

Der Herbst ist mittlerweile mehr als zur Hälfte vorüber, für die Meteorologen beginnt der Winter sogar bereits in rund zwei Wochen am 1. Dezember. Zwar macht der Herbst durch Regen und Sturm in Sachen Wetter seit etwa vier Wochen quasi alles richtig, die Temperaturen sind aber fortwährend zu hoch. Bleibt es so mild, könnte dieser Herbst als einer der drei wärmsten in die Wetterannalen eingehen.

Die langen Phasen mit warmem Altweiber- und Spätsommerwetter bis Mitte Oktober haben die Natur bereits irritiert. So gibt es Berichte von blühenden Pflanzen und Bäumen, längeren Ernten als üblich und kräftigem Rasenwachstum in dieser Zeit. Ebenso blieben die Blätter noch lange grün.

Blattverfärbungen

Blattverfärbungen werden im Herbst ausgelöst, wenn der Sonnenstand immer niedriger und die Tageslänge immer kürzer werden und vor allem die nächtlichen Temperaturen in den einstelligen Bereich sinken. Dabei sollte es mehrere sehr kühle Nächte hintereinander geben. Ist es soweit, wird das in den grünen Blättern vorherrschende Chlorophyll schneller abgebaut. Der Baum zerlegt also das Chlorophyll in seine Bausteine und holt es in die dicken Äste und den Stamm zurück. Dort werden sie bis zum nächsten Frühjahr eingelagert und dann wiederverwertet. Blattverfärbungen stellen sich also nicht nur aufgrund der kürzeren Tage ein, sondern auch im Zusammenhang mit der aktuellen Witterung.

In diesem Herbst sorgten die meist auch warmen Nächte für eine Verzögerung der Blattverfärbung. Anhand der aktuellen phänologischen Uhr (weitere Informationen zur Phänologie unter ) lässt sich herauslesen, dass die Leitphase für den Spätherbst mit der Blattverfärbung der Stieleiche statt üblicherweise um den 19. Oktober herum (Mittel der Jahre 2011 bis 2022) erst am 28. Oktober einsetzte. Mit anderen Worten: die Blätter fielen durchschnittlich 9 Tage später als in den letzten 12 Jahren!

DWD Die Blaetter machen den Abgang

Blattfall

Dieser Rückstand konnte durch das seit Mitte Oktober umgeschlagene Wetter mit anhaltender Tiefdruckaktivität und zeitweiligen Sturm nur bedingt aufgeholt werden. Der Blattfall der Stieleiche als Leitphase für den beginnenden Winter wurde erst am 13. statt am 7. November gemeldet. Damit blieb eine Verzögerung von 6 Tagen.

Der subjektive Eindruck des späten Blattfalls in diesem Herbst kann also durch Beobachtungen bestätigt werden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass zum Teil noch einige Blätter an den Bäumen hängen. In den nächsten Tagen sorgen Sturm, Regen und sinkende Temperaturen voraussichtlich aber für einen weiteren starken Abgang der Blätter von den Bäumen.

Die alte Bauernregel, die besagt: „Hängt das Laub bis November hinein, wird der Winter lange sein“ lässt sich übrigens nicht belegen. Sie steht wissenschaftlich auf sehr wackeligen Beinen. Wie der Winter wird, können uns die Bäume also auch heute leider noch nicht verraten.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst