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Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter

Am 14. Oktober 2023 konnte in Nord-, Mittel- und Südamerika eine ringförmige Sonnenfinsternis beobachtet werden. So eindrucksvoll solche Ereignisse sind, so ist auch der Einfluss einer Sonnenfinsternis auf die meteorologischen Prozesse in der Troposphäre hochinteressant. Nicht nur die Temperaturabnahme während der Zeit des Kernschattens lässt sich mittlerweile mit hochauflösenden Wettermodellen simulieren und im Nachhinein auch messen, auch die daraus resultierende vorübergehende Auflösung von Cumuluswolken oder Abschwächung von Gewittern lässt sich eindrucksvoll in Satellitenbildern erkennen. So auch geschehen bei der diesjährigen Sonnenfinsternis in Yucatán, Mexiko.

Dass eine Sonnenfinsternis einige meteorologische Parameter wenigstens kurzzeitig beeinflussen kann, ist schon lange Gegenstand von Untersuchungen. Mittlerweile wurden bereits mehr als 44 partielle und totale Sonnenfinsternisse untersucht. Dabei wurden Daten oder detaillierte Beschreibungen der Ereignisse herangezogen, die mindestens bis ins Jahr 1834 zurückreichen. Es ergaben sich zum Teil beeindruckende Messergebnisse beziehungsweise wurden die historischen Beschreibungen in Studien mit hochaufgelösten Modellen bestätigt.

Das Offensichtlichste bei einer Sonnenfinsternis ist die sich abschwächende beziehungsweise temporär vollständig unterbundene Sonneneinstrahlung in Richtung Erdoberfläche, wobei dadurch die Erwärmung beeinträchtigt oder gar unterdrückt wird. Verständlicherweise gibt es dabei Unterschiede zwischen einer totalen, ringförmigen oder partiellen Sonnenfinsternis.

Die Abkühlungsrate durch eine Sonnenfinsternis ist besonders im Sommer markant, wenn die Sonne ihren Höchststand erreicht sowie zur Mittagszeit. Aber auch an einem schönen Frühlingsmorgen mit viel Einstrahlung können die Unterschiede bedeutend ausfallen, da die Sonne zu der Zeit bereits viel Kraft zum Heizen besitzt. Wie markant dann ein Temperaturrückgang ausfallen kann, zeigte sich am 21. Juni 2001 in Simbabwe, wo eine Sonnenfinsternis zur Mittagszeit einen gemessenen Temperaturrückgang von rund 5 Kelvin zur Folge hatte. Die bisherigen Spitzenwerte erreichten nebenbei bemerkt rund 7 Kelvin; in der Luftschicht direkt über dem Boden sogar rund 10 Kelvin. Allerdings müssen für einen solchen Temperaturrückgang auch alle Bedingungen passen, also dass etwa keinerlei Wolken vorhanden sind. Die real gemessenen Werte wurden im Nachhinein durch Modellsimulationen bestätigt.

Verständlich, dass diese Temperaturunterschiede nicht selten auch Einfluss auf die Stabilität der Grenzschicht haben. Dazu wurden unter anderem von Vogel et al. Modellsimulationen zur Sonnenfinsternis vom 11. August 1999 in Südwestdeutschland durchgeführt, wobei in diesem Fall wolkenfreie Bedingungen angenommen wurden (was real leider nicht der Fall war). Es wurde in der Simulation nicht nur eine markante Abkühlung beobachtet, sondern auch eine deutliche Stabilisierung der Grenzschicht. Die Grenzschicht ist die Region, woher der Aufwind für die sommerlichen Haufenwolken all seine Energie in Form von warmer und feuchter Luft bezieht. Je wärmer und feuchter diese Luftmasse ist, desto leichter kann sie in Form einer sogenannten “Thermikblase” oder eines “Thermikschlauchs” aufsteigen, gegebenenfalls kondensieren und die Haufenwolke bilden. Kühlt sich die Luftmasse dabei ab, können sich besonders schwache und junge Aufwindschläuche stark abschwächen oder gar zusammenbrechen.

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So geschehen auch bei der kürzlich aufgetretenen ringförmigen Sonnenfinsternis in Yucatán, Mexiko. In der ersten Abbildung vom 14. Oktober 2023, 18:00 UTC ist die Konvektion, die sich zur Mittagszeit in Yucatán gebildet hatte, erkennbar. Besonders im Norden (rote Ellipse) hatten sich bereits recht gut organisierte Konvektionsstraßen entwickelt, die sich durch hochreichende Quellbewölkung und starkes Absinken dazwischen auszeichneten. Weiter südöstlich im Binnenland (orange Ellipse) war die Konvektion hingegen deutlich schwächer ausgeprägt.

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Direkt nach der ringförmigen Sonnenfinsternis ist deutlich zu erkennen, welche Thermikblase überlebt hatte und welche nicht. Nur die Konvektion entlang der gut organisierten Wolkenstraßen im Norden konnte die temporäre Abkühlung überstehen, während sonst über Land teilweise wolkenarme Bedingungen vorherrschten. An diesem Beispiel lassen sich auch die Unterschiede zwischen Land und Meer eindrucksvoll verstehen: Während die fehlende Sonneneinstrahlung über Land für eine rasche Abkühlung sorgte, hielt sich die Konvektion über dem Meer (grüne Ellipse) deutlich besser, da dort das warme Meereswasser weiterhin für einen ausreichenden Energieeintrag sorgte.

Auf der Plattform X wurden zahlreiche Bilder der ringförmigen Sonnenfinsternis vom 14. Oktober 2023 veröffentlicht. Unter anderem ließ sich dort auch das nachfolgende Komposit von Alexander Spahn (@spahn711) mit dem Shiprock (New MexikoUSA) im Vordergrund finden.

DWD Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter

Haben Sie auch Lust auf eine Sonnenfinsternis bekommen? Lange müssen Sie auf eine totale Sonnenfinsternis nicht mehr warten. Die nächste wird am 8. April 2024 in Teilen Nordamerikas zu sehen sein. Lassen Sie sich diese nicht entgehen, denn auf eine totale Sonnenfinsternis in Deutschland zu warten, macht für Viele von uns keinen Sinn. Erst am 3. September 2081 wird die Bodenseeregion von der nächsten Sonnenfinsternis erfasst; Norddeutschland kann sich am 7. Oktober 2135 auf eine solche freuen.

Eine andere Finsternis steht in Deutschland aber schon an diesem Wochenende an. Samstagabend von halb zehn bis kurz vor elf (Beginn: 21:35 Uhr – Maximum: 22:14 Uhr – Ende 22:52 Uhr, Zeiten in MESZ) verdunkelt die Erde den Mond. Die größten Chancen, diese partielle Mondfinsternis zu sehen, bestehen voraussichtlich vom Emsland über die Region rund um den Harz bis in die Lausitz. Auch südlich der Donau sind die Aussichten gut.

Noch ein Hinweis nebenbei: Wussten Sie, dass eine Finsternis nie allein auftritt? In etwa zwei Wochen vor oder nach einer Sonnenfinsternis findet IMMER eine Mondfinsternis statt.

Dipl.-Meteorologin Julia Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Energieinput von oben

Ein maßgeblicher Faktor der Strahlungsbilanz in unserem Klimasystem Erde-Atmosphäre ist die sogenannte Globalstrahlung. Unter dieser versteht man die gesamte an der Erdoberfläche auf einer horizontalen Ebene empfangene Solarstrahlung. Die Globalstrahlung setzt sich dabei aus der direkten Strahlung (d.h. jene Strahlung, die Schatten werfen kann) und der gestreuten (diffusen) Sonnenstrahlung aus der Himmelshalbkugel zusammen. Die extraterrestrische Strahlung (d.h. die auf die Atmosphäre auftreffende Strahlung) wird nämlich beim Passieren der Erdatmosphäre verändert und erfährt beispielsweise eine Abschwächung (Extinktion) durch die Streuung/Reflexion an Luftmolekülen, Wolken, Wasser- und Staubteilchen. Zudem erfolgt auch eine Absorption durch Wasserdampf und atmosphärische Spurengase, diese soll an dieser Stelle aber nicht weiter behandelt werden. Als Faustregel gilt, dass bei Sonnenhöhen von mehr als 50° und wolkenlosem Himmel die Globalstrahlung zu ca. 75 % aus direkter Sonnenstrahlung besteht, bei einem deutlich tieferen Sonnenstand (ca. 10°) nur noch zu 33 %. D.h. bei tieferen Sonnenständen überwiegt die diffuse Himmelsstrahlung gegenüber der direkten Strahlung deutlich.

DWD Energieinput von oben

Die Globalstrahlung kann mit einem sogenannten Pyranometer  sehr gut gemessen werden. Dieses besteht aus für die kurzwellige Strahlung durchlässigen und auch als Witterungsschutz dienenden Halbkugeln und hintereinander geschalteten Thermoelementen (geschwärzte Thermosäule) als Sensor. Die geschwärzten Empfangsflächen der aktiven Lötstellen der Thermoelemente absorbieren die einfallende Strahlung und erwärmen sich gegenüber den passiven Lötstellen innerhalb des Geräts. Die auftretenden Temperaturdifferenzen erzeugen Thermospannungen, die ein Maß für die empfangene Bestrahlungsstärke sind. Mit einer entsprechenden Abschattung (Schattenring) kann mit diesem Gerät auch die diffuse Strahlung bestimmt. Auf jeden Fall ist eine sogenannte Horizontfreiheit, d.h. kein Horizonteinschränkung durch Bäume, Gebäude oder Bergrücken erforderlich.

DWD Energieinput von oben 1

Aufgrund der starken Abhängigkeit der Globalstrahlung vom Sonnenstand besteht in unseren Breiten ein immenser Jahresgang. So liegt die mittlere Monatssumme für Deutschland im Zeitraum 1991 bis 2020 für den Monat Dezember beispielsweise unter 20 kWh/m², bei höchstem Sonnenstand in den Sommermonaten Juni und Juli bei über 160 kWh/m² . Außerdem ist in der Abbildung anhand des „Box-Plots“ auch das 25 % und 75 % bzw. das 10 und 90 % Perzentil (d.h. die wahrscheinlichste Schwankungsbreite bzw. der fast maximale Erwartungswert) ersichtlich (Erklärung in der unteren Legende beachten). Für das aktuelle Jahr 2023 lag die Monatssumme im Juni beispielsweise bei sehr hohen 199 kWh/m² und damit deutlich über dem normalerweise erwarteten Wertebereich. Auch im kürzlich abgelaufenen September ist dieser Effekt aufgetreten: die Monatssumme von 124 kWh/m² liegt deutlich oberhalb des Mittelwerts, der bei etwas unter 100 kWh/m² zu finden ist. Diese deutlichen Ausreißer führen nun dazu, dass die mittlere Jahressumme der Globalstrahlung von 1086 kWh/m² (1991 bis 2020) dieses Jahr wahrscheinlich schon im Oktober übertroffen wird. Den absoluten Spitzenrang nimmt im Bezugszeitraum seit 1983 das vergangene Jahr 2022 mit einer Jahressumme von 1227 kWh/m² ein.

Generell ist festzustellen, dass es seit 1983 einen eindeutigen positiven Trend der Jahressummen der Globalstrahlung gibt . Legt man einen linearen Trend in die Datenpunkte ergibt sich eine Steigerung von etwa 3,6 kWh/m² pro Jahr. Das bedeutet, dass in 10 Jahren im Deutschlandmittel 36 kWh/m² hinzugekommen sind. Sehr schön ersichtlich sind auch die zwei „Ausreißer“ in den vergangenen Jahren sowie das Jahr 2003.

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Außerdem unterliegt die Globalstrahlung in Deutschland aufgrund der Geographie und der Geometrie der einfallenden Strahlung einer regionalen Differenzierung. In den Mittelwerten der Jahressummen im Zeitraum von 1991 bis 2020 gibt es im Süden der Bundesrepublik deutlich höhere Werte als im Norden und Nordwesten Deutschlands. Die höchsten Werte der Globalstrahlung werden etwa in einem Streifen vom Bodensee über das Alpenvorland bis zum Inn und der Salzach sowie am Oberrhein und am Neckar erreicht. Im Vergleich zu den geringeren Werten im Norden (knapp über 1000 kWh/m²) werden im Süden fasst 200 kWh/m² im Jahr mehr erreicht.

Die erwähnten Abbildungen sind unter zu finden.

Mag.rer.nat Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Als Wetterdaten laufen lernten

Zugegeben, wirklich laufen können Wetterdaten auch heute nicht. Aber sie werden in einem globalen Netzwerk gesammelt und in (Achtung: Wortspiel) Windeseile verteilt. Somit stehen Messwerte schon wenige Minuten nach der Registrierung global zur Verfügung, und dies gilt auch für die abgelegensten Stationen auf dem Globus.

Dagegen dauerte es im Mittelalter Tage oder Wochen, bis wesentliche und bedeutende Informationen auch nur die nächste Stadt erreichten. Und das galt natürlich auch für Informationen bezüglich des Wetters. Schneller lief die Informationsübertragung dann mit Einführung eines relativ engmaschigen, regelmäßig bedienten Stafettenreiter-Postsystems. Die Geschwindigkeit dieses Posttransports lag dabei meist im einstelligen km/h-Bereich.

Aber: Für den Transport von Wetterdaten ist auch das natürlich viel zu langsam. Das aktuelle Tief KILIAN bewegt sich beispielsweise mit etwa 50 km/h – und damit schneller als jeder Postreiter.

Für den Traum der Menschheit, das Wetter vorherzusagen, waren diese Geschwindigkeiten natürlich nicht annähernd ausreichend. Denn neben der Aufgabe, an möglichst vielen Orten das Wetter regelmäßig und zeitgleich zu beobachten und diese Informationen schnell an einem Ort zusammenzutragen (das ist das klassische Betätigungsfeld der synoptischen Meteorologie), stand man auch vor der Herausforderung, die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse möglichst rasch wieder an potentielle Nutzer zu verteilen. Auf die in früheren Jahren mindestens ebenso große Herausforderung, aus den registrierten Daten und ihrer zeitlichen Änderungen zeitnah eine mögliche zukünftige (Wetter-)Entwicklung abzuleiten, soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.

Eine ausreichend schnelle Datenübertragung war erstmals mit der Erfindung bzw. Weiterentwicklung der Telegrafie möglich. Mit ihrer Hilfe konnte man Wetterdaten verschiedener Orte sammeln, schnell zusammenführen und die Auswertungen dann auch schnell wieder verteilen. Genau genommen muss man an dieser Stelle allerdings sagen: Man hätte es machen können, lange Zeit hat man es aber nicht gemacht. Bis im Jahr 1854 während des Krimkrieges die alliierte Flotte von einem Orkan versenkt wurde.

Der französische Kaiser Napoleon III soll erzürnt gewesen sein – und der Leiter der Pariser Sternwarte, Urbain Le Verrier, beschäftigte sich in der Folge mit der Frage, ob es möglich wäre, solche Stürme vorherzusagen. Natürlich nicht in unserem heutigen mathematisch-physikalisch berechnenden Sinn, sondern mehr im Sinn einer Warn- bzw. Meldekette. Le Verrier, der 1845/46 die Existenz des Planeten Pluto postulierte und dessen Name sogar auf dem Eiffelturm verewigt ist, kam zu einem positiven Ergebnis. Und präsentierte am 19. Februar 1855 eine Wetterkarte auf Basis telegrafierter Wetterdaten. Damit war er in Europa führend. Aber in den USA war man noch etwas schneller.

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Schon mit der operationellen Einführung des Telegrafen 1845 kam man dort auf die Idee, Wetterdaten zu sammeln. Im Jahr 1849 lieferten bereits über 100 Freiwillige zu festgelegten Zeiten Wetterinformationen per “Fernschreiber“, dazukamen noch Meldungen der US Army. Am Rande sei hier erwähnt, dass der DWD auch heute noch auf die wertvollen Informationen von ehrenamtlichen Wettermeldern baut, zu denen vor noch gar nicht allzu langer Zeit die anlassbezogen, hochladbaren Wetterinfos in der DWD-App hinzugekommen sind.

DWD Als Wetterdaten laufen lernten

Portrait of Urbain Jean Joseph Le Verrier; 1811-1877. By: Rosselin. . Page or plate: 12.5 x 10 cm

Doch zurück nach Amerika. In den Vereinigten Staaten der späten 1840er und der 1850er Jahre gingen die Wetterinformationen an die sogenannte “Smithsonian Institution“. Diese wurde am 10. August 1846 durch ein Gesetz des US-Kongresses gegründet. Die finanziellen Mittel dazu stammten aus dem Nachlass von James Smithson, was dann auch den Namen erklärt. Und die Aufgabe der Smithsonian Institution war (und ist) die “Vermehrung und Verbreitung von Wissen“.

“Vermehrung und Verbreitung von Wissen“, damit sind wir bei der zweiten großen Persönlichkeit dieses Beitrages angelangt: Joseph Henry. Dieser war nicht nur von 1846 bis 1878 und somit 32 Jahre (!) amtierender Vorsitzender der Smithsonian Institution, sondern er ist auch Namensgeber der SI-Einheit für die Elektrische Induktivität – und erbrachte u.a. 1831 den Nachweis, dass mit Hilfe eines Telegrafen Nachrichten zwischen zwei Orten ausgetauscht werden können. Also sozusagen den Nachweis, dass man (auch) Wetterdaten “Beine machen“ kann.

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“Record Unit 95, Box 11, Folder 15”

Aber Henry war in seinem Wirken keineswegs auf Elektrizität und den damit verbunden Magnetismus fokussiert. Das wissenschaftliche Multitalent, das als Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina durchaus auch Kontakte nach Deutschland hatte, forschte u.a. im Bereich der Akustik, konstruierte Leuchttürme und beschäftigte sich mit dem Wetter. Dabei erkannte er sofort, dass die schnelle Übertragung von Wetterdaten mittels Telegrafen gewinnbringendem Nutzen für die Meteorologie bringen würde. Entsprechend zeichnete er auf, was ihm die o.g. Freiwilligen und die US Army übermittelten. Und schuf somit die erste(n) Wetterkarte(n) der Welt – noch vor derjenigen von Le Verrier.

Leider war es dem Autor nicht möglich, bei seinen Recherchen genaueres über die Form und den Inhalt der Wetterkarten von Le Verrier und Henry herauszufinden. Es ist aber anzunehmen, dass bei beiden die potentiell schadenträchtigen Wetterlagen besonders im Focus standen. Bei Le Verrier kann dies sogar als sicher gelten, denn immerhin war es bei ihm ein Unwetterereignis, das den Impuls für seine Untersuchungen gab. Aber auch in Nordamerika zogen Unwetter das Interesse der Forschergemeinde auf sich. So zeigt Abbildung 4 die Zugbahn eines Sturms am 21. August 1857, der knapp nördlich von Milwaukee auf den Lake Michigan traf.

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Unabhängig von den exakten Inhalten und auch unabhängig von der zeitlichen Reihenfolge der Wetterkarten von Le Verrier und Henry – die Leistung der beiden Forscher kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Denn die Idee, Wetterdaten zu einem festen Zeitpunkt in einem größeren Gebiet oder sogar weltweit darzustellen bzw. den räumlich-zeitlichen Ablauf eines Ereignisses wiederzugeben, erweist sich noch heute als Erfolgsmodell.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.09.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Reynolds und die Turbulenz

Die Reihe namhafter Physiker und Mathematiker mit Bezug zur Meteorologie setzen wir im heutigen Tagesthema fort mit Osborne Reynolds, einem der Pioniere auf dem Gebiet der Strömungsmechanik.