Was wäre wenn…? – Die Erde ohne Mond!

Der Mond hat erstaunlich große Einflüsse auf die Erde, obwohl er so viel kleiner als diese ist und sich so weit weg von ihr befindet. Deshalb hätte es einen starken Effekt, wenn er nicht mehr da wäre.

Aufgrund der riesigen Massen von Erde und Mond üben die beiden Himmelskörper starke Anziehungskräfte aufeinander aus und beeinflussen sich gegenseitig. Eine Wirkung des Mondes kann man dabei täglich an den Meeresküsten beobachten: die Entstehung von Ebbe und Flut.

Durch die Anziehungskraft des Mondes wird die Erde verformt und somit an den Orten, die dem Mond zugewandt sind, beziehungsweise den Mond abgewandten Seiten, gestreckt und an den anderen Stellen gestaucht. Dadurch gerät auch das Wasser der Meere und Ozeane in Bewegung und es entstehen zweimal täglich Ebbe und Flut. Die Stärke dieser variiert je nach Konstellation von Sonne, Erde und Mond. Befinden sich alle drei Himmelskörper in einer Linie, so sind die Gezeiten besonders stark, man spricht dann von „Springtiden“. Anders sieht es aus, wenn der Mond im rechten Winkel zur Sonne steht (auf der Erde sichtbar als Halbmond). Dann sind die Gezeiten schwächer („Nipptiden“). Dabei gibt es Orte, an denen der Unterschied zwischen Ebbe und Flut stärker ist, wie zum Beispiel an der Bay of Fundy in Kanada. Hier ist eine Differenz der Meeresspiegelhöhe von bis zu 21 Metern möglich. Anders sieht es beispielsweise an der Ostseeküste aus, wo der Tidenhub „nur“ etwa 30 Zentimeter beträgt. Dafür finden Wissenschaftler:innen unterschiedliche Begründungen. Ausschlaggebend ist hierbei jedoch stets das Volumen des Meeres: je größer der Ozean, desto mehr Wasser wird bewegt und somit ist die Differenz auch höher. Auch der Wind kann zu einer Erhöhung der Flut führen, wenn er vom offenen Meer in Richtung Küste weht. Dies wird dann als Sturmflut bezeichnet.

Die Gravitationskraft des Mondes hat darüber hinaus aber auch noch einen weiteren Effekt: Sie ist dafür verantwortlich, dass die Rotationsachse der Erde bezogen auf ihre Umlaufbahn um die Sonne mehr oder weniger stabil um etwa 23,5 Grad geneigt ist.

Doch was wäre, wenn es den Mond nie gegeben hätte? Ohne die Gravitationskraft des Mondes wäre diese Stabilität nicht gegeben. Im Extremfall könnte sich die Rotationsachse der Erde Berechnungen zufolge sogar um bis zu 90 Grad neigen, verglichen mit der Erdumlaufbahn. Infolgedessen wäre eine Hälfte der Erde für ein halbes Jahr komplett der Sonne zugeneigt und die andere Seite hätte mit halbjähriger Dunkelheit und eisigen Temperaturen zu kämpfen. Es gäbe demnach nur zwei Jahreszeiten, was beträchtliche Folgen für unser Klima und damit auch für Flora und Fauna nach sich ziehen würde.

Ohne den Mond gäbe es außerdem natürlich auch nicht die durch ihn hervorgerufenen Gezeiten. Die Erde würde sich dann deutlich schneller um ihre eigene Achse drehen, da der Mond als eine die Erde ausbremsende Kraft im Kräftegleichgewicht von Sonne, Erde und Mond dient. Eine Drehung um die eigene Achse geschähe dann schon innerhalb von 6 bis 8 Stunden und der derzeitige Tag-Nacht-Rhythmus wäre so nicht existent.

Die deutlich schnellere Drehung der Erde hätte auch direkte Auswirkungen auf das Wettergeschehen: Stürme mit Windgeschwindigkeiten von mehreren 100 km/h wären keine Seltenheit und die atmosphärische Zirkulation, so wie wir sie heute kennen, gäbe es in der Form nicht.

Der Mond ist also in vielerlei Hinsicht essenziell für das Leben auf der Erde. Gut also, dass er unseren Planeten voraussichtlich noch ein paar Milliarden Jahre umkreisen wird, auch wenn die Erde bis dahin leider nicht mehr bewohnbar sein wird…

Praktikant Lorenz Gölz in Zusammenarbeit mit Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Was waere wenn... Die Erde ohne Mond

 

Polarlichter – Sonnenwinde am Himmel

Polarlichter gehören definitiv zu den eindrucksvollsten Erscheinungen, die am Himmel auftreten können. In der Nacht von Sonntag auf Montag konnte man diese sogar über Norddeutschland betrachten, was nur sehr selten vorkommt. Und obwohl fast jeder schon davon gehört hat, wissen viele nicht, was die Ursache dafür ist. Dabei ist die Erklärung eigentlich gar nicht so kompliziert, wie sie scheint.

Noch im 18. Jahrhundert ging man davon aus, dass die Lichter durch Reflexion des Sonnenlichts an Eiskristallen in Wolken entstehen. Einige Zeit später konnte diese Theorie widerlegt werden und heute weiß man, dass der Auslöser ein anderer ist: Die Sonne sendet nämlich kontinuierlich elektrisch geladene Teilchen aus. Diese werden regelmäßig als Bündel ausgestrahlt, die man als Sonnenwinde bezeichnet. Da die Sonne hierbei etwa eine Million Tonnen Materie pro Sekunde ins All schießt, kann man erahnen, dass dabei riesige Mengen Energie frei werden. Ein Teil der Winde trifft dann auf das Magnetfeld der Erde und wird durch dieses in Nord- und Südrichtung abgelenkt. Damit wirkt das Magnetfeld wie ein Schutzschild, der die Biosphäre und damit auch uns Menschen vor den energiereichen Sonnenwinden abschirmt. An den Polen läuft das Magnetfeld zusammen und daher wird hauptsächlich dort einem Teil der Winde der Eintritt in die Atmosphäre dann doch ermöglicht, wodurch Polarlichter überhaupt erst entstehen können. Denn wenn die Teilchen der Sonne in die Atmosphäre gelangen, treffen sie auf bereits vorhandene Teilchen und regen diese an. Dabei wird viel Energie freigesetzt, die in Form von Licht sichtbar wird. Außerdem entstehen Ströme, die wir als gleitende Bewegungen wahrnehmen. Polarlichter sind übrigens kein reines Phänomen der Nordhalbkugel, sondern treten natürlich auch in den polaren Breiten der Südhalbkugel auf. Während der wissenschaftliche Name des Nordlichts „aurora borealis“ lautet, wird das Südlicht als „aurora australis“ bezeichnet.

Wie Sie vielleicht auch schon wahrgenommen haben, sieht man Polarlichter am häufigsten in grüner Farbe. Diese entsteht durch die Anregung von Sauerstoffteilchen, hauptsächlich in etwa 100 km Höhe. Aber auch rötliche Farbe kann dabei zu sehen sein, diese entsteht jedoch in Höhen von etwa 200 km. Deutlich seltener kommt es ebenso zu violettem bis blauem Licht. Hier werden Stickstoffteilchen angeregt, wofür sehr viel mehr Energie nötig ist.

Am häufigsten sind die Polarlichter in Alaska, Kanada, Island, Finnland, Norwegen und Grönland beobachtbar, insbesondere in den Wintermonaten begünstigt die Polarnacht eine Sichtung. Bei besonders starken Fällen kann es passieren, dass sich die Lichter außerhalb der Polarregionen zeigen. So konnte man dieses Spektakel beispielsweise 2013 sogar über Berlin bewundern.

Bis heute haben sich einige Mythen bezüglich der Polarlichter gehalten. So glaubten die Inuit in Kanada schon bevor es wissenschaftliche Erklärungen zur Entstehung gab, dass sich hinter den Lichtern tanzende Geister der Vorfahren verbergen, die auf diese Art und Weise versuchen, Kontakt aufzunehmen und man ebenso mit diesen kommunizieren könne. Menschen in Skandinavien glaubten indes, dass die Polarlichter Reflexionen großer Heringsschwärme in den Meeren seien und somit auf eine gute Ausbeute beim Fischen hindeuten.

Was man letzten Endes glaubt, kann natürlich jeder selbst entscheiden. Fest steht jedoch, dass es sich um ein einzigartiges Erlebnis handelt, Polarlichter zu beobachten.

Praktikantin Alina Otto in Zusammenarbeit mit Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Polarlichter Sonnenwinde am Himmel

Staub aus der Sahara

In den vergangenen Tagen formierte sich über der Sahara durch starke Winde eine Staubwolke, die in der Folge in die vorherrschende Ostwindzirkulation aufgenommen und quer über den Atlantik bis zur Karibik und ins nördliche Südamerika transportiert wurde. Kein seltenes Schauspiel, aufgrund der zurückgelegten Strecke der winzigen Partikel dennoch immer wieder beeindruckend. Es ist keinesfalls ungewöhnlich, dass hunderte Millionen Tonnen Staub aus der afrikanischen Wüste jedes Jahr über den Atlantik geblasen werden. Für die Natur ist er teilweise sogar dringend erforderlich. Denn die aufgewirbelten Mineralstaubpartikel versorgen zum einen Phytoplankton im Atlantischen Ozean, zum anderen auch die Regenwaldböden am Amazonas mit wichtigen Nährstoffen. Außerdem hilft er, die Strände in der Karibik zu erneuern. Natürlich gibt es nicht nur Vorteile. So kann der Staub aus der Sahara sogar für eine vorübergehend heftige Luftverschmutzung in Teilen Nord-, Mittel- und Südamerikas sorgen. Allerdings fällt der aktuelle „Saharastaubausbruch“ in Richtung Amerika nicht ganz so stark aus.

Aber nicht nur der amerikanische Kontinent wird heute und in den Folgetagen von Saharastaub beeinflusst. Tief „Elke“ (international unter dem Namen „Celia“ bekannt) liegt aktuell knapp westlich der Straße von Gibraltar und schaufelt den Saharastaub in einer südlichen bis südwestlichen Strömung nach Mitteleuropa. Von Nordafrika über Spanien und Frankreich gelangte bereits gestern ein erster kleinerer Schwall zu uns nach Deutschland. Auch heute sollten davon hauptsächlich die Mitte und der Süden beeinflusst werden, in der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstag tagsüber könnten dann nahezu alle Landesteile davon betroffen sein.

Der Wüstenstaub besteht überwiegend aus winzigen Sandkörnchen (Quarz), die sowohl einen direkten als auch einen indirekten Einfluss auf die Sonneneinstrahlung besitzen. Der direkte Einfluss besteht darin, dass die Atmosphäre durch den Staub getrübt und damit die Einstrahlung am Boden reduziert wird, da die eingestrahlte Energie an den Partikeln zum Teil unmittelbar ins Weltall zurückgestreut wird. Der „Otto-Normal-Wetterkonsument“ nimmt entsprechend die Sonne auch an einem sonst wolkenfreien Himmel nur als milchig-trübe Scheibe wahr. Der indirekte Einfluss ist darauf zurückzuführen, dass die Staubpartikel auch als sogenannte „Kondensationskeime“ wirken und damit zur Wolkenbildung beitragen. Durch diese sozusagen „zusätzlich“ gebildeten Wolken kommt es dann ebenfalls zu einer Reduzierung der Sonneneinstrahlung.

Beim aktuellen Blick aus dem All erkennt man in der linken Abbildung im sichtbaren Wellenlängenbereich von Nordafrika bis nach Mitteleuropa weiß-bläuliche Wolkenfelder, die aufgrund ihrer Struktur und Farbe dem geschulten Auge bereits „mit Staub versetzt“ erscheinen. Schaut man gleichzeitig auf eine Kombination verschiedener Infrarot-Wellenlängenbereiche, die Staubpartikel besonders hervorhebt (rechte Abbildung, pink-violette Einfärbung), erkennt man sehr gut, dass auch abseits der Wolkenfelder Saharastaub vorhanden sein muss (z.B. von Zentralfrankreich nach Galicien und Nordportugal sowie im nördlichen Algerien).

Meist macht sich der Saharastaub bei uns lediglich in höheren Luftschichten bemerkbar. Hin und wieder wird er aber auch als unerwünschte Schicht am Boden abgelagert oder mit Niederschlägen aus der Luft ausgewaschen und erreicht so ebenfalls den Boden bzw. alle auf ihm befindlichen Gegenstände. Bei starken Ereignissen kann sich auf Autos und anderen Oberflächen eine Staubschicht ausbilden, sehr eindrücklich sind auch rotbraune Ablagerungen auf Schneeflächen.

MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Staub aus der Sahara

Heißer Sommer in der Antarktis

1979 begann die systematische Vermessung der Meereisausdehnung der Antarktis durch Satellitenaufnahmen. Im Gegensatz zur Arktis ist die Antarktis ein großer Wüstenkontinent umgeben von Wasser. Dabei ist der größte Teil der Antarktis ganzjährig durch riesige Gletscher bedeckt. An den Rändern zu den Ozeanen fließen die Gletscher in Richtung Wasser. Gleichzeitig dehnt sich jedes Jahr im antarktischen Winter das Meereis aus. Die Meereis-Ausdehnung in der Antarktis ist sehr variabel, sowohl innerhalb eines Jahres, als auch auf längere Zeiträume gesehen

Die größte Eisausdehnung wird im September/Oktober erreicht. Dabei wird eine Fläche von etwa 16 Millionen Quadratkilometern mit Meereis bedeckt. In den Sommermonaten der Südhemisphäre schmilzt das Meereis teilweise wieder, sodass das Minimum im Februar/März erreicht wird. Gleichzeitig schieben die Gletscher große Tafeleisberge ins Meer, die von Zeit zu Zeit abbrechen und in nördlichere Gefilde abdriften. Noch nie seit 44 Jahren verlor die Antarktis soviel Eis wie diesen Südsommer von Oktober bis Februar. Die Gesamtfläche des antarktischen Meereises schmolz auf unter zwei Millionen Quadratkilometer zusammen. Was war in dieser Saison so besonders, dass ein neuer Rekord gebrochen wurde?

Zum einen war die erste Hälfte des Südsommers ungewöhnlich warm auf dem Eiskontinent. Vor allem in der zentralen Antarktis als auch im Weddelmeer wurden überdurchschnittlich hohe Temperaturen gemessen. Im Mittel 2 bis 4 Grad über dem langjährigen Mittel. In der zweiten Hälfte des Sommers war ein kräftiges Tief über der Amundsen See wetterbestimmend. Durch die sehr westliche Lage des Tiefs strömten starke Nordwestwinde über die Antarktische Halbinsel und führten so zu starken Föhneffekten. Durch den sehr warmen und trockenen Fallwind wurden die überdurchschnittlichen Temperaturen im Weddelmeer und dem Ostsektor der Antarktis zusätzlich verstärkt. Bei Föhnstürmen können auf der Antarktischen Halbinsel Werte im zweistelligen Bereich erreicht werden. So wurden z.B. an der argentinischen Forschungsstation bei einem Föhnsturm am 06. Februar 2020 eine Maximumtemperatur von 18,4°C gemessen.

Durch die warmenTemperaturen im Weddelmeer wurden nun auch die letzten Reste von Larsen B mit Schmelzwasser überflutet. Das Larsen-Schelfeis ist eine langgezogene Eisplatte, die an der östlichen Seite der Antarktischen Halbinsel „hängt“. Ein auf dem Meer schwimmender Eispanzer, der mit dem Land verbunden ist und durch die dortigen Gletscher gespeist wird. Der Untergang von Larsen B begann bereits 2002 in einem ähnlich warmen Sommer mit vielen Föhnstürmen. Jetzt ist der Seeweg im Nordteil der Halbinsel frei bis hin zum kontinentalen Eis.

Die hohen Temperaturen und das damit verbundene geringe Meereis kam der Polarexpedition „Endurance 22“ entgegen. Das Forschungsschiff „S.A. Agulhas II“, eines der größten Polarforschungsschiffe der Welt, suchte im Weddelmeer das Wrack des berühmten Expeditionsschiffes „Endurance“. In einer Tiefe von 3008 Metern lag das legendäre Schiff seit über hundert Jahren unter dem sonst so kräftigen Eispanzer. 1915 sank das Schiff unter dem Kommando von Sir Ernest Shackelton. Er wollte als erster die Antarktis durchqueren. Scheiterte jedoch, da sein Holzschiff im Packeis des Weddelmeeres zerdrückt wurde. Bei den geringen Eismengen in dieser Sommersaison und den natürlich wesentlich stabiler gebauten Forschungsschiffen heutzutage kaum noch vorstellbar.

MSc Met. Sonja Stöckle

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Heisser Sommer in der Antarktis

Knisterwetter

Vermutlich ist es Ihnen in den vergangenen Tagen auch so gegangen, dass Sie bei der Berührung eines Menschen oder eines Gegenstandes „einen gewischt“ bekommen haben, Sie (und ihr Partner) also einen kleinen Stromschlag spüren konnten. Beim Küssen konnte dies etwas unangenehm an den Lippen kribbeln oder brennen.

Stellt sich nun die Frage, warum das seit etwa zwei Wochen so häufig passiert? Für einen Funkenschlag muss es eine elektrostatische Entladung geben, sodass sich unser Körper bzw. unsere Haut vorher aufladen muss. Normalerweise gleichen sich positive und negative Ladungen über die Luftfeuchtigkeit bzw. die feuchte Luft aber aus. Ist die Luft jedoch trockener als üblich, ist auch unsere Haut trockener und der Ausgleich findet nicht statt. Dadurch lädt sich der Körper auf, bis es bei der Berührung eines anderen Menschen oder eines Objektes zur Entladung kommt. Begünstigt wird der Funkenschlag zusätzlich, wenn es draußen kalt ist. Kalte Luft kann weniger Feuchtigkeit aufnehmen als warme, was die Leitfähigkeit herabsenkt. Des Weiteren erhöht auch synthetische Kleidung, die aneinander reibt, die Aufladung. Dieser Effekt ist ähnlich wie bei einem Ballon, den man in seinen Haaren reibt und der sich dadurch auflädt. Nachts kann man bei einem solchen Funkenschlag sogar Funken sehen, im Prinzip ist das dann ein kleiner Blitz. Gefährlich sind die Funkenschläge für Menschen allerdings nicht.

Die Bedingungen für Knisterwetter waren vor allem seit dem 26. Februar günstig, weil es seitdem kaum noch Niederschläge gegeben hat bzw. es vielerorts sogar komplett trocken geblieben ist. Darüber hinaus strömten sehr trockene Luftmassen zu uns, sodass die relative Luftfeuchtigkeit tagsüber zum Teil auf sehr niedrige Werte von nur noch 10 bis 30 % fiel. Zwar wurden tagsüber auch Höchsttemperaturen im einstelligen (aktuell zum Teil zweistelligen) Bereich erreicht, in den Nächten herrschte jedoch verbreitet leichter bis mäßiger Frost. Das hat gereicht, dass es vermehrt zum Funkenschlag kam.

Um sich vor den Stromschlägen zu schützen, gibt es ein paar Mittel. So kann man die Haut feucht eincremen, auf synthetische Kleidung verzichten und stattdessen Kleidung aus Baumwolle (oder Naturwolle) tragen. Auch hilft es, Schuhe mit Leder- statt Gummisohle zu wählen. In der Wohnung kann die Luftfeuchtigkeit beispielsweise durch das Aufhängen nasser Kleidung (spart zusätzlich die Kosten und die Energie für den Betrieb eines Trockners) oder einem nassen Handtuch über der Heizung erhöht werden. Luftbefeuchter können ebenfalls helfen. Lüften dagegen bewirkt das Gegenteil, da die trockene Luft so von draußen eindringt. Eine weitere geeignete Maßnahme ist, sich selber durch das Berühren geerdeter Gegenstände zu entladen. Das kann durch das Berühren einer Autokarosserie, einer Laterne, einer Heizung, eines Metallschranks oder eines metallischen Rohres mit Bodenkontakt erfolgen. Am besten nimmt man dafür noch einen metallischen Schlüssel, den man an die genannten Gegenstände hält, dann ist die Prozedur meist sogar schmerzfrei.

In den kommenden Tagen bis Mitte der Woche macht das Knisterwetter in vielen Regionen erst einmal eine Pause. Es ziehen Wolken auf, die gebietsweise Regen bringen. Die Luftfeuchtigkeit erhöht sich dadurch deutlich, außerdem verhindern die Wolken nächtlichen Frost. Im weiteren Wochenverlauf kehrt aber der Hochdruckeinfluss zurück, dann strömt wieder deutlich trockenere Luft zu uns. Weil es in den Nächten erneut häufig auch Frost gibt, deutet sich die Rückkehr des Knisterwetters an. Aber wenn es zwischen uns noch knistert, dann ist das ja irgendwie auch was Schönes.

Dipl.-Met. Simon Trippler

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 13.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Tiefdruckgebiete klopfen zaghaft an

Hoch NOE hat es sich über Nordosteuropa in den letzten Tagen so richtig gemütlich gemacht und Deutschland verbreitet sonniges und trockenes Frühlingswetter beschert. Vor allem im Westen des Landes lagen die Tageshöchstwerte bei teilweise 17 Grad. Im Osten war es durch die Zufuhr kühlerer Luftmassen aus Ost- und Südosteuropa kühler. Die 10 Gradmarke wurde mitunter gar nicht geknackt. Nachts gab es verbreitet leichten bis mäßigen Frost, sodass es sich nicht als ratsam erwies, frostempfindliche Pflanzen bereits ins Freie zu stellen. Doch der nahende Frühling hat auch seine Schattenseiten. Allergiker können ein Lied davon singen, denn eine tropfende Nase sowie tränende Augen haben nicht zwangsläufig mit einer Erkältung zu tun. Hasel- und Erlenpollen schwirren nämlich mittlerweile in beträchtlicher Anzahl durch die Lüfte.

Dem sonnigen Frühlingswetter wird bereits am heutigen Samstag von Westen her ein erster Dämpfer versetzt. Dann meldet sich Tief CLAUDIA, das sich derzeit noch weit draußen auf dem Nordatlantik befindet, zu Wort und möchte auch mal beim Wetter mitmischen. Einige teils dichte Wolkenfelder ziehen heute über die Westhälfte des Landes hinweg, Regen fällt aber kaum. Von Schleswig-Holstein bis zum Alpenrand erscheint die Sonne durch Schleierwolken teilweise etwas milchig. Im Osten hingegen strahlt sie von früh bis spät von einem tiefblauen Himmel.

Auch am Sonntag ändert sich an der Konstellation nicht viel. Es bleibt zwar mit Ausnahme der Eifelregion – dort beginnt es am Nachmittag zu regnen – trocken, aber über dem Westen tummeln sich einige Wolken und die Sonne kommt nur zeitweilig zum Vorschein. Im großen Rest des Landes scheint sie von früh bis spät. Immerhin sind das dann morgen schon über 11,5 Stunden Sonnenscheindauer. Der Weg zur Tag- und Nachtgleiche ist also nicht mehr weit. In Teilen der Mitte und des Westens kamen diesen Monat bereits 100 bis fast 110 Sonnenstunden zusammen, was nahezu der Maximalausbeute entspricht.

Zu Beginn der kommenden Woche greifen dann vermehrt die Ausläufer atlantischer Tiefdruckgebiete auf Deutschland über. In der Nacht zum Montag breitet sich von Westen her dichte Bewölkung bis auf eine Linie Lübecker Bucht – Werdenfelser Land aus. Vor allem im Nordwesten, dem Westen und der Mitte kann es etwas regnen. Vorsicht ist im Bereich des Thüringer Waldes geboten, denn dort droht ausgangs der Nacht beziehungsweise am Montagmorgen lokal gefrierender Regen.

Am Montag verlagert sich das Hoch NOE langsam von Nordosteuropa mit seinem Schwerpunkt südostwärts und verliert allmählich seinen Einfluss auf das Wettergeschehen in Deutschland. Nur ganz im Osten und Südosten zeigt sich die Sonne noch für längere Zeit, während sie sich sonst den Platz am Himmel mit einigen Wolken teilen muss. Regen fällt jedoch nur noch im Norden des Landes.

Ab der Nacht zum Dienstag und am Dienstag nimmt der Tiefdruckeinfluss von Westen her weiter zu und es greifen vermehrt Regenfälle auf Deutschland über. Große Mengen kommen allerdings nicht zusammen, auch wenn es akkumuliert bis in die Nacht zum Mittwoch gebietsweise für 10 bis 20 Liter pro Quadratmeter  reicht. Deutlich werden aber auch die Prognoseunsicherheiten der Modelle beispielsweise im Nordosten. EZMW hat in Vorpommern kaum Regen auf der Agenda, während laut GFS und ICON6 dort um 10 l/qm fallen sollen. Die Natur freut sich auf jeden Fall über jeden Tropfen Regen, der sicherlich einen weiteren Wachstumsschub auslösen wird.

Wie es ab Mitte der Woche weitergehen wird, ist noch etwas unsicher. Eventuell gelangt Deutschland von Nordosten her erneut unter Hochdruckeinfluss.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 12.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Tiefdruckgebiete klopfen zaghaft an

 

Zyklon GOMBE

Wirbelsturm BATSIRAI brachte Anfang Februar auf Madagaskar extreme Regenmengen und Windgeschwindigkeiten bis zu 200 km/h. Seither ist das Technische Hilfswerk vor Ort, um den Menschen beim Aufbau der Trinkwasserversorgung zu helfen. Ende Februar zog der nächste Wirbelsturm durch. Nach erneut verbreiteter Zerstörung begann die Arbeit von Neuem.

In dieser Woche bildete sich ein weiterer Sturm, dieser traf den Norden der Insel, wenn auch mit deutlich geringerer Intensität. Das tropische Tief GOMBE formierte sich am Montag, den 07. März im indischen Ozean etwas vor Madagaskar und verlagerte sich westwärts. Dabei erreichte es die Insel in der Nacht zum Dienstag und zog am tagsüber über den Norden hinweg in die Straße von Mosambik.

GOMBE brachte dabei im Norden Madagaskars Windspitzen von 60 bis 70 km/h. Die Regenmengen beliefen sich auf teils 40 Liter pro Quadratmeter in 6 Stunden. Über einen Zeitraum von 72 Stunden hinweg fielen im Nordosten und Norden den Landes 50 bis 150 Liter.

In der Straße von Mosambik verstärkte sich das Tief am gestrigen Donnerstag zu einem Sturmtief und liegt nun (Freitagmorgen) an der Ostküste Mosambiks in der Region Nampula. Dort können Windspitzen bis zu 160 km/h an der Küste und 140 km/h im küstennahen Binnenland auftreten. Auf dem weiteren Weg am Samstag zunächst west-, am Sonntag südwärts (vgl. Zugbahn GOMBE beim Joint Typhoon Warning Center), schwächt sich der Wind ab und es werden noch maximal 80 bis 120 km/h erreicht. Da der Sturm viel feuchte Luft mitbringt, treten zum Teil heftige Gewitter auf. Innerhalb von 24 Stunden sind in der Region Nampula südlich der Stadt Nacala Regenmengen zwischen 150 und 250 Liter pro Quadratmeter möglich. Sonst liegen die Mengen zwischen 50 und 150 Liter pro Quadratmeter. Am Samstag und Sonntag wirbelt GOMBE über dem Süden Malawis und der Region Zambezia in Mosambik. Erneut können Regenmengen zwischen 100 und 150 Liter pro Quadratmeter auftreten, punktuell auch mehr. Über das gesamte Wochenende aufsummiert sind in den Regionen Nampula und Zambezia verbreitet Regenmengen zwischen 150 und 250 Liter pro Quadratmeter zu erwarten, regional können bis zu 350 Liter fallen.

Im weiteren Verlauf zieht das Tief wieder in die Straße von Mosambik und löst sich dort voraussichtlich am Dienstag oder Mittwoch auf.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 11.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Zyklon GOMBE

Der diesjährige März – ein Monat zum Sonne putzen

Seit über einer Woche wird Deutschland nun schon von der Sonne verwöhnt. Dies ist natürlich Balsam für die Seele und entschädigt für so manchen trüben Wintertag, von denen es im vergangenen Winter gefühlt doch so einige gab. Das trockene Wetter und der ungetrübte Sonnenschein bringt jedoch schon wieder einige Probleme mit sich. Gebietsweise ist es vor allem in Ostdeutschland bereits deutlich zu trocken und auch der Waldbrandgefahrenindex steigt dort am kommenden Wochenende auf Stufe Vier von Fünf an. Es ist somit erhöhte Vorsicht geboten! Es sollte offenes Feuer vermieden werden oder Zigaretten nicht achtlos weggeworfen werden. Doch widmen wir uns nun der Sonne.

Die Sonne befindet sich in etwa 150 Millionen Kilometer Entfernung zur Erde und das Licht, das sie aussendet, braucht circa 8 Minuten, um auf der Erde anzukommen. Sie ist für das Leben auf der Erde genauso wichtig wie Wasser. Im Inneren der Sonne herrschen Temperaturen von etwa 15 Millionen Grad Celsius und selbst an ihrer Oberfläche ist sie noch knapp 6000 Grad Celsius heiß. Ihre Strahlung sorgt dafür, dass sich die Erde so weit erwärmen kann, dass Leben auf ihr möglich ist. Für den Menschen ist sie außerdem sehr wichtig, um beispielsweise den Vitamin-D-Haushalt aufzufüllen.

Genau dies hat sie in den vergangenen Tagen zu Genüge getan und dabei zudem auch die Natur wachgeküsst. Im Tiefland sprießen bereits Krokusse, Schneeglöckchen und weitere Blumen und Pflanzen, die den nahenden Frühling ankündigen. Spitzenreiter in puncto Sonnenscheindauer im diesjährigen März ist die Zugspitze. Dort schien die Sonne bis zum gestrigen Mittwoch 94 Stunden. Rheinau-Membrechtshofen (Baden-Württemberg) am Fuße des Schwarzwaldes südlich von Baden-Baden sowie Runkel-Ennerich (Hessen) in der Nähe von Limburg an der Lahn müssen sich mit 86 Stunden Sonne ebenfalls nicht verstecken. Immerhin entspricht, das fast zehn Stunden Sonne pro Tag. Wenn man bedenkt, dass die maximale Sonnenscheindauer zum Monatsbeginn bei elf Stunden lag und jetzt bei 11,5 Stunden, dann bleibt nicht mehr viel Zeit übrig, an denen die Sonne nicht geschienen hat. Etwas das Nachsehen haben der Nordosten und Osten des Landes, denn dort kam die Sonne im bisherigen März insgesamt 50 bis 60 Stunden zum Vorschein. Schuld an dieser etwas schlechteren Bilanz war teils dichte hochnebelartige Bewölkung, die sich von Polen und der Ostsee her immer wieder hereingeschoben hatte. Dennoch wurde auch dort bereits mehr als die Hälfte der im März üblichen Sonnenscheindauer erreicht. Im Westen des Landes liegt dieser Wert bei teilweise über 80 Prozent. Normal sind in Deutschland im Märzmittel (1961-1990) 100 bis 120 Sonnenstunden. Rekordhalter ist hier der Feldberg im Schwarzwald (Baden-Württemberg). Im Jahr 1953 lachte dort die Sonne 264 Stunden von einem oft strahlend blauen Himmel. Aber auch die Zugspitze (Bayern) sowie das Klippeneck (Baden-Württemberg) stehen mit 263 beziehungsweise 255 Sonnenstunden auf dem Treppchen. Allgemein fällt auf, dass vor allem der Süden des Landes bei den Spitzenwerten im März sehr weit vorne liegt. Den Jahresrekord hält mit 2329 Sonnenstunden im Jahr 1959 übrigens ebenfalls das Klippeneck. Auf den Rängen zwei und drei folgen Westermarkelsdorf auf Fehmarn (Schleswig-Holstein) mit 2319 Stunden (1959) und Berlin-Dahlem mit 2307 Stunden (2018).

In den kommenden Tagen darf die Sonnenuhr dann vor allem in der Osthälfte weiterhin Höchstarbeit verrichten, während im Westen des Landes durchziehende Wolkenfelder die Sonne zeitweise verdecken. Am besten ist, man lebt dabei nach dem Motto: „Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heiteren Stunden nur“.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 10.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Mythos Kaventsmann (Teil 2)

Nach der Messung der Draupner Welle im Jahre 1995 wurde die Forschung im Bereich der Monsterwellen deutlich ausgeweitet. Das Projekt MAXWAVE unter der Leitung des GKSS Forschungszentrums Geesthacht bei Hamburg hat durch gezielte Radar- und Satellitenmessungen Überraschendes festgestellt. Das seltene Phänomen ist gar nicht so selten wie es sein sollte. Höchste Zeit also der Entstehung von Monsterwellen näher auf den Grund zu gehen.

Zunächst nahm man in der Strömungstheorie an, dass längere und damit schnellere Wellen kürzere, langsame Wellen einholen und sich dann Überlagern. Die Überlagerung von Wellen wird in der Physik auch als Interferenz bezeichnet. Geht man von der Interferenztheorie zur Bildung von Monsterwellen aus, ist gemäß der Gauß’schen Normalverteilung, das Auftreten extremer Wellen sehr unwahrscheinlich. Die Natur machte der Theorie jedoch einen Strich durch die Rechnung. Am 1. November 2006 zog Sturm „Britta“ über die Nordsee. Mit nordwestlicher Strömung peitschten Orkanböen über das tosende Meer und türmten die Wellen in der Deutschen Bucht etwa elf Meter hoch auf. Gegen 5 Uhr morgens traf dann ein 15 Meter hoher Kaventsmann auf die Forschungsplattform Fino-1. Nach der Interferenztheorie dürfte eine solche Riesenwelle dort nur einmal in 100 Jahren auftreten. Aber nur ein Jahr später, am 9. November 2007, wühlte Sturmtief „Tilo“ die See in der Deutschen Bucht auf und setzte mit einer ähnlich großen Welle Fino-1 erneut schwer zu. Es muss demnach abseits von Interferenzen noch andere Effekte geben, die diese Wellen dazu befähigte so hoch anzuwachsen und ihre Energie zu fokussieren. Ein Erklärungsansatz findet sich in der Natur von größeren Meeresströmungen wie dem Golfstrom. Dort können Wellen gebündelt werden wie das Licht in einem Brennglas. Desweiteren können sich durch einen der Meeresströmung entgegengesetzten Sturm, wie es z. B. häufiger vor der Küste Südafrikas oder um Kap Hoorn vorkommt, die Wellen extrem aufsteilen. Eine dritte Ursache liegt in der Topographie des Meeresbodens. Durch plötzliche Abnahme der Wassertiefe kommt es zu Turbulenzen in der Strömung. Wellenberge bewegen sich entgegen der allgemeinen Wellenrichtung und türmen sich dabei auf. Auch bei Kreuzsee, wenn Dünung und Windsee aus verschiedener Richtung aufeinanderprallen, wurden Monsterwellen häufiger beobachtet.

In der Monsterwellenwelt bleiben die Giganten der Meere also nicht lange alleine. Im Herbst 2020 kam es gleich zu zwei neuen Rekorden. An der portugiesischen Atlantikküste bei Nazaré, einem Surfer-Paradies, befindet sich eine mehr als 200 Kilometer lange und bis zu 5000 Meter tiefe Meeresschlucht. Diese reicht fast bis an die Küste heran. Hurrikan EPSILON tobte über den Atlantik. Die Ausläufer des Sturms sowie eines Tiefdruckgebiets bei Grönland erzeugten ein starkes Dünungsfeld, das im Oktober 2020 auf die Küste Portugals traf. Unter anderem durch die Topographie entstand also nahe der Küste eine 31 Meter hohe Wasserwand. Sie ist aktuell die größte gesurfte Welle der Welt.

Nur einen Monat später, im November 2020 war es schon wieder soweit, jedoch in einem anderen Ozean. Ein Tief über dem nördlichen Pazifik entwickelte sich zum Sturm und zog entlang der Westküste der USA nordwärts. Am 17. November traf das Tief in Kanada auf Land und schwächte sich im weiteren Verlauf ab. Vor Vancouver Island erhob sich eine 17,6 m hohe Welle. Ein neuer Rekord, denn der umgebende signifikante Seegang war nicht mal 6 Meter hoch. Der Kaventsmann überragte also die umgebenden Wellen um das dreifache. Diese Daten wurden erst kürzlich, im Februar diesen Jahres, von der University of Victoria wissenschaftlich bestätigt (siehe Link zum wissenschaftlichen Artikel). Statistisch gesehen tritt solch eine Welle bei dem umgebenden Seegang nur alle 1300 Jahre auf. Ob wir wirklich so lange auf einen neuen Rekord in der Monsterwellenwelt warten müssen?

MSc Met. Sonja Stöckle

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 09.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Mythos Kaventsmann Teil 2

 

Mythos Kaventsmann (Teil 1)

Kaventsmänner oder Monsterwellen wurden lange als Seemannsgarn abgetan. Als Mythos von verwirrten Seemännern ähnlich wie Meerjungfrauen oder Riesenkraken. Dabei wurden aufgrund des optischen Eindrucks bereits drei verschiedene Typen von Monsterwellen bestimmt: Die „Drei Schwestern“ (mehrere große Wellen die direkt aufeinander folgen), die durch eine Schaumkrone geprägte „Weiße Wand“ und der Kaventsmann.

Als Kaventsmann wird eine einzelne gigantische Welle bezeichnet, die mindestens doppelt so hoch ist wie seine umgebenden Wellen und auch in ihrer Bewegungsrichtung vom vorherrschenden Seegang abweichen kann. Zahlreiche Schiffunglücke sind vermutlich auf Kaventsmänner zurückzuführen. So zum Beispiel der Untergang des Frachtschiffs „München“ im Dezember 1978 auf dem Weg von Bremerhaven in die USA. Nördlich der Azoren entwickelte sich ein heftiger Sturm, der das Meer aufwühlte. Es herrschte Windstärke 11 im Mittel, die Wellen wogten rund 15 Meter hoch. Das ist die Wellenhöhe, die lange Zeit als maximal möglicher signifikanter Seegang galt. Doch eine Welle ragte vermutlich noch deutlich darüber hinaus und schlug die Fenster der Schiffsbrücke ein. Der Frachter war über mehrere Stunden manövrierunfähig und sank schließlich etwa 30 Stunden später in die Tiefen des Meeres ab.

Auch die Zunahme des Schiffsverkehrs führte dazu, dass immer häufiger Monsterwellen beobachtet wurden. Eine der vermutlich größten aufgezeichneten Wellen wurde dem Kreuzfahrtschiff MS „Bremen“ zum Verhängnis. Das Schiff der Hapag-Lloyd geriet 2001 auf dem Weg von Südgeorgien (Antarktis) nach Brasilien in einen heftigen Sturm. Über dem Südatlantik baute sich eine extrem hohe Welle auf und schlug dort ebenfalls die Brückenfenster ein. Aus dem Logbuch geht hervor: 22. Februar 2001: „Unsere harmonische Seereise wird heute jäh unterbrochen. Um ca. 6.20 Uhr erlitten wir bei sehr schwerer See einen Seeschaden. Ein großer Brecher (Seeschlag) von ca. 35 m Höhe zerstörte das Brückenfenster, wodurch viel Wasser in den Brückenraum eindrang. Ca. 35 Min. ist das Schiff manövrierunfähig, dann konnte die Situation glücklicherweise wieder unter Kontrolle gebracht werden; Verletzte gab es nicht …“ Das Schiff konnte sich sicher in den nächsten Hafen retten. Der Logbucheintrag führt einem jedoch die Gewalt des Meeres vor Augen und lässt einen über die Geschichten alter Seemänner nochmals nachdenken.

Trotz vieler Schiffsunglücke und Berichten von Überlebenden fehlten lange Zeit die Beweise für die Existenz solcher Giganten der Ozeane. 1995 war es dann aber soweit. Am Neujahrstag befand sich ein Zentraltief mit Zentrum über Südschweden. An dessen Westflanke peitschte ein Randtief über die nördliche Nordsee. Dieses verlagerte sich weiter südwärts und entwickelte sich dabei zum Orkan. Der Orkan blies kalte Luft polaren Ursprungs entlang der Westküste Norwegens nach Süden. Bei einem signifikanten Seegang von 11 bis 12 Metern verzeichnete die Draupner-Bohrinsel vor der Westküste Norwegens mit Hilfe eines Lasers eine Monsterwelle von 25,6 Metern Höhe. Dabei breitete sich die Dünung im 80° Winkel zur Windsee aus (siehe Link zum DWD-Wetterlexikon). Mit etwa 100 km/h verlagerte sich die Welle südwärts und erreichte etwa sieben Stunden später den Seenotkreuzer „Alfried Krupp“ der sich westlich von Borkum befand. Das Boot geriet selbst in Seenot. Zwei Besatzungsmitglieder kamen dabei ums Leben.

Die Draupner-Welle ist der erste tatsächlich objektiv gemessene Kaventsmann und brachte somit eine Wende in die Erforschung von Monsterwellen. Der Mythos ist kein Mythos mehr, sondern eine faszinierende, zerstörerische und messbare Erscheinung. Ob man vielleicht irgendwann mal noch Meerjungfrauen sichtet?

Mehr zum Thema Monsterwellen im morgigen Thema des Tages.

MSc Met. Sonja Stöckle

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 08.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Mythos Kaventsmann Teil 1