Die Auswirkungen der Stratosphärenerwärmung

Laut amerikanischem und japanischem Wetterdienst wurde um den 16.Februar 2023 ein so genanntes Major-Warming (SSW) in der mittleren und oberen polaren Stratosphäre registriert. Die meteorologische Definition beschreibt hierbei neben einem starken Temperaturanstieg (über 25 Grad in wenigen Tagen) in der oberen und mittleren Stratosphäre über dem Nordpol auch eine vollständige Windumkehr, d.h. der hier normal vorherrschende westliche Wind im Einflussbereich des Stratosphärischen Polarwirbels (SPV) im Nordhemisphärischen Winter (zonal gemittelt, hier auf einem Breitengrad von 60 Grad Nord zirkumpolar) reversiert in 10 hPa (in etwa 31 km Höhe) komplett auf Ostwinde.

Hintergrund der Definition für ein Major-SSW ist eine markante (und möglichst nachhaltige) Schwächung des stratosphärischen Polarwirbels (SPV), die in der Regel zeitlich und räumlich versetzt auch eine großräumige Veränderung troposphärischer Zirkulationsmuster nach sich zieht (bevorzugt im Nordatlantisch-Europäischen Raum).

Nach einem Major-SSW setzt sich die Störung (Erwärmung und Ostwinde, also Temperatur und Geopotenzial) mit der Zeit dynamisch von der oberen und mittleren bis in die untere Stratosphäre, schließlich bis in die Troposphäre durch (kanonisch mit der Folge hohen Luftdrucks bzw. entsprechend hohen Geopotenzials in 500 hPa im Arktisumfeld,
z.B. Grönland-Blocking, oft als synoptische Entwicklung, ausgehend vom Skandinavien- oder Ostatlantik-Blocking in hohen Breiten).

Damit einher geht oft (statistisch gesehen in knapp 70 Prozent der markanten Stratosphärenerwärmungen) ein deutlich negativer Index der Arktischen und Nordatlantischen Oszillation (AO bzw. NAO, siehe Link Wetterlexikon:), wobei dann bei vermehrt meridionalen Strömungsmustern arktische Luftmassen weit nach Süden vordringen können (z.B. über Nord- nach Mittel- und Westeuropa, mitunter auch zeitlich und räumlich versetzt über Teilen Osteuropas).

Im Thema des Tages vom 09.02.2023 wurde bereits ausführlich über das zu dieser Zeit noch bevorstehende Ereignis berichtet (). Dort wurde auch darauf verwiesen, dass in der Regel einige Zeit vergehen muss, bis sich die polare stratosphärische Störung auch in der Troposphäre bemerkbar macht.

Nun, der spätwinterliche arktische Kaltlufteinbruch am kommenden Wochenende (25./26.02.23) kann in der Tat mit der markanten Stratosphärenerwärmung vom 16.02.23 in Verbindung gebracht werden, wobei vor allem der NAO-Index von neutral bis leicht negativ prognostiziert wird, d.h. auch die troposphärische Zirkulation der mittleren und hohen Breiten wirkt zunehmend gestört (). Die entsprechende synoptische Konstellation dafür am kommenden Wochenende (25./26.02.23) ist ein blockierendes Hochdruckgebiet über dem nördlichen Ostatlantik, demgegenüber herrscht tiefer Luftdruck über Nordosteuropa. So können arktische Luftmassen in einer nördlichen Strömung relativ ungehindert über Skandinavien bis nach Mitteleuropa vordringen.

Interessant erscheint derweil eine weitere und von den Globalmodellen (EZMWFGFS) mittlerweile konsistent simulierte markante Störung des Stratosphärischen Polarwirbels (SPV) am Ende des Monats (Februar). Dadurch ergibt sich nach dem Minor-Warming von 26.Januar 2023 (siehe )und dem Major-Warming vom 16. Februar 2023 eine doch recht nachhaltige Störung des SPV, die im weiteren Verlauf zu länger andauernden Störungen der großräumigen troposphärischen Strömungsmuster im atlantisch-europäischen Raum führen könnte (im Monat März). Die Rede ist von einem Zeitraum von bis zu zwei Monaten nach dem MajorSSW, häufig aber zumindest von zwei bis vier, manchmal auch sechs Wochen.

Aktuell ist diese neuerliche markante Störung in der mittleren und oberen polaren Stratosphäre mit einem weiteren Abfall des NAO-, später auch des AO-Indexes in der ersten und zweiten Märzwoche verbunden. Die Ensemble-Member bzw. gruppierten Cluster des EZMWF-Modells zeigen im aktuellen Lauf (23.02.2023, 0 UTC) ähnliche synoptische Muster als troposphärische Reaktion (wie weiter oben beschrieben) für diesen Zeitraum.

Interessant sieht in diesem Zusammenhang auch die Ensemble-Prognose des EZMWF-Modells für die erweiterte Mittelfrist (Woche vom 06.-13.03.2023) bezüglich der mittleren wöchentlichen Abweichung der 2m-Temperatur aus, siehe Grafik unten. Hier ist eine teils deutlich negative Anomalie dieses Parameters für Bereiche des östlichen Nordatlantiks, Skandinaviens, Nordwest-Russlands sowie Mittel- und Westeuropas zu erkennen.

DWD Die Auswirkungen der Stratosphaerenerwaermung

Eine spannende Entwicklung der mittel- und langfristigen Wettervorhersagen scheint vorprogrammiert, auch als Evaluierung der Auswirkungen dieser markanten Schwächung (-en) des SPV in diesem Spätwinter sowie im ersten meteorologischen Frühjahrsmonat März.

Gerade die Auswirkungen eines Major-SSW über die Mittelfrist hinaus bis in den subsaisonalen Bereich machen meteorologische Forschungen und Anwendungen im Bereich der Stratosphäre so schmackhaft für die Wettervorhersage.

Dr. rer. nat. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.02.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

FREDDY: Der Langstreckenläufer unter den tropischen Wirbelstürmen

Am gestrigen Dienstagnachmittag, den 21. Februar 2023, traf der tropische Zyklon FREDDY mit seinem Kern auf die Ostküste Madagaskars. Die Menschen dort fürchten nun sintflutartige Regenfälle, Überschwemmungen und Sturm. Dass FREDDY zu diesem Zeitpunkt bereits ein außergewöhnlich langes, bewegtes Leben wie kaum ein anderer tropischer Wirbelsturm zuvor hinter sich gebracht hat, werden wohl die wenigsten wissen.

Die Geschichte des tropischen Wirbelsturms FREDDY nahm bereits Anfang Februar seinen Lauf. Über dem Seegebiet zwischen Indonesien und Westaustralien konnte sich das tropische Tief in den Frühstunden des 6. Februars zu einem Sturm verstärken. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht absehbar, dass es sich bei dem gerade geborgen Zyklon – so nennt man tropischen Wirbelstürme über dem Indischen Ozean – um einen echten Langstreckenläufer handeln wird.

DWD FREDDY Der Langstreckenlaeufer unter den tropischen Wirbelstuermen

Zwischen dem 6. Februar und dem heutigen, 22. Februar, überquert FREDDY den Indischen Ozean einmal komplett von Osten nach Westen und legte insgesamt rund 8000 km zurück. Er ist damit bereits einer der langlebigsten tropischen Zyklone der Geschichte. Das System unterlief dabei insgesamt 4 plötzliche, sogenannte „rapide“ Intensivierungen – so viele, wie noch nie ein Wirbelsturm der südlichen Hemisphäre zuvor. Er erreichte mehrfach die Stärke, die vergleichbar ist mit einem Hurrikan der höchsten, 5. Kategorie auf der Saffir-Simpson-Skala.

DWD FREDDY Der Langstreckenlaeufer unter den tropischen Wirbelstuermen 1

Lebensdauer ist das eine, die Intensität das andere. Um ein möglichst ganzheitliches Maß der Stärke des Sturms zu erhalten, kann man sich der sogenannten „Akkumulierten Zyklonenenergie“ (im Englischen: Accumulated Cyclone Energy, kurz ACE) bedienen. Die ACE gibt an, wie viel Energie ein tropischer Sturm über seine komplette Lebensdauer umgesetzt hat. Sie berücksichtigt also nicht nur die momentanen Intensitäten, sondern auch die Andauer des Sturmes. Der Wert berechnet sich aus der Summe der Quadrate der Maximalwindgeschwindigkeit (in Knoten) in 6-Stundenintervallen. Heraus kommt eine Größe mit der Einheit Knoten². Für leichtere Handhabung teilt man die Zahlen durch 10000 und lässt die Einheit weg. So kommt FREDDY am 22. Februar auf eine ACE von 68, Prognosen gehen davon aus, dass er die 70 noch knapp erreichen könnte. Auch das stellt einen neuen Höchstwert für die Südhemisphäre dar, der alte Rekord von 53 aus dem Jahre 2016, aufgestellt von Zyklon FANTALA, wurde regelrecht pulverisiert. Selbst über dem Atlantik gibt es nur 2 Hurrikans mit höherer ACE, nämlich Hurrikan THREE mit 73,6 im Jahr 1899 und Hurrikan IVAN mit 70,4 im Jahr 2004. Die höchste ACE von 82 wurde bei Hurrikan IOKE im Jahr 2006 beobachtet. Zum Vergleich: Die ACE der gesamten 2014er Hurrikan-Saison über dem Atlantik lag nur bei 67!

DWD FREDDY Der Langstreckenlaeufer unter den tropischen Wirbelstuermen 2

FREDDY überquert Madagaskar heute westwärts. Die heftigen Regenfälle dürften auf den zum Teil bereits wasser-gesättigten Böden für große Überschwemmungen sorgen. Bedingt durch die Reibung über Land schwächte sich FREDDY vorübergehend ab und wird nur noch als Tropischer Sturm geführt. Wenn er am Abend die Straße von Mosambik erreicht, beginnt allerdings eine neuerliche Phase recht deutlicher Intensivierung. Eventuell erreicht er sogar nochmal eine Stärke, äquivalent zu einem Kategorie-1-Hurrikan. Das sind keine guten Nachrichten für Mosambik! Dort würde er am Freitagmorgen (24. Februar) dann nämlich als starker Zyklon irgendwo an der Küste der Provinz Inhambane an Land gehen. Er verlangsamt dabei deutlich seine Zuggeschwindigkeit, sodass über einen längeren Zeitraum hinweg sintflutartige Regenfälle und schlimme Überschwemmungen zu befürchten sind.

Kein schönes Ende eines ansonsten bemerkenswerten Sturmes!

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.02.2023
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Letzte Februarwoche startet mild und endet spätwinterlich

Frühlingshafte 15 bis 17 Grad wurden gestern im Alpenvorland sowie entlang des Rheins von Basel bis nach Koblenz gemessen und sorgten dort bei strahlendem Sonnenschein für Kaiserwetter bei den Rosenmontagsumzügen. Ähnliche Werte werden in diesen Gebieten auch heute nochmals erwartet; und auch, wenn es im Rest des Landes nicht ganz so warm wird – meist 10 bis 14 Grad (im Küstenumfeld darunter) – ist von Winter vorerst keine Spur. Grund dafür ist das Zusammenspiel von Tief XERXES nördlich der Britischen Inseln und Hoch GABRIELA über Mitteleuropa, die sehr milde Luftmassen heranführen.
Am Mittwoch liegt Deutschland quasi zwischen den Stühlen: Von Finnland bis zur Ostsee thront ein kräftiges Hoch, während sich von Westen ein Tiefausläufer nähert. Ähnlich unentschlossen zeigt sich das Wetter mit einem Mix aus Sonne und Wolken. Lediglich im äußersten Norden, von Schleswig-Holstein bis zur Uckermark, überwiegen deutlich die wolkigen Anteile. Erste Tropfen im Nordwesten und Westen sind Vorboten für das, was in der Nacht kommt, bleiben aber noch die Ausnahme. Erneut wird es sehr mild bei 10 bis 15 Grad, an den Küsten und im Nordosten liegen die Höchstwerte bei 5 bis 9 Grad.
In der Nacht zum Donnerstag ziehen von Westen Regenwolken auf und breiten sich tagsüber bis in den Osten und Süden aus. Mit großen Summen werden die Regentonnen allerdings nicht gefüllt. Die Sonne macht sich eher rar mit einer Ausnahme: Ab dem Nachmittag setzt sie sich von der Nordsee her durch! Die Temperaturen werden mit 7 bis 13 Grad nur etwas weniger mild.
Erst ab Freitag wird das Wetter hierzulande wieder interessanter und könnte bei dem ein oder anderen Winterfreund für glänzende Augen sorgen. Während sich ein Hoch bei den Britischen Inseln aufbaut und die Strömung auf nördliche Richtung dreht, zieht eine Kaltfront mit Niederschlägen von Nord nach Süd. In den mittleren Landesteilen sinkt dabei die Schneefallgrenze auf 300 bis 600 m, bei stärkeren Schauern kann es aber durchaus auch mal bis in tiefe Lagen weiß werden (dort bleibt der Schnee allerdings nicht liegen). Im Süden ist die Schneefallgrenze anfangs mit ca. 800 m noch etwas höher.
Auch am Samstag könnte es regional wieder ein paar Flocken geben, bevor sich ab Sonntag Hochdruckeinfluss mit mehr Sonnenschein durchsetzt. Nachts wird es zwar frostig, die ganz große Kälte ist bei Tageshöchstwerten zwischen 1 und 7 Grad aber nicht zu erwarten.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Offenbach, den 21.02.2023
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Ein Polarwirbel in der Troposphäre und die eisige Überraschung

In Zeiten der fortschreitenden Veränderung des Klimas sind Wärme- bzw. Hitzerekorde mittlerweile eine traurige Routine geworden. Umso mehr fallen jedoch Ereignisse auf, die mit sehr kalten und nicht selten auch rekordverdächtigen Werten einhergehen.

So geschehen Mitte/Ende Januar 2023 in Teilen Asiens, wo eisige Werte gemessen wurden. Tongulah (Sibirien, Russland) vermeldete -62.7 Grad (Rekord), Mohe (China) -53 Grad (nationaler Rekord) oder Nokkundi in Pakistan rund -10 Grad. Im Dezember 2022 erfolgte zum Monatesende über den USA ein heftiger Kaltluftausbruch mit einigen Rekorden. Diese Aufzählung ist natürlich unvollständig, kann jedoch Jahr für Jahr in der Vergangenheit zurückverfolgt werden. Schaut man sich geschichtliche Ereignisse an, die vom Wetter beeinflusst wurden, dann kann man als Grund u.a. auch den Einfluss eines Polarwirbels in der Troposphäre ausmachen. Ein Beispiel stellt der eisige Winter 1941/42 in Teilen Skandinaviens und Russlands dar, der damals z.B. im kälteresistenten Schweden für einen neuen winterlichen Maßstab sorgte und auch maßgeblich den Angriffskrieg der Deutschen beeinflusste. Die entsprechenden beeindruckenden Anomalien als Beispiel vom 24. Januar 1942 sind in Bild 1 zu sehen.

DWD Ein Polarwirbel in der Troposphaere und die eisige Ueberraschung

Mittlerweile haben schon viele den Begriff „Polarwirbel“ vernommen, nachdem dieser während eines massiven Kaltluftausbruchs in den USA im Jahre 2014 von nordamerikanischen Medien aufgegriffen und in der Folge auch von der internationalen Presse verwendet wurde. Doch leider, wie so oft, werden wissenschaftliche Begriffe und Definitionen in der Mühle der Massenmedien verfälscht bzw. ungenau oder gar falsch weitergegeben, sodass als Folge häufig eine verwirrende Vermengung der Begrifflichkeiten erfolgt.

Wenn man vom Polarwirbel spricht, dann eigentlich im Kontext des „Polarwirbels in der Stratosphäre“, der durch den Polarnachtjet abgegrenzt und durch ein winterliches Strahlungsdefizit angetrieben wird. Daher ist dieses Phänomen auch auf die winterlichen Monate beschränkt (mit zeitlichen Unschärfen im Herbst und Frühling, je nach Intensität des Wirbels). Dieser Wirbel kann als Folge komplexer Wellendynamik teils geschwächt werden und auch ggf. mit der Troposphäre interagieren – ein Thema, das momentan wieder aktuell ist.

Dann gibt es noch den Polarwirbel in der Troposphäre, der das ganze Jahr über existiert, jedoch keiner einheitlichen Definition unterworfen ist. Vorhandene Erklärungen beschreiben im Endeffekt keine einzige und zusammenhängende, globale Zirkulation in den jeweiligen Hemisphären, wie es in der Stratosphäre der Fall ist. Daher ist anstatt des Begriffs eines Polarwirbels eher die variable Wellenzahl z.B. von planetaren Wellen zu verwenden, die mit dem Jetstream in der Troposphäre verknüpft ist (sei es der Polarfront- oder der Subtropenjet).

Zuletzt kommen wir zum Begriff eines sogenannten „tropopause polar vortex, abgekürzt TPV„, der im heutigen Thema des Tages unser eigentliches Hauptinteresse darstellt, wobei man nun erkennt, dass dieser Name doppeldeutig verwendet wird.
Nach der Definition handelt es sich hierbei um ein sub-synoptisch skaliges System, das durch ein starkes Absinken der Tropopause gekennzeichnet ist und das durch den arktischen Jet begrenzt wird. Innerhalb eines TPV sinkt die potenziell wärmere, trockenere und stabil geschichtete Luft aus der Stratosphäre sehr weit nach unten in die Troposphäre und wird besonders aggressiv beim Überstreichen (relativ gesehen) warmer Meeresoberflächen „diabatisch“ angegriffen/geschwächt. Dabei treten solche „Wirbel“ nicht selten wiederholt über bestimmten Regionen auf, wie z.B. über Kanada, die dann entsprechende Namenszusätze erhalten (hier z.B. der „kanadische TPV„). Die kontinental geprägte und durch fortwährende Auskühlung geprägte Luftmasse im Umfeld eines TPV sorgt für teils intensive Kaltluftausbrüche, die weit in die Außertropen vorstoßen können. Komplexer wird das Ganze noch dadurch, dass dieser TPV ggf. mit dem Polarwirbel in der Stratosphäre interagieren kann. Zudem können gleichzeitig mehrere solcher TPV´s zirkumpolar auftreten, die Lebenszeiten von Tagen bis Monaten aufweisen. Beim Erreichen der Außertropen werden die TPV´s nicht selten von extremen Folgeerscheinungen wie intensiven Zyklonen begleitet, da sich beim Vermischen der kalten und z.B. maritim geprägten milderen Luftmassen extreme Temperaturgegensätze aufbauen, die den Nährboden für kräftige Tiefdruckentwicklungen darstellen.

Doch die Darlegung der unterschiedlichen Definitionen ist das eine, die Verwendung eines Beispiels aus der Realität ist das andere. Daher schauen wir uns in der Folge einen TPV an, der Anfang Februar 2023 den Osten Kanadas und den Nordosten der USA heimgesucht hat.

DWD Ein Polarwirbel in der Troposphaere und die eisige Ueberraschung 1

In Bild 2 links erkennt man die Darstellung des TPV an Hand der isentropen potenziellen Vorticity, was grob gesagt vom Aussehen her nichts anderes ist als die Darstellung des Geopotenzialfeldes, nur mit einer detaillierteren Auflösung. Höhere Werte der IPV (die das Einbeziehen stabil geschichteter wärmerer Luftmassen aus der Stratosphäre andeuten) erstrecken sich von Kanada ausgehend bis in den Nordosten der USA, wobei die Verwendung dieses Parameters auch für die Definition eines TPV herangezogen wird. Dies wird hier nicht weiter vertieft, soll jedoch als Hinweis dienen, wieso hier nicht auf das Geopotenzial zurückgegriffen wurde.
Rechts im Bild 2 wurde die Temperatur in 850 hPa eingetragen, also in rund 1.3 bis 1.5 km Höhe über Grund. Man sieht, dass den TPV eine bitterkalte Luftmasse mit Werten von deutlich unter -30 Grad begleitet hat, die direkt in Richtung Nordatlantik gelenkt wurden. Handelt es sich (wie bei diesem Ereignis) um einen rasch ziehenden TPV, dann ist der „Kältespuk“ schnell wieder vorbei. Anders jedoch sieht es aus, wenn sich so ein TPV über längere Zeit vor Ort einnistet, was u.a. häufig über Kanada der Fall ist. Die Folge sind dann langanhaltende, eisige Bedingungen.

DWD Ein Polarwirbel in der Troposphaere und die eisige Ueberraschung 2

Solch ein TPV ist nicht selten von einem sehr kräftigen arktischen Höhenjet begleitet, der dank der extremen Temperaturgegensätze diesen in der oberen Troposphäre flankiert. In unserem Beispiel erreichte der Höhenwind östlich des TPV (mit dem Subtropenjet verschmelzend) Windgeschwindigkeiten von über 350 km/h – wirklich extreme Werte und auch klimatologisch außergewöhnlich. Entsprechend dynamisch gestaltete sich das Wetter in Form rasch fallenden Luftdrucks am Rand des Jets, was in diesem Fall für die Bildung eines 960 hPa Sturmtiefs in der Nähe von Neufundland sorgte. Wie wir noch sehen werden verursachten die extreme Kälte und die angesprochenen Windgeschwindigkeiten imposante Temperaturwerte bei der gefühlten Temperatur.

DWD Ein Polarwirbel in der Troposphaere und die eisige Ueberraschung 3

Die Dynamik dieses Sturmtiefs ist auch vom Satelliten aus sehr gut zu erkennen. In Bild 4 werden dabei die variablen Luftmassen und Höhenbereiche farblich unterschiedlich eingezeichnet. Zum Beispiel erkennt man schön, wie von Süden über den Nordatlantik warme Luftmassen nordwärts geführt werden (grünliche Einfärbung), während von Westen eine besonders in der Höhe sehr trockene Luftmasse den Nordatlantik erreicht hat (trocken, da es sich hier zum Teil um eine Luftmasse aus der Stratosphäre gehandelt hat). Die zellenartige Wolkenstruktur deutet zudem das Überstreichen eisiger Luftmassen über dem vom Golfstrom erwärmten Meer an, während der Gradient von hoher weißer Bewölkung hin zu brauner Einfärbung die Position des Jets darstellt.

DWD Ein Polarwirbel in der Troposphaere und die eisige Ueberraschung 4

Aber nicht nur in der oberen Troposphäre, sondern auch in 2 m Höhe sackten die Temperaturwerte auf teils deutlich unter -30 Grad ab, was für viele Bereiche Kanadas die kälteste Luftmasse seit 2019 darstellte (Bild 5). Zusammen mit dem Wind wurden beeindruckende Werte der gefühlten Temperatur gemessen, die bei teils unter -40 Grad lagen. Dies sind Werte, bei denen man innerhalb kürzester Zeit Erfrierungen bekommen würde, sollte man der Kälte ungeschützt ausgesetzt sein. Den Vogel schoss jedoch der 1917 m hohe Mount Washington im US-Bundesstaat New Hampshire ab, wo bei Windgeschwindigkeiten von teils über 180 km/h und Temperaturwerten von unter -40 Grad ein Windchill von bis zu -78 Grad gemessen wurde (roter Kasten im Bild 6). Dies würde nach endgültiger Überprüfung einen neuen Rekord des Windchills für Nordamerika darstellen.

DWD Ein Polarwirbel in der Troposphaere und die eisige Ueberraschung 5

Wegen des raschen und extremen Temperaturrückgangs traten in vielen Regionen Kanadas dank des zügig gefrierenden Wassers im Erdreich sogenannte „cryoseism“ (deutsch für Eisbeben) auf, die sich anfühlen und anhören wie schwache Erdbeben und letztendlich auch nichts anderes sind. Der Boden wird durch das „Schockfrosten“ regelrecht aufgesprengt.

Übrigens fand dieses Ereignis in den Massenmedien eine hohe Resonanz, was vor allem an der Vermutung lag, dass der Gipfel vom Mount Washington während der Passage des TPV kurzzeitig in die Stratosphäre hineinragen könnte. Wie man sich das bildlich vorstellen kann ist, in Bild 7 grafisch dargestellt.

DWD Ein Polarwirbel in der Troposphaere und die eisige Ueberraschung 6

Dabei erkennt man in Bild 7a), dass an der Station Maniwaki der untere Bereich der Stratosphäre (flankiert von der Tropopause und rot strichliert) auf rund 800 hPa absank, im rund 550 km südlicher gelegenen Mount Washington nicht ganz so tief, sodass letztendlich der Gipfel knapp außerhalb der Stratosphäre verblieb, was auch an einem fehlenden Ausschlag der Ozonmessungen deutlich wurde, die sonst in der ozonreicheren stratosphärischen Luftmasse deutlich höhere Werte hätten anzeigen müssen.
Beim Vergleich von Bild 7a) mit 7b) erkennt man, wie massiv die Stratosphäre innerhalb eines TPV absinken und nach Durchzug des TPV wieder ansteigen kann.

Dass solche TPVs auch uns in Mitteleuropa erreichen, ist nicht unmöglich, wenngleich vieles passen muss, wie z.B. die richtige synoptische Druckkonstellation oder eine gute Schneebedeckung in Nordeuropa, um uns ungefiltert mit eisiger Polarluft zu „frosten“. Wenn man sich die aktuelle Entwicklung in der Stratosphäre anschaut, kann man nicht ausschließen, dass wir noch in diesem März in Nord- oder Osteuropa von einem solchen Ereignis sprechen könnten – wenngleich das nicht wünschenswert wäre.

Dipl. Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.02.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Reger Ballonverkehr

Vor wenigen Wochen sorgte ein in großer Höhe fliegender Ballon im Luftraum der Vereinigten Staaten für allerhand Aufsehen. Nachdem dieser am 28. Januar 2023 im Bereich der Aleuten (zu Alaska gehörende Inselkette im Nordpazifik) zum ersten Mal im US-Luftraum gesichtet wurde, endete seine Flugbahn nach einem kurzen Abstecher nach Kanada zwangsweise am 04. Februar vor der Küste South Carolinas. Im Rahmen der Berichterstattung wurden regelmäßig auch atmosphärische Begriffe verwendet, die an dieser Stelle kurz eingeordnet werden sollen.

Die Atmosphäre der Erde ist keine homogene Lufthülle, sondern weist je nach Abstand zur Erdoberfläche einige Besonderheiten auf. Den meisten ist zwar noch bekannt, dass sich die Dichte der Luft und damit auch der Luftdruck mit der Höhe kontinuierlich verringern, bei der Temperaturverteilung ist der Verlauf aber schon wesentlich komplexer und nicht jedem bekannt. Eine ganz entscheidende Sprungschicht der Temperatur ist die sogenannte Tropopause, die die darunterliegende Troposphäre von der darüber befindlichen Stratosphäre abtrennt. Bis zur Tropopause nimmt die Temperatur mit der Höhe oberhalb der Grenzschicht (unterste, ca. 1,5 km hohe Schicht) normalerweise ab, darüber nach einer isothermen Schicht wieder zu. Dadurch sind die Austauschprozesse zwischen diesen beiden Schichten deutlich eingeschränkt. Für die Wettervorhersage ist dabei entscheidend, dass die wesentlichen Wettervorgänge in der Troposphäre stattfinden. Die Höhe der Tropopause variiert zwischen etwa 8 km an den Polen und bis zu rund 17 km am Äquator. In unseren mittleren Breiten kann von einer mittleren Höhe von etwa 10 km ausgegangen werden, wobei bei gewissen atmosphärischen Konfigurationen diese durchaus etwas tiefer oder höher liegen kann.

Um besser über diese wetteraktive Schicht Bescheid zu wissen, werden vom Boden aus regelmäßig sogenannte „Radiosonden“ gestartet. Diese Messeinheiten sind an aufsteigende Ballone angebracht und schicken auf ihrem Weg die gesammelten Daten der Vertikalsondierung (Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchte, sekundär auch Wind) zur Erdoberfläche zurück. Allerdings müssen sich auch diese Ballone den atmosphärischen Gesetzmäßigkeiten unterwerfen: Mit zunehmender Höhe sinkt der Umgebungsdruck, dadurch dehnt sich das Ballongas und damit auch die Ballonhülle deutlich aus. Letztendlich platzt er normalerweise in einer Höhe von etwa 20 bis 30 km und die Messeinheit fällt, (teilweise) mittels Fallschirm, auf die Erdoberfläche zurück (der Höhenrekord bei den Aufstiegen des DWD liegt bei etwa 39 km). Diese Art von Ballonen stellen im allgemeinen Sprachgebrauch die sogenannten „Wetterballone“ dar.

Der abgeschossene Ballon war dagegen ein sogenannter „Höhen- oder Stratosphärenballon“ und deutlich größer als die Radiosondenballone. Diese operieren, wie der Name schon sagt, in der Stratosphäre in einem Höhenbereich von ca. 18 bis 37 km. Die Höhenrekorde sind mit etwa 53 km überliefert (zum Vergleich: Felix Baumgartner sprang bei seinem Stratosphärensprung im Jahr 2012 aus eine Höhe von knapp 39 km). Ganz prinzipiell können auch diese Ballone wichtige meteorologische Werte erfassen, denn die stratosphärischen Prozesse und deren Auswirkungen auf das Wetter in der Troposphäre sind noch nicht komplett erforscht und befinden sich deshalb im wissenschaftlichen Fokus. Allerdings unterliegen die aufgefundenen Trümmerteile den Untersuchungen der US-Regierungsbehörden, wesentliche Ergebnisse sind noch nicht bekanntgegeben. Klar erscheint aber, dass sich dieser Ballon deutlich von der bisher bekannten Bauweise unterschied.

Die Flughöhe des Ballons wurde mit etwa 18 km angegeben, damit bewegte er sich deutlich über jenen Niveaus, die die kommerzielle Luftfahrt normalerweise für sich beansprucht. Handelsübliche Düsenflugzeuge befinden sich im Reiseflug je nach Region etwa zwischen 10 und 15 km. Ein unliebsames Rendezvous hätte es aber durchaus mit der 2003 ausgemusterten Concorde geben können, denn diese schaffte immerhin eine Reiseflughöhe von 15 bis 18 km.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.02.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Vom Winde verweht

Nachdem es gestern die recht frohe Botschaft für die Karnevalisten unter unseren Leserinnen und Lesern gab, sollen heute die Freundinnen und Freunde des Wintersports nicht zu kurz kommen. Der erste Blick führt uns deswegen nach Oberhof im Thüringer Wald, wo an diesem Wochenende die Weltmeisterschaften im Biathlon stattfinden. Während also diese Zeilen gerade in den Computer getippt werden, fliegen im dortigen Stadion die Kugeln wild durcheinander – und treffen bei weitem nicht so oft die Scheiben, wie man normalerweise erwarten würde.
Grund dafür sind die Nachwehen von Tief „Ulf”, welches inzwischen ins Baltikum abgezogen ist. Mit „Ulf” hat sich eine recht stramme nordwestliche Strömung eingestellt, die sehr milde Meeresluft aus Westen von kühlerer Luft im Nordosten trennt. In dieser Luftmassengrenze bilden sich nun wiederholt sogenannte Wellentiefs. Diese unterscheiden sich einerseits dadurch, dass sie durch diese größeren Tiefs gesteuert werden. Andererseits sind die auftretenden Wettererscheinungen räumlich deutlich begrenzter, können dafür aber umso intensiver ausfallen.
So auch am heutigen Samstag (18.02.2023). Mit Rand- oder eben Wellentief „Volker” überquert uns im Tagesverlauf ein solches Druckgebiet von West nach Ost. Bemerkbar macht sich dieses in zweierlei Hinsicht: Zunächst einmal fällt heute vor allem im Norden eine ganze Menge Regen. So sind bis zum heutigen Mittag (13 Uhr) an der Nordsee mitunter schon knapp 15 l/m² gefallen. Ein Augenmerk liegt dabei auch auf dem Harz, wo vor allem im Westteil staubedingt noch deutlich höhere Mengen um 30 l/m² oder mehr fallen können. Der andere Hauptakteur ist der Wind. Und dieser macht sich umfassend fast im ganzen Land bemerkbar. Mit Durchzug von „Volker” verschärft sich der Druckgradient spürbar und führt zu einer sehr deutlichen Windzunahme bis hin zu Wind-, und Sturmböen bis Stärke 8 Beaufort, vereinzelt auch bis 9 Beaufort, meist mit Geschwindigkeiten von 60 bis 75 km/h, an „ungünstigen” Stellen auch noch darüber.

DWD Vom Winde verweht

Und damit wieder zurück zum Biathlon nach Oberhof. Denn auch dort machen sich diese Windböen natürlich entscheidend bemerkbar. Nicht ohne Grund standen die heutigen Rennen schon mächtig auf der Kippe ob der möglichen Irregularität und der möglichen Gefährdung von Zuschauerinnen und Zuschauern durch die auftretenden Sturmböen. Letztendlich hat man sich aber für eine Durchführung der Rennen entschieden, aber dementsprechend chaotisch sahen die Schießergebnisse an den Ständen – insbesondere im Stehendanschlag – aus. Insgesamt konnten sich am Ende dabei in der Herrenstaffel die Franzosen vor den favorisierten Norwegern und den Schweden durchsetzen (Deutschland auf Platz 5).

DWD Vom Winde verweht

Etwas Hoffnung gibt es für das anschließende Damenrennen, denn zum späteren Nachmittag hin sollte der Wind allmählich etwas nachlassen, sodass die Bedingungen wieder etwas annehmbarer sein sollten, sieht man einmal von der Beschaffenheit des Schnees bei den viel zu milden Temperaturen in Kombination mit dem Wind ab.
Nicht unbedingt besser sieht es dann leider auch am morgigen Sonntag für die Wettbewerbe im Massenstart aus. Insgesamt gibt es nochmals die ein oder andere Windböe bei zwar nachlassendem Wind. Dafür regnet es im Zuge der dann weiter nach Süden vorstoßenden Luftmassengrenze vor allem um die Mittagsstunden recht kräftig bis in die Kammlagen. Und auch die Temperaturen sind weiterhin alles andere als winterlich. Auch morgen werden in und um Oberhof Werte von +4 bis +8 Grad erreicht.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.02.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wer weiß denn sowas?

Letzten Dienstag stellte Kai Pflaume in der Quizshow „Wer weiß denn sowas?“ die Frage: „Welche Wetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes umfasst lediglich Warnstufe 1?“. Die drei Antwortmöglichkeiten waren: a) Nebel, b) Gewitter oder c) Frost. Bernhard Hoëcker entschied sich zusammen mit seinem Quizpartner Richard Ringer für „Gewitter“, Elton und Julian Weber wählten „Frost“. Die Folge: Ein Aufschrei im Warndienst des Deutschen Wetterdienstes (DWD)! Wieso? Nun ja…

Blicken wir erst einmal auf das derzeitige Warnsystem des DWD. Es umfasst vier Warnstufen:

Stufe 1 (gelb) ist die niedrigste Kategorie und beschreibt Wetterwarnungen. Die erwartete Wetterentwicklung ist nicht ungewöhnlich, trotzdem können wetterbedingt Gefährdungen auftreten.

Stufe 2 (ocker) warnt vor markanten Wettererscheinungen. Die erwartete Wetterentwicklung ist zwar ebenfalls nicht ungewöhnlich, kann aber trotzdem gefährlich sein. Es können vereinzelt oder örtlich Schäden auftreten.

Stufe 3 (rot) steht für die Warnung vor Unwetter. Die erwartete Wetterentwicklung ist sehr gefährlich. Es können verbreitet wetterbedingte Schäden auftreten.

Stufe 4 (violett) beschreibt die höchste Warnkategorie, nämlich extremes Unwetter. Die erwartete Wetterentwicklung ist extrem gefährlich. Es können lebensbedrohliche Situationen entstehen und große Schäden und Zerstörungen auftreten. Häufig sind dabei größere Gebiete betroffen.

Nun zurück zu den Antworten der Quizkandidaten. Bei Gewittern könnte man natürlich denken: „Ein Blitz ist immer gleich gefährlich, also dürfte es hierfür auch nur eine Warnstufe geben.“ Allerdings gehen Gewitter häufig mit Begleiterscheinungen wie Böen, Starkregen und Hagel einher, die ihrerseits wieder Warnstufen zugeordnet werden. Die Böen umfassen dabei die gesamte Warnstufenpalette von 1 bis 4, Starkregen kann der Warnstufe 2, 3 oder 4 zugeordnet werden und Hagel hält sich entweder in Stufe 2 oder 3 auf. Ein Gewitter wird nun mit der stärksten Stufe, die die vorhandenen Begleiterscheinungen erfüllen, bewarnt. Somit umfassen Gewitter alle vier Warnstufen. Das Team Hoëcker lag mit Antwort b) also falsch.

Wie sieht es nun mit dem Frost aus? Team Elton dachte sich vielleicht: „Entweder es gibt Frost oder eben nicht. Das wär dann eine einzige Warnstufe.“ Tatsächlich ist dieser Gedanke aber nur bis -10 Grad richtig. Wird es noch kälter, spricht man von „strengem Frost“, der als markantes Wetterereignis definiert ist und damit in Warnstufe 2 fällt. Die Aussage von Kai Pflaume, dass das markante Ereignis bei Frost Dauerfrost wäre, ist dagegen falsch. Frost umfasst also zwei Warnstufen und ist damit auch nicht die korrekte Antwort auf die Frage von Kai Pflaume.

Richtig gewesen wäre Antwort a) Nebel! Vor Nebel wird gewarnt, sobald die Sichtweite überörtlich unter 150 m sinkt. Dafür ist ausschließlich Warnstufe 1 vorgesehen.

Und, hätten beziehungsweise haben Sie’s gewusst? Auf jeden Fall verstehen Sie nun sicherlich den oben erwähnten Aufschrei nach Bekanntgabe der gewählten Antworten. Aber so ist das nun mal bei Quizshows. Ist man nicht vom Fach, fragt man oftmals: „Wer weiß denn sowas?“

Dipl.-Met Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.02.2023
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Sonniges Samba-Röckchen oder flauschiges Wolken-Kostüm?

Lange haben die Fans der 5. Jahreszeit darauf gewartet und hingefiebert, jetzt ist es endlich soweit: Der Höhepunkt der Karnevalssaison steht bevor. Wie so oft ist dabei auch das Smalltalk-Thema Nummer 1 nicht ganz unwichtig: Das Wetter. Wird es auch von oben „feuchtfröhlich“ oder kann die Sonnenbrille aufgesetzt werden? Hier ein Überblick:

– Am Samstag wird es in weiten Teilen des Landes grau und windig. Da sich eine schleifende Regenfront quer über der nördlichen Mitte Deutschlands festsetzt, bietet sich vor allem im Norden und der Mitte ein regenfestes Kostüm an. Wie wäre es als Taucher, Angler im Friesennerz oder Mary Poppins mit großem Regenschirm (letzteres eher Richtung Norden, wo der Wind schwächer ist)? In Mainz, etwas südlicher gelegen als Köln (und damit weiter weg von dem Regenstreifen) könnte es bis zum Abend auch nur bei ein paar Tropfen bleiben. Die Temperaturen klettern im äußersten Norden und Nordosten auf 6 bis 9 Grad, sonst auf milde 10 bis 16 Grad.

DWD Sonniges Samba Roeckchen oder flauschiges Wolken Kostuem

– Am Sonntag können sich die Narren im Norden Deutschlands freuen, denn von dort setzt Wetterbesserung ein. Die Regenwolken ziehen über die Mitte nach Süden ab, in Köln und Mainz ist nur mit einzelnen schwachen Schauern zu rechnen. Wer auf Nummer sicher gehen möchten, kann erneut auf eine wetterfeste Kostüm-Variante setzen. Als Qualle mit großem transparenten Regenschirm (aber Obacht: Im Süden ist es erneut windig!) oder Oscar aus der Sesamstraße mit selbstgebastelter Mülltonne auf dem Kopf bleibt bestimmt alles trocken. Die Temperaturen liegen am Nachmittag in der Nordosthälfte bei 5 bis 9 Grad, in der Südwesthälfte bei 10 bis 14 Grad.

DWD Sonniges Samba Roeckchen oder flauschiges Wolken Kostuem 1

– Am Rosenmontag ist das Wetter zweitgeteilt: In der Nordhälfte ziehen mit einem stürmischen Westwind dichte Wolken vorüber, örtlich regnet es auch etwas. Idee für alle Wetterfans: Als Regenwolke gehen :-). In der Südhälfte hingegen setzt sich Hochdruckeinfluss durch: Vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, mit etwas Glück auch bis nach Rheinhessen reichend, gibt die Sonne ihren großen Auftritt. Um etwas nachzuhelfen – wie wäre eine Verkleidung als Sonne? Bei Temperaturen zwischen 9 und 16 Grad (in den Fastnachtshochburgen Köln und Mainz um 13 Grad) müssen die klassischen Tier-Overalls jedenfalls nicht unbedingt her; das kurze Samba-Röckchen wählen vermutlich dennoch eher die Hartgesottenen. Falls bis in die Nacht gefeiert wird, sollten die Jecken aber in jedem Fall an ein Jäckchen denken, denn die Tiefstwerte liegen nur bei 8 bis 3 Grad.

DWD Sonniges Samba Roeckchen oder flauschiges Wolken Kostuem 2

– Am Dienstag bleibt die Wetter-Zweiteilung bestehen: Nördlich des Mains wolkig und ein paar Tropfen Regen, südlich des Mains Sonne-Wolken-Mix und trocken. Liegt man dazwischen, bietet sich vielleicht ein Kostüm als (Lotto-)Fee an, als (Wetter-)Frosch oder für alle Frostbeulen (nach 5 Nächten wenig Schlaf kann das schonmal vorkommen) vielleicht als Skifahrer?! Die Höchstwerte klettern am Nachmittag auf 9 bis 14 Grad.

– Und wenn dann am Mittwoch gesungen wird: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ wechseln sich Sonne, Wolken und schwache Schauer ab und das Thermometer zeigt von Nordost nach Südwest 8 bis 14 Grad an.

Wie auch immer sich das Wetter bei allen Unsicherheiten letztendlich zeigt: Wir wünschen allen Jecken, Närrinnen und Narrhalesen eine tolle Karnevalszeit. Und wer es lieber etwas entspannter mag, flüchtet (wie die Autorin dieses Textes) in weniger verrückte Gefilde und nimmt das Wetter, wie’s kommt.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.02.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Die Atmosphäre nimmt wieder Fahrt auf und bringt mehr Abwechslung in die Wetterküche

Derzeit dominiert verbreitet noch hoher Luftdruck das Wettergeschehen in weiten Teilen Europa und somit auch in Deutschland. Das Absinken von Luft aus größeren Höhen sorgt schließlich für eine Inversion und je nach Feuchtegehalt sowie Orografie entweder für einen grauen oder sonnigen Wettercharakter. Unter Inversion versteht man in der Meteorologie die Umkehr des normalerweise mit der Höhe abnehmenden Temperaturverlaufs in einer mehr oder weniger dicken Schicht. Inversionen können durch großräumige Advektion von Warmluft oder durch Absinkvorgänge in der entsprechenden Höhe sowie durch Abkühlung der unteren Luftschichten entstehen.
Da das Hoch FEUKA seinen Schwerpunkt zunehmend nach Südosteuropa bzw. dem Mittelmeerraum verlagert und das Azorenhoch nicht nachstößt und weiter seine Kreise über dem Ostatlantik dreht, bekommt der hohe Luftdruck über West und Teilen Mitteleuropas Schwachstellen, die Tiefs mit ihren Tiefausläufern gleich nutzen. Den ersten Versuch unternimmt das Tief TOM westlich von Norwegen, dessen Kaltfront am Donnerstag den Norden Streifen soll. Das restliche Land profitiert noch hohem Luftdruck, der von Südwest- und Südeuropa noch bis nach Deutschland reicht.

DWD Die Atmosphaere nimmt wieder Fahrt auf und bringt mehr Abwechslung in die Wetterkueche

Doch auch dieses letzte Aufbäumen des Hochdruckeinflusses ist gezählt. Denn schon in der Nacht zum Freitag überqueren die ‚Tiefausläuferreste von Tief ULF die Nordhälfte des Landes und setzen den Startpunkt für einen unbeständigen und anfangs auch windigen bis stürmischen Wettercharakter.
Denn am Freitag stehen sich tiefer Luftdruck von Neufundland bis nach Osteuropa und hoher Luftdruck von den Azoren bis den östlichen Mittelmeerraum gegenüber. Die Folge ist eine teils kräftige westliche Grundströmung, mit der wiederholt atlantische Tiefs nach Europa ziehen. Am Freitag kann sich dabei ein Tief zu einem Sturmtief entwickeln, welches vom Meeresgebiet nordwestlich von Schottland über den Süden Norwegensund Schwedens in die Ostsee zieht. Infolgedessen erreicht uns auch das Frontensystems des Tiefs, welches das Land ostwärts überquert. Neben den entsprechend, teils kräftigen Niederschläge erreicht das Land aber auch das Sturmfeld des Tiefs. Vor allem in der Nordhälfte von Deutschland fegt der Wind in Böen mit steifen bis stürmischen Böen über das Land. Im Küstenumfeld und im Bergland sind dann auch Sturmböen und an exponierten Küstenabschnitten sogar schwere Sturmböen zu erwarten. Auf einzelnen Gipfel der Berge herrscht schwerer Sturm bis Orkan. Insgesamt bleibt der windige bis stürmische wind bis Samstag erhalten, bevor er von Westen und Südwesten deutlich nachlässt. Der unbeständige Wettercharakter ist da etwas hartnäckiger und dominiert in der Wetterküche bis Montag.

DWD Die Atmosphaere nimmt wieder Fahrt auf und bringt mehr Abwechslung in die Wetterkueche 1

Die Temperaturen bleiben dabei auf einem für die Jahreszeit hohen Niveau. Aufgrund der westlichen bis südwestlichen Strömung gelangt teils sehr milde Atlantikluft ins Land und lässt 8 bis 16 Grad zu, mit den höchsten Werten am Samstag. Nur im Dauergrau ist es etwas kühler. Ab Sonntag kann hinter der nach Süden vorankommenden Kaltfront kühler Luft von Norden das Land fluten und bei Temperaturen zwischen 6 und 11 Grad langsam wieder den normalen Temperaturbereich für Februar erreichen.
Was die Niederschlagsverteilung betrifft, so gibt es bis Sonntagabend je nach Sichtweise Gewinner und Verlierer. Vor allem Teile des Nordostens bekommen nur wenig Regen ab. Dort dominiert der Sturm. Anders sieht es in der Mitte aus. In einem Streifen von NRW und dem südlichen Emsland bis zum Erzgebirge und Bayrischen Wald regnet es teils kräftig und länger anhaltend. Akkumuliert bis Sonntagabend sind in diesen Regionen verbreitet 10 bis 25 l/qmzu erwarten. Im Weststau der Berge können auch 20 bis 40 l/qm fallen. Etwas unsicher ist noch, inwieweit sich Niederschläge an den Alpen bzw. dem Schwarzwald stauen können Während das deutsche ICON derzeit noch etwas passiver unterwegs ist, und „nur“ 5 bis 15, lokal bis 20 l/qm zeigt, lässt das IFS des ECMWF im gleichen Zeitraum schon 15 bis 30, lokal bis 40 l/qm zu. Beim ICON kommt jedoch der Alpenraum nicht davon, sondern wird erst ab Sonntagabend stärker getroffen, sodass bis Montagabend durchaus teils warnwürdige Regenmengen zusammenkommen. Insgesamt sind die Unsicherheiten bezüglich der räumlichen und auch stärke der Niederschläge ab Samstag zunehmend unsicher

Diplom Meteorologe Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.02.2023
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Heiter bis wolkig

In Wetterberichten sind oft Formulierungen wie „heiter“, „gebietsweise trocken“, „zeitweise Regen“ oder auch „ungewöhnlich mild“ zu lesen oder zu hören – die zwar irgendwie allgemein geläufig sind, aber deren genaue meteorologische Bedeutung wahrscheinlich nur wenigen bekannt ist. Ein kleiner Überblick:

Bewölkungsbezeichnungen

In der Meteorologie wird der Bedeckungsgrad des Himmels in Achteln angegeben. Ist es also wolkenlos, beträgt der Bedeckungsgrad null Achtel; gibt es ungefähr gleich viele wolkige wie sonnige Anteile, spricht man von vier Achteln; und lässt sich die Sonne gar nicht blicken, ist es bedeckt bei acht Achteln.

– wolkenlos, klar (nur nachts): null Achtel Bedeckungsgrad. Sonnenscheindauer: 100 %
– sonnig: null bis ein Achtel niedrige und/oder mittelhohe Wolken (hohe Cirrus-Wolken auch deutlich mehr). Sonnenscheindauer: 90-100 %
– heiter, leicht bewölkt (nur tags), gering bewölkt (nur nachts): ein bis drei Achtel niedrige und/oder mittelhohe Wolken (Cirrus auch deutlich mehr). Sonnenscheindauer: 50-90 %
– wolkig: vier bis sechs Achtel niedrige und/oder mittelhohe Wollen (Cirrus auch deutlich mehr). Sonnenscheindauer: 20-50 %
– stark bewölkt: sieben Achtel tiefe Wolken und/oder mittelhohe Wolken. Sonnenscheindauer: 0-20 %
– bedeckt: acht Achtel tiefe und/oder mittelhohe Wolken. Sonnenscheindauer: 0 %
– wechselnd bewölkt: Wiederholt deutliche Änderungen des Bedeckungsgrades, z.B. nach einem Frontdurchgang („Rückseitenwetter“)oder beim raschen Durchzug kleinräumiger Wolkenfelder. Sonnenscheindauer: 20-60 %

Verbreitung von Niederschlag

– vereinzelt/einzelne: weniger als 10 % des Vorhersagegebietes sind betroffen
– örtlich: 10-20 % des Vorhersagegebietes
– gebietsweise: 20-50 % des Vorhersagegebietes
– verbreitet: mehr als 50 % des Vorhersagegebietes

Dauer von Niederschlag

– gelegentlich: weniger als 30 % des Vorhersagezeitraums
– zeitweise: 30-60 % des Vorhersagezeitraums
– überwiegend: mehr als 80 % des Vorhersagezeitraums

Temperaturangaben

Liegen die Höchstwerte im Februar über 14 °C (was in dieser Woche noch der Fall sein könnte), ist es „ungewöhnlich mild“. Verbleiben die Temperaturen im August unter 14 °C, ist es hingegen „sehr kühl“. Diese klimatologische Einordnung (siehe Abbildung) wurde anhand der Stationsreihe Kassel (1981-2010) erstellt und ist zugebenermaßen schon „etwas in die Jahre gekommen“. Sie wird daher zurzeit überarbeitet und an die Klimaveränderungen angepasst.

DWD Heiter bis wolkig 1

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.02.2023
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