Weihnachten im Klee statt im Schnee

Weihnachten 2022, ach wie wäre das schee (schwäbisch für schön),
endlich mal wieder Weihnachten im Schnee.
Doch leider wird daraus mal wieder nichts,
denn es tanzt keine Schneeflocke vor dem Fenster im Schein des Abendlichts.

Mild, nass und windig lautet die Devise,
nichts ist es dieses Jahr mit weißer Wiese.
Der Weihnachtsmann läuft sich die Füße wund,
durch Pfützen, Matsch und tiefen Untergrund.

Auch wenn die Gicht ihn häufig plagt,
und schon das Alter an ihm nagt,
muss er den Sack voller Geschenke ganz alleine tragen,
doch er will sich nicht beklagen.

Trotz milder Luft und viel zu tun,
will der Weihnachtsmann zwischendurch mal etwas ruhn,
darum kehrt er gerne auch mal ein,
auf Plätzchen und ein Gläschen Wein.

Doch allzu lange kann er nicht bleiben,
selbst wenn der Regen prasselt an die Scheiben.
Raus muss er wieder auf die Gass`,
und dabei wird er ganz schön nass.

Auch Rentier Rudolph ist schon pudelnass,
so macht das Wetter gar kein Spaß,
drum hoffen sie fürs nächste Jahr sehr,
gibt´s Schnee für alle – ohne Gewähr.

Ihnen allen Frohe Weihnachten!

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Auf der Suche nach weißen Weihnachten

Der Definition nach spricht man beim Deutschen Wetterdienst von „weißen Weihnachten“, wenn am 24., 25. und 26. Dezember an einer Wetterstation jeweils mindestens ein Zentimeter Schnee gemessen wird. Dass wir dies in den meisten Teilen Deutschlands auch in diesem Jahr nicht erreichen werden, konnte man bereits in den vergangenen Tagen abschätzen. Nicht einmal die höheren Mittelgebirgsgipfel sind mit Schnee bedeckt. Einzig in den deutschen Alpen findet man ab etwa 1200 bis 1500 Metern eine mehr oder weniger mächtige Schneedecke, die jedoch aufgrund der milden Witterung in den vergangenen Tagen leiden musste. Lediglich ab etwa 2000 Meter kommen dann Schneehöhen von rund 100 cm vor, was jedoch für die Jahreszeit vergleichsweise wenig ist.

Wer seine Hoffnung noch auf einen plötzlichen Wintereinbruch über die Weihnachtsfeiertage setzt, der muss an dieser Stelle leider enttäuscht werden. In vielen Regionen Deutschlands fällt das Weihnachtsfest wieder grau-grün aus. Aber wie sieht es denn in anderen Ländern der Welt aus? Wo gibt es denn die jedes Jahr aufs Neue herbeigesehnten weißen Weihnachten?

Dafür muss man gar nicht so weit weg. Denn insbesondere in den Westalpen gab es in den vergangenen 24 Stunden einiges an Neuschnee. In den Hochlagen der französischen Alpen werden aktuell Schneehöhen von teils über 150 cm angezeigt und im Laufe des Montags (zweiter Weihnachtsfeiertag) ist dort weiterer Neuschnee in Sicht.

DWD Auf der Suche nach weissen Weihnachten

Bereits gestern konnte man an dieser Stelle den Weihnachtsmann auf seiner Reise durch Lappland begleiten (siehe)  Dort sind weiße Weihnachten ebenfalls nicht verwunderlich. Je nach Region liegen dort bereits jetzt schon beträchtliche Schneemengen, die sicherlich zur Abkühlung nach dem an Heiligabend obligatorischen Saunagang beitragen werden. In der Nacht zum Montag wird insbesondere in Teilen Schwedens weiterer Neuschnee erwartet.

Winterlich, aber wenig besinnlich gestaltet sich das Wetter derzeit in den USA. Dort sorgte ein Wintersturm zwar pünktlich zum Weihnachtsfest für Schneefälle, insbesondere in den nördlichen und mittleren Landesteilen. Allerdings ist die Stimmung dort gerade alles andere als gemütlich: Aufgrund massiver Schneefälle und gefährlicher Glätte waren viele Straßen gesperrt, Flüge wurden gestrichen – nicht gerade förderlich für die Reisepläne zum Fest. Flächenweise kam es zu Stromausfällen. Außerdem gab es einen massiven Temperaturabfall. Teilweise sanken die Temperaturen innerhalb von nur 24 Stunden um rund 40 Grad ab, im Südwesten Wyomings wurde ein Temperaturrückgang von 29 Grad in 2 Stunden gemessen. In Montana zeigte das Thermometer lokal bis -50 °C an, zusammen mit dem eisigen Wind lag die gefühlte Temperatur unter -60 °C. Der amerikanische Wetterdienst spricht bereits von einem historischen Ereignis.

Auf der anderen Seite des Pazifiks in Japan werden „unsere“ durchschnittlichen Schneemengen in Deutschland allenfalls müde belächelt. Im sogenannten „Yukiguni„, was übersetzt so viel wie „Schneeland“ bedeutet und im Nordteil der größten japanischen Insel Honshu liegt, fallen in Staulagen über 3700 Zentimeter an Neuschnee pro Jahr! Der Grund: kalte sibirische Luftmassen, die über dem verhältnismäßig warmen Japanischen Meer viel Feuchtigkeit aufnehmen können, treffen auf eine über 3000 Meter hohe Gebirgskette: die japanischen Alpen. Die Schneehöhe kann dort allerdings nicht gemessen werden. Denn wenngleich die schneereichste Region der Erde nach Schneehaubenidylle und einem heftigen Muskelkater für Frau Holle klingt, ist diese Gegend schlichtweg unbewohnbar. Die Station, die dem japanischen Wetterdienst (JMA) nach pro Jahr die höchsten Schneefallmengen misst, steht auf nur 890 Meter im Erholungs- und Badeort Sukayu Onsen im Norden von Honshu. Dort werden 1764 Zentimeter im Jahr an Neuschnee registriert. Zurzeit zeigen sich dort laut den japanischen Kollegen allerdings „nur“ 141 Zentimeter. Vorhersage für die Feiertage: Insbesondere im „Yukiguni“ kann über einen Meter an Neuschnee zusammenkommen! Es geht doch!

Auf der Südhalbkugel herrscht zurzeit hingegen Sommer! An Teilen der brasilianischen Küste beispielsweise trägt man am heutigen Heiligabend zum Barbecue bei Höchstwerten von etwa 30 Grad wahrscheinlich eher luftige Sommerbekleidung. Gebietsweise ziehen dort aber auch kräftige Gewitter mit Starkregen auf.

DWD Auf der Suche nach weissen Weihnachten 1

Im Westen Australiens findet Weihnachten sogar bei schweißtreibenden Temperaturen von über 40 °C statt. Häufig verlegt man dort das Fest dann kurzerhand an den Strand oder Pool. Ironischerweise wird trotzdem hin und wieder ein Weihnachtslied à la „White Christmas“ angestimmt, wobei damit wohl eher die weißen Sandstrände gemeint sein dürften. Damit „Santa Claus“ in seiner dicken, roten Jacke dabei nicht eingeht, sind dort auch Bade- oder Surfshorts salonfähig, der Schlitten samt Rentiere werden des Öfteren auch gegen Wasserskier oder Surfbretter eingetauscht.

Und mit dieser kleinen Weltreise wünschen wir, die Meteorologinnen und Meteorologen aus der Vorhersage- und Beratungszentrale des Deutschen Wetterdienstes, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein ruhiges und gesegnetes Weihnachtsfest.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg

Blaues Licht umhüllt die eisige Schneelandschaft, als der Weihnachtsmann seine kleine rote Hütte verlässt um die Schlitten zu packen. Die Sonne geht hier in Finnisch Lappland erst in gut 2 Stunden, um kurz nach 11 Uhr, auf – doch die Stunden zuvor, wenn die Sonne einige Grad unterhalb des Horizonts steht, hat er ohnehin am liebsten.

Und so nimmt sich der Weihnachtsmann an diesem Morgen des 23.12. zum wiederholten Male vor, den Begriff „Chappuis-Absorption“ im dicken Enzyklopädie-Wälzer nachzuschlagen, der auf seinem Nachttisch steht. Er möchte den Kindern auf seiner Reise endlich den Grund dafür erklären können, wenn sie ihn wieder Löcher in den Bauch fragen.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg

Die Rentiere sind unruhig. Ob sie wohl merken, dass heute ein besonderer Tag ist? „Vielleicht werden sie mit dem Alter auch nur etwas wetterempfindlicher“, denkt sich der Weihnachtsmann, schließlich hat Tief FRANZISKA heute Nacht Schneefall gebracht und das Thermometer zeigt -12 °C an.
Rudolf, sein treuer Weggefährte, scharrt schon mit den Hufen. Er hat den Schlitten entdeckt und weiß, was das bedeutet: Eine traumhafte Reise durch Schweden (dort gibt es immer so leckere Kanelbullar, warum können die finnischen Zimtschnecken nicht auch so köstlich sein?) und schließlich durch Dänemark, bevor sie morgen früh auf deutsche Gefilde treffen sollten.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 1

Kurze Zeit später geht es los: Leise gleitet der Schlitten durch den Schnee und der morgendliche Trubel ist schnell vergessen. Der Weihnachtsmann hängt seinen Gedanken nach. Ob er auch an alle Geschenke gedacht hat?

Und so vergehen die ersten Stunden wie im Fluge. Immer wenn sich der Weihnachtsmann umdreht, sieht er nichts außer der Spur von Rudolf und seinem Schlitten, die unendliche Weite fasziniert ihn jedes Mal aufs Neue. Inzwischen ist auch die Sonne aufgegangen und lässt den Schnee funkeln und glitzern.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 2

Als das voll bepackte Reiseduo in Schweden ankommt, machen sich die Mägen bemerkbar. Irgendwo hier in Norbotten muss es doch etwas zu essen geben! Für Rudolf wäre sicher Trockenfutter oder eine Suppe nicht schlecht, er selbst hätte große Lust auf einen Elchburger.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 3

Von weitem sieht er ein rotes Häuschen in der Ferne. Zugegeben, etwas verlassen schaut es aus, aber einen Versuch ist es wert. Und tatsächlich: Je näher sie kommen, desto intensiver duftet es nach Zimt und Kaffee. Kaum den Schlitten zum Stehen gebracht, öffnet der Weihnachtsmann quietschend die Tür. „Hejhej“ ruft er freundlich, doch er bekommt keine Antwort. Seine Blicke bleiben am Tisch hängen und er traut seinen Augen nicht: Ein ganzes Blech voller Kanelbullar! Rasch legt er 3 auf einen Teller (2 für ihn und 1 für Rudolf sollten doch okay sein, oder?) und geht zu seinem vierbeinigen Freund.

Schnell stellt er die Köstlichkeiten bei Rudolf ab um noch geschwind „für kleine Weihnachtsmänner“ zu gehen, bevor er sich der wohlverdienten Stärkung widmen wird. Inzwischen hat es wieder leicht angefangen zu schneien. „Zwischen minus 10 und minus 20 Grad müsste es jetzt haben, bei stark übersättigter Luft“, denkt sich der Weihnachtsmann, als er die Schneeflocken beobachtet. Denn dann entstehen diese klassischen Dendriten mit sechs symmetrisch angeordneten Ästen, an denen wiederum feine Ästchen sprießen.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 4

Zurück bei Rudolf bekommt der Weihnachtmann einen Schreck. Rudolf hat sich hingelegt, was er sonst nie macht, und seine Nase ist noch röter als sonst. Mit einem Blick auf den Teller wird ihm klar, was passiert ist: Rudolf hat alle Kanelbullar gegessen! Schnell wird deutlich, dass er so nicht weiterlaufen kann, geschweige denn den Schlitten mit den schweren Geschenken und dem noch schwereren Weihnachtsmann ziehen kann. Was tun? Seine Ohren liefern ihm die Antwort: Hundegebell lässt darauf schließen, dass es hier in der Nähe Hundeschlitten geben muss! Und so kommt es, dass der Weihnachtsmann im Jahr 2022 seine Reise durch Lappland nicht mit Rudolf fortsetzt, sondern mit 7 Alaskan Huskies, die so voller Power stecken, dass der Weihnachtsmann gar nicht weiß, wie er sie bremsen kann. Neben dem Wehmutstropfen, sein geliebtes Rentier mit kugelrundem Bauch nach Hause zu seinen Freunden zu schicken, gibt es noch einen weiteren: Auf dem neuen Gespann muss er nun stehen und kann nicht genüsslich seine Beine hochlegen.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 5

Doch es ist keine Zeit zu verlieren und so steht der Weihnachtsmann Minuten später auf dem Hundeschlitten, die Geschenke im grünen Sack vor ihm, und gleitet durch die eisige Schneelandschaft, die ihn schon seit Kindheitstagen fasziniert. Er fährt über gefrorene Seen, durch tiefverschneite Wälder und hört nichts außer dem Hecheln der Hunde und dem Knirschen des Schnees.

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Inzwischen ist es dunkel geworden, er muss schon kurz vor der dänischen Grenze sein. Plötzlich flackert es grünlich am Horizont, als er sich umdreht und nach Norden schaut. Polarlichter! Ein einmaliges Naturschauspiel, wenn Elektronen (seltener auch Protonen) des Sonnenwindes auf Sauerstoffatome treffen und diese daraufhin Licht in bestimmten Wellenlängen emittieren, die den grünlichen Farben entsprechen.

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Der Weihnachtsmann kann sein Glück kaum fassen. „Könnte es noch perfekter sein?“, fragt er sich und streicht sich durch seinen langgewachsenen Bart. „Ja“, denkt er. „Wenn alle Kinder auf dieser Welt das Glück hätten, diese friedliche Idylle erleben zu können und alle Menschen die Schönheit der Natur sehen würden, das wäre das größte Geschenk“. Zumindest ist das sein Wunsch zu Weihnachten.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.12.2022
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Kaltluftausbruch in Kanada und den USA

In Nordamerika kann aktuell ein massiver Kaltluftausbruch beobachtet werden. Während eines solchen Szenarios strömt Kaltluft aus polaren Breiten zügig und auf direktem Weg nach Süden. Damit ein solcher Kaltluftausbruch möglichst kräftig ausfällt, müssen die Druckverhältnisse in der Region eine bestimmte Konstellation aufweisen.

Am effektivsten lässt sich der Kaltluftvorstoß nach Süden bewerkstelligen, wenn über dem Westen Kanadas ein Hoch-, über dem Osten Kanadas dagegen ein Tiefdruckgebiet liegt. Bei dieser Positionierung schieben sowohl das sich im Uhrzeigersinn drehende Hoch als auch das sich entgegen des Uhrzeigersinns drehende Tief über Zentralkanada Luftmassen nach Süden. Dabei dürfen die Druckgebilde auch nicht zu weit im Norden liegen. Sollte dies der Fall sein, dann „zapfen“ sie zwar polare Luft an, können diese aber nicht weit genug nach Süden transportieren. Liegen die Tiefs dagegen zu weit südlich, so kommen sie nicht an die polaren Luftmassen heran.

DWD Kaltluftausbruch in Kanada und den USA

Die Abbildung 1 zeigt für die vergangene Nacht (mitteleuropäischer Zeit; in Nordamerika also in den Abendstunden) die Druckverteilung über Nordamerika. Zu diesem Zeitpunkt befand sich ein Tief über der Hudson Bay und ein Hoch über den kanadischen Rocky Mountains. Entsprechend der für einen Kaltluftvorstoß günstigen Lage der beiden Druckgebilde wird zwischen ihnen Kaltluft nach Süden geschoben (blaue Pfeile). Dies ist ebenfalls in Abbildung 1 zu erkennen, denn als Farbflächen sind dort die Temperaturen in 850 hPa, also in etwa 1,5 km Höhe, angegeben. Man kann deutlich eine „kalte Nase“ ausmachen, die sich zwischen den Rocky Mountains und den Großen Seen nach Süden auf den Weg macht.

Eine kleine Randbemerkung an dieser Stelle: Es lohnt sich, einen kurzen Blick auf den Kerndruck des Hudson-Bay-Tiefs zu werfen. Dieser liegt nur knapp unter 1020 hPa – und damit würde unser Tief andernorts und in einer anderen Konstellation als veritables Hoch durchgehen.

Aber wie auch immer – der ausgelöste Kaltluftvorstoß kam plötzlich und mit „Wumms“. Dazu ist in der zweiten Abbildung für die Station Cheyenne im Südwesten Wyomings in Rot der Temperaturverlauf angegeben (Karte nach NOAA, leicht modifiziert). Zwischen 13 und 14 Uhr MST (Mountain Standard Time, entspricht MEZ – 8h) fiel die Temperatur von +6 auf bemerkenswerte -17°C. Und danach ging es weiter abwärts. Noch ein knappes Stündchen später lag die Temperatur schon bei -23°C – also ein Temperaturrückgang von 29°C innerhalb von 2 Stunden.

DWD Kaltluftausbruch in Kanada und den USA 1

Der bemerkenswerte Temperaturrückgang betraf aber natürlich nicht nur das Städtchen Cheyenne. Über großen Teilen Nordamerikas präsentiert sich das Wetter aktuell extrem winterlich. Dazu sind in Abbildung 3 die Tiefstwerte der vergangenen Nacht angegeben. In den Vereinigten Staaten waren es zwischen den Großen Seen und den Rocky Mountains etwa -15 bis -35°C. In Zentral- und (Nord-)Westkanada ging es sogar bis auf -25 bis -50°C runter. Ins Auge springen auch die beiden Stationen mit unter -50°C (grün). Rekordhalter war der Ort Rabbit Kettle (könnte mit Kaninchentopf bzw. Kaninchenkessel übersetzt werden) mit -52,6°C. Ortsunkundige können hier anfangen zu spekulieren. Ein Kessel oder Topf könnte eine Senke beschreiben, in der sich in kalten Winternächten natürlich Kaltluft sammelt – was dann die extrem niedrigen Temperaturen erklären könnte.

DWD Kaltluftausbruch in Kanada und den USA 2

Aber nicht nur der Blick ins nördliche Nordamerika lässt einen frösteln. Auch Washington lag mit -7°C im mäßigen Frostbereich und am Flughafen Dallas – Fort Worth im sonst warmen Texas entging man mit +1°C nur knapp den Frostgraden.

Damit ist die „Weiße Weihnacht“ jenseits des „Großen Teichs“ wohl gesichert – zumindest taut der Schnee, wenn denn Schnee liegt – nicht mehr weg. Stattdessen freut man sich in USA aber auch deswegen auf die Weihnachtstage, weil es dann mit den Temperaturen wieder aufwärtsgehen soll.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Früher war mehr Schnee – oder doch nicht?

„Früher war mehr Lametta“, sagte einst Loriot, um zum Ausdruck zu bringen, dass Weihnachten früher noch viel gemütlicher, beschaulicher und fröhlicher war. Längst ist die Aussage aus dem legendären Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts“ zu einem geflügelten Wort geworden, um das subjektive Empfinden zu bekunden, dass früher alles besser war. Wenn Großeltern ihren Enkeln von früher tiefverschneiten und monatelang zu Eis erstarrten Landschaften berichten, dann ruft das bei vielen ein ähnliches Gefühl hervor wie bei Loriots Lametta-Spruch: „Jaja, ist klar.“ War früher denn wirklich mehr Schnee?

Auf Grundlage von individuellen Erzählungen, basierend auf persönlichen Erinnerungen, lässt sich diese Frage nicht beantworten – auch nicht, wenn man die Stichprobe erhöht, also beispielsweise viele weitere Großmütter und -väter befragt und daraus eine scheinbar allgemeingültige Aussage ableitet. Ganz einfach aus dem Grund, dass unser Gedächtnis nur selektiv funktioniert. Es kann sich nicht an alle Ereignisse und Erfahrungen gleichermaßen erinnern. Bestimmte Erinnerungen werden ganz tief in unserem Geist verankert, andere können wir uns weniger gut merken oder geraten gar in Vergessenheit. Unser Gedächtnis ist also alles andere als eine detailgetreue Aufzeichnung davon, was wir wirklich erlebt haben. An was wir uns gut erinnern und an was weniger, ist individuell sehr verschieden. In jedem Fall speichern wir die Ereignisse, die für uns von besonderer Bedeutung waren oder starke Gefühle verursachten, leichter ab. Dazu könnte zum Beispiel ein extrem schneereicher Winter gehören, den man zu ausgiebigen Schlittenfahrten nutzte und in dem vielleicht sogar die Schule das ein oder andere Mal ausfiel. Natürlich kann auch ein sehr trister Winter für starke, meistens wohl eher negative Gefühle sorgen. Allerdings sorgen konkurrierende Wahrnehmungen und Gedanken in unserem Kopf für einen unangenehmen Gefühlszustand, die sogenannte kognitive Dissonanz. Deswegen wird eines der beiden Erlebnisse gelöscht oder die Erinnerung daran temporär unterdrückt.

Was bleibt uns? Eine ganz nüchterne statistische Auswertung der Daten der Wetterstationen! Das ist nicht romantisch und auch kein heimeliger Schwank aus der Jugend. Wenn man gewisse „technische“ Unwägbarkeiten wie Messungenauigkeiten, die uns vor allem seit der Automatisierung beschäftigen, oder geringfügige Änderungen der Lage der Wetterstationen außen vor lässt, dann täuschen die Daten aber zumindest nicht und geben die Historie im Idealfall lückenlos wieder. Um eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden nur Stationen zur Auswertung herangezogen, die im Zeitraum von 1961 bis 2021 durchgehend meldeten. Als Bedingungen für einen „Schneetag“ wurde eine mindestens 3 cm mächtige Schneedecke festgelegt. Es sollte schon knirschen unter den Schuhen!

Frueher war mehr Schnee oder doch nicht

Die Abbildung zeigt die jährliche Entwicklung der über alle Stationen gemittelten „Schneetagezahl“, unterteilt in tiefe Lagen unter 300 Metern Höhe, mittlere Lagen zwischen 300 und 700 Metern und höhere Lagen über 700 Metern. Da es sich um ein deutschlandweites Stationsmittel handelt, soll an dieser Stelle schon mal angemerkt sein, dass es regional zu durchaus unterschiedlichen Trends kommen kann.

Als erstes fällt die starke Variabilität der Schneetagezahl in tiefen und mittleren Lagen auf, erst in höheren Lagen nimmt diese deutlich ab. Man könnte auch sagen: Einzelne schneereiche „Flachlandwinter“ wechseln sich mit reinen „Berglandwintern“ ab. Berechnet man nun aber einen linearen Trend zwischen den Jahren 1961 und 2021 zeigt sich in allen Höhenintervallen eine mehr oder weniger starke Abnahme der Schneetagezahl. Während die Abnahme in den Hochlagen nur rund 30 % beträgt, hat sie in den mittleren und tiefen Lagen mit 50 bis 65 % bereits ein beträchtliches Maß erreicht. Insbesondere die Flachlandwinter werden also seltener: Während es in tiefen Lagen in den 60er Jahren im statistischen Mittel noch knapp 30 Schneetage gab, verringerte sich die Zahl im vergangenen Jahrzehnt auf magere 10 Tage. Besonders ins Gewicht fallen dabei die sehr schneearmen Jahre seit 2010, die im krassen Gegensatz zu den teilweise sehr schneereichen 60er und 80er Jahren stehen. Ein absolutes Ausnahmejahr in Zeiten immer schneeärmerer Jahre stellt das Jahr 2010 dar. Aufgrund des langen, schneereichen Spätwinters 2009/2010 und des frühen Wintereinbruchs im Herbst 2010, dem dann auch noch der legendäre Dezember 2010 folgte, nimmt das Jahr zumindest in tiefen und mittleren Lagen bei dieser Auswertung eine Spitzenposition ein.

Zurück zur Eingangsfrage, ob Großmutters Aussage, es hätte früher mehr Schnee gegeben, einer statistischen Prüfung standhält: Ja, mit ein paar wenigen Einschränkungen tut sie das! Oder, um in den Worten von Loriot zu sagen: Früher war einfach mehr Lametta …

Dipl.-Met Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Weihnachtswetter

Das Weihnachtsfest 2022 rückt näher und damit mehren sich auch die Fragen, wie es an diesem Weihnachtsfest werden wird. Gerade nach der vergangenen hochwinterlichen Woche keimten Hoffnungen auf, dass es doch nach 2010 endlich mal wieder landesweit weiße Weihnachten geben würde. Bevor wir aber zu den konkreten Aussichten kommen, sollen zunächst einmal allerlei Statistiken an ausgewählten Beispielstationen vorgestellt werden.

DWD Weihnachtswetter

Weiße Weihnachten

Die Statistiken basieren alle auf Zeitreihen zwischen 1950 und 2021. Beginnen wollen wir mit der klassischen Frage: Wie oft gibt es an Weihnachten eine Schneedecke. Für die Betrachtung werden alle drei Tage vom 24.12. bis zum 26.12. herangezogen. In der Grafik sieht man für ausgewählte Stationen jeweils die höchste gemessene Schneedecke seit 1950. Zum einen findet man die Anzahl an Weihnachtsfesten, an denen es an mindestens einem der drei Tage eine Schneedecke gegeben hat. Im linken Kästchen wurde die 30-jährige Referenzperiode 1961 bis 1990 herangezogen, in der rechten Spalte die Referenzperiode 1991 bis 2020. Schauen wir uns beispielhaft wieder Frankfurt an, so sieht man, das an 6 von 30 Jahren an Weihnachten Schnee lag. Oder anders gesprochen: An jedem fünften Weihnachten gibt es an einem der drei Tage eine Schneedecke. Würde man nur den 24.12. betrachten, dann ist die Anzahl reduziert.

Während es in Frankfurt keine Änderung bei den Referenzperioden gab, sieht man beim Vergleich 1961-1990 mit 1991-2021 an vielen anderen Stationen hingegen einen deutlichen Rückgang der Anzahl an Weihnachtsfesten, an denen es Schnee gab. Beispielhaft sei Augsburg erwähnt. Dort gab es 1961 bis 1990 noch in 13 von 30 Jahren eine Schneedecke, während dies von 1991 bis 2020 nur an sieben von 30 Jahren der Fall war.

DWD Weihnachtswetter

Niederschlag am Weihnachtsfest

Schauen wir nun auf den Niederschlag an sich. In der Grafik sind jeweils eingetragen die höchste 24h Niederschlagssumme an einen der drei Tage. Außerdem findet man die Anzahl der Jahre, an denen es an mindestens einem der drei Tage Niederschlag gab. Dies wurde wieder unterteilt nach den beiden Referenzperioden.

Zunächst einmal sei festgehalten, dass es keinen klaren Trend zwischen den beiden Referenzperioden gibt. Die schlechtesten Karten auf ein trockenes Fest hat man im Westen und Nordwesten des Landes. Dort gibt es an mehr als zwei von drei Weihnachtsfesten Niederschlag. Die besten Chancen trocken davon zu kommen, bestehen im Süden und Südosten, wo es nur an jedem zweiten Weihnachtsfest Niederschlag gibt.

DWD Weihnachtswetter 1

Sonne am Weihnachtsfest

Wie schaut es eigentlich mit dem Sonnenschein aus? Diese Frage beantwortet die nächste Grafik. Für die Stationsauswahl ist zum einem die Anzahl an Jahren mit Sonnenschein an einem der drei Tage für 1961 bis 1990 dargestellt (links). Auf der rechten Seite sieht man dies für die neue Klimareferenzperiode 1991 bis 2020.

Es gibt zwar einen leichten Trend hin zu sonnigeren Weihnachtsfesten, dies gilt aber nur für das Deutschlandmittel. Betrachtet man einzelne Stationen, so gibt es solche, nach denen die Sonnentage weniger geworden sind. Am größten sind die Sonnenchancen im Süden (zwei von drei Weihnachten mit Sonnenschein), während es im Nordwesten an zwei von drei Weihnachtsfesten grau bleibt.

DWD Weihnachtswetter 2

Temperaturen am Weihnachtsfest

Bleibt noch die Temperatur. Hier gibt es nun vier Spalten. Zum einen ist oben die niedrigste (links) und höchste Messung (rechts) dargestellt. Darunter folgen dann die mittleren Minima/Maxima über alle drei Tage im Vergleich der Referenzperioden.

An den Absolutwerten kann man klar erkennen, dass es an Weihnachten eine große Spannbreite an Möglichkeiten gibt. Greifen wir beispielhaft erneut Frankfurt heraus. Es gab Weihnachtsfeste mit Tiefstwerten bis -17 Grad, aber auch solche, wo die Maxima bis nahe 15 Grad gestiegen sind.
Ganz klar zu erkennen ist ein Anstieg der Temperatur im Vergleich der beiden Referenzperioden. Das gilt für alle Stationen und sowohl für die Minima, als auch die Maxima. In Frankfurt liegen die Minima und auch die Maxima von 1991 bis 2020 um 1.8 Grad über denen von 1961 bis 1990.

DWD Weihnachtswetter 3

Speziell für Frankfurt sei zur Verdeutlichung auch nochmal eine Grafik dargestellt, die für jedes Jahr die mittlere Maximum- und Minimumtemperatur über alle drei Tage zeigt. Deutlich ist der Anstieg zu erkennen. Ein interessanter Aspekt sei für die Referenzperiode 1991 bis 2020 festgehalten. In Frankfurt ist der wärmste Tag demnach der 24.12. mit einem mittleren Minimum von 1.1°C und einem mittleren Maximum von 6.3°C. An den Folgetagen gehen die Werte sukzessive zurück. 25.12.: 0.5°C/5.6°C; 26.12: -0.4°C/4.8°C. In der Referenzperiode 1961 bis 1990 war dies noch nicht zu sehen. Um diese Feststellung zu festigen, müsste man allerdings noch deutlich mehr Stationen näher untersuchen.

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Wie wird Weihnachten 2022

Nach all den Statistiken fehlt noch ein Blick auf das Weihnachtsfest 2022. Was manche befürchtet haben, schlägt in diesem Jahr wieder zu: Das Weihnachtstauwetter. Das komplette Weihnachtsfest fällt in vielen Landesteilen mild bis sehr mild aus. So gibt es von der Mitte bis in den Süden zweistellige Höchstwerte und es bleibt häufig frostfrei. Etwas kälter ist es im Norden und Nordosten. An der Grenze zu Dänemark liegen die Maxima an Heiligabend nur um 4 Grad. Nicht ausgeschlossen, dass sich dort vorübergehend auch mal ein paar nasse Flocken drunter mischen.

Den Niederschlag betreffend ist die Gefahr im Norden hoch, dass man einen Regenschutz benötigt. Der Schirm sollte es aber besser nicht sein, da auch ein lebhafter West- bis Südwestwind unterwegs ist. Im Rest des Landes sind die Unsicherheiten noch groß. In der Grafik sieht man die Lösung der deutschen Modellkette. Demnach würde es über der breiten Mitte häufig trocken bleiben. Andere Modelle sind diesbezüglich aber deutlich pessimistischer. Insofern muss man noch etwas abwarten. Die Chance auch mal die Sonne sehen zu können, ist aber in der Mitte und im Süden deutlich höher als im Norden.

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Um sich über das doch recht unwinterliche Weihnachten hinweg zu trösten, zum Abschluss noch eine Statistik: Das sonnigste, nasseste, kälteste, schneereichste und wärmste Weihnachtsfest für vier ausgewählte Stationen.

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Diplom Meteorologe Marcus Beyer

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.12.2022
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Wenn eine geschichtsinteressierte Meteorologin Adventslieder hört…

Dennoch beschäftigt es sich recht wenig mit den meteorologischen Gegebenheiten rund um das Weihnachtsfest (Wunschgedanke von schneebedeckten Winterlandschaften) und hat seinen Ursprung in einer doch recht düsteren Zeit, in der die Erwartung des Weihnachtsfestes ein kurzer Lichtblick im grauen, vom Hunger geprägten und oftmals kriegerischen Alltag darstellte.
Zum ersten Mal wurde das Lied 1622, also vor genau 400 Jahren, veröffentlicht. Der Text stammt sehr wahrscheinlich vom Jesuiten Friedrich Spee. Sehr wahrscheinlich deshalb, da der Text Ähnlichkeiten zu einem Lied aus der „Trutznachtigall“, einer Sammlung von 52 lyrischen Gedichten und heute noch bekannten Kirchenliedern der beiden großen Konfessionen, aufweist. Sehr schnell wurde das Lied in katholische Liedersammlungen aufgenommen. In der evangelischen Kirche sah man das Lied mehr als drei Jahrhunderte lang als katholisches Adventslied, aber seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird es deutschlandweit in den Gottesdiensten beider Konfessionen gerne gesungen.
Kunstgeschichtlich ist der Text eindeutig dem Barock zuzuordnen. Typisch für Texte aus dieser Zeit sind die Motive Vanitas (Vergänglichkeit alles Irdischen), Memento mori („Gedenke, dass du stirbst!“) und Carpe diem („Nutze den Tag!“). Vor allem aber war das Lebensgefühl dieser Zeit geprägt von der Sehnsucht nach dem Erlöser und einer besseren Zeit. Man kann sich sicherlich vorstellen, dass diese Sehnsucht in der Adventszeit besonders groß war.
Es waren Jahrzehnte, die geprägt waren von Hunger, Seuchen und kriegerischen Auseinandersetzungen wie dem Dreißigjährigen Krieg, ausgelöst durch den Streit der beiden großen Konfessionen. Aber auch Aberglaube spielte damals eine sehr große Rolle. Daher ist es wenig verwunderlich, dass in dieser Zeit die Hexenverfolgungen in Mitteleuropa ihren Höhepunkt erreichten. Friedrich Spee war einer der vehementesten innerkirchlichen Kritiker der Hexenverfolgungen und trug mit seiner anonym verfassten Schrift Cautio Criminalis zum Ende dieser bei.
Vor diesem Hintergrund schrieb er den Text für „O Heiland, reiß die Himmel auf“, welches direkt mit einem Klageruf eingeleitet wird. Er verarbeitete darin zahlreiche dynamische Verben und meteorologische Motive.
Die ersten drei Strophen sind noch recht hoffnungsvoll geprägt. In der ersten Strophe wird das Bild vom Aufreißen des Himmels mit dem Öffnen von Toren und Türen verglichen. In der nächsten Strophe soll sich Tau vom Himmel ergießen und die Wolken brechen und ausregnen. Dies soll eine Verbindung zur Erde herstellen, die daraufhin ausschlagen soll, sodass alles grün werde, Blumen hervorbringe und somit die Welt errettet wird.
In den darauffolgenden drei Strophen werden eher tristen Bildern hoffnungsvolle Szenerien entgegengestellt, in denen Trost und Vertrauen anklingen sollen, ohne aber den Bezug zur Realität zu verlieren. In der vierten Strophe wird Trost und Hoffnung für die sich im Jammertal Befindlichen erbeten. In der nächsten Strophe soll die Sonne/der Stern Licht in die Finsternis bringen. Und auch in der letzten Strophe wird der größten Not, dem ewig Tod und dem Elend eine starke Hand, die einen zu dem Vaterland führt, entgegengestellt, sodass Vertrauen vermittelt wird.
Noch 400 Jahre später kann man anhand der meteorologischen Motive genau verstehen, was der Autor ausdrücken wollte, selbst wenn der Text sprachlich heute sicherlich anders formuliert werden würde. Auch in anderen Gedichten und Liedern wurden und werden gerne meteorologische Motive verwendet. Beim genauen Hinhören wird man sicherlich vieler solcher Motive begegnen. In anderen Advents- und Weihnachtsliedern ist es beispielsweise die oben erwähnte Hoffnung auf eine schneebedeckte Landschaft. Im hier beschriebenen Beispiel sind die Motive wiederum mehr als Metapher zu verstehen. Summa summarum lohnt es sich also, sich mit so manchem Liedtext und den Hintergründen genauer zu beschäftigen.
Nimmt man zumindest den Titel des Liedes wörtlich, so wird es in den meisten Regionen Deutschlands bei dem Wunschgedanken bleiben. Der Himmel zeigt sich in den kommenden Tagen meist bedeckt und von einem Aufreißen des Himmels kann meist leider nicht die Rede sein.
M.Sc. Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Eine turbulente Expedition

Als Meteorologin in der Wettervorhersage arbeitet man meistens in einem schönen Büro mit höhenverstellbaren Tischen in angenehmer Atmosphäre. Nach Feierabend geht man nach Hause und überlässt die Arbeit seinen Kollegen. Ganz anders gestaltet sich die Arbeit jedoch, wenn man als Bordmeteorologin auf einem Forschungsschiff unterwegs ist.
Ich hatte das Vergnügen, an der Expedition PS133 des Forschungseisbrechers FS Polarstern teilzunehmen. Das Leben an Bord ist sehr durchgetaktet. Dienstbeginn ist jeden Tag um 6 Uhr Bordzeit. Frühstück gibt es um 7.30 Uhr. Um 8.15 Uhr beginnt das Wetterbriefing im Wetterbüro. Weitere Briefings und Meetings folgen im weiteren Verlauf bis zum Dienstende etwa um 19 Uhr.
Dabei bekommt man das Wetter hautnah zu spüren. Man spürt die Winddrehung beim Rundgang auf Deck und schaukelt mit jeder Welle im Takt mit. Einen richtigen Feierabend gibt es damit nicht. Als Meteorologin bleibt man immer Ansprechperson für Wind und Wetter auch beim abendlichen Kartenspielen.

DWD Eine turbulente

Die Expedition startete am 02. Oktober 2022 in Kapstadt. Das Hauptforschungsgebiet sollte dann der Südliche Ozean sein. Ein Gebiet mitten in den Roaring Fifties, den Rasenden Fünfzigern, das neben den Furious Forties,
den Brüllenden Vierzigern, für seine stürmischen Westwinde bekannt ist. Und diese Breitengrade machten ihren Namen bei dieser Expedition alle Ehre.
Bereits in der ersten Woche auf See war abzusehen, dass die Stürme und der damit verbundene Seegang teils zu gefährlich waren. Es musste abgewettert werden. Auch auf der Ausweichposition blieben wir aber nicht ganz verschont. Westwind zwischen 6 und 9 Windstärken bei einer signifikanten Wellenhöhe von mindestens 4 Metern standen auf der Tagesordnung. Kurze ruhigere Phasen wurden genutzt, um das ein oder andere Messinstrument ins Wasser zu lassen.

Nach über zwei Wochen auf See mit teils Wellenhöhen bis 12 Metern kündigte sich eine länger anhaltende Wetterberuhigung an. Das Hoch über dem Südatlantik streckte seine Fühler etwas weiter nach Süden hin aus. Die Forschungsarbeit konnte damit so richtig beginnen.
Zu allem Überfluss jedoch musste die Expedition aufgrund eines medizinischen Notfalls unterbrochen werden. Das Problem: das nächste Krankenhaus liegt leider fast 2500 km, also 4 bis 5 Seetage weit entfernt auf den Falklandinseln. Mit Vollgas ging es also entgegen der Wind- und Wellenrichtung nach Westen. Zum Glück konnten die Patientinnen erfolgreich ausgeflogen werden und befinden sich mittlerweile bei ihren Familien.
Bei den Falklandinseln suchte uns das nächste Unwetter heim. Und dieses hatte es in sich. Mit Spitzengeschwindigkeiten von etwa 140 Kilometern pro Stunde fegte ein Orkan über die Insel hinweg. Zumindest konnte das Schiff im Berkley Sound bei den Falklandinseln dem schweren Seegang entgehen. Nach Durchzug des Orkans folgte das Schiff den Spuren des Sturms zurück in das Forschungsgebiet. Und endlich war das Wetter uns auch hold und sorgte für ein paar Tage ruhigeren Seegang.

DWD Eine turbulente Expedition 1

Den nächsten Sturm konnte man geschützt vor Südgeorgien absitzen. Danach folgte noch ein kleiner Abstecher in den Tiefseegraben östlich von den Südlichen Sandwich Inseln. Dort wurden Sedimentproben aus über 8000 Metern Tiefe entnommen. Und dann war die Zeit auch schon fast vorbei und es folgte der Transit nach Punta Arenas.
In Südchile angekommen, wechselten einige Wissenschaftler und auch die Mannschaft. Und auch ich durfte von Bord. Der zweite Teil der Expedition startete am 20. November. Ziel des zweiten Teils, war den Island Impact rund um Südgeorgien zu untersuchen.
Der Wettergott hatte es diesmal besser gemeint mit Besatzung und Wissenschaftler. Vielleicht war das das Geburtstagsgeschenk für FS Polarstern, denn am 09. Dezember 2022 konnte das Schiff seinen 40. Geburtstag feiern (kleines Geburtstagsvideo siehe Link 1). Dieser Ehrentag wurde auf dem Schiff gebührend gefeiert. Momentan befindet sich die Polarstern auf der Zielgeraden zurück nach Kapstadt, wo schon die nächsten Wissenschaftler und der nächste Bordmeteorologe auf den kommenden Einsatz warten.
Die aktuelle Position von FS Polarstern findet man bei Link 2.

 

M.Sc. Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Startschuss für eine neue Satellitengeneration

Die spannende winterliche und teilweise bis zum Unwetter reichende Wetterlage der vergangenen Tage verdrängte andere interessante meteorologische Themen etwas in den Hintergrund. Allerdings soll nun ein durchaus bemerkenswertes Ereignis der vergangenen Woche auch in unserem „Thema des Tages“ entsprechend gewürdigt werden. Am Dienstag (13.12.2022) startete um 20:30 Uhr UTC der erste Wettersatellit der neuen (dritten) Meteosat-Generation vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana. Als Trägerrakete diente die bewährte europäische Ariane 5ECA, die den „MTG-I1“ genannten Wettersatelliten, gemeinsam mit zwei Kommunikationseinrichtungen, erfolgreich ins Weltall brachte.

Bereits seit 1977 betreibt EUMETSAT mit Sitz in Darmstadt im Auftrag der europäischen Wetterdienste ein Netzwerk von Wettersatelliten. In dieser zwischenstaatlichen Organisation haben sich die nationalen Wetterdienste von derzeit 30 europäischen Staaten zusammengeschlossen, um ihre Aufgaben gemeinsam zu bewältigen und die Kosten zu teilen. Der Betrieb der Satelliten umfasst die genaue Kontrolle und Korrektur der Position, die Lagesteuerung, die Durchführung technischer Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der vollen Funktionsfähigkeit, die Übermittlung der beobachteten Daten sowie die Aufbereitung und operationelle Verteilung dieser Daten.

DWD startschuss fuer eine neue satellitengeneration

Pose MTG-I1 (CU2) sur ACU au S5B, le 02/12/2022. | MTG-I1 (CU2) integration on payload adaptor at S5B. 12/02/2022.

Aktuell sind die Satelliten der zweiten Meteosat-Generation (MSGMeteosat Second Generation) die „Lastesel“ der europäischen Wetterbeobachtung aus dem All. Diese lösten ab dem Jahre 2002 sukzessive jene Satelliten der ersten Meteosat-Familie ab, die nachfolgend abgeschaltet und in einen „Friedhofsorbit“ gesteuert wurden. Die aktuell aktiven MSG und mit Meteosat 9 bis 11 benannten Satelliten erreichen aber nach ca. 20 Jahren Lebenszeit bald ihr geplantes Funktionsende. Daher starteten bereits vor vielen Jahren die Planungen für entsprechende Nachfolgesonden.

Nach den ersten Überlegungen im Jahr 2006 trat EUMETSAT 2008 in die Detailvorbereitungen für neue Geräte ein. Bereits damals fokussierte man sich auf eine möglichst gute spektrale, räumliche und zeitliche Auflösung der Satellitenbilder und auf die Erfassung von Blitzen sowie der Infrarot- und Ultraviolettstrahlung der Erde. Die Anforderungen wurden aber so umfangreich, dass man nicht alle Messgeräte auf einem Satelliten unterbringen konnte. Daher besteht die dritte Meteosat-Generation aus geplanten vier Satelliten mit den klassischen Aufnahmeeinrichtungen sowie dem neuen Blitzdetektor (MTG-I1 bis MTG-I4) und den beiden für die Sondierung der Atmosphäre zuständigen MTG-S1 und MTG-S2. Das gesamte MTG-Programm mit diesen sechs Satelliten soll bis 2035 gestartet werden, Daten bis in die 2040er Jahre liefern und wird insgesamt über drei Milliarden Euro kosten. Deutschland trägt davon mehr als 20 Prozent.

Damit die Meteosat-Satelliten zeitlich hochaufgelöste Daten einer definierten Zielregion liefern können, müssen diese den sogenannten „geostationären Orbit (GEO)“ erreichen. Auf einer Kreisbahn in 35.786 km über der Erdoberfläche am Äquator können diese der Erdrotation exakt folgen und beobachten damit immer dieselbe festgelegte Region. Im Gegensatz zu den ebenfalls wichtigen polarumlaufenden Satelliten ist dadurch eine permanente Überwachung der Erdoberfläche möglich. Zum Frühlings- und Herbstbeginn werden beispielsweise von den Meteosat-Satelliten aufgrund der von Nordpol bis zum Südpol vorhandenen solaren Bestrahlung die bekannten, imposanten Bilder der halben Weltkugel aufgenommen.

DWD startschuss fuer eine neue satellitengeneration 1

Man kann sich daher vorstellen, dass die von Satelliten gelieferten Datenmengen enorm sind. Mit der neuen Generation steigert sich der verfügbare Datensatz nochmals. Der DWD verarbeitet und prüft bereits heute täglich rund 165 Millionen Wetterbeobachtungen. Davon werden etwa fünf Millionen Beobachtungen aktiv für die Wettervorhersage genutzt. Davon stammen rund 85 Prozent von Satelliten. Da MTG im Vergleich zu den MSG-Satelliten etwa die 50-fache Datenmenge liefert, wird die Bedeutung von Satelliten erneut wachsen. Die zentrale Herausforderung ist, diese riesigen Datenmengen, die alle zehn Minuten (später für ausgewählte Regionen sogar alle 2,5 Minuten) eintreffen und nun Gebiete von einer Größe von 500 x 500 m abdecken, in die Wettervorhersagemodelle einzuarbeiten. Bereits jetzt darf man gespannt auf die ersten Daten sein, die ab Herbst 2023 erwartet werden.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Schnee, Glätte und Frost – ein Rückblick

Schnee, Frost, Glatteis – das sind die Stichworte für die vergangenen Tage und der Winter hat recht eindrucksvoll bewiesen, was er so auf der Pfanne hat. Verantwortlich dafür war eine kalte Luftmasse, die aus nördlichen Breiten einfließen konnte. Dieser gegenüber stand milde Luft im Süden. Im Grenzbereich kam es dadurch zu Niederschlägen. Dazu wurde in den vergangenen Themen des Tages schon einiges geschrieben.

Durch die langen Nächte, die Schneedecke und den klaren Himmel konnte die Luft stark auskühlen, was zweistellige Minustemperaturen hervorgerufen hat. Die folgenden Tabellen geben dazu einen Überblick:

Ort (Bundesland) Tiefstwerte der Lufttemperatur in °C Nacht 15.12./16.12.2022
Oberharz am Brocken-Stiege (ST) – 16,1
Doberlug-Kirchhain (BB) – 14,9
Fulda-Horas (HE) – 14,7

Tabelle 1

Ort (Bundesland) Tiefstwerte der Lufttemperatur in °C Nacht 14.12./15.12.2022
Anklam (MV) -17,0
Oberharz am Brocken-Stiege (ST) -16,2
Menz (BB) -15,2

Tabelle 2

Ort (Bundesland) Tiefstwerte der Lufttemperatur in °C Nacht 13.12./14.12.2022
Dippoldiswalde-Reinberg -17,6
Sohland/Spree (SN) -16,8
Doberlug-Kirchhain (BB) -15,0

Tabelle 3

Lokal trat also in den vergangenen Nächten strenger oder sehr strenger Frost auf. Ungewöhnlich ist dies für Dezember nicht. Eindrucksvoll war die Kältewelle dennoch. Am Frankfurter Flughafen wurde beispielsweise in der vergangenen Nacht ein Tiefstwert von -11,8 °C gemessen, was der niedrigsten Temperatur seit Januar 2017 entspricht.

In den kommenden Nächten wird es gebietsweise erneut klirrend kalt. Über Schnee sind dann vor allem in Tal- und Muldenlagen der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen Minima um -15 °C, teils auch noch tiefer möglich. Mäßiger, teils strenger Frost tritt mit Ausnahme der Küstengebiete ohnehin auf.

DWD Schnee Glaette und Frost ein Rueckblick

DWD Schnee Glaette und Frost ein Rueckblick 1

Schnee hat es in den vergangenen Tagen ebenfalls gegeben. Und dies nicht nur im Süden, sondern auch einiges ganz im Norden des Landes. Ein kleines Tief über der Nordsee sorgte dafür, dass im Norden immer wieder Schauerstraßen über die gleichen Gebiete hinweggezogen sind. Vor allem in einem Streifen zwischen Sankt Peter-Ording (SH) und Kiel (SH) lagen heute Morgen 10 bis 20 cm, vereinzelt über 20 cm Schnee. Spitzenreiter ist dabei die Station Bordesholm (SH) mit gemessenen 25 cm Schnee. Lokal dürften es sogar noch ein paar cm mehr sein. Ansonsten liegt mit Ausnahme des Westens und Nordwestens verbreitet zumindest eine dünne Schneedecke. Im Süden wird diese sogar wieder etwas mächtiger, denn dort kommen vor allem südlich der Donau bis in die späten Abendstunden des heutigen Freitags noch der ein oder andere cm hinzu.

DWD Schnee Glaette und Frost ein Rueckblick 2

Am Wochenende wird die Schneedecke nicht weiter anwachsen, denn Hochdruckeinfluss sorgt für trockenes und ruhiges Winterwetter. Bewegung in die Wetterküche kommt erst wieder in der Nacht zum Montag, wenn sich von Westen ein Frontensystem auf den Weg nach Mitteleuropa macht und die nächste gefährliche Glatteislage ansteht. Dem Schnee geht es zu Beginn der kommenden Woche dann an den Kragen, denn mildes, nasses und windiges Wetter sorgt verbreitet für ein Abtauen der Schneedecke. Einzig im Südosten kann sich die Milderung noch nicht so richtig durchsetzen.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst