Kármánsche Wirbelstraßen

Wettersatelliten blicken kontinuierlich von oben auf unsere Erde und liefern uns beeindruckende Bilder von der Verteilung und Struktur der Wolken sowie von großräumigen Strömungsmustern wie beispielsweise die gigantischen Wolkenspiralen von Tiefdruckgebieten. Gerade die sogenannten polarumlaufenden Satelliten ermöglichen uns besonders hochaufgelöste Aufnahmen und nehmen bei ihren Überflügen mitunter faszinierende Wolkenformationen auf. Sie umkreisen die Erde in nur etwa 850 Kilometern Höhe auf sonnensynchronen polarumlaufenden Bahnen (siehe auch Thema des Tages vom 19.03.2021).

Richtet man sein Augenmerk zum Beispiel auf die Kanarischen Inseln, kann man nicht selten besonders stilvolle und symmetrisch angeordnete Wolkenwirbel südwestlich der Inselgruppe entdecken (Abb. 1+2). Die Rede ist von sogenannten „Kármánschen Wirbelstraßen“. Diese werden nicht nur in der Meteorologie beschrieben, sondern sind ein bekanntes Phänomen der Strömungsmechanik. Die Strömungsmuster wurden nach dem ungarischen Ingenieur und Mathematiker Théodore von Kármán (1881-1963) benannt, der sie erstmals 1910 entdeckte und ein Jahr später veröffentlichte. Grundsätzlich können Kármánsche Wirbelstraßen in allen flüssigen und gasförmigen Stoffen (Fluiden) auftreten, also beispielsweise auch im Wasser oder eben in der aus Luft und Wasserdampf bestehenden Atmosphäre der Erde. Diese Wirbelschleppen formieren sich unter bestimmen Voraussetzungen beim Umströmen eines Hindernisses auf der stromabgewandten Seite.

DWD Karmansche Wirbelstrassen

Das Verhalten des Fluids beim Umströmen des Hindernisses hängt neben den Fließeigenschaften (Viskosität) des Fluids von der Größe und Form des Hindernisses sowie von der Strömungsgeschwindigkeit ab. Bei einer geringen Geschwindigkeit kommt es zunächst noch zu keinerlei Verwirbelungen (laminare Strömung). Ab einer bestimmten Geschwindigkeit bilden sich hinter dem umströmten Hindernis zunächst ortsfeste Wirbel. Diese kann man zum Beispiel häufig an Brückenpfeilern in Flüssen beobachten. Mit etwas Geschick können Sie diese auch selbst erzeugen, wenn Sie einen Finger oder ein Lineal mit der passenden Geschwindigkeit durch eine gefüllte Badewanne auf einer geraden Linie bewegen. Bei noch höherer Geschwindigkeit lösen sich schließlich die Wirbel vom Hindernis ab und driften in Strömungsrichtung. Immer wenn sich ein Wirbel abgelöst hat, bildet sich ein neuer Wirbel mit entgegengesetztem Drehsinn. Die sich ablösenden Wirbel reihen sich hintereinander und so entsteht ein regelmäßiges Muster aus zwei versetzten Reihen mit gegenläufigen Wirbeln.

DWD Karmansche Wirbelstrassen 1

In der Atmosphäre können Kármánsche Wirbelstraßen im Kleinen hinter Flugzeugen oder im Großen hinter Inseln beobachtet werden, die hoch aus dem Meer ragen. Damit wären wir wieder bei den Kanarischen Inseln. Die zu Spanien gehörenden Kanaren sind eine Inselgruppe vulkanischen Ursprungs westlich von Marokko zwischen dem 27. und 29. nördlichen Breitegrad. Als Hindernisse dienen ihre hohen Vulkankegel wie beispielsweise der 3718 m hohe Pico del Teide auf Teneriffa, der höchste Berg Spaniens. Aufgrund der südlichen Lage werden die Kanaren vom Nordostpassat beeinflusst, der nicht selten genau die richtige Strömungsgeschwindigkeit besitzt, um im Windschatten der Vulkankegel südwestlich der Inseln beeindruckende und teils bis zu 1000 Kilometer lange Wirbelstraßen erzeugt. Sie werden aber erst durch die charakteristischen Wolkenfelder sichtbar, die durch die Turbulenzen der Wirbel ihre stilvolle Form erhalten. Im Luv der Vulkankegel entsteht zudem häufig eine Art Bugwelle ähnlich die eines fahrenden Schiffs (Abb. 2). Sie hält die nähere Umgebung der Inseln von der mit den Passatwinden mitgeführten dichten Stratokumulus-Bewölkung (nordöstlich der Kanaren) fern und beschert somit den dortigen Inseln sonniges Wetter.

Neben den Kanaren gibt es noch weitere Inseln und Inselketten, die Kármánsche Wirbelstraßen entstehen lassen. Beispiele hierfür sind Guadeloupe vor der Westküste Mexikos mit dem 1298 m hohen Monte Augusta, die Insel Jeju südlich von Südkorea (Abb. 3) mit dem 1950 m hohen Berg Hallasan oder die chilenischen Juan-Fernández-Inseln im südöstlichen Pazifik.

DWD Karmansche Wirbelstrassen 2

Falls Sie Interesse an diesen Wolkenmustern gefunden haben, brauchen Sie nur ein Archiv der Satellitenbilder von polumlaufenden Satelliten durchsuchen, online frei unter dem Link am Ende des Textes. Sie werden bei oben genannten Inseln rasch fündig werden.

Dr. rer. nat Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.09.2022
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Queenie

Der- oder diejenige, die sich für den Erwerb der Namenspatenschaft für Tief „Queenie” bei Großbritannien verantwortlich zeichnen, muss wirklich hellseherische Fähigkeiten besitzen. Weiß man um die Rahmenbedingungen des Wetterpaten e.V., wo man diese Namen käuflich erwerben kann, und die Tatsache, dass dies in der Regel wenigstens Monate im Voraus geschieht, ist dieser Zufall des zeitlichen Zusammentreffens mit dem Ableben von Elizabeth II. mehr als bemerkenswert. So unwahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto. Zumindest gefühlt.

Aber genug der Wahrscheinlichkeiten und Zufälle, denn Tief „Queenie” hat im Laufe dieser Woche noch einiges im Gepäck, was das Wetter bei uns betrifft. Ein erster Ausläufer zieht bereits in der kommenden Nacht zum Dienstag (13.9.2022) über den Norden Deutschlands hinweg und bringt dort etwas Regen, wobei die Mengen mit wenigen Litern pro Quadratmetern (l/m²) aber sehr überschaubar bleiben. Anders sieht es im Laufe des Dienstags aus. Mit „Queenie” fließen zunehmend kühle Luftmassen aus Norden nach Deutschland. Diese treffen über den mittleren Landesteilen auf feuchte und warme Luftmassen, die in den Vortagen aus dem Südwesten zu uns gelangt sind. Das war unter anderem ein Werk von Ex-Hurrikan „Danielle”, der inzwischen als ausgeprägtes Tiefdruckgebiet vor der galizischen Küste liegt. Mit dem Aufeinandertreffen dieser feucht-warmen Luft im Süden und der kühlen Luft von „Queenie” bildet sich im Laufe des Dienstags eine markante Luftmassengrenze über der Mitte Deutschlands, die sich von West nach Ost erstreckt und den Norden vom Süden trennt.

Entlang dieser Luftmassengrenze beginnt es, kräftig zu regnen und später auch zu gewittern. Ihren Höhepunkt erreichen diese Niederschläge in der Nacht zum Mittwoch (14.9.2022) beziehungsweise im Laufe des Mittwochs. Dann regnet es in einem Streifen, der sich voraussichtlich vom südlichen Nordrhein-Westfalen über die Mitte bis nach Sachsen erstreckt teils unwetterartig. Je nach Betrachtungszeitraum über 6, 12 oder 24 Stunden sind markante Mengen zu erwarten. Über wenige Stunden können dabei – vor allem verstärkt durch eingelagerte starke Schauer und Gewitter – schnell 25 bis 40 l/m² zusammenkommen. Darüber hinaus regnet es aber insgesamt auch noch längeranhaltend, sodass über einen längeren Zeitraum auch 50 bis 60, im Extremfall vielleicht sogar 80 l/m² fallen können. Besonders in entsprechend exponierten Staulagen der westlichen Mittelgebirge sind die höchsten Regenmengen zu erwarten, die dort wohl auch die Kriterien für unwetterartigen Stark- bzw. Dauerregen reißen werden.

Am Donnerstag (15.9.2022) wandern die Regenfälle allmählich mit der Luftmassengrenze nach Süden und schwächen sich dabei zusehends ab. Nur am Alpenrand kann es dann noch längeranhaltend regnen.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.09.2022
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Verbreitet langersehnte Linderung der Trockenheit

Die lange Zeit der trockenen Tage ist vorbei und in der vergangenen Woche gab es fast flächendeckend Regenfälle. Verantwortlich dafür war Tief PEGGY. Die gute Dame schaffte es immer wieder, feuchte Luftmassen nach Mitteleuropa zu schieben, in denen sich häufig Schauer und Gewitter oder teils auch mal etwas länger anhaltende und schauerartig verstärkte Regenfälle bilden konnten. Örtlich war es des Guten zu viel, denn in kräftigen Gewittern fielen auch 30 bis 60 Liter pro Quadratmeter innert ein bis zwei Stunden. Dies war beispielsweise am 07.09.2022 in Weferlingen (Sachsen-Anhalt, 37 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde) oder in Marienberg-Rübenau (Sachsen, 60 Liter pro Quadratmeter in zwei Stunden) der Fall. Auch am 06.09.2022 schütte es zum Beispiel in Deidesheim-Niederkirchen (Rheinland-Pfalz) heftig, denn in zwei Stunden kamen 57 Liter Wasser pro Quadratmeter vom Himmel. Dies entspricht deutlich über der Hälfte der Monatssumme. Durch die trockenen und damit quasi versiegelten Böden konnte das Wasser nur oberflächlich abfließen, was lokal zu überschwemmten Wiesen und Flächen sowie vollgelaufenen Kellern geführt hat. Davon abgesehen war der Regen ein willkommener Gast, denn somit wurde die Trockenheit in einigen Regionen zumindest gelindert und auch die Waldbrandgefahr ist erst einmal gebannt. Unter anderem konnte der Katastrophenfall im Harz aufgehoben werden, nachdem dort vor allem am Donnerstag verbreitet 10 bis 20 Liter Regen pro Quadratmeter vom Himmel kamen.

Bereits im Thema des Tages vom 04.09.2022 wurde auf die prognostizierten Niederschläge eingegangen und zwei Modelle verglichen.

DWD Verbreitet langersehnte Linderung der Trockenheit

Die Schwerpunkte wurden dabei unterschiedlich gesetzt, was der schwer zu prognostizierenden Lage geschuldet war. Die Niederschlagsprognose insbesondere von Schauern und Gewittern erweist sich als schwierig, weil viele kleinräumige Faktoren, wie zum Beispiel lokale Windkonvergenzen, die Feuchteverteilung und so weiter berücksichtigt werden müssen. Radarauswertungen für den Zeitraum vom 03.09.2022 (8:00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit) bis 10.09.2022 (8:00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit) zeigen die tatsächlich mit dem Radar gemessenen und aufsummierten Niederschläge.

DWD Verbreitet langersehnte Linderung der Trockenheit

Vergleicht man nun die Prognosen mit dem tatsächlich gefallenen Niederschlag, so fällt auf, dass das europäische Modell (IFS) gegenüber dem deutschen Modell (ICON) die Niederschläge in Mecklenburg-Vorpommern besser vorhergesagt hat. Verbreitet gab es nämlich 20 bis 40, punktuell bis 70 Liter pro Quadratmeter. Der Großteil der Niederschläge fiel mit einer langsam durchschwenkenden Front am 08.09.2022. In der Prognose wurden diese Mengen recht gut getroffen. Anders hingegen zeigt sich das Bild am Oberrhein, im Saarland und in der Pfalz. Dort hat ICON die Nase vorn, denn die flächig gefallenen 20 bis 50 Liter pro Quadratmeter hat IFS teilweise etwas unterschätzt. Dies sind nur zwei Beispiele und es lassen sich noch deutlich mehr Unterschiede erkennen. Auf jeden Fall wird klar, dass die Modelle so lange im Voraus bei solch einer Lage die zu erwartenden Niederschläge nicht perfekt vorhersagen können.

DWD Verbreitet langersehnte Linderung der Trockenheit 1

Am gestrigen Samstag und in der vergangenen Nacht gab es gebietsweise nochmals einen ordentlichen Regennachschub. Besonders im Nordosten des Landes schüttete es punktuell wie aus Kübeln (bis zu 60 Liter pro Quadratmeter in wenigen Stunden), während in einem Streifen vom Niederrhein bis zum Bayerischen Wald schauerartig verstärkte Regenfälle teils über mehrere Stunden anhielten und den Charakter von Landregen hatten. Dabei fielen verbreitet 15 bis 30 Liter pro Quadratmeter.

Zum Start in die neue Woche bleiben die Niederschläge zunächst geringer Natur, bevor zur Wochenmitte vor allem in der Landesmitte und Teilen des Südens wahrscheinlich eine Dauerregenlage ansteht.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.09.2022
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Auf der Suche nach dem Schatz am Ende des Regenbogens

Fast jeder kennt die irische Sage von dem Topf voll Gold am Ende des Regenbogens. Doch bevor der Blick auf das räumliche Ende des Regenbogens fällt, wird der zeitliche Anfang eines Regenbogens betrachtet. Ein Regenbogen ist ein optisches Phänomen, das entsteht, wenn Sonnenlicht auf Regentropfen trifft. Das Sonnenlicht wird von dem Regentropfen zweimal gebrochen, einmal beim Eintritt und einmal beim Austritt. Brechen heißt, dass das Sonnenlicht an der Oberfläche des Tropfens in eine andere Richtung gelenkt wird, als die aus der es kommt. Das Sonnenlicht sieht zwar auf den ersten Blick weiß aus, besteht jedoch aus verschiedenen Farben (Wellenlängen), die unterschiedlich stark gebrochen werden. Genauer wird der blaue Bestandteil (kurze Wellenlängen) des Sonnenlichts stärker gebrochen, der rote (lange Wellenlängen) weniger stark. Dadurch wird das Sonnenlicht in seine unterschiedlichen Bestandteile aufgeteilt und das Auge nimmt nun die unterschiedlichen Farben wahr. Vereinfacht darstellen lässt es sich mit einem Prisma aus Glas.

DWD Auf der Suche nach dem Schatz am Ende des Regenbogens

Bei einem Regenschauer fallen viele Tropfen und an jedem von ihnen wird das Sonnenlicht gebrochen. Wie stark die Brechung ausfällt, hängt davon ab, in welchem Winkel die Sonne steht. Dabei gilt, je höher die Sonne steht, desto kleiner wirkt der Regenbogen. Weiterhin „wandert“ der Regenbogen mit dem Blickfeld des Betrachters und dessen Position zur Sonne und dem Bogen, steht man also an verschiedenen Orten, nimmt man den Regenbogen anders wahr.

Problem, das Ende des Regenbogens zu finden. Begibt man sich auf die Suche, wird man schnell feststellen, dass sich die Position des Regenbogens relativ zum eigenen Standort verändert.
Das zweite Problem ergibt sich, wenn der Einfallswinkel des Sonnenlichts verändert wird. Je höher die Sonne, desto kleiner der Regenbogen. Im Umkehrschluss: je tiefer die Sonne, desto größer der Regenbogen. Bewegt man sich selbst nach oben, desto tiefer steht die Sonne im Blickfeld und sehr schnell ergibt sich daraus das zweite Problem, welche jegliche Chancen auf den Topf voll Gold zunichtemacht. Denn steht die Sonne tief genug, ist für den Beobachter ein Kreis zu sehen – und der hat bekanntlich weder Anfang noch Ende.
Um jetzt auch noch den allerletzten Funken Hoffnung auf den Goldtopf zu nehmen, muss klargestellt werden, dass der Regenbogen immer ein Kreis ist und lediglich durch den Horizont nicht als solcher wahrzunehmen ist.

Abschließend kann man sagen, dass die Kobolde ihre Aufgabe sehr ernst nehmen und es tatsächlich geschafft haben, das allerbeste Versteck für das Gold zu finden.
Wer sich nun dennoch auf die Suche nach dem Topf voll Gold begeben möchte, dem wünschen wir viel Erfolg und starke Nerven. Möglichkeiten dafür bieten sich am heutigen Samstag und morgigen Sonntag sicherlich einige, denn Regenschauer begleiten uns durch das gesamte Wochenende.

Dipl. -Met. Marcel Schmid zusammen mit den Praktikantinnen Jana Schitthof und Carolin Probst
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.09.2022
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Was hat La Niña mit dem Westafrikanischen Monsun zu tun?

In den letzten Wochen und auch aktuell verzeichnen die etwas nördlich vom Äquator liegenden westafrikanischen, teils auch die zentralafrikanischen Staaten doch recht hohe Niederschlagssummen, teils als Tagessummen, teils auch als Starkregenereignisse. Jahreszeitbedingt wirkt in den westafrikanischen Regionen der Sommer-Monsun, der von der Ausprägung her neben anderen Faktoren auch im Zusammenhang steht mit der jeweiligen Phase der El Niño–Southern Oscillation (kurz ENSO).

Aus dem Geschäftsbereich Klima und Umwelt (KU) des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gab es dazu am 31. August 2022 folgende Meldung: In Teilen West- und Zentralafrikas sind nach UN-Angaben durch Überschwemmungen, ausgelöst durch saisonale starke Regenfälle seit Juni, 731 Tausend Menschen betroffen, über 35 Tausend Häuser zerstört und über 125 Tausend Menschen in 17 Ländern vertrieben worden. Nach Angaben des African Centre of Meteorological Application for Development (oder kurz ACMAD) fielen überdurchschnittliche Regenfälle, die auch teilweise von La Niña-Bedingungen beeinflusst waren. Von Überschwemmungen betroffene Länder sind: Republik Kongo, Tschad, Liberia, Nigeria, Niger, die Demokratische Republik Kongo, Gambia, Mauretanien, die Zentralafrikanische Republik, Guinea, die Elfenbeinküste, Senegal, Ghana, Kamerun, Mali und Burkina Faso.

In seiner bahnbrechenden Forschungsarbeit identifizierte Sir Gilbert Walker die interannuellen Schwankungen des Luftdrucks in Meeresspiegelhöhe (SLP) als ENSO-Zirkulation und zeigte deren möglichen Zusammenhang mit globalen Monsunsystemen auf. Über Indien und Westafrika kommt es während El Niño und La Niña vermehrt zu Dürren beziehungsweise zu Überschwemmungen. Mehrere Studien zeigen, dass es eine signifikante Korrelation zwischen ENSO und den Niederschlägen des indischen Sommermonsuns sowie den Niederschlägen in Westafrika gibt. Der Zusammenhang zwischen ENSO und der interannuellen Variabilität der Niederschläge im nördlichen Westafrika (Sahel-Zone) wurde anhand von Beobachtungsdaten und allgemeinen atmosphärischen Zirkulationsmodellen eingehend untersucht. ENSO erklärt nach aktuellen Studien knapp 25 % der gesamten interannuellen Varianz des westafrikanischen Monsunregenfalls.

Als wesentliche meteorologische Antriebe dabei gelten die jeweils unterschiedlichen Meeresoberflächentemperaturen bei einem Warmereignis (El Niño) im Bereich des äquatorialen Pazifiks im Gegensatz zu einem Kaltereignis (La Niña). Daraus resultieren Unterschiede bei der Verteilung des Luftdrucks in Meeresspiegelhöhe (SLP) und somit auch zonale Verschiebungen der Walker-Zirkulation, mit entsprechenden Auswirkungen auf die äquatoriale Niederschlagsverteilung. Die Walker-Zirkulation ist grob gesagt eine abgeschlossene Zirkulation über dem äquatorialen Pazifik. Dabei sinkt die Luft während La Niña über dem Ostpazifik ab, strömt hiernach bodennah westwärts (östliche Winde) bis zum Westpazifik, wird dort zum Aufsteigen gezwungen, um nah an der Tropopause ostwärts zurückzuströmen (Westwinde in der oberen Troposphäre).

Allerdings zeigt die Stärke des Zusammenhangs zwischen ENSO und den saisonalen Niederschlägen während des Monsuns eine gewisse Variabilität auf einer mehrdekadischen Zeitskala. Die Ursachen der Schwankungen auf dieser Zeitskala sind noch nicht hinreichend verstanden. Die zunehmende Dichte und Anzahl der Beobachtungsdaten sowie darauf basierende Modellstudien in den letzten Jahren geben jedoch vermehrt Aufschluss über diese doch sehr komplexen Zusammenhänge.

Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.09.2022
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Des Regens schöner Klang

Plitsch, plitsch, plitsch-platsch, plitsch-platsch-platsch, plitschplatschplitschplatsch – das Geräusch prasselnden Regens auf dem Dachfenster schien zunächst unwirklich. Ist das noch Traum oder schon Realität? Egal, weiterschlafen, der Wecker hat noch nicht geklingelt. Plitschplatschplitschplatsch – bei diesem wundervollen Klang, der seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr zu hören war, war es unmöglich, wieder in die Traumwelt zurückzukehren. Mit müden Augen wurde sich also aus dem Bett gekämpft, ran ans Fenster und mit einem Mal war die Müdigkeit wie verflogen: Es waren nicht nur einzelne Regentropfen, die auf die Scheiben prasselten und herabperlten…, nein es regnete Bindfäden. Und unwillkürlich kam die britische Gastfamilie in den Kopf, die stets zu sagen pflegte „it’s raining cats and dogs“ ;-)…

Da war klar: Ein Blick aus dem Fenster genügt nicht, ab nach Draußen! Die Balkontür kaum offen, stieg ein bekannter und doch fast vergessener, herrlicher Geruch in die Nase. Oh wie schön ist Petrichor! Eigentlich kein Wunder, dass versucht wird, diesen anziehenden Duft des Regens in Parfums einzufangen – aber ob das gelingt?! Die Regentropfen plätscherten sanftmütig auf die Holzdielen, sammelten sich in den Untersetzern der Kräutertöpfe und selbst der trockenheitserprobte Feigenkaktus schimmerte doch trotz dunkler Nacht in einem saftigeren Grün als sonst, oder nicht?

Nun erst fiel der Blick aufs Handy, „4:07“ leuchtete in hellen Ziffern auf und ließ vorahnen, dass an Einschlafen bis zum Klingeln des Weckers in gut einer Stunde nicht mehr zu denken war. Dann konnte doch auch noch ein kurzer Blick aufs Radarbild geworfen werden, oder? Und tatsächlich: Zwei bis drei Stunden würde es bestimmt noch regnen! Herrlich!

DWD Des Regens schoener Klang

Und so verging die Zeit, bis das Klingeln des Weckers den müden Geist und die wieder müde gewordenen Augen aufschreckte und aus dem Dämmerzustand in den aktiven Modus katapultierte. So ähnlich ging es wohl auch dem PC, der gut 1,5 Stunden später aus dem Stand-By-Modus zum Leben erweckt wurde und die ganzen Facetten, Hintergründe und Prognosen präsentierte:
Ein Radarbild (siehe Abbildung 1), das nicht nur in ganz Hessen, sondern auch angrenzend in Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Baden-Württemberg farbige Flächen zeigte – wann gab es das zuletzt?

Die Heldin, die sich das auf die Fahne schreiben kann, war schnell ausgemacht: PEGGY. Das Tief über Großbritannien hatte eine langgestreckte Tiefdruckrinne ausgebildet, die quer über Deutschland lag und in der eben genau dieses großflächige Regenband eingelagert war. Tiefdruckzone respektive Regenband verlagerten sich langsam von Südwest nach Nordost, wobei es dort, also im Norden und Osten, am Nachmittag nochmal interessant werden würde: Die Nähe zu Hoch QUINTIN (siehe Abbildung 2) sorgt für eine „Gegenstromlage“ (Ostwind am Boden, Südwestwind in der Höhe), sodass das Regengebiet dort kaum noch weiter vorankommen sollte und über mehrere Stunden teils große Regenmengen prognostiziert wurden.
Auch wenn sicherlich auch dort der Regen für viele eher Segen statt Fluch ist, so bergen Summen zwischen 30 und 50 Liter pro Quadratmeter eine gewisse Gefahr; Straßen können beispielsweise überflutet werden und Keller volllaufen.

DWD Des Regens schoener Klang

 

DWD Des Regens schoener Klang 1 scaled

Und während der Regen im Westen und Südwesten längst abgezogen ist und sich auch hier, beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach, beim Blick gen Westen aufgelockerte Bewölkung zeigt (siehe Abbildung 3), ist sich das Kollegium einig: Danke Peggy!

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.09.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Der Herbst ist da

Natürlich ist der Herbst meteorologisch schon am 01.09. eingeläutet worden. Astronomisch müssen wir diesbezüglich noch bis zum 23.09. um 03:03 Uhr MESZ warten, denn dann „überquert“ die Sonne den Äquator von Nord nach Süd. Das bedeutet auch, dass genau zu diesem Datum der Tag und die Nacht gleich lange dauern, was dann treffenderweise auch als „Tag-und-Nacht-Gleiche“ bezeichnet wird.

Aber beim Blick auf das Wetter kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass der Herbst in dieser Woche beginnt. Denn am heutigen Mittwoch (07.09.) schiebt Tief PEGGY ihre Kaltfront von West nach Ost über Deutschland hinweg. Und damit ist dann auch ein deutlicher Rückgang der Temperaturen verbunden, der allerdings in zwei Stufen vonstattengeht. Während gestern die beiden DWD-Stationen Köln-Stammheim mit 32,1 °C und Bad Neuenahr mit 32,0 °C die „32-Grad-Schwelle“ überspringen konnten, werden die Spitzenreiter heute wohl nur noch 28 °C, eventuell auch knapp 29 °C vermelden. Und da die kältere Luft von Westen herankommt, sollten die Temperatur-Tops auch eher im Osten oder Südosten als entlang der Rhein-Schiene auftreten.

Der zweite Schritt des Temperaturrückgangs vollzieht sich dann am Donnerstag. Entlang der Neiße und auch am Oberrhein kratzen die Höchstwerte nochmal an der „25-Grad-Marke“, meist liegen die Spitzenwerte aber in einer Spanne von 18 °C bis 22 °C. Zugegeben: So richtig herbstlich hört sich das nicht an, aber wir sprechen ja auch noch nicht vom Spätherbst, sondern vom Herbstbeginn.

Und der hat sich in der vergangenen Nacht im Westen auch schon mit Schauern und Gewittern bemerkbar gemacht. Speziell in der Eifel und über dem angrenzenden südlichen Niederrhein hat es teils kräftig gewittert, wie man in der folgenden Abbildung erkennen kann.

DWD Der Herbst ist da

Dort sind die aus den Radarreflektivitäten abgeleiteten 12-stündigen Niederschlagssummen bis zum heutigen Mittwochmorgen um 08:00 MESZ dargestellt. Südlich von Köln sind demzufolge punktuell sogar über 60 mm (Liter pro Quadratmeter) zusammengekommen. Aber auch im Siegerland, im Bergischen Land oder in der Pfalz hat es ordentlich geschüttet – und das zumeist begleitet von einer beeindruckenden Blitzrate.

In der rechten Grafik sind die Blitze von gestern Abend 20:00 MESZ bis heute Morgen 08:00 MESZ zu sehen. Entsprechend ihres zeitlichen Auftretens sind diese eingefärbt (grün: Blitze zu Beginn des Zeitraumes, rot: Blitze zum Ende des Zeitraumes). Innerhalb des dargestellten Ausschnitts und 12-stündigen Zeitfensters wurden insgesamt 67.265 Blitze registriert. Davon dürften – auf Basis der Grafik grob geschätzt – etwa 30.000 über Deutschland gelegen haben.

Und in den kommenden Tagen geht es verbreitet gewittrig weiter. Vor allem in der Nacht zum morgigen Donnerstag kommen aus Südwesten neue und teils kräftige Gewitter hereingezogen. Zwar besteht dann lokal wieder die Gefahr von Überflutungen, aber im Grundsatz ist der Regen ja willkommen.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.09.2022
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DWD Der Herbst ist da 1

 

Taifun HINNAMNOR

Bereits Ende August formierte sich in der östlichen Philippinensee ein tropisches Tief, das unter Intensivierung zunächst nord- später jedoch westwärts zog. Rasch erreichte das Tief Taifun-Status und bekam schließlich am frühen Abend des 30. Augusts den Stempel Supertaifun – HINNAMNOR ist somit der erste der Saison 2022. In der darauffolgenden Nacht erreichte er mit einem berechneten Kerndruck von 920 hPa und einer Windgeschwindigkeit von 260 km/h Kategorie 5 auf der Saffir-Simpson-Hurrikan-Windskala.

Auf dem weiteren Weg westwärts schwankte die Stärke des Taifuns zwischen 4 und 5 auf der Hurrikanskala. Als er schließlich am 1. September (Donnerstag vergangene Woche) in philippinisches Hoheitsgebiet eindrang, wurde er von den dortigen Behörden in HENRY umbenannt. Vor den Philippinen lag zu der Zeit ein weiteres tropisches Tief (GARDO), welches die Verlagerung HINNAMNORs bremste und für eine deutliche Abschwächung des Taifuns sorgte. Nach und nach wurde das Tief vom Taifun aufgenommen, zeitgleich ergoss sich vor allem über den Norden der Philippinen heftiger Regen, der für Überschwemmungen und Erdrutsche sorgte. Die zum Taifun gehörigen Orkanböen sorgten an den Küsten für Wellen bis zu 5 Meter Höhe.

Am späten Freitagabend (mitteleuropäischer Zeit) machte sich HINNAMNOR, mittlerweile abgeschwächt zu einem Taifun der Kategorie 1, auf den Weg nordwärts in Richtung Ryukyu Inseln. In der Ostchinesischen See konnte er sich wieder etwas verstärken und erlangte erneut Kategorie 2 und am Sonntag (04. September) vorübergehend sogar wieder Kategorie 3 auf der Saffir-Simpson-Skala. Am Montagabend erreichte der Taifun (mit Kategorie 2) Südkorea auf Höhe der Stadt Geoje. Er brachte in der Stadt Muan Windböen bis zu 110 km/h. In Pohang, im Südosten des Landes, fielen in 6 Stunden 108 Liter Regen pro Quadratmeter. Aus etlichen Regionen wurden Überschwemmungen, meterhohe Wellen und Erdrutsche gemeldet.

Kurz nachdem der Taifun auf Südkorea getroffen ist, wurde er vom joint typhoon warning center (jtwc) zu einem extratropischen Tief herabgestuft. Er ist nun unter der Beobachtung der JMA (Japan meteorological agency), die ihn weiter als schweren tropischen Sturm führt. Aktuell weist er noch einen Kerndruck von 975 hPa auf und hat Windböen von etwa 160 km/h im Gepäck. HINNAMNOR bewegt sich laut japanischem Wetterdienst mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 km/h nach Nord-Nordost über das Japanische Meer in Richtung Ostrussland.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 06.09.2022

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DWD Taifun HINNAMNOR

Gordon Bennett Cup 2022

Der Gordon Bennett Cup oder „Coupe Aéronautique Gordon Bennett“, ist die älteste Luftsportveranstaltung der Welt und wurde von James Gordon Bennett Jr. ins Leben gerufen. Er war Zeitungsverleger des „New York Herald“, aber vor allem auch Abenteurer und sorgte mit privat finanzierten Expeditionen selbst für seine Schlagzeilen. So initiierte er einen Wettbewerb für Gasballone dessen erster Wettkampf 1906 vom Jardin des Tuileries in Paris aus startete. Die Regeln des Wettkampfes sind einfach. Es kommt nicht auf die Geschwindigkeit an, es gibt auch kein eindeutiges Ziel. Gewonnen hat die Mannschaft mit größtmöglicher Distanz (Luftlinie) zwischen Startplatz und Landung, egal wie lange sie dafür brauchen.

Es gibt zwei verschiedene Arten von Ballonen – Heißluftballone und Gasballone. Warum ein Ballon überhaupt steigt, schwebt und wieder sinkt liegt am archimedischen Prinzip. Dabei spielt die mittlere Dichte des gesamten Konstrukts (Ballonhülle, Luft/Gas in der Ballonhülle, Korb, Besatzung) die entscheidende Rolle. Bei Heißluftballonen sorgt die Erwärmung der Luft innerhalb der Ballonhülle für eine geringere Dichte, sodass der Ballon einen Auftrieb erfährt. Kühlt sich die Luft im Ballon ab, sinkt er wieder zu Boden. Der Pilot kann also mit der Erwärmung der Luft den Auftrieb kontrollieren. Gasballone hingegen haben eine geschlossene Ballonhülle, die mit Wasserstoff gefüllt wird. Wasserstoff hat eine geringere Dichte als das Luftgemisch der Troposphäre und steigt somit auf. Damit hier der Pilot das Aufsteigen und Absinken kontrollieren kann, lässt er entweder Gas ab zum Sinken oder er wirft Ballast ab (in der Regel Sand) um das Eigengewicht zu reduzieren und damit zu steigen.

Im Gegensatz zu anderen Luftfahrzeugen kann ein Ballonfahrer also nur die vertikale Bewegung steuern und nicht direkt in der Horizontalen manövrieren. Der Ballon fährt immer mit dem Wind, er fliegt also nicht (er hat ja auch keine Flügel). Daher ist es für die Piloten enorm wichtig, sich ständig über die aktuellen Wind- und Wetterverhältnisse zu informieren. Da bei dem Rennen jeder mehr oder weniger mit demselben Equipment fährt (jeder Ballon darf nur maximal ein Volumen von 1000 Kubikmeter haben), spielt das Geschick des Piloten und die Beratung des Meteorologen die entscheidende Rolle. Jedes Team hat dabei seinen eigenen „Wetterfrosch“ in seinem Unterstützungsteam.

„Bereits im Vorfeld des Rennens werden mehrere Vorwärtstrajektorien gerechnet um die optimale Route herauszufinden. Dabei spielt vor allem auch die Modellkonsistenz eine Rolle, da der Wettkampf ja über mehrere Tage gehen kann.“, sagt Diplom Meteorologin Heidi Schmid, die mit ihrer jahrelangen Erfahrung in der meteorologischen Ausbildung und auch selbst als Ballonpilotin das österreichische Team AUT-1 berät. Die Wetterberatung erfordert einiges an meteorologischem Wissen, geographischen Kenntnissen und auch Fachwissen über das Luftgerät. Der mitgenommene Ballast ist dabei der limitierende Faktor. Wenn der Ballast ausgeht, ist die Fahrt zu Ende. Es gilt also nicht nur die Route mit den stärksten Windgeschwindigkeiten zu finden, sondern auch die ballast-sparsamste. So erfordert zum Beispiel ein nächtliches Aufsteigen mehr Ballastabwurf als ein Aufsteigen in den Frühstunden. Wenn die ersten Sonnenstrahlen die Ballonhülle erreichen, erwärmt sich das Gas und die Dichte wird geringer. Das heißt der Ballon erfährt automatisch Auftrieb. Auch ein „Schwimmen“ auf einer Inversion kann da von Vorteil sein, denn eine Inversion bedeutet auch immer ein Dichtesprung in der Atmosphäre. All diese taktischen Überlegungen machen den Wettbewerb für Piloten und Meteorologen so spannend.

Dieses Jahr starteten 17 Teams aus acht verschiedenen Nationen. Der Startplatz lag im schweizerischen St Gallen. Die Wetterbedingungen am Start waren nicht ganz einfach. Eine Tiefdruckrinne entwickelte sich von den Britischen Inseln nach Südfrankreich. Am Nachmittag sollte diese Schauer- und Gewitterträchtige Zone auch die Schweiz erreichen. Zum Glück konnte der geplante Starttermin noch vor der Schauer- und Gewitterlinie planmäßig um 16 Uhr stattfinden. Zunächst war das Teilnehmerfeld noch dicht beieinander und fuhr mit der Höhenströmung ostnordostwärts über den südlichen Bodensee in Richtung Allgäu. Doch schon bald gab es den ersten Ausreißer. Das Team von AUT-1 stieg in größere Höhen auf, in diesem Level herrscht ein stärkerer Wind vor, der zudem den Ballon auf eine südlichere Zugbahn brachte als den Rest des Feldes. Am Abend ging es in einer Höhe von über 3500 Metern auf der Führungsposition über die Zugspitze. Die Strategie dahinter: Möglichst schnell, möglichst viel Strecke zu machen um eine lange Fahrt über mehrere Tage zu vermeiden.

Das Leben in einem Ballon ist nämlich nicht gerade luxuriös. Essen, Trinken, warme Kleidung, Sauerstoffflaschen (wenn man in größeren Höhen unterwegs ist), sowie Funkgeräte mit genügend Stromkapazität muss alles mit in den Korb. Eine Zwischenlandung ist nicht erlaubt. Es gibt ein kleines Türchen im Korb das sich öffnen lässt, damit man beim Schlafen die Füße raushängen kann. Das klingt alles andere als gemütlich. Einige Teams sind aber hartgesotten. Für sie zählt nur der Sieg. Dafür braucht man bei der aktuellen Wetterlage eine andere Strategie. Am Rande eines schwachen Höhenrückens, der sich vom Mittelmeer nach Osteuropa erstreckte, fuhren sie weiter in südöstliche Richtungen über Österreich hinweg in Richtung Serbien.

Am Sonntag wurde es dann zunehmend schwierig mit dem Weiterkommen. Über Serbien, Rumänien bzw. Bulgarien waren kaum Luftdruckgegensätze auszumachen, sodass vor allem in der unteren Atmosphäre nur geringe Windgeschwindigkeiten vorherrschten. Die Strategie hier heißt dann „Abwarten und Tee trinken“ oder was man halt so im Korb noch hat. Denn für Montag war eine Wetterumstellung in Aussicht. Der Rücken sollte sich verstärken und somit die Windgeschwindigkeiten wieder zunehmen. Bei gleichzeitiger Winddrehung auf Süd, wäre eine Landung auf Kreta möglich gewesen. Doch in der Nacht zum Montag ist die Entscheidung anders ausgefallen. Die Gefahr von Gewittern auf dem Weg nach Griechenland war zu hoch. Am heutigen Montag sind die letzten Ballone zu Boden gegangen. Das Sieger-Team GER-3 mit den Piloten Wilhelm und Benjamin Eimers kommt aus Deutschland und landete in den Frühstunden in Bulgarien 1572 km vom Startplatz in St Gallen entfernt. Damit wird der Gordon Bennett Cup 2024 von Deutschland (2023 nochmals in der Schweiz) aus starten, was bestimmt viele Ballonsport-Fans und Flugmeteorologen freuen wird.

MSc Sonja Stöckle

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 05.09.2022

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DWD Gordon Bennett Cup 2022

Regen in der kommenden Woche

In der kommenden Woche steht bei den verschiedenen Wettervorhersagemodellen einiges an Regen auf der Agenda. In den Regionen, in denen es in den vergangenen Wochen geregnet hat, wird darauf wahrscheinlich nicht sehnsüchtig gewartet. Aber es gibt auch noch „Ecken“ in Deutschland, beispielsweise das östliche Rhein-Main-Gebiet oder Teile des Niederrheins, in denen weiterhin seit Wochen auf Regen gewartet wird.

Die großräumige, sozusagen synoptische „Geschichte“ des Wetters bis zum kommenden Freitag ist dabei recht leicht erzählt – und sie unterscheidet sich von Vorhersagemodell zu Vorhersagemodell kaum. Es ist die Geschichte von Tief PEGGY (über dem Ostatlantik) und Hoch QUINTIN (über Skandinavien und dem Nordmeer). Beide rangeln um Macht und Einfluss auf das Wetter, wobei sich PEGGY mehr und mehr durchsetzen kann. Das bedeutet am Montag noch allgemein viel Sonne. Am Dienstag kommt es in der von PEGGY in den Westen und Süden transportierten feucht-warmen Luft schon verbreitet zu Schauern und Gewittern. Und ab Mittwoch, wenn PEGGYs Frontensystem uns von West nach Ost überquert, kann es in ganz Deutschland – auch kräftige – Schauer und Gewitter geben.

Soweit – so (relativ) einfach. Das Problem dabei ist aber die regionale Verteilung der Schauer und Gewitter. Und an dieser Stelle zeigt jedes Vorhersagemodell seine ganz eigenen Vorstellungen. Das ist auch deutlich in der beigefügten Grafik zu erkennen . Sie zeigt die akkumulierten Regenmengen bis in die Nacht zum kommenden Samstag, auf der linken Seite vom Vorhersagemodell IFS des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMWF), auf der rechten Seite vom DWD-Modell ICON.

Einig ist man sich darin, dass es verbreitet regnen soll. Im Detail zeigen sich dann aber deutliche Unterschiede. Während IFS z. B. für Karlsruhe und das angrenzende Nordbaden nur 5 bis 10 mm (Liter pro Quadratmeter) vorhersagt, würde sich laut ICON dort über 40 mm aufsummieren. Anders verhält es sich rund um die Mecklenburgische Seenplatte. Im Gegensatz zum dort mit lediglich 5 bis 10 mm sehr verhalten auftretenden ICON geht IFS in die Vollen: Satte 40, lokal sogar über 60 mm werden von den europäischen Kollegen an Niederschlag avisiert.

Das Problem ist, dass es bei der Niederschlagsprognose von Schauern und Gewittern nicht nur auf die großräumigen Zirkulationsmuster, sondern auch auf viele kleinräumige Faktoren ankommt. Dies sind z.B. die Windstärke- und Richtung in verschiedenen Höhen, die horizontale und vertikale Feuchteverteilung, die Einstrahlung, die Temperatur und die Temperaturschichtung – um nur einige wenige zu nennen. Wesentlich ist, dass Unterschiede im Detail teils große Auswirkungen auf die räumliche Verteilung und Intensität der Niederschläge haben können.

Bezüglich der zu erwartenden Intensität der Niederschläge liegt ein weiteres Problem im Charakter der hier beispielhaft betrachteten Vorhersagemodelle. Als typische Vertreter der Kategorie „Globalmodell“ (also als Modell mit globaler Vorhersage) ist die räumliche Auflösung der Modellphysik gröber als bei hochauflösenden (und damit zumeist räumlich limitierten) Vorhersagemodellen. Das bedeutet aber auch, dass Niederschlagsspitzen etwas „verwaschen“ werden. Mit anderen Worten: Punktuell können über den betrachteten (und ja auch recht langen) Zeitraum durchaus mehr als die von IFS simulierten knapp 80 mm an der Südspitze des Kummerower Sees in Mecklenburg-Vorpommern fallen.

Leider bedeutet das gesagte letztendlich, dass es für genaue Aussagen über die zu erwartenden Niederschlagsmengen noch zu früh ist. Das ist einerseits unbefriedigend – bietet aber Hoffnung für alle, die mit der Vorhersage für ihre Region aktuell (noch) unzufrieden sind.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 04.09.2022

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DWD Regen in der kommenden Woche