Die Dienste in der Vorhersage- und Beratungszentrale – Teil 2

Mediendienst:

Der Medienmeteorologe tritt ebenfalls am Morgen seinen Dienst an und ist dann bis in die Mittagsstunden einem relativ straffen Programm ausgesetzt. Zuerst muss der Wetterbericht fürs Deutschlandradio überarbeitet werden. Im Anschluss folgt der allgemeine Wetterbericht für Deutschland und ein erstes Posting auf den Plattformen der sozialen Medien. Am besten mit einem schön gestalteten und aussagekräftigen Bild garniert. Im weiteren Verlauf wird der Pressetext verfasst, der an verschiedene Medienanstalten verschickt wird. Dabei geht es darum, das Wetter möglichst anschaulich für die Bevölkerung zu beschreiben. Danach folgt die Kernaufgabe des Mediendienstes, nämlich die Erstellung eines Wetterclips beziehungsweise eines Unwetter- oder Hitzeclips. Diese Clips werden bei entsprechenden Lagen auf YouTube und auf der Homepage hochgeladen. Dafür wird mit einer Software ein Wetterfilm erzeugt, der dann im betriebseigenen TV-Studio vorgetragen und aufgenommen wird. Am Mittag und Nachmittag wird dann der Deutschlandwetterbericht fortlaufend aktualisiert und ein Thema des Tages verfasst. Außerdem gibt es bei Unwetterlagen einen extra Bericht für Medienanstalten. Des Weiteren müssen weitere Postings erzeugt werden, Kundenmails beantwortet werden. Ebenso kann den ganzen Tag über das Telefon klingeln, weil beispielsweise ein Radiosender ein Interview will oder eine Zeitung Informationen für einen Artikel braucht. Gelegentlich kommt auch ein Fernsehteam vorbei, um Aufnahmen zu machen. Der Mediendienst ist also sehr vielfältig und man hat viel Kontakt mit den Kunden.

Warnproduktion:

Dieser Dienst ist äußerst facettenreich und man befasst sich mit sehr vielen unterschiedlichen Bereichen. Am frühen Morgen steht ein hydrologischer Bericht für ganz Deutschland und im Speziellen nochmals für das Rheineinzugsgebiet an. Danach erstellt man im Bedarfsfall Grafiken für das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum für Bund und Länder (GMLZ) und die Deutsche Bahn (DB). Interessant für diese Kundengruppen sind vor allem großräumig zu erwartende Unwetterereignisse mit gewissem Schadenspotenzial. Daran anschließend nimmt der Meteorologe dann das weltweite Wetter in Betracht und dafür nutzt er zum Beispiel auch den Extreme Weather Index (EWI). Dieser Index dient zur Abschätzung von außergewöhnlichen Wetterereignissen weltweit und wird dazu genutzt, frühzeitig Unwetterereignisse zu erfassen. Diese Erkenntnisse werden dann entweder mündlich oder in Form eines Berichtes an das GMLZ weitergeleitet, damit dort beispielsweise Hilfsaktionen koordiniert werden können. Im Warnproduktionsdienst werden weitere deutschlandinterne oder internationale Sonderaufgaben bearbeitet. Derzeit werden beispielsweise verschiedene Berichte zum aktuellen Wetter und die Windverhältnisse für die Ukraine erstellt. Auch für die international stationierte Bundeswehr wird Zuarbeit geleistet. Der Dienst ist somit sehr anspruchsvoll, da man sich in viele unterschiedliche Themenbereiche einarbeiten muss und in großem Umfang Geografiekenntnisse erfordert.

Evaluierungsdienst:

In diesem Dienst sollen Produkte auf Herz und Nieren geprüft und mögliche Fehler beziehungsweise Verbesserungsvorschläge dokumentiert werden. Das können Untersuchungen zu neu entwickelten Radarprodukten, neuen Modellfeldern oder Weiterentwicklung von bestehenden Produkten sein. Des Weiteren dient dieser Dienst der Unterstützung des Guidancemeteorologen oder des Supervisors vor allem bei komplexen Warnlagen. Außerdem übernimmt der Meteorologe bei Ausfall der Außenstellen deren Arbeit, wie beispielsweise die Erstellung von Wetter- und Warnlageberichten sowie von akuten Warnungen. Gerne genutzt wird dieser Dienst auch, um Onlinefortbildungen wahrzunehmen und zur Bearbeitung von liegen gebliebenen E-Mails.

Analysedienst:

Man könnte diesen Dienst mit „Malen nach Zahlen“ titulieren, denn schließlich geht es hier um die Erstellung von Analysekarten in unterschiedlichen Formaten. Dazu werden klassischerweise Fronten und Isobaren sowie die Lage von Hoch- und Tiefdruckgebieten in Wetterkarten eingezeichnet. Zusätzlich erstellt der Meteorologe Prognosekarten für zu erwartende Druckfelder und die Lage von Fronten innerhalb der nächsten 48 Stunden. Evaluierungsaufgaben zu Wetterkarten führt der Meteorologe im Analysedienst ebenfalls aus. Dies ist der längste Dienst in der VBZ und erstreckt sich von morgens bis abends über fast 11 Stunden, daher erfordert er ein großes Maß an Konzentration und Ausdauer.

Nachtdienste:

Neben dem Supervisorennachtdienst gibt es noch zwei Nachtdienste, die nachts die Aufgaben der Außenstellen von Essen, Leipzig und Potsdam übernehmen. Neben der Erstellung der Guidance sind sie dann für akute Warnungen im Zuständigkeitsbereich der Außenstellen, für die Erstellung von Warnlage- und Wetterberichten, für die telefonische Beratung und für eine Reihe von Sonderaufgaben verantwortlich.

Dies war nun ein Überblick über die verschiedenen Dienste in der VBZ. Nicht weiter aufgeführt wurden eine Reihe von Sonderaufgaben, wie beispielsweise die Erstellung von Ausbreitungsrechnungen im Bedarfsfall und die Übernahme von Projektarbeiten, die einen immer größeren Raum im Dienstplan einnehmen. Die Arbeit in der VBZ ist also sehr spannend, anspruchsvoll und nicht langweilig, da man sich immer wieder mit neuen Aufgaben befassen und sich in neue Themengebiete einarbeiten muss.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 05.07.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Staubteufel – eine unterschätzte Gefahr?

Am gestrigen Sonntagnachmittag (03.07.2022) kam es bei einem Fußballturnier in Gondershausen im Rhein-Hunsrück-Kreis zu einem tragischen, wetterbedingten Unglück. Eine Hüpfburg wurde von Windböen erfasst und in die Luft gewirbelt, die Kinder darin stürzten aus etwa fünf Metern in die Tiefe und verletzten sich teilweise schwer. Die meteorologischen Rahmenbedingungen lassen einen sog. „Staubteufel“ vermuten, der für das Unglück verantwortlich gewesen sein könnte.

Unter Staubteufeln verstehen wir sogenannte „Kleintromben“, das sind kleinräumige, schnell rotierende Luftwirbel geringer vertikaler Mächtigkeit. Sie ragen vom Erdboden bis in eine Höhe von einigen Dutzend, im Extremfall von wenigen Hundert Metern und sind allenfalls wenige Meter breit. Innerhalb des Wirbels werden Windgeschwindigkeiten meist zwischen 50 und 100 km/h erreicht. Nur sehr selten erreichen die Böen Geschwindigkeiten in Orkanstärke. Gängig sind auch Bezeichnungen wie „Feuerteufel“, Schneeteufel“ oder auch „Heuteufel“, je nach dem, über welchem Untergrund sie entstehen und welches Material sie aufwirbeln.

Kleintromben wie Staubteufel bilden sich meist an sonnigen Sommertagen, wenn sich die bodennahe Luft stark aufheizen kann. Dann lösen sich immer wieder Blasen heißer Luft vom Erdboden, die rasch aufsteigen. Für uns sichtbar wird dieser als „Thermik“ bezeichnete Vorgang beispielsweise durch die Bildung von kleinen Quellwolken, die den Bereich aufsteigender, sich abkühlender und folglich kondensierender Luft markiert. Wenn nun die Luft am Boden bereits eine Verwirbelung aufweist, zum Beispiel hervorgerufen durch bestimmte Objekte wie Häuser, Bäume etc., transportiert die aufsteigende Luftblase diese Rotation in die Höhe. Je heißer die Luft in der Blase, desto schneller steigt sie nach oben und desto stärker wird sie dabei gestreckt. Durch die Streckung erhöht sich die Rotationsgeschwindigkeit und damit auch die Windgeschwindigkeit nach dem Gesetz der Drehimpulserhaltung. Es verhält sich dabei wie mit einer Person, die sich auf einem Drehstuhl befindet und die Arme anzieht. Auch dabei erhöht sich die Drehung bzw. Rotation.

Das tückische an Kleintromben ist, dass sie an ruhigen Sommertagen entstehen, an denen eigentlich nicht mit stärkerem Wind oder anderen Wettergefahren gerechnet wird. So können auch Wind- oder Sturmböen genügen, um größere, unzureichend gesicherte Gegenstände in die Luft zu wirbeln. Zudem treten die Kleintromben sehr plötzlich auf und kündigen sich nicht immer durch aufgewirbeltes Material an. Wenigstens ist deren Lebensdauer kurz, mit in der Regel einigen Sekunden bis wenigen Minuten.

Nicht selten herrscht bei der Benennung verschiedenster „Wirbelwinde“ Verwirrung. So werden Staubteufel beispielsweise auch mal als Windhose bezeichnet. Windhosen gehören aber zur Gattung der Großtromben oder auch Tornados. Im Gegensatz zu Kleintromben stehen Großtromben immer in unmittelbarer Verbindung zu konvektiver Bewölkung, also Schauer- oder Gewitterwolken. Die vertikale Mächtigkeit ist also ungleich größer und reicht vom Erdboden bis zur Wolke in unter Umständen wenigen Kilometern Höhe. Die Rotationsgeschwindigkeit und die damit in Verbindung stehenden Windgeschwindigkeiten können weitaus größer ausfallen, was Großtromben zu viel gefährlicheren Phänomenen macht. Auch Wasserhosen gehören dieser Gattung an, während die tropischen Wirbelstürme wie Hurrikane oder Taifune wieder ein ganz anderes meteorologisches Phänomen darstellen.

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 04.07.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Staubteufel eine unterschaetzte Gefahr

Die Dienste in der Vorhersage- und Beratungszentrale – Teil 1

Häufig werden wir gefragt „Was macht ihr Meteorologen eigentlich den ganzen Tag? Schaut ihr in den Himmel, streckt den Finger in die Luft und macht dann daraus eine Wettervorhersage“? Ja, wenn es denn so einfach wäre und dazu noch so viel an der frischen Luft, dann wäre das wirklich schön. Doch die Realität schaut ganz anders aus. 90 Prozent der Arbeit erfolgt nämlich vor dem Bildschirm und die restlichen 10 Prozent decken Wege zur Kaffeemaschine, zum Drucker und das Mittagessen sowie der Austausch mit Kollegen ab.

Es gibt 12 Dienste im Schichtdienst des höheren Dienstes der VBZ, die sich teilweise in der Aufgabenstellung unterscheiden, teils aber auch nur die unterschiedlichen Schichtzeiten berücksichtigen. Um sechs Uhr morgens beginnen dabei 4 Dienste. Dann folgen bis zum Mittag 3 weitere Dienste, bevor um 13 Uhr die 2 Spätdienste beginnen und um 20 Uhr die Übergabe an die drei Nachtdienste erfolgt. Damit ist die Zentrale rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr besetzt, denn logischerweise macht das Wetter an Feiertagen, Sonntagen oder an Weihnachten keine Pause. Einige der Dienste können mittlerweile im Homeoffice erledigt werden, aber längst nicht alle. Wir Meteorologen arbeiten dabei im Wechselschichtdienst, das heißt wir haben täglich wechselnde Schichten, was die Arbeit spannend und abwechslungsreich gestaltet, aber natürlich auch Probleme in Bezug auf den Biorhythmus mit sich bringt. Nun zu den Diensten im Detail.

Supervisor: Dieser Dienst ist rund um die Uhr besetzt. Der Supervisor hat quasi den Hut auf und ist der Koordinator für sämtliche anfallende Dienste sowie der erste Ansprechpartner für Anfragen von hoher Priorität. Seine Hauptaufgaben sind die Erstellung einer synoptischen Übersicht Kurzfrist, das Katastrophenmanagement, die Vertretung des Präsidenten am Wochenende und nachts, die Erstellung des nationalen Warnlageberichts, Leitung der Telefonkonferenzen mit den Außenstellen, Halten der Wetterbesprechung, Neubesetzen von Diensten beispielsweise durch Krankheitsfälle, Monitoring des Wettergeschehens, Verfassen von Sofortwetterberichten, Korrektur und Abnahme von erstellten Produkten und vieles mehr. Das Aufgabenspektrum ist also sehr umfangreich und erfordert eine Menge Erfahrung. Diesen Dienst kann daher nur ein ausgewählter Kollegenkreis innerhalb der VBZ leisten.

Mittelfristdienst: Der Mittelfristdienst startet in der Früh und geht bis in den Nachmittag. Grundlegend befasst sich der Mittelfristmeteorologe mit den Vorhersagen, die über das aktuelle Wetter, also über die Kurzfrist hinausgehen. Dazu verfasst er eine synoptische Übersicht Mittelfrist, gibt eine Einschätzung für zu erwartende markante oder auch unwetterartige Wetterereignisse in der Mittelfrist, schreibt eine 10-Tageswettervorhersage für Deutschland, verfasst eine hydrologische Mittelfristvorhersage und erstellt Prognosekarten für zu erwartende Druckfelder und Lage von Fronten innerhalb der nächsten 108 Stunden.

Guidance-Dienst:

Auch der Guidance-Dienst beginnt am frühen Morgen seinen Dienst, bevor zum Mittag der Spätdienst übernimmt und nachts dann der Nachtdienst. Somit ist dieser Dienst rund um die Uhr besetzt. Er ist grundlegend für die deutschlandweite Wetterüberwachung zuständig und die Koordination des Warnmanagements in Absprache mit den Außendiensten. Dabei erstellt er mit einem Zeichenprogramm fortlaufend sogenannte Guidancepolygone für warnrelevante Wetterereignisse, die den Außenstellen als Richtlinie für akute Warnungen dienen sollen. Am Morgen wird außerdem in tabellarischer Form eine Übersicht über die zu erwartenden Wetterereignisse in ganz Deutschland erstellt. Diese Übersicht dient als Diskussionsgrundlage für die morgendliche Frühkonferenz. Die Vorabinformationen werden ebenfalls vom Guidancemeteorologen angefertigt und Windwarnungen für große Teile des Landes gibt er ebenfalls heraus. Selten, aber von sehr großer Bedeutung ist die Bedienung von MoWas (Modulares Warnsystem), denn damit wird vor extremen oder sehr schadensträchtigen Wetterereignissen gewarnt, wie es beispielsweise beim Ahrtalhochwasser der Fall war. Zudem füllt der Guidancemeteorologe täglich ein Formular aus, das zur Archivierung von Wetterlagen dient. Gelegentlich erfolgen auch telefonische Beratungen sowohl für Feuerwehr und Polizei als auch für Privatpersonen. Insgesamt ist dieser Dienst sehr eng mit dem Supervisor verknüpft und quasi seine rechte Hand bei Warnlagen.

In einem weiteren Thema des Tages werden Ihnen dann noch die restlichen Dienste vorgestellt.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 03.07.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Deutschlandwetter im Juni 2022

Erste Auswertungen der Ergebnisse der rund 2000 Messstationen des DWD in Deutschland.

Besonders warme Orte im Juni 2022*

1. Platz: Waghäusel-Kirrlach (Baden-Württemberg) – 21,5 °C – Abweichung +3,7 Grad

2. Platz: Ohlsbach (Baden-Württemberg) – 21,0 °C – Abweichung +4,6 Grad

3. Platz: Frankfurt am Main-Westend (Hessen) – 21,0 °C – Abweichung +3,4 Grad

Besonders kalte Orte im Juni 2022*

1. Platz: Schleswig-Jagel (Schleswig-Holstein) – 14,0 °C – Abweichung -0,8 Grad

2. Platz: Kahler Asten (Nordrhein-Westfalen) – 14,5 °C – Abweichung +3,4 Grad

3. Platz: List auf Sylt (Schleswig-Holstein) – 15,3 °C – Abweichung +1,1 Grad

Besonders niederschlagsreiche Orte im Juni 2022**

1. Platz: Oberstdorf (Bayern) – 253,1 l/m² – 122 Prozent

2. Platz: Aschau-Stein (Bayern) – 231,8 l/m² – 85 Prozent

3. Platz: Garmisch-Partenkirchen (Bayern) – 216,6 l/m² – 124 Prozent

Besonders trockene Orte im Juni 2022**

1. Platz: Hannover, Kleingartenv. Farrelheide (Niedersachsen) – 5,1 l/m² – 7 Prozent

2. Platz: Waltershausen (Thüringen) – 5,3 l/m² – 7 Prozent

3. Platz: Wismar (Mecklenburg – Vorpommern) – 5,6 l/m² – 10 Prozent

Besonders sonnenscheinreiche Orte im Juni 2022**

1. Platz: Leipzig-Schkeuditz (Sachsen) – 319 Stunden – 160 Prozent

2. Platz: Frankfurt am Main (Hessen) – 314 Stunden – 150 Prozent

3. Platz: Bad Kissingen (Bayern) – 313 Stunden – 156 Prozent

Besonders sonnenscheinarme Orte im Juni 2022**

1. Platz: Garmisch-Partenkirchen (Bayern) – 221 Stunden – 129 Prozent

2. Platz: Oberstdorf (Bayern) – 224 Stunden – 132 Prozent

3. Platz: List auf Sylt (Schleswig-Holstein) – 227 Stunden – 92 Prozent

Oberhalb 920 m NHN sind Bergstationen hierbei nicht berücksichtigt.

* Monatsmittel sowie deren Abweichung vom vieljährigen Durchschnitt (int. Referenzperiode 1961-1990).

** Prozentangaben bezeichnen das Verhältnis des gemessenen Monatswertes zum vieljährigen Monatsmittelwert der jeweiligen Station (int. Referenzperiode, normal = 100 Prozent)

Meteorologe Denny Karran

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 02.07.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Alarmierende Gletscherschmelze in den Alpen

Allein die Webcams aus den Gletscherregionen der Zentralalpen zeigen bereits eindrucksvoll das massive Schmelzen der für die Gletscher so wichtigen schützenden Schneeschicht. Beispielhaft sei hier der Vergleich vom Kleinfleißkees zwischen diesem und letztem Jahr (Abbildung 1 und 2; mit freundlicher Unterstützung von www.foto-webcam.eu) gewählt. Auf dem Gipfel des 3106 m Sonnblicks (oben rechts in den Abbildungen 1 und 2) betreibt die Zentralanstalt für Meteorologie und Geophysik (ZAMG) am Alpenhauptkamm ein Observatorium. Besonders eindrücklich wird es zudem, wenn man sich dazu noch die nackten Zahlen vor Augen führt. Am Observatorium am Sonnblick beträgt die Schneehöhe aktuell nur noch 26 cm, ein Negativrekord für diese Jahreszeit. Hält der Trend an, dann ist der Sonnblick in wenigen Tagen praktisch schneefrei. Auf der Zugspitze gibt es seit fast zwei Wochen keine geschlossene Schneedecke mehr, nur noch Schneeflecken. Das wird auch beim Blick auf den Schneeferner unterhalb des Gipfels sichtbar (Abbildung 3). Ähnlich früh lag zuletzt 1960 so wenig Schnee. Die tiefer gelegenen Gletscherregionen sind daher oft schon aper, sprich das blanke Eis ist zu sehen. Zum Teil liegt das Eis soweit frei, wie es normalerweise erst im August der Fall ist. Und jenes Eis schmilzt nun seit einigen Wochen besonders rasant. Selbst in den höchsten Lagen schützt nur noch wenig Schnee das Gletschereis. Normalerweise würden in den Lagen oberhalb von 3000 m um diese Jahreszeit noch rund 2 bis 3 m Schnee liegen. Welche Faktoren sind für die außerordentlich dramatische Lage der Gletscher in den Alpen verantwortlich? Da wäre zum einen der Winterniederschlag. Das Winterhalbjahr war in den inneralpinen Regionen, wo die meisten Gletscherregionen liegen, aber insbesondere auch südlich des Alpenhauptkamms besonders schneearm. Lediglich in einigen Staulagen der Nordalpen brachte vor allem der Februar etwas überdurchschnittlich Niederschlag. Allerdings profitierten von den Neuschneemengen nur die Hochlagen, da der Winter erneut überdurchschnittlich mild ausfiel. Im Frühjahr setzte sich dann die schneearme Lage fort.

Des Weiteren gab es vor allem Mitte März mehrere teils intensive Saharastaubereignisse. Der Staub setzte sich auf dem Schnee ab und machte ihn besonders schmutzig. Zwar wurde dieser zwischenzeitlich mal von Neuschnee überlagert aber spätestens ab Mai war der Staub wieder an der Oberfläche. Der dunkle Staub verringerte dabei das Reflexionsvermögen (Albedo) des Schnees und erhöht im Gegenzug die Absorption der Sonnenenergie. Dadurch wurde der Schmelzprozess enorm beschleunigt.

Während in den letzten drei Jahren der Mai relativ kühl ausfiel, war jener in diesem Jahr deutlich zu warm. Vor allem in den westlichen Regionen war es sogar teilweise der wärmste Mai der Messgeschichte. Streckenweise verlief der Mai schon hochsommerlich, sodass es dem Schnee in Kombination mit dem vorhandenen Saharastaub sehr früh und besonders stark an den Kragen ging. Und auch der nun zurückliegende Juni fiel besonders warm, ja teils sogar sehr heiß, aus. Neben viel Sonne waren aber auch häufig heftige Gewitter unterwegs. Für die Gletscherregion war das freilich nicht gut verträglich, wie die oben genannten Schneehöhen beweisen. Die Nullgradgrenze lag oft in 4000 Meter oder teils darüber und auch in den Nächten reicht es auf den Gletschern nur selten für leichten Frost.

In den nun anstehenden Sommermonaten Juli und August wären für die Gletscher kühlere Phasen mit halbwegs regelmäßigem Neuschnee notwendig. Der Neuschnee würde die dunkleren Eisflächen mit dem teils darauf lagernden Staub oder Geröll überdecken und so die Albedo im Bereich der Gletscherregionen deutlich erhöhen. Allerdings sieht es in den Kurz- sowie in den Mittelfristprognosen derzeit nicht nach einem markanten Kaltlufteinbruch mit Sommerschnee aus. Generell ist die Wahrscheinlichkeit für solche wichtigen Schneefallereignisse im Sommer mit dem wärmer werdenden Klima zurückgegangen.

Mit den genannten Vorbedingungen droht den Gletschern in diesem Jahr somit ein besonders großer, wenn nicht gar historischer, Aderlass und Flächenverlust. Ohne die schützende Schneedecke kostet den Gletschern jeder heiße und sonnige Tag rund zehn Zentimeter Eis. Bis Ende September dauert im Schnitt die Ablationsperiode, jene Phase also in der im Massenhaushalt eines Gletschers die Ablation (also das Abschmelzen bzw. Sublimieren von Schnee und Eis) die Akkumulation überwiegt. Neben dem Flächenverlust dürfen auch die Einbußen in der Mächtigkeit der Gletscher nicht vernachlässigt werden. Zuletzt sei noch ein Blick auf einen besonders markanten Gletscher gerichtet.

Die Pasterze, der größte Gletscher Österreichs und der längste der Ostalpen, droht gar in diesem Sommer auseinanderzubrechen. In den letzten Jahren hat sich die Gletscherzunge in der Größenordnung von rund fünfzig Metern pro Jahr zurückgezogen. Die Eisdicke nahm im Mittel etwa um 5 Meter pro Jahr ab, wobei es im untersten Bereich der Gletscherzunge sogar bis rund neun Meter waren. Der untere Bereich des Gletschers ist inzwischen nur noch über einen dünnen Eisstreifen mit dem oberen Teil verbunden (rot markierte Bereich in Abbildung 4). Sollte dieser nur mehr wenig mächtige Eisstrom in diesem Sommer abschmelzen, dann wäre der untere Teil vom Eisnachschub abgetrennt. Als Folge daraus, würde die Gletscherzunge in einem Zeitraum von etwa 10 bis 20 Jahren gänzlich verschwinden. Insgesamt gehen die Glaziologen davon aus, das bis zur Mitte des Jahrhunderts die Alpen etwa 50 Prozent ihres derzeitigen Eisvolumens einbüßen könnten. Der Gletscherrückgang hätte große Auswirkungen auf die Alpen, da die Gletscher ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems, der Landschaft und der Wirtschaft der Region sind. Sie dienen als natürlicher Süßwasserspeicher für Flora und Fauna sowie für Landwirtschaft und Wasserkraft.

M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 01.07.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Alarmierende Gletscherschmelze in den Alpen

Gefühlte Temperatur

Eine der Schattenseiten der aktuellen heißen sommerlichen Witterungsperiode ist die hohe Wärmebelastung. Nicht nur, dass die Höchstwerte von über 30 °C für viele schon etwas zu viel des Guten sind, sie fühlen sich durch die derzeit hohe Luftfeuchtigkeit auch deutlich wärmer an. Denn die gefühlte Temperatur liegt aktuell bei 32 bis 38 °C. Doch wie kommt man zu einer gefühlten Temperatur?

Die gefühlte Temperatur ist die von einem Menschen wahrgenommene Temperatur, die sich aufgrund der Luftfeuchtigkeit und der Windgeschwindigkeit häufig von der realen Temperatur unterscheidet. Liegt die Hauttemperatur über der Umgebungstemperatur, so wird die wärmere, hautnahe Luft vom Wind weggeblasen. Zusätzlich wird dadurch die Verdunstungsrate, die für eine weitere Abkühlung sorgt, an der Hautoberfläche erhöht. Dadurch kühlt der Körper bei Wind deutlich schneller aus. Man nennt diesen Effekt Windchill- oder auch Windabkühlungseffekt. Die Windchill-Temperatur ist diejenige Lufttemperatur, die ohne Wind den gleichen Abkühlungseffekt hätte. Weht bei einer Temperatur von 0 °C ein mäßiger Wind um 25 km/h, so kommt einem die Temperatur wie -6 °C vor. Bei -10 °C sind es schon -19 °C.

Bei höheren Temperaturen spielt die Feuchtigkeit eine große Rolle. Von schwüle spricht man wenn Luftfeuchtigkeit und Temperatur gleich hoch sind. Durch die hohe Feuchtigkeit kann Schweiß, durch dessen Verdunstung der Körper gekühlt und der Wärmehaushalt reguliert wird, schlechter verdunsten. Deshalb empfindet man die Temperatur als höher. Das Maß für die empfundene Temperatur ist der Hitzeindex. 33 °C fühlen sich bei einer Luftfeuchtigkeit von 60 % beispielsweise wie 40 °C an.

Für die gefühlte Temperatur verwendet der DWD ein komplexes Modell, den sogenannten „Klima Michel“. Für den Durchschnittsmenschen (Michel) wird ein 35 Jahre alter, 1,75 m großer und 75 kg schwerer Mensch angenommen. Für diesen wird ein Energiebilanzmodell gerechnet, um die Temperaturempfindung in Abhängigkeit von der Lufttemperatur und Feuchtigkeit, der Windgeschwindigkeit, der Sonnenstrahlung und der Bekleidung festzustellen.

Doch wie geht es in den nächsten Tagen weiter mit den Temperaturen? Vor allem der Westen und die Mitte erleben zum morgigen Freitag einen regelrechten Temperatursturz. Mit Höchstwerten von 19 bis 24 °C ist es bis zu über 10 Grad kälter als noch heute. Zeit also, um mal wieder richtig durchzulüften. Am Wochenende bringt dann ein neues Hochdruckgebiet den Sommer zurück. Am Sonntag werden wieder teilweise 30 °C erreicht. Diese fühlen sich jedoch in der trockneren Luft deutlich angenehmer als jetzt an. Wie geht es nun nächste Woche weiter? Am Rande eines kräftigen Azorenhochs wird von Nordwesten zunehmend kühlere, aber meist trockene subpolare Luft herangeführt. In der Nordhälfte stellt sich dadurch ein etwas kühlerer Witterungsphase ein, während es im Süden sommerlich bleibt. Die schwülwarmen Tage mit Temperaturen über 30 °C und wiederholten Gewittern sind aber erst einmal vorbei.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 30.06.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

„Wo sind denn jetzt eure Gewitter???“ – Die Grenzen der Vorhersagbarkeit

„Wo sind denn jetzt eure Gewitter???“ – eine Frage, die uns Meteorologen im Vorhersagedienst so oder so ähnlich auf den unterschiedlichsten Kanälen immer wieder erreicht. Meistens ist das der Fall, nachdem eine Vorabinformation vor schweren Gewittern herausgegeben wurde. Sie dient als Hinweis darauf, dass in der betroffenen Region erhöhtes Potenzial für die Entwicklung heftiger Gewitter gegeben ist. Wo sie dann aber tatsächlich genau auftreten, weiß man schlicht nicht. Gebetsmühlenartig wird versucht, den Fragenden die „Launen der Natur“ und die Grenzen der Vorhersagbarkeit zu erklären, in der Hoffnung, dass dieselbe Frage bei der nächsten Gewitterlage zumindest nicht von denselben Personen kommt. Denn dass die Frage wieder auftauchen wird, ist unbestritten.

Das Problem an der ganzen Sache ist, dass eine Prognose, wann und wo Gewitter exakt auftreten, im Prinzip nicht möglich ist. Gewitter sind nämlich besonders in ihrer Entstehung sehr kleinräumige Wetterphänomene, die von unseren Wettermodellen nur schlecht „aufgelöst“ werden können. Das kann man ganz grob mit einem Fischernetz vergleichen: Je kleiner die Maschen des Netzes sind, desto kleinere Fische kann man fangen. Beträgt die Maschenweite zwischen zwei Knoten z.B. 50 cm, wird man Schwierigkeiten haben, einen Goldfisch zu erwischen. Ähnlich verhält es sich mit den Wettermodellen. Das hochauflösende Wettermodell des DWD (ICON-D2) hat aktuell eine Maschenweite von Knoten zu Knoten von 2,2 km. Gewitter sind aber vor allem während ihrer Entstehung deutlich kleiner (wenige Hundert Meter Durchmesser). So ist es nicht selten, dass bei Gewittern in einem Stadtteil die Keller ausgepumpt werden müssen, während es im benachbarten Stadtteil trocken bleibt.

Vielleicht fragen Sie sich jetzt: „Warum erhöht man denn nicht einfach die Auflösung der Modelle auf z.B. 100 m?“. Nun ja, einerseits würde dann aufgrund des deutlich höheren Rechenaufwands wohl sogar unser Superrechner die weiße Fahne schwenken. Andererseits gibt es noch weitere Faktoren, die die Wettervorhersage im Allgemeinen und damit auch die Gewitterprognose beeinträchtigen (Messungenauigkeiten, zu geringe globale und regionale Messdichte, notwendige Vereinfachungen in den numerischen Gleichungen eines Wettermodells, usw.).

Mit diesen Einschränkungen Gewitter auf den Punkt genau vorhersagen zu können, würde veranschaulicht gesagt bedeuten, dass man in einem Topf mit aufkochendem Wasser auf den Millimeter und die Sekunde exakt prognostizieren kann, wo und wann sich das erste Luftbläschen am Topfboden bildet und aufsteigt. Ein unmögliches Unterfangen.

Was man dagegen meist recht gut vorhersagen kann, ist zum einen die Region, in der Schauer und Gewitter auftreten können und zum anderen das Potenzial der Luftmasse und die damit einhergehenden Begleiterscheinungen wie Starkregen, Böen und Hagel.

Am heutigen Mittwoch etwa muss von den Alpen bis in die zentrale und östliche Mitte örtlich mit Gewittern gerechnet werden, die vor allem aufgrund von Starkregen lokal unwetterartig ausfallen können. Wann und wo genau uns die Wetterküche diese allerdings servieren wird, muss abgewartet werden.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 29.06.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Eingefahrene Wetterlage und das am Siebenschläfer

Teils unwetterartige Gewitter traten in den vergangenen Tagen in Deutschland immer wieder auf und finden in den kommenden Tagen ihre Fortsetzung, denn an der eingefahrenen Wetterlage ändert sich quasi – Nichts. Die zwei Hauptdarsteller REBECCA, ein Tiefdruckgebiet bei den Britischen Inseln und FRIDO, ein Hochdruckgebiet über Osteuropa, lenken aus Süden und Südwesten feuchte und labil geschichtete Mittelmeerluft nach Deutschland. Genau über Deutschland liegt dabei eine Luftmassengrenze, in deren Bereich sowie in der vorderseitigen Warmluft es ständig zu Schauern und Gewittern samt erhöhtem Unwetterpotential kommt.

Gestern entwickelten sich am Nachmittag beispielsweise über dem Nordosten des Landes im Bereich einer Tiefdruckrinne (hier strömt Luft aus unterschiedlichen Richtungen zusammen und wird zum Aufsteigen gezwungen) einzelne heftige Schauer und Gewitter. In Groß-Kiesow-Schlagtow (Mecklenburg-Vorpommern) kamen knapp 42 Liter pro Quadratmeter in nur 27 Minuten vom Himmel. Das sind mehr als vier volle Eimer Wasser! Rund um Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) gab es mehrere Funnel-Meldungen. Das sind Trichterwolken, deren Wolkenschlauch rotieren kann, aber nicht den Boden berührt.

Am Abend musste der Blick dann gen Frankreich gerichtet werden. Durch einen Kurzwellentrog (quasi ein kleines Tiefdruckgebiet in der Höhe) und zunehmende Windscherung konnten sich aus den Vogesen heraus einzelne unwetterartige Gewitter entwickeln, die auf den Südwesten des Landes übergriffen. Im weiteren Verlauf schlossen sich diese Gewitter zu einem größeren Gewittersystem, einem sogenannten MCS (Mesosclae Converctive System) zusammen. Dieses MCS zog langsam nordwärts und brachte in einem Streifen von der Pfalz über Westhessen und das östliche NRW bis nach Schleswig-Holstein verbreitet 10 bis 25, punktuell bis 40 Liter pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden. Besonders kräftig regnete es am Ostrand des Pfälzerwaldes. Dort kamen innerhalb von teilweise gerade mal drei Stunden 40 bis 70 Liter pro Quadratmeter vom Himmel. Spitzenreiter ist dabei Schaidt (Rheinland-Pfalz) mit 72 Liter pro Quadratmeter.

Am heutigen Montag und in der Nacht zum Dienstag ist dann vor allem die Osthälfte des Landes von unwetterartigen Gewittern betroffen. Lokal gibt es heftigen Starkregen mit Mengen um 40 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit, größeren Hagel mit Korngrößen um 2 cm und (schwere) Sturmböen bis 100 km/h. Insbesondere im Süden und Südosten ist auch Hagel mit Korngrößen um 4 cm möglich und es drohen Orkanböen um 120 km/h. Im Erzgebirge kann es bei mehreren aufeinanderfolgenden Gewittern um 60 Liter pro Quadratmeter Regen geben. Es trifft aber, wie so oft bei sommerlichen Gewitterlagen, bei Weitem nicht jeden. Auf jeden Fall lohnt sich immer mal wieder ein Blick auf die Warnkarte des DWD.

Auch in den kommenden Tagen ändert sich nicht viel und gebietsweise drohen weiterhin unwetterartige Gewitter. Ob nun der Siebenschläfer recht behält und das Wetter sieben Wochen lang so bleiben wird, muss allerdings abgewartet werden.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 27.06.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Eingefahrene Wetterlage und das am Siebenschlaefer

Sieben Wochen wechselhaft mit Gewittern?

Bauernregeln zum Siebenschläfertag gibt es viele: „Das Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen bleiben mag“, „Scheint am Siebenschläfer Sonne, gibt es sieben Wochen Wonne“ oder mein persönlicher Favorit: „Werden die sieben Schläfer nass, regnet’s noch lange Fass um Fass“.

Entgegen der weitverbreiteten Vermutung hat das gleichnamige Nagetier nichts mit der Bauernregel zu tun. Seinen Namen verdankt der Siebenschläfertag vielmehr einer alten Legende. Dieser nach sollen sieben junge Christen in der Zeit der Christenverfolgung in einer Höhle lebendig eingemauert worden und in einen tiefen Schlaf gefallen sein. Nach etwa 200 Jahren wurden sie dann zufällig entdeckt, wachten auf und bezeugten den Glauben an die Auferstehung der Toten, starben jedoch wenig später. Den sieben Schläfern wurde daraufhin der 27. Juni als Gedenktag im katholischen Heiligenkalender gewidmet.

Und was hat das nun mit dem Wetter zu tun?

Der Siebenschläfertag gilt als meteorologische Singularität, also als Witterungsregelfall. Etabliert sich dabei hoher Luftdruck über Skandinavien oder entsteht eine Hochdruckbrücke über die Britischen Inseln hinweg bis zum Azorenhoch, führt das in Mitteleuropa oft zu trockenem und sehr warmem Badewetter. Wird hingegen bei einer sogenannten „zyklonalen Westlage“ feuchte Atlantikluft nach Mitteleuropa geführt, ist der Regenschirm durchaus auch mal ein sinnvoller Begleiter. Dann stellt sich eine wechselhafte und eher kühle Witterung ein.

Die Siebenschläfer-Bauernregel hat eine im Vergleich zu anderen meteorologischen Singularitäten vergleichsweise hohe Trefferquote. Statistische Auswertungen ergaben, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit der Siebenschläferregel bei der erstgenannten „Schönwetter-Variante“ zwischen 55 und 60 % liegt, bei unbeständigen Westwetterlagen trifft die Bauernregel sogar mit 62 bis 70 % zu. Dabei ist die Trefferquote im Alpenvorland höher als in Norddeutschland.

Ganz so einfach ist es leider nicht: Offiziell gilt zwar der 27. Juni als Siebenschläfertag, berücksichtigt man die gregorianische Kalenderreform, fällt er aber auf den 7. Juli (1582 gab es eine etwa zehntägige Verschiebung). Außerdem sollte man es mit dem Siebenschläfertag nicht ganz so genau nehmen und sich dabei nicht auf einen bestimmten Tag festlegen, sondern vielmehr den gesamten Zeitraum Ende Juni/Anfang Juli berücksichtigen.

Was heißt das jetzt für unser Wetter?

Diese Woche wird sich das Wetter recht wechselhaft gestalten, immer wieder treten gebietsweise Schauer und Gewitter auf, regional kommt es zu Unwettern. Ab der Nacht zum Freitag schwenkt ein Tiefausläufer über Deutschland hinweg und sorgt für etwas Regen. Das Ganze spielt sich meist im sommerlichen Temperaturbereich ab, wobei die 30-Grad-Marke vor allem am Donnerstag und Sonntag regional geknackt werden kann. Typisches mitteleuropäisches Wetter eben.

In der kommenden Woche könnte sich dann aber eine allmähliche Umstellung der Großwetterlage andeuten. Deutschland gelangt mehr und mehr in eine westliche bis nordwestliche Strömung, wodurch eher mäßig-warm temperierte Luftmassen ihren Weg nach Deutschland finden sollten. Entsprechend stehen dann Temperaturen von 30 Grad und kräftige Gewitter mit heftigen Starkregenfällen wohl erst einmal nicht mehr auf dem „Wetterprogramm“. Bleibt nur noch abzuwarten, ob uns diese gemäßigte Witterung dann auch wirklich sieben Wochen begleiten wird.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es nur wenig Sinn macht, das Wetter der nächsten Wochen an einem bestimmten Tag festzumachen. Mit hundertprozentiger Sicherheit lässt sich wohl nur sagen: „Fliegt der Bauer übers Dach, ist der Wind weiß Gott nicht schwach“.

MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 28.06.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Sieben Wochen wechselhaft mit Gewittern

Große Gegensätze

Tief REBECCA mit Zentrum nahe den Britischen Inseln und Hoch FRIDO über Osteuropa bestimmen derzeit das Wetter in Deutschland. Und die zwei Protagonisten unseres Wetters schenken sich nichts. Weder das Tiefdruckgebiet im Westen noch das Hochdruckgebiet im Osten geben sonderlich nach. Zwischen den beiden fließt warme Luft aus Süden nach Deutschland. Hoch FRIDO lenkt dabei trockene Festlandsluft in den Osten, Tief REBECCA feuchte Atlantikluft in den Westen.

Im Osten erwärmt sich die einfließende Luft durch die Sonne sehr kräftig und die Höchsttemperatur liegt verbreitet über 30 Grad. Die Luftmasse ist aber kontinental geprägt, daher trocken und die Hitze einigermaßen erträglich. Nur im Nordosten, wo sich heute Nachmittag und Abend Gewitter bilden können, wird die Luft angefeuchtet und das Schwüleempfinden nimmt zu. Am morgigen Montag kann die Temperatur an Oder und Neiße sogar auf bis zu 36 Grad steigen. Damit ist der Höhepunkt der kurzen Hitzeperiode aber erstmal erreicht. In den Nächten kühlt es meist nur wenig unter 20 Grad ab und der Schlaf wird unruhig. Die somit ausfallende nächtliche Erholung des Körpers sorgt für eine erhöhte Belastung des Organismus. Daher sind in den östlichen Landesteilen Hitzewarnungen aktiv. Neue Tipps gegen Hitze finden Sie im Thema des Tages vom 17.06.2022.

Im Westen sorgt die feuchte Atlantikluft für mehr Wolken und entsprechend weniger Erwärmung tagsüber: Die Höchstwerte liegen dort am heutigen Sonntag und zu Beginn der neuen Woche nur bei 20 bis 25 Grad. Die Luft ist weitaus feuchter als im Osten, aufgrund der niedrigeren Temperatur ist es aber nicht schwül. Dennoch könnten empfindliche Menschen es als drückend empfinden. In den Nächten kühlt es deutlich ab. Die Tiefstwerte liegen in der Nacht zum Montag zwischen 12 und 16 Grad, in den Folgenächten teils bei 8 Grad. Damit ist eine Erholung des Körpers nachts gegeben.

Der Temperaturunterschied zwischen West und Ost beläuft sich am heutigen Sonntag auf etwa 8 bis 12 Grad und steigert sich am morgigen Montag auf 10 bis 16 Grad. Dabei sind die Gegensätze in einigen Regionen bereits auf etwa 150 km Länge zu finden, so zum Beispiel zwischen Hannover und Magdeburg.

Zwischen den beiden beschriebenen Luftmassen – feucht-warm im Westen und trocken-heiß im Osten – befindet sich eine Luftmassengrenze. Diese ist auch in der Wetterkarte zu finden und aktuell als Kaltfront analysiert. Zu Beginn der Woche verlagert sich die Luftmassengrenze weiter ostwärts. Die feuchte und kühlere Luft dringt also in den heißeren Osten vor. Im Ergebnis bilden sich teils heftige Gewitter (siehe vergangene Themen des Tages), die nahezu das gesamte Bundesgebiet erfassen. Ausgenommen davon sind der äußerste Westen und Nordwesten, wo die Front schon „durch“ ist.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 26.06.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Grosse Gegensaetze