Winter Ade: Glatteislage mit nachfolgender Milderung

Zurzeit liegt quer über Deutschland eine beachtliche Luftmassengrenze, die die eingeflossene Polarluft in Nord- und Ostdeutschland von der deutlich milderen Luft im Südwesten des Landes trennt. Zum Beispiel lagen die Höchstwerte am gestrigen ersten Weihnachtstag am Oberrhein bei milden 11 Grad. Gleichzeitig herrschte im Norden und Osten verbreitet Dauerfrost zwischen 0 und -6 Grad.

Entlang der Luftmassengrenze quer über der Mitte Deutschlands sorgten Schneefälle zudem für glatte Straßen und zahlreiche Unfälle. In der vergangenen Nacht sanken die Temperaturen in Nord- und Ostdeutschland bei klarem Himmel mit Ausnahme der Küste auf Werte zwischen -10 und -19 Grad, während es im Südwesten des Landes mit Tiefstwerten bis +5 Grad frostfrei blieb.

Am zweiten Weihnachtstag und zum Start in die neue Woche hält uns die Luftmassengrenze weiter in Atem, wobei die mildere Luft langsam aber sicher die Oberhand gewinnt und die Polarluft nach und nach aus Deutschland vertreibt. Dies geht fast nie ohne irgendwelche Folgen einher. Die mildere und leichtere Luft kann sich nicht gleich am Boden durchsetzen und gleitet über die kalte und schwerere Luft in den unteren Luftschichten und sorgt oft für Wolkenbildung und Niederschläge. Die Niederschläge können dann als Schnee fallen, wenn es noch in allen Höhen kalt genug ist, oder als gefrierender Regen, wenn die Temperatur in einem Höhenbereich schon positiv ist.

Verantwortlich für die bevorstehende Glatteislage ist Tief „Per“ mit Kern über dem Seegebiet nördlich von Irland. So schaufelt das Tief langsam wieder die milde Atlantikluft zurück nordostwärts. In diesem Zusammenhang nimmt die Temperatur vor allem in höheren Luftschichten deutlich zu, sodass leichte Niederschläge meist als Regen fallen, die dann auf den gefrorenen Boden treffen und zu gefährlichem Glatteis führen.

Der Schwerpunkt liegt am Abend und in der Nacht zum Montag bis in den Montagvormittag hinein von der Oberpfalz über Thüringen und Nordhessen bis ins südliche Niedersachsen. Wir haben diesbezüglich eine entsprechende Vorabinformation herausgegeben. Deswegen ist Vorsicht geboten, wenn man dort draußen unterwegs ist. Die Regionen östlich der Elbe erleben erneut eine strenge Frostnacht, während die Nacht im Südwesten mit etwas Nieselregen frostfrei verläuft.

Ab Montag erhält das Tief „Per“ Unterstützung vom neuen Atlantiktief „Roland“, das bis Mitte der Woche auch aus dem äußersten Nordosten letzte Reste der Kaltluft vertrieben haben dürfte. Im Milderungsprozess kann es in der Nacht zum Dienstag in Ostbayern und in der Nacht zum Mittwoch an der Grenze zu Polen noch zu Glatteisregen kommen. Mehr Details dazu werden sicherlich in den kommenden Tagen folgen.

Zeitgleich wird es im Westen und Südwesten ab Mittwoch auch im äußersten Osten ungewöhnlich mild mit Höchstwerten zwischen 10 und 15 Grad. Frost, Glätte, Glatteis und Schnee werden durch Wind und viel Regen ersetzt. In den westlichen und südlichen Mittelgebirgen sowie an Alpen droht dann ab Mittwoch eine Dauerregenlage. Die Schneefallgrenze steigt zudem auf über 2000 m an, sodass zusätzlich die Schneeschmelze für das Steigen der Flusspegel sorgen kann.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 26.12.2021

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DWD Winter Ade Glatteislage mit nachfolgender Milderung

 

Saure Suppen

Über die Feiertage lautet bei vielen das Motto aus kulinarischer Sicht: Zum Feste nur das Beste! Aber auch Tradition spielt eine wichtige Rolle. So landete laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage am gestrigen Heiligabend im Schnitt bei mindestens jedem Fünften von uns Kartoffelsalat mit Würstchen auf dem Speisetisch. In Teilen Ostdeutschlands sind es teilweise sogar knapp 50%, also bei fast jedem Zweiten. Darüber hinaus sind aber auch „Klassiker“ wie Raclette, Fondue oder Fischgerichte beliebt (wahlweise auch vertauscht mit dem Silvesterabend). Zum 01. und 02. Weihnachtsfeiertag rücken eher die Festtagsbraten (immer häufiger auch vegetarisch oder vegan) ganz nach oben auf die Speisekarte.

Und was passt in diesem Zusammenhang ideal? Richtig, eine Vorsuppe. Die erfreut sich ebenfalls hoher Beliebtheit, egal ob Soljanka, Kürbiscreme-, Ingwer-Möhren- oder Champignoncremesuppe. Gerne wird darauf auch als Hauptgericht zum Mittag am 24. oder 31. Dezember zurückgegriffen, um vor der großen Völlerei am Abend noch ausreichend Platz zu lassen. Doch was, wenn nun ein Gewitter im Anmarsch ist und die Suppe droht sauer zu werden? Stimmt das überhaupt oder ist das ein Irrglaube?

Schon die Oma wusste es aus Erfahrung nur zu gut: „Lass bloß bei Gewitter nicht die Suppe zu lange offenstehen. Sonst kippt sie um.“ Hat also das elektrische Feld des Blitzes etwas damit zu tun oder die Schallwellen des Donnergrummelns? Nein. Es sind vielmehr die äußeren Randbedingungen, die dafür sorgen, dass die Suppe dann schnell schlecht wird. Den Stammlesern dieser Rubrik würde sofort der Begriff „Zutatenmethode“ beim Schlagwort Gewitter in den Sinn kommen. In der Tat sind eher Feuchtigkeit und hohe Temperaturen – also drückende Schwüle – dafür verantwortlich, dass das frisch gekochte Gericht schnell sauer wird. Die feucht-warme Luft hängt somit in der Küche quasi wie eine Dunstglocke über Mexiko City und sorgt dafür, dass sich das Essen nicht schnell genug abkühlt. Dadurch vermehren sich Säurebakterien, wie sie in Milch oder Sahne enthalten sind, sehr schnell. Milchzucker wird gespalten und Milchsäure produziert, im Handumdrehen ist das Gericht ruiniert. Wenn dann noch der Topfdeckel fest drauf war: Prost Mahlzeit! Aber auch in Suppe enthaltene Stärke (z.B. Nudeln, Kartoffeln, etc.) beginnt bei Wärme zu gären, allerdings deutlich langsamer als Milch erst nach ca. 1-2 Tagen.

Also Tipp: Ist die Suppe fertig, schnell abkühlen lassen. Dafür am besten Topf vom Herd auf ein Gestell, dass die Luft darunter zirkulieren kann oder den Topf gleich in ein kaltes (Eis-) Wasserbad stellen und den Deckel abnehmen. Regelmäßig umrühren. Sobald sie abgekühlt ist, fix in den Kühlschrank. Übrigens: Auch bei Brot, Kuchen und Torten fühlen sich Bakterien bei schwülen Bedingungen sauwohl, weshalb es sich auch bei diesen Lebensmitteln empfiehlt im Zweifel den Kühlschrank als Aufbewahrungsort vorzuziehen.

Nun wissen wir aber, dass selbstverständlich auch im Winter Gewitter auftreten können. Beispielsweise wenn es in höheren Luftschichten sehr kalt ist (z.B. unter -40 Grad in 500 hPa) oder die Kaltfront eines Orkantiefs durchzieht (Stichwort: starke Hebung durch isentrope potentielle Vorticity/IPV). Das ist also letztlich unkritisch, da schwül-warme Bedingungen ausschlaggebend sind und man muss nicht panisch zum Herd rennen.

Letztlich liefert das aktuelle Wettergeschehen auch keinen Grund nervös zu werden. Die Gewitterwahrscheinlichkeit liegt nahe 0. Vielmehr haben nun etwas verspätet – aber immer noch pünktlich – auch die mittleren Landesteile von Westfalen über Mittelhessen, Thüringen, Sachsen und Oberfranken etwas Schnee abbekommen und die „Weiße Weihnacht Statistik“ aufgehübscht. Im Süden und Südwesten ist es zwar weiterhin mild, dafür liefert der Balkon oder die Terrasse bei Außentemperaturen auf Kühlschrankniveau ideale Voraussetzungen, um die Suppe, die nicht mehr in den übervollen Kühlschrank passt, draußen zu lagern. Wer das auch im Norden und Osten plant, bekommt bei Dauerfrost aber eher einen Suppennachtisch in Form eines Eises serviert. Ist vielleicht dann doch nicht jedermanns Sache. In diesem Sinne frohe Festtage und bleiben Sie gesund!

Dipl.-Met. Robert Hausen

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 25.12.2021

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DWD Saure Suppen

Milder Jahresausklang

Aktuell erleben wir ja in Mitteleuropa eine spannende Grenzwetterlage, bei der sich genau in Deutschland über die Weihnachtsfeiertage arktische Polarluft und sehr milde Atlantikluft quasi direkt gegenüberstehen. Damit verbunden sind alle möglichen winterlichen Wettererscheinungen: im Norden und in der Mitte Deutschlands gebietsweise Schnee und Dauerfrost sowie Glätte bzw. Glatteis, letzteres gerade im Übergangsbereich zur milderen Luft nach Süden hin. Im Süden und Südwesten dagegen wird man eher zu Regenschirm und Regenjacke greifen müssen, wenn man sich mal nach draußen wagen sollte.

In der nächsten Woche (vom 27.12.21 bis 03.01.22) stellt sich die Großwetterlage wieder um, und atlantische Tiefdruckgebiete verdrängen allmählich auch im Nordosten die beharrliche Frostluft. Damit einher geht meist unbeständiges und teils windiges Wetter in Deutschland. Nach der Wochenmitte soll auf der Vorderseite eines Tiefdruckkomplexes über dem Atlantik vorübergehend noch mildere Luft aus subtropischen Breiten angezapft werden. Damit könnten die Tageshöchstwerte der Temperatur gerade in der Südwesthälfte 11 bis 15 Grad betragen. Da kommt man zwar nicht ins Schwitzen, beachtlich sind diese überdurchschnittlich hohen Temperaturen allerdings schon. Wenn man dazu auf die beigefügte Grafik schaut (EZMWF-Modell mit prognostizierten wöchentlichen Anomalien der Tagesmitteltemperatur in 2 m; Zeitraum 27.12.21 bis 03.01.22), sieht man selbst im Wochenmittel im Süden und Westen eine positive Abweichung der Tagesmitteltemperatur von den vieljährigen Normalwerten im Bereich bis zu 10 Grad und darüber. Nur im Norden und Nordosten fällt diese positive Temperaturanomalie geringer aus bzw. ganz im Norden und Nordosten nimmt sie neutrale Werte an, was auf die dortige Frostperiode bis Anfang kommender Woche zurückzuführen ist.

Von daher lässt sich resümieren, dass der atlantische Einfluss – nach kurzem Kräftemessen mit arktischen Luftmassen während der Weihnachtsfeiertage ziemlich genau über Mitteleuropa, erneut die Oberhand gewinnen wird. Ein Umstand, der uns hier in Deutschland aufgrund der klimatologischen Rahmenbedingungen im Winterhalbjahr aber nicht allzu sehr erstaunen sollte.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.12.2021

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DWD Milder Jahresausklang

Wo steckt der Winter

Seit einiger Zeit beschäftigt die Meteorologen in Deutschland die Frage, ob wir Chancen auf weiße Weihnachten haben. Auch hier im Thema des Tages, so z.B. gestern und auch schon am 17.12. Und noch immer liefern die Vorhersagemodelle kein klares und einheitliches Bild. Ein aktueller Wetter-Schnelldurchlauf für die Feiertage könnte dabei in etwa so aussehen: im Südwesten Regen, sonst Regen, gefrierender Regen, Schneeregen und Schnee, aber teils auch freundliche Abschnitte.

Eine „Schneegarantie“ scheint es, bezogen auf Deutschland, nur im Nordosten zu geben – und natürlich in den Hochlagen der Alpen. Denn während bei der scharfen Luftmassengrenze, die in den kommenden Tagen quer über Deutschland liegt, mal die kalte und mal die warme Luft „in der Vorhand“ ist, bleibt es im Nordosten durchweg kalt, und der angesprochene Schnee soll schon am heutigen Donnerstag (23.12.) fallen.

Aber wie sieht es bezüglich des Schnees aus, wenn man über die Grenzen Deutschlands hinausblickt? Die beigefügte Grafik zeigt die Gesamtschneehöhen von heute Morgen. Zu erkennen ist in der Bildmitte Grönland, auf der linken Seite sieht man Nordamerika, auf der rechten Seite Europa und Afrika.

Am meisten Schnee liegt dabei in den Hochgebirgsregionen Europas (gelbe Kästchen) wie beispielsweise den Alpen oder den Pyrenäen. Aber auch in den Karpaten sind die Schneemengen teils beeindruckend, wie die 173 cm am Balea Lac (einem Gebirgssee auf 2070 m Meereshöhe) zeigen. Damit verglichen sind die Schneehöhen in Skandinavien relativ niedrig. Auf den in der Karte dargestellten Gipfeln der Skandinavischen Alpen sind es aber immerhin 133 cm (Station Mannen in Südnorwegen) und 118 cm (Station Lyngen Gjerdvassbu). Ansonsten bewegen wir uns in Europas hohem Norden bezüglich der Schneehöhen meist in einem Bereich von 20 bis 50 cm.

Das ist in etwa auch der Rahmen, in dem sich – in der Karte – die nordamerikanischen Wetterstationen bewegen. Dort ist allerdings Vorsicht geboten. Nicht alle kanadischen und US-amerikanischen Stationen melden zu der in der Grafik angegeben Zeit ihre Schneehöhen. So kommt es, dass die dortigen Spitzenreiter in unserer Karte gar nicht gelistet sind. Ein Beispiel: Die Station Callaghan Valley im Süden der kanadischen Provinz British Columbia (Nähe Vancouver) meldete gestern um 13 Uhr MEZ 130 cm Schnee – sie hat die entsprechende Meldung aber heute Morgen nicht abgesetzt und fehlt folglich in der Karte. Dies gilt auch für andere Messstellen. Insbesondere in den Rocky Mountains und in den Hochlagen der Coastal Range dürfte sich der Schnee ähnlich hoch türmen wie in den Hochlagen der Alpen.

Aber der Wunsch nach einer „Weißen Weihnacht“ ist ja nicht gleichbedeutend mit dem Wunsch nach extremen Schneemengen. Für viele reicht es ja schon, wenn die Landschaft nur leicht „angezuckert“ ist.

Wie jedes Jahr wird man beim Weihnachtsfest auf der Südhalbkugel auf Schnee zumeist verzichten müssen. In Australien oder in Südafrika feiert man traditionell bei sommerlichen Temperaturen.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.12.2021

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DWD Wo steckt der Winter

Weihnachtswetter 2021

Jedes Jahr aufs Neue fragt man uns Meteorologen bereits Wochen vor Weihnachten, wie die Chancen auf Schnee zu Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen stehen. Dies blieb auch in diesem Jahr nicht aus. Doch wer die Wetterprognose in den vergangenen Tagen verfolgt oder auch das Thema des Tages vom vergangenen Freitag, dem 17.12.2021, gelesen hat, der konnte erfahren, dass die diesjährigen Weihnachtswetterprognosen alles andere als einfach waren. Zwar zeigte man verschiedene Szenarien auf, wie das Wetter an Weihnachten aussehen könnte, sicher war jedoch nur: Der detaillierte Wetterablauf ist noch unsicher!

Nun stellt sich natürlich die Frage, ob unter den verschiedenen Wettermodellen mittlerweile etwas mehr Einigkeit herrscht. Und gibt es zumindest in einigen Regionen Deutschlands zu Weihnachten etwas Schnee? Fakt ist, dass es auch am heutigen Mittwoch (22.12.) noch einige Unsicherheiten in den Vorhersagen für das Weihnachtsfest gibt.

Doch wir werfen trotzdem einen Blick auf das aktuelle Wetter und die Prognose für die kommenden Tage: Bereits heute werden im äußersten Nordosten schon einige Schneeflocken aus den Wolken gedrückt. Ansonsten sorgt das derzeit noch vom Schwarzen Meer bis Mitteleuropa dominierende Hoch „Anni“ in weiten Teilen des Landes für niederschlagsfreies Wetter.

Dies ändert sich jedoch, wenn im Laufe des morgigen Donnerstags (23.12.) und in der Nacht zum Freitag die Warmfront von „Per“, einem Tief über dem Nordostatlantik, mildere Meeresluft vom Atlantik über Deutschland hinweg schickt. Entsprechend gibt es ausgehend vom Nordwesten und der nördlichen Mitte gebietsweise Niederschläge, die sich allmählich ostwärts ausbreiten. Nach Westen und Südwesten zu fällt dagegen kaum etwas. Vor allem im Nordosten scheint sich die Warmluft jedoch nicht durchsetzen zu können. Entsprechend gehen die Niederschläge dort in Schnee über, mit etwas Glück akkumulieren sich diese dort auf einige Zentimeter. Mit Annäherung der Warmfront frischt auch der Wind auf, dennoch besteht im Übergangsbereich von Regen zu Schnee gerade in windgeschützten Mulden- und Tallagen, wo die Kaltluft nicht ganz so schnell ausgeräumt wird, gebietsweise die Gefahr von Glatteis. Derzeit sehen die Modelle diesen Streifen etwa von der Deutschen Bucht bis zum Erzgebirge sowie im Südosten Deutschlands.

Was nun die Prognosen für Heiligabend angeht, haben sich die Modelle im Laufe der letzten Tage etwas angenähert, zumindest der grobe „Fahrplan“ scheint klar. Die über den Nordosten abziehende Warmfront geht allmählich in eine Kaltfront über, die wiederum rückseitig mit einer nördlichen Strömung von Skandinavien arktische Kaltluft in den Norden Deutschlands führt. Da der Zustrom sehr milder Atlantikluft von Südwesten her jedoch weiterhin aufrechterhalten wird, verstärken sich die Luftmassenunterschiede über dem Norden Deutschlands und somit auch die Niederschläge entlang der Kaltfront. Insbesondere von den Früh- bis in die Mittagsstunden können sich die Schneemengen von Vorpommern bis in den Norden Brandenburgs weiter akkumulieren. Aus den wenigen Zentimetern können dann bei Temperaturen um den Gefrierpunkt strichweise auch 10 bis 15 cm Neuschnee werden. Weiße Weihnachten dürfte in diesen Regionen also gesichert sein! Im südlichen Bereich des Niederschlagsgebiets fällt hingegen meist nur Regen, im Übergangsbereich kann vorübergehend auch Glatteis nicht ausgeschlossen werden. Im Tagesverlauf breiten sich die Niederschläge dann weiter südwärts aus, wobei diese immer mehr in Regen übergehen. Der Schneefall im Norden und Nordosten lässt hingegen nach.

In der Mitte und im Süden fällt das Weihnachtsfest jedoch eher grün-grau aus, dort steht zumindest zeitweise etwas Regen auf dem Programm. Darüber hinaus kommt dort bei Höchstwerten von bis zu 10 Grad Celsius am Freitag und Samstag wohl kaum „Weiße-Weihnachts-Stimmung“ auf. Bei einer Schneefallgrenze von 1400 bis 1800 m muss man schon auf die höheren Alpengipfel, um in den Genuss von Schneefall zu Weihnachten zu kommen.

Im Laufe des Samstags kommt die Luftmassengrenze dann allmählich weiter nach Süden voran. Im Bereich der nördlichen Mitte schneit es – zumindest nach der Lesart einiger Modelle – vorübergehend auch mal stärker. Im Übergangsbereich zum Regen in mittleren und südlichen Landesteilen kann aber auch kurzzeitig gefrierender Regen nicht ausgeschlossen werden. Im äußersten Norden bleibt es hingegen meist niederschlagsfrei. Dort wird die Schneedecke bei Temperaturen im leichten Dauerfrostbereich aber konserviert. Nachts kann es in diesen Regionen über dem Schnee sogar bei strengem Frost unter -10 Grad klirrend kalt werden. Am Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag schwächen sich die Niederschläge zunehmend ab. Nur über den mittleren Landesteilen fallen noch wenige Tropfen oder Flocken.

Am Sonntag, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, sind aus aktueller Sicht noch größere Unsicherheiten in den Modellen vorhanden. Prinzipiell besteht weiterhin ein Temperaturgefälle vom Nordosten bei Dauerfrost nach Südwesten bei bis zu +9 Grad am Oberrhein. Die Niederschläge können sich zudem von Südwesten her wieder verstärken und nordostwärts auf mittlere, im Nachmittagsverlauf womöglich auch auf nördliche Landesteile übergreifen, wo dann erneut die Gefahr für gefrierenden Regen und Schneefall besteht.

Ob sich bei Ihnen nun ein „grau-grünes“ und verregnetes Weihnachten oder Schneechaos inklusive Schneeballschlacht einstellt, wir Meteorologen der Vorhersage- und Beratungszentale wünschen Ihnen bereits heute schon frohe Weihnachtsfeiertage! Und schauen Sie doch mal auf dwd.de oder in der WarnWetter-App vorbei. Denn auch über die Feiertage sind wir natürlich mit Vorhersagen und Wetterwarnungen für Sie im Dienst.

MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.12.2021

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Jahresvorausschau 2022

Langsam aber sicher neigt sich das Jahr dem Ende entgegen. Und während Weihnachten noch vor uns liegt, gehören viele Jahresrückblicke bereits der Vergangenheit an. Selbstverständlich wird es auch noch einen Rückblick auf das Wetter 2021 geben, heute wollen wir aber an dieser Stelle den Spieß umdrehen. Lassen wir unseren Gedanken (und vor allem dem gepflegten Unsinn) freien Lauf und wagen – wie bereits in den vergangenen Jahren – eine Vorausschau auf das kommende Jahr 2022, wie gewohnt alles andere als ernst gemeint!

Januar: Die Genderneutralität hält nun auch in den Wetterberichten Einzug. Da „Schauer und Schauerinnen sowie Gewitter und Gewitterinnen“ aber zu lang wäre, heißt es in Zukunft „Schaua und Gewitta“.

Februar: Olympische Winterspiele in Peking! Um den „grünen Anstrich“ dieser Veranstaltung zu betonen, werden die Anzüge der Outdoor-Athleten mit Solarpanels und die Helme mit kleinen Windrädern bestückt. Der gewonnene Strom fließt direkt in die Schneekanonen.

März: Die Bundesregierung streicht die Abschaffung der Zeitumstellung von ihrer To-Do-Liste und erklärt die Thematik zur Ländersache. Um den Überblick zu behalten, werden im Bundestag schon mal 16 Uhren aufgehängt.

April: Nachdem vor rund einem Jahr auf dem Mars eine Windböe zu hören war, trauen die Wissenschaftler dieses Mal ihren Augen nicht. Mars-Roboter „Perseverance“ gelingt die Aufnahme eines Blitzes am Rande eines nahenden Sandsturms.

Mai: Hurrikan „Alex“ eröffnet sehr früh die diesjährige atlantische Tropensturmsaison. Aufgrund seiner Zugbahn über den Golf von Mexiko verhindert er die planmäßige Rückkehr der ISS-Crew um Matthias Maurer. Eine Landung im windschwachen Auge des Hurrikans würde die NASA nur Han Solo oder Käpt’n Balu zutrauen.

Juni: Pünktlich zum Sommeranfang läuten heftige Schaua und Gewitta die diesjährige Unwettersaison ein.

Juli: Zur nächsten „Boosterrunde“ möchten Eisdielenbetreiber den – Zitat – „Super-Sonnen-Sommer“ nutzen und mit Impfstoff versehene Auffrischungsgetränke und Eiskugeln in diversen Geschmacksrichtungen anbieten.

August: Aus mit dem „Super-Sonnen-Sommer“! Unbeständig und ohne nennenswerte Hitzewellen: Ein normaler, rekordfreier, mitteleuropäischer Sommermonat – ähnlich wie in 2021. „Rekordverdächtig“!

September: Endlich wieder Oktoberfest! Allerdings nur mit 3G-Beschränkung: Geimpft, Geduscht, Gedürstend. Das Wetter spielt mit und verfolgt die 3W-Regel: Wolkig, Warm, Windschwach.

Oktober: Partielle Sonnenfinsternis am 25.10.: Die maximale Verdunklung ist in Deutschland mit rund 35 % auf Rügen gegen 12.13 Uhr zu sehen – mecklenburg-vorpommerscher Winterzeit versteht sich.

November: Freifisch statt Truthahn? Hurrikan „Tobias“ zieht pünktlich zu Thanksgiving die US-Ostküste entlang – zum Glück ausschließlich über Wasser. Schäden gibt es keine, dafür wird umso mehr Meeresgetier an die Küstenregionen geschleudert.

Dezember: Spekulatius, Glühwein und Deutschland-Rollkragenpulli: In so manchem Wohnzimmer verfolgt man beim Private Viewing das WM-Finale im „Fußballland“ Katar zwischen Deutschland und dem künftigen Vizeweltmeister. Zur Pokalübergabe: wolkenloser Himmel bei rund 22 Grad – in Katar, nicht in Deutschland wohlgemerkt.

Nun aber genug (un-)sinniert! Was 2022 wirklich bringen mag, steht natürlich in den Sternen (wenn überhaupt). Lassen wir uns einfach überraschen, was anderes bleibt uns eh nicht übrig. 😉

An dieser Stelle wünscht Ihnen der Autor schon einmal schöne Weihnachten und kommen Sie gut und vor allem gesund ins neue Jahr!

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.12.2021

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DWD Jahresvorausschau 2022

In eigener Sache: Neuerscheinung über das Leben und Wirken von Gustav Hellmann

Größen wie Alfred Wegener oder Vilhelm Bjerknes mögen noch geläufig sein – aber Gustav Hellmann? Der Gelehrte ist selbst unter Meteorologen meist nur wegen des gleichnamigen Regenmessers bekannt. Doch Prof. Dr. Gustav Hellmann (1854-1939) war nicht nur Leiter des Königlich Preußischen Meteorologischen Instituts und leidenschaftlicher Historiker, sondern betrieb auch intensive Niederschlagsforschungen und war maßgeblich an der Schaffung eines Netzes zuverlässiger meteorologischer Beobachtungen beteiligt. Angesichts der bedeutsamen Forschungsarbeiten und großen Hinterlassenschaften erscheint es also fast verwunderlich, dass seine Spuren verblasst sind und er nicht im kollektiven Gedächtnis geblieben ist.

Im Selbstverlag des Deutschen Wetterdienstes ist nun eine umfassende Publikation über Gustav Hellmann erschienen, die durch Einblicke in sein Leben und durch eine Zusammenschau seiner wichtigsten Werke das Andenken Hellmanns erneuern möchte. Der Autor Dr. Joachim Pelkowski führte dazu über mehr als vier Jahre akribische Recherchearbeiten durch: Das Wälzen historischer Schriften in seiner Privatbibliothek gehörten genauso dazu wie Reisen nach Berlin zur Staatsbibliothek oder das (unverhoffte) Auffinden Hellmanns Grabstätte. Herausgekommen ist ein zweiteiliger Band mit dem Titel „Gustav Hellmann – Preußens ergiebigster Meteorologe“, wobei sich der erste Teil dem „Leben und Wirken“ widmet, während Teil 2 „Eine Werkschau“ darstellt.

Das insgesamt 650 Seiten starke Werk ist so aufgebaut, dass jedes Kapitel einzeln gelesen werden kann: Wer sich in aller Kürze über Hellmanns berufliches Wirken informieren will, liest Kapitel 1. Wer sich tiefergehend für das berufliche und private Leben des Meteorologen interessiert, findet im zweiten und längsten Kapitel nicht nur Antworten, sondern auch den ein oder anderen schmunzelerregenden Brief von der Mutter an den jungen Hellmann. In Kapitel 3 wird das Bild seines Lebens eingebettet in ein Umfeld von Fachgenossen, zu denen er engere Beziehungen pflegte oder die sein Wirken in irgendeiner Weise begleitet haben. Es folgen Hintergründe zur Gründung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft in Kapitel 4, bei der Gustav Hellmann Gründungsmitglied war. Die Leserschaft, die ihn als Urheber seines berühmten Regenmessers kennt (der teils auch heute noch unverändert verwendet wird), und nur dazu Auskunft wünscht, liest Kapitel 5 im ersten Teilband.

Der zweite Teilband schließt mit einer Schau Hellmanns wichtigster Arbeiten an – eine Werkschau. Dem berühmten Regenwerk gebührt dabei genauso ein eigenes Kapitel wie dem Oderwerk über Vb-Wetterlagen oder dem 1921 veröffentlichten „Klimaatlas von Deutschland“, der eine richtungweisende und erstmalige Publikation zur Klimakunde darstellte. Der Autor schreibt zum zweiten Teilband: „Nicht bloß Verzeichnis seiner Schriften, die zahlenmäßig an die 400 heranreichen, sondern vielmehr mehrstimmig referierende „Ergographie“ will der zweite Teil dieser Schrift sein. Darin kommen vor allem urteilsfähige zeitgenössische Fachgelehrte zu Wort. Zu einem „Denker“ im landläufigen Sinne wird man Hellmann kaum erheben können, aber in seinen Schriften wird gewiss ein klarer, gründlicher und geistreicher Kopf „sichtbar“. Sie sind der Schlüssel zum Verständnis seiner Persönlichkeit.“

Sie sind neugierig geworden oder noch auf der Suche nach einem besonderen Weihnachtsgeschenk für historisch und meteorologisch Interessierte? Die zwei Teilbände sind seit dem 17.12.2021 über den Wettershop des DWD (www.dwd-shop.de) und im Buchhandel erhältlich. Zugegeben, die Preise von 165 EUR (Teilband 1) bzw. 145 EUR (Teilband 2) löst bei Schnäppchenjägern vermutlich erst einmal Schnappatmung aus, ergeben sich (wie häufig bei wissenschaftlichen Publikationen kleiner (Selbst)Verlage) jedoch aus der hohen Seitenzahl bei gleichzeitig geringer Auflage. Doch es lohnt sich: Denn eindrucksvoll ist dieser Band in der Reihe „Geschichte der Meteorologie in Deutschland“ nicht nur wegen seiner großen wissenschaftshistorischen Bedeutung und Verwendung bisher unveröffentlichter Quellen, sondern auch durch das besondere Talent des Autors, die deutsche Sprache in seinem Facettenreichtum und seiner Schönheit mit geistreicher Leichtigkeit zu Papier zu bringen. Zitate über oder von Gustav Hellmann als Einstieg eines jeden Kapitels erscheinen dabei wie ein ästhetisches, poetisches i-Tüpfelchen.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.12.2021

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DWD In eigener Sache Neuerscheinung ueber das Leben und Wirken von Gustav Hellmann

Die langen Nächte der Vorweihnachtszeit

Die astronomischen Randbedingungen bringen es mit sich, dass die längsten Nächte bzw. die kürzesten Tage des Jahres immer kurz vor Weihnachten stattfinden. Die Extremwerte werden dann zur Wintersonnenwende erreicht, die dieses Jahr am 21.12. stattfindet. Damit erreicht jene Zeit im Jahr ihren Höhepunkt, während der man bei nachteiligen meteorologischen Einflüssen eine ausreichende Tageshelligkeit nur mit Mühe erreichen kann. Rein astronomisch gesehen geht die Sonne beispielsweise in Hamburg heute um 08:33 Uhr auf und bereits um 16:01 Uhr unter, in München reicht diese Spanne von 08:00 bis 16:21 Uhr (jeweils MEZ). Diese meridionalen Unterschiede resultieren aus der Neigung der Erdbahn auf ihrem Weg um die Sonne (Neigung der Ekliptik um 23,5 Grad). Die Sonne ist daher im Sommerhalbjahr der Nordhalbkugel dem Nordpol zugeneigt, im Nordwinter steht diese über der Südhalbkugel und kann daher den Norden nur eingeschränkt bescheinen (Polarnacht nördlich des Polarkreises).

Doch die rein astronomischen Sonnenaufgangs- und -untergangszeiten geben nur einen Teil der Wahrheit wieder. Es ist ja bekanntlich nicht so, dass die Sonne einfach auf Knopfdruck ein- und ausgeschaltet wird. Je nach geographischer Breite gibt es auf unserer Erde verschieden lange Dämmerungszeiten, sowohl bei Auf- als auch bei Untergang der Sonne. Um sich jetzt bei den Dämmerungszeiten nicht nur auf das reine Gefühl verlassen zu müssen und eine gewisse Vergleichbarkeit zu schaffen, gibt es seit langer Zeit genaue Definitionen für die verschiedenen Dämmerungsabschnitte.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Dämmerung als die Übergangszeit zwischen Tag und Nacht angesehen. Physikalisch beschreibt diese hingegen klar jenen Zeitraum, in welchem das gestreute Restlicht der Sonne sichtbar ist, während die Sonne bereits oder noch unter dem Horizont steht. Die für die Bevölkerung relevanteste Dämmerungsart ist die sogenannte „bürgerliche Dämmerung“. Diese bezeichnet jenen Zeitraum, in dem die Sonne nicht tiefer als 6 bis 6,5 Grad unter dem Horizont steht. In Mitteleuropa dauert die bürgerliche Dämmerung etwa 37 bis 51 Minuten. Helle Planeten wie Venus oder Jupiter sind schon sichtbar. In dieser Phase ist es gerade noch möglich, ohne künstliche Lichtquelle beispielsweise eine Zeitung zu lesen.

Die „nautische Dämmerung“ schließt sich an die bürgerliche Dämmerung an und endet, wenn die Sonne 12 Grad unter dem Horizont steht. Dabei können bereits einzelne Sternbilder beobachtet werden. Nach der nautischen Dämmerung folgt schließlich die „astronomische Dämmerung“. Diese endet, wenn die Sonne 18 Grad unter dem Horizont steht. Der Himmel ist nun richtig dunkel und das Firmament ist voller Sterne.

Allerdings sind dies nur die allgemeingültigen Regelungen. Natürlich ist vor allem die Länge der bürgerlichen Dämmerung stark von den jeweiligen Bewölkungs- und Aerosolverhältnissen in der Atmosphäre abhängig. Vermehrter (kondensierter) Wasserdampf sowie Staub-, Gas- und Eisaerosole in der Atmosphäre (bspw. Vulkanasche) können die Dämmerung enorm verändern. Besonders bei den heute und in den vergangenen Tagen sehr verbreitet trüben Verhältnissen durch Nebel- oder Hochnebel kann sich die gefühlte Dämmerung sehr in die Länge ziehen. Dann ist es durchaus realistisch, dass man erst am späten Vormittag das Gefühl von „Tageslicht“ bekommt. Entsprechendes gilt auch für die frühe Abenddämmerung am Nachmittag. Doch die Wetterkarten zeigen, dass sich diese sehr trüben Eindrücke ab der neuen Woche deutlich reduzieren werden. Mit einer nordöstlichen Strömung gelangt zunehmend kältere, aber auch trockenere Festlandluft nach Mitteleuropa. Das senkt die Nebel- und Hochnebelwahrscheinlichkeit und die Wintersonne kann etwas verbreiteter und auch länger genossen werden.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.12.2021

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Kleine Synoptikkunde (11) – Wann schneit es eigentlich?

Es steht mal wieder das Weihnachtsfest vor der Tür. Damit kommen entsprechend auch – wie jedes Jahr so üblich – die gängigen Fragestellungen wieder auf. Eine davon kennt mit Sicherheit jeder unserer geneigten Leser: Wird es in diesem Jahr weiße Weihnachten geben? Nun, für das laufende Jahr ist das noch gar nicht klar, wie bereits im gestrigen Beitrag zum Thema des Tages ausführlich erläutert wurde. Da liegt es nahe, im Zuge dieses Kapitels der „Kleinen Synoptikkunde“ etwas Rüstwerkzeug an die Hand zu geben, um sich selber ein zumindest grobes Urteil über die Chancen auf Schnee bilden zu können.

Zunächst muss man dafür die Frage beantworten, unter welchen Bedingungen überhaupt Schnee fallen kann. Rein intuitiv würde man jetzt sagen: Klar, wenn am Boden die Temperatur unter 0 Grad fällt. Das ist zumindest nicht falsch, aber auch nicht die ganze Wahrheit. Viel wichtiger – und das gilt oft auch allgemein – ist, was sich in der Höhe abspielt. Eine Grundbedingung für Schneefall ist entsprechende Kälte in der Höhe.

Niederschlagsbildung in Wolken findet in unseren Breiten meist bei Temperaturen von unter -10 Grad statt. Damit dieser Niederschlag aber auch in Form von Schnee am Boden ankommt, sollte es bis zum Boden möglichst auch nicht wärmer als 0 Grad werden. Um eine solche Abschätzung treffen zu können, bedient man sich der Temperaturkarte im Druckniveau von 850 hPa. Dieses Niveau befindet sich als grobe Faustformel etwa 1,5 Kilometer über dem Meeresspiegel. Der Grund für die Wahl dieser Höhe ist die Tatsache, dass es sich noch oberhalb der darunterliegenden Grenzschicht im Bereich der freien Atmosphäre befindet und somit frei von bodennahen Störeinflüssen ist. Aber zunächst zurück zur Temperatur. Ausgehend vom Niveau 850 hPa und der dazugehörigen Höhe kann man bis Bodennähe einen feuchtadiabatischen Temperaturgradienten annehmen, insbesondere bei Vorhandensein von Niederschlag. Dieser beträgt etwa 0,65 Kelvin pro 100 m Höhenunterschied. Das heißt, dass die Temperatur mit 100 m Höhenzunahme im Mittel um 0,65 Grad abnimmt. Somit lässt sich aus der bekannten Temperatur in 850 hPa und dem feuchtadiabatischen Gradienten auf die Höhe schließen, in der die Temperaturmarke von 0 Grad Celsius erreicht wird.

Einen Fakt darf man dabei aber nicht vernachlässigen: Die Höhe der 850 hPa-Druckfläche selber liegt eben nicht exakt in 1,5 Kilometern Höhe, sondern schwankt mit den generell herrschenden Druckverhältnissen. Das bedeutet, dass man sich zur Abschätzung der Schneefallgrenze neben der Temperatur auch das Geopotential der 850 hPa-Fläche betrachten muss, aus dem man deren Höhe ablesen kann. Bezüglich genauerer Ausführungen über das Geopotential sei hierbei auf das Kapitel 1 der „Kleinen Synoptikkunde“ unter geopot verwiesen. Der Einfachheit halber kann man annehmen, dass die geopotentielle Höhe mit der geometrischen Höhe identisch ist und der dabei gemachte Fehler vernachlässigt werden kann, gerade im Hinblick auf die generelle Ungenauigkeit der durchgeführten Abschätzung.

Noch eine weitere Schwierigkeit gilt es zu berücksichtigen, wenn man eine halbwegs realistische Schätzung der Schneefallgrenze treffen will. Tatsächlich geht der Schnee beim Erreichen der 0 Grad-Grenze nicht urplötzlich in Regen über, sondern beginnt erst ganz allmählich zu schmelzen und fällt dabei weiter nach unten. Als geeignete Referenz bietet sich daher eher die sogenannte Feuchttemperatur an. Diese Temperatur ist ein Maß dafür, auf welche Temperatur eine Oberfläche durch Verdunstung mit der anwesenden Luftmasse abgekühlt werden kann und liegt zwischen Taupunkt und tatsächlicher Temperatur. Eine Faustregel lautet hier, dass der Niederschlag bis zu einer Feuchttemperatur von etwa 1 bis 1,3 Grad Celsius als Schnee fällt. Da die Feuchttemperatur aber wesentlich schwieriger zu bestimmen ist als die tatsächliche Temperatur, trifft man hier einfach die Annahme, dass bis zu einer Lufttemperatur von +2 Grad der Niederschlag als Schnee fällt. Das bedeutet für unser Abschätzungsverfahren, dass nicht die Grenze von 0 Grad, sondern von +2 Grad als Schneefallgrenze mit Hilfe des feuchtadiabatischen Temperaturgradienten bestimmt wird. Als ganz einfache Faustregel für die Flachlandbewohner lässt sich abschließend noch ausführen, dass für Schneefall bis „ganz runter“ die 850 hPa-Temperatur wenigstens -5 Grad, besser aber -7 Grad oder weniger betragen sollte.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.12.2021

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Kleine Synoptikkunde 11 Wann schneit es eigentlich

Weihnachtswetter mit viel Konjunktiv

Heute in einer Woche ist Heiligabend – da kann man doch schon mal einen Blick auf’s Weihnachtswetter werfen, oder? „Können“ tut man das schon, nur ob man nachher so viel schlauer ist, ist die große Frage. Das war sicherlich auch der Grund, warum an dieser Stelle in den vergangenen Tagen noch keine Aussagen zum Weihnachtswetter zu finden waren, obwohl in den Medien ja schon seit einiger Zeit (mal mehr, mal weniger seriös) Spekulationen betrieben wurden.

Und so stellte sich auch heute Vormittag wieder die Gretchen-Frage dieses Mediendienstes: Worüber schreiben?? Über den Taifun RAI, der gestern auf die Philippinen getroffen ist? Oder die aktuelle Nebel-/Hochnebellage, die wohl eher unter die Kategorie „langweilig“ fällt? Oder doch ein „Konserventhema“ wählen à la „Warum ist der Himmel blau?“? So richtig in den Schreibfluss kam die Verfasserin dieses Thema des Tages bei diesen Überschriften irgendwie nicht. Und so hat sie sich schließlich doch entschieden, die Leserschaft mit auf eine (Lese-)Reise in die Weihnachtswetterwelt zu nehmen, nicht, weil spekulieren so viel Spaß machen würde, sondern um den derzeitigen (Un)Wissensstand aufzuzeigen.

Fangen wir von vorne an: Der Einfluss des Hochs ZAFIRA mit Zentrum über den Britischen Inseln reicht aktuell bis nach Mitteleuropa. Daran ändert sich auch in den nächsten Tagen nicht viel: Die eingeflossene feuchte, milde Luftmasse, die zu Nebel und Hochnebel neigt, bleibt uns also auch am Wochenende erhalten. Doch eine Änderung vollzieht ZAFIRA allmählich: Sie „kippt“ von West-Ost- auf Nord-Süd-Ausrichtung (aus einer zonalen Strömung wird eher eine meridionale), wodurch sich ein umfangreiches Tief mit sehr kalter Luft über Russland aufbauen kann. Somit dreht bei uns die Strömung auf Nord und kältere Luft kann zum Wochenanfang ihren Weg nach Deutschland finden (wenngleich sie weniger kalt ist als in Russland). Bis Mittwoch können im Norden und Osten schwache Tiefausläufer mit etwas Schneeregen und Schnee durchziehen, nach Westen und Süden bleibt es meist trocken. Insgesamt wird das Dauergrau verdrängt, denn die Luftmasse wird nicht nur kälter, sondern auch trockener.

Schön und gut, doch wie geht es dann weiter?

Für Heiligabend gibt es verschiedene Szenarien:

1.: Nach dem gestrigen Lauf des europäischen Wettermodells (EZMW) verblieben wir im Zustrom kalter Luft, jedoch würde sich über dem Atlantik eine umfangreiche Tiefdruckzone aufbauen, die bis zum Mittelmeer reicht. Diese könnte sehr milde Luft aus Süden nordwärts führen, die auf die kalte Luft aus Norden treffen würde – eine Luftmassengrenze (mit Schneefällen) entstünde. Nach gestrigem Stand lag diese Luftmassengrenze aber eher südlich von Deutschland, in etwa südlich der Alpen. Erwähnenswert sind bei dieser Lösung auch Schneefälle im Ostseebereich durch den sogenannten Lake-Effekt, die für weiße Weihnachten von der Küste Mecklenburg-Vorpommerns bis nach Schleswig-Holstein und Hamburg sorgen könnten.

2.: Nach dem heutigen Lauf des EZMWFs würde sich die deutlich mildere Atlantikluft in ganz Deutschland durchsetzen, am Oberrhein wären dann sogar 10°C und mehr möglich. Im Übergangsbereich von kalter und warmer Luft würde es nur vorübergehend schneien, bevor der Schnee rasch in (gefrierenden) Regen übergehen würde. Also eher grüne statt weiße Weihnachten…

3.: Nach dem heutigen Lauf des amerikanischen Wettermodells GFS liegt über Deutschland eine Luftmassengrenze, die kältere Luft im Norden von wärmerer im Süden trennt. Damit könnten durchaus Niederschläge verbunden sein, Richtung Norden auch als Schnee.

Übrigens: Nach dem gestrigen GFS-Lauf würde sich über Mitteleuropa ein kräftiges Hoch aufbauen, das kalte (und trockene!) Luft bedeuten würde…

Nicht viel schlauer als vorher? Dann ziehen wir doch noch die Probabilistik zurate – denn da die beschriebenen Szenarien nur „Einzellösungen“ sind, macht es durchaus Sinn, sich verschiedene Läufe eines Modells mit leicht unterschiedlichen Anfangsbedingungen anzuschauen, das sogenannte Ensemble. 50 Modellläufe des europäischen Wettermodells zeigen im Mittel, dass die „Hochdruck“-Variante als unwahrscheinlich angesehen werden kann und sich eher Tiefdruckeinfluss andeutet. Wo genau eine mögliche Luftmassengrenze liegen wird, wird von den einzelnen Berechnungen sehr unterschiedlich gesehen und bleibt folglich unsicher.

Im Norden und Osten liegt die Wahrscheinlichkeit für Dauerfrost an Heiligabend (immerhin) bei 30-50 %, Richtung Westen und Süden ist sie (abgesehen von den Alpen) deutlich geringer. Die Wahrscheinlichkeit für Schneefall liegt an Heiligabend in der Südwesthälfte bei unter 10 %, in der Nordosthälfte bei 10-20% – die Chancen auf weiße Weihnachten sind dort also (wenn man davon sprechen kann) am größten. Insgesamt sind diese Werte aufgrund der großen Streuung, also den sehr unterschiedlichen Berechnungen der einzelnen Mitglieder des Ensembles, mit Vorsicht zu genießen sind.

Und auch, wenn sich in diesen Text nun 16 Konjunktive geschlichen haben, so wird sie zwar schwächer, die Hoffnung auf weiße Weihnachten – aber vielleicht rieselt bei dem ganzen „Spekulatius“ ja am Ende sogar doch mehr als nur ein bisschen „Gekrümel“ vom Himmel…

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.12.2021

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DWD Weihnachtswetter mit viel Konjunktiv