Die „Zwiebelringe“ des Niederschlagsradars

In den letzten zwei Wochen dominierte häufig nasskaltes Winterwetter mit wiederholten Schneefällen in den Mittelgebirgen, während in den Niederungen ein Mix aus Regen, Schneeregen und Schnee für „Schmuddelwetter“ sorgte. Bei solchen Wetterlagen erscheinen auf Radarbildern, die Sie u.a. über unsere WarnWetter-App erhalten, nicht selten unterschiedlich große mysteriöse Ringe. Keine Angst – Aliens haben nicht die Macht über unser Wetter übernommen und die Radare sind auch nicht kaputt! Es handelt sich bei den „Zwiebelringen“ um den sogenannten „Brightband-Effekt“, der im Winterhalbjahr häufiger zu sehen ist.

Um die Erklärung dieser merkwürdigen Ringe zu verstehen, muss man wissen, wie ein Niederschlagsradar funktioniert. Kurz und vereinfacht zusammengefasst besitzt ein Radar einen Sender und einen Empfänger. Der Sender sendet einen gebündelten Strahl aus elektromagnetischen Wellen aus. Treffen diese auf ein Niederschlagsteilchen, wird ein geringer Anteil des Strahls reflektiert und gelangt zurück zum Empfänger des Radars. Es handelt sich also um keine direkte Messmethode von Niederschlag (z.B. Regentopf, der den Regen auffängt), sondern um eine indirekte Methode. Deshalb wird auf dem Radarbild auch nicht die Niederschlagsintensität (z.B. mm/h), sondern die Reflektivität (dBZ), also die Stärke des zurückgestreuten Radarsignals, angegeben. Um auf die Intensität des Niederschlags zu schließen, nimmt man an, dass diese mit steigender Reflektivität zunimmt. Und je länger es dauert, bis die ausgesendete Welle am Empfänger ankommt, desto weiter ist der Niederschlag vom Radar entfernt. Aus diesen beiden Informationen erhält man ein zweidimensionales Radarbild, das die Intensität und Verteilung des Niederschlags zeigt.

Damit Hochhäuser oder Bergketten den Radarstrahl nicht reflektieren, wird dieser nicht exakt horizontal, sondern mit einem kleinen Neigungswinkel nach oben ausgesandt (beim DWD je nach Lage 0,1 bis 1,9°). Das Radar misst also nicht den tatsächlich am Boden ankommenden Niederschlag. Je weiter man sich nämlich vom Radar entfernt, desto höher befindet sich der Radarstrahl über dem Erdboden. Das Radar detektiert demnach je nach Entfernung zum Radar den Niederschlag in einigen Hundert Metern bis wenigen Kilometern über dem Erdboden.

Nun kommt noch ein kniffliges Detail dazu und damit kommen wir zurück zu unseren Zwiebelringen. Die Reflektivität hängt nämlich nicht nur von der Niederschlagsintensität, sondern auch von deren Phase ab. Regentropfen liefern ein stärkeres Rückstreusignal als filigrane Schneekristalle. Die mit Abstand stärkste Reflektivität besitzen aber schmelzende Eiskristalle, also Schneeregen (siehe Skizze).

Das dargestellte Radarbild stammt vom Niederschlagsradar bei Essen. Weit vom Radar entfernt (z.B. bei Köln) befindet sich der Radarstrahl bereits so hoch über dem Erdboden, dass er Schneekristalle detektiert. In der Nähe des Radars wird der Strahl hingegen von Regentropfen weiter unten in der Wolke reflektiert. Im ringförmigen orangefarbenen Bereich mit den stärksten Reflektivitäten befindet sich der Radarstrahl genau in der Höhe, in der der fallende Schnee zu Regen schmilzt. Diese Schmelzschicht wird als „Brightband“ bezeichnet. Die hohen Reflektivitäten sind also nicht – wie man vermuten könnte – auf besonders starken Niederschlag zurückzuführen, sondern auf die starke Reflexion von schmelzenden Eiskristallen.

Durch geschickte Korrekturverfahren kann der Brightband-Effekt in der Regel herausgefiltert werden, sodass er auf dem finalen Radarbild nicht mehr vorkommt. Dabei helfen die großzügigen Überlappungen der Bereiche, die jedes einzelne der 17 Radare des DWD-Radarverbunds mit ihrer horizontalen Reichweite von 150 km erfassen. Liegt die Schneefallgrenze nur wenige 100 m über dem Erdboden, ist dies allerdings nicht mehr möglich. Daher treten diese Ringe vor allem im Winterhalbjahr auf.

Übrigens: Die auf den ersten Blick störende oder irreführende ringförmige Struktur hat auch was Positives – man kann damit die Schneefallgrenze abschätzen. Wird der Ring mit der Zeit kleiner, deutet dies auf eine absinkende Schneefallgrenze hin. Ist das Brightband nur noch als Fleck um das Radar zu sehen, ist davon auszugehen, dass auch bei Ihnen der Regen bald in Schneeregen oder Schnee übergehen sollte, sofern Sie sich auf gleichem Höhenniveau wie das Radar befinden.

In den nächsten Wochen und Monaten wird man noch häufiger „Zwiebelringe“ auf Radarbildern sehen, immer dann, wenn es in den Niederungen regnet und in mittleren oder höheren Mittelgebirgslagen schneit. Seien Sie sich sicher, auch dann ist alles natürlich und erklärlich – Außerirdische haben damit nichts zu tun 😉

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.12.2021

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DWD Die Zwiebelringe des Niederschlagsradars

Bauernregeln im Dezember

Im altrömischen Kalendarium war der Dezember ursprünglich der zehnte Monat (lat. decem = zehn). Im Jahre 153 v. Chr. wurde der Neujahrstag vom Senat des Römischen Reiches aber um zwei Monate auf den 1. Januar vorverlegt und der Dezember so zum zwölften Monat des Jahres. Unter Kaiser Commodus hieß der Dezember kurzzeitig „Exsuperatorius“. Ein altdeutscher Name für den letzten Monat unseres Kalenders ist „Julmond“ und leitet sich vom sog. Julfest, der germanischen Feier zur Wintersonnenwende ab. Nach der Christianisierung Europas entstanden die Bezeichnungen „Christ- oder Heilmond“.

Zwar hat der meteorologische Winter bereits am ersten Dezember begonnen, der kalendarische Winteranfang erfolgt aber erst in der dritten Dekade, dieses Jahr am 21.12. Mit dem einsetzenden Winter ist in der Landwirtschaft nicht mehr viel zu holen, daher beschäftigen sich die meisten Bauernregeln im Dezember mit der Voraussicht auf das nächste Jahr oder den kommenden Frühling. Wie immer sind die Regeln mit Vorsicht zu genießen und lassen sich nicht auf einen Tag genau festlegen. Oft steckt aber ein Körnchen Wahrheit drin.

„Im Dezember Schnee und Frost, das verheißt viel Korn und Most.“ ist eine der für den ganzen Monat geltenden Bauernregeln. „Dezember mild mit viel Regen, ist für die Saat kein Segen.“ lautet eine weitere Regel. Beide deuten auf das Gleiche hin. Regnet es im Dezember viel, ist die Gefahr groß, dass die Saat ausgeschwemmt wird oder bei mildem Wetter gar zu keimen beginnt. Kommt dann der Frost im Januar sind die jungen Keimlinge schutzlos und erfrieren. Ähnlich ergeht es den Knospen an den Bäumen. Sie sind durch eine dünne Wachsschicht vor Frost geschützt. Ist es allerdings mild im Dezember, gehen sie auf, der nächste Frost kann eindringen und sie sterben ab. Andersrum sorgen Schnee und Frost dafür, dass die Saaten im Boden vor Ausschwemmungen geschützt sind. Im milden Frühjahr können sie dann gut aufgehen.

Es gibt am Anfang des Monats Bauernregeln, die auf das Wetter zu Weihnachten abzielen. „Geht Barbara im Klee, kommt das Christkind im Schnee.“ ist eine Regel am 04. Dezember, St. Barbara. Der diesjährige vierte Dezember brachte verbreitet trübes und nasses Wetter. Dabei fielen im Osten ein paar Zentimeter Schnee, in den Bergen kamen teils erhebliche Neuschneemengen zusammen. Das kann man nun wahrlich nicht als „Klee“ bezeichnen. Nach dieser Regel wären die Chancen für Schnee an den diesjährigen Weihnachtstagen also gering. Wie wir aber bereits in früheren Themen des Tages angesprochen haben, deuten die aktuellen Prognosen für Weihnachten den Zustrom eher kühler Luftmassen an. Damit könnte es zumindest in den Bergen für weiße Weihnachten reichen. In den tiefsten Lagen im Norden und Westen stehen die Chancen statistisch gesehen immer schlecht. Wie sich das Wetter genau entwickelt, bleibt noch abzuwarten.

Auch an den Weihnachtstagen hat der Bauernkalender einiges zu bieten: „Hängt zu Weihnacht Eis von den Weiden, kannst du zu Ostern Palmen schneiden.“ und „Viel Wind an den Weihnachtstagen, reichlich Obst die Bäume tragen.“. Beide beziehen sich auf das Wetter beziehungsweise die Ernte im nächsten Jahr. Nur wenn es im Winter kalt ist, ist die Ernte im neuen Jahr gesichert.

Die wohl glaubwürdigste Bauernregel des Jahres gibt es am 31. Dezember: „Friert zu Silvester Berg und Tal, geschieht es dieses Jahr das letzte Mal.“ Mit diesen wahren und weisen Worten wünscht die Autorin Ihnen und Ihren Lieben eine frohe und besinnliche Weihnachtszeit.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.12.2021

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Tornado-Outbreak in den USA

Mehrere Tornados sorgten am Abend des vergangenen Freitags und in der darauffolgenden Nacht zum Samstag in Teilen des Südostens und Mittleren Westens der USA für Verwüstungen und leider auch zahlreiche Tote. Besonders betroffen davon war ein Streifen vom Nordosten Arkansas über den Nordwesten Tennessees bis in den Westen Kentuckys. Allein in Kentucky kamen Medienberichten zufolge über 70 Menschen ums Leben, was bedeutet, dass dieses Tornadoereignis dort eines der, wenn nicht sogar das bisher tödlichste war.

Aber auch von Missouri bis nach Illinois sowie vereinzelt in Mississippi, Alabama und Ohio gab es Tornadomeldungen. Insgesamt wurden dem Storm Prediction Center (SPC) des US-Wetterdienstes der NOAA (Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde) rund 60 Tornados gemeldet, wobei die tatsächliche Anzahl durch Mehrfachsichtungen ein und desselben Tornados vermutlich niedriger sein dürfte. Berichten zufolge sollen es knapp 35 Tornados gewesen sein, davon sieben der Kategorie EF3 (Windgeschwindigkeiten zwischen 218 und 265 km/h). Auf der linken Seite der beigefügten Abbildung  sind die Tornadomeldungen als rote Punkte markiert (in blau Sturm- und Orkanböen, in grün Hagel).

Auch wenn Tornados in den USA selbst im Dezember keine Seltenheit sind, ist dieses Ereignis sowohl was die Anzahl an Tornados als auch die betroffenen Regionen angeht durchaus ungewöhnlich. Dem SPC nach treten im Dezember vor allem in den Staaten in der Nähe zum Golf von Mexiko durchschnittlich 2 bis 4 Tornados pro Bundesstaat auf. Im Mittleren Westen liegt diese Zahl – abgesehen von Missouri (MO) – unter 1.

Im Mittel treten in den USA jährlich etwa 1200 Tornados auf. Nach einer vorläufigen Auswertung des SPC waren es mit Stand vom 07.12.2021 in diesem Jahr bisher 1180 Tornados, wobei diese Zahl vermutlich noch etwas nach unten korrigiert werden dürfte (Stichwort Mehrfachmeldungen). Rechnet man den kürzlichen Tornado-Outbreak noch dazu, dürfte dieses Jahr in Sachen Tornados also im „Sollbereich“ oder etwas darunter liegen. Das Vorjahr verlief etwas unterdurchschnittlich (vorläufige Meldung des SPC: 1075), 2019 wiederum war mit über 1500 Tornados dagegen sehr intensiv.

Für die kommenden Tage sind Tornados in den USA voraussichtlich kaum ein Thema mehr. Zwar prognostiziert das SPC ab dem morgigen Mittwochnachmittag ein geringes Risiko für schwere Gewitter in Teilen von Iowa, Tornados sollten dabei aber wenn überhaupt nur die Ausnahme bilden.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.12.2021

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DWD Tornado Outbreak in den USA

Schwere Zeiten für Sternschnuppenfreunde

Weihnachten kommt mit großen Schritten näher und auch die damit verbundenen Traditionen und Gepflogenheiten. Für Freunde der Astronomie findet das weihnachtliche Highlight aber meist schon ein paar Tage vor dem Fest statt, denn mit dem alljährlichen Meteorschauer der Geminiden kommt das astronomische Beobachtungsjahr meistens zu einem schönen Abschluss.

Die Geminiden treten regelmäßig zwischen dem 04. und dem 20. Dezember auf und sind mittlerweile einer der stärksten Meteorströme des Jahres. Das Maximum wird meist um den 14. Dezember herum erreicht. Die Sternschnuppen entstehen dadurch, dass die Erde die von einem Asteroiden bzw. einem Kometen durch Staub verunreinigte Spur kreuzt. Diese Staubteilchen dringen dabei in die Atmosphäre ein und verglühen dort. Die genaue Verunreinigungsquelle war bei den Geminiden lange Zeit nicht geklärt. Nach Untersuchungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) scheint mittlerweile aber wissenschaftlich festzustehen, dass wahrscheinlich der Asteroid „Phaeton“ der Quellkörper ist. Im laufenden Jahrzehnt ist sogar noch eine Raumfahrtmission („Destiny Plus“) zu diesem Asteroiden geplant. Neben den Geminiden im Dezember sind die Perseiden im Sommer und die Leoniden im Spätherbst besonders bekannt. Die Grundvoraussetzung schlechthin für magische Augenblicke ist natürlich eine freie und möglichst nicht durch Wolken gestörte Himmelssicht. Den besten Blick auf den Nachthimmel gibt es normalerweise auf orographischen Anhöhen, Hügeln oder Bergen sowie im Bereich von ausgedehnten Feldern außerhalb der lichtdurchfluteten Ballungsräume. Die zweite wichtige Voraussetzung ist wesentlich schwieriger zu erreichen, denn auf das Wettergeschehen haben wir (zum Glück) keinen Einfluss.

Leider meint es das Wetter dieses Jahr mit den Sternschnuppenfans nicht sonderlich gut. Aktuell befindet sich Mitteleuropa im Bereich einer schmalen Hochdruckzone, die von der Iberischen Halbinsel bis zu den Baltischen Staaten reicht. Dabei strömt von Südwesten her eine zunehmend milde, aber auch ziemlich feuchte Luftmasse heran. Die Kombination aus feuchter Luft und Hochdruckeinfluss führt im Winter fast zwangsläufig zu überwiegend bedeckten bis trüben Witterungsverhältnissen. Auch wenn sich tagsüber die Wolkendecke kurz durchbrochen zeigen sollte, verdichten sich Nebel- und Hochnebelfelder in den Nächten meist wieder. Außerdem streifen in den nächsten Tagen auch noch Tiefausläufer den Norden, die teils mehrschichtige Bewölkung und leichten Regen mit sich bringen.

Doch ganz chancenlos ist man bei der Sternschnuppenjagd dieses Jahr dann doch nicht, man muss allerdings unter Umständen ein paar größere Reisestrapazen auf sich nehmen. In den höheren Lagen des Südens, insbesondere des Hochschwarzwaldes und der Alpen, stehen die Chancen auf gute nächtliche Sichtverhältnisse in den kommenden Nächten etwas besser. Außerdem haben diese Regionen den Vorteil, dass man den lichtverschmutzten Bereichen der Großstädte entfliehen kann. Sollte es in den kommenden Nächten also aufgrund der Wetterverhältnisse nicht klappen, bestehen bei den nächsten Sternschnuppenschauern des Winters weitere Beobachtungschancen. Kurz vor Weihnachten werden sich beispielsweise die schwachen Ursiden und gleich im neuen Jahr die deutlich stärkeren Quadrantiden einstellen. Hoffen wir mal, dass das Wetter dann besser mitspielt.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 13.12.2021

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„Vorgezogenes“ Weihnachtstauwetter

Einige von euch haben bestimmt das Wort „Weihnachtstauwetter“ gehört und fragen sich, was dies bedeutet. Nun als Weihnachtstauwetter bezeichnet die mild-nasse Witterungsperiode, die in Mitteleuropa als klimatologische Singularität in knapp sieben von zehn Jahren zwischen dem 24. Und dem 29. Dezember eintritt.

Um Weihnachtstauwetter entstehen zu können, muss feuchtwarme Meeresluft aus dem Westen und Südwesten bis nach Mitteleuropa vorstoßen, die die winterliche Witterungsperiode beendet. Die bis dahin gebildete Schneedecke schmilzt bis teils in die mittleren Lagen weg.

In den vergangenen Tagen sorgten Luftmassen polaren Ursprungs für Schneefälle teils bis in den Niederungen. Aktuell liegt in Teilen Mitteleuropas bzw. in Süd- und Ostdeutschland eine mehr oder weniger dünne Schneedecke. In den Mittelgebirgen und an den Alpen ist die Schneedecke teils über 50 cm dick.

Zum dritten Advent, also kurz vor Weihnachten, stellt sich die Wetterlage nun um. Zwischen dem Hoch „Yascha“, das sich von der iberischen Halbinsel bis nach Mitteleuropa erstreckt, und den atlantischen Tiefdruckgebieten „Lutz“ vor Irland und „Kamillo“ bei Island strömt von Westen und Südwesten her zunehmend sehr milde Luft nach Deutschland.

Die Warmfront vom Tief „Kamillo“ mit dem dazugehörigen Niederschlagsgebiet hat am heutigen Sonntag Norddeutschland erreicht und weitet sich weiter nach Süddeutschland aus. Die Milderung kann sich in den Niederungen von Mittel- und Süddeutschlands nur zögerlich durchsetzen. Anfangs kann Schnee dabei sein, der aber bis in die höheren Lagen in Regen übergeht. Stellenweise führt der Regen, wo der Boden noch gefroren ist, zu Glatteisbildung. Also Aufpassen, wenn Sie in den zentralen und östlichen Mittelgebirgen, später auch in Südostdeutschland unterwegs sind.

Am Montag ist die Milderung so weit fortgeschritten, dass die letzten „Kältelöcher“ auch an der unteren Donau ausgeräumt werden. Im Nordwesten werden sogar Höchstwerte bis 13 Grad erreicht, was man für die Jahreszeit als „sehr mild“ bezeichnen kann. In tiefen Lagen dürfte der Schnee daher bald passé sein.

Der weitere Ausblick sagt am Dienstag und Mittwoch im Norden und in der Mitte etwas Regen voraus, danach dominiert wohl Hochdruckeinfluss – was im Winter zumindest in tiefen Lagen aber oft Nebel oder Hochnebel bedeutet. Die Berge könnten dagegen durchaus einige Sonnenstunden abbekommen.

Eine Inversionswetterlage stellt sich somit ein, wo sich in den Niederungen die Kaltluft sammeln kann und es auf den Bergen mild bleibt. Die Nächte bleiben in Norden meist frostfrei. In der Mitte und Süden muss dagegen mit leichten und zur Wochenmitte mit mäßigem Frost gerechnet werden und bei Dauernebel herrscht Dauerfrost.

Das „vorgezogene“ Weihnachtstauwetter“ könnte ein gutes Omen für weiße Weihnachten sein. Denn die Wettermodelle deuten an, dass der Schwerpunkt des Hochs kurz vor den Feiertagen von Mitteleuropa in Richtung der Britischen Inseln und des Nordatlantiks wandert.

Somit wäre die „Tür“ zum Atlantik, von wo im Winter die milde Luft herkommt, geschlossen. Der Weg für die Polarluft aus Skandinavien bzw. Russland in Richtung Mitteleuropa wäre dagegen frei. Kälte und Schnee bis ins Flachland könnten dann die Folgen sein. Die Chancen dafür sehen nicht so schlecht aus.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 12.12.2021

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KAMILLO vertreibt den „verfrühten“ Frühwinter

Hier im Thema des Tages wurde die Frage schon vor etwa einer Woche diskutiert – was passiert bezüglich einer möglichen Milderung an diesem Wochenende? Wenig überraschend ist die Sicht auf die Abläufe jetzt klarer, und von daher soll hier jetzt ein Ausblick auf die kommenden Tage gegeben werden.

Zuerst sei aber nochmal ein Blick zurück erlaubt. Immerhin brachte die nunmehr zu Ende gehende kalte Periode (die ersten massiven Kaltlufteinbrüche wurden ja schon Ende November beobachtet) zumindest vorübergehend auch bis ins Flachland etwas Schnee. Wenn man heute bezüglich der Gesamtschneehöhen ein kleines Resümee ziehen möchte, dann sind diese teils schon beeindruckend. Auf dem Feldberg im Schwarzwald wurden heute Morgen 107 cm Schnee gemessen, auf dem Großen Arber immerhin 54 cm. Dass sich auf den Alpengipfeln mehr als 1 m Schnee akkumulieren konnte, verwundert da nicht mehr wirklich. Bemerkenswert ist aber auch die Situation im Nordosten unseres Landes. In einem schmalen Streifen von Vorpommern bis in die Lausitz liegen 5 bis 10 cm Schnee – das ist für einen 11.12. schon bemerkenswert.

Kein Wunder, dass im Zusammenhang mit dieser winterlichen Episode gerne vom „Frühwinter“ gesprochen wird. Dabei ist das klimatologisch nicht so ganz zutreffend. Der deutsche Meteorologe Hermann Flohn (* 19.2.1912, † 23.6.1997) wies in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts dem „Frühwinter“ ein Zeitfenster vom 14.-25.12. zu, dem dann das „Weihnachtstauwetter“ folgte. Dabei gehören sowohl der „Frühwinter“ als auch das „Weihnachtstauwetter“ zu den Witterungsregelfällen, im Fachjargon als Singularitäten bezeichnet. Zu diesen wird auch heute noch geforscht. Dabei geht es nicht nur um die Frage, wann sie auftreten und wie kräftig sie ausfallen, sondern auch um die Frage, mit welcher statistischen Sicherheit mit ihnen gerechnet werden kann (Stichwort: Signifikanz). Im Zuge solcher Arbeiten kam z.B. der Frankfurter Professor Christian-Dietrich Schönwiese zu einem Frühwinter-Zeitraum vom 17.-21.12.

Legt man die genannten Zeiträume zu Grunde, so handelt es sich in diesem Jahr wohl um einen „verfrühten“ Frühwinter. Was der durchaus beeindruckenden winterlichen Performance aber natürlich keinen Abbruch tut.

Nun stehen die Zeichen aber auf Milderung, und Tief KAMILLO steht federführend für den erwarteten Wetterumschwung. Als steuerndes Zentraltief bei Island führt es von Südwesten mildere Luft heran. Unterstützt wird KAMILLO dabei von dem kleinräumigeren Tief LUTZ bei Irland, welches sich an der Kaltfront von KAMILLO bildet. Es sorgt nicht nur dafür, dass KAMILLOs Kaltfront kräftig verbogen und sogar als Warmfront über den Britischen Inseln rückläufig wird, sondern vor allem auch dafür, dass die Front westlich von uns bleibt und Deutschland nicht von West nach Ost überquert. Dieses Spiel soll sich am Montag mit einem weiteren kleinräumigen Tief (MATTEO?) nochmal wiederholen. In der Folge wird in den kommenden Tagen zwischen dem genannten Tiefdruck-Trio und Hoch YASCHA Warmluft zu uns geführt – die die bei uns noch vorhandene Kaltluft ausräumt. Damit steigen auch die Höchsttemperaturen. Schon am morgigen Sonntag könnte im äußersten Westen die 10-Grad-Marke fallen, am Montag sollen dann im Westen bis zu 12 Grad drin sein.

Der Übergang von „kalt“ zu „warm“ ist aber immer mit Vorsicht zu genießen. Die Warmfront von KAMILLO, in der Karte vom morgigen Sonntag in Nord-Süd-Ausrichtung über Deutschland gelegen, bringt nämlich Niederschläge, bei denen Schnee, Schneeregen und Regen, aber auch gefrierender Regen mit von der Partie sein können. Insofern ist auch das Ende des „verfrühten“ Frühwinters – zumindest gebietsweise – winterlich geprägt.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 11.12.2021

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DWD KAMILLO vertreibt den verfruehten Fruehwinter

Heikle Lawinensituation in den Alpen

In den letzten Jahrzehnten erlebte das Tourengehen einen regelrechten Boom, der durch die Pandemie noch zusätzlich verstärkt wurde. Viele Wintersportler schätzen die Freiheiten, die eine Skitour bietet – sei es entlang der Pisten oder im freien Gelände. Für eine sichere Tourenplanung ist es wichtig, ein Grundverständnis der Lawinenkunde zu haben und die täglichen Einschätzungen der Lawinensituation der Lawinenwarndienste zu studieren. Um ein bisschen Starthilfe zu geben, schauen wir auf den bisherigen Schneedeckenaufbau und die damit verbundenen Lawinengefahrenmuster.

In den alpinen Lagen brachte der Frühwinter in der ersten Novemberhälfte zunächst nur wenige Niederschlagsereignisse, die zu einer eher geringmächtigen Schneedecke führten. Zwischen den Schneefällen und bis in die dritte Dekade dominierte häufig Hochdruckeinfluss das Wettergeschehen. Bei diesen Perioden mit teils nächtlichem sternenklaren Himmel strahlte die Schneedecke aus und kühlte dadurch deutlich ab. Aufgrund großer Temperaturgegensätze konnten sich die oberflächennahen Schichten der Altschneedecke aufbauend umwandeln  und es setzte sich zusätzlich Oberflächenreif ab. Die Schneedeckenoberfläche bestand somit aus kantigen, lockeren Schneekristallen, deren Festigkeit untereinander im Allgemeinen relativ gering ist.

Ab Ende November folgte die Umstellung zu einer von Tiefdruck geprägten Wetterlage, die in mehreren Schüben teils markante Neuschneemengen brachte. Vor allem in den mittleren und tiefen Höhenlagen waren die Niederschlagsereignisse durch zeitweise Warmlufteinschübe und schwankende Schneefallgrenzen geprägt. So konnten sich auch innerhalb der Schneedecke zwischen den Schichten der einzelnen Schneefallereignisse Temperaturgradienten ausbilden, wodurch Umwandlungsprozesse begünstig wurden. Das heißt, nicht nur die überdeckte Schwachschicht der spätherbstlichen Altschneedecke, sondern auch neu entstehende Schwachschichten innerhalb der Schneedecke bieten potentielle Bruchstellen für Lawinen. Dazu griff auch der Wind als „Baumeister der Lawinen“ ein und trug vor allem an windgeschützten Stellen größere Triebschneepakete zusammen. Innerhalb der Triebschneeansammlungen selbst weisen die Schneekristalle eine hohe Bindung auf und bilden damit gefährliche Schneebretter aus. Mit den Schwach- und Schneeschichten sind diese meist nur lose verbunden und können durch Zusatzbelastung – etwa durch einen oder mehrere Wintersportler – ausgelöst werden. Für Skitourengeher ist das Erkennen von Triebschnee daher sehr wichtig. Ein Anzeichen für Triebschnee kann eine dünenartig gewellte Schneeoberfläche sein.

Zuletzt brachte Tief HARRY diese Woche von Mittwoch auf Donnerstag vor allem den nördlichen und zentralen Alpen – etwa von den Allgäuer Alpen über weite Teile Tirols und Südtirols – noch einmal 20-40, in einigen Staulagen bis 60 cm frischen Pulverschnee. Dabei sind durch verbreitet starken bis stürmischen Wind die Triebschneeansammlungen nochmals überall angewachsen. Durch den Neuschnee können sich im Steilgelände spontane Lockerschneelawinen und bereits durch geringe Zusatzbelastungen Schneebrettlawinen lösen. Bei größeren Belastungen, etwa durch eine Skifahrergruppe, können auch tieferliegende Schwachschichten gestört werden, sodass auch mittelgroße Schneebrettlawinen abgehen können. Mit tiefen Temperaturen und zeitweise starkem Wind kann sich die Schneedecke vorerst nicht verfestigen und bleibt störanfällig. Außerdem kommt ab heute im Tagesverlauf bis zum Samstag schwerpunktmäßig von Vorarlberg und Westtirol bis ins Allgäu nochmals 10-20 Zentimeter Neuschnee zusammen. Starker bis stürmischer Südwestwind erzeugte zusätzliche Triebschneepakete. Ab Sonntag wird es mit einer Warmfront dann durchgreifend wärmer und zumindest bis in mittlere Höhen wird durch eintragenden Regen das Gewicht der Schneedecke erhöht und somit die störanfälligen Schwachschichten zusätzlich belastet. Eine Entspannung ist somit über das Wochenende nicht in Sicht.

Die Lawinenwarndienste in Bayern sowie bei den angrenzenden Nachbarn in Tirol, Vorarlberg und auch in Südtirol haben für größer Bereiche die Lawinengefahrenstufe erheblich (Stufe 3 von 5) ausgerufen. Für inneralpine Hochlagen wird die Lawinensituation sogar als groß (Stufe) 4 erachtet. Für Wintersportler – respektive Tourengeher – entspricht das einer kritischen Situation. Zur Veranschaulichung: Stufe 3 wird im Schnitt für etwa 30 Prozent der Zeit in der Wintersaison prognostiziert, zeichnet sich aber für rund die Hälfte aller Todesopfer durch Lawinen verantwortlich.

Für die Tourenplanung sollte man sich derzeit beziehungsweise generell optimal vorbereiten, wenn man im freien Gelände unterwegs sein möchte. Dabei sollte ab Stufe 3 auf eine defensive Routenwahl mit Meidung von steilen Hanglagen gesetzt werden. Außerdem sollte die passende risikomindernde Ausrüstung möglichst mit einem Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS) mitgeführt werden. Unerfahrene sollten besser auf den geöffneten Abfahrten oder Pisten bleiben.

M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 10.12.2021

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Ozon auch über der Arktis häufiger ausgedünnt

Der chemische Verlust von arktischem Ozon durch anthropogene Halogene (wie Chlor oder Brom) ist temperaturabhängig, wobei in kalten Wintern, die für die Bildung polarer stratosphärischer Wolken günstig sind, ein größerer Verlust auftritt. In einem aktuellen wissenschaftlichen Artikel aus 2021 wird gezeigt, dass ein statistisch signifikanter Anstieg des Potenzials für die Bildung von polaren stratosphärischen Wolken in kalten Wintern in den meteorologischen Daten des letzten halben Jahrhunderts zu erkennen ist. In der Stratosphäre ist der Wasserdampfgehalt der Luft sehr gering, so dass sich keine herkömmlichen Wasserwolken bilden können. Polare Stratosphärenwolken bestehen daher aus Kristallen von Schwefelsäure oder Salpetersäure; bei extrem tiefen Temperaturen kann sich um diese Säurekristalle noch ein Eismantel bilden. An den Oberflächen der Kristalle können chemische Reaktionen ablaufen, die für den Ozonabbau in der Stratosphäre verantwortlich sind.

Die Ergebnisse zahlreicher Zirkulationsmodelle (Computersimulationen und -projektionen) zeigen ebenfalls positive Trends bezüglich polarer Stratosphärenwolken im Zeitraum 1950 (Analyse bis dato) bis zum Jahr 2100 (Prognose), wobei die höchsten Werte am Ende des 21. Jahrhunderts auftreten sollen, und zwar für Simulationen, die von einem starken Anstieg des Strahlungsantriebs des Klimas durch Treibhausgase (wie z.B. CO2 oder Methan) angetrieben werden.

Andererseits lassen sich die Ozonschwankungen im arktischen Polarwirbel während des Winters und des Frühjahrs neben dem erläuterten anthropogenen chemischen Verlust auch durch dynamischen Antrieb erklären. Der chemische Verlust und die dynamische Zufuhr von stratosphärischem Ozon (durch meridionale Zirkulationen) zeigen eine große jahreszeitliche Variabilität, die von meteorologischen Faktoren bestimmt wird. Kältere und damit stärkere stratosphärische Polarwirbel gehen mit geringeren Werten des Gesamtozons in der atmosphärischen Säule und größerem chemischen Ozonverlust (aufgrund niedriger Temperaturen) einher. In den kältesten arktischen Wintern werden die geringsten Ozonwerte in der Gesamtsäule (vertikal) gemessen, was zum Teil auf einen größeren chemischen Verlust zurückzuführen ist.

Welche Rolle könnte der Klimawandel hierbei noch spielen?

Ein Nebeneffekt der höheren Treibhausgaskonzentrationen in der Troposphäre kommt hierbei zum Tragen. Nimmt ihr Gehalt dort zu, so wirken die Treibhausgase wie eine Decke, die zwar nach unten hin wärmt (Verhinderung der langwelligen Ausstrahlung aus der Troposphäre), aber die Stratosphäre wiederum durch Ausstrahlung der Treibhausgase nach oben hin abkühlt. Auch dadurch bedingt kann der stratosphärische Polarwirbel im Winterhalbjahr sowohl stärker ausgeprägt sein als auch im Frühjahr mitunter verspätet zusammenbrechen. Das Treibhausgas Methan kann zudem bis in die Stratosphäre aufsteigen und dort die Luftfeuchtigkeit erhöhen, wie Forscher herausgefunden haben. Das wiederum fördert die Bildung der polaren Stratosphärenwolken zusätzlich und forciert somit indirekt den chemischen Ozonabbau. Diese beschriebenen negativen Effekte stellen somit einen gegenläufigen Trend zum allmählichen Abbau der ozonzerstörenden Substanzen (wie z.B. die bekannten FCKWs) dar. Und die Forscher sind sich einig: je mehr Treibhausgas-Emissionen es gibt, desto mehr Ozonabbau könnte das auch für die Zukunft bedeuten.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 09.12.2021

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Winterfreuden

Über Tief „Harry“, international auch als „Barra“ bekannt, wurde bereits gestern an dieser Stelle berichtet. Auch heute treibt es noch sein Unwesen über Irland und Großbritannien in Form von Sturm- und Orkanböen, vor allem an den dortigen Küsten. Aber auch wir in Deutschland bleiben von „Harry“ nicht komplett verschont, auch wenn die Auswirkungen weit weniger heftig sind wie auf den Britischen Inseln. Bereits in der vergangenen Nacht zog ein Ausläufer von „Harry“ in Form einer Okklusionsfront von Westen her nach Deutschland hinein und hat im Zusammenspiel mit kühler Meeresluft vor allem in den Frühstunden des heutigen Mittwochs in einem breiten Streifen von Schleswig-Holstein über Mitteldeutschland bis an den Alpenrand für Schneefall gesorgt.

Aber nicht überall hat es für Schneefall gereicht. Insbesondere im Süden und Westen ging der Schnee teilweise in Regen über. Ausgehend von der Schwäbischen Alb südostwärts über weite Teile Schwabens waren die Böden aus der Nacht heraus hinreichend abgekühlt und wiesen oft Belagstemperaturen im negativen Bereich auf. Die Folge: Gefrierender Regen und Eisglätte, die in den heutigen Frühstunden für einige Probleme auf den dortigen Straßen gesorgt haben. Davon zeugten unter anderem zahlreiche Nutzermeldungen, die den DWD erreicht haben und den Meteorolog:innen bei der Herausgabe der Warnungen sehr geholfen haben.

Aber das soll noch nicht alles gewesen sein. An dem mit „Harry“ in Verbindung stehenden Höhentrog setzt im Alpenraum bzw. über Oberitalien eine Tiefentwicklung ein, die den Niederschlag über Süddeutschland im Tagesverlauf intensivieren lässt. Damit einher gehen zunehmend starke Schneefälle insbesondere in den höheren Lagen. Besonders betroffen davon ist das Allgäu, das gleichzeitig auch noch exponiert in Staurichtung liegt. Bis morgen früh kommen dadurch erhebliche Neuschneemengen zusammen, die stellenweise die Marke von 30 Zentimetern innerhalb von 24 Stunden überschreiten können. Verbreitet fallen dort auf jeden Fall zwischen 10 und 20 Zentimetern.

Aber auch nördlich davon wird es bis morgen früh Neuschneezuwachs durch weiße Flocken von oben geben, wenngleich nicht mit den Mengen wie im äußersten Süden. Entlang der immer langsamer vorankommenden und allmählich zerfallenden Okklusionsfront fallen dabei auch von Oberschwaben über Franken bis nach Thüringen circa 5 Zentimeter Neuschnee, wobei die Mengen nach Norden hin immer geringer werden.

Die nasskalte und frühwinterliche Witterung setzt sich zumindest noch bis zum Wochenende fort. Vor allem am Freitag und Samstag fällt in der Südwesthälfte erneut in den höheren Lagen Schnee. Zu Beginn der nächsten Woche stellt sich dann voraussichtlich ein milderer Witterungsabschnitt ein, wobei allerdings noch nicht ganz klar ist, ob die bodennahe kalte Luft wirklich ausgeräumt werden kann. So oder so sollte es das mit Neuschnee aber erst einmal gewesen sein.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 08.12.2021

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DWD Winterfreuden

BARRA die Bombenzyklone

Über dem Nordatlantik ereignete sich in den letzten 36 Stunden eine bemerkenswerte Tiefdruckentwicklung. Schon der Blick auf die Bodenanalyse von heute, Dienstagmorgen (07.12.2021) sowie das Satellitenbild zeigt ein ausgewachsenes Orkantief als Wolkenspirale bei den Britischen Inseln. Doch weniger das Tief selbst als dessen Werdegang ist als wahrlich außergewöhnlich zu bezeichnen. Denn dem System, das vom irischen Wetterdienst auf den international gültigen Namen BARRA und von der Freien Universität Berlin auf HARRY getauft wurde, genügten kaum 24 Stunden, um von einem eher unscheinbaren Tief zu einem veritablen Orkan heranzureifen.

HARRY nahm seinen Ursprung als kleine Welle an der Polarfront über Nordamerika und zog über den Nordatlantik etwa entlang des 50. Breitengrades gen Osten. Sie machte sich in der Folge die enormen Temperaturgegensätze zunutze, die sich zwischen der von Nordkanada auf den Nordatlantik strömenden sehr kalten Polarluft und der südlich lagernden Subtropikluft aufbauten. Je größer die Temperaturgegensätze, desto mehr „Aufwand“ muss die auf Ausgleich bedachte Atmosphäre betreiben, diese Gegensätze abzubauen. Anders ausgedrückt stellen diese Bereiche besonders großer Temperaturgegensätze ein gewaltiges Energiereservoir dar, das Tiefdruckgebiete in Bewegungsenergie, also Wind umsetzen.

html vergleicht den Luftdruck auf Meeresniveau zwischen Montagmorgen (06 UTC) und Dienstagmorgen (06 UTC). In diesem Zeitraum fiel der minimale Luftdruck im Kern von HARRY von rund 1015 hPa auf rund 965 hPa. Man erkennt diese Intensivierung daran, dass sich immer mehr Isobaren, also Linien um gleichen Luftdrucks um den Tiefkern scharen. Wir konnten also eine Luftdruckabnahme von sage und schreibe 50 hPa innerhalb von gerade einmal 24 Stunden beobachten. Ab einer „Vertiefungsrate“ von 24 hPa in 24 Stunden (entlang des 60. Breitengrades, weiter südlich sind geringere, weiter nördlich etwas höhere Werte notwendig) spricht man von einer „rapiden Zyklogenese“. Im Hinblick auf die Explosivität solcher Phänomene werden gerne auch mal die Begriffe „Bombogenese“ oder „Bombenzyklone“ genannt. Sie treten regelmäßig im Winterhalbjahr auf, wenn die Temperaturgegensätze zwischen den Polen und den Subtropen deutlich zunehmen. Bombogenesen dieser Ausprägung sind allerdings äußerst selten.

HARRY bringt Irland und Teilen Großbritanniens heute schweren Sturm, teilweise sehr schadensträchtige Orkanböen (140-150 km/h im Südwesten von Irland). Doch auch unser Wetter wird ab der Nacht zum Mittwoch von HARRY beeinflusst, allerdings nur von einem Ausläufer in Form einer Mischfront (Okklusion). Die Wettererscheinungen an ihr sind bei weitem nicht so heftig wie bei den Britischen Inseln. Dennoch sorgen die mit der Front von Westen aufkommenden Regen- und Schneefälle morgen früh gebietsweise für gefährliche Glätte. Auch der Wind dreht spürbar auf und weht insbesondere an der Küste sowie in Hoch- und Leelagen in Böen stark bis stürmisch.

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 07.12.2021

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