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Unbeständig geht der Juli zu Ende

Der Ausläufer des Skandinavientiefs LUCA überquert Deutschland heute nur langsam von West nach Ost. Dabei wird mit schwacher westlicher Strömung eher kühle, labil geschichtete und vor allem wieder feuchte Meeresluft herangeführt. Diese sorgt im Tagesverlauf für wiederholte Schauerstaffeln, die gebietsweise auch von einzelnen Gewittern begleitet werden. Lokal tritt dabei Starkregen mit Mengen um 15 bis 25 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit auf. Auf räumlich eng begrenztem Raum sind auch unwetterartige Regenfälle mit Mengen bis zu 40 Litern pro Quadratmeter nicht ausgeschlossen. Das Starkregenpotential konzentriert sich heute auf die Südhälfte Deutschlands. Doch nicht nur in Verbindung mit Gewittern muss heute mit nennenswerten Regenmengen gerechnet werden. Auch bei sich wiederholenden Schauern können um 30 Liter pro Quadratmeter in mehreren Stunden fallen – insbesondere, wenn sich einzelne Schauer immer wieder über dem gleichen Gebiet entladen.

Ein besonderes Augenmerk beim Thema Niederschlag gilt dem Alpenrand. Durch die west- bis nordwestliche Anströmung stauen sich dort die Niederschläge. Schon gestern wurde eine Dauerregenwarnung ausgegeben, und bis heute Mittag kamen verbreitet 25 bis 40 Liter zusammen. In einigen Regionen im östlichen Alpenvorland waren es sogar 80 bis 100 Liter. Und in den nächsten Tagen fallen immer wieder Niederschläge.

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24-stündige Niederschlagssumme berechnet aus angeeichten Radarmessungen von Samstag, den 26.07.25 12 Uhr MESZ bis zum 27.07.2025 12 Uhr MESZ.

Die Sonne zeigt sich heute nur selten, mit den besten Chancen noch im äußersten Osten Deutschlands – etwa zwischen Uckermark und Oberlausitz – oder auf den Nordseeinseln. Entsprechend verhalten sich die Temperaturen: Die Tageshöchstwerte liegen meist zwischen 19 und 24 Grad Celsius, etwas wärmer wird es mit 23 bis 26 Grad in Brandenburg und Sachsen.
Der Wind bleibt insgesamt schwach und spielt im aktuellen Wettergeschehen noch eine eher untergeordnete Rolle. Er weht meist aus West bis Nordwest und frischt selbst bei Gewittern kaum merklich auf – was unter anderem an der feucht-schweren und damit trägen Luftmasse liegt.

Wer sich Ende Juli heißes und sonniges Wetter erhofft hatte, wird dieses Jahr enttäuscht. Die Natur hingegen freut sich über die Erholung vom Trocken- und Hitzestress. Die derzeit mäßig-warme und nasse Witterung setzt sich auch in den kommenden Tagen fort. Bereits am morgigen Montag ziehen erneut Schauer und einzelne Gewitter durchs Land. Am Alpenrand und auch am Schwarzwald fällt weiterhin länger anhaltender Regen. Dort gibt es kaum trockene Abschnitte. Insgesamt werden noch zusätzlich Mengen zwischen 40 und 60 Litern pro Quadratmeter innerhalb von 48 Stunden bis Dienstagmittag erwartet. Lokal sind auch nochmals bis zu 80 Litern möglich. In höheren Lagen oberhalb von 2500 Metern kann es sogar etwas Schnee geben – doch bei der dichten Bewölkung und den eingeschränkten Sichtverhältnissen dürfte davon kaum jemand etwas mitbekommen. Die Höchstwerte steigen in den kommenden Tagen bei wechselnd bis stark bewölkten Himmel nur wenig über 20 Grad.

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Prognostizierte 24-stündige Niederschlagssummen und Tageshöchstwerte des ICON-6 Modells für Montag, Dienstag und Mittwoch. Modellauf 27.07.2025 06 UTC

Meteorologisch interessant wird der Mittwoch. Von Skandinavien rutscht ein mit hochreichend kalter Luft gefülltes Höhentief Richtung Schleswig-Holstein. In Kombination mit Föhn-Effekten entwickelt sich das dazugehörige Bodentief zu einem kleinräumigen Sturm über der Nordsee. Für die deutsche Nordseeküste und deren Umfeld bedeutet das noch mehr Regen, teils auch kräftige Gewitter mit stürmischen Böen. Über dem offenen Wasser sind auch einzelne orkanartige Böen nicht ausgeschlossen.

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Synoptischer Überblick der Wettersituation am Mittwoch den 30. Juli 2025. Modellauf jeweils 27.07.2025 00 UTC.

Bei solchen Wetteraussichten kann sich der ein oder andere tatsächlich fragen „Wo bleibt der Sommer?“ Die Hitzehungrigen und Sonnen-Enthusiasten können sich auf Mitte bis Ende August freuen. Zumindest wenn man den erweiterten Langzeit-Prognosen Glauben schenken mag. Dann zeichnet sich stabileres Hochdruckwetter mit mehr Sonne und weniger Niederschlag ab. So verspricht es zumindest die erweiterte Langezeitprognose des Europäischen Zentrums für Mittelfristvorhersage (ECMWF). Die subsaisonalen Vorhersagen (auch als erweiterte oder monatliche Vorhersagen bezeichnet) des ECMWF bietet einen Überblick über mögliche Wetterbedingungen bis zu 46 Tage im Voraus. Sie konzentrieren sich hauptsächlich auf die durchschnittlichen Bedingungen Woche für Woche und darauf, wie sie sich von einer langfristigen (modellbasierten) Klimatologie unterscheiden. Diagramme zeigen beispielsweise, ob die durchschnittlichen Bedingungen für eine Woche für diese Jahreszeit kälter oder wärmer als normal sein werden. Die Berechnungen liefern also keine exakten Tagesprognosen, sondern Tendenzen. Und die deuten darauf hin, dass Hitze und Sonne diesen Sommer sich noch nicht geschlagen geben, sondern später in der Saison nochmal wiederkommen können.

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Langfristprognose des ECMWF für den Standort Offenbach am Main: Anomalie der prognostizierten 2-Meter Temperatur, des Luftdrucks, und des Niederschlags im Vergleich zum Modellklima.

MSc Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.07.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Föhn vs. „Gruselwetter“

Ob am heutigen Halloween-Dienstag wirklich Gruselwetter herrscht, ist sicherlich Geschmackssache. Von Herbstwetter kann man aber definitiv sprechen. Viele Wolken, immer wieder mal Regen und windig – so lässt sich das Wetter nicht nur für heute, sondern im Großen und Ganzen auch für die kommenden Tage zusammenfassen. Eine Ausnahme bilden dabei das Alpen- und Erzgebirgsvorland am Mittwoch und zum Teil auch am Donnerstag. Auf der Ostflanke eines Tiefdruckkomplexes bei den Britischen Inseln sorgt Föhn für weitgehend trockene Verhältnisse und immer wieder auch sonnige Abschnitte.

Ist von Föhn die Rede, wird schnell das (vielleicht auch schon etwas eingestaubte) Schulwissen herausgekramt: Luft trifft auf ein Gebirge und wird zum Aufsteigen gezwungen. Dabei kühlt sie um 1 Kelvin pro 100 m ab. Irgendwann bilden sich Wolken und es beginnt zu regnen, wobei die Luft nun nur noch mit 0,65 Kelvin pro 100 m Aufstieg abkühlt. Am Gipfel angekommen, strömt die Luft auf der Leeseite, also der windabgewandten Seite des Gebirges, herab und erwärmt sich dabei, wodurch es zur Wolkenauflösung kommt. Die Erwärmung beim Abstieg erfolgt nun durchweg mit 1 K pro 100 m.

DWD Foehn vs. Gruselwetter

Bei diesem Prozess spricht man von der klassischen Föhntheorie. Jetzt gibt es allerdings ein Problem: Wie eine Studie zeigt, gehen zum Beispiel in Innsbruck mindestens 50 % der dort untersuchten Föhnfälle ohne Niederschläge einher. Zu einem geringen Teil kam es sogar nicht einmal zur Wolkenbildung. Irgendwie blöd, oder?

Gut, dass es – neben zahlreichen weiteren Theorien – die hydraulische Föhntheorie gibt. Bei ihr geht man davon aus, dass die Luft, die auf ein Gebirge trifft, nicht aufsteigt, sondern geblockt wird und im Luv (also auf der windzugewandten Seite des Gebirges) liegen bleibt und langsam auskühlt. Die im bzw. oberhalb des Bergkammniveaus heranströmende, deutlich trockenere Luft fällt dagegen nach Überquerung des Gebirgskamms ins Tal ab und erwärmt sich dabei um 1 K pro 100 m. Das kann man sich vorstellen wie in einem randvollen Stausee, bei dem nur die oberste Wasserschicht über die Staumauer in die Tiefe schwappt.

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Stellt sich noch die Frage, wie es zu den mitunter hohen Windgeschwindigkeiten auf der Leeseite eines Gebirges kommt. Betrachten wir daher einfach mal ein Luftpaket, das gerade über dem Gipfel angekommen ist. Dieses Paket besitzt eine gewisse Energie, die sich hauptsächlich aus seiner Lage- und seiner Bewegungsenergie zusammensetzt. Die Lageenergie hängt dabei von der Höhe (also der vertikalen Lage) des Pakets ab und die Bewegungsenergie stark von dessen Geschwindigkeit. Strömt das Paket nun den Berg hinab, nimmt seine Höhe und damit auch seine Lageenergie ab. Da seine Gesamtenergie aber gleichbleiben muss (Stichwort Energieerhaltung), muss im Umkehrschluss seine Bewegungsenergie zunehmen und damit seine Geschwindigkeit.

Verstärkt werden kann dieser Effekt u.a. noch durch das Gelände. Muss unser Luftpaket unterwegs noch einen engen Gebirgspass durchströmen, entsteht eine Art Düseneffekt (Stichwort Venturi-Effekt) und es kann vorübergehend noch einmal deutlich mehr Gas geben.

Diese Beschreibung wurde an dieser Stelle natürlich nur sehr grob gehalten. Deutlich detailliertere Informationen zu dieser und weiteren Föhn-Theorien finden Sie in unserem Wetterlexikon unter.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.10.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst