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Das Niederschlagsradar

RADAR ist die Abkürzung für RAdio Detection And Ranging, auf Deutsch „funkgestützte Ortung und Abstandsmessung“. Ursprünglich wurde Radar ausschließlich für militärische Zwecke genutzt und fand im Zweiten Weltkrieg erstmals breite Anwendung zur Ortung von Schiffen und Flugzeugen. Dabei wurde die Entdeckung von Heinrich Hertz aus dem Jahr 1886 genutzt, der herausfand, dass metallische Gegenstände elektromagnetische Wellen reflektieren. Während des Zweiten Weltkriegs wurde entdeckt, dass auch Niederschlag Signale im Radar erzeugt. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigten sich Wissenschaftler damit, diese Niederschlagssignale herauszufiltern und spezielle Radarsysteme für die Niederschlagsdetektion zu entwickeln.

Das Funktionsprinzip des Niederschlagsradars ist relativ einfach. Ein Sender sendet gepulste Mikrowellen aus, deren Wellenlänge so gewählt ist, dass sie an Niederschlagspartikeln wie Regentropfen, Schneeflocken, Graupel und Hagel reflektiert und zum Radar zurückgestreut werden. Anschließend wird das zurückgestreute Signal, das nur einen Bruchteil der Energie des gesendeten Signals hat, am Radar mithilfe einer Antenne empfangen und gemessen. Aus der Antennenposition und der Laufzeit des Signals ergibt sich die Position der reflektierenden Hydrometeore. Die Geschwindigkeit der Mikrowellen wird dabei unter Berücksichtigung des Brechungsindex der Luft korrigiert.

DWD Das Niederschlagsradar 1

Die Radarbilder des Deutschen Wetterdiensts, die von 17 Radarmessstationen frei zugänglich und auf diversen Wetterseiten zu sehen sind, zeigen die entfernungskorrigierte Intensität des zurückgestreuten Signals, gemessen in Dezibel (dBZ). Die Skala ist logarithmisch, das heißt 2 dBZ sind die 10-fache Intensität wie 1 dBZ. Doch wie lässt sich das interpretieren: Das Beispielbild zeigt eine sommerliche Gewitterlage. Die Farbskala ist an die Skala in der Warnwetter-App angelehnt. Hellblaue Werte (1 bis 15 dBZ) zeigen zumeist leichten Sprühregen oder nur ein paar Tropfen Regen. Unter Grün (rund 15 – 30 dBZ) kann man sich einen leichten bis mäßigen Landregen vorstellen, der bei Gelb (ab 30 dBZ) schon in kräftigere Intensität übergeht. In diesem Fallbeispiel sieht man dies an den kräftigeren Schauern zwischen Alb und Allgäu. Interessant wird es, wenn die Farbe ins Rot geht. Dies bedeutet Reflektivitäten von über 45 dBZ, die fast nur in Schauern und Gewittern erreicht werden. Ab da nimmt das Starkregenpotenzial deutlich zu. Am auffälligsten ist dies in diesem Beispiel im Gewitterkomplex über Südbayern der Fall. An seiner Südostseite geht die Reflexivität ins „Blaue“ (> 55 dBZ), dies ist meist bei Hagel der Fall. Dieser blaue Bereich war in diesem Fall einem größeren Hagelunwetter zuzuordnen. Die Schauer und Gewitter in Mittel- und Norddeutschland sind weniger heftig. Die Fläche mit roten und blauen Reflektivitäten ist dort viel kleiner.

DWD Das Niederschlagsradar

Um die Niederschlagsintensität zu messen, erfolgt eine Umrechnung des empfangenen Signals in l/m² pro Stunde. Diese Umrechnung erfolgt durch Z-R-Beziehungen, wobei Z für die Reflektivität des Signals (dBZ) und R für die Regenrate (l/m² pro Stunde) steht. Diese Beziehungen wurden durch langjährige Messung empirisch gewonnen, ist aber besonders in Gewittern, die Hagel enthalten, auch zu einem gewissen Maße ungenau. Um die Genauigkeit zu erhöhen, werden die aus dem Radar gemessenen Niederschlagsraten mit Stationsmeldungen verglichen und entsprechend kalibriert. So lässt sich relativ gut die Niederschlagsmenge flächendeckend bestimmen.

DWD Das Niederschlagsradar 2

Niederschlagsradare bieten jedoch noch weitere Möglichkeiten. Die Radarbilder können zeitlich animiert werden, um die Verlagerung des Niederschlags und die Zugrichtung von Gewittern abzuschätzen. Mithilfe des mathematischen Verfahrens des „optischen Flusses“ kann diese Bewegung sogar in die Zukunft projiziert werden, was genaue Vorhersagen von 15 Minuten bis zu einer Stunde ermöglicht. Der Deutsche Wetterdienst betreibt sogenannte dual-polarimetrische Radare. Diese können darüber hinaus über den Dopplereffekt sogar die Windgeschwindigkeit messen, den Wasser- und Eisgehalt einer Wolke bestimmen und aus der Depolarisation sogar Aussagen über die Art des Niederschlags treffen. So kann man unterscheiden, ob eine Wolke Hagel, große oder kleine Tropfen, Graupel oder Schnee enthält. Mittels der vertikalen Temperaturschichtung und Temperaturmessungen an Wetterstationen und Glättemeldeanalgen lässt sich dann ableiten, ob der Niederschlag als Regen oder Schnee am Boden ankommt.

DWD Das Niederschlagsradar 3

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wetter fährt Achterbahn

Das bisher wetterbestimmende Hochdruckgebiet QUITERIA hat sich mittlerweile nach Osteuropa zurückgezogen und verliert damit zunehmend seinen Einfluss auf das Wettergeschehen in Deutschland. Dafür hat heute Tief JAN mit Kern über Großbritannien das Zepter in die Hand genommen. An seiner Vorderseite strömt heute noch warme und feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum ein, sodass im Osten nochmals Höchstwerte zwischen 26 und 30 Grad erreicht werden können. Auch sonst wird es mit 24 bis 28 Grad erneut spätsommerlich warm. Eine erste Kaltfront liegt dabei am Nachmittag über der Osthälfte des Landes und sorgt vor allem im Süden und Südosten für teils kräftige, schauerartig verstärkte und mitunter gewittrig durchsetzte Regenfälle. Lokal fallen dabei 20 bis 30, punktuell um 40 l/qm in einer oder wenigen Stunden. Sonst sind Schauer eher selten.

Erst am Abend droht von Westen neues Ungemach. Dann zieht eine zweite Kaltfront samt kräftigen Schauern und Gewittern auf. Bei diesen Gewittern ist Starkregen mit Mengen um 20 l/qm in kurzer Zeit und kleinkörniger Hagel möglich. Augenmerk muss vor allem auf die stürmischen Böen und eventuell Sturm- oder sogar schweren Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten zwischen 70 und 90 km/h gelegt werden. Die Gewitter verlagern sich in der Nacht unter deutlicher Abschwächung ostwärts.

DWD Wetter faehrt Achterbahn 1

Am morgigen Dienstag verstärkt sich der Druckgradient zwischen tiefem Luftdruck über Nordeuropa und hohem Luftdruck über Südeuropa. Dies ist an der Drängung der Isobaren im nachfolgenden Bild gut zu erkennen.

DWD Wetter faehrt Achterbahn 2

Durch die Verschärfung des Druckgradienten lebt der Südwest- bis Westwind in weiten Teilen des Landes deutlich auf. Insbesondere im Westen, Nordwesten und Norden sind bis in tiefe Lagen steife Böen zu erwarten. An der Nordsee und generell im Bergland drohen stürmische Böen und Sturmböen, auf den Inseln auch einzelne schwere Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten um 100 km/h.

Die Niederschlagsneigung lässt in den meisten Landesteilen jedoch deutlich nach und nur an den Alpen regnet es anfangs noch etwas. Die Sonne kann sich dabei häufig zeigen, hauptsächlich in einem breiten Streifen vom Schwarzwald bis zur Uckermark. Im äußersten Norden und Nordwesten, später auch weiter im Binnenland regnet es aus dichter Bewölkung zeitweise. Mit Höchstwerten um 19 Grad im Nordwesten entsteht dort fast schon ein herbstlicher Wettereindruck. Sonst liegen die Höchstwerte mit 20 bis 24 Grad oftmals 4 bis 8 Grad unter denen des Vortags. Insgesamt ist der September deutschlandweit derzeit etwa 5 Grad wärmer als im vieljährigen Mittel.

Am Mittwoch geht es mit den Temperaturen dann schon wieder aufwärts. In der Südosthälfte steht in vielen Orten mit Höchstwerten über der 25-Grad-Marke der nächste Sommertag ins Haus. Meist reicht es für 26 oder 27 Grad. Im Nordwesten und Norden wird es mit 22 bis 24 Grad ebenfalls angenehm warm. Regen ist am Mittwoch selbst im Norden die Ausnahme und in weiten Teilen des Landes kann ein schöner Spätsommertag genossen werden: Vor allem im Süden scheint die Sonne teils über 10 Stunden lang. Nur an der Donau können sich Nebelfelder mitunter zäh halten.

DWD Wetter faehrt Achterbahn 3

DWD Wetter faehrt Achterbahn 4

Im weiteren Verlauf der Woche wird es von Westen her deutlich wechselhafter und zeitweise windig. Am Donnerstag steht im Osten und Süden nochmals verbreitet ein Sommertag ins Haus. Ab Freitag sind die Sommertage erst einmal gezählt und es werden maximal noch 17 bis 22 Grad erreicht.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.09.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst