Schlagwortarchiv für: Tiefdruckgebiete

Der Winter kommt, aber auch mit Schnee?

Die Wetterlage stellt sich ab der kommenden Nacht grundlegend um. Nachdem in den letzten Wochen Tiefdruckgebiete über Nordwest- und Westeuropa milde und feuchte Luftmassen atlantischen Ursprungs nach Deutschland geschaufelt haben, ändert sich die Strömung bzw. die Großwetterlage zum Wochenende grundlegend. Seither lag der Jetstream zonal von West nach Ost gerichtet über Mitteleuropa und infolgedessen war es kalten Luftmassen nicht gewährt nach Deutschland einfließen zu können. Doch die Konfiguration des Jets ändert sich nun. Zwischen einem ausgedehnten Rücken, der sich von der Iberischen Halbinsel bis nach Grönland erstreckt und einem Trog über Nordeuropa, kann die Strömung meridionalisieren, d.h. die Strömungsrichtung ändert sich auf Nord-Süd. Somit wird also der Weg frei für maritime Polarluft arktischen Ursprungs.

DWD Der Winter kommt aber auch mit Schnee 1

Genau diese Luftmasse kann ab der kommenden Nacht rückseitig einer nach Süden durchschwenkenden Kaltfront, die zum Tiefdruckkomplex NIKLAS über Nordeuropa gehört, einfließen. Mit Ankunft der kälteren Luftmasse sinkt die Schneefallgrenze sukzessive ab. Am Freitagmorgen liegt sie in der Nordhälfte bei 700-900 m und im Süden zunächst noch bei über 1200 m.

In den Alpen stellt sich ab Freitagfrüh, bei einer im Tagesverlauf bis in die Täler absinkenden Schneefallgrenze, eine Dauerschneefalllage ein. Bis Sonntagabend sind dann 30 bis 50 cm, in exponierten Staulagen um 80 cm möglich. Aufgrund des stürmischen Windes kann der Schnee erheblich verweht werden und sich mitunter an manchen Stellen hoch auftürmen und Straßen unpassierbar machen. Auch die Lawinengefahr wird deutlich ansteigen. In den Mittelgebirgen kann sich oberhalb von etwa 400-600 m in den nächsten Tagen eine Neuschneedecke zwischen 5 und 15 cm ausbilden. Im Schwarzwald und im Erzgebirge sind etwas höhere Neuschneemengen denkbar. In tieferen Lagen ist zwar vor allem in den Frühstunden eine weiße Überraschung nicht auszuschließen, aber lange hält sich der Schnee meistens nicht, da die Höchstwerte oftmals über dem Gefrierpunkt liegen und die Böden noch warm sind.

DWD Der Winter kommt aber auch mit Schnee

Etwas anders verhält es sich nordöstlich der Elbe. Dort fließt noch etwas kältere Luft ein, als im Westen und oftmals werden auch tagsüber nur Höchstwerte um den Gefrierpunkt erreicht. Somit kann sich dort bis Sonntagmittag eventuell eine dünne Neuschneeauflage ausbilden. Allerdings ist dort die Niederschlagsneigung etwas geringer, da sich wahrscheinlich der Skandenföhn bis in den Nordosten Deutschlands auswirkt.

Der Wettercharakter für Freitag und das Wochenende ist schnell zusammengefasst. Immer wieder kommt es zu Schnee-, Schneeregen- und Regenschauern. Größere Niederschlagspausen und sonnige Lücken in der Wolkendecke stellen sich zeitweise im Nordosten und Norden ein. Der Wind weht insbesondere am Freitag noch stürmisch aus West bis Nordwest und lässt im Laufe des Wochenendes nach.

Ein erster Trend für die nächste Woche zeigt, dass es in den Mittelgebirgen und wohl auch in der Osthälfte des Landes winterlich weitergeht. Oftmals kommt es zu Dauerfrost.

Der Winter kommt aber auch mit Schnee

Inwiefern noch weiterer Schnee fällt und ob es auch in der Westhälfte für eine Schneedecke bis ins Tiefland reicht, muss abgewartet werden. Die Chancen dafür standen schon schlechter und es gibt durchaus einige Modellberechnungen, die zumindest zeitweise Schneefälle für weite Teile des Landes auf der Agenda haben. Der kommende Winter zeigt also schon mal seine Zähne.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Deutschland kommt nicht zur Ruhe…

Es wurde erläutert, dass die Vorhersage des Wetters aufgrund der Chaostheorie als nichtlineares, dynamisches und chaotisches System Grenzen aufgewiesen bekommt. Die Anfangsbedingungen in der Atmosphäre sind nicht exakt bestimmbar, und die Wettermodelle bieten lediglich Annäherungen. Doch wie manifestieren sich diese Grenzen?

Ein konkretes Beispiel verdeutlicht die Wettervorhersage für die Nacht zum Freitag: Abbildung 1 zeigt den auf Meeresniveau reduzierten Luftdruck und die Temperatur auf der 850 hPa – Fläche, was bei dieser Lage etwa einer Höhe von 1400 m entspricht. Links ist die Wetterprognose des europäischen Modells (ECMWF) dargestellt, in der Mitte das deutsche Modell (ICON) und rechts das amerikanische Modell (GFS), jeweils mit einer 78-stündigen Vorhersage für Freitagfrüh. Auffällige Unterschiede werden sichtbar.

Während sich im GFS und ECMWF am Donnerstag ein Tief über Frankreich entwickeln soll, das in der Nacht zum Freitag über Deutschland ziehen und sich im GFS sogar zu einem schweren Sturm entwickeln würde, fehlt dieses Tief im Deutschen ICON-Modell ganz. Die Entstehung und Zugbahn dieses Tiefs hängen offenbar entscheidend von den Anfangsbedingungen, den Näherungen der Modelle (Parametrisierungen) und der zugrunde liegenden Modellphysik ab. Die Auswirkungen dieses Tiefs beeinflussen maßgeblich die Vorhersage von Niederschlagsgebieten, Wind, Temperatur und Bewölkung.

Während das GFS-Modell einen schweren Sturm im Westen vorhersagen würde, prognostiziert das ICON-Modell vergleichsweise schwache Winde. Bei der ECMWF-Lösung mit südlicher Zugbahn würden wiederum kräftige Niederschläge im Schwarzwald und am Alpenrand auftreten. Solche Modellunterschiede im kurzfristigen Vorhersagezeitraum sind ungewöhnlich und markieren einen Punkt, an dem die Vorhersage zumindest vorübergehend ins Chaos abzudriften scheint.

DWD Chaos in der Wettervorhersage

Um das Chaos-Problem zumindest teilweise zu bewältigen, werden sogenannte Ensemblerechnungen durchgeführt. Das bedeutet, dass ein Wettermodell mehrmals mit leicht variierten Anfangsbedingungen berechnet wird. Dies dient einerseits dazu, die Prognosesicherheit zu bewerten, und andererseits, in unsicheren Fällen dennoch Aussagen zu ermöglichen. Das ECMWF führt beispielsweise 50 solcher leicht variierten Modellrechnungen durch (siehe Abbildung 2).

Da jedoch kein Meteorologe die Zeit hat, 50 Wettermodelle einzeln auszuwerten, wird eine Methode namens Clusteranalyse verwendet, um die Auswertung zu erleichtern. Dabei werden Vorhersagen mit ähnlichen Strukturen von einem Algorithmus in sogenannte Cluster eingeteilt. In unserem Fall ergeben sich 2 Cluster, die etwa gleich viele Mitglieder haben. Das bedeutet, die Hälfte der Ensemblemodelle zeigt das angesprochene Tief, während die andere Hälfte die ICON-Variante bevorzugt (siehe Abbildung 3). Diese Situation erschwert die Entscheidungsfindung erheblich.

In solchen Fällen kommt es auf die Erfahrungswerte der Meteorologen an, um festzustellen, welches Modell in bestimmten Situationen die besten Vorhersagen liefert. In ähnlichen Situationen war es oft so, dass sich mit Annähern an das Ereignis ICON und die übrigen Ensembles dem ECMWF-Hauptlauf angenähert haben. Daher wagen wir die Annahme, dass es eher wahrscheinlich ist, dass ein Tiefdruckgebiet in bisher nicht vorhersagbarer Intensität und Zugbahn irgendwo über die Mitte oder den Süden Deutschlands ziehen könnte.

DWD Chaos in der Wettervorhersage 1

DWD Chaos in der Wettervorhersage 1

Eine zusätzliche Methode zur Auswertung von Ensembleprognosen besteht darin, Wahrscheinlichkeiten aus den einzelnen Modellläufen zu berechnen. Dies könnte als eigenes Thema des Tages behandelt werden.

Es ist wichtig zu betonen, dass Unsicherheiten im Kurzfristbereich nicht zwangsläufig bedeuten, dass auch der Mittelfristbereich unsicher ist. Zum Wochenende hin prognostizieren die Modelle wieder einheitlich ein neues Atlantiktief, das auf einer West-Ostzugbahn über das nördliche Mitteleuropa zieht. Dieses Tiefdruckgebiet wird voraussichtlich mit seinem Sturmfeld wechselhaftes Wetter bringen. Die Warmfront des Systems wird dann vor allem im Norden für regnerisches, aber sehr mildes Wetter sorgen. Die Vorhersage für dieses Tiefdruckgebiet ist im Vergleich zu kurzfristigen Prognosen sicherer, da es sich um ein großes System handelt und große Strukturen in Modellen generell besser vorhergesagt werden können.

Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wogegen der Regen hierzulande noch harmlos ist…

Am Samstagabend bzw. in der Nacht zum Sonntag drehen wir die Uhren eine Stunde zurück.

„Altweibersommer“ mit seinen typischen Wetterphänomenen nimmt Fahrt auf!

Hoch ROSI dominiert die Wetterküche in weiten Teilen Europas! ROSI hat sich über Osteuropa eingenistet und spannt ein großräumiges Hochdruckgebiet von Nordwestrussland bis nach Griechenland sowie von Russland bis zur Iberischen Halbinsel auf. Die Tiefdruckgebiete um den ehemaligen Wirbelsturm NIGEL westlich von Norwegen müssen notgedrungen über Nordwesteuropa ihre Kreise ziehen. Neben NIGEL tummeln sich dort derzeit auch noch Tiefs südwestlich von Island und westlich von Irland. Auch deren Tiefausläufer können kaum in das Hoheitsgebiet von Hoch ROSI eindringen und streifen somit höchsten den Norden Frankreich, Benelux und den Nordwesten Deutschlands. Eine gewisse Tiefdrucktätigkeit ist ansonsten noch im östlichen Mittelmeerraum zu finden und sorgt so von Süditalien über Griechenland hinweg bis zur Türkei und Israel für einen eher unbeständigen Wettercharakter.

Deutschland liegt auf der Südwestflanke von ROSI. Allenfalls der Nordwesten gerät zeitweise in die sogenannte Frontalzone naher Tiefausläufer, sodass dort auch mal dichtere Wolken durchziehen können, die vereinzelt auch ein paar Regentropfen abladen.

DWD Altweibersommer mit seinen typischen Wetterphaenomenen nimmt Fahrt auf

Ansonsten sind bis Freitag in weiten Teilen des Landes die hochreichenden Strömungsbedingungen antizyklonal geprägt. Entsprechend dominiert Absinken, das heißt, die Luft sinkt aus größeren Höhen zum Boden ab und erwärmt sich dabei. Potentielle Wolkentröpfchen verdunsten und die Sonne kann scheinen. Wenn das Wörtchen „Wenn“ nicht wäre.

Die seit dem 23. September länger Nächte als Tage zusammen mit Hochdruckeinfluss lassen nachts typische herbstliche Wetterphänomene wie Nebel oder Hochnebel sowie Tau und Bodenfrost auf dem Spielfeld zu, während tagsüber häufig warmes und sonniges Wetter herrscht.

Genau dies ist auch derzeit zu beobachten. In der Nacht auf den Montag gab es vor allem in einem Streifen vom Südschwarzwald über die Alb und dessen Vorland bis zur Oberpfalz, dem Erzgebirge und Thüringer Wald sowie teils bis in die Lausitz hinein tiefe einstellige Werte in Bodennähe, vereinzelt wurde sogar Bodenfrost gemessen. Dies war z.B. in Bad Lobenstein (-0,8 Grad), Geislingen (-0,8), Sigmaringen-Laiz (-0,8 Grad), Rottweil (-0,9 Grad), Hof (-1,0 Grad), Lenzkirch-Ruhbühl (-1,3 Grad) und Deutschneudorf-Brüderwiese (-2,0 Grad) sowie weitere der Fall. Dazu bildete sich vor allem in Teilen Brandenburgs und Sachsen örtlich Nebel. Diesen Phänomenen stehen die Höchstwerte von 16 und 22 Grad am Sonntag gegenüber.

In den kommenden Tagen wird Frost in Bodennähe weniger ein Thema sein. Dagegen kann sich der Nebel oder Hochnebel wohl etwas ausbreiten. Durch das nächtliche Auskühlen kondensiert die Feuchtigkeit zu Tau und/oder es bildet sich Bodennebel (Strahlungsnebel, vgl. Link). Ist nun wie derzeit kaum Wind vorhanden und die Luft sinkt aus der Höhe ab, kann sich eine kräftige Inversion ausbilden. Unter Inversion versteht man in der Meteorologie die Umkehr des normalerweise mit der Höhe abnehmenden Temperaturverlaufs in einer mehr oder weniger dicken Schicht (vgl. Link). Genau an dieser Schicht bildet sich in Abhängigkeit der Luftfeuchtigkeit regional Hochnebel, der sich teilweise über den gesamten Tag hinweg halten kann. Ob nun viel Sonne oder Hochnebel, die Temperaturen steigen tagsüber stetig auf für die Jahreszeit deutlich überdurchschnittliche Werte an, die am Donnerstag und Freitag 19 bis 29 Grad erreichen. Insgesamt bleibt somit vielerorts ein großer Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht erhalten.

Die beschriebenen Witterungsbedingungen beschreiben somit in ganzer Fülle den sogenannten Altweibersommer.

Der Begriff „Altweibersommer“ geht auf das altdeutsche Wort „weiben“ zurück, was weben bedeutet und beschreibt beständige frühherbstliche Hochdrucklagen über Mitteleuropa, die besonders häufig Mitte September bis Anfang Oktober auftreten und mit sommerlichen Temperaturwerten am Tag und kühlen Nächten (starke Taubildung, oft Strahlungsnebel) einhergehen (vgl. Link). Der Altweibersommer ist, wie die Schafskälte, eine im mittleren Jahresgang der Lufttemperatur ausgeprägte Singularität. Die Bezeichnung „Altweibersommer“ erscheint dabei aus meteorologischer Sicht weder frauenfeindlich noch despektierlich.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.09.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Von cA bis mT: Die Luftmassen-Klassen

Wenn Meteorologen die Wetterlage beschreiben, dann ist häufig die Rede von „Luftmassen“. Was es damit auf sich hat und warum eine Erkennung und Klassifizierung für die Wettervorhersage wichtig ist, erfahren Sie im heutigen Tagesthema.