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Phantastische Atmosphärenmuster und wo sie zu finden sind

Wer seinen Blick am Abend des vergangenen Montags (24. März 2025) gen Himmel richtete, konnte ein ziemlich ungewöhnliches Phänomen beobachten. Dort war in großer Höhe eine weiß-bläulich leuchtende Spirale zu erkennen. Nun stellt sich natürlich sofort die Frage, wie diese Spirale wohl dort hingekommen sein mag.

Nein, Aliens sind nicht die richtige Antwort. Im Gegenteil, die Antwort lässt sich sogar relativ einfach finden: Verantwortlich ist der Start einer Falcon 9-Rakete der US-Raumfahrtfirma »SpaceX«. Bei dem, was man beobachten konnte, handelte es sich um Rückstände von Raketentreibstoff. Dieser tritt oftmals aus, wenn sich einzelne Stufen der Rakete voneinander trennen. Aber bei weitem nicht immer sind dann diese Rückstände in Form spezieller Muster zu erkennen. Damit man diese beobachten kann, müssen mehrere Bedingungen zusammentreffen.

Damit die Muster überhaupt sichtbar werden, muss der abgelassene Treibstoff gefrieren. Bei diesem handelt es sich um eine spezielle Art von Kerosin, der erst bei bestimmten Temperaturen gefrieren kann. Das wiederum setzt voraus, dass die Atmosphäre an dieser Stelle kalt genug ist, damit der Treibstoff überhaupt gefriert. Im aktuellen Fall wurde die entsprechende Raketenstufe in einer Höhe von etwa 80 km abgetrennt. Dort befindet sich der obere Rand der Mesosphäre mit dem Temperaturminimum bezüglich der vertikalen Ausdehnung der Atmosphäre. Die Temperaturen liegen hier im Durchschnitt bei etwa -90°C, sind allerdings stark jahreszeitenabhängig.

Eine weitere Bedingung für die Sichtbarkeit solcher Erscheinungen ist der entsprechend günstige Sonnenstand. Die gefrorenen Kristalle müssen noch von Sonnenlicht beschienen werden, damit sie überhaupt sichtbar werden. Gleichzeitig muss es am Boden bereits dunkel genug sein, damit die vom Restsonnenlicht beschienenen Kristalle sichtbar sind. Daraus ergibt sich ein begrenztes Zeitfenster in den späteren Abend- bzw. frühen Morgenstunden – je nach Jahreszeit und damit verbundenem Sonnenstand.

Doch warum trat diese Leuchterscheinung in Spiralform auf? Die Erklärung hierfür ist, dass das Raketenteil nach dem Lastabwurf und dem damit verbundenen Impuls um eine seiner Achsen rotierte und der Treibstoff damit kreisförmig verteilt wurde. Und zu guter Letzt noch die Frage, warum diese Spirale bläulich leuchtete. Die Antwort hierfür ist in den Gesetzmäßigkeiten der Lichtstreuung zu finden. Die gefrorenen Partikel sind klein genug im Verhältnis zur Wellenlänge des einfallenden Sonnenlichtes. Dadurch wird der blaue Lichtanteil stärker gestreut als der rote (was auch der Grund ist, warum der Himmel tagsüber blau ist), sodass für unser Auge die entstandene Spirale blau leuchtet. 

Phantastische Atmosphaerenmuster und wo sie zu finden sind teil 1

Abbildung 1: Die Leuchtspirale, aufgenommen am Abend des Montag, 24. März 2025 in Schleswig-Holstein. Quelle: Jens Schaal, mit freundlicher Genehmigung. 

M.Sc. (Meteorologe) Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.03.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Rekordverdächtiger US-Tornado-Outbreak vom 14. bis 16.03.2025

Im Thema des Tages vom 15.03.2025 stellte unser Kollege Thore Hansen bereits die mitunter extremen Wetterverhältnisse vor, die zu dieser Zeit in weiten Teilen der USA herrschten. Von großflächigen Sandstürmen mit Orkanböen über schwere Gewitter mit zahlreichen Tornados und Großhagel bis hin zu extremen Schneefällen war alles geboten, was die Wetterküche so auf den Tisch zaubern konnte. Im Folgenden wollen wir uns konkret mit dem vor allem im Mittleren Westen und Südosten der USA aufgetretenen Tornado-Outbreak (deutsch: Tornadoausbruch) beschäftigen. Dieser war schon für sich genommen mehr als bemerkenswert – selbst für die „Tornadohochburg“ USA. Es war der zweitgrößte Ausbruch im März seit Aufzeichnungsbeginn. 

Rekordverdaechtiger US Tornado Outbreak vom 14. bis 16.03.2025 teil 1

Beim Storm Prediction Center eingegangene Tornado- (rot), Böen- (blau) und Hagelmeldungen (grün) zwischen dem 14. und 17.03.2025, jeweils 12 UTC. (Quelle: NOAA, SPC) 

Wie obige Abbildung zeigt, gingen beim Storm Prediction Center (SPC) des US-Wetterdienstes zahlreiche Tornadomeldungen aus der Bevölkerung ein (rot). Dazu gab es eine Vielzahl an Meldungen zu Sturm- und Orkanböen (blau) sowie Hagel (grün). Insgesamt registrierte das SPC also 172 Tornadobeobachtungen, wobei die tatsächliche Anzahl durch Mehrfachsichtungen ein- und desselben Tornados ein gutes Stück niedriger liegt. 

Tatsächlich geht man derzeit von mindestens 112 Tornados aus, von denen der größte Teil am 14. und 15.03. auftrat. Etwas mehr als die Hälfte davon (67) wurde dabei aufgrund der aufgetretenen Schäden den beiden „schwächsten“ Kategorien EF0 und EF1 zugeordnet (entspricht Windgeschwindigkeiten bis 177 km/h). Dazu gab es 31 EF2- (178-217 km/h), 11 EF3- (218-266 km/h) und sogar 3 EF4-Tornados (267-322 km/h). Mehr zur EF- und weiteren Intensitätsskalen finden Sie im Thema des Tages vom 11.04.2024. 

Zum Vergleich: Im Klimamittel (1999-2023) kommt es in den USA im März zu insgesamt 95 Tornados! Dieser Wert wurde nun also innerhalb von nur zwei Tagen erreicht bzw. übertroffen. Das gilt auch für den ein oder anderen Bundesstaat. In Arkansas beispielsweise liegt das Märzmittel bei 4 Tornados. Nun gab es rund 15 Tornados innerhalb von 24 Stunden. In Deutschland sind im Mittel übrigens 50 Tornados zu erwarten – im ganzen Jahr wohlgemerkt. 

Rekordverdaechtiger US Tornado Outbreak vom 14. bis 16.03.2025 teil 2

Mittlere Anzahl an Tornados im März pro Bundesstaat von 1999 bis 2023. (Quelle: NOAA, SPC)  

Der stärkste Tornado dieses Ausbruchs trat mit einer geschätzten Windgeschwindigkeit von bis zu 310 km/h (Rotationsgeschwindigkeit wohlgemerkt) im Nordosten von Arkansas in der Nacht vom 14. auf den 15.03. auf. Er existierte 23 Minuten, legte eine Distanz von rund 23 km zurück und wuchs bis zu einem Durchmesser von etwa 1,6 km an. Seine höchste Windgeschwindigkeit erreichte der Tornado, als er durch den kleinen Ort Diaz fegte und dort für katastrophale Schäden sorgte. Trotz seiner enormen Wucht gab es wie durch ein Wunder außer den massiven materiellen Schäden nur zwei Verletzte. 

Insgesamt forderte der Ausbruch leider mindestens 43 Tote und deutlich mehr Verletzte. Hoffen wir, dass künftige Tornadoausbrüche möglichst ohne Todesopfer einhergehen. Denn dass es weitere Outbreaks geben wird, ist sicher. 

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.03.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Jahresvorausschau 2023 – Ein Rückblick

Sturmtief JITKA hat Deutschland am heutigen Mittwoch fest im Griff. Was es mit JITKA auf sich hat, wurde im gestrigen Thema des Tages bereits detailliert beschrieben und am morgigen Donnerstag wird es an dieser Stelle eine Nachlese zu diesem Sturm geben.

Wir sitzen heute also gewissermaßen zwischen den Stühlen und möchten daher ein ganz anderes Thema aufgreifen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, gibt es in dieser Rubrik seit einigen Jahren zum Jahresende eine humoristisch „angehauchte“ Vorausschau auf das neue Jahr. Im Nachgang wirklich unter die Lupe genommen, wurden diese „Prognosen“ allerdings noch nie. Das wird sich jetzt ändern! Gehen wir doch das letzte Jahr einfach mal Monat für Monat durch und schauen, ob wirklich alles Kokolores war oder sich nicht doch ein Glückstreffer eingeschlichen hat 😉
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Januar 2023:
Nach einem sehr milden Jahresstart kommt der Winter zum Ende des Monats mit voller Wucht zurück! Weite Teile des Landes sind in ein weißes Kleid gehüllt.

Gar nicht mal so schlecht! Nach verbreitet 14 bis knapp 20 Grad an Neujahr stellte das Wetter in der zweiten Monatshälfte tatsächlich auf Winter um. Vor allem in der Mitte und im Süden gab es dann immer wieder mal Dauerfrost und am Morgen des 22.1. lag dort sogar recht verbreitet Schnee oder zumindest Schneepampe. Ob das jetzt unter „voller Wucht“ läuft…naja.
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Februar 2023:
Massives Tauwetter bei der Biathlon-WM in Oberhof. Das deutsche Team versucht mit dem Umstieg auf Wasserski die bis dato norwegische Dominanz zu brechen.

Lagen zu Beginn der WM am 6.2. noch 20 bis 40 cm Schnee in den Hochlagen des Thüringer Walds, meldete zum Ende am 19.2. die Schmücke gerade mal noch 12 cm und die übrigen Stationen so gut wie gar nichts mehr – Haken hinter Tauwetter! Ein Materialwechsel des deutschen Teams ist dagegen nicht überliefert, dagegen die zumindest bei den Männern ungebrochene Dominanz der norwegischen Biathleten.
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März 2023:
Nach intensiven Wartungsarbeiten an der Wetterstation in Lingen wird diese wieder ins Messnetz des DWD integriert.

Kurzum: Fehlschuss! Der alte Standort wurde durch Lingen-Baccum endgültig ersetzt.
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April 2023:
„Dem Osterhase schmelzen die Eier weg!“, titelt ein großes deutsches Boulevardblatt. Bei Sonne pur und Höchstwerten bis 27 Grad zu den Feiertagen ist Schokolade aber vielleicht wirklich nicht die beste Wahl für’s Osternest.

17,1 Grad am Ostersonntag und 20,7 Grad am Ostermontag lautete der deutschlandweite Temperaturhöchstwert. Mancherorts verblieb die Temperatur sogar im einstelligen Bereich. Der Familienplanung des Osterhasen setzte das Wetter also kein jähes Ende.
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Mai 2023:
Charles III wird in der Westminster Abbey zum König gekrönt. Hoch QUEENIE sorgt für Kaiserwetter.

Das wär’s gewesen! Viel hat nicht gefehlt, QUEENIE verschwand allerdings schon Ende April von der Wetterkarte. Am 6.5. lag England dagegen im Einflussbereich eines Tiefdruckkomplexes um XAVER und YANNIS. Die Folge: Grauer Himmel und Regen bei bis zu 15 Grad… Kaiserwetter sieht anders aus!
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Juni 2023:
Gemäß dem Motto: „Was die FIFA kann, können wir schon lang!“ vergibt das IOC die Olympischen Winterspiele 2030 nach…Kairo. Der Schnee wird aus den Skigebieten Saudi-Arabiens geliefert.

Die Vergabe erfolgt wohl erst im Laufe dieses Jahres – der Punkt bleibt also offen! 😉
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Juli 2023:
Neuer Temperaturrekord in Deutschland! 42,6 Grad, gemessen in … ohoh … Lingen. Die Station wird darauf hin vorsorglich wieder aus dem Messnetz entfernt und in ein Museum für Messtechnik umgewandelt.

Weder einen neuen Deutschlandrekord, noch ein neues Museum für Messtechnik brachte 2023 hervor. Heiß wurde es im Juli aber trotzdem mit einem Spitzenwert von 38,8 Grad in Möhrendorf-Kleinseebach.
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August 2023:
Tornado-Outbreak in Deutschland! Das Cellbroadcasting wird das erste Mal operationell eingesetzt und funktioniert sogar. Vielleicht waren die zum Teil massiven Schäden auch gerade deshalb zum Glück rein materieller Natur.

Tatsächlich kam das Cellbroadcasting hin und wieder zum Einsatz, auch Tornados gab es einige (Stand heute: 29). Einen Outbreak wie zum Beispiel 2022 gab es allerdings zum Glück nicht.
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September 2023:
Schneeregen zum Wiesnstart in München! Keine Chance für die „Alkoholübersättigten“ bei den rutschigen Bedingungen den Westhügel (meist auch als „Kotzhügel“ bekannt) zu erklimmen.

„Die Fundsachen werden dominiert von Sonnenbrillen statt Regenschirmen“ konnte man in der Zeitung lesen. Das sagt schon alles. Meist traumhaftes Spätsommerwetter bei Höchstwerten von zum Teil über 25 Grad. Auf das Wetter kann man eine misslungene Besteigung des „Kotzhügels“ wahrhaftig nicht schieben.
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Oktober 2023:
Ringförmige Sonnenfinsternis in Teilen Amerikas am 14. Oktober! Atemberaubende Bilder erreichen uns dabei von Fischern auf dem Golf von Mexiko im wolkenlosen Auge von Hurrikan MARGOT.

MARGOT war zwar tatsächlich ein Hurrikan (Kat.1), aber bereits im September unterwegs und zwar mitten über dem Atlantik, weit weg vom Golf von Mexiko. Ein wolkenloses Auge über dem Golf entwickelte dagegen Kat.4-Hurrikan IDALIA Ende August, Fotos davon von einem Boot aus wird es aber wohl keine geben.
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November 2023:
Sturmtief VICCO fegt am 12. November über Deutschland hinweg – „passend“ zu Loriots 100. Geburtstag. Die Medienwelt vergibt den Beinamen HEINZELMANN und titelt: „Es bläst und saugt der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur…“.

Am 12.11.2023 befanden wir uns tatsächlich mal unter schwachem Zwischenhocheinfluss in der ansonsten sehr tiefdruckgeprägten Zeit. Zu den „blasenden Heinzelmännern“ zählten in den folgenden fünf Tagen JASPER, KNUD und LINUS.
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Dezember 2023:
Mildester Dezember seit Aufzeichnungsbeginn! Die Weihnachtsmänner fluchen unter ihren dicken Anzügen und hoffen auf bessere Zeiten…

Der mildeste Dezember war es zwar nicht, aber „immerhin“ unter den Top 10 seit 1881. An Heilig Abend und den beiden Weihnachtsfeiertagen gab es aber vielfach zweistellige Höchstwerte. In Piding im Berchtesgadener Land wurden am 24. und 25.12. sogar knapp 17 Grad erreicht! Dass sich da der ein oder andere Weihnachtsmann über seinen dicken Anzug beschwert hat, ist also durchaus im Bereich des Möglichen 😉
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Fazit: Der ein oder andere Randtreffer war zwar dabei, die Fehlschüsse liegen aber deutlich in der Überzahl. Mal sehen, wie 2024 läuft 😉

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst