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Erste Tornadozwischenbilanz 2025

Einleitung 

Nachdem die diesjährige Tornadosaison etwas Mühe hatte in Gang zu kommen, kamen in den zurückliegenden gut zwei Wochen einige neue Fälle in die Datenbank. Gesammelt werden die Tornadofälle in Deutschland unter anderem in der europäischen Unwetterdatenbank (eswd.eu) oder über die Tornadoliste Deutschland (tornadoliste.de). Letztere Seite sammelt auch viele Verdachtsfälle und sogenannte plausible Fälle. Diese plausiblen Fälle werden zu einem späteren Zeitpunkt nochmal genauer unter die Lupe genommen, die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr hoch, dass diese noch bestätigt werden. 

Tornadofälle bisher 

Insgesamt gab es bereits 13 bestätigte Tornados und sechs plausible Fälle. Das ist eine gute Gelegenheit, um einmal zu schauen, was bisher schon passiert ist. 

Erste Tornadozwischenbilanz 2025 1

Das Bild zeigt alle im Jahr 2025 bisher bestätigten Tornadofälle sowie die plausiblen Fälle in Deutschland. 

Den ersten bestätigten Tornado des Jahres gab es am 30. März in Uenze in Brandenburg. Dies war ein relativ kurzlebiger Tornado der Stärke IF1 (~150 km/h). Schäden wurden auf einer Länge von 1.3 km erfasst. Dann gab es auch aufgrund beständiger Hochdrucklagen eine längere Pause. 

Interessant wurde es wieder am ersten Maiwochenende. Nun waren wieder Tiefausläufer am Zuge und auch die für organisierte Gewitter und Tornados so wichtige Zutat Windscherung war recht üppig vorhanden. Bei Windscherung ist es ausschlaggebend, dass sich der Wind bezüglich Richtung und Stärke möglichst stark mit der Höhe ändert. So kam es am 2.Mai zu einem schwachen Tornado in Oppenwehe, am 3.Mai wurden dann zwei Tornados in Hessen (Biebertal, Stolzhausen bei Bebra), sowie einer im sächsischen Vogtland (Unterheinsdorf) registriert, wobei die beiden hessischen Tornados eine Stärke von IF1.5 (~180 km/h) hatten. Die Vorortuntersuchung wurde von der Vereinigung TorKUD (Tornado Kartierung und Untersuchung Deutschland) unter anderem mit Drohnen durchgeführt. Solche Aufnahmen ermöglichen es, ein genaues Schadensmuster zu erstellen und daraus abzuleiten, ob es sich tatsächlich um einen Tornado gehandelt hat. TorKUD ist damit ebenfalls ein wichtiger Partner des DWD.
Schließlich wurde noch am 4.Mai. auf Usedom eine Wasserhose beobachtet. 

Bisher aktivste Tornadophase und stärkster Tornado des Jahres 

Nach einer weiteren hochdruckbedingten Pause folgte die bisher aktivste Tornadophase in Deutschland. Los ging es am 28.05.2025. An diesem Tag sind insgesamt mindestens vier Tornados aufgetreten, drei davon in Hessen (Bieber, Steinau an der Straße und in Hessisch-Lichtenau)) und ein weiterer in Untertheres bei Schweinfurt in Unterfranken. Vor allem bei dem Fall in Nordhessen gab es größere Gebäudeschäden, da der Tornado auf einer Strecke von 1.4 km über bebautes Gebiet gezogen ist. 

Der bisher stärkste Tornado der Saison trat am 4. Juni in Donaustetten bei Ulm auf. Auf einer Strecke von 15.5 km wurden Schäden bis in einen Bereich von IF2 (~220 km/h) festgestellt. Damit war dies auch der erste signifikante Tornado im Jahr 2025 (im Schnitt gibt es etwa vier starke Tornado im Jahr in Deutschland, mind. IF2). Die Schadenanalyse wurde wieder von TorKUD durchgeführt und zeigte eine maximale Tornadobreite von 310 m. Am stärksten war unter anderem eine Baumallee und eine Wohnsiedlung betroffen. In der Siedlung gab es an einem Haus beträchtliche Schäden. Das Hausdach und Teile des Dachstuhls wurden stark beschädigt. 

Erste Tornadozwischenbilanz 2025 2

Im Bild sind die Schadensspur (oben links) sowie einige Schadensbilder des starken Tornados in Messtetten bei Ulm zu sehen. 

Zuletzt gab es noch zwei Tornados in Mecklenburg-Vorpommern. Am 07.06. war die Gemeinde Glewitz (südlich von Stralsund) betroffen (Stärke IF1) und am 10.06. die Stadt Greifswald (IF0.5). Der Grund für die gehäuften Tornadomeldungen und Verdachtsfälle war die sehr dynamische Wetterlage der vergangenen Wochen. 

Auch am gestrigen Samstag möglicherweise ein Tornado 

Auch gestern haben unsere Tornadoexperten beim DWD (tornado@dwd.de) zahlreiche Beobachtungen eines weit nach unten reichenden Funnels erreicht. Betroffen war ein Gebiet zwischen Bad Lippspringe und Altenbeken in Ostwestfalen. Zwar liegen bisher keine Meldungen über Schäden vor, es ist aber sehr wahrscheinlich, dass auch am Boden ein Wirbel vorhanden war. Möglicherweise wurde aber nur unbewohntes Gebiet getroffen, sodass mögliche Auswirkungen nur mit einer Vor-Ort Untersuchung zu ermitteln sind. 

Ausblick 

Auch unter Berücksichtigung der plausiblen, noch nicht bestätigten Fälle, hält sich die Anzahl der Tornados bisher noch in Grenzen. Zur durchschnittlichen Anzahl von 49 Tornados im Jahr, sind noch einige Fälle nötig. Es folgen aber noch zweieinhalb Sommermonate und auch im September ist die Tornadowahrscheinlichkeit noch erhöht. Zudem kann es besonders im August und September auch häufig Wasserhosen an Nord- und Ostsee geben. Um jetzt schon die aktuelle Saison zu bilanzieren, ist es also noch viel zu früh. 

Erste Tornadozwischenbilanz 2025 3

Im Bild oben sind die tornado stripes zu sehen. Sie zeigen die Entwicklung der Tornadozahlen in Deutschland im Vergleich zum Mittelwert zwischen 2000 und 2024. Darunter ist der Jahresgang der Tornadoaktivität in Deutschland zu sehen. Die große Anzahl an Tornados im August kommt vor allem durch Wasserhosen zu Stande.  

Nachdem es heute vor allem im Osten und Süden nochmal ordentlich zur Sache geht (mit allerdings nur geringem Tornadopotential), kehrt dann zu Beginn der neuen Woche wieder Ruhe ein und es steht eine möglicherweise wieder längere Tornadopause bevor. 

Dipl.-Met. Marcus Beyer 

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Erste Höhepunkte der Tornadosaison in den USA

Manche würden sagen, dass es fast schon wie eine Pilgerreise anmutet: Jedes Jahr machen sich aus Deutschland – aber auch aus vielen anderen europäischen Ländern und sogar aus Australien – jede Menge Stormchaser auf den Weg in die Vereinigten Staaten, um dem Höhepunkt ihrer Leidenschaft zu frönen. Die Monate April und Mai sind in den USA Tornadozeit. Vor allem in den Bundesstaaten des mittleren Westens, hauptsächlich in TexasOklahoma und Kansas, aber auch in den angrenzenden Staaten, treten in dieser Jahreszeit häufig schwere Gewitter auf, die entsprechend oft mit Tornados einhergehen.

Doch warum genau in dieser Jahreszeit? Eine der speziellen Charakteristiken in den USA sind die fehlenden Gebirge in Ost-West-Ausdehnung, sodass polare Luftmassen aus Richtung Kanada direkt mit tropischen Luftmassen vom Golf von Mexiko interagieren können. Gerade in dieser Übergangsjahreszeit sind die Gegensätze dabei noch recht ausgeprägt. Das führt in der Folge oft zur Bildung dynamischer Druckgebiete in Form von Höhentrögen und Bodentiefs. Günstigerweise findet das ganze unter Beteiligung des Jetstreams statt, denn damit wird eine Gewitterzutat bereitgestellt, die unabdingbar ist für die Bildung von Superzellen und Tornados: Windscherung. Und davon gibt es dort reichlich. Dabei bezeichnet die Windscherung die Änderung des Windes mit zunehmender Höhe in Bezug auf Richtung und Geschwindigkeit. Dabei gilt grob gesagt: Je mehr Windscherung vorhanden ist, desto besser können sich strukturierte Gewitter in Form einer Superzelle bilden, die dann im Anschluss für die Tornadobildung sorgen.

Dabei zeichnet sich mittlerweile ein leichter, aber doch signifikanter klimatischer Trend ab. Mittlerweile ist immer häufiger zu beobachten, dass a) die Tornadosaison früher beginnt, oft schon Ende Februar und März und b) sich die betroffenen Gebiete zunehmend nach Osten verschieben. Oftmals werden mittlerweile auch die Bundesstaaten ArkansasMississippiTennesseeAlabamaLouisianaGeorgia und Kentucky sowie Ost-Texas von schweren Tornadolagen getroffen. Diese Region bezeichnet man dabei auch als „Dixie Alley” (siehe Abbildung 1).

DWD Erste Hoehepunkte der Tornadosaison in den USA

In der aktuellen Saison kam es bereits schon mehrfach zu einigen recht heftigen Ausbrüchen mit zahlreichen Tornados auch abseits der bisher erwähnten Gebiete:

• 13.-15. März: Tornadoserie mit insgesamt 33 Tornados, davon acht der Stärke EF2 oder EF3. Insgesamt 4 Todesopfer in den Bundesstaaten Indiana und Ohio.
• 25.-28. April: Tornadoserie mit insgesamt 135 Tornados, davon 16 der Stärke EF2, 8 der Stärke EF3 und 1 Tornado der Stärke EF4 in Texas, Oklahoma, Kansas, Nebraska, Iowa und Missouri. Insgesamt 6 Todesopfer. Der Ort Sulphur (Oklahoma) wurde schwer verwüstet.

Darüber hinaus gab es noch weitere, meist kleinere Ausbrüche mit einer niedrigen zweistelligen Anzahl an Tornados bis Ende April. Insgesamt zeichnet sich die Saison bisher als eher lebhaft ab. Nachfolgend noch einige Eindrücke der bisherigen Ereignisse.

DWD Erste Hoehepunkte der Tornadosaison in den USA 1

DWD Erste Hoehepunkte der Tornadosaison in den USA 2

DWD Erste Hoehepunkte der Tornadosaison in den USA 3

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.05.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst