Atmosphärischer Fluss oder Warm Conveyor Belt?

Extreme Niederschläge in Verbindung mit intensiven außertropischen Zyklonen können mitunter zu Überschwemmungen führen, wenn letztere über Land ziehen.

In der Fachliteratur gibt es eine Debatte über den Zusammenhang zwischen Warm Conveyor Belts (WCB oder auch warme Transportbänder genannt) und atmosphärischen Flüssen. Um Verwirrung zu vermeiden, soll zunächst eine begriffliche Klärung erfolgen. Ein atmosphärischer Fluss ist ein langer und schmaler Korridor mit starkem horizontalen Wasserdampftransport. Letzterer wird anhand eines Schwellwerts für den vertikal integrierten Wasserdampftransport (IVT) identifiziert und befindet sich typischerweise vor der Kaltfront in intensiven außertropischen Zyklonen, wo sowohl die Werte für die spezifische Feuchte der Luft als auch die horizontalen Windgeschwindigkeiten in der unteren Troposphäre relativ hoch sind.

Ein warmes Transport- oder Förderband (WCB) ist eine relative Luftströmung zur Zyklone, die von der atmosphärischen Grenzschicht bis in die obere Troposphäre aufsteigt.

Die exakten dynamischen Mechanismen, durch die feuchte Luft in die Zyklonen transportiert wird, sind jedoch bislang nur unzureichend verstanden. Die Analyse einer Vielzahl von Zyklonen zeigt jedoch, dass innerhalb des Warmsektors einer Zyklone die Luftströmung relativ zur Ausbreitungsrichtung der Zyklone rückwärtsgerichtet ist. Diese niedertroposphärische Luftströmung (die so genannte Feeder-Strömung) verlangsamt sich, wenn sie die Kaltfront erreicht, was zu einer Konvergenz der Feuchteströme und damit zur Bildung eines Bandes mit hohem Feuchtegehalt führt.

Ein Zweig der Feeder-Luftströmung geht in Richtung Zentrum der Zyklone und liefert Feuchte an die untere Basis des warmen Förderbandes (auch Warm Conveyor Belt genannt), der in der Folge langsam aufsteigt und sich somit Niederschlag bildet (siehe Bild 1). Der andere Zweig dreht sich vom Tiefzentrum weg und führt Feuchte (oder Wasserdampf) aus der Zyklone heraus. In Zugrichtung der Zyklone führt dieser Export zu einem Filament mit sehr hohem spezifischen Feuchtegehalt in der Luft (Feuchtekonvergenz), der die Zugbahn der Zyklone regelrecht markiert (und oft zur Identifizierung atmosphärischer Flüsse verwendet wird). Es wurde festgestellt, dass sowohl die Niederschläge im Rahmen des Tiefs als auch der Wasserdampftransport zunehmen, wenn die Feuchtigkeit im Feeder-Luftstrom anwächst. Damit lässt sich grob gesagt die Verbindung zwischen atmosphärischen Flüssen und den Niederschlägen erklären, die aus dem Aufstieg des Warm Conveyor Belts (WCB) resultieren. Im nachfolgenden Bild sind die wesentlichen Luftströmungen nochmals zusammengefasst.

DWD Atmosphaerischer Fluss oder Warm Conveyor Belt

Bild 1: Schema der Luftströmungen relativ zur Zyklone, überlagert mit den typischen Merkmalen des Bodentiefs. Kalt- und Warmfront (schwarz), Niederschlag (dunkelblaue Schattierung) und hohe Werte des Gesamtwasserdampfgehaltes in der Luftsäule (TCWV, hellblaue Schattierung). Aufsteigendes warmes Förderband (WCB; rot), aufgespalten in einen unteren zyklonal eindrehenden und einen oberen antizyklonal abdrehenden Ast. Rückwärts fließender Feeder-Luftstrom in der unteren Troposphäre (FA; grün), gesplittet in einen unteren zyklonal eindrehenden und einen oberen antizyklonal abdrehenden Zweig (in Richtung WCB). Absinkende stratosphärische dry Intrusion (DI; gelb), erneut aufgeteilt in einen unteren antizyklonal drehenden Ast und einen oberen zyklonal eindrehenden Ast. Quelle: Journal of Hydrometeorology 20, 6 via DWD.

Im Thema des Tages vom 11.01.2023 wurde bereits über die Auswirkungen und regionale Verbreitung atmosphärischer Flüsse berichtet

Der Impact solcher Extremwetterereignisse liegt auf der Hand, wie aktuell an der Westküste der USA oder aber bei so genannten rapiden Zyklogenesen über Teilen des Nordatlantik mit ausgeprägten WCB’s, die West- und zuweilen auch Mitteleuropa mit heftigen Regenfällen (kombiniert mit veritablen Sturmlagen) bevorzugt im Winterhalbjahr beeinflussen können.

Dipl.- Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.01.2023

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Alle Weihnachtsbäume fliegen hoch….

Durchziehende Tiefdruckgebiete sorgen in dieser Woche nicht nur für nasses Wetter. Auch der südwestliche Wind frischt deutlich auf und erreicht in der Nacht zum Mittwoch mit Ankunft von Tief DELF bereits an der Nordseeküste und im Bergland Sturmböen (Bft 9, mehr als 75 km/h). Im Westen und Norden des Landes treten teilweise steife Böen (Bft 7, mehr als 50 km/h) auf. Auf dem Brocken im Harz droht schwerer Sturm.

DWD Alle Weihnachtsbaeume fliegen hoch….

Am Mittwoch selbst lässt der Wind zwischen zwei Tiefdruckgebieten insgesamt etwas nach, es ist aber weiterhin windig mit stürmischen Böen (Bft 8, mehr als 62 km/h) an den Küsten. Auf den Gipfeln von Harz und Schwarzwald können im Verlauf teils schwere Sturmböen (Bft 10, mehr als 89 km/h) auftreten. In den Niederungen werden nur vereinzelt in prädestinierten Südwestlagen steife Böen erreicht.

Mit Tief EGBERT nimmt der Wind am Donnerstag in der Südhälfte des Landes an Fahrt auf. Dabei sind in den Niederungen verbreitet stürmische Böen zu erwarten. In den Bergen kommt es zu Sturmböen und schweren Sturmböen. Auf den Gipfeln der Mittelgebirge sind orkanartige Böen (Bft 11, mehr als 103 km/h) bis hin zu Orkanböen (Bft 12, mehr als 118 km/h) wahrscheinlich. Der Wind weht meist aus Südwest, kann aber vorübergehend auch auf westliche Richtung drehen.

DWD Alle Weihnachtsbaeume fliegen hoch…. 1

Am Donnerstagabend und in der Nacht zum Freitag lässt der Wind wieder nach, frischt aber am Freitag von Nordwesten her erneut auf und erreicht dann, mit Ausnahme des Ostens, verbreitet steife bis stürmische Böen. An den Küsten und in den höheren Lagen werden Sturmböen, auf den Bergen schwere Sturmböen und in Gipfellagen orkanartige Böen erwartet.

Das kommende Wochenende bringt uns weiterhin windiges Wetter. Dabei sind in den Niederungen verbreitet steife bis stürmische Böen, in den Bergen und an den Küsten Sturmböen und auf Gipfeln und Kämmen orkanartige Böen möglich.

Wer also seinen Weihnachtsbaum oder den gelben Sack für die Abfuhr bereitstellt, der sollte auf eine windgeschützte Ablage achten oder die Gegenstände gegen Umherfliegen sichern. Kann der Besitzer von Baum oder Sack ermittelt werden, haftet er im Schadenfall.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.01.2023
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Tiefdruckautobahn

Derzeit geht es im Nordatlantik zu wie auf einer Autobahn. Ein Tief nach dem anderen zieht über den nördlichen Teil des Atlantischen Ozeans in Richtung Europäisches Nordmeer hinweg. Die dazugehörigen Ausläufer beeinflussen dabei unter anderem auch das Wettergeschehen in Deutschland. Seit Wochen ist es wechselhaft, immer wieder wechselt sich der Regen mit trockenen Phasen ab. Es fühlt sich eher nach windigem Herbstwetter statt Winter an. Warum sollte es also in dieser Woche anders sein?

Die zweite Woche des noch jungen Jahres begann wie die erste Woche aufgehört hat: Nämlich mit Regen! Tief “Constantin”, dessen Kern am heutigen Montag, den 09.01.2023 zwischen Schottland und Island zu finden ist, schickte seine Ausläufer über uns hinweg und sorgte für Regen. Insbesondere in höheren Lagen des Schwarzwalds und der Alpen kam sogar etwas Schnee vom Himmel. Dieser ist seit Wochen Mangelware in Deutschland. Dazu frischte der Wind immer wieder stark böig auf, im Bergland traten zeitweise Sturmböen auf.

DWD Tiefdruckautobahn

Wer die Wetterkarten nun ganz genau in Augenschein nimmt, dem fällt an der Südostflanke von “Constantin” eine nordwestliche Strömung ins Auge, die bis nach Deutschland gerichtet ist. Dabei wird Meeresluft polaren Ursprungs bis nach Deutschland geführt – zumindest vorübergehend. Entsprechend sinkt auch die Schneefallgrenze allmählich etwas ab. So kommt es im Verlauf des heutigen Tages zunächst im Schwarzwald und in den Alpen zu weiteren Schneefällen. In der Nacht zum Dienstag und am Dienstag tagsüber sinkt die Schneefallgrenze dann auf bis zu 600 Meter ab. Dann reicht es sogar in einigen Mittelgebirgslagen für etwas Neuschnee und selbst in tieferen Lagen des Voralpenlands können Dienstagfrüh einige Flocken vom Himmel fallen.

Wer sich nun aber auf einen nachhaltigen “Wintereinbruch” freut, wird leider enttäuscht. Denn das nächste atlantische Tief zieht bereits in Richtung Nordeuropa. Das zunächst noch wetterbestimmende Tief “Constantin” schwächt sich am Dienstag über dem Europäischen Nordmeer und Skandinavien etwas ab. Dafür übernimmt dann Tief “Delf” über dem Nordostatlantik die Wetterregie. Dabei stellt sich einmal mehr eine westliche bis südwestliche Strömung ein, die wieder mildere Luftmassen zu uns führt. Zwar setzen ab Dienstagabend weitere Niederschläge ein, Schneefälle im Bergland stehen aber lediglich in der anfangs noch kälteren Luft auf dem Programm. Mit Eintreffen der milderen Luft steigt die Schneefallgrenze im Laufe der Nacht vielerorts auf rund 1800 bis 2000 Meter an. Und so zieht sich der Winter dann rasch wieder bis in Gipfellagen der Mittelgebirge und darüber zurück.

DWD Tiefdruckautobahn 1

Das Wettergeschehen bis Freitag lässt sich dann relativ schnell zusammenfassen. Es bleibt wechselhaft, bei Temperaturen von 7 bis 13 Grad ist es weiterhin deutlich zu mild für die Jahreszeit und auch der Wind frischt immer wieder stark bis stürmisch auf – insbesondere in der Südwesthälfte. Ab Mittwochnachmittag kann es zudem im Schwarzwald sowie im Allgäu kräftiger und länger anhaltend regnen, am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag sind davon voraussichtlich weitere Mittelgebirgslagen betroffen. Neuschnee wird dabei jedoch allenfalls auf den Gipfeln der Mittelgebirge und in den Alpen erwartet.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.01.2023
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Ein Januar auf Höhenflug

Nach dem rekordverdächtig warmen Jahreswechsel setzte sich das zeitweise ungewöhnliche milde Wetter in den ersten Tagen des neuen Jahres mit nur wenigen Abstrichen fort. Der Januar befindet sich im Hinblick auf die Temperatur auf einem beständigen Höhenflug. Wie die Abbildung unten zeigt, stabilisierte sich die über alle DWD-Stationen gemittelte Mitteltemperatur des laufenden Monats bei etwa 8 °C. Zum Vergleich: Das entspricht einer Temperatur, die man auf Grundlage des vieljährigen Mittelwertes der Jahre 1991-2020 eher Mitte April erwarten darf. Der letzte April 2022 beispielsweise schaffte am Ende nur einen Wert von gut 7,8 °C. Der sagenhafte Wert von fast 12 °C vom 01. Januar entspricht sogar eher den Mittelwerten für Mitte Mai!

DWD Ein Januar auf Hoehenflug

Verantwortlich für die ungewöhnlich hohen Temperaturwerte zeichnet sich eine beständige “zyklonale Westlage”, eine von westlichen Winden und Tiefdruckeinfluss geprägte Großwetterlage. Der Westwind sorgt dafür, dass milde Meeresluft vom Atlantik nach Mitteleuropa geführt wird. Böiger Wind und dicke Wolken verhindern zudem, dass sich die Luft in den noch langen Nächten stärker abkühlen kann.

In den kommenden Tagen bleibt diese Wetterlage weiterhin vorherrschend, allerdings macht sich hinter ostwärts schwenkenden Kaltfronten immer häufiger auch mal Meeresluft polaren Ursprungs bemerkbar. Diese ist von Natur aus kälter, allerdings wirkt die gute Durchmischung, also rege Umwälzungsprozesse, sowie ein stetiger Luftmassenaustausch dafür, dass die einfließende Meereskaltluft nicht “altern” kann. Das bedeutet, ihr bleibt keine Zeit, zur Ruhe zu kommen und sich weiter abzukühlen. Zudem hat die Luft aufgrund ihres maritimen Charakters, der eine hohe Luftfeuchtigkeit bedeutet, ohnehin ein begrenztes Abkühlungspotenzial. Den kurzzeitigen Polarluftvorstößen zum Trotz bleibt es also insgesamt zu mild für die Jahreszeit, auch wenn die Abweichungen vom Klimamittel tendenziell eher etwas zurückgehen.

Es wundert daher nicht, dass die Modelle von einer nur langsamen Abnahme der Mitteltemperatur ausgehen. In der obigen Abbildung ist der auf verschiedenen Berechnungen des US-amerikanischen Wettermodells GFS und des deutschen Wettermodells ICONEU basierende, weitere Verlauf der Mitteltemperatur dargestellt. Zum Ende der ersten Dekade wird eine durchschnittliche Mitteltemperatur von etwa 7,5 °C modellübereinstimmend berechnet. Damit wird die 1. Januardekade wahrscheinlich die wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, wie man der Abbildung unten entnehmen kann. Der bisherige Rekordhalter des Jahres 2007 wird nochmal deutlich übertroffen. Von eisigen Mitteltemperaturen von unter -4 °C, die die zehn kältesten 1. Januardekaden allesamt hervorgebracht haben, ist man meilenweit entfernt.

DWD Ein Januar auf Hoehenflug 1

Auch in der 2. Januardekade soll die Mitteltemperatur nach Berechnungen von GFS nur geringfügig weiter zurückgehen. Mit rund 6 °C wäre man aber immer noch auf Rekordkurs. Es bräuchte schon einen echten Temperatursturzflug in der 3. Dekade, um einem weiteren Temperaturrekord noch aus dem Weg zu gehen.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.01.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Nasser Jahresstart vor allem im Norden

Der Start ins neue Jahr 2023 verlief verbreitet sehr mild und es haben sich einige Tiefdruckgebiete quasi die Klinke in die Hand gedrückt. Dadurch kam es in vielen Teilen des Landes immer wieder zu teils kräftigen Regenfällen. Einzig im Süden machte sich immer wieder schwacher Hochdruckeinfluss bemerkbar und hat dort die Niederschlagsneigung doch erheblich gedämpft. Insgesamt ergibt sich so im bisherigen Januar eine deutliche Zweiteilung in der Niederschlagsverteilung. Während etwa südlich einer Linie Eifel-Erzgebirge sowie in der Magdeburger Börde radarbasiert 1 bis 10, im Bergland bis 20 l/qm vom Himmel kamen, schaut es in den restlichen Gebieten ganz anders aus. Verbreitet fielen 15 bis 35 l/qm. Vor allem in Teilen Schleswig-Holsteins, im Harzumfeld und im Emsland wurden auch 30 bis 50 l/qm gemessen.

DWD Nasser Jahresstart vor allem im Norden

Besonders am Dienstag, dem 03.01.2023, regnete es im Norden gebietsweise sehr kräftig. Beispielsweise wurden zwischen Dienstag, 7 Uhr MEZ und Mittwoch, 7 Uhr MEZ in Braunlage (Niedersachsen) 38,6 l/qm registriert. Auch Wernigerode-Schierke (Sachsen-Anhalt) und Marxen (Niedersachsen) hatten mit 34,7 bzw. 34,2 l/qm innerhalb von 24 Stunden einiges zu bieten. An manchen Orten wie Schneverdingen-Osterwede oder Rehlingen-Ehlbeck (jeweils Niedersachsen) wurden sogar mit 30,1 bzw. 28,4 l/qm die Monatsrekorde für den jemals höchsten gemessenen Tagesniederschlag im Januar geknackt.

Wenn man bedenkt, dass im Durchschnitt im Norden des Landes im Januar gerade mal 40 bis 50 l/qm fallen, dann wird deutlich, dass dieser Wert bereits innerhalb einer Woche erreicht worden ist und der diesjährige Januar dort mit großer Wahrscheinlichkeit als zu nass in die Klimazeitreihe eingehen wird. Dieser Aspekt wird dadurch untermauert, dass in der kommenden Woche noch einiges an Niederschlägen zu erwarten ist.

DWD Nasser Jahresstart vor allem im Norden 1

Bis einschließlich Donnerstagmorgen fallen im Osten 5 bis 20 l/qm. In den anderen Landesteilen liegt die Niederschlagsmenge bei 15 bis 30 l/qm. Vor allem in den West- und Südweststaulagen des Schwarzwaldes und im Bergischen Land sowie im Allgäu sind 40 bis 60 l/qm, punktuell auch noch höhere Niederschlagssummen möglich. Zumindest in den höchsten Lagen der Mittelgebirge und in den Alpen fällt aber zeitweise Schnee, sodass das Wasser vorübergehend gebunden wird. Allerdings sorgen Warmluftvorstöße dafür, dass sich kein nachhaltiges Winterwetter etablieren kann.

Dipl.-Met Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.01.2023

La Niña schwächt sich ab

La Niña bezeichnet die periodische Abkühlung der Meeresoberflächentemperaturen im zentralen und östlich-zentralen äquatorialen Pazifik. Normalerweise treten La Nina-Ereignisse etwa alle 3 bis 5 Jahre auf, gelegentlich können sie aber (wie aktuell) über mehrere Jahre hinweg auftreten. La Niña steht für die kühle Phase des El Niño/Southern Oscillation (ENSO)-Zyklus (siehe auch hier:

Während eines La Niña-Ereignisses wirken sich die Temperaturveränderungen im Bereich des äquatorialen Pazifik auf die Muster der tropischen Niederschläge von Indonesien bis zur Westküste Südamerikas sowie auf den Indischen und Westafrikanischen Monsun aus. Diese Veränderungen in den tropischen Niederschlagsmustern wirken sich wiederum indirekt auf bestimmte Wettermuster in der ganzen Welt aus. Diese Auswirkungen sind normalerweise in den Wintermonaten am stärksten ausgeprägt, wenn der pazifische Jet-Stream über den Vereinigten Staaten am kräftigsten ist. La-Niña-Episoden gehen somit in den Wintermonaten mit einer insgesamt wellenförmigeren Jet-Stream-Strömung über den Vereinigten Staaten und Kanada einher, die im Norden häufig kältere und stürmischere Bedingungen als im Durchschnitt und im Süden wärmere Bedingungen verursacht. Auf der Abbildung erkennt man das hierfür typische synoptische Wettermuster für den Nordostpazifik. Zu sehen ist ein blockierendes Hochdruckgebiet (bzw. Höhenrücken) etwa im Bereich südlich von Alaska bzw. in Richtung der Alëuten-Inseln. Normalerweise nimmt klimatologisch gesehen dort das Alëuten-Tief diesen Platz ein.

DWD La Nina schwaecht sich ab

Aktuell hält La Niña im äquatorialen Pazifik zwar noch an, schwächt sich aber bereits langsam ab. Während sich die Meerestemperaturen in den letzten Wochen sukzessive erwärmt haben, verbleiben atmosphärische Indikatoren und großräumige Zirkulationen wie z.B. die Walker-Zirkulation weiterhin auf La-Niña-Niveau.

Langfristige Vorhersagen deuten darauf hin, dass sich die Temperaturen im tropischen Pazifik in den kommenden Wochen weiter auf ENSO-neutrale Werte erwärmen werden, wobei auch eine gewisse Veränderung der atmosphärischen Muster in Richtung neutraler Werte möglich ist.

Abschließend soll mit Hinblick auf das Thema des Tages vom 21.09.2022

darauf verwiesen werden, dass sich bei nun zu erwartender allmählicher Stärkung des Alëuten-Tiefs in den kommenden Wochen verstärkte meridionale und vertikale Wärmeflüsse (allgemein Wellenflüsse) im erweiterten Arktisumfeld bis in die Stratosphäre ausbreiten können und so den Stratosphärischen Polarwirbel (SPV) insgesamt schwächen dürften. Dann wäre neben anderen Bedingungen auch die Wahrscheinlichkeit einer plötzlichen Stratosphärenerwärmung (SSW) für den Spätwinter erhöht. Dies wiederum könnte Konsequenzen z.B. für die Nordatlantische Zirkulation (NAO) haben. Die Vorhersageunsicherheit ist allerdings aufgrund komplexer Zusammenhänge recht hoch.

Dipl.- Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.01.2023
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Dicker Brocken

Falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten: Es ist Hochwinter! Laut Wikipedia im Allgemeinen “die kälteste Phase des Winters” und damit natürlich auch des gesamten Jahres. Aber in den letzten Tagen, genau genommen seit etwa zwei Wochen, ist davon nichts zu spüren. In vielen Wetterberichten lauteten die Kommentare zu den Temperaturen mild, sehr mild oder ungewöhnlich mild.

Großräumig betrachtet scheint die Wetterlage festgefahren. Nördlich von uns geben sich die Tiefdruckgebiete die Klinke in die Hand. War es gestern noch Sturmtief AXEL, das sich heute aber schon auf den Weg nach Osteuropa gemacht hat und dessen Windfeld auch allmählich nach Polen abzieht, so haben wir es ab der kommenden Nacht mit Tief BENITO und danach mit Tief CONSTANTIN zu tun.

Und letzterer ist wahrlich ein dicker Brocken – genauer muss man sagen, er entwickelt sich zu einem dicken Brocken. Denn wer aktuell auf die Wetterkarten schaut, sieht auf dem zentralen Nordatlantik, etwa auf halbem Weg zwischen Neufundland und Spanien, nur ein kleines, unscheinbares Teiltief, dessen Kerndruck von knapp unter 995 hPa erstmal keinen Anlass zu Sorge bereitet (siehe Abbildung, kleiner Ausschnitt, Zeitpunkt Donnerstag 13 MEZ).

DWD Dicker Brocken

Diesbezüglich ist allerdings Vorsicht geboten: Da unter anderem die Konfiguration der Höhenströmung () für bodennahen Druckfall sorgt und auch ein Starkwindband () in der Höhe die Tiefdruckentwicklung “anfacht”, plustert sich CONSTANTIN ganz schön auf. Der Druckfall ist beachtlich: heute um 18 UTC (früher Greenwich Mean Time; entspricht MEZ -1 Stunde) soll er bei knapp unter 985 hPa liegen, morgen früh um 06 UTC schon bei 950 hPa – um morgen Abend Werte von knapp unter 945 hPa zu erreichen!

Aber nicht nur die Druckentwicklung ist beeindruckend. Auch CONSTANTINs Ausdehnung ist gewaltig. Die Abbildung (großer Ausschnitt) zeigt eine Prognose des Bodendrucks und der Position der Fronten für den morgigen Samstag um 12 UTC. CONSTANTIN überdeckt zu diesem Zeitpunkt weite Teile des Nordatlantiks, dazu auch West- und Nordeuropas. Und da Mitteleuropa östlich bzw. südöstlich des Tiefzentrums liegt und damit im Zustrom milder Luft verbleibt (roter Pfeil), ist es mit winterlichen Verhältnissen bei uns auch erstmal nicht weit her.

Dabei hätte das Tief BENITO, das in der Abbildung (kleiner Ausschnitt) nordwestlich von Irland zu finden ist, durchaus Kaltluft im Gepäck gehabt. Sein Frontensystem ist in den Feuchtefeldern in 700 hPa (ca. 3 km Höhe) gut zu erkennen. Die Warmfront erstreckt sich als grünes Band von England nach Ostfrankreich, die Kaltfront liegt dagegen, von Nordost nach Südwest orientiert, über dem Atlantik. Allein: Die Kaltfront schafft es nicht bis zu uns. Da sich CONSTANTIN aufbläht, wird in dessen Zirkulationsfeld BENITOs Kaltluft wieder nach Norden geschoben – also dahin, wo sie herkam. Und in der Folge hält die milde Witterung auch in den kommenden Tagen an.

Wird es denn irgendwann doch noch Winter? Nach jetzigem Stand versucht ab dem 9.1. wieder kalte Luft bei uns Fuß zu fassen. Dann rutschen wir auf die westliche und somit kalte Seite von CONSTANTIN. Er bestimmt unser Wetter also weiterhin, aber dann sollte die Situation zumindest “winterlich angehaucht” sein. Aber ein veritabler Kaltlufteinbruch, der dem Hochwinter wirklich Ehre macht, ist weiterhin nicht in Sicht.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.01.2023
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Deutschlandwetter im Dezember 2022

Erste Auswertungen der Ergebnisse der rund 2000 Messstationen des DWD in Deutschland.

Besonders warme Orte im Dezember 2022*

Platz Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Helgoland Schleswig-Holstein 5,2 °C +0,8 Grad
2 Köln-Stammheim Nordrhein-Westfahlen 4,3 °C +0,4 Grad
3 Duisburg-Bearl Nordrhein-Westfalen 4,2 °C +0,1 Grad

Besonders kalte Orte im Dezember 2022*

Platz Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Zinnwald-Georgenfeld Sachsen -2,2 °C +1,0 Grad
2 Carlsfeld Sachsen -1,6 °C +1,1 Grad
3 Neuhaus am Rennweg Thüringen -1,5 °C +1,3 Grad

Besonders niederschlagsreiche Orte im Dezember 2022**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Sankt Blasien-Menzenschwand Baden-Württemberg 247,1 l/m² 109 %
2 Todtmoos Baden-Württemberg 212,3 l/m² 94 %
3 Baiersbronn-Ruhestein Baden-Württemberg 211,1 l/m² 112 %

Besonders trockene Orte im Dezember 2022**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Frankenthal-Studernheim Rheinland-Pfalz 15,9 l/m² 45 %
2 Alzey Rheinland-Pfalz 17,6 l/m² 41 %
3 Worms Rheinland-Pfalz 18,0 l/m² 43 %

Besonders sonnenscheinreiche Orte im Dezember 2022**

Platz Station Bundesland Sonnenscheindauer Anteil
1 Balingen-Bronnhaupten Baden-Württemberg 65 Stunden 127 %
2 Leutkirch-Herlazhofen Baden-Württemberg 65 Stunden 89 %
3 Kaufbeuren Bayern 65 Stunden 89 %

Besonders sonnenscheinarme Orte im Dezember 2022**

Platz Station Bundesland Sonnenscheindauer Anteil
1 Fritzlar Hessen 14 Stunden 46 %
2 Zinnwald-Georgenfeld Sachsen 16 Stunden 49 %
3 Grambow-Schwennenz Mecklenburg-Vorpommern 18 Stunden 59 %

Oberhalb 920 m NHN sind Bergstationen hierbei nicht berücksichtigt.
* Monatsmittel sowie deren Abweichung vom vieljährigen Durchschnitt (int. Referenzperiode 1961-1990)
** Prozentangaben bezeichnen das Verhältnis des gemessenen Monatswertes zum vieljährigen Monatsmittelwert der jeweiligen Station (int. Referenzperiode, normal = 100 Prozent).

Hinweis:
Einen ausführlichen Monatsüberblick für ganz Deutschland und alle Bundesländer finden Sie im Internet unter www.dwd.de/presse

Meteorologe Denny Karran
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Deutschlandwetter im Jahr 2022

Erste Auswertungen der Ergebnisse der rund 2000 Messstationen des DWD in Deutschland.

Besonders warme Orte im Jahr 2022*

Platz Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Waghäusel-Kirrlach Baden-Württemberg 13,0 °C +2,7 Grad
2 Köln-Stammheim Nordrhein-Westfahlen 12,9 °C +2,1 Grad
3 Freiburg Baden-Württemberg 12,8 °C +3,1 Grad

Besonders kalte Orte im Jahr 2022*

Platz Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Zinnwald-Georgenfeld Sachsen 6,7 °C +2,3 Grad
2 Carlsfeld Sachsen 6,7 °C +2,3 Grad
3 Deutschneudorf-Brüderwiese Sachsen 7,2 °C +1,3 Grad

Besonders niederschlagsreiche Orte im Jahr 2022**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Ruhpolding-Seehaus Bayern 1897,0 l/m² 85 %
2 Baiersbronn-Ruhestein Baden-Württemberg 1880,5 l/m² 94 %
3 Aschau-Stein Bayern 1807,2 l/m² 83 %

Besonders trockene Orte im Jahr 2022**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Neutrebbin Brandenburg 314,5 l/m² 69 %
2 Quedlinburg Sachsen-Anhalt 321,6 l/m² 74 %
3 Gardelegen-Lindstedterhorst Sachsen-Anhalt 322,5 l/m² 60 %

Besonders sonnenscheinreiche Orte im Jahr 2022**

Platz Station Bundesland Sonnenscheindauer Anteil
1 Rheinfelden Baden-Württemberg 2355 Stunden 137 %
2 Balingen-Bronnhaupten Baden-Württemberg 2351 Stunden 140 %
3 Stuttgart-Echterdingen Baden-Württemberg 2333 Stunden 134 %

Besonders sonnenscheinarme Orte im Jahr 2022**

Platz Station Bundesland Sonnenscheindauer Anteil
1 Glücksburg-Meierwik Schleswig-Holstein 1663 Stunden 112 %
2 Carlsfeld Sachsen 1712 Stunden 122 %
3 Leck Schleswig-Holstein 1762 Stunden 114 %

Oberhalb 920 m NHN sind Bergstationen hierbei nicht berücksichtigt.
* Jahresmittel sowie deren Abweichung vom vieljährigen Durchschnitt (int. Referenzperiode 1961-1990)
** Prozentangaben bezeichnen das Verhältnis des gemessenen Jahreswertes zum vieljährigen Jahresmittelwert der jeweiligen Station (int. Referenzperiode, normal = 100 Prozent).

Hinweis:
Einen ausführlichen Jahresrückblick für ganz Deutschland und alle Bundesländer finden Sie im Internet unter www.dwd.de/presse

Meteorologe Denny Karran
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Antarktische Meereisbedeckung mit Rekordminimum im Dezember

Die Arktis und die Antarktis sind geografische Gegensätze, nicht nur, weil sie an entgegengesetzten Enden der Erdkugel liegen. Sie haben eine konträre Anordnung von Land und Meer. In der Antarktis umgibt der Südliche Ozean den kältesten Kontinent der Erde. Die Arktis, der kälteste und kleinste Ozean der Erde, ist von den Landmassen Eurasiens, Nordamerikas und Grönlands umgeben. Diese gegenteilige Anordnung von Land und Wasser trägt zu Unterschieden im Klima der einzelnen Polarregionen bei, die hauptsächlich auf differierende ozeanische und atmosphärische Zirkulationsmuster zurückzuführen sind. Diese beiden Aspekte sind für die Entwicklung des Meereises von entscheidender Bedeutung.

Das antarktische Meereis erreicht normalerweise im September oder Oktober sein Maximum und im Februar sein Minimum. Die kalten Gewässer um die Antarktis ermöglichen im Winter eine rasche Meereisbildung. Bei seiner maximalen Ausdehnung im September beträgt die Meereisbedeckung im Allgemeinen zwischen 18 und 19 Millionen Quadratkilometer. Über den Sommer schrumpft die Fläche bis in den Februar auf etwa 3 Millionen Quadratkilometer. Diese jährliche Schwankung ist wesentlich größer als in der Arktis, wo die Konfiguration der umgebenden Kontinente die Eisbildung über längere Zeit begünstigt.

DWD Antarktische Meereisbedeckung mit Rekordminimum im Dezember

Die Ausdehnung des Meereises ist einer der wichtigsten Aspekte des polaren Klimasystems. Aus diesem Grund wurde ihm in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Das liegt vor allem daran, dass die durchschnittliche Meereisfläche in der Arktis um etwa 4 % pro Jahrzehnt recht massiv und schnell abgenommen hat. Ein weiterer Fakt ist, dass der Meereisrückgang in der Arktis den Erwärmungstrend der Nordhemisphäre verstärkt, hauptsächlich aufgrund der Eis-Albedo-Rückkopplung. Ohne Eisbedeckung sinkt das Reflexionsvermögen des Bodens (Albedo), was zu einer höheren Absorption der einfallenden Sonnenstrahlung führt und dadurch wiederum zu einer verstärkten Erwärmung beiträgt.

Im Gegensatz zur Arktis zeigten die Meereisfläche und das Meereisvolumen um die Antarktis trotz der Erwärmung in den letzten 40 Jahren keinen signifikanten Trend auf. Insgesamt wies die Ausdehnung sogar eine leicht positive Zunahme auf mit im Durchschnitt etwa 1,7 % pro Jahrzehnt. Allerdings gibt es hier eine Einschränkung, denn rund um die Antarktische Halbinsel verzeichneten einige Regionen einen Rückgang der Meereisbedeckung. Ab etwa 2015 jedoch ging die Eisausdehnung in allen antarktischen Gewässern recht abrupt und stark zurück und erreichte 2017 erstmals ein Rekordtief. In den folgenden vier Jahren lag die Meereisausdehnung kontinuierlich unter dem Durchschnitt der Jahre 1981-2010.

DWD Antarktische Meereisbedeckung mit Rekordminimum im Dezember

Derzeit ist auf der Südhalbkugel Hochsommer und die Schmelzraten sind am höchsten. Nach der rekordverdächtig niedrigen Meereisausdehnung Ende Februar 2022 mit unter zwei Millionen Quadratkilometer (siehe Thema des Tages vom 14.03.2022:

verblieb die Meereisbedeckung über den Südwinter deutlich unter dem vieljährigen Mittel und war vergleichbar mit dem bisherigen Rekordminimum von 2017. Besonders auffällig jedoch war der Dezember, denn hier wurde ein außergewöhnlich starker Rückgang verzeichnet. Die erfasste Meereisbedeckung reduzierte sich dabei markant unter den Wert von 2017 (siehe Abbildung 2).

DWD Antarktische Meereisbedeckung mit Rekordminimum im Dezember 1

Die aktuelle Ausdehnung (Stand 03.01.2023) wird nach Auswertungen des Alfred-Wegener-Institutes mit 4,23 Millionen Quadratkilometer angegeben (siehe Abbildung 3). Das National Snow and Ice Data Center in Boulder (Colorado, USA) kommt bei seinen Berechnungen mit 4,73 Millionen Quadratkilometer noch auf einen etwas höheren Wert. Allerdings ändert es nichts an der Tatsache, dass es ein Rekordminimum zu dieser Jahreszeit ist. Insgesamt dominieren in allen Sektoren um die Antarktis herum unterdurchschnittliche Konzentrationen. Besonders ausgeprägt ist die negative Anomalie der Meereisausdehnung entlang der Westantarktis in der Bellinghausen und der Amundsensee (siehe roter Rahmen Abbildung 3). Das zusammenhängende eisfreie Gebiet ist das größte seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen, die seit 1978 kontinuierlich durchgeführt werden. Der starke Rückgang in allen Sektoren um die Antarktis lässt sich unter anderem auf in den Frühjahrs- und bisherigen Sommermonaten vorherrschenden überdurchschnittlichen Temperaturen im südlichen Ozean und der Antarktischen Halbinsel erklären.

Mit dieser großen negativen Anomalie Ende 2022/Anfang 2023 stellen sich nun die Fragen: “Wie wird sich das antarktische Meereis noch bis zum Ende des Sommers entwickeln?” und “Wird ein neuer Negativrekord erreicht?” Konkrete Antworten auf diese Fragen wird man vorrausichtlich erst ab Ende Februar geben können.

M.Sc. (Meteorologe) Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.01.2023
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