Späte Sommerwärme und segelnde Spinnen: Der Altweibersommer

Zwischen Mitte September und Anfang Oktober, wenn das Tageslicht schon spürbar schwindet und der Herbst kalendarisch Einzug hält, stellt sich nicht selten für ein paar Tage noch einmal sonniges und durchaus sommerliches Wetter ein. Dabei handelt es sich erwiesenermaßen jedoch nicht um einen Zufall oder eine subjektive Wahrnehmung, sondern um ein tatsächlich wiederkehrendes Wettermuster, einen sog. Witterungsregelfall. Im deutschen Sprachraum bezeichnet man diese frühherbstliche Hochdruckwetterlage mit warmen Temperaturen als „Altweibersommer“.

Über den Ursprung dieser Bezeichnung lässt sich leider nur spekulieren. Möglicherweise geben die im Morgenlicht auf Wiesen und Sträuchern silbrig-grau glitzernden Spinnfäden, die von Baldachinspinnen gewebt (altdeutsch: geweibt) wurden, dem Altweibersommer seinen Namen. Die Spinnen segeln mithilfe dieser Fäden durch die Luft, teilweise tausende Meter hoch und hunderte Kilometer weit. Dabei sind sie auf Thermik angewiesen, also auf aufsteigende Blasen warmer Luft, die es nur bei eher windschwachen, sonnigen Bedingungen gibt. Da man die Jahreszeiten früher ausschließlich in Winter und Sommer einteilte, nannte man den Frühling daher „Junger Weibersommer“ und den Herbst „Alter Weibersommer“. Aus Letzterem könnte der „Altweibersommer“, wie wir ihn heute kennen, entsprungen sein.

Auch meteorologisch gesehen gibt es keine eindeutige Definition für den Altweibersommer. Üblicherweise bringt man ihn mit einer recht stabilen Wetterperiode in Verbindung, die durch ein Festlandshoch oder eine Hochdruckbrücke über Mitteleuropa gekennzeichnet ist. Dabei ist es bei längerem Sonnenschein wärmer als üblich. Bei den mittleren Temperaturen erkennt man ihn daran, dass der septembertypische Temperaturrückgang für einige Tage unterbrochen wird. Da der Altweibersommer zu den Witterungsregelfällen gehört, die zeitlich betrachtet recht unspezifisch sind und nicht an bestimmte „Lostage“ gebunden sind wie beispielsweise die Eisheiligen, ist dessen Eintrittswahrscheinlichkeit verhältnismäßig hoch. Sie liegt allein für die letzte Septemberwoche nach langjährigen Statistiken bei etwa 80%.

Da der „Altweibersommer“ nicht nur ein Phänomen in Deutschland ist, findet man Bezeichnungen für vergleichbare Witterungsregelfälle auch in anderen Sprachen. Im slawischen Sprachgebrauch und im Ungarischen zum Beispiel verwendet man Begriffe, die dem deutschen Wort Altweibersommer sinngemäß entsprechen (z. B.: polnisch „babie lato“). In Neuengland im Nordosten Nordamerikas kennt man die Wetterlage als „Indian Summer“. In Deutschland bezeichnet man damit übrigens fälschlicherweise den Zeitraum besonders starker Laubfärbung. In einigen Mittelmeerländern wird eine verhältnismäßig warme und beständige Wetterphase im November gerne „St.-Martins-Sommer“ genannt, in Spanien „St.-Michaels-Sommer“ (Veranillo de San Miguel).

So sommerlich warm der Altweibersommer am Tage ist, darf man nicht vergessen, dass die Nächte schon lang sind und die Luft gerade bei klaren und windschwachen Bedingungen stark auskühlen kann. So geht der Altweibersommer nicht selten mit dem ersten Boden- oder gar Luftfrost einher. Denken Sie also an Ihre Blumen und anderen frostempfindlichen Pflanzen!

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.09.2021

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Herbstblues versus Spätsommerfeeling

Ja, so ist es manchmal beim Wetter. Im Süden laden Biergärten und Parks die kommenden Tage dazu ein, das Leben im Freien zu genießen. Im Norden hingegen muss die wind- und wasserdichte Jacke ausgepackt werden und der Vitamin D-Speicher lässt sich bei trübem Wetter kaum auffüllen.

Geschuldet ist das ganze zwei Druckgebilden. Einmal einem Hoch über dem Ostatlantik und mehreren Tiefdruckgebieten über Nordeuropa. Das Hoch dehnt sich dabei zunehmend ins südliche Mitteleuropa aus und sorgt damit im Süden Deutschlands für stabiles Frühherbstwetter. Bei geringen Luftdruckgegensätzen lacht tagsüber die Sonne oftmals von einem nahezu strahlend blauen Himmel. Ein paar hohe Wolkenfelder stören da kaum. Die Weinbauern dürfte es also freuen, ist doch das ein oder andere Grad Oechsle (Qualitätskriterium von Wein) noch drin. Mit Höchstwerten, die in den kommenden Tagen an der 25 Gradmarke kratzen, kommen spätsommerliche Gefühle auf. Nachts kann es allerdings, wie in den vergangenen Nächten bereits geschehen, deutlich auskühlen, sodass einstellige Tiefstwerte auf der Agenda stehen. Lokal droht vor allem in den kommenden zwei Nächten auch Frost in Bodennähe, wodurch empfindliche Pflanzen geschützt werden sollten. Besonders Tomaten sind hier teils erheblich gefährdet. Außerdem bilden sich gebietsweise teils dichte Nebelfelder. Man wird also sowohl dadurch als auch durch die nächtlichen Tiefstwerte im Süden an den nahenden Herbst erinnert.

Im Norden hingegen zeigt der Herbst schon deutlicher seine Zähne. Tiefdruckgebiete über Nordeuropa entwickeln sich zu Sturm-, eventuell auch Orkantiefs und streifen mit ihren Ausläufern besonders die Nordhälfte des Landes. Es wird dabei sehr wechselhaft mit zeitweiligem leichtem Regen oder Sprühregen, wolkenverhangenem Himmel und einem lebhaften bis stürmischen Wind aus westlichen Richtungen. Am morgigen Donnerstag erreicht der Sturm dann seinen Höhepunkt. Nachdem ausgangs der kommenden Nacht an der Nordsee bereits erste stürmische Böen erwartet werden, erfasst das Windfeld im Laufe des Donnerstags in etwa die Gebiete nördlich der Mittelgebirgsschwelle. Im Flachland treten dann Böen um 60 km/h, ganz vereinzelt auch bis 75 km/h auf. An der Küste und auf den Bergen drohen Sturmböen um 85 km/h, exponiert sind schwere Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten bis 100 km/h möglich. Erst in der Nacht zum Freitag zieht der Herbststurm dann allmählich ab. Vor allem an der Ostsee bleibt es die ganze Nacht über noch stürmisch. Am Freitag weht der Westwind im Norden zwar noch spürbar, aber bei Weitem nicht mehr so kräftig wie am Vortag.

Am Wochenende bleibt am Samstag die Wetterzweiteilung zunächst noch erhalten, wenngleich im Norden die Chancen auf etwas Sonnenschein ein wenig ansteigen. Zum Sonntag ist die Wetterentwicklung noch etwas ungewiss, voraussichtlich beenden in der Südwesthälfte von Frankreich her aufziehende Schauer und Gewitter den Altweibersommer erst einmal. Bis dahin heißt es aber im Süden, T-Shirt und Bratwurst und im Norden Windjacke und Drachen steigen lassen.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.09.2021

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DWD Herbstblues versus Spaetsommerfeeling

Jacke oder T-Shirt – beides!

Empfindlich kühl am Morgen und angenehm warm am Nachmittag, so präsentiert sich das Wetter heute und auch in den kommenden Tagen in einigen Regionen des Landes. Die nächtlichen Tiefstwerte erinnern einen eher an den nahenden Winter, während die Höchstwerte am Nachmittag einen noch in Sommererinnerungen schwelgen lassen. Zwischen Spekulatius zusammen mit einer heißen Tasse Tee und einer kühlen Cola samt Bratwurst vom Grill liegen also nur wenige Stunden. Schuld daran ist der Tagesgang der Temperatur, der vor allem in den Übergangsjahreszeiten sehr ausgeprägt sein kann und einen häufig vor das Problem der richtigen Kleiderwahl stellt. Empfohlen werden kann hier besonders das Zwiebelprinzip, denn morgens kann bei einstelligen Tiefstwerten schon die dickere Jacke und eventuell auch bereits der Schal aus der Mottenkiste gekramt werden, während nachmittags bei Höchstwerten von über 20 Grad das T-Shirt ausreicht.

Verantwortlich für diesen gut ausgebildeten Tagesgang der Temperatur ist vor allem die in der Südwesthälfte derzeitig herrschende Strahlungswetterlage. Das Hochdruckgebiet KERSTIN über dem Ostatlantik sorgt nämlich für stabiles Frühherbstwetter. An seiner Ostflanke fließt dabei zwar lediglich mäßig-warme Luft aus westlichen bis nördlichen Richtungen ein, aber diese erwärmt sich im Tagesverlauf auf angenehme Werte zwischen 20 und 25 Grad. Nachts fehlt die schützende Wolkendecke und es ist nahezu windstill, wodurch sich die Luftmasse doch schon deutlich abkühlen kann. Immerhin sind mit dem morgigen Herbstanfang (Tag- und Nachtgleiche auf der Nordhalbkugel am 22. September um 21:20 Uhr MESZ) die Nächte mit etwa 12 Stunden bereits ganz schön lang.

Ein krasser Gegensatz zu einem ausgeprägten Temperaturverlauf innerhalb eines Tages zeigt sich beispielsweise bei Hochnebellagen im Winter. Dann schützt nachts die dichte Hochnebeldecke vor Auskühlung und tagsüber schafft es die tief stehende Sonne nicht, das Grau aufzulösen und für eine Erwärmung zu sorgen. Nicht selten bekommt man dann das Gefühl, das Thermometer versagt seinen Dienst, wenn es über Stunden hinweg aufs Zehntel genau die gleichen Werte zeigt.

Auf den Nordseeinseln zeigt sich heute beispielsweise eine recht geringe Schwankungsbreite. Nach nächtlichen Tiefstwerten um 14 Grad klettert das Quecksilber tagsüber nur etwas und es werden maximal 18 Grad erreicht. Während dort nachts die Wolken und das Meerwasser vor einer starken Auskühlung schützen, sorgen sie im Zusammenspiel tagsüber genau dafür, dass sich die Luft nicht richtig erwärmen kann. Ganz anders schaut es in der Mitte und dem Süden des Landes aus. In Mittelhessen rauschte die Lufttemperatur vergangene Nacht in den Keller und es wurden Tiefstwerte von 1 bis 4 Grad registriert. Am Boden trat lokal sogar leichter Bodenfrost auf. Heute tagsüber klettert das Quecksilber auf 17 Grad, mit etwas Glück und Sonne sind auch 19 Grad drin. In den kommenden Tagen sollte dann besonders im Süden der Zwiebellook Anwendung finden. Nachts kühlt es nämlich auf 5 bis 0 Grad ab, während tagsüber 20 bis 25 Grad erreicht werden. Es ist also für jeden Geschmack etwas dabei und die Kleiderauswahl kann in ihrer ganzen Bandbreite genutzt werden.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.09.2021

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DWD Jacke oder T Shirt beides

Die Krux der Irreversibilität

Unser Klimasystem ist ein komplexes Zusammenspiel: Ozean, Land, Atmosphäre, Biosphäre und Eismassen sind keine „isolierten“ Komponenten, sondern vielmehr in stetiger Wechselwirkung miteinander. Man könnte dabei vielleicht meinen, dass allmähliche Änderungen auch zu einer allmählichen Reaktion führen, so wie wir es aus vielen Bereichen des Lebens kennen. Doch dem ist nicht so: Auch kleine Änderungen können plötzliche und drastische Auswirkungen haben. Man kann das mit einer Kaffeetasse vergleichen, die langsam über den Tischrand geschoben wird. Zunächst passiert nichts, doch plötzlich erreicht sie einen kritischen Punkt, an dem sie kippt.

Im Klimasystem gibt es gleich mehrere solcher „Kipppunkte“ oder „Kippelemente“ (englisch: „Tipping points“), für die gilt: Wird ein bestimmter Schwellenwert erreicht, kann das zu schnellen und unumkehrbaren Veränderungen führen. Genau in dieser Irreversibilität liegt das große Problem, denn selbst wenn die Ursache für „das Kippen“ anschließend zurückgenommen werden würde, würde das System Klima nicht unbedingt wieder in den alten Zustand zurückkehren. Wie die zerbrochene Kaffeetasse. Oder um es mit einem Beispiel von Dr. Eckhart von Hirschhausen zu beschreiben: Wenn man ein Ei kocht, wird es hart – und es bleibt hart, auch wenn das Wasser wieder abkühlt.

Bereits das Überschreiten einzelner Kipppunkte hat also weitreichende Umweltauswirkungen. Zudem besteht zusätzlich das Risiko, dass durch Rückkopplungsprozesse weitere Kipppunkte im Erdsystem überschritten werden und so eine dominoartige Kettenreaktion ausgelöst wird. Quasi eine „Kipp-Kaskade“.

Doch was sind nun diese Kipppunkte?

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) teilt sie in drei Kategorien: 1. Schmelzende Eiskörper (zum Beispiel Arktisches Meereis), 2. Veränderte Strömungssysteme (zum Beispiel Atlantische Thermohaline Zirkulation) und 3. Bedrohte Ökosysteme (zum Beispiel Amazonas-Regenwald).

Zehn unterschiedliche Kippelemente sind in der beigefügten Grafik dargestellt. Drei Beispiele:

– Das grönländische Festlandeis ist bis zu 3 km dick, verliert durch Abschmelzen jedoch an Höhe. Seine Oberfläche, die sich jetzt noch in hohen und damit kalten Luftschichten befindet, sinkt und wird somit wärmeren Temperaturen ausgesetzt. Das wiederum verstärkt das Abschmelzen weiter. Sobald eine bestimmte globale Temperaturzunahme überschritten ist, lässt sich das vollständige Schmelzen des Eispanzers nicht mehr aufhalten, was Wissenschaftlern zufolge zu einem Meeresspiegelanstieg von bis zu sieben Metern führen kann.

– Der Amazonas-Regenwald ist ein gewaltiger Kohlenstoffspeicher. Circa ein Viertel des weltweiten Kohlenstoffaustauschs zwischen Atmosphäre und Biosphäre finden dort statt, er ist quasi die „grüne Lunge“ der Erde. Durch extreme Trockenheit werden die Bäume so stark angegriffen, dass sie absterben. Weiter fortschreitende Abholzung verstärkt das Problem. Bei einem Umkippen des Regenwaldes etwa in eine Savannen-Vegetation könnte also kaum oder nur noch wenig Kohlendioxid gebunden werden und enorme Mengen des Treibhausgases blieben in der Atmosphäre.

– Im hohen Norden befindet sich auf einer Fläche von 10 Mio. km² (etwa der 30-fachen Fläche Deutschlands) Permafrost. Mehrere Hundert Milliarden Tonnen Kohlenstoff sind dort seit der letzten Eiszeit eingelagert. Wenn er auftaut, zersetzt sich das darin erhaltene organische Material und es wird Kohlenstoff und Methan frei. Der Auftauprozess schreitet derzeit viel schneller voran, als selbst die pessimistischsten wissenschaftlichen Studien annahmen. Inzwischen ist das Auftauen so weit vorangeschritten, wie es in den Szenarien des IPCC für das Jahr 2090 prognostiziert wurde.

Bei den düsteren Prognosen also resignieren und einfach hoffen, dass „nichts kippt“? Dazu sei gesagt, dass jedes (gar jedes Zehntel) Grad einen Unterschied macht – siehe zweite beigefügte Grafik. Und im Gegensatz zur kaputten Kaffeetasse, die einfach neu gekauft werden könnte, haben wir diese Möglichkeit bei der Erde leider nicht.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.09.2021

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DWD Die Krux der Irreversibilitaet

Bauernregeln im September

Den Siebenschläfertag oder auch die Eisheiligen kennt jeder. Aber auch der September hat seine Bauernregeln und Lostage, anhand derer früher die Wetterentwicklung in den Wintermonaten vorhergesagt wurde.

Bereits Tag 1 birgt einen Lostag für den restlichen Verlauf des Monats und auch des Herbstes: „Gib auf Ägidius wohl acht, er sagt dir was der Monat macht. Ist Ägidi ein heller Tag, ich dir einen schönen Herbst ansag. Wenn St. Ägidius bläst ins Horn, so heißt es: Bauer, sä dein Korn. Ist es an Ägidius rein, wird es so bis Michaeli (29.09.) sein.“. Schauen wir auf das Wetter am diesjährigen 1. September zurück, so sehen wir in weiten Teilen Deutschlands viel Sonne und meist schwachen Wind bei sommerlichen 19 bis 24 Grad. Nur im Westen war es trüb und mit 15 bis 19 Grad weniger warm. Man könnte den Tag also durchaus als „hell“ und „rein“ bezeichnen. Und der September war bisher ja auch nicht wirklich trüb. Es gab zwar Tage mit wenig Sonne und etwas Regen, insgesamt ist es aber bisher ein sonniger und trockener Monat mit über Deutschland gemittelten 122 Stunden Sonne und nur 20 l/m² Regen.

„Am feinen Septemberregen ist dem Bauern gelegen.“ – Wer seinen Garten auch im Winter nutzt, der sät jetzt Feldsalat und Spinat oder steckt Knoblauch. Günstig nach der Saat ist eine gleichmäßige Feuchte, damit das Saatgut bei noch milder Temperatur auch schön aufgeht. Das wussten auch die alten Bauern und so hat diese Regel bis heute Bestand.

Ein weiterer Lostag für den September fällt auf den 7. des Monats: „Ist es an Regine warm und sonnig, so bleibt das Wetter lange sonnig“. Der diesjährige 7. September brachte von der Ostsee bis an den Oberrhein etwa 9 bis 12 Stunden Sonne, abseits davon war es etwas „dunkler“ mit 2 bis 5 Stunden Sonnenschein an der Nordsee und 4 bis 7 Stunden im Südosten des Landes. Wie oben bereits erwähnt, ist die Sonnenausbeute nach etwa 2/3 des Monats mit rund 76 % der langjährig gemittelten Sonnenscheindauer im September, durchaus beachtenswert. Auch die Nebellagen halten sich in diesem Monat in Grenzen. Insofern könnte man die Bauernregel durchaus als richtig einstufen.

Eine weitere Regel zum Thema Regen besagt: „Wenn es an Protus (11.09.) nicht nässt, ein dürrer Herbst sich erhoffen lässt“. Der diesjährige 11. September war ein durchwachsener Tag mit Sonne und Wolken, aber auch etwas Regen in Form von Schauern und lokal auch Gewittern. Weitgehend trocken blieb es vom Niederrhein bis nach Vorpommern. Ob man nun einen dürren Herbst erhoffen muss, bleibt fraglich. Nimmt man die Bauernregel streng, so dürfte dieser Herbst eher nicht trocken ausfallen.

Für den 21. September gibt es folgende Bauernregeln: „Ist Matthäus hell und klar, gute Zeiten bringt’s für wahr. Trifft Matthäus stürmisch ein, wird bis Ostern Winter sein. Ist an Matthäus Sonnenschein, gibt es nächstes Jahr viel Wein. Wie es Matthäus treibt, es vier Wochen bleibt.“. Nach aktueller Vorhersage wird Matthäus (kommender Dienstag) ein ruhiger und zunehmend sonniger Tag. Die klare Nacht zum Mittwoch könnte allerdings etwas verbreiteter Frost in Bodennähe bringen. Für alle Hobbygärtner, vor allem ab den Mittelgebirgen südwärts, heißt es also Obacht und Pflanzen schützen.

Der Michaelitag, 29. September, kündigt nach Lesart der Bauernregeln die Witterung für den weiteren Herbst und Winter an. Dabei gibt es durchaus Widersprüche: „Wenn Michael durch Pfützen geht, ein milder Winter vor uns steht. Bringt St. Michael Regen, kannst du gleich den Pelz anlegen. Regen an Michaelstag, einen milden Winter bringen mag.“. Auch ohne Regen geht es widersprüchlich zu: „Gibt Michaeli Sonnenschein, wird es in zwei Wochen Winter sein. Kommt der Michel heiter und schön, wird es vier Wochen weiter so gehen.“. Eine Prognose ist aus solch gegensätzlichen Weissagungen schwierig. Und so belassen wir es beim bisher eher guten Eindruck vom vergangenen Wetter und der Übereinstimmung mit den Lostagen und Bauernregeln in den ersten zwei Dekaden des Septembers. Wir müssen es ohnehin nehmen, wie es kommt.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.09.2021

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Ferne Verbindungen

Der mögliche Zusammenhang der Phase des Indisch-Ozeanischen Dipols (IOD) mit den heftigen australischen Buschbränden in 2019 sowie das Wirkungsprinzip des IOD wurde bereits im Thema des Tages vom 13.01.2020 behandelt. Im folgenden Beitrag soll kurz ein konkretes Beispiel möglicher Fernwirkungen einer sehr starken positiven Phase des Indisch-Ozeanischen Dipols im November 2019 erläutert werden.

Ein positiver IOD (siehe Grafik anbei) bedeutet positive Anomalien der Meeresoberflächentemperaturen über dem Arabischen Meer (vor der Afrikanischen Küste) und damit einhergehende verstärkte tropische Konvektion mit häufigen Niederschlägen in diesen Gebieten (durch Aufsteigen der Warmluft). Im Gegensatz dazu herrschen dann verhältnismäßig niedrige Meeresoberflächentemperaturen im Bereich Ozeaniens, was z.B. in Australien über Monate weitgehend trockene Verhältnisse hervorruft (durch Absinken der Luft). In Bodennähe erfolgt dort dann das Rückströmen der Luft nach Westen. Somit herrschen in diesem Bereich beidseitig des Äquators verstärkte östliche Winde vor (Passatwinde), die das Meereswasser in der Folge oberflächlich abtransportieren und abkühlen (verstärkt in der Folge durch nachrückendes kühleres Wasser aus tieferen Schichten).

Für den Winter 2019/2020, speziell für den Index der Nordatlantischen Oszillation hatte diese sehr starke positive Phase des IOD zur Folge, das sich ausgehend vom Indischen Ozean so genannte Wellenzüge polwärts und ostwärts ausbreiteten, entsprechend über den Pazifik, Nordamerika bis zum Atlantik (dort in abgeschwächter Form). Diese Wellenzüge beinhalten den meridionalen (polwärts) und zonalen (ostwärts) Transport von Wellenenergie in Form von Wärmeflüssen, die sogar die saisonale Verteilung von Hoch- und Tiefdruckgebieten z.B. über dem Atlantisch-Europäischen Raum, zeitweise beeinflussen können. In diesem Fall könnte der IOD indirekt für die beobachtete persistentere positive Abweichung des NAO-Index (nach Definition stärker ausgeprägtes Azorenhoch, entsprechend kräftiges Islandtief) im Winter 2019/2020 gesorgt haben. Der fachlich interessierte Leser kann sich gern in diesem Artikel aufschlussreiche Details und Grafiken anschauen. Diese beschriebene Wechselwirkung wird auch als „Troposphärische Telekonnektion“ bezeichnet.

Zudem gibt es auch eine „Stratosphärische Telekonnektion“, die in diesem Fall wie folgt funktioniert hat (siehe oben angeführtes Paper): Der oben angesprochene Wellenzug, der zunächst den Pazifik betrifft, sorgt dort grob gesagt durch polwärts gerichtete Wärmeflüsse bodennah zunächst für eine positive Druckanomalie (höherer Luftdruck) südlich von Alaska und den Aleuten-Inseln. Dadurch wird das dort sonst oft ansässige und kräftige Aleutentief deutlich geschwächt. Auf diese Art und Weise können sich ihrerseits die vom Aleutentief normalerweise ausgehenden verstärkten vertikalen Wellenflüsse (Wärmeflüsse) nicht wie gewohnt bis in die Stratosphäre hin ausbreiten. Dies führt in der Folge zu einem anomal starken stratosphärischen Polarwirbel (weil nahezu ungestört, wie beobachtet im Winter 2019/2020), der dann als Kopplung mit der darunterliegenden Troposphäre ebenso eine anomal positive NAO projizieren kann.

Das im verlinkten Paper demonstrierte numerische Modell-Experiment zeigt eine gute Übereinstimmung sowohl mit den Reanalysedaten (z.B. des EZMWF in Reading, UK) als auch mit den saisonalen Multimodellvorhersagen in Bezug auf die Details beider hier beschriebenen Telekonnektionspfade. Darüber hinaus sind diese Pfade den gut dokumentierten troposphärischen und stratosphärischen Telekonnektionspfaden sehr ähnlich, durch die auch die EL-NINJO-Southern Oscillation (ENSO, siehe DWD-Wetterlexikon) unter anderem die nordatlantische Zirkulation beeinflussen kann.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.09.2021

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DWD Ferne Verbindungen

Kalendarischer Herbstanfang ante portas

Wir Meteorologen haben bereits am 1. September den Herbst eingeläutet und weichen daher von der Definition des kalendarischen Beginns ab. Demnach beginnen für uns die Jahreszeiten immer am ersten Tag jenes Monats, in den der kalendarische Termin fällt. Dadurch umfassen die Jahreszeiten für uns immer drei vollständige Monate, wodurch eine statistische Vergleichbarkeit von klimatologischen Daten (z.B. Monatsmittel, Monatssummen u.a.) gewährleistet wird.

Die nun bevorstehende Tagundnachtgleiche hängt mit dem Wechsel der Jahreszeiten zusammen, sorgt aber immer wieder für Missverständnisse. Der Herbst und damit auch der Übertritt in die kalte Hälfte des Jahres beginnt am kommenden Mittwoch, dem 22. September 2021 um 21:21 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ). Zu diesem Zeitpunkt zieht die Sonne direkt über den Erdäquator hinweg. Für die andere Hälfte des Planeten – sprich der Südhalbkugel – markiert das Äquinoktium (von lat. aequus – gleich und nox – Nacht), wie die Tagundnachtgleiche auch bezeichnet wird, den Beginn des Frühlings. Am Tag des Äquinoktiums dauern somit lichter Tag und die Nacht überall auf der Erde zumindest theoretisch gleich lang an.

Jedem ist bekannt, dass Jahreszeiten existieren. Aber wodurch entstehen sie? Das ist eine Frage, bei deren Beantwortung viele Menschen regelmäßig in eine kleine Falle tappen. Oft hört man, dass es auf der Erde kälter wird, wenn sie sich weiter von der Sonne entfernt, und wärmer, wenn sie näher an unsere Wärmequelle herankommt. Schließlich reist unser Planet auf einer Umlaufbahn um die Sonne, die kein perfekter Kreis, sondern eher eine Ellipse ist. Die Schlussfolgerung aus dieser Tatsache ist jedoch falsch.

Unser Erdorbit weicht nur zu drei Prozent von einem Kreis ab. Im nördlichen Winter ist die Sonne der Erde eigentlich am nächsten und im Sommer am weitesten entfernt (siehe Grafik). An der unterschiedlichen Entfernung zur Sonne liegt es also nicht. Was beschert uns dann die Jahreszeiten?

Es ist alles eine Frage der Neigung! Die Erdachse ist relativ zur Sonne gesehen nicht gerade, sondern steht in einem leicht schrägen Winkel von etwa 23,5 Grad. Während sich die Erde um die Sonne dreht, bleibt dieser Winkel erhalten, weshalb das Licht der Sonne nicht direkt auf die komplette Erdoberfläche trifft. Wenn die Nordhemisphäre der Sonne weggeneigt ist, werden deren Lichtstrahlen nur in einem schrägen Winkel aufgefangen. Während dieser Phase herrschen kürzere und somit in der Regel auch kühlere Tage. Gleichzeitig ist die südliche Hemisphäre der Sonne zugeneigt, weshalb ihre Strahlen in einem steileren Winkel eintreffen und für längere Tage sorgen. Nur zweimal im Jahr wird die Erde gleichmäßig in das Licht der Sonne getaucht – nämlich zu den Tagundnachtgleichen. Das zweite Äquinoktium findet um den 21. März statt, wenn sich die eben beschriebenen Gegebenheiten auf der nördlichen und südlichen Hemisphäre umkehren. Die Äquinoktien selber definieren nur den Zeitpunkt eines Ereignisses. Sie finden nicht wirklich statt, wenn der Tag und die Nacht gleich lang sind, obwohl wir das denken. Eigentlich ist es der Zeitpunkt, zu dem die Sonne am Äquator genau im Zenit und die Sonnenstrahlen dort im 90 Grad Winkel auf die Erdoberfläche treffen. Dann sind Tag und Nacht überall auf der Erde nahezu gleichlang.

Hierzulande allerdings sind zum Äquinoktium Tag und Nacht nicht exakt gleich lang und es ergibt sich ein Unterschied von einigen Minuten. Der Tag erscheint tatsächlich etwas länger als die Nacht. Diese Diskrepanz erklärt sich zum einen durch die Ausdehnung der Sonnenscheiben. Während der Äquinoktien wird der geometrische Mittelpunkt der Sonnenscheibe betrachtet, der an diesen Tagen etwa 12 Stunden oberhalb des Horizontes steht. Da allerdings die ersten und letzten Sonnenstrahlen eines Tages vom oberen Rand der Sonnenscheibe ausgehen, dauert der Tag also etwas länger. Zum anderen spielt die Brechung des Sonnenlichts durch die Atmosphäre eine Rolle. Die Erdatmosphäre beugt das Licht, weshalb es aussieht, als befände sich die Sonne noch über dem Horizont, obwohl sie bereits untergegangen ist. Der Kalendertag, an dem tatsächlich zwölf Stunden lichter Tag und zwölf Stunden Nacht herrschen, ist somit um ein paar Tage in Richtung Wintersonnenwende verschoben. Dieser Tag wird als Equilux bezeichnet und liegt für den 50. Breitengrad um den 25 September.

M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.09.2021

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DWD Kalendarischer Herbstanfang ante portas

Ein nasser Sommer 2021 in Deutschland – aber überall (Teil 2)?

Nach den drei trockenen Sommern 2018, 2019 und 2020 gestaltete sich der Sommer 2021 in Deutschland vielerorts unbeständig und regenreich (s.a. die Ende August erschienene Pressemitteilung zum „Deutschlandwetter im Sommer 2021“). Teilweise nahm der Regen sogar extreme Ausmaße an, wie bei der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands mit teils verheerenden Folgen. Im deutschlandweiten Flächenmittel fielen insgesamt 305 l/m², das sind rund 27% mehr als die vieljährigen Mittel der Jahre 1961-1990 (239 l/m²) und 1991-2020 (241 l/m²). Doch gab es auch Regionen, in denen weniger Niederschlag als in einem üblichen Sommer gemessen wurden?

Beim Betrachten der beigefügten Abbildung fallen sofort recht große regionale Unterschiede auf. Einerseits findet man Regionen, in denen das doppelte (dunkelblaue Bereiche), teils sogar das drei- oder vierfache (violett), der sonst üblichen Regenmenge beobachtet wurden (s.a. Thema des Tages vom 08. September). Andererseits liegen diese mancherorts nicht weit entfernt von vergleichsweise trockenen Gebieten (rote Bereiche). Zwar waren alle drei Sommermonate (Juni, Juli, August) im deutschlandweiten Flächenmittel nasser als in den jeweiligen Vergleichsperioden, jedoch bekam nicht jede Region gleich viel Nass von oben ab.

Im Juni sticht vor allem das nördliche Mecklenburg-Vorpommern ins Auge, wo verbreitet nur 10 bis 40% des Monatssolls an Regen beobachtet wurde. Am trockensten war es in Gager-Groß Zicker auf Rügen mit gerade einmal 3 l/m² (7% des vieljährigen Mittels dieser Station). Interessanterweise liegt diese Region nicht weit von der Uckermark entfernt, wo verbreitet mehr als das Dreifache des durchschnittlichen Juniregens vom Himmel prasselte. Auch vom Mangfallgebirge bis ins Chiemgau gestaltete sich der Monat deutlich trockener als üblich (30-50% des Monatssolls), in Jachenau-Tannern wurden sogar nur 9% (20 l/m²) des durchschnittlichen Juniniederschlags gemessen.

Der Juli verlief in großen Teilen Schleswig-Holsteins, in Ostwestfalen sowie zwischen Weser und Elbe relativ trocken. Besonders wenig Regen fiel in der Altmark und im nördlichen Harzvorland, wo nur etwa 30 bis 40% der üblichen Monatssumme beobachtet wurden. Am wenigsten Regen wurde in Erxleben-Bregenstedt nordwestlich von Magdeburg mit nur 16 l/m² (30%) gemessen. Auch in Elpersbüttel nahe der Schleswig-Holsteinischen Nordseeküste wurde mit 31 l/m² ebenfalls nur gut ein Drittel des vieljährigen Mittels (36%) erreicht. Ebenfalls ließ in Brandenburg der Regen östlich der Spree vielerorts auf sich warten.

Im August war vor allem die Westhälfte auf der eher trockenen Seite. Besonders niederschlagsarm verlief der Monat vom nördlichen Niederrhein über das Münsterland bis ins südliche Emsland sowie im Hochschwarzwald. Dort wurden vielerorts nur 35 bis 50% des „normalen“ Augustniederschlags registriert. In Grafenhausen (Hochschwarzwald) fielen mit 35 l/m² gerade einmal 34% des Monatssolls ins Niederschlagsmessgerät dieser Station.

Und wie sieht es im gesamten Sommer aus? Summiert über die beschriebenen drei Monate zeigt sich, dass der Sommer 2021 vor allem in der Altmark und dem nördlichen Harzvorland, in Teilen Vorpommerns und im Grenzbereich zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen deutlich zu trocken ausfiel. Der trockenste Ort war Erxleben-Bregenstedt, der als Sommerbilanz nur magere 116 l/m² zu bieten hatte, was nur 63% des vieljährigen Mittelwerts entspricht. Somit kam dort im gesamten Sommer weniger Regen zusammen als beispielsweise in den Hochwasserregionen im Westen innerhalb von weniger als einem Tag vom Himmel prasselte. Aber auch die Nordseeurlauber konnten sich über vergleichsweise wenig Regen freuen. So summierte sich in List auf Sylt der Sommerregen nur auf 130 l/m², etwa 2/3 (68%) des im Mittel zu erwartenden Niederschlags.

Auch wenn es viele Bundesbürger kaum erwartet hätten, so gibt es auch im Sommer 2021 einige Ecken, in denen auch im vierten Sommer in Folge zu wenig Regen fiel, sodass dort die Dürre nicht beendet wurde. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Ernteerträge in der Landwirtschaft mancherorts wegen fehlender Niederschläge erneut unterdurchschnittlich waren. Dort bleibt nur zu hoffen, dass es im Sommer 2022 in dieser Hinsicht zu einer ausgleichenden Gerechtigkeit kommt.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.09.2021

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DWD Ein nasser Sommer 2021 in Deutschland aber ueberall Teil 2

Regen – in Deutschland und in Ostasien

Nachdem die vergangenen Tage weitgehend trocken verlaufen sind, kommt heute wieder reichlich Nass von oben – wenn man einmal von den überwiegend trockenen Gebieten an Oder und Neiße sowie im Südosten absieht.

Den Regen bringt uns das kleine Tief ROLAND, das heute über der Deutschen Bucht nach Nordosten zieht. Es bringt sehr feuchte Luft zu uns, die im Hochsommer bei entsprechenden Temperaturen wohl verbreitet zu einer energiegeladenen Schwergewitterlage geführt hätte. Die aktuellen atmosphärischen Bedingungen lassen zwar auch Gewitter zu, oft ziehen aber auch „nur“ Schauer oder schauerartiger Regen übers Land. Immerhin: neben ein paar starken Böen und kleinerem Hagel können sowohl die Schauer als auch die Gewitter Starkregen, also Niederschlagsmengen von 15 l/m² bis 25 l/m² innerhalb von einer Stunde im Gepäck haben. Punktuell sind auch Mengen über 25 l/m² und damit Unwetter möglich – diese bleiben aber die Ausnahme. Am stärksten vom Niederschlag und damit auch vom potentiellen Starkregen betroffen ist ein Streifen, der vom Westen in den Nordosten reicht.

Da hat der pazifische Wirbelsturm CHANTHU, auch wenn er seine „besten Tage“ schon hinter sich hat, mehr zu bieten. Aktuell bewegt sich CHANTHU im Bereich des Ostchinesischen Meeres und damit sozusagen „in Sichtweite“ Chinas, Japans und auch Südkoreas. Recht untypisch für tropische Wirbelstürme schickt er sich aktuell an, seinen Kurs mehrmals in kurzer Zeit abrupt zu ändern. Nachdem es zuletzt nach Norden ging, soll CHANTHU jetzt mehr nach Südosten vorankommen. Das ist allerdings nur ein kurzes Intermezzo, denn schon morgen ist wieder ein Schritt nach Norden geplant, bevor die Aktivität dann nach Nordosten gerichtet ist.

Bezüglich seiner Verlagerung kann man CHANTHU also als „kleinen Chaoten“ bezeichnen. Das „Kreiseln“ hat für ihn aber den Vorteil, dass er sich weiter über Meeresgebieten bewegt, die eine Wassertemperatur von etwa 27 Grad aufweisen. Damit kann sich der Wirbelsturm nochmal intensivieren. So prognostiziert das Europäische Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersage (EZMWF) in der Nacht zum Freitag einen Kerndruck von etwa 960 hPa, was etwa 30 hPa unter dem aktuellen Niveau liegt. Damit verbunden ist natürlich auch eine Zunahme des Windes. Mittelwinde von etwa 35 Knoten, was 65 km/h entspricht, werden von den meisten Wetterdiensten nach den neuesten Berechnungen avisiert. Die Böen liegen dabei deutlich jenseits der 100 km/h-Schwelle. Das ist für einen Wirbelsturm aber alles andere als eine „Spitzenleistung“, weshalb CHANTHU genau genommen auch nur noch als Tropischer Sturm und nicht mehr als Wirbelsturm bezeichnet wird.

Aber eigentlich sollte der Blick ja zu den Regenmengen gehen. Und diesbezüglich werden in Südkorea und Japan in den kommenden Tagen, jeweils in Verbindung mit CHANTHU, verbreitet Regenmengen von 30 bis 70 l/m² auftreten. Lokal werden die Mengen aber auch bis zu 200 l/m² erreichen. Die Schwierigkeit besteht darin, diese Niederschlagsschwerpunkte genau zu lokalisieren. Denn durch das „Kreiseln“ über dem Meer lässt sich die genaue Zugbahn nur schwer erfassen. Sowohl das Joint Typhoon Warning Center (Grafik) als auch unser DWD-Modell „ICON“ lassen CHANTHU über die Meerenge zwischen Japan und Südkorea ins Japanische Meer ziehen. Das Modell des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersage dagegen setzt einen südlicheren Kurs an, womit CHANTHU über Japan ziehen würde. Letzteres hätte dann natürlich auch über Japan die stärksten Regenmengen zur Folge, während die erstgenannten Lösungen die höchsten Niederschläge über Südkorea simulieren. Diesbezüglich bleibt es also spannend…

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.09.2021

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DWD Regen in Deutschland und in Ostasien

Frühherbst bei spätsommerlichen Temperaturen

Heute soll sich das Thema des Tages also ein wenig um die Phänologie bzw. die phänologischen Jahreszeiten drehen. Im Gegensatz zur kalendarischen Definition der Jahreszeiten, die sich am Sonnenstand orientieren und wenig Variabilität aufweisen, hängen die phänologischen Jahreszeiten von den Entwicklungsstadien der Pflanzenwelt ab. Dabei spielen der Blühbeginn, der Beginn der Blattentfaltung, der Reifegrad der Früchte und schließlich im Herbst die Laubverfärbung und der Zeitpunkt des Laubfalls eine entscheidende Rolle. Mit Hilfe dieser sogenannten Leitphasen unterschiedlicher Pflanzenarten werden Frühling, Sommer und Herbst jeweils in drei Phasen unterteilt. Um feststellen zu können, wann und wo die entsprechenden Wachstumsphasen auftreten, gibt es ein deutschlandweites Netzwerk meist ehrenamtlicher Beobachter. Entsprechende Grafiken zur aktuellen Pflanzenentwicklung können auf der Homepage des Deutschen Wetterdienstes im Bereich „Fachnutzer“ und „Freizeitgärtner“  abgerufen werden.

Der phänologische Herbst wird in Früh-, Voll- und Spätherbst unterteilt. Anhand der aktuellen phänologischen Daten (siehe Abbildung der Phänologische Uhr und aktuelle Meldungen im Anhang bzw. befinden wir uns im Frühherbst. Dieser ist durch die Fruchtreife des Schwarzen Holunders (Holunderbeeren) und der Kornelkirsche gekennzeichnet. Außerdem erreicht der Mais auf den Feldern seine volle Höhe, die ersten Birnen sind bereit zum Pflücken und auch die Aussaat von Winterraps und Wintergerste beginnt. Der Frühherbst beginnt im vieljährigen Mittel Mitte/Ende August, anhand der phänologischen Uhr. ist zu erkennen, dass der Frühherbst dieses Jahr etwas später begann als im vieljährigen Mittel. Die ersten Meldungen zur Fruchtreife des Schwarzen Holunders und damit der Beginn des Frühherbstes sind in den Flussniederungen des Rheins und seiner Nebenflüsse sowie Richtung Lausitz Mitte August eingegangen (siehe Karte der aktuellen Pflanzenentwicklung im Anhang bzw. Nun macht die Natur unweigerlich Fortschritte in Richtung Vollherbst, der unter anderem dadurch gekennzeichnet ist, dass die Früchte der Stiel-Eiche und Rosskastanien reif sind.

Auch wenn wir uns also phänologisch eindeutig im Herbst befinden, werden am heutigen Dienstag verbreitet nochmal sommerliche Temperaturen zwischen 25 und 29 Grad erwartet. In den kommenden Tagen wird es mit Schauern und Gewittern wieder etwas wechselhafter, bei Höchsttemperaturen meist zwischen 18 und 24 Grad bleibt es aber relativ warm. So richtig herbstliches Wetter steht nach wie vor nicht auf dem Programm.

Dipl.-Met. Sabine Krüger

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.09.2021

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DWD Fruehherbst bei spaetsommerlichen Temperaturen