Vier Euro sechsundvierzig

Eine Auflistung von Zahlen ist normalerweise für die meisten ja alles andere als spannend. Wir wagen uns trotzdem heran (garniert mit leichter Kost, versprochen!), wobei sich alle Angaben auf das Jahr 2021 beziehen.

4,46: So viel zahlt jede Bürgerin und jeder Bürger in Euro pro Jahr an Steuern für den DWD. Dafür bekommt man kaum noch ein Spaghetti-Eis, selbst wenn man die einmalig 1,99 Euro für die Vollversion der WarnWetter-App einrechnet.

391: Ist nicht nur die Modellnummer einer Kettensäge, die laut bekanntem Hersteller ein „starker Allrounder ist“, sondern auch die Anzahl der Stationen auf Schiffen, an denen freiwillige Wetterbeobachtung auf See stattfindet.

1.300: So viele Starkregenereignisse wurden vergangenes Jahr in Deutschland erfasst. Genauso viel musste man für zwei VIP-Karten für das Helene-Fischer-Konzert in München hinblättern.

2.157: Juristen verbinden mit dieser Zahl vielleicht eher das Erbrechts-Gesetz über ein „Gemeinschaftliches Vermächtnis“, tatsächlich ist es aber auch die Anzahl der Beschäftigten, die beim Deutschen Wetterdienst arbeiten. Dabei sind übrigens die Männer mit 1339 an der Zahl den 818 Frauen (natürlich nur zahlenmäßig) überlegen.

168.000: So viel Tonnen Äpfel exportierte China im Jahr 2020 nicht nur auf die Philippinen, sondern wurde an Tonnen Sand auch im Februar 2021 aus der Sahara nach Deutschland transportiert – und das noch gratis.

220.000: Anzahl der Wetter- und Unwetterwarnung, die wir letztes Jahr herausgaben. Und, als letzter Punkt im Genre „Unnützes Wissen“: Anzahl der Heiratsanträge, die rund um den Globus am Valentinstag gemacht werden.

507,5 Terabyte: Diese unvorstellbare Menge an Wetter-, Klima- und Satellitendaten ist frei zugänglich archiviert . Und vergleichslos.

Wer nun Lust bekommen hat, mehr aus dem DWD-Alltag zu erfahren, sei es in Form von Zahlen, Abbildungen oder Texten, wird im Jahrbuch 2021 (Link siehe unten) fündig.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.08.2022

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DWD Vier Euro sechsundvierzig

Auswertung (Abrechnung) des Modellchaos von Donnerstag 18.08.

Zunächst werden nacheinander die Unterschiede zwischen den gemessenen Niederschlägen und den Vorhersagen der Modelle ICON-D2, GFS, AROME, UK10 und IFS für die 12-stündigen Niederschlagssummen in l/qm bis Donnerstag (18.08.2022) um 20 Uhr betrachtet. Also die Niederschläge, die zwischen 8 Uhr und 20 Uhr fallen. (Siehe Radarsummen linke obere Abbildung und als Vergleich Abbildung 1 vom Thema des Tages vom 18.08.22:  ICON-D2 prognostizierte zwar, dass es im Großraum Berlin regnen sollte, hat allerdings den realen Spitzenwert von 30 l/qm mit einem vorhergesagten Wert von 79 l/qm weit übertroffen, ähnlich überschätzt wurde das Regengebiet an der bayerischen Grenze zu Tschechien. Des Weiteren zeigte ICON Niederschläge bis 71 l/qm an der Grenze zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, in Wirklichkeit fiel besagter Niederschlag (mit 26 l/qm weitaus geringer) im Saarland. Die prognostizierten Niederschläge in Vorarlberg 30 l/qm stimmen mit den Messwerten gut überein. GFS hat die Niederschlagsmengen insgesamt (deutlich) unterschätzt, insbesondere in Vorarlberg und Tirol. Das Niederschlagsgebiet aus dem Saarland ist im Modell nicht zu finden, dafür wurde im Norden Baden-Württembergs ein Schwerpunkt lokalisiert, dessen Niederschlagssumme in etwa zu der im Saarland passt. Weiterhin wurden Niederschläge bis 25 l/qm für das Erzgebirge vorhergesagt, die so nicht eingetreten sind.

AROME hat die Positionen für die Niederschläge am weitesten verfehlt, demnach hätten im Harz Regensummen bis 55 l/qm fallen sollen, der höchste registrierte Wert dort lag jedoch bei 3 l/qm in Herzberg. Während die anderen Modelle keine Niederschläge für Nordrhein-Westfahlen voraussagen und dies auch mit den Messwerten übereinstimmt, prognostizierte AROME dort Niederschläge. Die Niederschläge in Vorarlberg und Tirol wurden geringer vorhergesagt, als sie eingetroffen sind.

UK10 hatte für Ostdeutschland so gut wie keine Niederschläge vorhergesagt und lag damit vor allem für Berlin falsch. Der Niederschlagsschwerpunkt, der in Vorarlberg und Tirol auftrat, wurde hier für die Schweiz kalkuliert. Zudem wurden die Niederschlagsmengen im Norden Baden-Württembergs zu hoch prognostiziert.

IFS hat die Niederschläge über dem Saarland am besten von allen Modellen getroffen. Dafür hat es über Sachsen-Anhalt ein Niederschlagsmaximum gesehen, was es nicht gab. Darüber hinaus wurde die Niederschlagsmenge im Süden von Baden-Württemberg geringer vorhergesagt.

Die 12-stündigen Niederschlagsprognosen der Modelle (hier: außer AROME) für Freitag (19.08.2022) um 8 Uhr im Vergleich zum Radarbild (Abbildung oben rechts) werden im Folgenden beschreiben. Die verwendeten Modellläufe sind von Mittwoch, 17.08.2022, je nach Modell von 2 Uhr (IFS), 8 Uhr (GFS und UK10) und 11 Uhr (ICON-D2).

ICON-D2 trifft die maximalen Niederschlagssummen ganz gut. Im Modell jedoch wurde der Niederschlagsschwerpunkt im Vergleich zum Radarbild nordwestlicher prognostiziert (über der Mitte von Sachsen-Anhalt). Das Radarbild zeigt für einen Großteil von Nordrhein-Westfahlen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Niedersachsen kaum bis keine Niederschläge, genauso wie das Modell. Jedoch deutete das Modellbild einen Korridor über Baden-Württemberg und Bayern, in dem keine Niederschläge fallen sollten – für den gleichen Bereich zeigt das Radarbild hingegen ein Maximum an Niederschlag. Stattdessen rechnete ICON-D2 mit den höchsten Summen in den Alpen.

GFS hat, wie bereits am Donnerstag, die Niederschlagsmengen am schlechtesten getroffen. Die Lokalisierung der Niederschlagsschwerpunkte wurde dafür am besten prognostiziert, nur die Maxima sind etwas südlicher als auf dem Radarbild.

UK10 (Abbildung unten links) hat die Positionen des Niederschlags deutlich verfehlt. Regionen, in denen anhand der Radarerfassung kein Regen fiel (zum Beispiel Rheinland-Pfalz), verzeichneten in der Modellrechnung ein Maximum von 60 l/qm. Stattdessen sollte der Osten Deutschlands im Modell größtenteils trocken bleiben. UK10 lag damit am weitesten daneben. IFS prognostizierte ein Maximum zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt mit 80 l/qm, stattdessen lag besagtes Maximum im Osten von Sachsen-Anhalt. Als einziges Modell hat IFS ein Niederschlagsmaximum nordöstlich von Berlin an der Grenze zwischen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gesetzt. Allerdings fiel die Prognose mit 20 l/qm deutlich geringer aus als die tatsächlich gefallene Regenmenge mit 70 l/qm.

Fazit: Das Modell GFS hat die Mengen für Donnerstag am schlechtesten eingeschätzt, dafür am Freitag die Regionen am besten. UK10 lag bei den Regionen am Freitag voll daneben, auch Donnerstag wurden die Regionen nicht wirklich treffend eingeschätzt. Für beide Tage gesehen lag ICON-D2 im Mittel am nächsten, auch wenn es an den einzelnen Tagen nicht am besten war. Die hohen Niederschlagssummen, die auf dem Radarbild im Süden Baden-Württembergs zu erkennen sind, wurden von keinem der Modelle ausreichend prognostiziert.

Anhand der erfassten 72-stündigen Regensummen bis Montag 8 Uhr lässt sich am besten nachvollziehen, wo es über das Wochenende die intensivsten Regenfälle gab. (Abbildung unten rechts). Der meiste Niederschlag fiel eindeutig im Süden Bayerns und Baden-Württembergs. Die geringsten Regenmengen gab es in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Hier blieb es regional sogar ganz trocken.

Praktikantinnen Carolin Probst und Jana Schitthof mit Dipl.-Met. Jacqueline Kernn/M.Sc. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.08.2022

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DWD Auswertung Abrechnung des Modellchaos von Donnerstag 18.08.

Die Woche

Das gestrige Thema des Tages behandelt das Wetter für diese Woche. Die Vorhersage ist in dieser Woche deutlich einfacher als letzte Woche, denn die Variablen bei Hochdruckwetter sind limitiert und am Ende ist der Unterschied zwischen 32 und 34 Grad eher marginal. Wo am Hochdruckrand ein einzelner Schauer oder etwas Regen auf die Böden plätschert, spielt bei der Höhe der zu erwartenden Regenmenge auch eher eine untergeordnete Rolle. Zeit und Raum also, um sich die Aktionstage dieser Woche einmal anzusehen.

Zugegeben, heute ist der Tag der Fische, aber der gibt wenig her. Entstanden ist er offenbar eher aus einer Laune einer einzelnen Frau heraus, die sich an ihrem Geburtstag einen Aktionstag gewünscht hat und sodann 2007 bei Wikipedia einen Eintrag zum „Tag der Fische“ erstellte. Inzwischen ist der Tag einigermaßen bekannt und was wären wir ohne sie. Sei es beim Schnorcheln oder Tauchen im Meer, im örtlichen Aquarium oder auf dem eigenen Teller: Fische sind immer schön anzusehen und haben zumeist eine beruhigende Wirkung.

Am morgigen Dienstag gibt es den „Reite-den-Wind-Tag“. Er ist einer der älteren Aktionstage und stammt aus dem Jahr 1977. Er geht zurück auf die vom britischen Millionär Henry Kremer ausgerufenen und mit einem ordentlichen Preisgeld versehenen Herausforderungen zum Muskelkraftflug. Zwei der Herausforderungen sind nach wie vor offen: die internationale Marathon- und die Sportflugzeug-Herausforderung. Kermers Ziel war es, den Fortschritt des Muskelfluges zu fördern. In den Anfängen war es meist schwierig lange Strecken oder Kunststücke zu meistern, inzwischen sind die technischen Voraussetzungen allerdings besser, vor allem seit der Erfindung des Carbons. Das Wetter spielt beim Muskelkraftflug eine wichtige Rolle, denn bei gutem Auftrieb kann die Muskelkraft einen Flieger länger in der Luft halten.

Der Mittwoch ist der „über das Wetter schimpfen“-Tag in den USA. Aber man kann sich auch hierzulande über das Wetter beschweren. Nicht, dass es dazu einen besonderen Tag bräuchte. Uns erreichen täglich Beschwerden über das Wetter und die Wettervorhersage. Einige sind freundlich formuliert, andere sind voller Beleidigungen bis hin zu Verwünschungen. Aber wer sich einen Anlass wünscht, der kann auf den kommenden Mittwoch zurückgreifen.

Die zweite Wochenhälfte bietet kaum Aktionstage, die sich mit dem Wetter verbinden lassen.

Am Sonntag ist der Tag des Rotweins. Zwar ist die Hauptweinlese erst im späteren September, in einigen Regionen Deutschlands hat die Weinlese für den „Federweißer“ aber bereits begonnen. Die Trockenheit hat die Trauben eher klein gehalten und besonders junge Pflanzen leiden unter Trockenstress. Da muss der Winzer zusätzlich bewässern. Die älteren Reben können mit ihren langen Wurzeln meist ausreichend Wasser aus den tieferen Erdschichten ziehen. Obwohl die Lese dieses Jahr recht früh begonnen hat, ist es nicht der früheste Start. Den gab es im Jahr 2018, in dem bereits Anfang August die Lese anlief. Dieses Jahr war die Witterung im Frühling „normal“, sodass der Wein nur etwa eine Woche früher anfing zu blühen, als im langjährigen Mittel. 2018 war der Frühling sehr warm und die Blüte entsprechend sehr früh.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.08.2022

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Hoch PIET ist wieder Herr in der Wetterküche und lässt den Kontakt zum Azorenhoch nicht abbrechen!

Nachdem das Tief KARIN Teilen von Deutschland teilweise in großen Mengen Regen geschenkt hat, ist nun wieder Hoch PIET in der Poleposition! Dieser kann sich als Azorenhochableger erneut über West und Teilen Mitteleuropa einnisten und das Wetter auch hierzulande weitgehend bestimmen. Allerdings gibt es auch in Deutschland immer wieder Gerangel in den Randbereichen. So versuchen wiederholt atlantische Tiefs wie LAVINIA zwischen Island und Norwegen oder im Verlauf MELISSA über dem Nordatlantik zusammen mit Ihren Ausläufern auf das Festland vorzudringen. Allerdings ist das Unterfangen eher schwierig, sodass meist nur der Nordwesten von Deutschland sowie die Küstenregionen gestreift werden. Zudem schickt zum Wochenstart ein hochreichendes Tief über dem Balkanraum auf dessen Nordflanke Wolken westwärts bis in den Osten und Südosten Deutschlands. Einhergehend sind von Oder und Neiße bis zum Erzgebirge sowie in Südostbayern neben dichteren Wolkenfelder geringe Niederschläge möglich. Durch ein bisschen Labilität sind auch im Schwarzwald kurze Schauer nicht völlig von der Hand zu weisen. Im großen Rest des Landes kann sich Hoch PIET weitgehend behaupten, wenngleich er seinen Schwerpunkt zur neuen Woche nach Dänemark verlagert. Bevor Tief MELISSA am Dienstag die schwachen Regionen auf der Südwestflanke von PIET nutzen kann, indem deren Ausläufer nach Mitteleuropa vordringen, stärkt das Azorenhoch erneut die Hochdruckbrücke und drängt MELISSA mit deren Frontensystemen wieder nach Norden ab. Entsprechend bleibt die Grundstruktur bestehen, sodass das Tief über Osteuropa bis über die Wochenmitte hinweg nur dem Osten und Nordosten Aussicht auf etwas Regen schenkt und allenfalls noch das Nordseeumfeld ab und an eine gewisse Schauerneigung aufweist. Ansonsten bleibt schwach ausgeprägter, hoher Luftdruck Trumpf. Demnach kann die Sonne vielfach vom wenig bis überhaupt nicht bewölktem Himmel scheinen. Dies macht sich schließlich auch auf die Niederschlagsvorhersage bis Ende des Monats bemerkbar. Nach dem europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) soll es abgesehen von wenigen Gebieten in Ostdeutschlands im Vergleich zum vieljährigen Mittel deutlich zu trocken sein. Vor allem im Westen und Süden sind die Abweichungen für die letzte Monatsdekade demnach signifikant. Während dies für die Regionen von Schwarzwald, Hochrhein sowie Allgäu bis zum Bayerischen Wald aufgrund der hohen Regenmengen der letzten Tage keine größeren Probleme bereiten sollte, sieht im Westen und der Mitte Deutschlands schon anders aus. Im Süden Baden-Württembergs sowie abgesehen von Unterfranken in großen Teilen Bayerns fielen in den vergangenen vier Wochen 40 bis 200, gebietsweise sogar bis 300 l/qm, was wiederum teilweise das 1,2- bis 3-fache des Niederschlags bezüglich der Referenzperiode entspricht. Entsprechend konnte die sich die Natur dort wohl etwas erholen. Der Blick nach Rheinland-Pfalz, Hessen, in die Westhälfte Nordrhein-Westfalens sowie nach Unterfranken zeigt da schon ein anderes Bild. In den genannten Gebieten fielen in den letzten 3 Dekaden meist nur 1 bis 30 l/qm, örtlich im Bergland auch mal bis 50 l/qm. Dies entspricht vielerorts nur 5 bis 20% des üblichen Niederschlags im betrachteten Zeitraum. An einzelnen Stationen ist im August noch überhaupt kein Niederschlag gemessen worden (z.B. Würzburg). Und die Aussichten für die kommende Dekade beschreiben keine Linderung. Erste Auswertungen und Erläuterungen bezüglich der teils extremen Dürre in Deutschland konnten auch dem Newsletter vom 12. August 2022 entnommen werden (siehe Link).

Bei den Temperaturen stehen nach angenehm temperiertem Start in die Woche vielerorts bei Werten zwischen 26 und 34 Grad erneut hochsommerlich warme bis heiße Zeiten auf dem Programm.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.08.2022

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DWD Hoch PIET ist wieder Herr in der Wetterkueche und laesst den Kontakt zum Azorenhoch nicht abbrechen

Tief über Mitteleuropa bringt Unwetter

Nach der lang anhaltenden Hochdruckdominanz, die in weiten Teilen Mittel- und Südeuropas für Dürre sorgte, hat sich die Wetterlage vorübergehend umgestellt. Ein Tiefdruckgebiet zog über Mittel- und Südeuropa, woraus sich eine gefährliche Wetterlage entwickelte. Los ging es bereits am Donnerstagmorgen, als ein kräftiges Tief in höheren Luftschichten von Nordspanien ins westliche Mittelmeer zog. Auf der Vorderseite wurde in mittleren Luftschichten trockene nordafrikanische Luft herangeführt. Das Mittelmeer ist für die Jahreszeit zu warm und stellte somit sehr feuchte Luft in Bodennähe bereit. Sie bietet den Gewittern reichlich Energie für starke Entwicklungen. Hinzu kam noch, dass der Jet-Stream in der Höhe um das Tief herumgeholt wurde und somit für einen kräftigen Höhenwind sorgte. Solche Bedingungen nennt man auch „Loaded-Gun-Situationen“. Man kennt sie am ehesten von der Gewittersaison in den Great Plains. Somit hat sich über dem nordwestlichen Mittelmeer in dieser explosiven Mischung in der Nacht zum Donnerstag eine Gewitterlinie formiert, die sich zu einem sogenannten Bow-Echo, eine bogenförmige Gewitterlinie, entwickelt hat. Solche Bow-Echos bilden ihren eigenen Jet, wodurch in mittleren Luftschichten enorme Windgeschwindigkeiten erreicht werden, die dann bis zum Boden „heruntergezogen“ werden können. Die Struktur ähnelte dabei jener beim Pfingstunwetter in Nordrhein-Westfalen, das 2014 dort verehrende Schäden anrichtete. Dieses Bow-Echo traf in den Morgenstunden mit extremen Böen mit über 200 km/h auf Korsika. Zum Vergleich, beim Pfingstunwetter lagen die maximalen Böen um 150 km/h.

Das ganze System zog schnell weiter über Norditalien und traf am Nachmittag auf Slowenien und Südösterreich und richtete dabei erheblich Schäden an. Durch umgestürzte Bäume gab es dabei mehrere Tote. Am Abend bildeten sich über Norditalien noch einige Superzellen, die besonders in der Region um San Marino sehr großen Hagel mit Korngrößen bis zu 12 cm brachten.

Auch Deutschland wurde von Unwettern nicht verschont. Bei uns führte allerdings der Starkregen zu Problemen. In der Nacht zum Freitag bildete sich um ein Tief über Südostdeutschland ein größeres Gewittergebiet über dem Süden Baden-Württembergs und vom Vogtland bis nach Vorpommern mit teils kräftigen Starkregen.

Am Freitag setzten sich die teils gewittrigen Niederschläge fort. Besonders betroffen war die Region von Schwaben bis zum Bodensee, das Allgäu sowie Teile Oberbayerns. Dort fielen teilweise über 100 l/m², was mancherorts der sonst üblichen Monatssumme entspricht. Durch den Stau an den Alpen schüttete es im Vorarlberg bei Bregenz fast 200 l/m² in nur wenigen Stunden. Wodurch erheblich Überflutungen verursacht wurden. Die Wetterlage hatte durchaus Ähnlichkeit mit der Lage, die im Juli 2021 zur Hochwasserkatastrophe im Ahrtal führte. Dabei zapfte das Tief über Mitteleuropa feuchte Mittelmeerluft an. In einem sich um das Tief herumwickelnden Niederschlagsband kam es zu schauerartig verstärkten, gewittrigen Niederschlägen, die nur sehr langsam ziehen und durch das Eindrehen immer wieder dasselbe Gebiet trafen und dort teils extreme Mengen brachten. So eine Lage ist immer eine große Herausforderung für die Meteorologen, denn die Wettermodelle haben große Schwierigkeiten bei der genauen Prognose. In diesem Fall waren die Auswirkungen vergleichsweise gering. Denn durch das hohe Niederschlagsdefizit der vergangenen Monate führten die Flüsse und Bäche größtenteils Niedrigwasser, der Boden konnte noch viel Wasser aufnehmen und war im Süden noch nicht so ausgetrocknet, dass eine schnelle Wasseraufnahme verhindert wurde. Zudem ist die betroffene Region nicht so sehr anfällig für Starkregenereignisse.

In den nächsten Stunden lassen die Regenfälle weiter nach unwetterartigen Starkregen gibt es nur noch lokal. Vor allem in Teilen des Westens, der kaum Regen abbekommen hat, geht unterdessen die Dürre weiter. Flächendeckende Niederschläge sind bis nächste Woche Donnerstag dort nicht in Sicht. Denn ein neuer Azorenhochkeil weitet sich nach Deutschland aus und bring in der kommenden Woche sonniges und zunehmend wieder heißes Wetter.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.08.2022

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Der Ätna

Wer gerade seinen Urlaub auf Sizilien verbringt bzw. demnächst verbringen möchte, sollte den Ätna als eine der eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten der Insel besichtigen. Mit 3357 m Höhe ist der Ätna der höchste Vulkan Europas und gleichzeitig einer der aktivsten der Erde. (Siehe Bild im Winter aufgenommen).

Der Ätna befindet sich an der Ostküste Siziliens zwischen den Städten Catania und Messina. Durch die klimatischen Besonderheiten und die Höhe sowie den durch die Asche fruchtbaren Boden ist am Berg die Vegetation sehr vielfältig und einzigartig. Unterhalb von 600 bis 800 m wird überwiegend Obst angebaut wie z. B. Zitrusfrüchte, Oliven, Weintrauben und an der Westseite auch Pistazien. Zwischen 800 und 1300 m wachsen Eichen und Esskastanien. Bis in eine Höhe von 2300 m sind Schwarzkiefer, Buche (die südlichste Ausdehnung dieser Baumart in Europa) und eine Birkenart, die nur dort wächst und von der letzten Eiszeit stammt, beheimatet. Oberhalb von 2300 m ist der Vulkan mit Ausnahme von einigen Gräserarten vegetationslos.

Besonders im Mai und Juni kann man eine Vielfalt von Blumenarten mit ihren Farben bestaunen. Der Ginster z. B. taucht mit seiner Blüte die Landschaft in gelbe Farbe, die einen markanten Kontrast zum sonst durch die erkaltete Lava schwarzen Anblick erzeugt.

Um diese Landschaften mit den regelmäßigen Vulkanausbrüchen am besten bestaunen zu können, folgen nun ein paar Tipps. Neben passender Kleidung und Schuhwerk ist es sehr hilfreich – manchmal auch überlebenswichtig! – vorher auf die Wettervorhersage bzw. die aktuellen Wetterbedingungen zu achten. Denn es passiert oft, dass sich das Wetter abrupt ändert: Strahlender Sonnenschein kann sehr schnell in kräftige Gewitter oder in dichten Nebel umschlagen, wodurch die Wanderung gefährlich werden kann.

In den nächsten Tagen herrschen auf Sizilien sommerliche Wetterbedingungen. Jedoch steigt ab dem nächsten Montag die Gewittergefahr in Landesinnere an. Es kann also sein, dass der Blick zum Ätna versperrt ist. Ein Ausflug auf dem Gipfel könnte zudem wegen schlechter Sicht und Blitzschlag gefährlich werden. Die höchste Wahrscheinlichkeit dafür wird am Montag und Dienstag erwartet.

Ein letzter und wichtiger Tipp ist bei einer Wanderung auf den Ätna immer die Beobachtung der Zugrichtung der Rauchfahne. Man sollte sich dabei möglichst nicht unter der Rauchwolke befinden. Bei einem eventuellen Ausbruch ist dann die Gefahr sehr groß, unter den Ascheregen zu geraten. Je nach Entfernung zu den Hauptkratern und Stärke des Ausbruchs können die fallenden Gesteine einen Durchmesser von mehreren Zentimetern haben.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.08.2022

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DWD Der Aetna

Ein Modellchaos: Niederschläge und wo sie (vielleicht) zu finden sind

In einer Hinsicht sind sich die Modelle einig: Es wird Regen geben. Wo und wieviel ist da schon etwas komplizierter. Am selben Ort wird von dem einen Modell Niederschlag vorhergesagt, einem anderen Modell nach zu urteilen fällt kein Tropfen vom Himmel.

Um zu verstehen, wie es zu solchen Unterschieden kommt, muss man sich damit vertraut machen, wie ein Wettermodell grob funktioniert. Neben einigen komplizierten physikalischen Gleichungen fließen noch Anfangs- und Randbedingungen in die Modelle ein. Zusätzlich werden diverse Prozesse vereinfacht (parametrisiert), um die Rechendauer der Modelle geringer zu halten. Je mehr Prozesse parametrisiert werden, desto kürzer wird die Rechendauer, aber desto ungenauer wird das Ergebnis. Verschiedene Modelle arbeiten dabei mit verschiedenen Bedingungen und Parametrisierungen, sodass am Ende auch verschiedene Ergebnisse rauskommen. Während sich die Vorhersagen bei den großräumigen Strukturen des Luftdrucks sowie des Geopotentials auf den ersten Blick oft noch sehr ähneln, werden die Unterschiede mit kleiner werdendem Gebiet immer größer. Vor allem die Niederschläge sind dabei häufig noch unzureichend prognostiziert. Folgende vier Modelle werden betrachtet: ICON-D2 vom Deutschen Wetterdienst, GFS vom National Weather Service (USA), AROME von Meteo France und UK10 vom britischen Wetterdienst.

Abbildung 1 zeigt die erwarteten Niederschläge für den heutigen Donnerstag, den 18.08.2022 zwischen 14 und 20 Uhr. Die dargestellten Daten stammen bei den grob aufgelösten Modellen aus dem 8 Uhr Lauf vom gestrigen Mittwoch (17.08.2022). Die Lösung des feinaufgelösten ICON-D2 liefert der gestrige 11 Uhr Lauf. Auf den ersten Blick erkennt man, dass die Modelle hinsichtlich der Position und Intensität des Niederschlags verschiedenste Ergebnisse liefern. Das hauseigene Modell ICON-D2 legt den Schwerpunkt auf Österreich bis in den Süden Bayerns, einen weitern auf die Grenze zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz., sowie nördlich von Berlin. AROME bildet im Süden Deutschlands kaum Regen ab, stattdessen liegt der Schwerpunkt hier über der Dreiländergrenze zwischen Thüringen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Das amerikanische Modell GFS zeigt generell eine geringere Intensität und legt einen kleinen Schwerpunkt auf Sachsen. Nach dem Modell UK10 gäbe es im Nordosten Deutschlands kaum bis keine Niederschläge, stattdessen im Südwesten.

Kurz zusammengefasst: Jedes Modell legt die Schwerpunkte auf einen anderen Bereich von Deutschland, dabei liegen die maximalen Regenmengen zwischen 25mm und 79 l/qm/12h, was dann doch ein deutlicher Unterschied ist.

Sieht man sich für den gleichen Vorhersagezeitraum die neuen Modellrechnungen aus der vergangenen Nacht an (2 Uhr bzw. 5 Uhr Läufe), sehen die Prognosen schon wieder anders aus (Abbildung 2). Starten wir wieder mit ICON-D2: Diesmal liegen die Schwerpunkt über Frankreich südlich vom Saarland, ein weiterer vor allem in Oberösterreich und ein kleiner über Mitteldeutschland. Das französische Modell AROME zeigt im Vergleich zum gestrigen Lauf wesentlich geringere Niederschlagsmengen. Signifikante Mengen sind auf Basis dieser Datenlage vor allem in Vorarlberg zu erwarten. Dort wo im gestrigen Durchlauf noch der Schwerpunkt lag, ist nun kaum noch etwas zu sehen. Das GFS-Modell zeigt zum Vortag die geringste Veränderung. Der Schwerpunkt liegt weiterhin über Sachsen, wobei sich dieser aber nach Nordbayern ausgedehnt hat. Zudem ist ein weiter Schwerpunkt östlich von Berlin hinzugekommen. Die Regensummen werden beim GFS weiterhin als eher gering eingeschätzt. Bei dem britischen Modell UK10 fällt auf den ersten Blick auf, dass die Niederschlagshinweise nun zwar räumlich größere Gebiete einnehmen, die Mengen aber sehr viel geringer ausfallen.

Zusammengefasst: Die Niederschlagsvorhersage sieht sowohl innerhalb einer Modellkette als auch zwischen unterschiedlichen Modellen im Vergleich zum Vortag ganz verschieden aus.

Dies zeigt, dass nicht nur die Modelle untereinander, sondern auch innerhalb Schwankungen besitzen. Jeder Lauf entspricht einer Modellrechnung, mit angepassten Anfangswerten an den aktuellen Zeitpunkt vor der Berechnung. Je nach Modell gibt es mehrere Läufe am Tag, zum Beispiel alle zwölf oder alle drei Stunden. Durch das Anpassen der Bedingungen kann es ebenfalls zu Änderungen in der Vorhersage und somit zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Genauer sieht man das an einem weiteren Beispiel, diesmal wird der 12-stündige Niederschlag des IFS-Modells des EZMW (Europäischen Zentrum für Mittelfristvorhersage) betrachtet. Die Vorhersage bezieht sich dabei auf Freitag, den 19.08.2022, 8 Uhr. In Abbildung 3 sind von rechts nach links vier verschiedene Durchläufe von IFS für die Mitte Deutschlands aufgeführt: 16.08., 2 Uhr, 16.08., 14 Uhr, 17.08., 2 Uhr und 17.08., 14 Uhr.

Beim ältesten der vier gezeigten Läufe (ganz rechts) werden die stärksten Niederschläge im Osten von Nordrhein-Westfahlen gezeigt. Dabei erstreckt sich das Gebiet bis nach Niedersachsen und in den Norden von Rheinland-Pfalz. Im Osten Deutschlands wird kaum etwas erwartet.

Die nächste Berechnung (zweites Bild von rechts) legt den Niederschlagsschwerpunkt über Niedersachsen und Norddeutschland. Während nun etwas stärkere Niederschläge in den ostdeutschen Bundesländern simuliert werden, fallen diese dafür im Westen schwächer aus.

Der Lauf von gestern Mittag (zweites von links) sagt fast keine Niederschläge mehr über Nordrhein-Westfahlen voraus, stattdessen liegt ein großer Schwerpunkt über der Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, wobei laut den Berechnungen ein Maximum von 81 l/qm in 12 Stunden zu erwarten wäre.

Im jüngsten der vier Läufe (ganz links) erkennt man, dass sich das Niederschlagsgebiet, im Vergleich zum vorherigen Zeitpunkt, weiter nach Osten verlagert hat. Insbesondere Westdeutschland ist nun überhaupt nicht mehr von Niederschlägen betroffen. Was macht man nun bei diesem Chaos? Klar ist, dass man nicht nur auf ein Modell vertrauen sollte, sondern die Modelle miteinander zu vergleichen. Auch ein Blick auf vorherige Durchläufe kann dabei helfen eine allgemeine Entwicklung festzustellen. Prinzipiell ist es so, dass hochaufgelöste Modelle die vom Niederschlag betroffenen Regionen definierter und präziser angeben können, aber auch Modelle mit geringer Auflösung können die großräumige Entwicklung gut erfassen. Bei der Frage, welches Ereignis dann wirklich am wahrscheinlichsten ist, kann oft nur die Erfahrung helfen.

Abschließend lässt sich sagen: „Die Moral von der Geschichte: Böse Modelle gibt es nicht“ (eine Hommage an eine Dozentin der Uni Köln).

Praktikantinnen Jana Schitthof und Carolin Probst mit Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.08.2022

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DWD Ein Modellchaos Niederschlaege und wo sie vielleicht zu finden sind

Bauernregeln

Bauernregeln sind alte Volkssprüche, die meist in Reimform verfasst wurden und Auskunft über das Wetter und die Folgen für die Landwirtschaft geben sollten. Entstanden sind sie aus langjährigen Beobachtungen, meist in Klöstern und wurden über viele Generationen weitergegeben. Es wurde versucht, aus den Beobachtungen Rückschlüsse auf das kommende Wetter zu ziehen. Dabei muss die Region, für die eine Bauernregel aufgestellt wurde, berücksichtigt werden, denn bestimmte Wetterphänomene, die in den Bauernregeln beschrieben werden, treten in manchen Regionen häufiger auf als in anderen. So gibt es für einen Tag mehrere Regeln, die sich durchaus widersprechen können, da eine beispielsweise für die Ostsee gilt und eine andere für den Alpenraum. Auch muss die Entstehungszeit der Wetterregeln berücksichtigt werden, um eine eventuelle Verschiebung, die mit der Einführung des gregorianischen Kalenders einhergegangen ist, zu berücksichtigen. Welche Regeln gibt es?

Es gibt allgemeine Regeln für jeden Monat, aber auch Vorhersagen für einzelne Tage. Für die Vorhersage der nächsten Wochen oder von Jahreszeiten sind Lostage von Bedeutung. An Lostagen werden teils meteorologische Besonderheiten beschrieben, welche immer wieder zur gleichen Zeit im Jahr auftreten, sodass Aussagen über das Wetter der nächsten Tage aber auch über die dann zu erledigenden Aufgaben in der Landwirtschaft getroffen werden können.

Zu den bekanntesten und auch beliebtesten Bauernregeln zählt die Siebenschläfer-Regel. Sie bezieht sich ursprünglich auf den 27. Juni, aufgrund der gregorianischen Kalenderreform mittlerweile auf den 7. Juli. Der Name stammt allerdings nicht vom Tier Siebenschläfer, wie viele Menschen denken, sondern geht auf eine Legende zurück. Laut dieser Legende suchten sieben Brüder vor der Christenverfolgung in einer Höhle Zuflucht, wurden dort eingemauert und fielen in einen tiefen Schlaf. Nachdem die Höhle dann ungefähr 200 Jahre später, am 27. Juni 446 entdeckt wurde, wachten die sieben Brüder wieder auf. Eine Fassung dieser Regel lautet „Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen lang bestellt“. Kurz gesagt, wenn am Siebenschläfertag die Sonne scheint, tut sie das auch in den nächsten sieben Wochen. Regnet es hingegen, dann ist auch in den darauffolgenden 7 Wochen häufiger mit Regen zu rechnen. Die heutige Trefferquote dieser Regel hängt von der Region ab, so trifft sie in München zu 80%, in Berlin dagegen nur zu 68% zu. Die Höhe der Übereinstimmung wird auf eine vom Jetstream abhängige Großwetterlage zurückgeführt, die in dieser Zeit herrschen und für einige Wochen anhalten kann.

Eine weitere sehr bekannte Bauernregel ist die der Hundstage. Als Hundstage werden die heißen Tage zwischen dem 23. Juli und dem 23. August bezeichnet. Der Name stammt vom Sternbild Großer Hund. Vom Aufgang des Sternbildes bis zum Untergang vergehen 30 bis 31 Tage, diese Tage werden als Tage vom Großen Hund oder kurz Hundstage bezeichnet. Schon die Ägypter stellten einen Zusammenhang zwischen der Wiederkehr des Sternbildes und den Tagen der größten Sommerhitze her. Durch die Präzession der Erdachse hat sich die Zeit der Hundstage um etwa vier Wochen verlagert. Der Aufgang des Sternbildes ist heute ab dem 30. August zu beobachten und ist eher ein Zeichen für den nahenden Herbstanfang geworden.

Beliebt ist außerdem die Schafskälte. Oft gibt es zwischen dem 4. und 20. Juni in Mitteleuropa einen Kälteeinbruch. Der Name der Schafskälte stammt daher, dass die Schafe meist bis zu diesem Datum geschoren werden und der Kälteeinbruch für die Tiere durchaus bedrohlich werden kann. Die Schafskälte entsteht durch die unterschiedlich schnelle Erwärmung von Land und Meer. Die Landmassen sind im Juni bereits stark erwärmt, das Meer allerdings noch relativ kalt. Dadurch entstehen Tiefdruckgebiete über der See, die dann kalte Luft polaren Ursprungs nach Europa bringen. Statistisch betrachtet, trat die Schafskälte in den letzten 100 Jahren zu etwa 61% ein.

Einige Regeln sprechen nicht von festen Tagen, an denen auf das Wettergeschehen geachtet werden sollte, um eine Prognose zu treffen, sondern beziehen sich auf die Natur. Hierfür muss man besonders auf Tiere achten, denn sie haben ein gutes Gespür für Wetterwechsel. Viel zitiert: „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter“. Warum ist das so? In der Regel kräht ein Hahn auf dem Misthaufen, wenn sich Regen ankündigt, also die Luftfeuchtigkeit ansteigt. Das sorgt dafür, dass der Hahn dann auf dem Misthaufen Würmer zum Fressen findet, da diese vor allem bei feuchtem Wetter ihre Höhlen verlassen. Weitere Beispiele dafür, dass es sich lohnt, auf Tiere zu achten, findet man in den Sprüchen „Wenn gen Nord die Gänse ziehn, werden bald die Veilchen blühn“ oder „Schwalben tief im Fluge – Gewitter kommt zum Zuge“. Anhand dieser Regeln lassen sich auch „spontane“ Wetteränderungen berücksichtigen.

Viele „Bauernweisheiten“ sind so formuliert, dass sie immer gültig sind, aber gleichzeitig keine richtige Aussage treffen oder einfach als Sprichwörter dienen, aber nichts mehr mit den Bauernregeln im ursprünglichen Sinne zu tun haben. Sprüche wie „Gefriert`s an Silvester zu Berg und Tal, geschieht es dies Jahr zum letzten Mal.“ oder „Ist der Hahn heiser, kräht er morgens etwas leiser.“ haben nichts mehr mit einer Wettervorhersage zu tun, dafür klingen sie lustig.

Praktikantin Jana Schitthof in Zusammenarbeit mit Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.08.2022

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Tornados, Taifune, und was sie (nicht) miteinander zu tun haben

Immer mal wieder sieht man in den Nachrichten Bilder von Orten an denen ein Tornado oder ein Hurrikan wütete. Beide hinterlassen meist eine Schneise der Verwüstung, worin unterscheiden sich dann eigentlich Hurrikans von Tornados? Hurrikans sind tropische Wirbelstürme – genauso wie Taifune und Zyklone. Wie es der Name schon vorgibt, entstehen sie in den Tropen. Über dem warmen Meer verdunsten große Mengen an Wasser, welches mit der warmen Luft aufsteigt, durch die Corioliskraft beginnt das Ganze sich zu drehen – auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeiger, auf der Südhalbkugel mit dem Uhrzeiger. Der Antrieb für einen solchen Wirbelsturm ist die feuchtwarme Luft über dem Ozean, über Land fehlt dieser Antrieb, wird also wieder schwächer. Hurrikans sind also großräumig (Rekord: 2200 km, 1979) und über dem Wasser auch langlebig (Rekord: 31 Tage, 1994). Ob der Sturm dann am Ende ein Hurrikan, ein Taifun oder ein Zyklon ist, entscheidet die örtliche Lage. Tropische Wirbelstürme über dem Atlantik oder Ostpazifik heißen Hurrikans, über dem Nordwestpazifik Taifune und über dem Südpazifik sowie dem indischen Ozean heißen sie Zyklone. Tornados hingegen entstehen auf andere Art und Weise und sind sehr viel kleiner (in der Regel bis einige hundert Meter Durchmesser) und kurzlebiger (in der Regel weniger als eine Stunde) als die tropischen Wirbelstürme. Tornados entstehen meist an einem Gewitter mit rotierendem Aufwind (Superzelle). Mitunter reicht die Rotation dieses Aufwindes bis zum Boden – es entsteht ein Wirbel, den man in der Folge als Tornado sichtbar wahrnehmen kann. Alleine im Jahr 2021 gab in den USA 1314 Tornados, wovon es vergleichsweise nur einige wenige in die Nachrichten hierzulande geschafft haben. Zum Vergleich: in Deutschland gab es im selben Jahr 41 bestätigte Tornados. Der Durchschnitt von 1991 bis 2010 liegt in den USA bei 1251 Tornados pro Jahr, das ist eine ganze Menge. Doch warum ist das so?

Für Tornados braucht es, wie oben beschrieben, Superzellen mit vertikaler Windscherung. Betrachtet man die Orographie der USA, so erkennt man, dass sich die nordamerikanischen Gebirge von Nord nach Süd erstrecken – an der Ostküste die Appalachen, im Westen die Rocky Mountains. Dazwischen ist es flach. Genau in dieser Ebene, den Great Plains, bildet sich ein Korridor, in dem sich ungehindert feuchtwarme Luft vom Golf von Mexiko nach Norden und kalte Polarluft nach Süden ausbreiten können, hinzu kommt die trockene Luft von der Luftströmung über die Rocky Mountains. Schieben sich diese Luftmassen nun übereinander, wobei sich die kühlere Luft über der wärmen befindet, kommt es zu großen Temperaturunterschieden mit der Höhe (labile Schichtung). An der Grenze der Luftmassen gibt es außerdem starke Unterschiede in der Windrichtung und -stärke. Da die Bedingungen für die Entstehung von Superzellen und Tornados auf diese Weise regelmäßig vor allem im Spätfrühling beziehungsweise Frühsommer erfüllt sind, kommt es dort insbesondere zu dieser Jahreszeit immer wieder zu Tornadoausbrüchen. In Deutschland sieht es anders aus, die feuchtwarme Mittelmeerluft kann nicht ungehindert nach Norden strömen; ihr stehen schlichtweg die Alpen im Weg. Somit bilden die Alpen für uns eine natürliche Barriere, die „explosive“ Luftmassengegensätze wie in Nordamerika verhindert und somit auch eine Vielzahl an tornadobringenden Gewitterzellen.

Praktikantin Carolin Probst in Zusammenarbeit mit M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.08.2022

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Neue (kurze) Hitzewelle ante portas

Die heute beginnende Woche soll zumindest zeit- und gebietsweise Regen bringen. Allein diese Meldung sorgt verbreitet für Freude, ist nach dem Juli doch auch der bisherige August verbreitet deutlich zu trocken.

Beim hoffnungsfrohen Warten auf den Regen gerät etwas in Vergessenheit, dass zur Wochenmitte, insbesondere in der Nordosthälfte, auch wieder eine kurze Hitzewelle ansteht. Sucht man die Verantwortlichen dafür, so wird man über Westeuropa fündig. Dort bilden in einer größeren Tiefdruckzone die beiden Tiefs JELENA und KARIN eine „Wohngemeinschaft“. Während sich JELENA aber vor allem heute mit Schauern und Gewittern über Deutschland bemerkbar macht, ist KARIN noch dabei, sich auf ihren Einsatz auf der Wetterbühne vorzubereiten.

Dazu gehört bis zur Wochenmitte ein Abstecher nach Frankreich. Und von dort schaufelt KARIN dann wieder wärmere Luft nach Deutschland. In der beigefügten Grafik (https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/8/15.html) ist in diesem Zusammenhang die Temperatur in 850 hPa (entspricht etwa 1,5 km Höhe) für Magdeburg dargestellt, wie sie das Modell IFS des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersage simuliert. Das Temperaturniveau von 850 hPa wählt man gerne, um den Charakter einer Luftmasse zu beschreiben. Sie hat den Vorteil, dass sie nicht oder nur wenig vom Tagesgang abhängt.

Dabei ist die obige Formulierung „die Temperatur“ nicht richtig. Vielmehr ist in der Grafik der Temperaturverlauf für mehrere Modellrechnungen, ein sogenanntes Ensemble, angegeben. Das sind die dünnen, gestrichelten Linien, 50 an der Zahl, die zwar alle auf das gleiche Modell zurückgehen, sich aber durch leicht geänderte Anfangsbedingungen bei der Berechnung unterscheiden. Dazu kommen noch zwei „ungekrönte Häupter“. Als da wären: Der sogenannte Hauptlauf des globalen, recht hoch aufgelösten Standardmodells (fett, gestrichelt) sowie der Kontrolllauf, der die gleichen Anfangsbedingungen wie der Hauptlauf, aber nur die geringe Modellauflösung des Ensembles hat. Er bildet sozusagen das Bindeglied zwischen dem Hauptlauf und dem Ensemble. Am Rande sei noch erwähnt, dass die grüne Einfärbung der besseren optischen Wahrnehmung dient.

Und was ist zu erkennen? Heute und morgen tummeln sich die Modellergebnisse allesamt um 15°C mit einem kleinen „Durchhänger“ in der Nacht zu Dienstag. Von dem 15-°C-Niveau geht es dann zum Mittwoch auf 17°C bis 18°C, die damit den Höhenpunkt der kurzen kleinen Hitzewelle darstellen. Die 18°C werden dabei vom Haupt- und Kontrolllauf erreicht, die Ensemblemitglieder liegen dagegen allesamt etwas tiefer – was auf eine gewisse Unsicherheit in den Modellen hindeutet. Das dürfte etwa einer Höchsttemperatur von 34°C in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts entsprechen.

Dass die Hitzewelle nur eine kurze ist, erkennt man am Temperaturverlauf von Mittwoch bis Sonntag. Wie auf einer Rutschbahn geht es nach unten, am Ende schlagen die meisten dargestellten Berechnungen in einem Bereich zwischen 6°C und 9°C auf – das entspricht einem Temperaturrückgang um etwa 10°C – in 850 hPa. Und so ähnlich wird es dann auch in der Standard-Messhöhe von 2m sein – etwa 24°C werden für den Sonntag in Magdeburg als Höchsttemperatur angepeilt.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.08.2022

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DWD Neue kurze Hitzewelle ante portas