Es liegt was in der Luft

Die Zeichen stehen den Vorhersagen der verschiedenen Wettermodelle zufolge für die kommenden Tage nach einer meist ruhigen Hochdruckphase wieder auf „Berglandwinter“ – in den Niederungen hingegen findet die in diesem Winter fast schon inflationär bemühte Umschreibung „nass-kalt“ erneut Verwendung. Ein paar kleine Schneeoptionen haben die Wettermodelle dabei zwar durchaus bis in die Niederungen in petto, der große Wintereinbruch liegt aber in den bisher vom Schnee vernachlässigten Regionen im westlichen und nordwestlichen Tiefland weiterhin eher nicht in der Luft. Der wochenlange Hochdruckeinfluss bei nicht allzu tiefen Temperaturen (der Januar ist deutlich auf Kurs „zu mild“) hat jedoch etwas anderes gefördert: So haben Hasel und Erle angefangen zu blühen, womit deren Pollen bereits den „Flugbetrieb“ aufgenommen und dadurch schon eine zum Teil mittlere Belastung hervorgerufen haben.

Die Pollen dieser beiden Birkengewächse sind in der Regel die ersten im Jahr, die bei entsprechenden Witterungsverhältnissen meist schon mit der im Januar beginnenden Vorblüte fliegen. Ihre Hauptsaison dauert von Anfang Februar (Hasel) bzw. Ende Februar (Erle) bis Mitte oder Ende März. Gleichwohl können die Pollen bereits im Dezember vorkommen und noch bis in den Mai (Hasel) oder sogar bis in den Juni (Erle) unterwegs sein. Im weiteren Verlauf des Jahres bekommen dann andere Pollenarten ihre „Flugerlaubnis“ (Saison).

Geschätzt etwa 12 bis 15 Millionen Deutsche – und damit gut 15 % der Bevölkerung – müssen sich mit den lästigen Nebenwirkungen des Pollenflugs herumschlagen. Mit Beginn der Pollenflugsaison treten durch Heuschnupfen Beschwerden wie Niesen, Jucken oder gar asthmatische Anfälle bis hin zu Bindehautentzündungen auf.

Für die acht allergologisch wichtigsten Blütenpollen gibt es beim Deutschen Wetterdienst Vorhersagen der Belastungsintensität durch den sogenannten Pollenflug-Gefahrenindex. Zu diesen acht zählen die Pollen der Hasel, Erle, Esche, Birke, Gräser, Roggen, Beifuß und der Ambrosia. Etwa 95 % aller Pollenallergiker in Deutschland leiden beim Flug dieser Pollen. Aktuell sorgt Hoch ERICH mit seiner ruhigen und eher milderen Witterung vor allem in den westlichen Landesteilen bereits für eine mittlere Belastung durch Haselpollen. Aber auch in vielen weiteren Regionen ist eine geringe bis mittlere Belastung zu verzeichnen. Bei den Erlenpollen hingegen ist die Blüte noch nicht so weit vorangeschritten, womit es entweder keine oder nur eine geringe Belastung gibt (linker Teil der Grafik).

Ab Donnerstag wird Hoch ERICH seinen Platz bei uns jedoch räumen müssen, was den Tiefdruckgebieten LIN und MARIE Gelegenheit verschafft, mit ihren Ausläufern auf Deutschland überzugreifen. Damit kommen Wind und Niederschläge auf, die die Pollen aus der Luft auswaschen und Allergikern eine Verschnaufpause bringen, bis das nächste Hoch bei uns aufschlägt. Vorhersagen der Belastungsintensität sind pollenflug abrufbar und können auch newsletter als kostenloser Newsletter abonniert werden. html die allerdings kostenpflichtige GesundheitsWetter-App des Deutschen Wetterdienstes herunterladen, in der neben weiteren die Gesundheit betreffenden Wetterelementen auch Pollenflugvorhersagen integriert sind.

Dipl.-Met. Simon Trippler

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 25.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Es liegt was in der Luft

Balkan und Kleinasien: derzeit eher Kühlkammer!

In Deutschland heißt es einmal mehr auch in diesen Tagen: Schnee in den Bergen (meist so ab den mittleren bis in obere Lagen) und im Flachland zu mild, teils sogar Grau in Grau und meist trocken. Alles in allem wirkt das wenig spektakulär und ist auch im Hinblick auf die vergangenen Winter keine wirklich neue Entwicklung. Das derzeitige Wettergeschehen wird sich bis Wochenmitte nicht wesentlich ändern. Aber auch danach, ja wir kommen dann wieder in eine straffe nordwestliche Strömung, mit der auch mal erwärmte Polarluft zu uns gelangt. Selbst das dürfte höchstens zum mittlerweile geflügelten Wort Berglandwinter (und das erneut ab den mittleren Lagen nach oben) reichen.

Die in den letzten Wochen immer wieder aufgetretenen Nordwestlagen begünstigten allerdings die Gebiete östlich und vor allem südöstlich von uns. Gemeint ist der Raum Balkan und Türkei, teils auch der Nahe Osten (Syrien, Libanon). Während es Deutschland häufig mit Randlagen relativ zu einer Hochdruckzone von den Britischen Inseln bis nach West- und Mitteleuropa zu tun hatte, waren und sind Kaltluftausbrüche mit Tiefdruckgebieten, die nördlich und östlich um diese Hochdruckzone herum bis weit nach Südosten ziehen, erst möglich geworden. Die Auswirkungen in diesen Gebieten sind insofern stärker, da diese Luftmassen mit polarem Ursprung den Weg nach Südosten weniger über den warmen Atlantik oder die Nordsee, sondern vielmehr über Skandinavien, die Ostsee und das Baltikum nehmen. Auch daher kommt neben verschiedenen dynamischen Effekten diese Luftmasse dort oft deutlich kälter an und verursacht kräftige Schneefälle, oft bis in tiefe Lagen.

Bis über die Wochenmitte hinaus bleibt über dem Balkan, der Türkei und Teilen des Nahen Ostens die recht kalte Luftmasse quasi liegen, während es im nördlichen Osteuropa (z.B. Baltikum) insgesamt allmählich wieder milder wird.

Anbei ist eine Grafik des EZMWF-Modells zur Prognose der mittleren wöchentlichen Abweichungen der 2 m-Temperatur im Bereich Südosteuropa dargestellt (Zeitraum vom 24.01.22 bis 31.01.22). Hier ist deutlich eine negative Anomalie (Abweichung) über Teilen des Balkans, vor allem aber über der Türkei auszumachen. Im Bereich des Tiefdruckkomplexes über Kleinasien soll ja die kälteste Luft quasi erstmal liegenbleiben. Über dem Balkan hingegen setzt sich von Nordwesten zunehmend Hochdruckeinfluss durch. Aus diesem Grund kann die Luftmasse vor allem nachts über Land weiter auskühlen, tagsüber macht sich allmählich die veränderte (zunehmend positive) Strahlungsbilanz sowohl jahreszeitlich als auch generell breitengradabhängig stärker bemerkbar. Außerdem wird die kälteste Luft zum Wochenende allmählich ostwärts abgedrängt. Insofern fallen dort die negativen Anomalien geringer aus.

Zum Abschluss noch aktuelle Wetterdaten aus der beschriebenen Region:

Die Minimumtemperatur der letzten Nacht (23./24.01.22) betrug im Inneren der Türkei ca. -10 bis unter -15 Grad im Bergland. An der Grenze zu Syrien gab es ebenso leichten Frost. In weiten Teilen der Türkei fielen in den letzten 24 Stunden nochmals rund 15 bis 30 cm Neuschnee. Beispielweise meldete die Station Zonguldak (auf 137 m Höhe) an der türkischen Schwarzmeerküste heute früh (24.01.22) eine Gesamtschneehöhe von 54 cm (gegenüber 39 cm am 23.01.22). „Ski und Rodel gut“, erst recht mit solchen Schneemengen, heißt es an der südlichen Schwarzmeerküste nicht allzu oft.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Balkan und Kleinasien derzeit eher Kuehlkammer

 

Vulkan Hunga Tonga: Was über den Ausbruch noch bekannt ist

Der Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai war wohl der heftigste seit der Eruption des Pinatubo im Jahre 1991. Gleichzeitig war es auch einer der am besten zu beobachtenden Ausbrüche mit den heutzutage verfügbaren Mitteln der Fernerkundung, sprich: Satelliten. Die dabei ausgestoßene Aschewolke erreichte auf ihrem Höhepunkt einen Durchmesser von mehreren hundert Kilometern. Erste Einschätzungen gehen davon aus, dass sie eine Höhe zwischen 20 und 30 Kilometern erreichte, möglicherweise aber auch noch höher war. Detailliertere Einschätzungen können dabei erst nach genauerer Auswertung der verfügbaren Daten getroffen werden.

Dementsprechend kam bereits wiederholt die Frage auf, ob dieser Vulkanausbruch möglicherweise direkte Folgen für das Weltklima haben könnte. Üblicherweise betrachtet man zur Beantwortung dieser Frage die Emission von Schwefeldioxid (SO2) in die Stratosphäre. Die Stratosphäre ist dabei der Teil der erdumgebenden Atmosphäre, der sich oberhalb der Troposphäre, in der sich das hautsächliche Wettergeschehen abspielt, zwischen rund 10 und 50 km Höhe anschließt. SO2 hat die Eigenschaft, in der Stratosphäre durch Reflexion von Sonnenlicht die Einstrahlung am Boden zu beeinträchtigen und damit für eine Abkühlung zu sorgen. Eine üblicherweise getroffene Annahme lautet hier, dass ein Eintrag von 5 Teragramm (Tg) – das entspricht einer Masse von 5 Millionen Tonnen – in die Atmosphäre nötig ist, um klimawirksam zu sein. Schätzungen aus Satellitendaten gehen nach aktuellem Stand davon aus, dass beim Ausbruch des Hunga Tonga etwa 0,4 Tg Schwefeldioxid emittiert worden sind. Das wäre ein ähnliches Niveau wie zum Beispiel das der Holuhraun-Eruption auf Island im Jahr 2014. Somit kann man zunächst annehmen, dass zumindest die SO2-Emissionen des Vulkans keine nachhaltigen Auswirkungen haben werden. Der Grund, warum der Eintrag so gering erscheint, ist, dass die Eruption zwar extrem heftig war, aber auch sehr kurz.

Neben den SO2-Emissionen spielten Tsunamis eine weitere wesentliche Rolle im globalen Geschehen. Diese konnten im gesamten pazifischen Raum, von Australien über Neuseeland bis nach Japan und entlang der gesamten westamerikanischen Küste von Chile bis nach Alaska in verschiedener Intensität beobachtet werden. Oft erreichten die Wellen eine Höhe von mehreren zehn Zentimetern bis hin zu fast zwei Metern, und führten auch weit entfernt vom Vulkan noch zu Überflutungen und Schäden. Am größten waren die Verwüstungen auf Tonga selber. Während in der Hauptstadt Nuku’alofa eine Wellenhöhe von 1,20 Metern registriert wurde, erreichte lt. Aussagen der Regierung Tongas die maximale Höhe der Tsunamiwelle 15 Meter. Dementsprechend ist leider auch ein entsprechendes Schadensbild mit teils kompletter Zerstörung vorhandener Infrastruktur zu beklagen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Ausbruch des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai ein außerordentlich außergewöhnliches Ereignis war und insbesondere für die erdwissenschaftliche Forschung eine große Menge an Potential für neuen Erkenntnisgewinn birgt.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Vulkan Hunga Tonga Was ueber den Ausbruch noch bekannt ist

Vulkan Hunga Tonga: Messgeräte des Deutschen Wetterdienstes erfassen Druckwelle

Heute vor einer Woche, am Samstag, 15.01.2022 gegen 4 UTC brach der Vulkan Hunga Tonga (eigentlich Hunga Tonga-Hunga Ha’apai) aus. Während Satellitenbilder des Ausbruchs schnell in den Medien kursierten, lässt sich das ganze Ausmaß der Naturkatastrophe nur langsam abschätzen.

Die Druckwelle der Hauptexplosion des Vulkanausbruches konnte auch über Deutschland von meteorologischen Messgeräten des DWD beobachtet werden. Die nachfolgenden Erläuterungen entstammen einem Hintergrundbericht der Kollegen vom Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg:

Zuerst wurde die Druckwelle im Norden (Helgoland, 19:24 UTC) und später im Süden (Hohenpeißenberg, 20:02 UTC) erfasst. Verwendet man die kürzeste Entfernung auf einer Kugeloberfläche (Luftlinie der Druckwelle über den Nordpol vom Vulkan Hunga Tonga nach Helgoland: ca. 16.200 km und zum Hohen Peißenberg: ca. 16.900 km), um die Ausbreitung der Druckwelle zu beschreiben, dann kann man deren Geschwindigkeit abschätzen. Sie beträgt ca. 1.050 km/h. Zum Vergleich: Ein Interkontinental-Verkehrsflugzeug fliegt mit etwa 900-1.000 km/h. Die Schallgeschwindigkeit unter Standardbedingungen beträgt etwa 1.235 km/h.

In Abbildung 1 wird der zeitliche Verlauf des normierten Luftdruckes dargestellt. Die gezeigten Daten wurden an den hochsensiblen ICOS-Stationen des DWD gemessen, die im Rahmen des Integrated Carbon Observation System (ICOS) zahlreiche meteorologische Parameter erfassen. Der Durchgang der ersten Druckwelle an jeder Station und im Gesamteindruck der Durchgang von Nord nach Süd durch Deutschland ist gut zu erkennen. Schaut man sich die Maxima und Minima an, so erhält man eine Differenz von ca. 3 hPa, was einer Wellenamplitude von ca. 1,5 hPa entspricht. Die zeitliche Dauer zwischen Maximum und Minimum betrug ja nach Station zwischen 21 und 28 Minuten.

Es gab einen zweiten Durchgang der Welle. Die Richtung ist entgegengesetzt der ersten Welle und erreichte Deutschland über den Südpol, wodurch der Weg länger ist. Nimmt man den Erdumfang von 40.000 Kilometern, erhält man die Entfernungen vom Vulkan zum Hohen Peißenberg mit etwa 23.100 km und rund 23.800 km bis nach Helgoland. Die Amplitude der zweiten Welle war nur noch etwa ein Drittel so groß (+/- 0,5 hPa) wie die der ersten Druckwelle, wodurch es schwieriger wurde, sie in den Daten zu identifizieren. Der Durchgang durch Deutschland erfolgte diesmal von Süd nach Nord. Die Ankunftszeit für Hohenpeißenberg war 01:12 UTC am 16.01.2022 und für Helgoland 01:52 UTC. Damit ergibt sich eine leicht höhere Geschwindigkeit der Druckwelle von ca. 1.090 km/h. Diese geringe Abweichung liegt im Rahmen der Unsicherheiten, die in die Abschätzung eingingen.

Abbildung 2 zeigt wieder den zeitlichen Verlauf des normierten Luftdruckes. Zur übersichtlichen Darstellung und Unterscheidung der Linien wurde für jede Station ein geringer Wert (Bias) hinzuaddiert. Nun kann man auch für die zweite Druckwelle die Änderung des Luftdruckes an jeder Station und im Gesamteindruck den Durchgang der Welle von Süd nach Nord verfolgen.

Ausblick: Am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg betreibt der DWD ein Vulkanaschezentrum. Über die dortigen hochsensiblen Messgeräte, wie beispielsweise Ceilometer oder Lidar, können Vulkanaschepartikel in der Atmosphäre identifiziert werden. Es wird Wochen, wenn nicht gar Monate dauern, bis die Messgeräte Vulkanaerosolpartikel detektieren können. Aufgrund der geographischen Lage und der Erkenntnisse über den Austausch von Luftmassen in der Atmosphäre sind spürbare Auswirkungen auf Wetter und Klima in Deutschland nicht zu erwarten.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann / Fachlicher Inhalt: Dr. Frank Wagner, Stefan Schwarzer (DWD Hohenpeißenberg)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Vulkan Hunga Tonga Messgeraete des Deutschen Wetterdienstes erfassen Druckwelle

Winterhalbjahr bisher sehr trocken

Das Winterhalbjahr ist ja gemeinhin die Zeit, in der die Wasserbilanz positiv ausfällt. Das heißt, der Eintrag in den Wasserhaushalt durch Niederschlag überwiegt den Anteil der verdunstet. Damit ist der Zeitraum auch gut geeignet um die Feuchtigkeit der Böden und das Grundwasser wieder aufzufüllen. Der Winter schafft also quasi die Voraussetzung für den bevorstehenden Sommer, wenn die Verdunstung die Niederschläge üblicherweise überwiegt und damit eine negative Bilanz des Wasserhaushaltes auftritt. Je mehr Niederschlag also im Winter fällt, desto eher können auch Trockenphasen im Sommer abgefedert werden.

Schauen wir nun einmal auf die zurückliegenden Monate: Seit (dem Monat) September sind die gefallenen Niederschlagsmengen in vielen Regionen eher unterdurchschnittlich, zum Teil deutlich. Gerade der Monat September brachte im Deutschlandschnitt nur etwas mehr als die Hälfte der zu erwartenden Niederschlagsmenge. In den mittleren Landesteilen sogar noch darunter mit nur knapp 44 % in Hessen.

Auch im Oktober setzte sich in einigen Regionen die Trockenheit fort. In Sachsen kamen gar nur gut 41 % an Vergleich zum vieljährigen Mittelwerte zwischen 1991 bis 2020 zusammen. Im Deutschlandschnitt waren es knapp 82 %, wobei nur im Norden die Mengen etwas über dem Mittel lagen.

Der November zeigte große Unterschiede. So fielen im Osten teils größere Niederschläge, sodass in Brandenburg und Berlin die Bilanz mit 142 % klar über dem vieljährigen Mittelwert lag. Im Süden und Westen blieb es hingegen ziemlich trocken. In Baden-Württemberg waren es nur knapp 52 % des Solls. Im Deutschlandmittel kamen gut 79 % zusammen.

Auch der Dezember blieb im Deutschlandmittel zu trocken mit gut 86 %. Wenig Niederschlag gab es in Thüringen, wo landesweit nur knapp 60 % der üblichen Menge registriert wurde. Einzig in Bayern und Baden-Württemberg landete die Monatsmenge knapp über dem Mittelwert.

Der Januar ist nun zu zwei Dritteln vorbei. Gerade über der Mitte Deutschlands hat es im ersten Monatsdrittel viel Niederschlag gegeben, sodass das Flächenmittel in Thüringen, Hessen und Rheinland-Pfalz/Saarland bereits jetzt überdurchschnittlich ist. Nach Osten und Südosten zu fehlt hingegen noch einiges im Niederschlagstopf. In den kommenden zehn Tagen kann sicherlich noch etwas Niederschlag hinzukommen. Abgesehen von kleineren Regionen sehen die Prognosen aber nicht sehr üppig aus. Damit dürfte auch der Januar im Flächenmittel über ganz Deutschland wieder zu trocken ausfallen – der dann fünfte Monat am Stück.

Um eine bisherige Gesamtbilanz zu ziehen, bietet sich die Betrachtung des Winterhalbjahres an, welches den Zeitraum zwischen astronomischen Herbst- und Frühlingsbeginn definiert (gerechnet 21.9 bis 21.3.). Mittlerweile sind zwei Drittel des Winterhalbjahres vorbei. Die bisherige Niederschlagsmenge sollte also bei mindestens 67 % liegen. Tatsächlich kann dies nur der Norden für sich behaupten, in Mecklenburg-Vorpommern sind bereits drei Viertel erreicht. Im Deutschlandschnitt sind es hingegen nur 58 %, wobei in NRW und Hessen gerade einmal die Hälfte gemessen wurde. Schaut man noch etwas mehr ins Detail, so findet man Regionen, die nochmal deutlich geringere Mengen aufweisen. Zu nennen ist vor allem der Bereich zwischen Mittel-/Nordhessen, Westfalen und dem südlichen Niedersachsen bis in die Region rund um den Harz. Dort ist bisher zum Teil weniger als ein Drittel gefallen. Heraus sticht auch der Süden (vornehmlich das Alpenvorland) und die Lausitz. Dort beläuft sich die Bilanz bisher auf nur rund 40 %. Die deutlich unterdurchschnittlichen Niederschlagsmengen machen sich auch im Boden bemerkbar. So herrscht derzeit selbst im Oberboden ein deutliches Defizit an Feuchtigkeit genau in den Regionen, die bisher den im Verhältnis wenigsten Niederschlag bekommen haben

Damit das Winterhalbjahr noch sein Soll erreichen kann, muss im letzten Drittel, also noch ziemlich viel Niederschlag fallen. Danach sieht es aber erst einmal nicht aus. Nach dem kurzen Wintereinbruch mit starken Schneefällen im östlichen Alpengebiet und am Erzgebirge bzw. im Vogtland dominiert bis mindestens Ende des Monats weiter Hochdruckeinfluss. Entsprechend fällt nur wenig Niederschlag. Sollte es hingegen bei der Fortdauer der Trockenheit bleiben, wäre dies ein alles andere als guter Start in das kommende Sommerhalbjahr.

Dipl.-Met. Marcus Beyer

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Winterhalbjahr bisher sehr trocken

Nasskalt bis winterlich

Ein Polarluftvorstoß bringt am heutigen Donnerstag und am Freitag Schnee, Wind, Frost und Glätte nach Deutschland. Verantwortlich dafür ist das Zusammenspiel zwischen dem kräftigen Hoch „Erich“ mit Schwerpunkt westlich von Irland und dem Tief „Ida“ bei Finnland. Diese beiden sorgen dafür, dass von Norden her maritime Polarluft nach Deutschland strömt.

In den Berglagen kehrt somit der Winter ein. In Lagen oberhalb von 400 m kann man sich dann über eine teilweise ordentliche Neuschneeauflage freuen. Dies gilt hauptsächlich für die Alpenregion. Dort kommen bis Freitagabend um 20 cm, in Staulagen teils über 30 cm Neuschnee zusammen. In den Mittelgebirgen liegen die Neuschneemengen zwischen 5 und 10 cm, am Bayerischen Wald, Erzgebirge und Nordschwarzwald bis 20 cm. Zudem sorgt der teils stürmische Wind in den Hochlagen auch für Schneeverwehungen.

Für das Flachland reicht es allerdings nicht für eine nachhaltige Schneedecke, da die Polarluft sich auf dem langen Weg über Wasser (Nordmeer und Nordsee) erwärmt und die Temperatur dadurch zumindest tagsüber knapp über den Gefrierpunkt liegt. Somit kann sich nur bei kräftigen Schnee- bzw. Graupelschauern vorübergehend eine dünne Schnee- und Graupeldecke bilden, die aber sehr tückisch für die Autofahrer sein kann. In der Nacht zum Freitag sinkt die Temperatur abgesehen von der Nordseeküste, jedoch verbreitet in den Frostbereich, sodass die Nässe auf den Straßen überfriert und zusammen mit etwaigen Schneeschauern für Glätte sorgt.

Der Polarluftvorstoß ist nur von kurzer Dauer, denn um das Hoch „Erich“ wird schon im Laufe des Freitags und am Samstag mildere Meeresluft nach Deutschland herangeführt, sodass die Schneefallgrenze von Nordwesten her auf 600 m, am Samstag auf 800 m ansteigt. Die mildere Luft gleitet über die eingeflossene Polarluft und sorgt trotz des relativ hohen Luftdrucks für starke Bewölkung und für Niederschläge, die in der Nacht zum Samstag auf Deutschland übergreifen. Im Osten und Südosten des Landes ist die Luft zunächst noch kalt genug für Schnee bis in die Niederungen. Dabei fallen verbreitet 5 bis 10 cm Neuschnee und an den östlichen Mittelgebirgen (Erzgebirge, Bayerischer Wald) sind bis 20 cm Neuschnee möglich.

Am Samstag bleibt der Zustrom feuchter Luft von der Nordsee erhalten, sodass es trotz des Einflusses von Hoch „Erich“ zu weiteren meist leichten Niederschlägen kommt. An den östlichen Mittelgebirgen geht der Schnee unterhalb von 600 bis 800 m zunehmend in Regen über. Hingegen setzt vor allem an den östlichen Alpen starker Schneefall ein, der bis Sonntagvormittag anhalten kann. Dabei nimmt der Schneezuwachs um 20 bis 40 cm, in Staulagen von Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen um 50 cm in 24 Stunden zu.

Am Sonntag verstärkt sich zwar der Einfluss vom Hoch „Erich“, allerdings bleibt sein Schwerpunkt westlich von uns. D.h. die Zufuhr feuchter Luftmasse von der Nordsee wird bei tief hängenden Wolken aufrechterhalten, wenngleich die meisten Niederschläge abklingen. Die Sonne kommt dann, wenn überhaupt, nur im äußersten Südwesten Deutschlands zum Vorschein. Auch zu Wochenbeginn bleibt der Himmel meist Grau in Grau. Wer aus dieser Tristesse entfliehen möchte, für den sind die Alpen und der Hochschwarzwald ein gutes Ausflugziel.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Heute vor 15 Jahren

Heute vor 15 Jahren verzog sich Orkan KYRILL allmählich nach Osten und der Wind flaute langsam ab. Das besondere Merkmal des Orkans war die große betroffene Fläche. So gab es in ganz Deutschland verbreitet orkanartige Böen und die Versicherungsschäden beliefen sich auf 2,8 Mrd. Euro. Die größten Schäden traten an der Kaltfront auf, an der sich eine sehr aktive Gewitterlinie bildete.

KYRILL wütete am Nachmittag des 18. Januar und in der Nacht zum 19. Januar in ganz Deutschland. Am stärksten von den Orkanböen betroffen waren die Gebirge, der Küstenbereich, der Osten Deutschlands, die Kölner Bucht und der Südosten Bayerns. Die stärkste Windböe wurde auf dem Wendelstein mit 203 km/h gemessen, dicht gefolgt vom Brocken mit 199 km/h. In den Niederungen lieferten Düsseldorf/NRW mit 145 km/h, Artern/TH mit 143 km/h sowie Schleiz/TH mit 141 km/h die Spitzenwerte. An der Nordsee wurden auf Nordstrand sogar 148 km/h erreicht. Orkanböen der Stärke 12 mit mehr als 118 km pro Stunde traten auch in Celle/NI mit 139 km/h, Passau und Chieming (beide Bayern) mit 135 km/h, List auf Sylt mit 130 km/h und Köln mit 128 km/h auf.

In vielen Regionen Deutschlands wehten orkanartige Böen der Stärke 11 mit rund 110 km/h. Einige wenige Gebiete waren mit schweren Sturmböen zwischen 90 und 100 km/h nicht ganz so stark betroffen. So zum Beispiel das Rhein-Main-Gebiet, die Region im Dreieck Bremen, Hamburg und Hannover. Glimpflich davon kam man meist am südlichen Oberrhein, wo oft nur Sturmböen über 75 km/h (Beaufort 9) auftraten.

In den kommenden Stunden frischt der Wind über Deutschland weiter auf und erreicht in der Nacht zum morgigen Donnerstag und am Donnerstagmorgen sein Maximum. Allerdings treten orkanartige Böen (Beaufort 11) nur in den Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge und der Alpen auf. An den Küsten reicht es für Böen der Stärke 9 bis 10 auf der Beaufortskala. In den Niederungen ist der Wind schwächer unterwegs: Im Westen und Südwesten reicht es meist nur für Windspitzen bis 50 km/h (Beaufort 6), sonst werden zwischen 50 und 60 km/h (Beaufort 7) erwartet, gebietsweise sind im Norden und Osten stürmische Böen bis 70 km/h (Beaufort 8) möglich. Im Laufe des Donnerstags lässt der Wind schon wieder nach, dann sind nur noch die Küstenbereiche und die Berglagen von stürmischen Böen oder Sturmböen betroffen.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Heute vor 15 Jahren

 

 

Hoch DIETER kontra Tief IDA! Nasskaltes und windiges Wetter im Anmarsch.

Am heutigen Dienstag thront Hoch DIETER noch über Mitteleuropa und gestaltet das Wetter überwiegend ruhig, aber typisch für den Winter in immer freundlich. Durch die absinkende und sich dabei erwärmende Luft im Bereich von DIETER kommt es regional erneut zu einer sogenannten Inversion, an der sich hochnebelartige Bewölkung ausbreitet. Bei ausreichendem Feuchteinhalt ist gebietsweise auch wieder etwas Sprühregen möglich. Ist die Luft trockener (äußerste Osten) oder wird durch Wind wie im Nordseeumfeld durchmischt, sind Wolkenlücken die Folge. Außen vor sind bei der Hochnebellotterie die Hochlagen der Alpen und später auch die von Schwarzwald und Bayrischem Wald, die meist über der Inversion mit seinen Schichtwolken liegen und somit noch einen Tag Sonnenschein genießen können. Unter Inversion versteht man in der Meteorologie die Umkehr des normalerweise mit der Höhe abnehmenden Temperaturverlaufs in einer mehr oder weniger dicken Schicht. Die Absinkinversion ist dabei eine Temperaturumkehrschicht, welche sich in der freien Atmosphäre aufgrund beschriebener adiabatischer Erwärmung absinkender Luft bildet. (vgl. Wetterlexikon, Link)

Ab Mittwoch mischt dann zunehmend ein Tiefdruckkomplex über Skandinavien auch das Wetter in Deutschland auf. Vor allem das Randtief IDA, am Mittwoch über Norwegen zu finden, drängt Hoch DIETER ab. Ein Teil von DIETER verlagert sich nach Südosteuropa, ein Anderer bewegt sich zu den Britischen Inseln und verbindet sich mit einem Hochkeil über dem Nordatlantik zum Hoch ERICH. Vor allem Zweitgenannter mischt dabei in der Wetterküche für Deutschland mit. Denn zwischen ERICH bei den Britischen Inseln und dem Tiefdruckkomplex über Skandinavien kann mit einer nordwestlichen Grundströmung kältere Luft polaren Ursprungs südwärts transportiert werden und das Land von Norden her fluten (vgl. Grafik). Die Vorderkante der Polarluft markiert eine Kaltfront, die Deutschland wohl bis Donnerstagmorgen überrollt hat. Durch die kältere Luft sinkt auch die Schneefallgrenze wieder ab, teilweise können bis in tiefere Lagen bei Schauern Schneeflocken beobachtet werden. Einen nennenswerten Schneezuwachs gibt es aufgrund des bodennah herrschenden Temperaturniveaus aber nur im Bergland. Vor allem an den Nordwesträndern der Berge können einige Zentimeter Neuschnee fallen. An den Alpen beginnt es länger zu schneien. Dort sind bis Freitagfrüh 10 bis 20 cm, lokal auch bis 30 cm Neuschnee in 24 bis 36 Stunden möglich.

Durch den ordentlichen Luftdruckgegensatz zwischen Hoch ERICH und Tief IDA legt auch der Wind einige Zähne zu. Vor allem in der Nacht zum Donnerstag und Donnerstag fegt er bevorzugt über die Nordosthälfte des Landes mit steifen bis stürmischen Böen hinweg. An der See, im Bergland und in exponierten Tallagen sind Sturmböen zu erwarten. Auflandig sowie in Kammlager der östlichen Mittelgebirge stehen auch wieder einzelne schwere Sturmböen auf dem Programm.

Da sich ERICH bei den Britischen Inseln sehr wohl fühlt, nistet er sich dort häuslich ein. Dessen Einflussbereich bleibt dabei nahezu unverändert. Entsprechend verbleibt Deutschland auf der Ostflanke des Hochs in einer nordwestlichen Strömung. Allerdings wird über dem Nordostatlantik im Verlauf die Zufuhr der Polarluft gekappt, sodass sich ab Freitag um das Hoch herum zunehmend wieder mildere Atlantikluft bis nach Deutschland schiebt.

Zusammenfassend steht ab Mittwoch ein unbeständiger, zu mehr oder weniger intensiven, teils schauerartigen Niederschlägen neigender Wettercharakter an. Je nach Herkunft der Luft und natürlich Höhenlage des Beobachters unterscheidet sich von Mittwoch bis Samstag nur die Niederschlagsphase. Ist es am Mittwoch und Donnerstag noch vielerorts der Schnee oder Schneeregen, dominiert ab Freitag zunehmend wieder die flüssige Phase. Allenfalls südlich der Donau und dort vor allem an den Alpen schneit es weiter teils kräftig. Bei solchen Verschiebungen der Luftmassen sind natürlich lokal auch Randerscheinungen wie gefrierende Niederschläge mit von der Partie. Auf der Sonnenseite liegen etwa von Donnerstagmittag bis Samstag wohl nur die Regionen östlich der Elbe, wo auch der Föhn der skandinavischen Berge seine Finger mit im Spiel hat.*

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Hoch DIETER kontra Tief IDA Nasskaltes und windiges Wetter im Anmarsch.

Von „warmen Nasen“ und unterkühlten Tropfen

Eine Fragestellung, die sich mit der Erscheinungsform des Niederschlages beschäftigt, nämlich „Wann schneit es eigentlich?“ bzw. „Wie bestimmt man eigentlich die Schneefallgrenze?“, wurde Mitte Dezember vergangenen Jahres in einem Thema des Tages bereits behandelt.

Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt bei einer Aussage darüber, in welcher Form oder genauer in welchem Aggregatzustand der Niederschlag fällt und was damit am Boden passiert, ist die Betrachtung der Temperatur- und Feuchteverhältnisse in der Atmosphäre bzw. in dem Bereich der Atmosphäre, in dem der Niederschlag gebildet wird und durch den er zu Boden fällt. Und dann schließt sich natürlich die Frage an, was passiert mit dem Niederschlag beim Auftreffen auf den Erdboden.

Niederschlag wird in Bereichen der Atmosphäre gebildet, in denen Sättigung herrscht – wichtig dabei sind die Temperaturverhältnisse in diesem Bereich. Die Bildung von Niederschlag findet im Wesentlichen über die Eisphase statt und wird mit dem sogenannten Bergeron-Findeisen-Prozess beschrieben: Große Tropfen werden in Mischwolken in einem Temperaturbereich zwischen -10 und -35 Grad gebildet, in denen Wassertröpfchen und Eiskristalle nebeneinander existieren. Die Eiskristalle wachsen auf Kosten der Wassertröpfchen an, werden immer größer und fallen schließlich irgendwann zu Boden. Fallen diese Eiskristalle dann durch warme Luftschichten über dem Gefrier- bzw. Schmelzpunkt von 0 Grad, schmelzen sie und kommen als (große) Regentropfen am Boden an.

Ob allerdings ein Schmelzen stattfindet, liegt am Temperaturverlauf in der Atmosphäre. Dieser kann insbesondere im Winterhalbjahr natürlich auch unterhalb von 0 Grad verbleiben oder nur vorübergehend mal darüber liegen: Liegt die Temperatur in der gesamten unteren Atmosphäre, durch die die Eiskristalle fallen, unterhalb der 0-Grad-Marke, kommen auch Eiskristalle am Boden an, es fällt also Schnee. Steigt die Temperatur zwar über den Gefrierpunkt, aber nur in einem gewissen Bereich oder kurzzeitig, kommt es hinsichtlich der Niederschlagsphase am Boden entscheiden auf die Größe der „Schmelzschicht“ und auf deren Lage bzw. Höhe in der Atmosphäre an.

Und hier sind wir dann endlich bei dem in der Überschrift erwähnten Begriff der „warmen Nase“. Schaut man sich nämlich den Verlauf der Temperatur mit der Höhe an (Stichwort Vertikalprofil oder Radiosondenmessung), so sieht eine warme Schicht mit Temperaturen über 0 Grad, die nicht am Boden aufliegt (siehe Abbildung rechts), aus wie eine Nase… Ist diese warme Nase groß genug, schmelzen die durch diese warme Schicht fallenden Eiskristalle und es werden Wassertropfen daraus. Unterhalb der warmen Nase kann nun die Luft über dem Gefrierpunkt temperiert sein, dann bleiben es bis zum Boden warme Regentropfen. Gehen die Temperaturen unterhalb der Nase wieder auf unter 0 Grad zurück, ergeben sich unterkühlte Wassertropfen. Ist die sogenannte kalte Grundschicht sehr mächtig, können die unterkühlten Wassertropfen auch wieder gefrieren, dann bilden sich allerdings keine schönen Eiskristalle mehr, sondern es entstehen Eiskörner.

Findet die Bildung von Niederschlagsteilchen in einer Umgebung statt, die wärmer ist als -10 Grad, z. B. in einer relativ „tiefen“ Stratusbewölkung oder in einer Hochnebelschicht (siehe Abbildung Mitte), dann erfolgt die Bildung im Wesentlichen ohne Eisphase. Es sind also keine Eispartikel vorhanden, die auf Kosten der Wassertröpfchen anwachsen, daher entstehen viele kleine Tröpfchen. Am Boden kommen diese dann als kleintropfiger Regen bzw. Sprühregen an. Auch für Sprühregen muss besonders im Winterhalbjahr das Temperaturprofil der „durchflogenen“ Luftschicht berücksichtig werden. Herrschen in der gesamten Schicht Temperaturen unterhalb von 0 Grad, handelt es sich um unterkühlte Tröpfchen, die gegebenenfalls zu gefrierendem Sprühregen führen können.

Nicht zuletzt ist auch die Temperatur des Bodens, auf den der Niederschlag fällt, von Bedeutung und damit die „Wettervorgeschichte“: Zu Beginn des Winters mit noch warmen Böden passiert beim Auftreffen unterkühlter Tropfen nichts. Mit fortschreitender Jahreszeit und nach den ersten Frostphasen gehen die Temperatur im Boden zurück, nach einer längeren Frostperiode dringt der Frost mehr und mehr in den Boden ein. Die Wärmekapazität des Bodens ist deutlich höher als die der Luft, d.h. er reagiert träger auf Temperaturänderungen der darüberliegenden Luft und es dauert so wie beim langsameren Abkühlen des Bodens auch wieder länger, bis dieser sich erwärmt. Fällt nun also Regen oder Sprühregen auf gefrorenen Boden, kann sich eine Eisschicht und damit Glatteis bilden. Man spricht hier auch von gefrierendem Regen oder Sprühregen. Das ist besonders tückisch, wenn die Lufttemperatur (und das Autothermometer) bereits einige Plusgrade zeigt, der Frost aber noch im Boden „steckt“. Besonders rasant geht dieser Gefrierprozess bei den beschriebenen unterkühlten Tropfen, die beim Auftreffen auf kalte Gegenstände oder den kalten Erdboden spontan gefrieren und so zu erheblicher Glätte führen können. Der Boden oder auch kalte Gegenstände wirken hier wie Eiskerne in den Wolken, die das Gefrieren wie ein Katalysator begünstigen.

Dipl.-Met. Sabine Krüger

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Von warmen Nasen und unterkuehlten Tropfen

Vom Himmel fallende Burgerbrötchen, Pilzhüte und Fallschirme

„Ein großer Regentropfen hat – im Gegensatz zu seiner typischen Darstellung – in Wirklichkeit oftmals eher die Form eines …? A: Pizzastücks, B: Dönerspießes, C: Hamburgerbrötchens, D: Brathähnchens“. So lautete vor einigen Wochen eine Frage in einer bekannten Quizshow im deutschen Fernsehen. Vielleicht haben Sie die Sendung auch gesehen und waren verwundert über diese doch ziemlich skurrilen Antwortmöglichkeiten? Per Ausschlusskriterium könnte man der Lösung der Frage womöglich ein Stückchen näherkommen. Aber was steckt genau hinter der Form von fallenden Wassertropfen?

Die Entstehung von Regentropfen in der Atmosphäre ist ein derart komplexer Prozess, sodass man ein eigenes Thema des Tages darüber schreiben könnte. Beschränken wir uns heute nur auf das Wichtigste: Eine Wolke besteht aus winzigen Wassertröpfchen und Eiskristallen. Diese winzigen schwebenden Teilchen interagieren miteinander. Sie fangen ihre Nachbarteilchen ein, verschmelzen zu größeren Gebilden, ändern ihre Phase von flüssig zu fest (und umgekehrt) und können sich auch wieder teilen. Sind die zusammengewachsenen Teilchen groß und damit schwer genug, fallen sie aufgrund der Schwerkraft nach unten. Größere Regentropfen waren im Laufe ihres doch recht kurzen „Lebens“ meist im oberen Bereich der Wolke zunächst ein Konglomerat aus Schnee- und Eiskristallen, die beim Fallen in eine wärmere Luftschicht weiter unten zu Wassertropfen schmelzen.

Die Form dieser Regentropfen kann ganz unterschiedlich aussehen. Um eines gleich vorweg zu nehmen: die „typische“ Tropfenform (oben spitz, unten rund) wird man am Himmel vergeblich suchen. Tropfen sind auch nicht länglich. Dass dies für den Beobachter so aussieht, liegt daran, dass unser Auge nicht schnell genug ist, die fallenden Tropfen nachzuverfolgen. Dies erweckt den Anschein, als ob Regentropfen wie Nadeln vom Himmel fallen.

Das Aussehen eines Regentropfens hängt maßgeblich von seiner Größe ab. Dabei spielen zwei auf den Tropfen wirkende Drücke die entscheidende Rolle. Das wäre zum einen der Luftdruck, der auf die Oberfläche des Tropfens wirkt, und zum anderen der Innendruck des Tropfens, der diesen zusammenhält. Der Tropfeninnendruck hängt wiederum von der Oberflächenspannung des Wassers, von seinem Radius sowie dem äußeren Luftdruck ab (genaugenommen ist der Innendruck die Differenz zwischen dem kapillaren Krümmungsdruck und dem von außen wirkenden statischen Druck). Dabei ist der Innendruck umso größer, je kleiner der Tropfen ist (bzw. umso stärker die Tropfenoberfläche gekrümmt ist). Bei sehr kleinen Regentropfen von weniger als 1 bis 2 Millimetern (mm) Durchmesser ist der Innendruck viel stärker als der auf den fallenden Tropfen wirkende Luftdruck. Der Tropfen behält dadurch seine Kugelform bei. Nieseltröpfchen sind also nahezu kugelförmig.

Das ändert sich bei stärkerem Regen mit Tropfendurchmessern von 2 bis 5 mm. Der Innendruck des Tropfens wird geringer. Gleichzeitig verstärkt sich der Luftdruck, der auf den fallenden Tropfen wirkt, da größere Tropfen schneller fallen als kleinere. Der Luftwiderstand an der Unterseite des Tropfens führt daher zu einer Abplattung, während die Oberseite in etwa halbkugelförmig bleibt. Der Tropfen nimmt also die Form eines Burgerbrötchens an.

Wird der Regen noch stärker und die Tropfen noch größer, kommt es an der Unterseite zu einer Eindellung; der Tropfen sieht dann wie ein Pilzhut aus. Bei heftigem Platzregen (z.B. bei einem Gewitter) kommen sogar Tropfen mit einem Durchmesser von bis zu 9 mm vor. Der Luftwiderstand auf den mit hoher Geschwindigkeit fallenden Tropfen ist dann so stark, dass dieser zu einem Fallschirm-artigen Gebilde deformiert wird. Würde der Tropfen noch größer werden, könnte der Innendruck des Tropfens dem Luftdruck nicht mehr standhalten. Der „Fallschirm“ wird instabil und zerreißt an der Oberseite in zwei kleinere Tropfen. Regentropfen können also nicht beliebig groß werden. Tropfen größer als 9 mm Durchmesser sind auf der Erde also unter Normalbedingungen physikalisch nicht möglich.

Zurück zum Quiz: „C: Hamburgerbrötchen“ war also die richtige Antwort auf die gestellte Frage. Die Kandidatin entschied sich übrigens intuitiv und ganz ohne fremde Hilfe für die richtige Antwort. Für die physikalischen Hintergründe hat ihr Wissen aber nicht gereicht.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.01.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

DWD Vom Himmel fallende Burgerbroetchen Pilzhuete und Fallschirme