Macht Wetterwechsel krank?

Das Wetter hat einen großen Einfluss auf unser Leben. Oft planen wir unseren Tagesablauf abhängig von der Wetterprognose und gestalten unsere Pläne auch um, sobald sich das Wetter unerwartet verändert. Viele Menschen begründen auch Krankheiten wie Migräne, Schwindel oder Kopfschmerzen mit dem Wetter. Macht das Wetter also wirklich krank?

Dabei lautet das Stichwort: Wetterfühligkeit. Ungefähr jede:r Zweite in Deutschland gibt an, wetterfühlig zu sein. Das beschreibt eine Überempfindlichkeit gegenüber Witterungserscheinungen wie Hitzewellen, wechselnde Luftfeuchtigkeit, Gewitter oder Luftdruckschwankungen.

Dass beispielsweise Temperaturschwankungen einen Einfluss auf den menschlichen Körper haben können, lässt sich ganz gut nachvollziehen. Die durchschnittliche Körpertemperatur eines Menschen liegt bei 36,6 Grad. Ändert sich nun plötzlich die äußere Temperatur, so reagiert auch der Körper darauf, schließlich muss er die Differenz ausgleichen, damit er sich nicht zu stark abkühlt oder erwärmt. Auch der Blutdruck ist ziemlich konstant im Körper. Ändert sich der Luftdruck schlagartig, muss auch dies wieder ausgeglichen werden. Das kann sich durch Symptome wie Schwindel oder Abgeschlagenheit äußern. Menschen mit Vorerkrankungen wie beispielsweise Bluthochdruck reagieren häufig auf Wetterwechsel. Dabei kann es sich von Mensch zu Mensch stark unterscheiden, ob man Wetteränderungen spürt oder nicht. Das ist abhängig zum einen von der körpereigenen Anpassungsfähigkeit und zum anderen von der Stärke des Wetterwechsels.

Wetterfühligkeit ist aber keine Krankheit, sondern die verminderte Fähigkeit, mit natürlichen Wetterveränderungen klarzukommen. Dies als Krankheit nachzuweisen, gestaltet sich ohnehin als sehr schwierig, da hierbei viele Faktoren eine Rolle spielen, die sich bei jedem Menschen unterscheiden.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Das Wetter kann einen Einfluss auf unseren Gesundheitszustand haben und bestehende Beschwerden verstärken. Ursache von Krankheiten ist es aber nicht und dass sich auch mit Beschwerden Wetterwechsel vorhersagen lassen, lässt sich wissenschaftlich nicht beweisen. Dennoch gibt es einige Faktoren bei der Wetterlage, die eine Rolle spielen und unseren Gemütszustand beeinflussen können. Grundsätzlich ist aber immer wichtig, auf die eigene Gesundheit zu achten. Durch Saunabesuche, kaltes Duschen und Aktivitäten im Freien kann man aber den eigenen Körper für Wetterwechsel trainieren und besser mit Wetterumschwüngen zurechtkommen.

Praktikantin Alina Otto in Zusammenarbeit mit Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.04.2022

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Das Problem mit den Wolken

Es gibt sie in nahezu jeder Form und Größe. Mal als flauschige Ballen am blauen Himmel über die blühenden Wiesen hinwegziehend. Mal groß und mächtig begleitet von Blitz, Hagel und Starkniederschlag. Im Prinzip weiß man instinktiv, wenn man eine Wolke sieht, dass es eine Wolke ist. Doch wie genau ist eine Wolke definiert? Was macht eine Wolke zur Wolke?

Nach offizieller Definition der Weltmeteorologischen Organisation (WMO) ist eine Wolke ein Hydrometeor, der aus kleinsten flüssigen oder festen Partikeln besteht und dabei nicht den Erdboden berührt. Bei genauerer Betrachtung eine vielleicht etwas wässrige Definition. Ab wann wird dann der Nebel zu einer tiefen Schichtbewölkung? Auch andere Organisationen und Institutionen haben sich an einer Definition versucht. So bestehen Wolken laut der britischen Royal Meteorological Society aus Partikeln, die einen Durchmesser von etwa 0,02 Millimeter haben. In einem Kubikmeter Wolke müssen sich nach der Institution 100 Millionen Tröpfchen befinden. Bei einer geringeren Dichte von Wolkentröpfchen, also wenn sich nur 99,9 Millionen Tröpfchen in einem Kubikmeter befinden, ist demnach eine Wolke keine Wolke mehr. In der Natur erweist sich diese Definition eher unpraktikabel, da auch nur mit viel Aufwand messbar ist wie hoch die Tröpfchendichte ist.

Anwendbarer erscheint dann doch die Definition und Klassifikation der Wolken nach dem internationalen Wolkenatlas der WMO, der zum ersten Mal im März 1956 erschien. 2017 wurde der Wolkenatlas nochmals angepasst (am Ende des Artikels ein Link zur aktuellen Version des Wolkenatlas). Dabei werden Wolken nach ihrem visuellen Erscheinungsbild beschrieben. In der Wolkenbeobachtung gibt es zehn verschiedene Gattungen von Wolken. Neben den Gattungen gibt es verschiedene Arten, Unterarten und Begleitwolken. Man kann Wolken in Wasser, Eis oder Mischwolken unterteilen. Oder man unterscheidet zwischen tiefen, mittleren und hohen Wolken. Aufgrund der Vielfältigkeit benötigt man gut ausgebildete und erfahrene Beobachter, um das aktuelle Wolkenbild richtig zu verschlüsseln. Die Beobachtungen helfen den Meteorologen bei ihren Vorhersagen, da durch Wolken physikalische Prozesse in der Atmosphäre sichtbar werden. Allerdings ist das Einbinden einer visuellen Beobachtung von zum Beispiel „sechs Achteln Cirrostratus nebulosus“ in numerischen Wettervorhersagemodellen nicht umsetzbar. Die visuelle Beschreibung des Himmels von einem Beobachtungspunkt aus verliert damit immer mehr an Bedeutung. Letztendlich muss man sich wohl doch nochmal der Herausforderung einer physikalischen Betrachtung von Wolken stellen.

Neben dem mikrophysikalischen und visuellen Blickwinkel auf Wolken, kann man auch die strahlungsphysikalischen Eigenschaften betrachten. Dabei ist die optische Dichte ein wichtiger Parameter. Diese kann zum Beispiel mit Hilfe von Satelliten ermittelt werden. Auch andere physikalische Eigenschaften wie die Stärke der Abstrahlung verschiedener Wellenlängen lässt sich durch Satelliten messen. Dies sind wichtige Daten die in die Assimilationsverfahren der numerischen Wettermodelle eingehen. Doch die Auflösung der Satelliten ist noch nicht hoch genug um einzelne kleine Quellwolken als solche zu erkennen. Auch gibt es größere Schwierigkeiten bei mehrschichtiger Bewölkung, da der Satellit nur die ihm zugewandte oberste Wolkenschicht erkennt.

Mit sogenannten LIDAR-Geräten (Light Detection and Ranging, siehe Link) werden vom Boden aus Wolken und insbesondere die Wolkenuntergrenze beobachtet. Die Wolkenuntergrenze ist dabei, als die Höhe definiert, in der das LIDAR-Gerät eine signifikante Rückstreuung des ausgesandten Laserstrahls detektiert. In einfachen Worten: Wenn das Gerät was misst, handelt es sich laut Definition um eine Wolke. Benutzt man aber unterschiedliche Messgeräte mit unterschiedlichen Lasern, ergeben sich auch leicht unterschiedliche Werte der Wolkenuntergrenze. Zudem kann die Rückstreuung auch durch andere Partikel, wie zum Beispiel Schnee, gestört werden. Also so ganz eindeutig ist auch diese Betrachtungsweise nicht.

Alles in allem lässt sich wohl zusammenfassen, dass die zunächst einfache Frage „Was ist eine Wolke?“ bei genauerer Betrachtung gar nicht so einfach zu beantworten ist. Dies sollte einen aber nicht davon abhalten, fasziniert in den Himmel zu blicken und stundenlang den vorbeiziehenden Einhörnern, Häschen oder Herzen nachzusehen.

MSc Met Sonja Stöckle

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.04.2022

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DWD Das Problem mit den Wolken scaled

 

Waldbrand und der Index des DWD

Das Auftreten von Waldbränden ist in Deutschland aufgrund der klimatischen und hydrologischen Gegebenheiten und der vorherrschenden Waldbestockung regional unterschiedlich. Weite Teile Nordostdeutschlands, das Oberrheinische Tiefland und die östlichen Teile Nordwestdeutschlands sind häufiger von Waldbränden betroffen als andere Regionen.

In der Waldbrandstatistik der vergangenen 30 Jahre fällt besonders das Jahr 1992 auf. In dem Jahr brannte der Wald in Deutschland gut 3000 Mal und es war eine Fläche von rund 4900 Hektar betroffen. In den Folgejahren nahmen die Waldbrände ab. In den 2000er Jahren waren die Waldbrandfläche und auch die Anzahl der Brände gering. Mit Ausnahme des Jahres 2003, mit einem Hitzesommer in weiten Teilen Europas. In dem Jahr brannte es gut 2500 Mal auf einer Fläche von 1300 Hektar. Die Jahre 2018 und 2019 bilden einen weiteren Peak in der Waldbrandstatistik. Mit etwa 1700 Bränden im Jahr 2018 und 1500 Bränden im Jahr 2019 sowie einer betroffenen Fläche von rund 2300 Hektar (2018) und 2700 Hektar (2019) bilden sie einen traurigen Höhepunkt der letzten 20 Jahre.

Das Jahr 2020 war im Hinblick auf die Häufigkeit ein überdurchschnittliches Waldbrandjahr mit deutschlandweit 1360 Waldbränden. Im Mittel der Jahre 1993 bis 2019 gab es 1035 Waldbrände, bei denen eine Fläche von 656 Hektar betroffen war. Zwar gab es 2020 überdurchschnittlich viele Brände, aber die Fläche war mit 368 Hektar vergleichsweise gering. Dies ist laut dem Umweltbundesamt auf die verstärkten Bemühungen der Länder beim Waldbrandschutz zurückzuführen. Die meisten Waldbrände gab es im Jahr 2020 in den Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Meist entstehen die Waldbrände durch Unachtsamkeit der „Benutzer“. Ein weggeworfener Zigarettenstummel oder auch der Grill, der nur dürftig gelöscht wurde, sind die häufigsten Brandursachen. Schnell breiten sich die Flammen vom flachen dürren Gras auf die Sträucher und schließlich Bäume aus. Ist es dann noch windig, wird die Glut ordentlich angefacht und das Feuer kann sich sprichwörtlich in Windeseile ausdehnen.

Der Deutsche Wetterdienst warnt nicht vor Waldbrand. Die Einstufung der Waldbrandgefahr obliegt den örtlichen Behörden. Der DWD gibt aber einen Waldbrandgefahrenindex (WBI) heraus, der die Verantwortlichen bei der Einschätzung unterstützen soll. Dieser WBI errechnet sich aus der Lufttemperatur und -feuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und Niederschlagsmenge. Der Anfangszustand wird in ein Berechnungsmodell eingegeben, welches dann aufgrund der Modellvorhersage die Gefahr für Waldbrand anhand meteorologischer Gegebenheiten bewertet. Das Ergebnis ist ein Index, der die Stufen 1 bis 5 enthält. Dabei steht Stufe 1 für eine sehr geringe Gefahr und Stufe 5 für eine sehr hohe Gefahr.

Der Index wird einmal täglich aktualisiert und dient den örtlichen Forstbehörden zur Abschätzung und schließlich Einstufung der Waldbrandgefahr. Da die meteorologischen Parameter im Normalfall einem Tagesgang unterliegen, schwankt auch der ursprüngliche Output des Waldbrandgefahrenindexes. Um das Ergebnis eindeutig zu gestalten und den Index für alle nutzbar zu machen, wird der Maximalwert, der für gewöhnlich am Nachmittag auftritt, ausgegeben.

Heute und bis zum Wochenende ist der Waldbrandgefahrenindex in Deutschland mittel bis hoch. Es hat längere Zeit nicht geregnet. Der geringe Niederschlag im Osten heute entspannt die Lage nur unwesentlich. Am Wochenende, wenn es aus Südwesten feuchter wird, geht auch der Waldbrandgefahrenindex in den Regionen zurück.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.04.2022

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DWD Waldbrand und der Index des DWD 1

 

Letzte (?) Bemühungen des Winters

Gestern wurde hier an dieser Stelle der phänologische Vollfrühling beleuchtet, der Winter bzw. späte winterliche Erscheinungen waren indes war in der vorletzten Woche gleich zweimal Thema. Dies betraf zum einen die Rekordfröste in der ersten Aprildekade dieses Jahres, zum anderen aber auch späte Kaltlufteinbrüche und damit verbunden das Auftreten einer späten Schneedecke.

Nun muss man zugeben, dass aktuell kein Kaltlufteinbruch bevorsteht, was all jene, die den Frühling genießen wollen, sicherlich beruhigen wird. Und doch hält die aktuelle Wetterlage ein Überraschungsei bereit. Es handelt sich dabei um ein Höhentief, dass in einer Höhe von etwa 5,5 km sehr gut (sowohl an den Geopotentiallinien als auch im Temperaturfeld) zu erkennen ist. Und dieses hat tatsächlich die Form eines Eies, das, von Nordwest nach Südost orientiert, über Südosteuropa liegt. Da die nordwestliche „Spitze“ des Eies in den Südosten Deutschlands hineinragt, zeigen sich dort nicht nur viele Wolken, sondern es kommt heute zu Niederschlägen, die in den Hochlagen als Schnee fallen oder mit Schnee vermischt sein können.

Die von unserem Modell ICON-EU in diesem Zusammenhang von heute 14 Uhr MESZ bis in die kommende Nacht um 02 Uhr MESZ modellierten Neuschneemengen sind im kleinen Bild der beigefügten Abbildung dargestellt. Demnach soll es in den Hochlagen des Bayrischen Waldes für ein paar Flocken reichen. Deutlich mehr Schnee soll aber in den Ostalpen, und dort speziell am Nordrand, fallen. In Deutschland ist davon insbesondere das Berchtesgadener Land rund um Watzmann und Hochkönig betroffen, mehr Schnee wird laut unseres Modells hingegen in Österreich erwartet. Aber: Nur in den Hochlagen, und das bedeutet in Österreich meist oberhalb von 1000 Meter, im Berchtesgadener Land sogar erst oberhalb von etwa 1200 bis 1500 Meter, besteht überhaupt eine Chance, dass der Schnee liegen bleibt. Und selbst dort werden es nicht mehr als einige wenige Zentimeter Neuschnee sein, vielleicht reicht es bei unseren südöstlichen Nachbarn lokal mal für mehr als 10 Zentimeter Schneezuwachs. Denn inzwischen stehen auch die relativ hohen Bodentemperaturen einer nennenswerten Schneeakkumulation entgegen.

Folglich darf auch an der 1615 Meter hoch gelegene Wartsteinhütte im Gebirgsstock der Reiter Alm südwestlich von Berchtesgaden, wo heute Morgen eine Gesamtschneehöhe von 101 Zentimeter gemeldet wurde, keine markante Schneehöhenänderungen erwartet werden. Mehr Schnee liegt in Deutschland aktuell z.B. noch auf der Zugspitze (225 Zentimeter) oder auf dem Nebelhorn (111 Zentimeter).

Im übrigen Deutschland muss man sich in den kommenden Tagen bezüglich Niederschlägen keine großen Gedanken machen. Das liegt an der Druckverteilung über Europa. Zwischen hohem Druck über Nordeuropa und tiefem Druck über Südeuropa wird mit einer östlichen bis nordöstlichen Strömung recht trockene Festlandluft zu uns transportiert. Am Mittwoch und Donnerstag soll es laut unseres Modells, aber auch nach dem Modell des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage, in der Osthälfte ganz sporadisch mal ein paar Tropfen geben, was im Grunde immer noch an unserem Höhen-Osterei liegt. Am Freitag nähert sich dann vom Atlantik ein neues Tief, das im Süden und Südwesten für mehr Wolken und etwas wechselhafteres Wetter sorgt. Für den angesprochenen Ost- bis Nordostwind gilt, dass er in der zweiten Wochenhälfte an den Küsten und im Bergland mitunter stark böig auffrischt.

Und die Temperaturen? Im Westen bei viel Sonne knapp unter oder um 20°C. Der Osten und der Süden schaffen heute nur knapp über 10°C. Aber dort beginnen die Tagesmaxima dann eine Kletterpartie. Jeden Tag geht es etwas höher hinaus, bis am Freitag auch dort um 18°C erreicht werden, was nur knapp unter den Werten im Westen liegt.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.04.2022

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DWD Letzte Bemuehungen des Winters

 

 

Der Apfel blüht: Der Vollfrühling ist da!

Wenn Sie in den west- und südwestdeutschen Niederungen beheimatet sind oder dort in den vergangenen Tagen unterwegs waren, wird es Ihnen vielleicht schon aufgefallen sein. Die Apfelbäume haben begonnen zu blühen! Der Beginn der Apfelblüte markiert den Start in den sog. „Vollfrühling“. Doch was versteht man darunter?

Der Vollfrühling ist eine phänologische Jahreszeit. Die Phänologie ist allgemein die „Lehre von den (natürlichen) Erscheinungen“. Die Phänologie im Deutschen Wetterdienst beinhaltet die Erfassung der periodischen Wachstums- und Entwicklungserscheinungen von wildwachsenden Pflanzen und landwirtschaftlichen Kulturpflanzen sowie der Eintrittstermine landwirtschaftlicher Arbeiten. Aus den Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien kann das sog. „phänologische Jahr“ konstruiert werden. Dabei werden die bekannten vier Jahreszeiten nochmal unterteilt: Der Frühling in Vor-, Erst- und Vollfrühling, der Sommer in Früh-, Hoch- und Spätsommer und der Herbst in Früh-, Voll- und Spätherbst. Das Vegetationsstadium der Apfelblüte ist dabei das für den Vollfrühling charakteristische.

Die phänologischen Jahreszeiten sowie deren Eintrittsdaten werden klassischerweise in einer sog. „Phänologischen Uhr“ kreisförmig dargestellt (siehe Abbildung 1 auf www.dwd.de). Der äußere Ring zeigt dabei das vieljährige Mittel, der innere Kreis den aktuellen Stand des laufenden phänologischen Jahres. Diese Daten sind für viele Fragestellungen in der Landwirtschaft, aber auch für Medien- und Reiseunternehmen (Obstblüte) sowie in der Medizin (Pollen, Allergien) von großem Interesse. Man erkennt, dass die Vegetation in diesem Jahr einen waschechten „Frühstart“ hinlegte. Die über weite Strecken zu warme Witterung im Winter begünstigte einen um etwa ein bis zwei Wochen verfrühten, für den Vor- und Erstfrühling charakteristischen Blühbeginn der Hasel und Forsythie.

Diesen Vegetationsvorsprung scheint die Natur, trotz zeitweise kühlerer Witterung in diesem Frühling, auch bis in den Vollfrühling hinein „retten“ zu wollen. In den prädestinierten Wärmehochburgen am Rhein startete die Apfelblüte teilweise bereits schon Ende März, in den meisten Niederungen im Westen und Südwesten nun ziemlich flächendeckend seit der zweiten Aprilwoche (siehe Abbildung 2). Es wird zwar noch ein paar Tage dauern, bis die meisten phänologischen Beobachter den Blühbeginn gemeldet werden haben, die Wahrscheinlichkeit ist aber groß, dass dies noch vor dem klimatologischen „Stichtag“ am 27. April der Fall sein wird. Die letzte Prognose (Stand 12.4.) ging vom 21. April aus.

Dass die Vegetation nach dem Winter im Schnitt immer früher in die Gänge kommt, lässt sich aus den phänologischen Daten recht eindeutigen ableiten. Am Beispiel der Haselblüte (Abbildung 3) wird deutlich, dass die Blüte vor allem in den letzten 10 Jahren mit nur wenigen Ausnahmen zu früh, häufiger sogar mit einem zweiwöchigen Vorsprung einsetzte. Dieses Symptom des Klimawandels ist eine Gefahr für die Kulturpflanzen, die immer häufiger in voller Blüte späten Nachtfrösten ausgesetzt und geschädigt werden können. Hoffen wir, dass dieses Schicksal dem Apfel in diesem Jahr nicht „blühen“ wird.

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.04.2022

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DWD Der Apfel blueht Der Vollfruehling ist da

 

 

 

Eiersuche im Großraumbüro

„07:00“ flimmert als Uhrzeit auf der Stechuhr im Erdgeschoss der DWD-Zentrale, wenn der sogenannte Mediendienst beginnt. Wer zu dieser Zeit schon bereit für Frühsport ist, nimmt die 121 Stufen zu Fuß; ansonsten ist der Aufzug die etwas gemütlichere Wahl, um in den 6. Stock zu gelangen. Dort angekommen, ist man aber nicht die Erste im Büro, vier weitere Meteorologen + zwei Fachdienste tippen bereits seit einer Stunde (mehr oder weniger) munter in die Tasten (wobei korrekterweise das akustische Tasten-Konzert heute um zwei Orchestermitglieder reduziert ist – das Corona-Home-Office-Angebot macht’s möglich). Jeder davon hat andere Aufgaben: Einer kümmert sich um Wetterwarnungen und Warnguidance (eine Art Rahmenvorgabe für die Außenstellen), einer um weltweites Wetter, wieder ein anderer um die mittelfristigen Vorhersagen (Tage 4-10) und dann gibt es noch einen „Chef“ der ganzen Meute, den Supervisor (er vertritt nachts und am Wochenende übrigens sogar den DWD-Präsidenten). Später kommen noch zwei weitere Dienste hinzu.

Aber zurück zum Mediendienst, für den es nun gilt, keine Zeit zu verlieren: Rechner und Programme starten, die müden Augen über die zehn Bildschirme gleiten lassen und sich so einen Überblick über die Wetterlage verschaffen. Auch wenn die große Fensterfront mit Blick auf die Frankfurter Skyline manchmal dazu verleitet – getrödelt werden darf nicht, denn um 7:30 Uhr muss der erste Bericht fürs Deutschlandradio raus mit einer kurzen Wettervorhersage für den aktuellen Tag.

Nach diesem morgendlichen Sprint wird sich weiter in die Wetterlage eingearbeitet und ein Wetterbericht für ganz Deutschland für die nächsten 3 Tage erstellt. Wer hier einen blumigen, kreativen Text erhofft, wird vermutlich enttäuscht: Die Wetterbeschreibung erfolgt recht nüchtern und sachlich, die Abfolge ist klar definiert mit Angabe zur Bewölkung, Niederschlag, Temperaturen und Wind.

Ist das geschafft, wollen die sozialen Netzwerke bedient werden. Vielleicht zeigt ja die DWD-Webcam auf der Zugspitze oder am Hamburger Hafen einen schönen Sonnenaufgang, der auf Facebook und Twitter gepostet werden kann? Immer wieder auffällig: Schöne Fotos oder einfache Grafiken bekommen deutlich mehr „Likes“ als Erklärungen in Textform oder Infos zu Unwettern außerhalb der Landesgrenze.

Wer um 8:30 Uhr immer noch nicht richtig wach ist, der bekommt durch das Klingeln des Telefons nochmal eine Chance – die morgendliche Telefonkonferenz zwischen dem Supervisor und den DWD-Außenstellen in Hamburg, Potsdam, Leipzig, Essen, Stuttgart und München ruft. Während man sich als Medienmeteorologe sonst manchmal den Mund am Telefon fusselig redet, kann man sich bei der Konferenz für rund 30 Minuten als stiller Teilnehmer zurücklehnen und zuhören, welche Vorhersage- und Warnstrategie geplant ist. Es gilt, ein einheitliches Konzept zu entwickeln, schließlich kennt das Wetter keine Bundesländergrenzen.

Nächster Programmpunkt: Das Thema des Tages (kleine Ankündigung für die Stammleserschaft: Ab Mai wird die Veröffentlichung auf den Nachmittag verschoben). Dabei kann man sich entweder über das aktuelle Wetter hierzulande oder in Honolulu auslassen – oder ein wissenschaftliches Phänomen oder Thema allgemeinverständlich aufbereiten (zugegebenermaßen passt das heutige in keine der beiden Kategorien…). Wer treuer Leser unseres TdT ist, kann sich vielleicht vorstellen, dass insbesondere die wissenschaftlichen Themen durchaus auch längere Recherche- und Vorbereitungszeit in Anspruch nehmen.

Die Tastatur ist mittlerweile schon warm und wird noch weiter zum Glühen gebracht, denn es steht nun der „Pressetext“ an, der an die Deutsche Presseagentur (DPA) geht und von diversen Medien aufgegriffen wird. Hier kann der Medienmeteorologe seine kreative Schreibader voll ausleben, geht es in diesem Bericht doch um die Wetterentwicklung der nächsten Tage in einer bildlichen Sprache, die auch „Lieschen Müller von der Tankstelle“ versteht. Aus „es fällt Niederschlag mit mäßiger bis starker Intensität“ wird dann „es schüttet wie aus Kübeln“ oder „packen Sie den Regenschirm ein“.

Mit Versenden des Pressetextes um 11:30 Uhr macht sich spätestens jetzt ein kleines (oder auch größeres) Hüngerchen bemerkbar. Da die Kantine am Wochenende geschlossen hat und der Besuch beim nahegelegenen REvisionsverband der WEstkaufgenossenschaften den Samstagen vorbehalten ist, bleibt nur ein Anruf beim Pizzalieferdienst oder für die ganz Wagemutigen ein Gang nach Offenbach Downtown.

Welche Wahl auch immer getroffen wurde: Völlerei sollte besser nicht betrieben werden, zumindest wenn der Hosenknopf bereits am seidenen Faden hängt und man noch mit intaktem Hosenlatz vor die Kamera treten möchte (und auch Spaghetti mit Tomatensoße ist in Kombination mit weißen T-Shirts aus eigener Erfahrung keine gute Idee…). Der Videoclip, der (vor Corona) täglich vom Medienmeteorologen mithilfe des Fachdienstes produziert wird, dient vor allem Übungszwecken, denn im Unwetterfall landet dieser auf Facebook, Twitter, YouTube und in die Warnwetter-App. Ganz auf die leichte Schulter sollten aber auch die Übungsclips nicht genommen werden, werden sie doch im Intranet des Verkehrsministeriums veröffentlicht – theoretisch könnte Herr Wissing also sehen, wenn die morgendliche Kleiderwahl auf das Einhorn- (oder Eintracht-)Shirt gefallen ist.

Das restliche Nachmittagsprogramm ist in der Regel entspannter. Dann heißt es den Wettervorhersagetext den neuesten Modellergebnissen anzupassen, weitere Facebook- und Twitterposts zu schreiben und Kunden-Emails zu beantworten.

Bisher noch gar nicht erwähnt, aber durchaus charakteristisch für den Mediendienst sind die Telefonate, die je nach Wetterlage (und politischen bzw. gesellschaftsrelevanten Neuigkeiten) in unterschiedlicher Anzahl vorkommen. Zeitungen, Radiosender und lokale Medien möchten wissen, wie das Wetter zum Sonntagsausflug wird, ob die Kälte aus den USA auch nach Deutschland kommt oder ob das heiße Wochenende schon der Klimawandel ist. Und wenn es dann um 17:30 Uhr heißt „Feierabend!“, ist der morgendliche Widerwille, das warme Bett gegen einen ledernen Bürostuhl einzutauschen, längst vergessen – und es bleibt vielmehr das Gefühl, einen abwechslungsreichen und vielseitigen Dienst in tollem Kollegenkreis vollendet zu haben.

P.S.: Und wer weiß, vielleicht hat der Osterhase, während seine (Wetter)Frosch-Kollegen bei der morgendlichen Telefonkonferenz abgelenkt waren, ja unbemerkt im Großraumbüro ein paar Schokoeier versteckt…

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.04.2022

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DWD Eiersuche im Grossraumbuero

 

 

Gewittersaison in den Startlöchern

Im Schwarzwald haben die lokal ersten stärkeren Gewitter des Jahres am Gründonnerstag eine erste Duftmarke gesetzt und Hagel bzw. Hagelansammlungen und Starkregen gebracht. Diese ersten „Nadelstiche“ von Gewittern sommerlicher Prägung haben erahnen lassen, dass bei nun allmählich weiter steigenden Temperaturen die Gewittersaison nicht mehr fern ist. Aber wann beginnt diese eigentlich?

Um das beurteilen zu können, hilft eine kleine statistische Auswertung von Gewittertagen von vier recht willkürlich ausgewählten Städten in Deutschland (vorbehaltlich möglicher Fehlmessungen durch die Automatisierung). Dabei soll Hamburg repräsentativ für den Norden stehen, Frankfurt für den Westen, Stuttgart für den Süden und Potsdam für den Osten. So gibt es im April im Durchschnitt im Norden einen Gewittertag, im Süden dagegen schon zwei.

Die Hauptsaison der Gewitter geht jedoch erst im Mai los und dauert bis zum August. Dann kann an 3 bis 7 Tagen pro Monat mit einem Gewitter gerechnet werden. Auch in diesen Monaten lässt sich ein Nord-Süd-Gefälle feststellen: im Norden 3 bis 5, im Süden 5 bis 7 Gewitter pro Monat. Die Fluktuation der Gewittertage von Jahr zu Jahr ist durchaus beachtlich: So gab es beispielsweise im gewitterträchtigen Jahr 1974 in Frankfurt an 54 Tagen Gewitter, in den gewitterarmen Jahren 1962,1998 und 2015 aber nur an 15 Tagen.

In den gewitterstärksten Monaten Juni und Juli steigt die Anzahl der Gewittertage allgemein auf 4 bis 7. Mit knapp 6 Tagen zeigt sich der Juni in Frankfurt als der Monat mit den meisten Gewittertagen, bei den anderen ausgewählten Städten ist es der Juli. Dabei kommt Stuttgart in diesem Monat auf beinahe 7 Gewittertage, Potsdam und Hamburg auf etwa 5.

Im September geht die Gewittertätigkeit wieder deutlich zurück und erreicht fast das April-Niveau. In den Monaten Oktober bis März gibt es in Deutschland nur noch selten Blitz und Donner. Mehr als ein Gewitter pro Monat ist dann statistisch die Ausnahme. Interessant ist aber, dass im Winter im Norden Gewitter häufiger sind als im Süden – dort begünstigt das wärmere Meer die Entwicklung. Im Sommer dagegen sorgt das Meer küstennah für kühlere Temperaturen – und damit auch für weniger Gewitter.

Die meisten Langzeitvorhersagen verschiedener Wettermodelle gehen für die nächsten drei Monate (Mai, Juni und Juli) von etwas zu trockenen Verhältnissen aus und berechnen im Durchschnitt bis zu 50, lokal vereinzelt sogar bis zu 100 l/qm weniger Niederschlag relativ zum Mittel des Zeitraums 1993-2016. Das wäre ein Hinweis auf häufig hochdruckdominierte Wetterlagen, bei denen Gewitter hintenanstehen müssten und die Saison dadurch eher schwach ausfallen würde. Allerdings sei auch angemerkt, dass Langzeitvorhersagen keine präzisen Wettervorhersagen sind, sondern nur Wahrscheinlichkeiten z.B. für trockenere oder nassere Verhältnisse angeben, sodass diesbezüglich sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.

Dipl.-Met. Simon Trippler

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.04.2022

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DWD Gewittersaison in den Startloechern

 

 

Die Land-Seewind-Zirkulation

Die räumliche Verteilung steuernder Hoch- und Tiefdruckgebiete, die man gewöhnlich auf Wetterkarten findet, sind für die großräumigen Strömungsverhältnisse verantwortlich – sie entscheiden also, aus welcher Richtung und mit welcher Stärke der Wind weht. Aber auch lokale Gegebenheiten wie Berge und Täler oder Küstenlinien können bei bestimmten Wetterlagen ihre „eigenen“ kleinräumigen Windsysteme entstehen lassen, die einen großen Einfluss auf das dortige Klima haben. Bekannte Beispiele sind der „Berg- und Talwind“ (Thema des Tages vom 11. April 2022) oder die „Land-Seewind-Zirkulation“, die wir heute erläutern.

Jeder Nord- und Ostseeurlauber kennt es: Während an heißen Sommertagen die zuhause Gebliebenen schwitzen, ist zur gleichen Zeit im schattigen Strandkorb von Hitze keine Spur und weniger Hartgesottene greifen im kühlen Wind sogar zum Pulli. Doch warum weht an der Küste und auf den Inseln allzu oft dieser kühle, vom Meer kommende Wind? Der Grund liegt im Seewind, einem Teil der Land-Seewind-Zirkulation.

Druckunterschiede werden durch Wind auszugleichen. Nehmen wir als Ausgangsbedingung an, dass am Morgen keine horizontalen Druckunterschiede vorliegen und daher auch kein Wind weht. In Abbildung 1 ist dies durch horizontale Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks) verdeutlicht. Nach Sonnenaufgang wird am Vormittag die Landoberfläche und die darüber liegende Luft erwärmt, während sich die Wassertemperatur (und die Luft darüber) wegen der größeren Wärmekapazität des Meerwassers kaum ändert. Da wärmere Luft eine geringere Dichte und damit ein größeres Volumen als kältere Luft besitzt, dehnt sich die Luft über Land vertikal aus. Weil sich zwischen zwei Druckflächen weiterhin die gleiche Luftmasse befindet, werden dadurch die Isobaren gehoben (Abbildung 2). Folglich entsteht in der Höhe ein horizontaler Druckunterschied. Auf gleichem Höhenniveau (gestrichelte Linien) ist der Luftdruck über dem Land höher als über dem Meer, es entsteht also in der Höhe über dem Land ein kleinräumiges Hoch (H) und über der See ein Tief (T).

Da die Atmosphäre stets bestrebt ist, derartige Druckunterschiede abzubauen, entsteht in der Höhe eine Ausgleichsströmung vom Land Richtung Meer (grüner Pfeil in Abb. 2), also vom hohen zum tieferen Luftdruck. Der gleiche Vorgang passiert im Kleinen bei einem aufgepumpten Fahrradschlauch, bei dem man das Ventil öffnet. Die Luft entweicht vom Reifen (hoher Luftdruck) nach draußen. Die Ausgleichsströmung transportiert LuftMASSE Richtung Meer. Dadurch sammelt sich über der See die Masse an, die über Land in der Höhe abfließt. Ein Massegewinn in der Luftsäule über dem Meer bedeutet nichts Anderes als dass der Druck, der am Boden auf einem lastet, ansteigt. Im Gegenzug sinkt an Land der Druck am Boden (Abfließen der Luft in der Höhe). Im Gegensatz zur Höhe entsteht so direkt über dem Meer ein lokales Hoch und über Land ein Tief (Abbildung 3).

Am Boden passiert nun das gleiche wie zuvor in der Höhe. Es kommt eine Ausgleichströmung vom Hoch zum Tief in Gang, also von der See Richtung Land. Diesen Wind bezeichnet man seiner Herkunft nach als „Seewind“, der die kühle Meeresluft Richtung Küste transportiert. Abschließend entsteht eine geschlossene Zirkulation, indem über Land aufgrund der in der Höhe abfließenden Luftmasse Luft von unten nachströmt und über der See Luft nach unten absinkt. In der Fachsprache wird diese als thermisch direkte Zirkulation bezeichnet.

In der Nacht drehen sich die Strömungsverhältnisse um. Nach Sonnenuntergang kühlt der Erdboden und die darüber liegende Luft stärker ab als über dem Meer. Die kühlere Luft schrumpft und es entsteht in der Höhe über Land ein Tief, sodass als Ausgleichströmung dort die Luft von der See Richtung Land weht. Durch diese im Vergleich zu tagsüber gegensätzlichen Masseumverteilungen bildet sich über dem Boden der sogenannte „Landwind“, der Richtung See weht (Abbildung 4).

Die Land-Seewind-Zirkulation besitzt in unseren Breiten eine horizontale Ausdehnung von 10 bis 20 Kilometern, sodass schon einige Kilometer von den Küsten entfernt kaum noch eine Abkühlung zu spüren ist. Der Seewind weht meist mit Windstärke 3 bis 4 und tritt an sämtlichen Küstenverläufen auf. Auch an größeren Seen wie dem Bodensee kann man die Land-Seewind-Zirkulation beobachten. Windmessungen belegen, dass der Wind in Friedrichshafen im Sommer morgens am häufigsten aus Nord bis Nordost (also in Richtung Bodensee) und nachmittags aus Süd bis Südwest (vom See kommend) weht.

In der Realität ist die Land-Seewind-Zirkulation natürlich der großräumigen Windströmung überlagert und tritt auf, solange der großräumige Wind schwach und der Himmel nicht durch Wolkenfelder bedeckt ist. Der Seewind führt in dieser Situation dazu, dass sich der Wind bis zum Nachmittag verstärkt und Richtung Land dreht.

Nun wissen Sie, warum es an heißen Sommertagen an Nord- und Ostsee am Nachmittag und frühen Abend teils über 10, manchmal sogar bis zu 15 Grad kühler ist als im großen Rest Deutschlands. In Folge des Seewinds bleiben die Temperaturen beispielsweise auf Sylt an den meisten Tagen unter 25 Grad, 30 Grad und mehr sind die absolute Ausnahme.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.04.2022

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DWD Die Land Seewind Zirkulation

 

Osterwetter 2022: Oftmals sonnig, aber etwas kühler. Danach „Geeier“.

Ostern kann im Allgemeinen mit nahezu der gesamten Bandbreite an Wettererscheinungen in Verbindung stehen. Von Sommerfeeling bei über 25 Grad bis Wintereinbruch mit einer Schneedecke selbst im Tiefland ist alles drin. Das liegt einerseits daran, dass Ostern zu den beweglichen Feiertagen zählt und auf den Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond fällt. Der frühestmögliche Ostersonntag wäre demnach der 22. März und der späteste der 25. April – also ein variabler Zeitraum von über einem Monat. Zudem kommt, dass die Sonne im Frühjahr einiges an „Wumms“ hat und so zum Beispiel Südeuropa schon gut erwärmen kann, während über Nordeuropa noch weiterhin kalte Luft vorherrscht. Je nach Luftströmung kann man sich also schnell mal wie in einer anderen Jahreszeit fühlen.

Und wo wird sich Ostern in Sachen Wetter dieses Jahr einordnen? Die Überschrift hat es zwar bereits verraten, gehen wir aber mal noch etwas ins Detail und beginnen mit dem Karfreitag.

Karfreitag: Der Tiefausläufer, der uns am heutigen Donnerstag südwärts überquert, kommt an den Alpen zum Liegen und sorgt dort für viele Wolken und etwas Regen. Über Skandinavien baut sich dagegen ein Hochdruckgebiet auf, das Deutschland von Norden her zunehmend unter seine Fittiche nimmt. Also Sonne satt? Mitnichten! Denn in höheren Luftschichten liegt besonders die Nordosthälfte noch im Einflussbereich eines Tiefs, welches dort für vielfach grauen Himmel, aber kaum Regen sorgt. Im Rest des Landes zeigt sich neben den Wolken aber auch häufig die Sonne. Dazu dreht die Strömung auf nördliche Richtungen, mit der wieder etwas kühlere Luft ins Land einfließt. Im Südwesten bekommt man bei Höchstwerten um 20 Grad kaum etwas davon mit, im Nordosten wird man dagegen nicht einmal die 10-Grad-Marke knacken. Kurz noch zur Nacht zum Karsamstag mit einem wichtigen Hinweis für Pflanzenbesitzer: Die Wolkendecke reißt im Norden und Nordosten auf. Dort muss also verbreitet mit Frost in Bodennähe (5 cm über dem Erdboden), vereinzelt sogar mit Luftfrost (2 m Höhe) gerechnet werden.

Karsamstag: Der Hochdruck kann sich von Norden her nun zunehmend durchsetzen. Einzig am Alpenrand hat man noch bis zum Abend mit dichterem Gewölk und ein paar Schauern zu „kämpfen“. Ansonsten gibt es im Tagesverlauf von Nord nach Süd immer mehr Sonnenschein, wenngleich das Temperaturniveau nun auch im Süden nicht mehr an das der Vortage anknüpfen kann. Trotzdem bleibt es zumindest in der Westhälfte mild, für 20 Grad reicht es dort aber nicht mehr, in der Westhälfte sind wohl selbst 15 Grad unerreichbar. Die Wolkenarmut macht sich dann natürlich auch in der Nacht zum Ostersonntag bemerkbar. Verbreitet ist Frost in Bodennähe zu erwarten, besonders in der Osthälfte auch oftmals Luftfrost.

Ostersonntag und -montag: An beiden Tagen zeigt die Sonne, was sie kann, wenngleich sie sich ihren Platz am Himmel am Ostermontag mit ein paar harmlosen Wolken teilen muss. Die Außenthermometer zeigen in der Spitze Werte zwischen etwa 14 und 20 Grad (von Ost nach West zunehmend) und bleiben vor allem in der Nacht zum Dienstag zumeist wieder im positiven Bereich – mit Bodenfrost ist aber in beiden Nächten verbreitet zu rechnen.

Und wie geht es nach Ostern weiter? Ab Dienstag steht uns wohl wieder ein etwas unbeständigerer Witterungsabschnitt fernab der 20-Grad-Marke ins Haus. Alles in allem ist die Prognose aber noch ziemlich unsicher. Wenn man so möchte, könnte man sagen: Nach Ostern beginnt das „Geeier“.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.04.2022

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DWD Osterwetter 2022 Oftmals sonnig aber etwas kuehler. Danach Geeier.

In den nächsten Jahren ist Sommer – auf Neptuns Südhemisphäre

Im ersten Moment wirken die Temperaturen auf Neptuns Oberfläche nicht gerade sommerlich. Im Durchschnitt herrschen dort minus 200 Grad Celsius. Eindeutig zu kalt für einen Badeausflug. Allerdings sucht man auf Neptun den Strand auch vergebens. Der blaue Eisriese ist im Gegensatz zur Erde ein Gasplanet. Er besitzt einen radioaktiven Kern aus Eis und Gestein. Die Atmosphäre ist im Vergleich zur Erdatmosphäre um ein vielfaches größer und besteht aus Wasserstoff, Methan und Helium. Das Methan sorgt für die schöne bläuliche Färbung des Planeten. In der Hochatmosphäre können sich Wolken bilden, die in ihrem äußeren Erscheinungsbild durchaus den irdischen Wolken ähneln.

Einige Besonderheiten weist das Wetter auf Neptun jedoch auf. Zum einen ist Neptun einer der wenigen Planten, die mehr Wärme ausstrahlen als sie von der Sonne erhalten. Neptun befindet sich 4,5 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt. Das heißt die zur Verfügung stehende Einstrahlung ist um ein vielfaches geringer als auf der Erde. Durch den radioaktiven Zerfall im Kern produziert der Planet jedoch zusätzlich Hitze, die innerhalb der Atmosphäre turbulent aufsteigt. Diese zusätzliche Wärmeenergie sorgt unter anderem für die stärksten Stürme in unserem Sonnensystem. Es wurden bereits Wirbel von der Größe unserer Erde beobachtet. Dabei traten Windgeschwindigkeiten von teils über 2000 Kilometern pro Stunde auf. In den unteren Schichten der Atmosphäre tritt noch ein weiteres interessantes Phänomen auf. Dort regnet es Diamanten. Der Druck ist dort bereits so hoch, dass die Kohlenstoffatome stark zusammengepresst werden. Dass diese Prinzessinen-Schliff aufweisen ist jedoch unwahrscheinlich. Ganz sicher sein kann man sich aber nicht, da eine in situ Beobachtung noch nicht stattgefunden hat.

Wie bereits Anfangs erwähnt, gibt es auch Jahreszeiten auf Neptun. Ausschlaggebend für die Entstehung von Jahreszeiten ist eine geneigte Rotationsachse. Durch die um 28 Grad geneigte Achse ist der Einfallswinkel der Sonnenstrahlung ähnlich wie auf der Erde, auf der Nordhemisphäre und der Südhemisphäre unterschiedlich, je nach Position des Planeten auf seiner Umlaufbahn um die Sonne. Die unterschiedlich starke Einstrahlung führt zu unterschiedlich starken Erwärmung der Halbkugeln je nach Jahreszeit. Allerdings sind die Jahreszeiten auf Neptun wesentlich länger als auf der Erde. Neptun benötigt etwa 165 Jahre um einmal die Sonne zu umrunden. Eine Jahreszeit ist somit etwa 41 Erdjahre lang.

Aktuell ist auf der Südhemisphäre Neptuns Sommer. Seit 2003 wurde die Temperatur an der oberen Atmosphäre kontinuierlich mit verschiedenen Teleskopen, sowohl von der Erde aus, als auch mit dem Spritzer Weltraumteleskop der NASA gemessen. Was die Forschenden jedoch nach über 15 Erdjahren herausgefunden haben passt nicht ins Bild. Die Atmosphäre hat sich während Neptuns Frühsommer vorübergehend um etwa acht Grad abgekühlt. Dabei wird es im Sommer doch bekanntlich wärmer. Gleichzeitig wurde zwischen 2018 und 2020 eine überdurchschnittlich starke Erwärmung um 11 Grad über Neptuns Südpol beobachtet.

Diese Beobachtungen stellen die Forschung vor ein Rätsel. Es gibt bereits mehrere Erklärungsansätze. Zum einen könnten chemische Prozesse innerhalb Neptuns Atmosphäre eine Rolle spielen. Die aufsteigenden und teils radioaktiven Gase, können chemische Prozesse auslösen die entweder endo- oder exotherm sind, also Wärmeenergie freisetzen oder binden. Eventuell lassen sich also rasche Temperaturschwankungen auf diese Weise erklären. Zum anderen könnte auch der Sonnenzyklus eine Rolle spielen. Die Sonnenaktivität ändert sich im Laufe der Jahre und wird mal schwächer und mal stärker. Dabei hat man durch Beobachtung der Sonnenflecken einen Aktivitätszyklus von 11 Jahren festgestellt. Bei starker Sonnenaktivität erreicht mehr Strahlung die Neptunoberfläche, und kann somit für einen Temperaturanstieg sorgen. Beide Erklärungsansätze konnten aber bisher noch nicht wissenschaftlich bewiesen werden.

Fest steht, dass der Eisriese noch einige interessante Phänomene bereithält. Und so spannend es auch sein kann, mehrere Monate anhaltende Stürme oder Diamanten-Schauer vorherzusagen, bin ich doch froh, dass es auf der Erde keine 12 Jahre kontinuierliches Aprilwetter gibt.

MSc Met. Sonja Stöckle

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 13.04.2022

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DWD In den naechsten Jahren ist Sommer auf Neptuns Suedhemisphaere