Kaufen Sie sich ein Hoch oder ein Tief!
Schlagzeilen wie „Sommerhoch GERTRUD bringt Sonne und Hitze zurück“ oder „Orkantief NIKOLAUS fegt über Deutschland“ (Namen fiktiv) liest man täglich in den Zeitungen und Nachrichtenportalen. Auch im Radio oder im TV hört man die Namen von Hochs und Tiefs häufig in den Wetterberichten. Vielleicht haben Sie sich schon einem gefragt, wie diese zu ihren (teils sehr exotischen) Namen kommen?
Die Namensgebung hat in Deutschland schon eine jahrzehntelange Historie. Noch in ihrer Zeit als Studentin am Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin (FU Berlin) regte die spätere ZDF-Fernsehmeteorologin Dr. Karla Wege (1930-2021) im Jahre 1954 an, Druckgebilden in Mitteleuropa Namen zu geben. Seitdem taufte das Meteorologische Institut der FU Berlin alle Hoch- und Tiefdruckgebiete, die das Wettergeschehen in (Mittel)europa in irgendeiner Weise beeinflussen, mit männlichen und weiblichen Vornamen. Inspiriert wurde Karla Wege vom US-Wetterdienst, der ab dem 2. Weltkrieg Taifunen im Pazifik weibliche Vornamen gab und kurz darauf auch Hurrikane im Atlantik benannte. Die FU Berlin erstellte daraufhin Namenslisten mit Vornamen in alphabetischer Reihenfolge und taufte anhand dieser Listen alle relevanten Hochs und Tiefs chronologisch im Jahresverlauf. Fortan trugen über viele Jahrzehnte Tiefs weibliche und Hochs männliche Namen. Lange Zeit waren diese kaum über die Stadtgrenzen Berlins hinaus bekannt. Erst im Februar 1990, als ungewöhnlich viele und starke Stürme über Deutschland fegten, wurden die Medien in Deutschland durch die Orkantiefs „VIVIAN“ und „WIEBKE“ auf die Praxis der Namensgebung aufmerksam. 1998 kam in den Medien schließlich eine Diskussion über die Vergaberegeln wegen einer möglichen Diskriminierung von Frauen auf, da (weibliche) Tiefs oft mit schlechtem und (männliche) Hochs mit gutem Wetter verbunden sind. In Absprache mit dem Deutschen Wetterdienst und privaten Wetterdiensten entschied man sich daher für einen jährlichen Geschlechtertausch. Seitdem werden in geraden Jahren Hochs mit Männernamen und Tiefs mit Frauennamen getauft, in ungeraden Jahren ist es umgekehrt.
Eine weitere bahnbrechende Neuerung gab es im November 2002 – die „Aktion Wetterpate“ wurde ins Leben gerufen. Seither kann jede/r Bürger/in (oder ein Verein, eine Gemeinde usw.) eine Wetterpatenschaft für ein Hoch oder Tief im darauffolgenden Jahr übernehmen. Da Hochs zumeist beständiger sind und somit länger auf den Wetterkarten und in der Atmosphäre verweilen, kostet für sie eine Patenschaft mit aktuell 390 Euro auch etwas mehr als für Tiefs, die man schon für 290 Euro erwerben kann. Auf diese Weise werden im Jahresverlauf etwa 55 Hochs und etwa 140 Tiefs getauft.
Für Wetterliebhaber ist dies ein gern gesehenes Geschenk, sei es für die Partnerin zum Hochzeitstag, für einen Freund zum runden Geburtstag oder für den Nachwuchs, der im kommenden Jahr das Licht der Welt erblickt. Nach der „Taufe“ erhalten Sie eine Patenschaftsurkunde mit der Lebensgeschichte Ihres Druckgebildes sowie eine dazugehörige Wetterkarte.
Jeder Wetterpate hofft natürlich, dass er oder sie ein ganz besonderes Druckgebilde erhält. Aber ob es ein historisches Orkantief, wie „KYRILL“ im Jahr 2007 oder „SABINE“ im Jahr 2020, oder eher ein kraftloses kurzlebiges Tief wird, ist leider Glücksache. Genauso kann man sich bei einem Hoch nicht sicher sein, dass man für schönes Wetter „verantwortlich“ ist oder gar ein berühmtes Hitzehoch wird, wie es beispielsweise Hoch „MICHAELA“ im August 2003 war.
Aktuelle „Berliner Wetterkarte“ vom Mittwoch, 08. Oktober 2025 mit den Hochs PETRALILLI, RITA und SIEGLINDE und dien Tiefs EGBERT und FEHMI.
Die Wetterpaten der aktuell auf der Wetterkarte zu findenden Tiefs „EGBERT“ und „FEHMI“ haben eher Pech. Sie bringen dem Norden und Osten Deutschlands recht unspektakuläres Schmuddelwetter mit grauen Wolken, Nieselregen und etwas Wind. Auch die Hochs „RITA“ und „SIEGLINDE“ sorgen für tristes Herbstwetter und nur im Südwesten Deutschlands für Sonnenschein. Mehr Glück hatte hingegen die Wetterpatin von Hoch „PETRALILLI“. Ihr Hoch wurde bereits am 17. September getauft und wandert nunmehr schon stolze drei Wochen über die „Berliner Wetterkarte“.
Wittern Sie nun die Chance für ein Weihnachtsgeschenk? Dann müssen Sie sich ein wenig beeilen. Die Listen der Namen für 2026 füllen sich allmählich und manche Buchstaben sind schon komplett vergeben. Besonders Namen mit seltenen Anfangsbuchstaben wie „Q“, „X“ oder „Y“ sind aber auch noch recht kurzfristig zu ergattern. Im kommenden Jahr sind Hochs übrigens wieder männlich und Tiefs weiblich.
Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.10.2025
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