Schlagwortarchiv für: Radiosonde

Fliegende Instrumente

Die Atmosphäre ist eine vielschichtige Zeitgenossin. Von den höheren Schichten bekommen wir Menschen auf der Erdoberfläche nicht viel direkt mit. Jedoch spielen die Prozesse und Abläufe dort oben vor allem in der Troposphäre oder auch der Stratosphäre eine große Rolle für das alltägliche Wettergeschehen. Eine Möglichkeit Informationen über den vertikalen Aufbau und Zustand unserer Atmosphäre zu erhalten sind Radiosondenaufstiege.

Fliegende Instrumente

Bild einer Radiosonde

Eine Radiosonde besteht aus einem Ballon, der zumeist mit Wasserstoff gefüllt ist. Die geringere Dichte dieses Gases im Vergleich zur umgebenden Luft lässt ihn aufsteigen. Das geschieht mit einer ungefähren Geschwindigkeit von 300 m/min (bzw. 18 km/h). An diesem Ballon befestigt sind verschiedene Messgeräte. Damit werden wichtige meteorologische Messgrößen auf dem Weg nach oben aufgezeichnet, dazu zählen Luftdruck, Luftfeuchte und Lufttemperatur. Die Position des Ballons wird mittels GPS mitverfolgt. Dadurch, dass die Sonde vom Wind mal in diese, mal in jene Richtung gesteuert wird, kann die Windrichtung und -geschwindigkeit errechnet werden. Mit zunehmender Höhe dehnt sich das Gas im Inneren des Ballons aus, bis der Ballon normalerweise in einer Höhe von etwa 20-30 km platzt. Die Sonde fällt danach (abgebremst von einem Fallschirm) wieder herab.

Solche Aufstiege werden international um 0, 6, 12 und 18 UTC durchgeführt, damit alle Daten zu gleichen Zeiten erhoben werden und vergleichbar sind. Die Verläufe der Parameter können in so genannten „Thermodynamischen Diagrammpapieren“ dargestellt werden. Diese gibt es in verschiedenen Arten, hier wollen wir uns ein Stüve-Diagramm vornehmen.

Fliegende Instrumente 2

Stüve-Diagramm eines Radiosondenaufstiegs aus Stuttgart 30.08.2025 0 UTC

Auf der x-Achse von links nach rechts ist die Temperatur in Grad Celsius abgebildet. Nach oben auf der y-Achse der Druck in Hektopascal. Nun nimmt aber der Druck mit der Höhe ab, daher befinden sich die höchsten Druckwerte unten. Auf der rechten Seite ist auch die dazugehörige Höhe in Metern angegeben. Ebenfalls dort befinden sich die Windfiedern, die sowohl die Richtung, als auch die Geschwindigkeit des Windes anzeigen. Außerdem gibt es verschiedene Arten von regelmäßigen Linien, die dabei helfen zu entscheiden, wo beispielsweise die Wolkenunter- oder Obergrenze ist.

Im Beispiel vom Stuttgarter Aufstieg sieht man anschaulich, dass der Wind zuerst mit der Höhe zunimmt (mehr „Häkchen“ an den Pfeilen), ab etwa 10 km jedoch wieder abnimmt. Zudem dreht der Wind etwas mit der Höhe von West auf Südwest oder Süd. Die gemessene Temperatur wird durch die rote Linie dargestellt. Sie nimmt bis zu einer Höhe von ca. 10,5 km fast kontinuierlich ab. Dort befindet sich die Tropopause, welche den Übergang von Troposphäre zu Stratosphäre markiert. Die blaue, gestrichelte Linie links daneben zeigt die Taupunkttemperatur an. Je näher sich diese beiden Linien kommen, desto gesättigter ist die Luft in dieser Höhe. Das heißt dort können sich Wolken bilden.

All die gesammelten Daten fließen zusammen mit Bodenstation-, Satelliten-, Flugzeug-, Bojen- oder auch Schiffsdaten in die heutigen Wettermodelle ein. Diese versuchen dann mithilfe dieser Daten den jetzigen Zustand der Atmosphäre so gut es geht zu ermitteln und die weitere Entwicklung zu simulieren. Das alles, damit wir am Ende auf die Wettervorhersage schauen und das Wetter für die kommenden Tage abschätzen können.

M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Radiosonden: Ein wilder Ritt durch die Atmosphäre

Falls Sie sich fragen „Radiosonde? Welche Sender kann man denn mit dem Ding empfangen?“, sind Sie in diesem Absatz goldrichtig aufgehoben! Denn bei einer Radiosonde handelt es sich nicht etwa um ein Wiedergabegerät von Musik, Nachrichten und Verkehrsmeldungen, sondern schlicht um ein Gerät, das mit einem Sender und mehreren Messfühlern ausgestattetet ist. Angebunden an einen mit zumeist Heliumgas gefüllten Gummiballon, steigt die Radiosonde mit rund 300 Metern pro Minute in die Luft auf und misst dabei stetig Luftdruck, -feuchte und -temperatur sowie indirekt durch die Windverlagerung auch Geschwindigkeit und Richtung des Windes.

Diese Daten werden über den Sender direkt an die Empfangsstation am Boden übermittelt. Kurz darauf stehen sie schließlich uns Meteorologen grafisch aufbereitet zur Verfügung. Sie geben uns wichtige Hinweise, ob beispielsweise in den nächsten Stunden Gewitter entstehen können und mit welchen Begleiterscheinungen dabei zu rechnen wäre oder ob der bald aufziehende Niederschlag als Schnee, Regen oder gar gefrierender Regen fällt. Außerdem liefern die gemessenen Daten neben vielen weiteren Beobachtungsdaten die Basis für die Prognosen unserer Wettermodelle.

Radiosonden sind damit eine unverzichtbare Ergänzung zum Bodenstationsmessnetz, denn Wetter ist nicht zwei-, sondern dreidimensional! Gerade in höheren Luftschichten liegen die eigentlichen Antriebe für unser Wettergeschehen. Die dort stattfindenden Prozesse lassen beispielsweise Hoch- und Tiefdruckgebiete am Boden entstehen oder sorgen manchmal für Schauerwetter, obwohl das heimische Barometer „schön“ anzeigt (Stichwort „Höhentief“). Derzeit führt der DWD in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr an rund zwei Dutzend Standorten in Deutschland mindestens zwei Mal am Tag (jeweils um 0 und 12 UTC) Radiosondenaufstiege durch.

DWD Radiosonden Ein wilder Ritt durch die Atmosphaere

Noch einmal zurück zum Aufstieg einer Radiosonde. Vielleicht fragen Sie sich, was denn eigentlich mit dem Gerät noch so passiert? Steigt es immer höher und gesellt sich schließlich zum Weltraumschrott? Oder lässt es sich ferngesteuert wieder zurückbringen? Die Antwort ist relativ simpel: Die Physik sorgt für die Rückkehr der Radiosonde. Der Ballon, an dem die Sonde hängt, dehnt sich beim Aufstieg durch den abnehmenden Druck der Umgebungsluft immer mehr aus. Irgendwann stößt das Material des Ballons dann aber an seine Belastungsgrenze. Die Folge: Er platzt! Das ist oftmals in einer Höhe von etwa 20 bis 30 km über dem Erdboden der Fall. Es kann allerdings auch noch deutlich höher gehen wie z.B. am 22.06.2005 bei einem Aufstieg des Observatoriums in Lindenberg: Erst bei stolzen 40 km gab sich der Ballon geschlagen – Rekord beim DWD.

Damit die Radiosonde nun nicht wie ein Meteorit auf die Erde zurast, ist sie mit einem kleinen Fallschirm ausgestattet, mit dessen Hilfe sie auf sanfte Weise wieder festen Boden unter ihre Messfühler bekommt. Dabei sendet sie weiterhin fleißig Messdaten an die Bodenstation. Wo die Sonde dann letztlich landet, hängt natürlich stark vom Wind ab und kann durchaus in der tiefsten Pampa zig Kilometer vom Startort entfernt sein. Tja, und wenn Sie möchten, können Sie nun ins Spiel kommen.

Die Radiosonde sendet nämlich nicht nur meteorologische Messdaten, sondern auch ihren Standort per GPS. Damit lässt sich die Flugbahn der Sonde darstellen, die Sie sich unter  für die verschiedenen Radiosondenstandorte des DWD und der Bundeswehr in Deutschland zu Gemüte führen können. Wie bei einer Schnitzeljagd können Sie sich nun auf den Weg machen, um in der Nähe des letzten GPS-Signals nach der Sonde zu suchen. Während „normale“ Radiosonden getrost in die Wertstoffentsorgung gegeben werden können (Batterien bitte gesondert entsorgen!), winkt beim Auffinden einer Ozonsonde, wie sie vom Observatorium Lindenberg und Hohenpeißenberg verwendet wird, sogar ein Finderlohn von 30 Euro.

Aber Vorsicht! Vereinzelt werden die Ballons noch mit Wasserstoff gefüllt. Unter Umständen kann der Ballon nach der Ladung teilweise noch mit dem leicht entzündbaren Gas gefüllt sein. Vermeiden Sie also unbedingt offenes Feuer hinsichtlich der dann bestehenden Explosionsgefahr. Nicht, dass sich die Sonde auf ihre zweite Reise durch die Atmosphäre begibt ….

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.11.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst