Schlagwortarchiv für: Selbstregulation

Die Gänseblümchenwelt – Teil 2

In Teil 1 haben wir gesehen, dass sich ein Planet, auf dem nur weiße und schwarze Gänseblümchen wachsen können, bis zu einem gewissen Grad selbst regulieren kann. Auch äußere Einflüsse wie zum Beispiel stärkere Sonneneinstrahlung können durch unterschiedlichen Rückstrahl-Eigenschaften des Bewuchses abgefedert werden und eine recht stabile Temperatur auf dem Planeten gewährleisten.

Nun soll es um weitere Modifikationen des ursprünglichen Modells gehen. Man kann beispielsweise die Anzahl an unterschiedlichen Arten von Gänseblümchen ändern. Dabei ist das Ergebnis am Ende jedoch immer gleich; nämlich, dass im Endzustand nie mehr als zwei Arten vorhanden sind.

Eine andere Möglichkeit ist, dass es neben den Daisys z.B. noch „Tiere“ wie Kaninchen oder Füchse gibt, die die Rolle eines Pflanzen- oder Fleischfressers übernehmen. Das Ergebnis dieser Experimente ist zwiespältig. Unter bestimmten Bedingungen haben diese Veränderungen zur Folge, dass sich die Selbstregulierung des Planeten etwas verschlechtert. Andere jedoch zeigen, dass sich zusätzliche Komplexität positiv auf das ganze System auswirkt (Wood et al., 2006).

Eine weitere Idee ist, noch andere Arten von Pflanzen, die sich auf Kosten der Gänseblümchen vermehren, zuzulassen. Diese haben aber den Effekt, dass sie am Ende die ursprünglichen Daisys verdrängen und das ganze System destabilisieren.

Kommen wir zurück zu unserer Erde. Wir wissen, dass die Erdoberfläche etwa zu zwei Dritteln von Wasser bedeckt ist. Was würde mit den Meeren passieren, wenn die Einstrahlung unserer Sonne verringert oder gar komplett ausgeschaltet würde?

Wasser hat eine hohe spezifische Wärmekapazität und damit die Fähigkeit, viel Wärme zu speichern. Ozeane würden daher nur langsam auskühlen und der planetaren Abkühlung zunächst entgegenwirken. Ab einem kritischen Punkt fingen sie aber an zu gefrieren. Schließlich wäre der Planet vollständig vereist. Hypothesen bezüglich einer solchen „Schneeballerde“ besagen, dass sie vor etwa 600 Millionen Jahren tatsächlich existiert haben könnte. Die Datenlage zur Stützung dieser Hypothese ist jedoch ziemlich dürftig.

Die Gaensebluemchenwelt 2

Schneeballerde

Problematisch an dieser Idee ist zudem, dass die gestern beschriebene Albedo eine positive Rückkopplung bewirkt. Sie erhöht sich bei zunehmender Vereisung der Oberfläche. Dementsprechend wird mehr Einstrahlung reflektiert, wodurch es noch kälter wird, was wiederum den Vereisungsvorgang beschleunigt.

Ein anderer Aspekt unseres Klimas muss demnach diese Kälteperiode beendet haben: Es ist der berühmt-berüchtigte Treibhauseffekt. Starke Vulkanaktivität hat enorme Mengen an CO₂ ausgestoßen und dadurch die Erdatmosphäre erwärmt.

Leider ist dieser Begriff heutzutage oftmals negativ konnotiert. Dabei ist er überlebenswichtig für uns Menschen! In der heutigen Zeit liegt die mittlere Oberflächentemperatur weltweit bei etwa +15°C. Ohne diesen wärmenden Schutzmantel aus Gasen läge sie bei rund -18°C!

In den heutigen Klimamodellen spielen natürlich Rückkopplungen, wie der oben im umgekehrten Fall beschriebene Eis-Albedo-Effekt, eine wesentliche Rolle. Leider ist das Erdklima nicht so einfach gestrickt. In der aktuellen Klimaforschung bestehen trotz stetigen Fortschritts daher immer noch Wissenslücken angesichts der Fülle an komplexen Wechselwirkungen von Land, Vegetation, Ozeanen und Atmosphäre. Aktuellster Forschungsgegenstand sind zum Beispiel die Auswirkungen sich verändernder Bewölkungsverhältnisse in den Polarregionen.

MSc.-Met. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Der Gänseblümchenplanet – Teil 1

Stellen Sie sich einen erdähnlichen Planeten vor, der nur mit Land bedeckt ist … und auf dem nur Gänseblümchen wachsen. Sie denken jetzt vielleicht, schön und gut, das ist ja eine nette Idee, aber wozu könnte man die benutzen?

James Lovelock und Andrew Watson entwickelten 1983 eine Modellsimulation ebenjener Idee und tauften sie „Daisyworld“ (Gänseblümchenwelt). Im Prinzip ist der Aufbau einfach: Es gibt einen Planeten mit Sonneneinstrahlung. Durch die Sonneneinstrahlung erwärmt sich die Atmosphäre. Ab einer bestimmten Temperatur (nehmen wir mal 5°C) können Gänseblümchen auf der Oberfläche wachsen. Soweit so gut.

Nun ist auch festgelegt, dass es eine optimale Wachstumstemperatur (z.B. 25°C), aber auch eine Maximaltemperatur (z.B. 40°C) gibt, ab der die Blumen nicht mehr wachsen, sondern absterben. Eine weitere Besonderheit ist, dass vorgegeben wird, dass dabei nur zwei verschiedene Arten wachsen können – weiße und schwarze. Diese haben unterschiedliche Albedowerte (siehe hierzu „Weitere Informationen zum Thema“). Das bedeutet, dass weiße Gänseblümchen mehr Sonnenlicht reflektieren und es damit in ihrer Umgebung kühler ist als ohne Pflanzen und nochmals kühler als bei schwarzen Gänseblümchen, da diese eine niedrigere Albedo besitzen.

Spannend ist jetzt zu beobachten, was passiert.

Zu Beginn ist der Planet noch zu kalt für das Wachstum und erwärmt sich nur langsam durch die Sonne. Dann bilden sich erst einzelne, dann mehr schwarze Gänseblümchen, was dazu führt, dass sich der Planet schneller erwärmt, da weniger Sonnenlicht reflektiert wird. Irgendwann können auch weiße Gänseblümchen überleben und breiten sich aus. Der nächste Schritt ist, dass mit zunehmender Temperatur, die schwarzen Gänseblümchen langsamer wachsen. Nach und nach stellt sich ein Gleichgewicht ein, in dem die komplette Oberfläche mit Pflanzen bedeckt ist.

Das alles ist natürlich nur eine Simulation, daher kann man daran herumschrauben, wie man möchte. Stellen wir doch einfach mal die Sonne etwas „stärker“ ein…

Das hat zur Folge, dass im Endgleichgewicht mehr weiße Gänseblümchen auf der Planetenoberfläche gewachsen sind als davor. Andersherum funktioniert das genauso: Schwächere Sonne, weniger weiße und dafür mehr schwarze Gänseblümchen! Dieses Verhalten ist sogar für recht große Schwankungen in der Sonneneinstrahlung stabil. Viel zu starke (oder schwache) Einstrahlung kann aber trotzdem nicht abgefedert werden und am Ende überlebt die Vegetation die Hitze (Kälte) nicht.

Das heißt aber, alleine die Tatsache, dass zwei Arten von Pflanzen dort wachsen können, hilft dabei, einen Planeten gegen äußere Einflüsse resistenter zu machen und eine lebensfreundliche Umwelt zu erhalten!
Der Gaensebluemchenplanet 1

Gänseblümchenwiese

M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst