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Die städtische Wärmeinsel

Das Sommerhoch ZORA sorgt in weiten Teilen West- und Mitteleuropas für ruhiges Sommerwetter. Vor allem in der Südwesthälfte des Landes scheint die Sonne teils sogar von einem wolkenlosen Himmel. Dazu bewegen sich die Temperaturen auf sommerlichem Niveau. In einigen Niederungen des Südwestens wurden am gestrigen Mittwoch ein Hitzetag mit einer Höchsttemperatur von über 30 Grad registriert. Und auch heute sind dort wieder ähnliche Höchstwerte zu erwarten. Die Nächte sind aber aktuell noch gut geeignet, um die überhitzten Innenräume einmal ordentlich durchzulüften. Meist liegen die Tiefstwerte unter 15 Grad. Lediglich in einigen Ballungszentren im Südwesten wurden in der Früh höhere Temperaturen gemessen. Grund dafür ist unter anderem der städtische Wärmeinseleffekt. 

Durch die großräumige Versiegelung in Großstädten wird der Wasserhaushalt gestört. Während über Grünflächen in ländlichen Gebieten an einem trockenen und heißen Sommertag starke Verdunstung stattfindet, ist dieser Effekt innerhalb von Großstädten stark reduziert. Dadurch wird der Verbrauch von Wärmeenergie signifikant verringert. Somit ist die Temperatur bei stabilen, windschwachen Hochdrucklagen im Sommer in den Großstädten oft höher als im Umland. Gleichzeitig wird durch die versiegelten Flächen ein Großteil der einfallenden Solarstrahlung absorbiert, während im ländlichen Gebiet in Abhängigkeit des Vegetationstyps dieser Effekt meist geringer ist. 

So bildet sich in dicht besiedelten Ballungsräumen ein lokales, flaches, thermisches Tiefdruckgebiet aus. Da im Umland der Stadt vergleichsweise höherer Luftdruck vorherrscht, ergibt sich eine Strömung vom Umland in die Stadt. Je nach Bebauung kann dieser Flurwind bis in die äußeren Stadtbereiche vordringen und dort nicht nur für eine Abkühlung, sondern auch für eine bessere Lufthygiene sorgen. Dies ist vor allem in der Nacht der Fall, da zu dieser Zeit die Temperaturdifferenz zwischen Umland und Stadt am stärksten ausgeprägt ist. Dazu tragen die dunklen Oberflächen wie Asphalt bei. Aufgrund ihrer geringen Albedo speichern diese Wärme und geben diese bei Nacht wieder ab. Gleichzeitig kühlt sich das Umland bei klaren Bedingungen in den windstillen Nächten rasch ab. Zusätzlich wird die Lufttemperatur in der Stadt von der anthropogenen Wärmefreisetzung beeinflusst. Emissionen aus Verkehr und Industrie modifizieren nicht nur die Zusammensetzung der Luft, sondern auch deren Temperatur. 

Die staedtische Waermeinsel 1

Schematische Darstellung des Stadtklimas. (Quelle: DWD/Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg)

Der städtische Wärmeinseleffekt konnte in der vergangenen Nacht beobachtet werden. Während die Temperatur in München Stadt heute Morgen um 06 Uhr bei lauen 15,9 Grad lag, kühle es im Umland wesentlich stärker ab. So verzeichnete die Wetterstation in Oberhaching zur selben Zeit eine Temperatur von 11,9 Grad. Bei einer längeren Hitzeperiode und bei windstillen und klaren Bedingungen kann die Temperaturdifferenz in der Früh zwischen Umland und Stadt noch größer ausfallen. Im Extremfall sind dann Temperaturunterschiede von bis zu 10 Grad möglich. 

In Berlin waren die Unterschiede heute Morgen dagegen kaum vorhanden. Sowohl die Station Berlin Alexanderplatz als auch die Station am Berliner Flughafen Schönefeld registrierten rund 16 Grad. Grund dafür war ein relativ starker Nordwestwind, welcher für Durchmischung sorgte und somit die Temperaturunterschiede teilweise ausglich. 

Auch in den kommenden Tagen bleibt uns das ruhige Hochdruckwetter erhalten. Zudem flaut auch der Wind im Nordosten vorübergehend wieder etwas ab, sodass der städtische Wärmeinseleffekt auch in Berlin wieder zu beobachten sein wird. Da sich der Hochdruckschwerpunkt allmählich nach Osten verlagert, steigen die Temperaturen am Wochenende insgesamt an. Somit sind in den Ballungszentren vor allem im Westen und Südwesten vermehrt Tropennächte möglich. Dies wird auch aufgrund der allmählich feuchteren Luftmasse zu einer zunehmenden Wärmebelastung der Stadtbevölkerung führen! 

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Vorhersage der Tiefsttemperatur im Südwesten für das kommende Wochenende. Vor allem in der Nacht zum Montag werden häufiger Tropennächte erwartet. (Quelle:DWD)  

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.06.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Vom Oktobersommer mit Vollgas in den Vollherbst

Die T-Shirts und kurzen Hosen können eingemottet werden. Dafür müssen nur warme Klamotten und eventuell sogar Schal und Mütze aus dem Schrank gekramt werden. Schuld daran ist eine markante Wetterumstellung. Während seit Wochen fast ununterbrochen ungewöhnlich warme Luftmassen in weiten Teilen des Landes vorherrschend waren, erfolgt nun eine 180-Grad-Wende. Schuld daran ist eine markante Kaltfront, zugehörig zu einem Tief über der nördlichen Ostsee, die die sehr warme Luftmasse subtropischen Ursprungs verdrängen konnte. Auf der Rückseite der Kaltfront fließt Meeresluft polaren Ursprungs ein. Die einfließende Luftmasse ist dabei etwa 15 Grad kälter als die Luftmasse der vergangenen Tage.

DWD Vom Oktobersommer mit Vollgas in den Vollherbst

Dies zeigt sich auch deutlich bei den Höchstwerten. Während am Freitag im Süden des Landes der späteste heiße Tag (Höchstwert über der 30-Grad-Marke) der in Deutschland seit Messbeginn jemals registriert wurde, auftrat, reicht es dort am Sonntag maximal noch für Höchsttemperaturen um 15 Grad. Die Spitzenreiter des gestrigen Freitags waren nach derzeitigem Stand Rheinfelden und Müllheim (jeweils Baden-Württemberg) mit 30,1 Grad. In einigen Orten des Südens wurde sogar ein neuer Monatsrekord verzeichnet und das Mitte Oktober, was doch recht ungewöhnlich ist. Der Allzeitoktoberrekord mit 30,9 Grad in Müllheim vom 07.10.2009 wurde dabei nur knapp verfehlt.

Fast noch eindrucksvoller waren die Tiefstwerte der vergangenen Nächte. In der Nacht zum heutigen Samstag lagen die vorläufigen Minima lokal nicht unter der 20-Grad-Marke, was einer Tropennacht entspricht. Beispielsweise war dies in Cottbus (Brandenburg) mit 20,8 Grad, Schipkau-Klettwitz (Brandenburg) mit 20,7 Grad und Dresden-Klotzsche (Sachsen) mit 20,5 Grad der Fall. Dabei ist der Wert aus Cottbus nach derzeitigem Stand das höchste Minimum, das jemals in Deutschland im Oktober gemessen wurde.

Dass der Temperatursturz mit ordentlich Wind einherging, erklärt sich fast von selbst, denn irgendwie müssen die immensen Temperaturunterschiede ja ausgeglichen werden. An und vor der Kaltfront kam es verbreitet zu stürmischen Böen und Sturmböen. An der Küste traten teils auch schwere Sturmböen auf. Die Station Darßer Ort (Mecklenburg-Vorpommern) meldete in der Nacht zum Samstag sogar eine orkanartige Böe mit 112 km/hBft 11. Im Küstenumfeld bleibt der Wind auch in den kommenden Tagen noch stürmisch und weht aus West bis Nordwest. Auch sonst lebt er am Sonntag im Nordosten nochmals deutlich auf. In den anderen Landesteilen bleibt der Wind zwar spürbar, aber bei weitem nicht so kräftig wie in der vergangenen Nacht und heute tagsüber.

Am Sonntag zieht über die Nordosthälfte des Landes ein Höhentief hinweg und sorgt dort für sehr wechselhaftes Wetter samt Regen- und Graupelschauern, die im Umfeld der Küsten mitunter gewittrig sein können. In den anderen Landesteilen macht sich bereits eine schwache Hochdruckbrücke bemerkbar, die von den Britischen Inseln über Mitteleuropa bis in den Balkan reicht. Dabei gibt es einen freundlichen Mix aus Sonne und Wolken, Schauer sind eher selten. Nur am Alpenrand regnet es noch etwas häufiger. Mit 8 bis 15 Grad wird es herbstlich kühl. In der Nacht zum Montag droht dann gebietsweise Luftfrost, weshalb empfindliche Pflanzen nun definitiv ins Warme gebracht werden müssen!

Zum Beginn der neuen Woche beruhigt sich das Wettergeschehen dann verbreitet, denn das Höhentief verabschiedet sich nach Nordosteuropa und Deutschland liegt dann fast vollständig unter der Hochdruckbrücke. Nur im Küstenumfeld bleibt es leicht wechselhaft. Insgesamt bleibt die Luftmasse kühl, sodass die Höchstwerte meist unter 15 Grad liegen werden. Exemplarisch dafür ist im nachfolgenden Bild der Temperaturverlauf für die Städte Frankfurt am Main, Berlin und München dargestellt.

DWD Vom Oktobersommer mit Vollgas in den Vollherbst 1

Der herbstliche Wettercharakter wird außerdem dadurch unterstrichen, dass sich Nebel- und Hochnebelfelder mitunter nur sehr zögerlich auflösen. Inwiefern zur Wochenmitte wieder Tiefdruckeinfluss die Oberhand gewinnt, muss noch abgewartet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt deuten sich allerdings von Südwesten teils länger anhaltende Regenfälle an. Eins ist auf jeden Fall gewiss, der Sommer 2023 ist Geschichte.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst