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Tropisch oder nicht, das ist hier die Frage! – Teil 2

In Teil 1 im Thema des Tages vom 26.08.2025 haben wir die CPS-Diagramme kennengelernt. Mit diesen kann zwischen tropischen und nicht-tropischen Eigenschaften eines Sturms unterschieden werden. Am Beispiel von ALEX soll nun die Entwicklung anhand dieser Diagramme nachvollzogen werden. Wer sich diese als Animation anschauen möchte, kann dies mit untenstehendem Link tun.

Am 7. Januar 2016 bildete sich ein erstes Tief auf dem Atlantik nordwestlich der Bahamas. Im CPS-Diagramm ist dieser Punkt mit einem „A“ gekennzeichnet. Das Tief war als außertropische Zyklone klassifiziert, besaß also einen kalten Kern und ein hohes Maß an Asymmetrie. Im ersten CPS-Diagramm ist es dementsprechend im linken oberen Quadranten verortet.

Tropisch oder nicht das ist hier die Frage

Erstes (links) und zweites (rechts) CPS-Diagramm des Sturms ALEX (2016)

In den nächsten Tagen wanderte es in nordöstliche Richtung weiter. Am 10. Januar hatte das System schon einen flachen warmen Kern ausgebildet (2. CPS-Diagramm rechts unten). Es erreicht sogar Windgeschwindigkeiten von 65 Knoten (~120 km/h), nach der Saffir-Simpson-Skala würde das für einen Hurrikan Stufe 1 reichen. Jedoch zeigte die Struktur noch nicht genügend tropische Eigenschaften. Das sollte sich aber noch ändern.

Durch eine blockierende Atmosphärendynamik änderte sich die Zugrichtung auf Südost. Der Sturm wurde dadurch über einen für diese Jahreszeit ungewöhnlich warmen Ozean gesteuert (Oberflächentemperatur ~23°C). Unter anderem kombiniert mit einer schwachen Windscherung, wurden die Umgebung zunehmend günstiger für die Entwicklung eines tropischen Wirbelsturms.

Am 12. Januar war ALEX offiziell ein subtropischer Sturm, der sowohl tropische als auch nicht-tropische Eigenschaften aufweist. Ab dem 14. Januar 8 Uhr hatte er den Status eines Stufe 1-Hurrikans. In unseren CPS-Diagrammen ist zu erkennen, dass er eine symmetrische Struktur ausgebildet hatte und einen hochreichenden warmen Kern besaß. Die Umwandlung eines außertropischen Sturms in einen tropischen wird übrigens „Tropische Umwandlung“ genannt. Die höchsten Windgeschwindigkeiten von 75 Knoten (~140 km/h) erreichte er etwas später im Tagesverlauf.

Tropisch oder nicht das ist hier die Frage 2

Satellitenbild von ALEX als außertropische Zyklone am 10.01.2016 (links) und als Hurrikan am 14.01.2016 (rechts)

Dann jedoch driftete er zunehmend nach Norden. Dadurch schwächte er sich wieder ab und verlor nach und nach seinen tropischen Charakter. In den CPS-Diagrammen gut nachzuvollziehen, ist erkennbar, wie sein warmer Kern flacher und der Aufbau asymmetrischer wurde (1. CPS-Diagramm, von rechts unten nach rechts oben, 2. CPS-Diagramm andersherum). Danach vollzog sich die „Außertropische Umwandlung“ bis zum Abend des 15. Januar komplett und er war nicht mehr tropisch. Am 17. Januar verschwand er schließlich gänzlich (Verlauf bis zum „Z“ in den Diagrammen).

Zum Glück hielten sich die angerichteten Schäden in Grenzen. Zu Beginn seiner Reise führte er zu Sturm und Regen in Bermuda. Die Azoren hatten am 15. Januar mit Regenfällen und teils schweren Sturmböen zu tun.

Die Entwicklung eines Hurrikans so früh Anfang des Jahres ist sehr ungewöhnlich. Die atlantische Hurrikansaison beginnt eigentlich am 1. Juni und endet am 30. November. Nur eine Handvoll Tropenstürme erreichten im Januar Hurrikanstärke. Ein Beispiel ist der Hurrikan ALICE, welcher sich allerdings am 30. Dezember 1954 bildete und sich über den Jahreswechsel und im Januar 1955 intensivierte.

M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Erst sommerlich, dann regnerisch

Wer gestern Nachmittag im Freien unterwegs gewesen ist, hat oft sommerliches Wetter vorgefunden. Die Temperaturen haben sich nochmal einen Ruck gegeben und es gab durchaus Orte an denen die 30-Grad-Marke erreicht worden ist. Dafür verantwortlich war das Hoch MAREIKE, das diese Erwärmung ermöglicht hat und nun über Südosteuropa liegt. Gleichzeitig befindet sich über dem Atlantik, etwas nordwestlich von Irland der ehemalige Hurrikan „Ex-ERIN“. Zwischen diesen Druckgebilden wird auch heute noch aus Südwesten warme Luft herangetragen. Für die heutigen Tageshöchsttemperaturen bedeutet dies, dass es verbreitet einen Sommertag geben wird, also 25°C erreicht werden. Vereinzelt können es auch 30°C werden. Der äußerste Norden muss sich mit etwas kühleren Temperaturen begnügen. Der Temperaturtrend zeigt aber auch allgemein in den nächsten Tagen nach unten.

Doch darf man nicht außer Acht lassen, dass die einfließende Luftmasse sehr feucht ist. Ihnen ist bestimmt nicht entgangen, dass die letzte Nacht deutlich wärmer war als die am Wochenende. Das hängt damit zusammen, dass die Taupunkte gestiegen sind und es dadurch nicht so stark auskühlen kann.

Zudem sind deutlich mehr Wolken unterwegs und es steht ein regnerischer Wetterabschnitt bevor. Dieser beginnt damit, dass aus Südwesten schauerartige Regenfälle aufziehen. Teilweise sind diese auch gewittriger Natur und gehen einher mit Starkregen, stürmischen Böen und kleinkörnigem Hagel. In der Nacht zum Donnerstag weitet sich diese Gewittertätigkeit bis in die mittleren oder sogar nordöstlichen Landesteile aus. Etwa ab der zweiten Nachthälfte kommt aus Südwesten zusammen mit einer Kaltfront ein weiterer Schwall an Niederschlägen heran. Durch den hohen Feuchtegehalt der Luftmasse ist dann insbesondere im Südwesten Baden-Württembergs mit (mehrstündigem) Starkregen zu rechnen. Das ICON-D2-Ensemble zeigt dort zudem eine Wahrscheinlichkeit (bis zu 30%) für über 35mm Regen in sechs Stunden. Das bedeutet nach den Kriterien des Deutschen Wetterdienstes Unwetter!

Am morgigen Tag kommen das Regenband bis in den Nordosten Deutschlands voran. Schauerartig verstärkte Regenfälle, die teilweise auch mit Gewittern gespickt sind, treten besonders in einer Linie von Baden-Württemberg über Franken, Thüringen, Sachsen-Anhalt bis nach Mecklenburg-Vorpommern auf. Der Fokus liegt dabei sicherlich auf dem Starkregen. Eine gewisse Unwettergefahr besteht diesbezüglich erneut, wobei die genaue Lage der intensivsten Regenfälle noch unsicher ist.

Im Laufe des Abends beziehungsweise in der Nacht zum Freitag wandert der nördliche Teil der, immer noch teils kräftigen, Niederschläge nach Nordosten. Der südliche Teil nach Südosten. Von den Benelux-Ländern, aber auch aus der Schweiz heraus kommen abermals kräftige Niederschläge nach Deutschland herein. Diese ziehen über den Nordwesten beziehungsweise den Süden des Landes.

Erst sommerlich dann regnerisch

Gesamtregenmengen des ICON-D2-Modells von heute, 27.08.2025 11 Uhr bis Freitag, 29.08.2025 8 Uhr

Danach wird es voraussichtlich wechselhaft weitergehen, somit sind die sommerlichen Temperaturen passé. Dafür kann man sich vorerst eher nicht über mangelnde Spannung im Wettergeschehen beklagen! Wem diese nassen Aussichten dennoch nicht reichen, kann einen Blick in die Alpen werfen. Durch die permanente Anströmung der Berge wird die Luft regelrecht „ausgequetscht“ und dabei können in den nächsten Tagen immense Mengen (nach ICON-D2 stellenweise >200mm bis Freitagmorgen) zusammenkommen.

Meteorologe M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.08.2025

 

Tropisch oder nicht, das ist hier die Frage! – Teil 1

In den letzten Wochen ist der Name „ERIN“ immer wieder in den Themen des Tages aufgetaucht. Anfangs ein tropischer Wirbelsturm, der sogar zeitweise als ein Hurrikan der Stufe 5 kategorisiert worden war, ist er inzwischen bekannt als „Ex-ERIN“. „Ex“, weil er nun nicht mehr tropisch ist. Da stellt sich doch die Frage, woran das festgemacht wird?

Dieser Frage soll im heutigen Thema des Tages mit Hilfe von sogenannten CPS-Diagrammen etwas nachgegangen werden. CPS steht dabei für „Cyclone-Phase-Space“ (zu Deutsch: Zyklonen-Phasenraum). Ein solches Diagramm besteht eigentlich aus zwei einzelnen Diagrammen. Ein Beispiel für den Sturm ALEX aus dem Jahr 2016 ist unten zu finden.

Tropisch oder nicht das ist hier die Frage 1

erstes CPS-Diagramm des Sturms ALEX (2016)

Um diese Darstellung „lesen“ zu können, muss man wissen, dass sich der Aufbau tropischer und nicht-tropischer Stürme fundamental unterscheidet. Die in unseren Breiten auftretenden Systeme, lassen sich dadurch erkennen, dass sie ein Frontensystem haben. Das heißt uns wohl bekannte Kalt- und Warm- (und Okklusions-)fronten sprießen aus dem Tief heraus. Ihr Aufbau ist dementsprechend stark geprägt von asymmetrischen, warmen und kalten, Bereichen, die um den Tiefkern herumwandern. Und da wären wir direkt beim nächsten Merkmal: Dem Kern. Das Gebiet mit dem niedrigsten Bodendruck wird Kern genannt. Die dort herrschende Temperatur ist in solch einem System geringer als drumherum.

Im Kontrast dazu stehen die tropischen Eigenschaften. Diese zeichnen sich durch eine hohe „Rotationssymmetrie“ aus. Das heißt, sie haben einen kreisrunden Aufbau um das Zentrum herum, in dem sich das sogenannte „Auge“ des Sturms befindet. Zugleich besitzen tropische Wirbelstürme einen warmen Kern.
Zurück zu unserem CPS-Diagramm (Bild 1). Auf der y-Achse befindet sich der B-Parameter. Allgemein beschreibt er das Maß an Asymmetrie, das das System besitzt. Je höher dieser Wert, desto frontaler ist der Aufbau. Auf der x-Achse befindet sich ein Parameter, der angibt, wie warm der Kern in der unteren Troposphäre ist. Hier gilt, je kleiner der Wert, desto kälter der Kern.

Mit diesen Informationen, können wir nun vier Bereiche unterscheiden, die durch die breiten grauen Streifen voneinander getrennt sind. Links oben befinden sich asymmetrische Systeme mit kaltem Kern, also unsere außertropischen Zyklone. Rechts unten befinden sich die tropischen Stürme, die einen warmen Kern und einen symmetrischen Aufbau besitzen. Die anderen beiden Bereiche sind Mischformen, sogenannte Hybridzyklonen, die sowohl tropische als auch außertropische Merkmale besitzen.

Das zweite dazugehörige Diagramm (Bild 2) zeigt auf der x- und y-Achse die Temperatur des Kerns. Der Unterschied ist, dass auf der y-Achse die höhere Troposphäre betrachtet wird, auf der x-Achse die untere. Hinter dieser Idee steckt, dass man somit darstellen kann, ob der Sturmkern auch in größerer Höhe stark ausgeprägt ist. Eine erneute Kategorisierung bringt: Rechts oben einen hochreichenden und rechts unten einen nur flachen warmen Kern. Dementsprechend links unten einen hochreichenden und links oben einen flachen kalten Kern.

Tropisch oder nicht das ist hier die Frage 2

zweites CPS-Diagramm des Sturms ALEX (2016)

Wenn Sie mögen, können Sie nun schon einmal anhand der beiden Diagramme versuchen, den Verlauf der Eigenschaften des Sturms ALEX nachzuvollziehen. Hierbei markiert „A“ den Startzustand in der Nähe von Florida und „Z“ das Ende der Zugbahn südlich von Grönland. Mit dem untenstehenden Link, können Sie sich auch durch den Lebenszyklus klicken. Eine Fortsetzung und Erklärung anhand dieses Sturms wird es aber im Laufe der nächsten Tage geben.

M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst