Noch herrscht Hoch ZEUS, doch das Gewittertief FINJA nimmt Fahrt auf!

Am heutigen Sonntag weilt Hoch ZEUS über Norddeutschland und kann von dort über weite Teile Deutschland nahezu uneingeschränkt dominieren. Ein paar Schwachstellen hat ZEUS aber auch. So können vor allem im Nordosten Wolkenpakte mit kurzen Schauern in seinen Hoheitsbereich eindringen. Gleichermaßen drückt das Tief FINJA, derzeit noch über Südwestfrankreich gelegen, warme und feuchte Luft in den Alpenraum, sodass auch hierzulande ab dem Nachmittag am Alpenrand kurze Schauer und Gewitter möglich sind. Ansonsten sorgt Hoch ZEUS bei Temperaturen zwischen 16 Grad im Nordosten und 27 Grad am Oberrhein für viel Sonnenschein.

Zur neuen Woche verschieben sich die Machtverhältnisse beim Wetter signifikant. Hoch ZEUS schwächelt zusehends, verlagert seinen Schwerpunkt zum Baltikum und gibt so den mitteleuropäischen Raum frei. Diesen erobert rasch FINJA, indem es von Südwestfrankreich nordostwärts über Belgien und dem Emsland hinweg zur Nordsee zieht. Auf der Vorderseite hat FINJA auch wieder sehr warme Luft im Gepäck, während auf der Westflanke erwärmte Polarluft über Frankreich südwärts geführt wird. Die Luftmassengrenzen bilden dabei eine Warm-Kaltfrontkombi. Während die Warmfront von Tief FINJA schon am Montagmorgen von Südwesten auf Deutschland übergreift, drängt die Kaltfront erst ab dem Abend von Westen ins Land.

Bei dem Gewittertief FINJA steht aufgrund der zeitlichen Nähe ein Vergleich zum Unwettertief EMMELINDE im Raum. Wird zunächst die Zugbahn in den Fokus genommen, so sind die Ähnlichkeiten recht hoch. Das EMMELINDE zog von den Pyrenäen in den Süden der Niederlande, um dann nach Nordosten in die Ostsee abzudrehen. FINJA soll den Modellen nach ebenfalls vom Westrand der Pyrenäen über Belgien und das Grenzgebiet Deutschland/Niederlande hinweg führen, aber dann anstatt nach Osten in die Nordsee abdriften. Bei beiden Tiefs liegen oder lagen somit weite Teile des Landes auf der Ostflanke in der feuchtwarmen Luft.

Um nun aber mehr über die Gewitteraktivität und -intensität zu erfahren, müssen wir uns mit den schon häufiger im Thema des Tages beschriebenen Gewitterzutaten beschäftigen. Demnach benötigt es für die Entwicklung ausreichend Feuchte, eine labil geschichtete Atmosphäre und Hebung, das heißt, die Luft muss kräftig aufsteigen.

Als erste wichtige Zutat sollen dann auch gleich die Hebungsprozesse im Fokus stehen. In diesem Zusammenhang wollen wir uns mit einem Blick in das 500 hPa Niveau, also eine Höhe von etwa 5500 Meter Höhe begnügen. In Lage, Ausprägung und Verlagerung abweichende Höhenstrukturen sorgen schließlich dafür, dass die Hebungsimpulse von EMMELINDE und FINJA verschieden intensiv ausfallen. Während bei EMMELINDE viele Faktoren harmonisierten und interagierten, passt das Puzzle bei FINJA nicht so gut zusammen. Auch bei Betrachtung der Labilität in der Troposphäre kann FINJA nicht bei dem kräftigen Gewittertief EMMELINDE vom vergangenen Freitag mithalten. Allenfalls bei dem Feuchtegehalt der Atmosphäre und der verfügbaren, konvektiv potentiellen Energie sind vergleichbare Werte zu verzeichnen, die sich aber in der räumlichen Einordnung unterscheiden. Der Blick auf das Gewittergewürz Windscherung bringt ebenfalls größere Abweichungen. Vor allem die hochreichende Windscherung (0 bis 6 km) soll bei FINJA signifikant schwächer ausfallen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass auch Tief FINJA das Potential für ein kräftiges Gewittertief hat. Allerdings kann FINJA bei nahezu allen Parametern nicht mit EMMELINDE vom vergangenen Freitag mithalten. Nach derzeitigem Stand besteht dennoch vor allem von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie dem Saarland über Bayern und Hessen hinweg bis nach Mitteldeutschland regional erhöhte Unwettergefahr durch heftigen Starkregen, größeren Hagel und schwere Sturmböen.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.05.2022

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DWD Noch herrscht Hoch ZEUS doch das Gewittertief FINJA nimmt Fahrt auf

Das Werk der EMMELINDE

Bereits im Vorfeld wurde von den Meteorologen auf die unwetterträchtige Gewitterlage am gestrigen Freitag und in der Nacht zum Samstag hingewiesen. Gewittertief EMMELINDE zeigte in den Vorhersagekarten in den Gewitterparamatern deutliche Anzeichen für eine Schwergewitterlage, zumal es auch dynamisch durch ein in der Höhe ausgeprägten Kurzwellentrog Unterstützung bekommen sollte. So entwickelte sich EMMELINDE am Freitag über Frankreich, zog bis zum Abend über Benelux hinweg ins Emsland und in der Nacht über Vorpommern weiter zur polnischen Ostseeküste. Auf diesem Weg sorgte das Tief lokal für größeren Hagel, Orkanböen und heftigen Starkregen.

Beim Hagel gab es im Westen und Südwesten Deutschlands einige Meldungen von Korngrößen zwischen 2 und 5 cm, vor allem im Zusammenhang mit sogenannten Superzellen (starke und rotierende Gewitterzellen). Lokal dürften auch Korngrößen von etwas mehr als 5 cm dabei gewesen sein, wie einige der zahlreichen und hilfreichen Nutzermeldungen nahelegen, die uns via App erreichten. Bei solchen Korngrößen gibt es üblicherweise durchgeschlagene Auto- oder Fensterscheiben und leider nehmen auch Pflanzen Schaden. Für Andernach bei Koblenz (Rheinland-Pfalz) liegen zudem Berichte über größere Hagelansammlungen vor.

Bezüglich des Starkregens lässt sich feststellen, dass örtlich zwar größere Regenmengen in kurzer Zeit fielen (siehe mittlerer Teil der Grafik). Aufgrund der recht schnellen Verlagerung des Tiefs bzw. der Gewitter regneten sich die in den Wolken sehr großen Wassermassen diese Mal aber nicht über längere Zeit an einem Ort aus. Mit 30 bis 40 Liter pro Quadratmeter schütte es Radarauswertungen zufolge innerhalb einer Stunde stellenweise aber dennoch genug, um für Überschwemmungen und vollgelaufene Keller zu sorgen. Medienberichte zufolge starb dadurch in Rheinland-Pfalz leider sogar ein Mann, als er beim Betreten seines vollgelaufenen Kellers einen Stromschlag erlitt, dadurch stürzte und mit dem Kopf aufschlug. Hier die Top 3 der gemessenen stärksten Niederschläge aus dem DWD-Stationsnetz:

1. Ratingen-Homberg (NRW): 33 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde um 16 Uhr MESZ 2. Eimen-Vorwohle (Niedersachsen): 31 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde um 19 Uhr MESZ 3. Edelsfeld (Bayern): 31 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde um 20 Uhr MESZ

Beim Wind liegen bei den ganz starken Böen nur wenige Meldungen mit orkanartigen Böen (Bft 11) vor. Hier die Top 3:

1. Oschatz (Sachsen): 113 km/h (Bft 11) um 23 Uhr MESZ 2. Brocken (Sachsen-Anhalt): 107 km/h (Bft 11) um 2 Uhr MESZ 3. Wunsiedel-Schönbrunn (Bayern): 106 km (Bft 11) um 20 Uhr MESZ

Liest sich dies bis hierhin als eher noch normale Schwergewitterlage, so hieven die aufgetretenen Tornados in den zahlreichen Superzellen das Maß über das Normale hinaus. Mindestens drei Tornados lassen sich am heutigen Samstagmorgen bereits bestätigen, alle traten in NRW auf. Davon betroffen waren die Städte Lippstadt (etwa gegen 16.35 Uhr MESZ) und Paderborn (etwa gegen 17.10 Uhr MESZ) in Ostwestfalen sowie Lütmarsen (etwa gegen 18 Uhr MESZ), einer kleinen, zur Stadt Höxter gehörenden Ortschaft im Weserbergland (siehe rechter Teil der Grafik). Die dabei aufgetretenen Windstärken müssen anhand der Schadensbilder zwar erst noch verifiziert werden, mehr als 118 km/h (Orkanböe, Bft 12) sind lokal aber wahrscheinlich. Bei den Tornados kam es nicht nur zu große Schäden, sondern auch zu zahlreichen Verletzten. Darüber hinaus gibt es einige weitere Tornado-Verdachtsfälle.

Und wie geht es weiter mit dem Wetter? Am heutigen Samstag kehrt erst einmal Ruhe ein, da Tief EMMELINDE bereits unsere Gefilde verlassen hat. So wirft das neue (göttliche?) Hoch ZEUS meist nicht mit Blitzen um sich, sondern regiert auch noch am morgigen Sonntag. Am Montag allerdings folgt das nächste Gewittertief namens FINJA, das aber vermutlich nicht mit ganz so starken Gewittern einhergeht wie am gestrigen Freitag.

Dipl.-Met. Simon Trippler

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.05.2022

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DWD Das Werk der EMMELINDE

Ausblick auf die Hurrikansaison 2022

Tropische Wirbelstürme bilden sich im Bereich des Atlantischen Ozeans üblicherweise zwischen Anfang Juni und Ende November, weswegen die Dauer der atlantischen Hurrikansaison vom National Hurricane Center (NHC) der USA den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. November festgelegt wurde. Der offizielle Beginn nähert sich daher mit großen Schritten. Eine subtropische oder tropische Zyklogenese ist jedoch jederzeit möglich, wie in der Saison 2021, als sich der Tropensturm Ana am 22. Mai formierte. 2021 war gar das siebte Jahr in Folge, in dem sich ein Sturm schon vor dem vorgesehenen Saisonbeginn bildete.

Die ersten saisonalen Vorhersagen für die diesjährige Hurrikansaison wurden im April veröffentlicht. Die Prognosen der Colorado State University gehen von einer weiteren aktiven und somit arbeitsreichen Sturmsaison in den tropischen Regionen des Atlantiks aus. Das würde bedeuten, dass 2022 das siebte Jahr in Folge sein wird, in dem die Aktivität der tropischen Wirbelstürme im Atlantik und in der Karibik überdurchschnittlich hoch sein wird. Im langfristigen Durchschnitt bringt eine Wirbelsturmsaison normalerweise 14 benannte Stürme, davon sieben Hurrikans, von denen wiederum drei eine größere Intensität (Kategorie 3 oder höher) erreichen. Zur Erinnerung: Die Wirbelsturmaktivität 2021 brachte hingegen 21 Stürme und 7 Hurrikane hervor, wovon sich wiederum 4 (Grace, Ida, Larry und Sam) zu schweren Hurrikane mauserten. Den Prognosen der Colorado State University nach könnte die atlantische Hurrikansaison 2022 mit etwa 19 benannten tropischen Systemen verlaufen. Daraus wiederum könnten 9 zu Hurrikane und davon wiederum 4 zu schweren Hurrikane heranreifen.

Ein Hauptgrund für die erwartete rege Tätigkeit wird ähnlich wie in den Jahren 2020 und 2021 in dem sich voraussichtlich im Sommer an Stärke gewinnenden La Nina Phänomen gesehen. La Nina ist ein Teil des großräumigen Zirkulationssystems El Nino Southern Oscillation (kurz: ENSO; siehe https:/t1p.de/2djh) über dem östlichen tropischen Pazifik. Jenes System wechselt zwischen kalten und warmen Phasen. Die tropischen Passatwinde (das sind die östlichen Winde, die die Erde in der Nähe des Äquators umkreisen) lösen in der Regel eine bestimmte Phase aus oder beenden sie, da sie das oberflächennahe Wasser des Ozeans vermischen und die Meeresströmungen verändern. Die periodische Abkühlung der tropischen Ozeane des Ost- und Zentralpazifiks wird als La Nina bezeichnet. Das Gegenteil, die warme Phase, wird als El Nino bezeichnet. Jede dieser beiden ENSO-Phasen hat einen anderen Einfluss auf das tropische Wetter und auch darüber hinaus.

Apropos Einfluss auf die Hurrikansaison im Atlantikbecken: La Nina ist nicht nur förderlich für eine regere Sturmsaison, sondern auch für intensivere, größere Hurrikane der Kategorie 3 oder höher. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die vertikale Windscherung (Richtungs- und Geschwindigkeitsänderung mit der Höhe) geringer ist und die Atmosphäre instabiler ist. Im Gegensatz dazu entwickeln sich im östlichen Pazifik weniger Hurrikane, da hier eine stärkere Windscherung herrscht.

Förderlich für die diesjährige Wirbelsturmaktivität sind auch die bereits in weiten Teilen der tropischen Regionen des Mittel- und Westatlantiks aktuell wärmeren Meeresoberflächentemperaturen im Vergleich zum Mittel, insbesondere in der Golfregion und in der Karibik (siehe Abbildung der Anomalien der Meeresoberflächentemperaturen im Atlantik). Ein großer Teil des Golfs von Mexiko ist sogar viel wärmer als im Durchschnitt, weshalb sehr viel Feuchtigkeit in die Great Plains und den Mittleren Westen vordringt, was in letzter Zeit zu Unwettern geführt hat. Dieser Zustand entspricht genau dem, was normalerweise vor einer aktiven atlantischen Hurrikansaison zu beobachten ist. Die Prognosen gehen zudem davon aus, dass in diesen Gewässern von August bis Oktober annähernd normale bis überdurchschnittliche hohe Meerestemperaturen erwartet werden. Dieser Umstand würde während des Höhepunkts der Hurrikansaison von Mitte/Ende August bis in den September hinein tropische Entwicklungen bedeutend unterstützen.

Für die Prognose der tropischen Sturmsaison gilt es auch die Augen auf das Wetter in Westafrika zu richten. Dort entstehen die tropischen Wellen, die in den östlichen Atlantik auslaufen. Fast 85% dieser Wellen führen zu organisierter Konvektion über dem Atlantischen Ozean, die sich zu tropischen Tiefdruckgebieten oder Stürmen weiterentwickeln. Auch in diesem Jahr werden für Westafrika starke Winde vorhergesagt, so dass mit einer Reihe von tropischen Wellen zu rechnen ist, die nach Westen ziehen.

Einer der auffälligsten Teile der saisonalen Vorhersage für die bevorstehende Hurrikansaison ist die weit über 70 prozentige Wahrscheinlichkeit, dass ein großer Hurrikan an der Küste der Vereinigten Staaten sowie in der Karibik landet. Man bedenke, dass in einer typischen Saison die Wahrscheinlichkeit, dass das US-Festland getroffen wird, etwa 50 Prozent beträgt. Bleibt also zu hoffen, dass so viele Wirbelstürme wie möglich über Wasser bleiben, fernab von bewohnten Gebieten.

M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.05.2022

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DWD Ausblick auf die Hurrikansaison 2022

Heißer Sommer im Anmarsch?

Saisonale Klimavorhersagen geben eine Prognose darüber ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit die kommenden Monate wärmer/kälter oder auch trockener/feuchter als im langzeitlichen Mittel werden. Die Kombination von numerischen Vorhersagen für die zukünftige Periode mit zusätzlichen Vorhersagen aus der Vergangenheit erlaubt eine gewisse statistische Bewertung der Prognosen und die Ableitung von Trendaussagen auf Basis einer Klimatologie. Damit unterscheiden sich die saisonalen Klimavorhersagen grundlegend von der Wettervorhersage, welche Aussagen über detailliertes Wettergeschehen der nächsten Stunden bis Tage trifft.

Bei einer Prognose über einen Zeitraum von mehreren Monaten sind zudem alle Komponenten des Klimasystems zu berücksichtigen: nicht nur die Troposphäre, sondern auch u.a. die Stratosphäre, die Landoberfläche sowie der Ozean und das Meereis.

Ein solches Beispiel für einen möglichen Vorhersageparameter oder auch Prädiktor für die sommerliche Zirkulation könnte die Stratosphären-Troposphären-Kopplung im Frühjahr liefern, wie neue Studien nahelegen. Dabei wird zur Vorhersage der sommerlichen Nordatlantischen Oszillation (SNAO) mit der Erfahrung bzw. Statistik der letzten Jahrzehnte (Hindcast oder nachträgliche Vorhersage mit Klimadaten) agiert. Der primäre Prädiktor ist die Ausprägung des Nordatlantischen Jetstreams im März, die mit dem Index der sommerlichen nordatlantischen Oszillation mit einem Korrelationskoeffizienten von 0,66 über den Zeitraum 1979-2018 korreliert hat. Demnach soll ein stark ausgeprägter nordatlantischer Jetstream im März (ausgedrückt über den mittleren zonalen Wind in den mittleren Breiten des Nordatlantik) mit mehr sommerlichen Großwetterlagen NAO positiv korrelieren, d.h. grob gesagt hoher Luftdruck über den Azoren und tiefer Luftdruck bei Island. Im Sommer führte dieser Umstand stromab, also auch über Mittel- und Westeuropa dazu, dass es bei einem sommerlich allgemein stärker mäandrierenden Jetstream vorderseitig häufiger zum Zustrom sehr warmer Luftmassen kommen könnte.

Der beiliegenden Grafik ist die Prognose der mittleren Abweichung der 2 m-Temperatur als Prognose für die Monate Juni, Juli und August (EZMWF Reading) zu entnehmen. Über weiten Teilen Europas wird eine deutlich positive Abweichung sichtbar, die in diesem Jahr mit einer starken Ausprägung des Nordatlantik-Jetstreams bis Mitte März, also vor der finalen Stratosphärenerwärmung korreliert.

Die Kopplung zwischen Stratosphäre und Troposphäre im Frühjahr (z. B. nach einer finalen oder späten Stratosphärenerwärmung) spielt eine wichtige Rolle bei der erweiterten Vorhersagbarkeit vom Frühjahr bis zum Sommer, im Gegensatz zu der allgemeinen Erkenntnis, dass diese dynamische Kopplung außerhalb der Wintersaison relativ inaktiv ist. Diese Ergebnisse könnten gute Aussichten für eine sommerliche saisonale Vorhersage des nordhemisphärischen Klimas bieten, die vor allem dem Energie- und Gesundheitssektor aber auch der Landwirtschaft zugutekommt.

Weitere Forschungen und Studien in dieser Hinsicht sind erforderlich, um die beschriebenen Ergebnisse zu verstetigen.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.05.2022

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DWD Heisser Sommer im Anmarsch

Es droht Ungemach

Schwergewitterlagen sind im Mai an und für sich nicht völlig außergewöhnlich. Die aktuelle Luftmasse bietet aber für die jahreszeitlichen Verhältnisse sehr viel Zündstoff. Dies macht sich schon alleine durch die heutigen (18.5.2022) und morgigen (19.5.2022) Höchsttemperaturen bemerkbar, die verbreitet bei etwa 30 Grad, im Süden sogar teils bis 34 Grad liegen. Gleichzeitig wird an der westlichen Flanke eines ausgeprägten Hochs über Osteuropa sehr feuchte Luft aus südlicher Richtung herantransportiert.

Am morgigen Donnerstag gerät diese Luftmasse in den Einflussbereich einer Bodentiefentwicklung über Nordwestdeutschland und wird dadurch “aktiviert”. In den Nachmittagsstunden bilden sich in der Nordwesthälfte Deutschlands teils heftige Gewitter. Dabei deuten einige Modelle die Möglichkeit einer geschlossenen Gewitterlinie an, die im Laufe des Abends und der Nacht ostwärts zieht. Andere Modelle wiederum präferieren die Bildung einzelner, aber sehr starker Gewitterzellen. Das größte Schadenspotential geht dabei einmal mehr von auftretendem Starkregen aus. Die Luftmasse ist, wie bereits schon angedeutet, ausgesprochen feucht mit bis zu 40 Litern pro Quadratmeter Wassergehalt in einer gedachten Säule in der darüberliegenden Atmosphäre. Diese Mengen können dann entsprechend auch innerhalb kurzer Zeit als Starkregen fallen, womit man schon das extreme Unwetterkriterium erfüllen würde. Neben dem Starkregen können aber auch lokal heftige Fallböen mit Sturm- oder Orkanstärke auftreten. Insbesondere im Falle einer organisierten Gewitterlinie ist hier die Gefahr ziemlich groß, dass entlang dieser Linie heftige Windgeschwindigkeiten auftreten, möglicherweise sogar im dreistelligen km/h-Bereich, das heißt Windstärke Beaufort 11. Auch größerer Hagel lässt sich nicht ausschließen, hier ist die Gefahr besonders bei einzelstehen Zellen beziehungsweise Superzellen erhöht. Diese Gewitter halten bis in die Nacht zum Freitag hinein an und schaffen es dabei bis in die Mitte des Landes, bevor sie dann am Freitagmorgen abklingen.

Richtig “böse” wird es aber am Freitag. Dann zieht ab Mittag ein neues, diesmal noch deutlich stärker ausgeprägtes Tief voraussichtlich aus Richtung Niederlande über die nördliche Mitte Deutschlands ostwärts. Gleichzeitig bietet die Luftmasse die gleichen, oder sogar noch geeignetere Voraussetzungen als am Vortag. Bedingt durch das Tief kommen aber noch deutlich erhöhte Scherungswerte hinzu. Einerseits erhält man durch die bodennahe Winddrehung deutlich erhöhte Richtungsscherung, andererseits nimmt mit dem Tief auch der Wind in der Höhe rasch deutlich zu. Bereits in einem Kilometer Höhe liegen die Windgeschwindigkeiten hier teils bei über 100 Kilometern pro Stunde. Die Quintessenz: Es sind alle Zutaten für ausgesprochen heftige und organisierte Gewitterentwicklungen, insbesondere für Superzellen, vorhanden. Insbesondere bei der Entwicklung von Superzellen sind die Zutaten für alle denkbaren Begleiterscheinungen vorhanden. Einerseits wäre da zunächst einmal mehr der extrem heftige Starkregen mit über 40 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde. Denkbar ist hier, dass bei mehrstündiger Andauer des Starkregen örtlich Mengen der Größenordnung 100 Liter pro Quadratmeter fallen können. Weiterhin ist die Gefahr von auftretenden Fallböen in Orkanstärke, den sogenannten Downbursts, deutlich erhöht. Oft geht damit auch großer Hagel einher, das bedeutet in diesem Falle Hagelkorngrößen von bis zu 5 Zentimetern. Schlussendlich ist auch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Tornados deutlich erhöht. Die Zutaten von niedriger Wolkenuntergrenze, bodennah sehr hohen Scherungswerten und ebenfalls sehr hohen Werten der sogenannten sturmrelativen Helizität (für die Experten unter unseren Lesern: diese liegen laut Modellen teils bei über 300 m²/s²) sind alle in ausreichender Menge vorhanden.

Nicht außer Acht gelassen soll auch das Szenario der Bildung eines mesoskaligen konvektiven Systems (kurz: MCS). Dabei handelt es sich um einen riesigen Gewitterkomplex, der sich in seiner Dynamik mehr oder weniger verselbstständigt. Hauptaugenmerk hierbei sind vor allem auftretende Sturm- und Orkanböen sowie langanhaltender starker Regen, der entsprechend für Überflutungen sorgen kann.

Vieles an der Entwicklung, von der größere Teile Deutschlands morgen und am Freitag mehr oder weniger betroffen sein werden, ist aber – wie so oft – noch unsicher. Insbesondere am Freitag hängt alles an der Art und Weise der Ausprägung sowie der genauen Zugbahn des verantwortlichen Tiefs. Es bleibt also ausgesprochen “spannend” und es ist geboten, die Wetterentwicklung der nächsten 48 bis 60 Stunden mit erhöhter Aufmerksamkeit zu verfolgen.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.05.2022

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DWD Es droht Ungemach

 

Nach den Gewittern ist vor den Gewittern

Am gestrigen Montag (16.05.2022) gab es in Deutschland die erste großräumige Gewitterlage dieses Jahres. Verantwortlich dafür war Tief BORA. Es sorgte dafür, dass eine feuchtwarme Luftmasse zunächst in den Westen und Südwesten, später auch weiter östlich einfließen konnte. Durch den hohen Feuchte- und Energiegehalt der Luftmasse bildeten sich einige teils heftige Schauer und Gewitter. Insbesondere war dies entlang einer Konvergenzzone der Fall, denn dort floss die Luft aus unterschiedlichen Richtungen zusammen und wurde zum Aufsteigen gezwungen. Die Konvergenzzone, und mit ihr die Gewitter, verlagerte sich dabei nur langsam nordostwärts. Heftiger Starkregen war die Folge.

Beispielsweise fielen in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) zwischen 14 Uhr und 16 Uhr 39 l/qm. In Mühlheim-Kärlich (Rheinland-Pfalz) nordwestlich von Koblenz gab es sogar 37 l/qm in nur einer Stunde (17-18 Uhr) und auch in Pegau (Sachsen) südwestlich von Leipzig wurde mit 30 l/qm zwischen 20 und 21 Uhr das Unwetterkriterium für Gewitter mit heftigem Starkregen (mehr als 25 l/qm in einer Stunde) erfüllt. Auch sonst reichte es laut Radar punktuell für Mengen über 25 l/qm in einer Stunde, oder über 40 l/qm in mehreren Stunden.

In der vergangenen Nacht erfolgte etwa entlang der Elbe ein Übergang der Schauer und Gewitter in teils kräftigen, mitunter noch gewittrig durchsetztem Regen. Die höchsten Niederschlagsmengen wurden vom Alten Land bis zur Schleswigschen Geest und von der Leipziger Tieflandsbucht bis zum Lausitzer Bergland gemessen. Dort fielen von gestern Abend bis heute Morgen (17.05.2022) oftmals zwischen 10 und 25 l/qm in 12 Stunden.

Heute beruhigt sich in weiten Teilen das Wettergeschehen, denn Hoch YANNIS mit Schwerpunkt über Nordeuropa weitet seinen Einfluss auf Deutschland aus. Lediglich in Teilen der östlichen Mitte lagert noch eine feuchtere und leicht instabil geschichtete Luftmasse, sodass es dort heute Nachmittag noch zu teils starken Gewittern kommt. Die Unwettergefahr durch heftigen Starkregen ist jedoch gering.

Am Mittwoch liegt der Schwerpunkt des Hochs dann über dem östlichen Mitteleuropa und an seiner Westflanke kann somit eine sehr warme Luftmasse mit Ursprung im Mittelmeerraum angezapft werden und es bleibt meist trocken. Nur am unmittelbaren Alpenrand und im Emsland besteht ein geringes Schauerrisiko.

Am Donnerstag wird die Luftmasse dann immer feuchter und zunehmend labil. Besonders im Westen und Nordwesten drohen am Nachmittag und Abend unwetterartige Gewitter mit heftigem Starkregen, Hagel, Sturmböen und einer hohen Blitzfrequenz. Auch im Schwarzwald und am Alpenrand sind kräftige Gewitter möglich. Die Gewitter schwächen sich in der Nacht nur langsam ab. Örtlich sind dann wieder Regenmengen von 20-40 l/qm in einer Stunde oder etwas mehr möglich.

Am Freitag besteht dann voraussichtlich über der nördlichen Mitte und dem Norden deutlich erhöhtes Unwetterpotential. Allerdings muss die genaue Zugbahn des dafür verantwortlichen Gewittertiefs noch abgewartet werden. Es brodelt auf jeden Fall in der Wetterküche und Spannung ist mehr als geboten.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.05.2022

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DWD Nach den Gewittern ist vor den Gewittern

 

 

Von Schwachstellen, Starkregen und schweißtreibenden Aussichten

YANNES – ein ausladendes Hochdruckgebiet prangt derzeit auf der Wetterkarte über dem Nordmeer. Gute Voraussetzungen eigentlich für einen wettertechnisch ruhigen Start in die Woche. Eigentlich… Denn schaut man etwas genauer hin, offenbart sich an der Südwestflanke von YANNES eine Schwachstelle, und genau diese “Unperfektheit” ist quasi das Zünglein an der Waage, weshalb der heutige Montag eben doch etwas turbulenter wird. Denn in diese Schwachstelle “bohrt” sich eine Tiefdruckrinne, die beste Bedingungen für eine ganz passable Gewitterlage schafft.

In der Tiefdruckrinne bildet sich eine sogenannte Konvergenz aus, eine Linie, in der Luft aus zwei Richtungen aufeinandertrifft: Nördlich der Konvergenz fließt mit östlichen Winden relativ trockene Luft aus dem Hoch in den Nordosten Deutschlands. Süd-/südwestlich der Konvergenzlinie strömt hingegen aus westlicher Richtung zunehmend feuchte Subtropikluft ostwärts.

Der hohe Feuchtehalt bietet einen hervorragenden Nährboden für Starkregen-Gewitter. Allerdings zieht die oben erwähnte Tiefdruckrinne und damit auch die Gewitter Richtung Nordosten (zwar nicht super schnell, aber immerhin ist ein bisschen Bewegung in der Sache). Dadurch ist mit einer verbreiteten Schwergewitterlage nicht zu rechnen, wenngleich sicherlich einzelne Gewitterzellen unsere Unwetterschwelle (>25 l/qm in 1 h) reißen werden. Eine Region bleibt tagsüber noch verschont: In den äußersten Norden und Nordosten (etwa nordöstlich der Elbe) strömt am Rande des Hochs trockene Luft (s.o.), sodass dort bis zum Abend noch alles in trockenen Tüchern bleibt.

In der Nacht zum Dienstag wird es allerdings dann genau in dieser Region spannend, denn “der Gewitterei” wird der Schwung genommen, wodurch die Regengüsse nun nicht mehr weiterziehen, sondern mehr oder weniger an Ort und Stelle verharren. In einem Bereich von der Nordsee bis nach Sachsen werden bis Dienstagvormittag mit 20-30 l/qm, punktuell bis zu 50 l/qm die Regentonnen gefüllt (und hoffentlich weniger Straßen und Keller überflutet).

Am Dienstag macht ein neues Zwischenhoch allmählich den Wetterkapriolen den Garaus und nach Abklingen letzter Regenfälle aus der Nacht bleibt es bis auf wenige Schauer und Gewitter meist trocken. Bei 16 °C auf Rügen und 28 °C in Freiburg besteht ein großer Temperaturunterschied von Nordost nach Südwest.

Am Mittwoch setzt sich die warme Luft aus Südwesten langsam Richtung Nordosten durch: Bei landesweit viel Sonnenschein werden oft 25 bis 31 °C erreicht, nur an der See, in Vorpommern und Südostbayern ist es mit 19 bis 24 °C etwas weniger warm.

Donnerstag und Freitag wird die 30-Grad-Marke dann häufiger im Westen und Süden überschritten, wobei mit zunehmend feuchter Luft nicht nur die Schwüle und die Anzahl der Schweißperlen auf der Stirn zunehmen, sondern auch die Gewitter-/Unwettergefahr.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.05.2022

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DWD Von Schwachstellen Starkregen und schweisstreibenden Aussichten

 

Wer schreibt über die Eisheiligen?

“Wer schreibt in diesem Jahr eigentlich über die Eisheiligen?” Diese Frage stellten wir uns in den letzten Tagen im Kollegenkreis der diensthabenden Medienmeteorologinnen und -meteorologen. Doch irgendwie kam bei niemandem die geeignete Stimmung auf, um über dieses frostige Thema zu schreiben – verständlich beim aktuellen “Sommer, Sonne, Sonnenschein”. Zugegeben – auch meine Wenigkeit musste bei diesem Wetter von seinen Kollegen erst darauf gestupst werden, dass aktuell die Eisheiligen sind. Sonst wäre mir das glatt entgangen. Eigentlich hatte ich auch schon eine andere Idee fürs heutige Thema, aber ein Jahr ohne Eisheilige in einem unserer Themen des Tages? Nein – das darf nicht passieren! 😉 Falls Sie die Eisheiligen (im Thema des Tages oder beim Wetter) vermisst haben sollten, kommen Sie am letzten Tag doch noch auf Ihre Kosten. Und eines nehme ich Ihnen schon vorweg. Beim Lesen könnten Sie vielleicht sogar ins Frösteln kommen und das muss auch nicht zwangsläufig an der zu kalt eingestellten Klimaanlage liegen.

Gehen wir zunächst der Frage nach, was man unter den “Eisheiligen” versteht, die in jedem Jahr auf die Tage vom 11. bis 15. Mai fallen. In diesem Zeitraum werden die Namenstage der frühchristlichen Bischöfe und Märtyrer gefeiert. Auf Mamertus am 11. Mai folgen Pankratius, Servatius, Bonifatius und am 15. Mai, dem heutigen Sonntag, die (kalte) Sophie. In diesem Jahr könnte man durchaus vermuten, der Name Eisheilige stammt daher, dass bei Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen der Eisbecher in einer der gut besuchten Eisdielen besonders lecker und erfrischend schmeckt. Die Namensherkunft ist in Wahrheit aber eine ganz andere. Der Begriff entstand aus der Beobachtung, dass es im Frühjahr zu dieser Zeit des Öfteren zu Kaltlufteinbrüchen kam, mit denen aus Norden auf direktem Weg arktische Kaltluft bis nach Mitteleuropa gelangte. Dabei handelt (oder handelte, siehe unten) es sich um eine sogenannte Singularität, also ein häufig wiederkehrendes Witterungsphänomen ähnlich dem Weihnachtstauwetter oder den Hundstagen zum Ende des Hochsommers. Auch Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes belegen, dass (früher) diese Kälteperioden gehäuft auftraten und nochmals späte Nachfröste brachten. Die Eisheiligen waren vor allem von Gärtnern und Winzern gefürchtet, da die Fröste ihren jungen Kulturen erhebliche Schäden zufügen konnten. Weil die Kaltluft von Nord nach Süd einfließt, gelten in Norddeutschland nur die Tage vom 11. bis 13. Mai (Mamertus, Pankratius und Servatius) als Eisheilige, im Süden und Südosten hingegen die Tage vom 12. bis 15. Mai (also zusätzlich Bonifatius und Sophie).

In diesem Jahr glänzten die Eisheiligen jedoch durch Abwesenheit. Vielmehr gaben sich Sommerwärme und Sonne ein Stelldichein. Von frostigen Nächten war keine Spur und tagsüber herrschte in den meisten Regionen Deutschlands Sommerwetter mit Nachmittagstemperaturen häufig über 25°C und lokalen Wärmegewittern. Die Heiß- … ähm … Eisheiligen wurden am Mittwoch am Rhein sogar mit dem ersten Hitzetag eingeläutet (Ohlsbach: 30,1°C; Worms: 30,0°C). Auch die “kalte Sophie” müsste heute eher “heiße Sophie” heißen, da wir erneut in den wärmsten Regionen Höchstwerte um 30°C erwarten.

Abkühlung gefällig? Dann verrate ich Ihnen, dass die letzten “richtigen” Eisheiligen erst zwei Jahre her sind. Pünktlich zu Mamertus am 11. Mai 2020 flutete arktische Kaltluft weite Teile Deutschlands, in Vorpommern musste man sich bei Höchstwerten um 9°C in eine Jacke mummeln. Nur im Südosten Bayerns war davon (so wie es sich gehört) noch nix zu spüren, in Piding herrschte bei 24,9°C noch T-Shirt-Wetter. Kaum zu glauben, dass es nach diesen frühsommerlichen Temperaturen – nur wenige Stunden später – an den Alpen nachts bis “weit runter” schneite! Am Morgen des 12. Mai (Pankratius) wurde oberhalb von etwa 800 m die Landschaft in zentimeterdickes Weiß gehüllt. Ähnlich geschah es in den Hochlagen des Thüringer Walds und des Erzgebirges. Mit Ausnahme der tiefsten Lagen im Südosten sowie im Nordwesten sank die Temperatur in weiten Teilen Deutschlands unter den Gefrierpunkt. Auch die Folgenächte waren gebietsweise frostig, vor allem die Nacht zum 15. Mai (kalte Sophie) in der Nordhälfte. Direkt über dem Erdboden wurden selbst in tiefen Lagen Temperaturen bis -7°C gemessen. Tagsüber war meist bei 10 bis 16°C Schluss, mehr als 20°C wurden erstmals wieder am 16. Mai gemessen, pünktlich nach den Eisheiligen.

Auch wenn erst vor zwei Jahren die Eisheiligen richtig zuschlugen, sind sie in den vergangenen Jahren oft ganz ausgeblieben. Manchmal kam es zu Kaltlufteinbrüchen bereits Anfang Mai oder seltener erst Ende Mai, wobei Fröste auch dann immer seltener auftraten. Dies konnte auch in diesem Jahr beobachtet werden, als in den Nächten zum 8. und 9. Mai in Norddeutschland nochmals vielerorts leichter Frost in Bodennähe, vereinzelt auch Luftfrost gemessen wurde. Kann man unter diesen Voraussetzungen überhaupt (noch) von einer echten Singularität sprechen? Viele Experten führen die Veränderungen auch auf den Klimawandel zurück, weshalb Kaltlufteinbrüche im Mai immer seltener frostig ausfallen. Die Zukunft wird zeigen, wann die Eisheiligen das nächste Mal ihre Zähne zeigen oder ob der Begriff in den zukünftigen Jahrzehnten mehr und mehr an Bedeutung verliert.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.05.2022

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Das “Paradoxon” von Sonnenhöchststand und Höchsttemperatur

Hoch XENOPHON sorgt an diesem Wochenende für ruhiges Wetter mit oftmals viel Sonnenschein in Deutschland. Das lässt die Temperatur im Südwesten am heutigen Samstag auf bis zu 27 Grad klettern, im Norden, wo eine etwas kühlere Luftmasse anzutreffen ist, wird dagegen bereits bei Werten um 20 Grad Schluss sein. Daran ändert sich zumindest im Nordosten auch am Sonntag nichts, im großen Rest des Landes legt die Temperatur hingegen noch eine Schippe drauf mit verbreitet 23 bis 29 Grad, am Oberrhein und an der Saar sind zum Abend hin sogar 30 Grad drin.

Zum Abend hin? Und das, obwohl die Sonne ja bekanntlich zur Mittagszeit am höchsten steht und ihre Einstrahlung dann am kräftigsten ist? Abends fallen die Sonnenstrahlen dagegen doch nur noch ziemlich flach ein und haben kaum noch “Power”. Wie passt das denn mit der Höchsttemperatur zusammen?

Tja, das klingt vielleicht wirklich etwas paradox, aber die Höchsttemperatur wird in unseren Breiten im Sommerhalbjahr tatsächlich meist erst spätnachmittags, zwischen Mai und August oft auch erst gegen 18 Uhr erreicht. Zur Erklärung steigen wir dafür doch einfach einmal kurz in die leere Badewanne – nicht zwingend physisch, gedanklich reicht an dieser Stelle vollkommen aus! Bei geöffnetem Abfluss drehen wir den Wasserhahn nun ein kleines Stück auf. Die Folge: Das Wasser fließt direkt über den Abfluss wieder ab. An eine Füllung der Wanne ist bei diesem Rinnsal nicht zu denken. Das ist in etwa gleichzusetzen mit den ersten einfallenden Sonnenstrahlen am Morgen. Drehen wir den Hahn nun langsam weiter auf, stellen wir fest, dass das Wasser allmählich anfängt zu steigen (entspricht dem Vormittagsverlauf). Zur Mittagszeit ist der Hahn voll aufgedreht und das Wasser (respektive die Sonneneinstrahlung bzw. die Lufttemperatur) steigt stark an. Im Anschluss wird der Hahn nun langsam wieder zugedreht, es fließt aber immer noch mehr Wasser von oben nach, als unten abfließt – das Wasser (also die Lufttemperatur) steigt demnach immer noch, wenngleich nicht mehr so schnell (entspricht dem Nachmittagsverlauf). Erst im Laufe des Abends wird der Punkt erreicht, an dem das nicht mehr der Fall ist – der höchste Wasserstand bzw. die Höchsttemperatur ist erreicht. Es fließt nun wieder mehr Wasser ab als nach und der Wasserstand sinkt. Auf die Luft übertragen, reicht die Einstrahlung der immer tiefer stehenden Sonne nicht mehr aus, um es mit der Abkühlung der Luft aufnehmen zu können.

Dasselbe Phänomen greift im Allgemeinen übrigens auch in umgekehrter Weise bei der Tagestiefsttemperatur, besonders in einer windschwachen und klaren Nacht. Die Tiefsttemperatur wir dabei meist erst kurz nach Sonnenaufgang erreicht, denn erst dann reicht die einfallende Sonneinstrahlung aus, um den Erdboden und darüber indirekt auch die Luft zu erwärmen.

Tatsächlich können Tageshöchst- und -tiefsttemperatur im Prinzip aber zu jeder Tages- und Nachtzeit auftreten. So kann der Temperaturanstieg im Sommer auch schon mal zum Mittag beendet sein, wenn danach Schauer und Gewitter für eine Abkühlung sorgen. Im Winter kommt es dagegen auch immer wieder mal vor, dass die Temperatur nachts ihr Maximum erreicht, wenn beispielsweise eine Front kalte Luft durch deutlich mildere Atlantikluft ersetzt.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.05.2022

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Eine schwache Kaltfront und lokale Gewitter sorgen gebietsweise für Entspannung bei der Waldbrandgefahr

Zurzeit geben sich über Nordwestrussland, Nordeuropa und dem Nordatlantik die Tiefdruckgebiete “die Klinke in die Hand”. Tief YANNICKA ist dabei am heutigen Freitagmittag (13.05.) südöstlich des Weißen Meers anzutreffen, Tief ZOEY überquert das europäische Nordmeer und südlich von Grönland liegt der Tiefdruckkomplex ASTRID.

Zu YANNICKA haben wir in Deutschland aktuell ein besonderes Verhältnis. Immerhin ist ihre Kaltfront in der Nacht zum gestrigen Donnerstag über den Norden gezogen und hat gebietsweise für einen recht frischen Wind gesorgt. Aber nicht nur das. Entgegen der Erwartungen fast aller Wettervorhersagemodelle war bis weit in die zweite Hälfte der vorvergangenen Nacht in einem Streifen von Südniedersachsen bis an die Oder auch eine rege Blitzaktivität zu verzeichnen, gekoppelt an teils kräftige Niederschläge. Mit 16 l/qm bekam innerhalb des DWD-Messnetzes die Station Kremmen – Groß Ziehten (BB) am meisten Regen ab.

In der beigefügten Abbildung ist auf der rechten Seite der aus dem DWD-Radarverbund abgeleitete 48-stündige Niederschlag bis heute Morgen um 02 Uhr MESZ dargestellt. Dabei sind drei Schwerpunkt auszumachen – Schleswig-Holstein, die besagte Region nördlich von Berlin sowie Südbayern und das südliche Baden-Württemberg. In der letztgenannten “Ecke” brachten vor allem die Schauer und Gewitter des gestrigen Donnerstags und der vergangenen Nacht den Regen. Im Norden hingegen war es tatsächlich die o. e. Kaltfront.

Was auch immer der meteorologische Auslöser für den Regen ist – er freut vermutlich nicht nur die Landwirte, sondern auch die Förster. Denn immerhin sorgt das Nass für einen Rückgang der Waldbrandgefahr. Der Waldbrandgefahrenindex des DWD wurde an dieser Stelle u.a. schon am 20.4.2022 thematisiert- auch mit der ergänzenden Information, dass die örtlichen Behörden und nicht der DWD vor der Waldbrandgefahr warnen.

Der Index ist in seiner aktuellsten Version für den heutigen Freitag auf der linken Seite der beigefügten Abbildung zu sehen. Am niedrigsten ist der dort, wo am meisten Regen gefallen ist bzw. der Index schon vor den Regenfällen nicht sehr hoch war – im Süden und im äußersten Norden. Aber auch die Schauer- und Gewitter zwischen Südniedersachsen und der Oder sind zu erkennen. Zwar nicht als zusammenhängende Linie, aber als Zone leicht bis mäßig verringerter Waldbrandgefahr im Vergleich zu den Gebieten nördlich, insbesondere aber südlich davon. Im südlichen Brandenburg bleibt der Index weiterhin sehr hoch.

Dass in der Mitte Deutschlands, also von der Eifel und der Saar im Westen bis zur Lausitz und nach Nordbayern im Osten kein Niederschlag zu verzeichnen war, lieg vor allem daran, dass die Front sich auf ihrem Weg nach Süden nicht als “Modellathlet” präsentierte. Für auffrischenden Wind hat es zwar gereicht, aber die Frontpassage ging in den genannten Gebieten trocken über die Bühne.

Für alle, die weiterhin auf Regen warten, lassen die Vorhersagemodelle aber Licht am Ende des Tunnels erkennen. Am Montag und Dienstag der kommenden Woche sollen von Südwesten Schauer und Gewitter hereinziehen. Noch sind sich die Modelle bezüglich der Niederschlagsschwerpunkte und der genauen zeitlichen Entwicklung nicht einig. Aber dass es Niederschläge geben wird (bei denen nach jetzigem Stand der Nordosten vielleicht wieder “hinten runter” fallen könnte), darüber ist man sich im “Zoo der Vorhersagemodelle” einig.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 13.05.2022

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DWD Eine schwache Kaltfront und lokale Gewitter sorgen gebietsweise fuer Entspannung bei der Waldbrandgefahr