Wie Dürre Gewittern in die Hände spielen kann

Kurze Hitze: DANIELA bringt die Abkühlung

Dank des Hochs LEBRECHT mit Schwerpunkt über Mitteleuropa hat der heutige Sonntag seinen Namen verdient. Denn für viele wird es ein meist sonniger Tag. Die lockeren Wolken, die durchziehen, stören kaum. Im Nordwesten des Landes sorgt hingegen die Warmfront des Tiefs DANIELA bei den Britischen Inseln für dichtere Wolken, die an der Nordsee sogar ein paar Tropfen bringen können.

Zwischen den beiden Luftdruckgebieten stellt sich über Deutschland eine südwestliche Strömung ein. Somit kann die heiße Luft in Südeuropa zu uns gelangen. Entsprechend steigen die Temperaturen am Nachmittag verbreitet auf Werte zwischen 30 und 34 Grad an. Im Norden ist es mit 25 bis 29 Grad etwas kühler. Die Nacht zum Montag verläuft meist klar und mit 19 bis 15 Grad auch mild. In einigen Mittelgebirgstälern und im Südosten kann man mit 14 bis 11 Grad besser durchlüften.

Denn am Montag klettern die Temperaturen auf Werte zwischen 31 und 37 Grad. Also ist wieder Schwitzen angesagt. Die gute Nachricht ist aber, dass die Abkühlung in Form von Schauern und kräftigen Gewittern nicht lange auf sich warten lässt. Diese haben wir der Kaltfront von Tief DANIELA zu verdanken, die sich im äußersten Nordwesten mit Höchstwerten zwischen 23 und 28 Grad schon bemerkbar macht. Die Kaltfront erreicht in der Nacht zum Dienstag dann auch den Südosten des Landes und sorgt dort für schauerartigen, teils gewittrigen Regen, ansonsten klingen die meisten Schauer und Gewitter ab.

Am Dienstag ist es mit Höchstwerten zwischen 18 und 25 Grad im Nordwesten und zwischen 26 und 29 Grad in den übrigen Regionen mit der großen Hitze vorbei. Dazu treten einzelne Schauer und kurze Gewitter auf und der Wind ist spürbar unterwegs. Letztlich kühlt sich Luft in der Nacht zum Mittwoch auf 14 bis 8 Grad ab.

Der Rest der Woche verläuft sommerlich warm ohne größere Hitzewellen. Was weiterhin fehlt, abgesehen von einzelnen Schauern und Gewittern, die vor allem am Freitag vermehrt auftreten, ist der flächendeckende Regen.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.07.2022

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Hitzetief

Die Mittelmeerländer haben aktuell nicht nur mit Trockenheit und Waldbränden zu kämpfen. Auch die große Hitze stellt eine echte Herausforderung dar. Im linken Teil der beigefügten Abbildung sind die Höchsttemperaturen auf der Iberischen Halbinsel am gestrigen Freitag dargestellt. Verbreitet stiegen die Werte auf über 35°C, lokal lagen die Spitzen sogar über 40°C. Lediglich an den Küsten, in den bewölkten Gebieten des Nordens und in den Hochlagen bewegten sich die Maxima unterhalb der 30°C-, teils sogar unter der 20°C-Marke.

Lässt man die o. g. Probleme aber außer Acht und betrachtet das Wetter durch eine rein meteorologische Brille, so kann man sich zumindest an der täglich wiederkehrenden Entwicklung sogenannter Hitzetiefs erfreuen. Für die südspanische Station Villanueva de Córdoba sind die entsprechenden Druckschwankungen im Tagesverlauf auf der rechten Seite der Grafik (Mitte, blaue Kurve) zu finden. Durch den täglichen ununterbrochenen Sonnenschein, der an den Balken der stündlichen Sonnenscheindauer (in der Grafik rechts unten) abgelesen werden kann, kann sich die Atmosphäre stark aufheizen. Damit setzen Hebungsprozesse ein, die den Luftdruck fallen lassen. Der Vollständigkeit halber sind zusätzlich zum Druckverlauf als Zahlenwerte auch der Druckanstieg (blau) und der Druckfall (rot) angegeben (in 1/10 hPa).

Der Druckfall fällt am Nachmittag so lange wie die Temperaturen steigen. Der Temperaturverlauf ist in der Grafik rechts oben dargestellt. Mit einsetzendem Temperaturrückgang am Abend kommen die Hebungsprozesse zum Erliegen. Der Luftdruck steigt wieder an, ein Prozess, der bis in die Morgenstunden anhält. Wenn dann am nächsten Tag die Sonneneinstrahlung die unteren Atmosphärenschichten erneut aufheizt, beginnt das Spiel von vorne.

Dabei sind die Druckunterschiede beeindruckend. Von 1011 hPa am Mittwochabend stieg der Druck auf knapp 1018 hPa am Donnerstagmorgen. Ähnlich groß waren die Druckunterschiede zwischen Freitagabend und Samstagmorgen. Zum bemerkenswerten Verlauf des Luftdrucks trägt aber auch ganz wesentlich bei, dass im Sommer im Mittelmeerraum oftmals keine großräumigen synoptischen Druckgebilde unterwegs sind. Somit wird die tagesgangbedingte thermische Druckänderung nicht von dynamischen Hochs und Tiefs überlagert und damit verwischt.

Ob die Spanier bei den hohen Temperaturen große Freude an ihren Hitzetiefs haben darf bezweifelt werden. Aber immerhin ist die Luft recht trocken, was das Schwüleempfinden dämpft. Zu erkennen ist dies am Verlauf des Taupunkts, der ein Maß für die Luftfeuchte darstellt. Zumeist bewegt sich der Taupunkt um 5°C, teilweise taucht er sogar in den negativen Bereich ab (die hellblauen Abschnitte der Kurve). Das ist deutlich weniger, als es in Mitteleuropa üblich ist.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.07.2022

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DWD Hitzetief

Hamburg: unsichtbarer Wetterwechsel

Hitzewelle endet historisch

Schon Anfang Juli wurde in den Medien kolportiert, es stünde eine extreme Hitzewelle ab Monatsmitte in Deutschland bevor. Zu diesem Zeitpunkt wurden diese Aussagen seitens der seriösen Meteorologie zurecht als unwissenschaftlich bezeichnet. Denn zu groß war der Vorhersagehorizont und die damit in Verbindung stehende Unsicherheit und zu extrem die angekündigten Temperaturen bis 45 °C. Leider fand die „Modellhitze“, wenn auch in nicht ganz so extremer Form und leicht verspätet, letztendlich doch ihren Weg in den seriösen Vorhersagebereich und bewahrheitete sich schließlich in den vergangenen zwei bis drei Tagen. Dabei war weniger die Andauer, als die Intensität bemerkenswert.

Während am Dienstag (19.7.) im Westen die 40-Gradmarke im DWD-Stationsnetz noch denkbar knapp verfehlt wurde, ging es am gestrigen Mittwoch (20.7.) gleich an vier Stationen im Norden und Osten über die 40 °C hinaus. In Bad Mergentheim-Neunkirchen (40,3 °C), Hamburg-Neuwiedenthal (40,1 °C), Barsinghausen-Hohenbostel und Huy-Pabstorf (40,0 °C) wurden nicht nur die Allzeitrekorde für die Stationen überboten, sondern auch die des jeweiligen Bundeslandes (Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt). Dazu kamen zwei weitere Bundeslandrekorde für Mecklenburg-Vorpommern (Boizenburg 39,4 °C) und Schleswig-Holstein (Grambek 39,1 °C). Außergewöhnlich ist der Wert für Hamburg, nicht nur, weil der vorherige Rekord gleich um knapp 3 Grad überboten wurde, sondern auch, wenn man ihn im geographischen Kontext liest: Temperaturen von 40 °C und mehr sind auf diesem Breitengrad und in dieser maritimen Klimazone eine echte Rarität, weltweit. In Europa – Russland ausgenommen – wurde noch nie so weit im Norden die 40-Gradmarke gerissen.

Alleine diese Daten zeugen von der historischen Dimension der Hitzewelle. Dennoch gibt es Stimmen, die behaupten, Tage mit 40 °C und mehr habe es früher schon „öfter“ gegeben und man habe im „Sommer“ solche Temperaturen zu erwarten. Dabei handelt es sich aber im besten Falle um eine verzerrte, subjektive Wahrnehmung, die unter Umständen durch die sich gerade in den letzten Jahren beschleunigende Klimaerwärmung begünstigt worden sein könnte. Die „nackten Zahlen“ sprechen eine andere Sprache: Der 20. Juli 2022 ist gerade einmal der 10. Tag, an dem seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Deutschland 40 °C erreicht wurden. Das erste Mal war es 1983 in Kösching (Bayern) und Gärmersdorf (Bayern) der Fall, dann erst wieder im legendären „Jahrhundertsommer“ 2003. In den 2010er Jahren nahm schließlich nicht nur die Frequenz der Hitzewellen mit Spitzenwerten über 40 Grad zu, sondern auch die Verbreitung, mit der die 40-Gradmarke überschritten werden konnte. Im August 2015 wurden 3-mal, im Juli 2019 unglaubliche 25-mal die „40 Grad“ verkündet. Die jüngste Hitzewelle reiht sich mit 4 Stationsmeldungen immerhin auf Platz 2 ein.

Zum Abschluss soll betont werden, dass es sich bei den Temperaturwerten der vergangenen beiden Tage noch um vorläufige Werte handelt. Der Deutsche Wetterdienst wird die Daten nochmal eingehend auf Plausibilität prüfen und behält sich etwaige Anpassungen oder – im schlimmsten Fall – Annullierungen vor.

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.07.2022

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In der arktischen Stratosphäre beginnt bereits der Marsch in Richtung Winter.

Für den Fall, dass der Sommer nicht unbedingt Ihr Ding ist, sollte so allmählich auf die Arktis geschaut werden. Dort hat in der mittleren und oberen Stratosphäre bereits der langsame und beschwerliche Marsch in den Winter begonnen, indem die sommerlichen Ostwinde langsam schwächer werden.

Jedes Jahr kühlt es im nordhemisphärischen Winter über den Polen zur Zeit der Polarnacht viel stärker aus als in den Tropen, was zu einem starken meridionalen Temperaturgradienten führt, der in der Stratosphäre am stärksten ausgeprägt ist. Auf diesen großen Skalen befindet sich die Änderung der Windgeschwindigkeit mit der Höhe (oder auch vertikale Windscherung genannt) in einem Gleichgewicht mit dem Temperaturgradienten. So wird die kalte Stratosphärenluft über dem Winterpol von einem Gürtel starker polumlaufender Westwinde (dem so genannten Polar Night Jetstream) umschlossen. Dieser Jetstream und die kalte Luft, die er umgibt, formieren zusammen den Stratosphärischen Polarwirbel.

Die Stärke des Polarwirbels wird häufig anhand der zonal gemittelten zonalen Winde (d. h. der durchschnittlichen zirkumpolaren Windgeschwindigkeit auf einem definierten Breitengrad, hier 60°N) auf 10hPa (in ca. 30 km Höhe) diagnostiziert. Gemäß dieser Definition bildet sich der arktische Wirbel im Durchschnitt in der letzten Augustwoche heraus (allmählicher Wechsel auf Westwinde), erreicht seine größte Stärke im Januar und löst sich meist im April, manchmal aber auch erst Anfang Mai auf (Wechsel auf Ostwinde). In den Sommermonaten weist die Stratosphäre dann östliche Winde auf. In der beigefügten Grafik wird die Prognose des zonal gemittelten zonalen Windes aufgezeigt (EZMWF, Stand 18.07.2022). Dort erkannt man die oben angesprochene Windumkehr auf westliche Winde etwa Anfang September.

Wenn der stratosphärische Wirbel im Winterhalbjahr stark ausgeprägt ist, wird kalte Luft tendenziell über der Arktis eingeschlossen. Gebiete wie die Britischen Inseln sind dann oft stürmisch und nass, da der starke Jetstream die Entwicklung von kräftigen Tiefdruckgebieten z.B. im Nordatlantik fördert. Wenn der Polarwirbel hingegen schwach ist, wird der Jetstream in der Troposphäre tendenziell schwächer, so dass kalte Luft aus der Arktis regional in die mittleren Breiten ausfließen kann. Diese beiden unterschiedlichen Muster sind als positive und negative Phasen der Arktischen Oszillation (AO und der eng damit verbundenen Nordatlantischen Oszillation, NAO) bekannt.

Eine extreme Schwächung des Stratosphärenwirbels wird als plötzliche Erwärmung der Stratosphäre (SSW) bezeichnet, so genannt wegen des raschen Temperaturanstiegs in der polaren Stratosphäre (ca. 50 Grad Celsius in wenigen Tagen). Mit dem raschen Temperaturanstieg geht eine deutliche Abschwächung des zonal gemittelten zonalen Windes einher, bei einem Major-SSW erfolgt sogar eine komplette Windumkehr auf östliche zonal gemittelte Winde bei 10hPa und 60°N). Major-SSWs treten in der Arktis im langjährigen Mittel etwa in zwei von drei Wintern auf.

Der stratosphärische Polarwirbel ist jedoch nur einer von mehreren Faktoren, die die troposphärischen Wettermuster im Winter beeinflussen können. Die kausalen Zusammenhänge, wann und warum die Troposphäre stärker auf bestimmte stratosphärische Veränderungen reagiert, ist ein aktuelles und spannendes Forschungsthema.

In diesem Sinne beginnt nun bald schon wieder das arktische Chasen bezüglich Zustand und Entwicklung des Stratosphärischen Polarwirbels und damit verbunden natürlich auch die Frage, was wir denn hier in Mitteleuropa für einen Winter bekommen könnten.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.07.2022

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DWD In der arktischen Stratosphaere beginnt bereits der Marsch in Richtung Winter.

Sommer, Sonne, Sonnenschein = Trockenheit, Dürre, Wassermangel?

Nicht nur in Südeuropa herrscht eine extreme Dürresituation, auch in Deutschland ist relativ verbreitet eine schwere oder gar außergewöhnliche Dürre zu verzeichnen. Dazu veröffentlich das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig auf seiner Homepage Darstellungen des sogenannten Dürremonitors oder auch des pflanzenverfügbaren Wassers. Insbesondere beim pflanzenverfügbaren Wasser wird deutlich, dass mit Ausnahme der meisten Küstenregionen und einiger Gebiete am Alpenrand und am Bayerischen Wald weniger als 10 bis 20 % der nutzbaren Feldkapazität (nFK) aufweist und somit das Pflanzenwachstum stark bedroht ist. Die nutzbare Feldkapazität ist ein Maß für den Wassergehalt des Bodens, der von der Bodenbeschaffenheit abhängig ist und dem entsprechenden Bodenwassergehalt (detaillierte Beschreibung siehe Homepage des UFZ). Der Bodenwassergehalt ist natürlich wesentlich von den gefallenen Niederschlägen, aber auch vom Verhältnis Niederschlag/Verdunstung abhängig und daher folgt nun ein kurzer Blick auf die Niederschläge seit Beginn der diesjährigen Vegetationsperiode ab etwa März. Und seit März dieses Jahres herrscht im Prinzip ein Niederschlagsdefizit, so dass dementsprechend auch das Defizit aus den Vorjahren natürlich nicht ausgeglichen werden konnte. Besonders trocken war der März 2022, in dem vor allem im Norden und Nordosten verbreitet weniger als 25 % des langjährigen Mittelwertes an Regen registriert wurde. Und auch in den Folgemonaten von April bis Juni gab es nur wenige Gebiete, in denen das Monatssoll an Regen erfüllt wurde. Und dieser Tatbestand des verbreitet fehlenden Niederschlags tritt dann auch noch in Kombination mit viel Sonnenschein, immer wieder auch recht windigen Verhältnissen und dementsprechend hoher Verdunstung auf.

Und auch der aktuelle Monat reiht sich zumindest bisher in die Reihe zu trockener und zumindest gebietsweise sehr sonnenscheinreicher Monate ein: Im Südwesten sind nach etwas mehr als der Hälfte des Monats schon 90 bis fast 100 % des „Sonnenscheinsolls“ erreicht worden. Spitzenreiter ist hier Elzach-Fisnacht mit bereits knapp 98 % des vieljährigen Mittelwertes an Sonnenstunden für Juli. Bisher sind im Juli im Deutschlandmittel 16,8 Liter Regen pro Quadratmeter (l/qm) gefallen, je nach betrachteter Referenzmethode liegt der Mittelwert für den Monat Juli bei 77 bis 87 l/qm (mit kontinuierlichen Anstieg in den Refenrenzperioden). Der aktuelle Monat hat daher Chancen auf die Spitzenreiterposition hinsichtlich des regenärmsten Julis seit Aufzeichnungsbeginn. In der beigefügten Abbildung zur bisher registrierten Regenmenge mittels Radar ist zu sehen, dass die Verteilung natürlich regional unterschiedlich ist. In Teilen des Westens und Südwestens fiel bisher im Prinzip noch überhaupt kein Regen.

Dieser anhaltende Wassermangel führt zu der angesprochenen Trockenheit, die sich zum einen natürlich direkt an der Vegetation erkennen lässt: Ernteeinbußen bei Feldfrüchten wie Getreide und Mais, Notbelaubung von Laubbäumen, Fehlformen bzw. Kleinwuchs bei Feldfrüchten wie Kohl oder Fenchel – um nur ein paar Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu nennen. Abgesehen von den relativ direkt ersichtlichen Folgen des Wassermangels, zeigen sich auch zunehmend Auswirkungen auf die Fluss- und Seepegel – die ersten Flüsse melden für die Jahreszeit bereits sehr niedrige Pegelstände, die z. B. auf der Seite der Bundesanstalt für Gewässerkunde veröffentlicht werden. Und auch die Grundwasserstände geben zumindest regional bereits Anlass zur Sorge… aber darauf soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden.

Dipl.-Met. Sabine Krüger

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.07.2022

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Sehr heiße Temperaturen und ihre Messung

Hoch „Jürgen“ bringt uns in der ersten Wochenhälfte so richtig zum Schwitzen. Am Westrand von „Jürgen“ wird mit einer südwestlichen bis südlichen Strömung teils sehr heiße Tropikluft aus Nordafrika über Spanien und Frankreich nach Deutschland geführt. Am Dienstag, den 19.07.2022, kann die Temperatur so örtlich auf Werte um 40 Grad steigen. Entsprechend kommen wir den Allzeitrekorden von 41,2 Grad, die am 25. Juli 2019 in Duisburg-Baerl und Tönisvorst (beide in NRW) gemessen wurden, recht nahe. Am Mittwoch verlagert sich der Schwerpunkt der Hitze dann in den Osten und Nordosten, wo nochmals bis zu 39 Grad möglich sind.

Allerdings gibt es bei der Veröffentlichung von Temperaturwerten – insbesondere bei Rekorden – auch immer wieder verwunderte Reaktionen aus der Öffentlichkeit. Teilweise weichen diese nämlich recht deutlich von den höheren Temperaturen ab, die Max und Erika Mustermann von ihrem handelsüblichen Thermometer im Garten, an der Hauswand oder im Auto ablesen.

Aber wie kann es zu solch deutlichen Unterschieden kommen? Wie misst man die Temperatur denn überhaupt „richtig“?

Offiziell bestätigte Temperaturwerte in den Datenbanken der weltweiten Wetterdienste müssen an Wetterstationen gemessen worden sein, die international festgelegten Standards entsprechen, um aktuell wie auch in der Vergangenheit global vergleichbar zu sein.

Zunächst braucht man einen geeigneten Standort für die Messung. Dabei sollten die Wetterdaten repräsentativ für die Umgebung sein und die Station beispielsweise nicht in einem lokalen „Kälteloch“ oder über aufgeheiztem Straßenteerbelag liegen. Am besten eignet sich hierfür ein relativ freier Platz mit genügend Abstand zu Gebäuden oder hohem Bewuchs auf einem für die Region natürlichen Untergrund (in der Regel eine kurz gehaltene Grasfläche).

Eine der größten Herausforderungen bei der Temperaturmessung besteht für die Stationsorte sicherlich in der Einhaltung dieser Richtlinien über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten hinweg. Denn ein Höchstwert kann nur als solcher anerkannt werden, wenn vergleichbare Temperaturwerte an einem bestimmten Standort aus der Vergangenheit vorliegen.

Gemessen wird die Lufttemperatur immer in zwei Metern Höhe über Grund. Die Messung erfolgt jedoch nicht in der prallen Sonne, sondern abgeschattet mit einem modernen, aus Kunststoff gefertigten, gut ventilierten Lamellen-Strahlungsschutz. Dieser hat an den automatisierten Standorten die sogenannte „Englische Hütte“ ersetzt.

Zur Messung der Temperatur können verschiedene Thermometer verwendet werden, wobei diese selbstverständlich auch strengen Richtlinien unterliegen und regelmäßig gewartet werden müssen. Automatisierte Wetterstationen besitzen elektronische Sensoren, welche die Lufttemperatur kontinuierlich aufzeichnen.

Standardmäßig werden die Stationen in regelmäßigen Abständen gewartet, zudem durchlaufen deren Daten eine Qualitätsprüfung. Wird nun an einer Station ein neuer Temperaturrekordwert gemessen, so wird die Anlage noch einmal genau auf ihre korrekte Funktionsweise und die Wahrung der örtlichen Umgebungsbedingungen geprüft. So musste beispielsweise der am 25. Juli 2019 gemessene Allzeitrekord von 42,6 Grad an der Station in Lingen im Emsland nachträglich annulliert werden. Auswertungen von Parallelmessungen an der Wetterstation Lingen ergaben im Nachgang, dass es in einem sehr kleinen Bereich des Messfeldes bei bestimmten Wetterlagen insbesondere am frühen Nachmittag zu auffällig erhöhten Temperaturen kam. Verantwortlich dafür war die in den vergangenen Jahren deutlich gewachsene Vegetation in direkter östlicher Nachbarschaft der Station. Sie behinderte bei bestimmten Windrichtungen den Luftaustausch. Dies führte insbesondere bei windschwachen, aber strahlungsintensiven Wetterlagen zu einer Abkopplung der lokalen Temperatur am Messfeld der Station von der großräumigen Temperaturentwicklung.

Es ist durchaus wahrscheinlich, dass am Dienstag und Mittwoch örtlich neue Stationsrekorde gemessen werden. Ob es für einen neuen deutschen Allzeitrekord reicht, wird man spätestens am Dienstagabend um 20 Uhr aus den Messwerten ablesen können (siehe z.B. auch den Climate Data Center des DWD unter dem unten angegebenen Link). Das an der Hauswand angebrachte Thermometer von Max und Erika Mustermann wird in der prallen Nachmittagssonne sicher aber auch Temperaturen jenseits der 42 Grad anzeigen können.

MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.07.2022

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DWD Sehr heisse Temperaturen und ihre Messung

Hitze

Am heutigen Sonntag liegt der Schwerpunkt von Hoch JÜRGEN über Deutschland und beeinflusst das Wetter nicht nur bei uns, sondern auch große Teile von Mittel- und Südeuropa. Die Tiefdruckgebiete machen zurzeit einen weiten Bogen über Nordeuropa und haben zunächst keine Chance gegen das mächtige Hoch. Von der Hitze spüren wir noch nicht viel dank der Position des Hochs. Denn die Luft kommt noch um das Hoch herum im Norden und der Mitte aus nordwestlichen Richtungen und dreht im Süden auf östliche Richtungen. Somit liegen die Höchstwerte zwischen 19 und 25 Grad im Norden, wo auch zeitweise dichtere Wolken durchziehen. Sonst werden bei sonnigem Wetter 25 bis 29, im Südwesten bis 31 Grad erreicht.

Am Montag verlagert sich der Schwerpunkt des Hochs nach Südosten. Die Strömung dreht dann mehr auf südliche Richtungen und die sehr heißen Luftmassen, die in Süd- und Westeuropa liegen, werden auch zu uns geführt. Die Temperaturen steigen dadurch verbreitet auf 30 bis 35 Grad an. Im Westen sind schon mal 37, vielleicht 38 Grad möglich. Im Nordosten bleibt es hingegen mit 25 bis 30 Grad etwas kühler. Dort ziehen noch einige Wolkenfelder durch, sonst zeigt sich den ganzen Tag die Sonne.

Am Dienstag wird der Höhepunkt der Hitzewelle erreicht. In ganz Deutschland scheint ganztägig die Sonne. Die Temperaturen steigen noch etwas an im Vergleich zum Vortag. Verbreitet werden dann über 35 Grad erreicht, im Westen sogar bis zu 40 Grad. Lediglich in Südbayern und Richtung der Küsten ist die Hitze mit 30 bis 34 Grad etwas erträglicher. Auch in der Nacht zum Mittwoch kühlt sich die Luft nicht mehr so stark ab. In den mittleren Lagen und in den Ballungszentren in Westdeutschland bleiben die Tiefstwerte über 20 Grad und auch sonst bleibt es mit 14 bis 19 Grad mild.

Am Mittwoch erreicht eine Kaltfront Deutschland und räumt dann die ganz heiße Luft zumindest in Westendeutschland aus. Dort werden dann „nur“ Höchstwerte zwischen 29 und 32 Grad erreicht. In der Osthälfte bleibt es hingegen noch mit 34 bis 39 Grad sehr heiß. Sehr unsicher ist aber noch, ob wo die Kaltfront zur Abkühlung auch Regen bringt. Das Wasser kommt aus heutiger Sicht meist in Form von Schauern und Gewittern vom Himmel, das nur lokal für eine kleine Entspannung sorgt. Leider bleibt der lang ersehnte großflächige Regen aus. Die große Trockenheit und die teils sehr hohe Waldbrandgefahr setzt sich somit fort.

Ein kurzer Ausblick auf die Temperaturen der zweiten Wochenhälfte: Es stellt sich wieder ein Temperaturunterschied zwischen Norden und Süden ein. An den Küsten und Binnenland werden 20 bis 25 Grad, daran anschließend bis zur Mitte 25 bis 29 Grad und im Süden nach wie vor Werte um 30 Grad erwartet.

Zuletzt sind hier ein paar Tipps, um die Hitzewelle zu ertragen: Ausreichend trinken, leicht essen und Bewegung im Freien in die Abend- und Morgenstunden verlagern. Zudem können die kommenden 2 Nächte genutzt werden, um stoßzulüften. Tagsüber sollten die Fenster zu bleiben und am besten abgedunkelt werden, um die Wohnung möglichst kühl zu halten.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.07.2022

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Solarer Zehnkampf

Wie kann Architektur in Zeiten des Klimawandels, der Ressourcenknappheit und der steigenden Nachfrage nach Wohnraum ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft gerecht werden? Dieser Frage sind die Teilnehmenden des „Solar Decathlon Europe“ nachgegangen.

Der Solar Decathlon (englisch: solarer Zehnkampf) wurde 2002 als internationaler Hochschul-Architekturwettbewerb vom US-Energieministerium initiiert und findet seit 2008 auch in einer europäischen Version als Solar Decathlon Europe statt. Erstmals war nun Deutschland in diesem Jahr Austragungsland und so kamen vor wenigen Wochen 16 Teams aus zehn Ländern nach Wuppertal, um ihre Ergebnisse zu präsentieren: Solarhäuser mit neutraler oder sogar positiver Energiebilanz.

Im Fokus des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Wettbewerbs stand erstmals das Konzept „Solar Decathlon Europe goes Urban“, bei dem das nachhaltige Bauen und Wohnen im städtischen Kontext im Mittelpunkt stand. Vor dem Hintergrund zunehmender Urbanisierung und knappem Wohnraum lautete die Devise also Um- und Weiterbau statt Abriss und Neubau.

Wie beim olympischen Zehnkampf, haben sich auch die Teams des Solar Decathlon Europe in zehn Disziplinen gemessen: Architektur, Gebäudetechnik und Bauphysik, Energieperformance, Realisierbarkeit und Sozial-ökonomischer Kontext, Kommunikation und Bildung, Nachhaltigkeit, Komfort, Funktion, Urbane Mobilität und Innovation.

Ein interdisziplinäres Team vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hatte schließlich die Nase vorn und holte den Gesamtsieg. Platz 2 ging an die TU Eindhoven, den dritten Platz teilten sich die Teams aus Grenoble und Delft. Doch was macht das Siegergebäude so besonders, wie sieht es aus und wie gelingt dort eine CO2-neutrale solargestützte Energieversorgung?

Die Karlsruher widmeten sich einer Fläche, die sich über unseren Köpfen befindet, oft übersehen wird und riesiges Potenzial an Bauland bietet: Die Dächer der Stadt. Sie entwarfen ein Gebäudekonzept, das als Aufstockung für ein Gebäude aus dem 19. Jahrhundert (das Cafe ADA in der Altstadt von Wuppertal) konzipiert ist und ganz vom Gedanken der Kreislaufwirtschaft geprägt ist: eine Fassadenverkleidung aus Holz alter Scheunen aus dem Schwarzwald, nie verbaute Fenster aus dem Lager eines Fensterbaubetriebs, Küchen- und Badezimmerabdeckungen aus recycelten Joghurtbechern, natürliche Baustoffe wie Lehmputz und getrocknetes Seegras als Dämmmaterial. Dabei sind alle Verbindungen lösbar, auf Verwendung von Klebstoffen, Farben und Imprägnierungen wird verzichtet.

Die Energieversorgung des Gebäudes basiert auf PVT (photovoltaic-thermischen)-Kollektoren, die gleichzeitig Solarstrom und Wärme für eine Wärmepumpe liefern, wobei letztere ein Fußbodenheizungssystem und einen Warmwasserspeicher speist. Auch die Umwandlung von Bioabfällen in Biogas zum Kochen wird berücksichtigt. Alles in allem wird der gesamte Energiebedarf im RoofKIT Projekt – dazu zählt nicht nur die Versorgung des Gebäudes an sich, sondern auch alle Geräte und E-Mobilität – aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Eine passive Kühlstrategie, die im Sommer die Innenraumtemperaturen im gewünschten Komfortbereich hält, sowie ein ausgeklügeltes Beleuchtungskonzept runden das Karlsruher Projekt ab – seien hier aber nur am Rande erwähnt.

Wer nun Lust bekommen hat, sich die nachhaltigen Bauten aus der Nähe anzuschauen – kein Problem! Acht der 16 Versuchsbauten sollen auch künftig zu Forschungszwecken als sogenanntes Living Lab in Wuppertal stehen bleiben, der Rest wird rückgebaut und bekommt wahrscheinlich einen Ehrenplatz auf dem jeweiligen Campus der beteiligten Hochschulen.

Auch wenn die Zahlen recht ernüchternd sind – etwa 40 Prozent der globalen CO2-Emissionen und 40 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs gehen auf den Bausektor zurück – so zeigen sie doch auch ein großes Potenzial auf. Denn wo viel verbraucht wird, lässt sich (meistens) auch viel einsparen. Und vielleicht hat der Wettbewerb diesbezüglich mit seiner Botschaft einen kleinen Beitrag geleistet: Zeigen, wie nachhaltige Architektur aussehen kann und damit möglichst viele (aktuelle und zukünftige) Hausbesitzer inspirieren.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.07.2022

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DWD Solarer Zehnkampf