Es sprudelt wieder

Nach einem knappen Jahr Pause spuckt seit drei Tagen die Erde am Fagradalsfjall im Südwesten Islands wieder Feuer und Rauch. Gegen Mittag des 3. August 2022 gab der dafür zuständige isländische Wetterdienst “Veðurstofa” eine Mitteilung heraus, dass eine neue Eruption begonnen hat. Dem Ereignis gingen dabei in den Vortagen und -wochen zahlreiche Erdbeben, sogenannte Schwarmbeben, voraus. Das stärkste Beben ereignete sich dabei am 31. Juli in der Nähe des Örtchens Grindavík mit einer Magnitude von 5,7. Für ein von Magmafluss verursachtes Beben ist das schon recht viel, dementsprechend blieb es auch nicht ganz folgenlos. So flogen im dortigen Supermarkt unter anderem zahlreiche Verpackungen und Flaschen aus den Regalen. Spürbar war es allemal, auch bis in die Hauptstadt Reykjavík hinein.

Es schien also relativ klar, dass dort in nächster Zeit etwas passieren würde. Weitere Anzeichen für einen bevorstehenden Ausbruch waren unter anderem bereits an den Vortagen aufsteigender Dampf und Rauch an der Eruptionsstelle. Mittels eines sogenannten Interferogramms basierend auf Radarbildgebung des Satelliten Sentinel-I ließ sich in diesem Zeitraum auch eine Wölbung und Verformung der Erdoberfläche nachweisen. Schließlich steigerte sich die Erdbebenaktivität immer weiter, bis es zur neuen Eruption kam.

Wie aber begann das ganze Schauspiel überhaupt? Dafür muss man gedanklich ein gutes Jahr zurückspulen bis in den Spätwinter 2021. Die Gegend um den Fagradalsfjall zeigte sich zuvor schon seit einigen Jahren relativ unruhig. Immer wieder kam es rund um den alten Schildvulkan, der zum größeren Vulkansystem Krýsuvík gehört, auf der Halbinsel Reykjanes zu Schwarmerdbeben. Nachdem die Erdbebentätigkeit im Februar und Anfang März 2021 immer heftiger wurde, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis eine Eruption beginnen würde. Dabei würde es sich schließlich um den ersten Vulkanausbruch seit über 800 Jahren auf der Halbinsel Reykjanes handeln.

Am Abend des 19. März 2021 war es dann endlich soweit. Am Südhang des Fagradalsfjall, in den Geldingadalir, öffnete sich eine Spalte, aus der kontinuierlich Lava floss. In den Folgetagen und -wochen wuchsen anschließend rasch mehrere Krater und es bildete sich schnell ein umfangreiches Lavafeld. Mit der Zeit verlagerte sich das Eruptionsgeschehen immer wieder und es öffneten und schlossen sich wiederholt verschiedene Spalten in der Erdoberfläche. Ende April und Anfang intensivierte sich die Vulkantätigkeit nochmals signifikant, dabei konnten aus den inzwischen entstandenen Kratern Fontänen mit einer Höhe von bis zu 500 Metern beobachtet werden. Diese Aktivität beruhigte sich aber rasch wieder. Im Anschluss daran war hauptsächlich nur noch ein großer Krater aktiv, aus dem inzwischen Lava in weitere Seitentäler abfloss. Seit Anfang September 2021 kam auch dieser Krater zur Ruhe und es floss – wenn überhaupt – nur noch sehr wenig Lava aus. Mitte Dezember 2021 wurde der Ausbruch schließlich für beendet erklärt, nachdem über drei Monate hinweg keine neue Lava mehr gefördert wurde. Aufgrund anhaltender Erdbebenaktivität konnte aber schon zu diesem Zeitpunkt nie ausgeschlossen werden, dass es nicht erneut zu einer Eruption kommen würde.

Die Vulkanologen bei der Veðurstofa gehen davon aus, dass sich um die Eruptionsstelle langsam aber stetig ein neuer Schildvulkan aufbauen wird. Wenn dem so ist, würde dies bedeuten, dass die Eruptionstätigkeit – sicher auch mit Unterbrechungen – noch über viele Jahre anhalten wird. Eine gute Gelegenheit also, dem Fagradalsfjall mal einen Besuch abzustatten, denn kaum irgendwo auf der Welt lässt sich ein Vulkanausbruch derart gut und verhältnismäßig gefahrlos aus nächster Nähe beobachten.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 06.08.2022

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