Zu warm, zu trocken, (zu?) sonnig

Mittlerweile kann man es wohl fast kaum noch jemanden übel nehmen, wenn man der immer weiter zunehmenden Rekord- und „Extrem”-Meldungen zum Thema Wetter und Klima überdrüssig wird. Immer wieder neu aufgestellte Temperatur- und Sonnenscheinrekorde, Extremniederschlagsmengen oder aber langanhaltende Dürreperioden und damit einhergehende Vegetationsbrände – die Meldungen prasseln immer häufiger auf einen ein.
Allerdings ist es die Faktenlage, die etwas anderes kaum noch zulässt. Und so stand auch das Jahr 2022 wieder einmal im Zeichen gefallener oder neu aufgestellter Rekorde. Allem voran war auch 2022 im Mittel wieder einmal viel zu warm. Die bis dato erreichte Jahresmitteltemperatur beträgt (gerundet) +10,5°C und liegt damit 1,2 Grad über dem Mittel 1991-2020 bzw. 2,3 Grad über dem Mittel 1961-1990. Damit handelt es sich mindestens um das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Bisher hält das Jahr 2018 dabei die Spitzenposition. Im „Wettlauf” darum, ob 2022 auch der neue Gesamtspitzenreiter wird, läuft es am Ende wohl auf ein Fotofinish hinaus, bei dem jetzt auch noch die letzten Tage des Jahres entscheidend sind.
Besagte letzte Tage haben es dabei nochmal in sich. Wie auch schon in den kürzlich erschienenen Themen des Tages bereits angesprochen, erwartet uns in Deutschland der wärmste Jahreswechsel seit Aufzeichnungsbeginn. Grund dafür ist eine ausgesprochen lebhafte Südwestströmung, mit der gleichzeitig ungewöhnlich milde Luftmassen zu uns nach Deutschland gelangen. Bezeichnend dafür ist unter anderem die Temperatur im 850 hPa-Niveau (in ca. 1,5 km Höhe), die zu Silvester in Süddeutschland bei etwa +10°C liegt. Das sind Werte, die man normalerweise eher im Spätfrühling erwarten würde. Dementsprechend fallen auch die Höchsttemperaturen aus. Diese liegen im Norden und der Mitte Deutschlands bei 14 bis 18°C. Aber noch wärmer wird es in Süddeutschland. Hier klettert das Thermometer tatsächlich auf Spitzenwerte von 20 bis 22, eventuell sogar 23°C. Das reicht zwar nicht aus, um den deutschlandweiten Dezemberrekord zu brechen (24,0°C am 16.12.1989 in Müllheim/Baden), aber die bisher gesehenen Spitzenwerte zu Silvester würden damit reihenweise regelrecht pulverisiert.
Damit scheint es auch nicht unwahrscheinlich, dass 2022 letztendlich das insgesamt wärmste Jahr in Deutschland wird. Für das exakte Ergebnis müssen aber die tatsächlich aufgetretenen Temperaturen noch abgewartet und mit in die Statistik einbezogen werden. Dies geschieht dann im Laufe des Januar 2023.
Aber nicht nur bezüglich der Temperaturen war das Jahr 2022 auffällig. Neue Rekorde wurden auch – Solaranlagenbesitzer wird es freuen – bei der Sonnenscheindauer aufgestellt. Im bundesweiten Mittel betrug die Gesamtsonnenscheindauer 2025 Stunden und lag damit 30% über dem Referenzwert der Klimaperiode 1961-1990 (1544 Stunden) bzw. immer noch etwa 20% im Vergleich zum Mittel des Zeitraums 1991-2020 (1665 Stunden).
Bezüglich des gefallenen Niederschlags bleibt vor allem die ausgeprägte Dürreperiode im Sommer dieses Jahres in Erinnerung. Das spiegelt sich auch in der Jahressumme wieder, denn diese weist im bundesweiten Mittel ein Defizit von etwa 15% gegenüber der Referenzperioden 1961-1990 und 1991-2020 auf. Dabei fiel dieses Defizit noch einigermaßen moderat aus aufgrund der sehr nassen Monate Februar und September. Das Niederschlagsdefizit der reinen Sommermonate (Juni, Juli, August) lag dagegen für sich betrachtet bei enormen 40%. Die höchste Tagesniederschlagssumme fiel dabei in Babenhausen/Unterallgäu mit 112 l/m².
Die genauen Top 3-Spitzenreiterwerte für Temperatur, Niederschlag und Sonnenschein erscheinen dann zu Beginn des neuen Jahres in einem eigenen „Thema des Tages”. Weiterführende Informationen finden sich außerdem unter
M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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