Tag der Freude

Die größte Freude für Meteorologen und Meteorologinnen ist natürlich eine korrekt eingetroffene Prognose. Aber man freut sich auch schonmal über Regen, der gegen die Büroscheiben platscht. Gerade wenn es tage- oder wochenlang trocken war. Auch der Aufzug von Gewitterzellen, die sich vom Büro im 6. Stock in Offenbach aus sehr gut beobachten lassen, bringt den ein oder anderen Freudejauchzer hervor. Da werden gestandene Männer zu kleinen Kindern, die sich die Nase am Fenster platt drücken, so wie früher am Schaufenster eines Spielzeugladens.
Freude bereiten auch die kleinen Gesten, die uns per Mail oder Nachricht in den sozialen Medien erreichen. Wenn Menschen uns von ihren Erlebnissen mit der Natur berichten, Bilder oder kurze Videos schicken. Von Zeit zu Zeit erreichen uns auch Karten oder Briefe, im Zuge der Digitalisierung hat das allerdings stark abgenommen. Manch einer hat sogar Freude daran, am Telefon der alten Dame zum zehnten Mal zu erklären, dass das Gewitter heute nicht bei ihr am Ort auftreten wird.
Ins Leben gerufen wurde der Tag der Freude wahrscheinlich in den 80er-Jahren. Von wem und aus welchem Anlass ist nicht überliefert. Im Jahre 2012 hat die UNO auch einen Weltglückstag beschlossen. Dieser wird jedes Jahr am 20 März begangen. Er steht quasi in Konkurrenz zum Tag der Freude, die wir uns aber nicht nehmen lassen wollen.
Grund zur Freude hat in dieser Woche jeder, der sich von Schauern und Gewittern begeistern lässt und dem Temperaturen über 25 Grad ein Gräuel sind. Tief UNAI über Skandinavien lenkt nämlich feuchte und kühle Luft zu uns.

DWD Tag der Freude

Dabei ist es am heutigen Montag noch am wärmsten mit Höchstwerten bis 30 Grad in der Lausitz. Im weiteren Wochenverlauf gibt es tagsüber maximal 24 Grad, oft auch unter 20 Grad. Nachts kühlt es teils unter 10 Grad ab. Erst am Freitag dieser Woche sind wieder sommerliche Maxima der Temperatur zu erwarten. Dann werden im Süden und über der Mitte 25 bis 29 Grad erwartet. Im Norden ist es naturgemäß etwas kühler.
Schauer und Gewitter bringen bis zum Ende der Woche überall etwas Regen. Vor allem im Süden, aber auch im Norden regnet es mitunter längere Zeit. Das bereitet der Natur besondere Freude, denn das Niederschlagsdefizit, das vor allem im Osten und über Teilen der Mitte Deutschlands immer noch besteht, kann so etwas gemildert werden.

DWD Tag der Freude

Die obige Grafik veranschaulicht das Niederschlagsdefizit. Sie vergleicht die bisher gefallene Regenmenge im Juli (links, ermittelt aus Radardaten) mit den normierten Niederschlagsmengen aus vergangenen Messungen der Jahre 1971 bis 2000. Zu erkennen ist, dass im Osten im Juli am wenigsten Niederschlag fällt. Das lässt sich auch aus den bisherigen Messungen lesen, allerdings fehlen zur Norm von 25 bis 50 Liter pro Quadratmeter im Monat noch gut 20 bis 30 Liter, und der Monat hat nur noch 7 Tage.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.07.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Ein Islandtief auf Island

Unser geschätzter Kollege Sven Plöger war vor einiger Zeit im Auftrag des Wetters unterwegs. In mehreren Dokumentationen (je nach Thematik in mehrere Doppelfolgen aufgeteilt) ging er verschiedenen Fragestellungen zum Thema Wetter nach. In der ersten Doppelfolge ging es darum, wo unser Wetter entsteht und wie die Meere unser Wetter beeinflussen. Hierfür reiste er unter anderem nach Island und auf die Azoren und sprach dort mit Menschen über ihre Lebensgewohnheiten. In der zweiten wurde hauptsächlich der Wind und dessen verschiedene Strömungen thematisiert. Und in der dritten Doppelfolge ging es dann schließlich um die Alpen. Die Dokumentationen wurden im Auftrag der ARD ab 2015 produziert, in den Jahren 2016, 2018 und 2020 erstausgestrahlt und können in der Mediathek noch bis 2025 nachgeschaut werden (Link siehe unten). In der Zwischenzeit wurden auch bereits Bücher zur Sendung herausgegeben.

Speziell in der ersten Folge geht es um das Thema Hoch- und Tiefdruckgebiete und deren bevorzugte “Entstehungsgebiete”. Für das europäische Einzugsgebiet sind an dieser Stelle das Azorenhoch und das Islandtief zu nennen.

Unter dem Azorenhoch versteht man ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Hochdruckgebiet, welches man häufig im Bereich der Azoren antrifft und Bestandteil des subtropischen Hochdruckgürtels ist Thema des Tages vom 27.07.2016.

Sein Gegenspieler ist das Islandtief. Zwischen 60 und 70 Grad Nord zeigen mittlere globale Luftdruckverteilungen im Meeresniveau eine Zone tiefen Drucks. Diese als subpolare Tiefdruckrinne bezeichnete Zone ist besonders im Winter deutlich ausgeprägt. Über dem Nordatlantik wird im Seegebiet um Island häufig ein ausgeprägtes Tiefdruckgebiet angetroffen, woher auch der Name des Islandtiefs rührt .

Als Meteorologe oder Meteorologin hat man von Natur aus Interesse daran, wo die Druckgebilde entstehen, mit denen man sich so im Alltag auseinandersetzt. Da Island sowieso spannende Landschaften und vielseitige Natur zu bieten hat, gehört das Land sicherlich zu den absoluten Traumzielen in der meteorologischen Community und bei allen, die sich für Wetter, Vulkanismus, Wale, Vögel usw. begeistern. Daher war es absehbar, dass in einem Urlaub Island angesteuert werden MUSS. Da auch der Wettergott niemanden enttäuschen wollte, gab es nicht “nur” Sonnenschein, sondern am Ende einer eindrücklichen Rundreise sorgte das Islandtief NIKOLAUS an der Südküste für Regen und vor allem Sturm.

Das Tief entwickelte sich östlich von Neufundland und wurde am 25.06.2023 auf den Namen NIKOLAUS getauft. Am 27.06.2023 erreichte das okkludierende Frontensystem mit Regen und vor allem Sturm die Südküste Islands, während die dazugehörige Warmfront ab dem 28.06.2023 allmählich Einfluss auf das Wettergeschehen in Deutschland nahm. Viel Regen kam hierbei nicht zusammen, doch sorgte die dazugehörige Bewölkung für teils ganztägig bedeckten Himmel im Nordwesten. Im Zusammenhang mit der Kaltfront konnten dann ab dem 29.06.2023 schauerartige Regenfälle und einzelne Gewitter verzeichnet werden.

DWD Ein Islandtief auf Island

Doch nun zurück nach Island und zum 27.06.2023. An diesem Morgen konnte man wahrlich von “Ruhe vor dem Sturm” sprechen. Man muss an dieser Stelle zwar etwas differenzieren: Wenn wir hier von Sturm sprechen, dann kann es sich aus isländischer Sicht auch nur um ein mehr oder weniger laues Lüftchen handeln. Doch was für diesen Tag vorhergesagt war, war dann doch auch mehr als ein laues Lüftchen und der isländische Wetterdienst gab eine “gelbe” Windwarnung heraus. Zum Vergleich: In Deutschland wird eine gelbe Windwarnung herausgegeben, wenn die Windböen Geschwindigkeiten von 50 km/h erreichen und/oder überschreiten. In den Hochlagen passiert das natürlich schneller als in tieferen Lagen, weswegen hierbei gerne separiert wird, wobei das an dieser Stelle nun etwas weit führen würde. Jedenfalls wurde an besagtem 27.06.2023 an Islands Südküste vor mittleren Windgeschwindigkeiten (nicht die Geschwindigkeiten der Böen!) von 55 bis 81 km/h gewarnt.

DWD Ein Islandtief auf Island

DWD Ein Islandtief auf Island 1

Bei einer Bootsfahrt auf der Gletscherlagune Jökulsárlón um 9 Uhr konnte man noch nichts erahnen, doch richtigerweise wurde die Gletscherwanderung, die für die Mittagsstunden angesetzt war, abgesagt. Tatsächlich ging dann auch alles sehr schnell. Als Alternative zur abgesagten Gletscherwanderung wurde die Gletscherzunge Svínafellsjökull besucht, die relativ leicht zugänglich ist. Dies war gerade einmal drei Stunden später und man konnte sich (fast) nicht mehr auf den Beinen halten. Natürlich ist es immer sehr schwer, lokal die Böen abzuschätzen, aber zu dieser Zeit konnten entlang der Südküste bereits 80 km/h und mehr gemessen werden. Im Nachmittagsverlauf nahm der Wind dann weiter zu und die Busfahrt gestaltete sich etwas ruppig, doch wie oben erwähnt, ist Wind in Island nicht gleich Wind in Deutschland, weswegen sich der Busfahrer nicht aus der Ruhe bringen ließ. Manche Straßen waren aber doch vorsorglich von einer Sperrung betroffen. Letztendlich waren dann die ein oder andere orkanartige Böe und Orkanböe dabei, mit den Spitzenwerten von 152 km/h in Reynisfjall und 176 km/h in Steinar.

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Auch Regen kam etwas zusammen, wobei die Mengen meist bei unter 20 l/qm in 24 Stunden lagen. Der gefühlt waagrecht fallende leichte Regen machte das Ganze in Kombination mit den Windböen noch unangenehmer. Doch noch unangenehmer war es sicherlich an so manchem Strand, an denen man mit schwarzem Sand quasi gesandstrahlt werden konnte.

 

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Isländisch, aber nicht ganz so stürmisch ist das Deutschlandwetter am heutigen Dienstag. Zwar ist heute kein Islandtief wetterbestimmend, aber ein Tiefdruckgebiet über Südskandinavien. Schauerartiger Regen über der Südhälfte, Höchsttemperaturen von teilweise keinen 20 Grad und teils böig auffrischender West- bis Nordwestwind vermitteln den Eindruck von typischem Wetter auf Island. Einzelne Gewitter stehen in der Südhälfte zwar ebenfalls auf der Agenda, die haben allerdings nicht wirklich was mit Island zu tun…

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.07.2023
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Hitze, Trockenheit und Waldbrände dominieren den östlichen Mittelmeerraum!

Während sich über Nord- und Nordwest- sowie Mitteleuropa eine zyklonale Westlage eingestellt hat, sodass unter Tiefdruckeinfluss wiederholt atlantische Luft in die Nordhälfte Europas strömt, sorgt ein Tief westlich des Schwarzen Meeres dafür, dass heiße Luft von Ägypten nach Griechenland und in die Türkei weht. Zudem kann sich auch von Israel, Syrien und dem Libanon bis zum Iran und Irak weiter die heiße Luft einnisten. Nachdem die Iberische Halbinsel bei Höchstwerten unter 36 Grad vorübergehend etwas “durchschnaufen” konnte, soll sich zum Wochenende auch dort die Lage bei Hochdruckeinfluss und recht viel Sonnenschein wieder etwas verschärfen, indem die Werte wieder um 40 Grad liegen.

DWD Hitze Trockenheit und Waldbraende dominieren den oestlichen Mittelmeerraum

Am heutigen Mittwoch wird der Hitzehöhepunkt in Griechenland erwartet. Vor allem im Süden und Osten des Landes sollen die Temperaturen tagsüber auf Werte zwischen 39 und 46 Grad steigen. Aber auch im Nordwesten Griechenlands bleibt es bei Maxima von 34 bis 38 Grad heiß. Schwitzen ist am heutigen Mittwoch zudem in der Türkei angesagt. Auch dort simulieren die Modelle Höchsttemperaturen von 37 bis 44 Grad. Gleichermaßen steht die Hitze auch auf Zypern bei Werten um 40 Grad, in Syrien mit 37 bis 46 Grad, in Israel mit 32 bis 42 Grad, oder in Ägypten abseits der Küste mit 38 bis 50 Grad voll im Fokus. Aber die Hitze kommt nicht allein!

DWD Hitze Trockenheit und Waldbraende dominieren den oestlichen Mittelmeerraum 1

Neben der Hitze sorgen auch die starke Sonneneinstrahlung und die mit Feuchte angereicherte Luft für eine zusätzliche Belastung. Aufgrund der Sonne kann viel Mittelmeerwasser verdunsten und sich als Wasserdampf in der Luft aufhalten. Umso wärmer die Luft, desto mehr Wasserdampf kann diese aufnehmen. Je höher die Lufttemperatur ist, desto geringer wird die notwendige relative Feuchte um Schwüle zu erzeugen. Bei einer aktuellen Temperatur von ca. 17 Grad beträgt der Sättigungsdampfdruck gerade 18.8 hPad.h. es müssen etwa 100 % relative Feuchte herrschen, um Schwüle zu erreichen. Bei 20 Grad werden immerhin 80 %, bei 30 Grad noch 44 % und bei 40 Grad nur ca. 25 % relative Luftfeuchte benötigt, um das Milieu als schwül zu empfinden. Vor allem im Küstenumfeld der Mittelmeerstaaten beträgt die spezifische Feuchte derzeit aber 40 bis 80%, was auf eine extreme Schwüle schließen lässt. Der Körper leidet daher stark unter der Hitze und der Schwüle. Auch die Nächte können bei Tiefstwerten zwischen 27 und 20 Grad kaum für Entlastung sorgen.

DWD Hitze Trockenheit und Waldbraende dominieren den oestlichen Mittelmeerraum 2

Trotz der hohen Feuchte in der Luft sind Niederschläge rar. Allenfalls lokal begrenzt können einzelne heftige Gewitter ausgelöst werden und dort zu heftigem Starkregen, Hagel und Sturmböen führen. Diese örtlichen Schauer und Gewitter mindern daher kaum die anhaltende Trockenheit und sorgen auch nicht für eine natürliche Unterstützung beim Löschen der zahlreichen Wald- und Flächenbrände. Bis über das kommende Wochenende hinweg sind im Umfeld des Mittelmeeres kaum signifikante Regenfälle zur erwarten. Allenfalls im Norden Spaniens, in der Balkanregion oder rund ums Schwarze Meer sind in diesem Kontext nennenswerte Niederschlagsmengen möglich.

DWD Hitze Trockenheit und Waldbraende dominieren den oestlichen Mittelmeerraum 3

Statt den zahlreichen Feuerwehrleuten und freiwilligen Helfern eine Stütze zu sein, präsentiert sich das Wetter eher als launischer Partner, der die Brände anfacht. Verantwortlich dafür ist der stark böige, teils stürmische Wind, der vielerorts herrscht.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.07.2023
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Sommerhalbzeit

Genau heute wird im meteorologischen Sommer zur Halbzeit gepfiffen. Das ist ein guter Zeitpunkt, die ersten 45 der 91 Tage des Sommers Revue passieren zu lassen. Für eine kurze Halbzeitbilanz schauen wir uns die Abweichungen von Temperatur, Niederschlag und Sonnenscheindauer in Bezug auf die Klimareferenzperiode 1961-1990 an.

Der meteorologische Sommer 2023 startete im Juni mit viel Hochdruckeinfluss. Am Rande blockierender Hochdruckgebiete über Nordwest- und Nordeuropa wurde mit vorwiegend östlicher Strömung oft trockene und kontinental geprägte Luft zu uns geführt, die Sonne schien nicht selten von früh bis spät. Erst zur Junimitte nahm die Tiefdruckaktivität zu, in zeitweise schwül-heißer Luft kam es teils zu heftigen Gewittern, die allerdings selten flächigen Niederschlag brachten. Nach erneutem Hochdruckeinfluss im Laufe der dritten Dekade stellte sich die Wetterlage zum Monatswechsel um. Statt Hochdruckgebieten brachten sich über Nordwest- und Nordeuropa Tiefdruckgebiete in Stellung. An dessen Rand setzte sich mit vorwiegend westlicher Strömung im Norden mal mehr, mal weniger warme, nach Süden zu öfter heiße und bisweilen auch zu teils heftigen Gewittern neigende Luft durch. Flächiger Landregen blieb aber weiterhin aus.

Und was bedeutet das nun unterm Strich für die gemittelten Temperaturen, die Niederschläge und die Summe der Sonnenscheindauer?

Bezogen auf die Klimareferenzperiode von 1961-1990 kann man ganz klar festhalten, dass der bisherige Sommer deutlich zu warm ausfiel (siehe Abbildung 1, links). In der Südhälfte war es besonders warm, dort liegen die Tagesmitteltemperaturen verbreitet 3 bis 4 Grad über dem Durchschnitt. Nach Norden zu gehen die positiven Anomalien zwar zurück, sind meist +2 bis +3 Grad aber immer noch nennenswert. Mit einem Deutschlandmittel der Tagesmitteltemperatur von rund 19 °C und einer Abweichung von etwa +3,1 Grad würde der Sommer auf Platz 4 der wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen landen. Bezogen auf die neue Referenzperiode 1991-2020, die dem subjektiven Empfinden wohl noch etwas näherkommt, ist der Sommer mit +2,1 Grad übrigens bisher ebenfalls deutlich zu warm!

DWD Sommerhalbzeit

Beim Niederschlag zeigt sich ein sehr heterogenes Bild, bedingt durch die eher kleinräumig aufgetretenen Schauer und Gewitter (siehe Abbildung 2, mittig). Teilweise war es extrem trocken, zum Beispiel vom Saarland über Rheinland-Pfalz bis nach Hessen, wo zur Hälfte des Sommers nicht selten weniger als 20 %, also erst ein Fünftel der zu erwartenden Gesamtmengen gefallen sind. Kleinräumig blieben die Regenfässer sogar fast komplett leer. Ansonsten liegen wir in den Mittelgebirgen, wo bevorzugt Schauer und Gewitter entstehen, mit 30-50 % des Niederschlags zumindest etwas näher am Soll. Mehr als 50 % und damit mehr als bis zum jetzigen Zeitpunkt üblich sind in Teilen Nordwest- und Ostdeutschlands gefallen. Die Gebiete mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen überwiegen aber, sodass im Deutschlandmittel nur knapp 35 % des gesamten Sommersolls an Niederschlag zu Buche schlagen, es also signifikant zu trocken war.

Passend dazu liegen wir bei der Sonnenscheindauer meist über 50 %, es war also quasi überall zu sonnig bisher (siehe Abbildung 1, rechts). Allerdings zeigt sich auch hier ein mehr oder weniger deutliches Südwest-Nordost-Gefälle.

Und wie geht es weiter?

Zumindest bezogen auf die Temperatur sehr schwankend, denn die durch nordeuropäische Tiefdruckgebiete geprägte, unbeständige “Westwindwetterlage” setzt sich fort. In der Abbildung 2 erkennt man, dass die gemessene Mitteltemperatur im bisherigen Sommerverlauf (grün) immer über der Mitteltemperatur der Referenzperiode 1961-1990 (schwarz) lag. Bis Ende des Monats setzen sich diese Temperaturschwankungen auf insgesamt etwas niedrigerem Niveau als zuletzt fort, teilweise könnte es sogar mal leicht zu kühl werden. Damit dürften die starken Abweichungen der Mitteltemperaturen des Sommers zumindest etwas abschmelzen.

DWD Sommerhalbzeit 1

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.07.2023
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Das Christkind im Juli

Bereits in den vergangenen Wochen waren die anormal hohen Meeresoberflächentemperaturen ein mediales Thema. Davon betroffen ist unter anderem der äquatoriale Pazifik, vor allem im zentralen und östlichen Bereich. Üblicherweise liegen die Wassertemperaturen in diesem Bereich relativ betrachtet im eher niedrigen Bereich. Von Zeit zu Zeit aber verändern sich die Temperaturverhältnisse im dortigen Ozean derart, dass sehr warmes Wasser an die Oberfläche transportiert wird; bis hin an die peruanische und ecuadorianische Küste.

DWD Das Christkind im Juli

Diese veränderten Temperaturverhältnisse wirken durch die Kopplung von Ozean und Atmosphäre in der Folge auch weitreichend auf Wetter und Klima. So ist durch den steigenden Wärmeeintrag mit einer noch stärkeren Zunahme des globalen Temperaturmittelwerts über die nächsten 1 bis 2 Jahre zu rechnen. Zu erwarten sind dabei zum Beispiel noch ausgeprägtere Hitzewellen in Regionen, die davon ohnehin bereits betroffen sind. Dies ist vor allem in den tropischen und subtropischen Breiten der Fall.

DWD Das Christkind im Juli 1

Diese Zunahme an Wärmeperioden und Hitzewellen geht Hand in Hand mit starken Veränderungen der Niederschlagsverteilung über Raum und Zeit. Einerseits führt El Niño in den Wintermonaten (Dezember bis Februar) zu ausgeprägten Dürreperioden (z.B. im westpazifischen Raum), andererseits aber auch zu extremen Starkregenereignissen, die weiterhin zu Überflutungen führen (z.B. in Teilen Nordamerikas).

DWD Das Christkind im Juli

Aber nicht überall sind diese Veränderungen zu erwarten. Zwar lassen sich auch für Europa mögliche Temperatur- und Niederschlagsanomalien nicht ausschließen, aber es gibt diesbezüglich keine statistisch robuste Systematik. Oder mit anderen Worten: Etwaige Wetter- und Klimaextreme lassen sich nicht einfach auf ein stattfindendes El Niño-Ereignis zurückführen. Hier bedarf es der Anstrengungen der Attributionsforschung, um einzelne Ereignisse einer konkreten Ursache – wie eben El Niño oder der anthropogen verursachten Erderwärmung im Allgemeinen – zuordnen zu können.

Mögliche Auswirkungen sind in den nächsten Jahren eher auf indirekte Art und Weise im sozioökonomischen Bereich zu erwarten. Ernte- und Fischereiausfälle machen sich auch hierzulande durch steigende Preise bemerkbar. Potenziell zunehmende Dürren und Hungersnöte lassen auch keine Erwartung hinsichtlich der Abnahme des bestehenden Migrationsdrucks zu.

Welche weiteren Auswirkungen das gegenwärtige El Niño-Ereignis haben wird, lässt sich insgesamt kaum beziffern. Mit einem schnellen Ende sollte man aber nicht rechnen – die Saisonalprognosen des DWD zeigen in den kommenden Monaten weiter zunehmende Meerestemperaturen im Zentral- und Ostpazifik.

Felix Dietzsch, M.Sc
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.07.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Mittagshitze vs. Höchsttemperatur

Hitze, also Temperaturwerte von 30 Grad und mehr, ist momentan bei uns in Deutschland kein Thema – ganz im Gegensatz zu Südeuropa bzw. dem Mittelmeerraum, worauf bereits letzten Sonntag an dieser Stelle eingegangen wurde. Aber auch bei uns ist die Kuh noch nicht vom…äh…Eis, denn die nächsten heißen Tage kommen bestimmt. Immerhin haben wir ja noch das letzte Drittel des Julis und noch den ganzen August vor uns, bevor im September die Hitzewahrscheinlichkeit dann doch allmählich abnimmt.

Immer wieder hört und liest man bei dieser Thematik von der sogenannten “Mittagshitze”, die man zurecht auch meiden sollte, wenn es irgendwie geht. Mit Blick auf den Tagesgang der Temperatur stellt man allerdings fest, dass die größte Hitze, also die Höchsttemperatur in unseren Breiten im Sommer tatsächlich meist erst abends, etwa gegen 18 Uhr erreicht wird. Aber sind Ihnen schon einmal Begriffe wie “Abendhitze” über den Weg gelaufen? Wahrscheinlich eher nicht. Ist es jetzt mittags oder abends heißer?

Veranschaulichen wir den Tagesgang der Temperatur anhand einer Badewanne: Bei geöffnetem Abfluss drehen wir den Wasserhahn nun ein kleines Stück auf. Die Folge: Das Wasser fließt direkt über den Abfluss wieder ab. An eine Füllung der Wanne ist bei diesem Rinnsal nicht zu denken. Das ist in etwa gleichzusetzen mit den ersten einfallenden Sonnenstrahlen am Morgen. Drehen wir den Hahn nun langsam weiter auf, stellen wir fest, dass das Wasser allmählich anfängt zu steigen (entspricht dem Vormittagsverlauf). Zur Mittagszeit ist der Hahn voll aufgedreht und das Wasser (respektive die Sonneneinstrahlung bzw. die Lufttemperatur) steigt stark an.
Im Anschluss wird der Hahn nun langsam wieder zugedreht, es fließt aber immer noch mehr Wasser von oben nach, als unten abfließt – das Wasser (also die Lufttemperatur) steigt demnach immer noch, wenngleich nicht mehr so schnell (entspricht dem Nachmittagsverlauf). Erst im Laufe des Abends wird der Punkt erreicht, an dem das nicht mehr der Fall ist – der höchste Wasserstand bzw. die Höchsttemperatur ist erreicht. Es fließt nun wieder mehr Wasser ab als nach und der Wasserstand sinkt. Auf die Luft übertragen, reicht die Einstrahlung der immer tiefer stehenden Sonne nicht mehr aus, um es mit der Abkühlung der Luft aufnehmen zu können.

Und wie ist das jetzt mit der Mittagshitze, wenn es doch abends noch heißer ist? Die betrachteten Temperaturwerte werden im Schatten gemessen. Dort ist es mittags also noch kühler als abends. Befindet man sich in der Sonne, sieht das Ganze anders aus. Zur Mittagszeit steht sie in unseren Breiten am steilsten am Himmel, wodurch ihre Einstrahlung am stärksten ist, was für den Körper unter Umständen durchaus gefährlich werden kann. Abends fällt die Sonnenstrahlung dagegen deutlich flacher ein und ist dadurch auch spürbar schwächer.

Die Mittagshitze bezieht sich also auf den Aufenthalt in der prallen Sonne, die abendliche Höchsttemperatur auf die gemessenen Werte im Schatten. Beide schließen sich also nicht aus, ganz im Gegenteil.

Dipl.-Met Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.07.2023

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Kleine Gewitterkunde – Teil 1: Die Einzelzelle

In diesem Sommer gab es in Deutschland schon einige Gewittertage, auch die eine oder andere Schwergewitterlage stand schon auf dem Programm. Vielleicht ist Ihnen beim Blick aufs Radarbild schon einmal aufgefallen, dass Gewitter ganz unterschiedliche Formen annehmen können. Mal “ploppen” Gewitter relativ wahllos auf, erzeugen ein typisches Streuselkuchenmuster auf dem Radarbild und sind jeweils nur über einem relativ kurzen Zeitraum zu sehen. Manchmal kommen aber auch Gewitter vor, die sich über Stunden halten und hunderte Kilometer zurücklegen können und bisweilen gibt es auch riesige Gewitterkomplexe, die großflächige Schäden anrichten können, wie vor gut zwei Wochen im Süden von Baden-Württemberg und Bayern.

Vor allem die atmosphärischen Verhältnisse entscheiden über den Gewittertyp. Während eine präzise Gewittervorhersage für einen bestimmten Ort nahezu unmöglich ist, werden die für Gewitter benötigten atmosphärischen “Zutaten” von den Wettermodellen heutzutage gut erfasst. Das ermöglicht es dem Meteorologen, vorab Areale einzugrenzen, in denen mit Gewittern zu rechnen ist und welche Wettererscheinungen damit verbunden sein können.

Grundvoraussetzung für Gewitter ist ein großer Temperaturunterschied zwischen der Luft in Bodennähe und der Luft in höheren Atmosphärenschichten. Man spricht dann von einer “labilen” Schichtung. Im Sommer wird dieser üblicherweise durch die starke Sonneneinstrahlung verursacht, die im Laufe eines Tages den Erdboden sowie die darüber liegende Luft erwärmt. Im Winter ist es genau umgekehrt. Nicht die starke Erwärmung am Boden, sondern einfließende Kaltluft in der Höhe ist der Grund für den starken vertikalen Temperaturunterschied. Zudem ist eine ausreichende Feuchtigkeit (insbesondere in unteren Atmosphärenschichten) eine essenzielle Zutat für die Bildung von Gewittern. Ganz egal, wodurch die vertikalen Temperaturgegensätze entstanden sind, ist die Atmosphäre danach bestrebt, diese auszugleichen. Zunächst beginnt die warme Luft, ausgehend von bodennahen Atmosphärenschichten, in große Höhen aufzusteigen. Ein sogenannter Aufwindbereich (engl. Updraft) als Ausgangspunkt einer jeden Gewitterzelle entsteht. Als Ausgleichsbewegung bildet sich im weiteren Verlauf ein Abwindbereich (engl. Downdraft), in dem die kühlere Luft aus der oberen Atmosphäre Richtung Boden strömt. Updraft und Downdraft haben alle Gewitter gemeinsam.

DWD Kleine Gewitterkunde Teil 1 Die Einzelzelle

Die sogenannte “Einzelzelle” ist die einfachste Gewitterform. Sie besteht nur aus einem einzigen Auf- und Abwindbereich und hat eine horizontale Ausdehnung von etwa zehn Kilometern. Einzelzellen entstehen meist am Rande eines Hochdruckgebiets in einem Bereich mit geringen horizontalen Luftdruck- und Temperaturunterschieden, also fernab von Fronten innerhalb einer homogenen, warmen Luftmasse. Daher bezeichnet man sie in der Fachsprache auch als “Luftmassengewitter”. Der Wind ist in allen Höhen relativ schwach, sodass sich Einzelzellen nur sehr langsam bewegen oder sogar nahezu an Ort und Stelle verweilen.

Zunächst erwärmt die Sonne den Erdboden, der in der Folge auch die bodennahe Luft aufheizt. Er fungiert ähnlich einer Herdplatte, die von unten das Wasser in einem Kochtopf erwärmt. Angenommen, wir befinden uns über flachem Terrain, dann steigen ab einer gewissen Temperatur, der sogenannten Auslösetemperatur, Warmluftblasen auf, vergleichbar mit den Luftbläschen des zu kochen beginnenden Wassers. Wie im Kochtopf ist es quasi unmöglich vorherzusagen, wo die ersten Luftblasen aufsteigen. Solange die Atmosphäre labil geschichtet ist, erfährt die aufsteigende Luft immer weiteren Auftrieb und durch deren Sogwirkung kann immer weiter Warmluft von unten nachströmen. Beim Aufstieg kühlt sich die Luft ab. Da kalte Luft weniger Wasser speichern kann als warme Luft, kondensiert der unsichtbare Wasserdampf zu Wassertropfen, wodurch anfangs eine noch harmlose Blumenkohl-förmige Kumuluswolke entsteht. Innerhalb recht kurzer Zeit wächst diese weiter in die Höhe zu einer klassischen Gewitterwolke heran (Kumulonimbus). Im Aufbaustadium fällt noch kein Niederschlag und die Gewitterwolke besteht nur aus dem Updraft (Abbildung 1), in dem die Warmluft mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 40 bis 80 km/h in die Höhe schießt. Im Reifestadium ist der Updraft voll entwickelt und die Wolke erreicht eine Höhe von mehr als acht Kilometern. Am Oberrand strömt die Luft horizontal aus, wodurch die Gewitterwolke ihre typische Ambossform (Abbildung 2) erhält. Nach einer gewissen Zeit kann der Updraft die Niederschlagsteilchen nicht mehr schwebend halten, sodass sie im Downdraft zu Boden fallen und dabei die Luft mit nach unten reißen. Erreicht die Kaltluft des Downdrafts den Boden, fließt sie horizontal und symmetrisch zu allen Seiten aus. Die Kaltluft schneidet den Aufwindbereich vom Zustrom weiterer Warmluft am Boden ab, wodurch der Updraft zum Erliegen kommt. Die Einzelzelle schaufelt sich quasi ihr eigenes Grab, weshalb sie nur eine Lebensdauer von weniger als einer Stunde besitzt. Im Auflösestadium existiert dann nur noch der Downdraft.

DWD Kleine Gewitterkunde Teil 1 Die Einzelzelle 1

Einzelzellen sind klassische Wärme- oder Hitzegewitter. Sie sind unregelmäßig verteilt und treten meist am Nachmittag und Abend auf. Da sich die Luft entlang von Berghängen schneller aufheizen kann als über dem Flachland, kann die Luft entlang der Berghänge besonders leicht und frühzeitig aufzusteigen. Daher bilden sich die ersten Gewitter häufig über den (Mittel-)Gebirgen. Einzelzellen sind lokal eng begrenzt von Starkregen begleitet. In kräftigen Zellen kann es auch zu kleinkörnigem Hagel und kräftigen Böen kommen.

Welche weiteren Gewitterformen es noch gibt, erfahren Sie demnächst an dieser Stelle.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.07.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Zyklonale Westlage

Derzeit liegt Deutschland etwas zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite befindet sich ein umfangreicher Tiefdruckkomplex über Nordeuropa und auf der anderen Seite liegt ein ausgedehntes Hochdruckgebiet über Südeuropa. Dies sorgt dort bekanntlich für eine anhaltende Hitzeperiode mit Höchstwerten jenseits der 40 Grad-Marke. Die Großwetterlage kann für Mitteleuropa mit “West zyklonal” bezeichnet werden. Dies ist eine für die mittleren Breiten klassische Wetterlage.

DWD Zyklonale Westlage

Das Temperaturniveau ist dabei im Sommer meist im mäßig warmen Bereich angesiedelt. Je nachdem wie stark der antizyklonale Einfluss des Hochs (meist das Azorenhoch oder ein Ableger davon) über dem Süden und Südwesten ist, kann es dort warm bis sehr warm werden. Genau dies ist am Wochenende der Fall. Dann kann in den Süden und Südosten nochmals sehr warme Luft einströmen und die Höchstwerte steigen insbesondere am Sonntag in die Nähe der 30-Grad-Marke.

Insgesamt gestaltet sich das Wetter am morgigen Samstag zunächst noch recht freundlich. Die Sonne zeigt sich zwischen Wolkenfeldern immer wieder, im Südwesten auch sehr häufig und es bleibt trocken. Temperaturen zwischen 21 und 27 Grad werden als angenehm warm empfunden. In die Röhre schauen morgen wohl Urlauber und Anwohner an der Nordsee. Dort stehen kaum Sonne, immer wieder Regen und Höchstwerte unter der 20 Grad-Marke auf der Agenda.

In der Nacht zum Sonntag greifen Regenfälle auf den kompletten Norden über. An der Grenze zu Dänemark und an der Westküste Schleswig-Holsteins kann es je nach Modell 20 bis 30 Liter pro Quadratmeter Niederschlag geben. Ansonsten liegen die Niederschlagsmengen bis Sonntagmorgen im Norden meist bei 1 bis 10 Liter pro Quadratmeter. Im Tagesverlauf weiten sich die zeitweiligen Niederschläge dann südwärts aus. Im Süden und Südosten des Landes bleibt es noch trocken. Zudem lebt der Südwestwind stark böig auf, an der Nordsee und im Bergland drohen stürmische Böen.

DWD Zyklonale Westlage 1

Zum Start in die neue Woche wird es dann überall wechselhafter und deutlich nasser, da von Westen her zunehmend Frontensysteme auf Deutschland übergreifen und mit ihren Niederschlagsgebieten auch überqueren können. Zeit- und gebietsweise kommt es dann zu schauerartig verstärkten und teils gewittrig durchsetzten Regenfällen. Am Montag drohen im Südosten nochmals kräftige Gewitter samt lokalem Starkregen. Bis Mitte der kommenden Woche fallen im Durchschnitt 10 bis 20, in den Mittelgebirgen um 40 Liter pro Quadratmeter. Ganz im Norden und am Alpenrand können die Mengen auch noch höher ausfallen. Ein Vergleich der Modelle des Deutschen Wetterdienstes (ICON6), des Zentrums für mittelfristige Vorhersage (IFS) und des amerikanischen Wetterdienstes (GFS) zeigt die unterschiedlichen Niederschlagsschwerpunkte.

DWD Zyklonale Westlage 2

Betrachtet man abschließend noch den Temperaturverlauf für die drei deutschen Städte Hamburg, Dresden und München, dann lässt sich ein Abwärtstrend der Temperaturwerte bis Mitte der nächsten Woche feststellen. Sommerliche Höchstwerte jenseits der 25-Grad-Marke stehen dann zunächst nicht mehr auf dem Plan.

DWD Zyklonale Westlage

Für den weiteren Sommerverlauf und insbesondere das Wetter im kommenden August kann an dieser Stelle noch keine Auskunft getroffen werden.

Dipl.-Met Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.07.2023
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Kleine Gewitterkunde – Teil 2: Die Multizelle

Nicht selten halten Gewitter die Warnmeteorologen des Deutschen Wetterdienstes auf Trab, da sie oft recht unvermittelt entstehen, plötzlich ihre Zugrichtung ändern oder sich wieder auflösen. Präzise Gemeinde-genaue Gewitterwarnungen können daher meist erst relativ kurz vor Eintreffen des Gewitters für Ihren Ort ausgegeben werden. Völlig unberechenbar sind sie dennoch nicht. Bereits vor Entstehung der Gewitter kann man eine Analyse der “Zutaten” wie Feuchtegehalt der Atmosphäre, Änderung von Wind und Temperatur mit der Höhe (Scherung) sowie der atmosphärischen Schichtung vornehmen. Damit kann der Meteorologe Gebiete eingrenzen, in denen mit Gewittern zu rechnen ist und welcher Gewittertyp dort am wahrscheinlichsten ist.

Im Thema des Tages vom vergangenen Donnerstag (20.07.2023), welches die Einzelzelle als einfachste Gewitterform vorgestellt hat, wurde bereits erklärt, dass Gewitter in erster Linie dazu dienen, große vertikale Temperaturunterschiede in der Atmosphäre abzubauen. Dazu steigt zunächst die warme bodennahe Luft im Aufwindbereich (engl. Updraft) in große Höhen auf. Als Ausgleichsbewegung bildet sich im weiteren Verlauf ein Abwindbereich (engl. Downdraft), in dem die kühlere Luft aus der oberen Troposphäre Richtung Boden strömt.

Eine Einzelzelle besteht lediglich aus einem einzigen Auf- und Abwindbereich. Bei der sogenannten “Multizelle” handelt es sich hingegen um einen Zusammenschluss mehrerer Gewitterzellen in verschiedenen Entwicklungsstadien mit mehreren Auf- und Abwindbereichen (siehe schematische Darstellung). Bildlich gesprochen ist eine Multizelle eine große Gewitterfamilie, die sich zu einem Mehrgenerationenhaushalt vereint hat.

DWD Kleine Gewitterkunde Teil 2 Die Multizelle

Alles beginnt mit einer Gewitterzelle, bestehend aus Updraft und Downdraft. Diese Initialzelle wird – um beim Bild der Großfamilie zu bleiben – auch als “Mutterzelle” bezeichnet (Zelle 1). Sie bildet sich in einer Umgebung mit horizontalen Temperaturunterschieden. Entscheidend ist hierbei, dass dort der Wind mit der Höhe zunimmt und dabei auch seine Richtung ändert – beides zusammen bezeichnet man als vertikale Windscherung. (Auf die thermodynamischen Hintergründe dieses Zusammenhangs soll an dieser Stelle verzichtet werden und kann der interessierte Leser im DWD-Lexikon nachlesen, Stichwort Baroklinität.) Durch die unterschiedlich starken Winde kann der Downdraft am Boden nicht wie bei der Einzelzelle symmetrisch ausfließen. Auf der warmen Seite des Gewitters fließt der Downdraft besonders stark aus, wodurch sich eine sogenannte Böenfront formiert. Diese erkennen Sie als Beobachter daran, dass bereits vor dem aufziehenden Gewitter der Wind schlagartig und böig auffrischt und dabei die Temperatur abrupt sinkt. Die kalte und damit schwerere Luft (engl. Outflow) schiebt sich “mit Schmackes” unter die Warmluft, sodass letztere an der Vorderseite der Böenfront gehoben wird. Der Aufwindbereich der zweiten Gewitterzelle, der sogenannten “Tochterzelle”, ist hiermit geboren, während sich der Updraft der Mutterzelle wieder abschwächt. Durch den zusätzlichen Hebungsantrieb der ausfließenden Kaltluft fällt der Updraft der Tochterzelle oftmals stärker aus als der der Mutterzelle. Da bei moderater Windscherung der Outflow mächtiger als die nach oben nachströmende Warmluft (engl. Inflow) ist, läuft auch dieser Updraft in den Kaltluftbereich und schwächt sich ab. Unter günstigen Bedingungen können sich entlang der Böenfront mehrfach hintereinander neue Tochterzellen bilden (Zellen 3 bis 5). Die heftigsten Niederschläge treten dabei im Bereich des stärksten Updrafts und Downdrafts hinter der Böenfront auf (Zelle 3).

Große horizontale Temperaturänderungen findet man zum Beispiel entlang einer Kaltfront. Im Sommer entsteht allerdings häufig schon im Vorfeld der Kaltfront, also noch im Warmluftbereich, ein flaches rinnenförmiges Tief, in das am Boden von beiden Seiten entlang einer Konvergenzlinie die Luft zusammenströmt und zum Aufsteigen gezwungen wird. Durch diese zusätzliche Hebung entwickeln sich dort oft die ersten Gewitter. Da vor der Kaltfront weiterhin Warmluft einfließt, nimmt der Wind mit der Höhe nicht nur zu, sondern wird zusätzlich nach rechts abgelenkt (thermischer Wind). Dies führt dazu, dass die Tochterzellen meist an der rechten Flanke der alternden Zellen entstehen, sodass die Verlagerung des Gewitterkomplexes diskontinuierlich wirkt und bezüglich der mittleren großräumigen Strömung etwas nach rechts ausschert.

Multizellen sind in Mitteleuropa die am häufigsten vorkommende Gewitterform. Sie besitzen einen Durchmesser von ca. 15 bis 30 Kilometern und können im Extremfall mehrere Stunden existieren, wohingegen die einzelnen Zellen des Gewitterkonglomerats wie bei der Einzelzelle nur etwa 10 bis 60 Minuten bestehen. Ihre Dynamik ist wesentlich stärker, sodass die Wettererscheinungen heftiger als bei der Einzelzelle ausfallen. Dabei kommt es entlang der Böenfront zu Sturmböen sowie zu heftigem Starkregen mit Gefahr lokaler Überschwemmungen und mittelgroßem Hagel.

DWD Kleine Gewitterkunde Teil 2 Die Multizelle 1

Im nächsten Teil dieser Serie geht es dann um die Superzelle…

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.07.2023
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Sommersternschnuppen – Perseiden

Wie jedes Jahr von Mitte Juli bis Mitte/Ende August kann man am Nachthimmel den Sternschnuppenstrom der Perseiden entdecken. Sternschnuppenströme werden nach den Sternbildern benannt, aus denen sie zu kommen scheinen. Im Fall der Perseiden ist es das Sternbild Perseus, das am Abendhimmel im Nordosten, etwas unterhalb des Sternbildes Kassiopeia, zu finden ist. Kassiopeia ist eines der bekanntesten Sternbilder am sommerlichen Nachthimmel und wird aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Buchstaben W als “Himmels-W” bezeichnet.

Sternschnuppen sind Leuchterscheinungen, die von Staubpartikeln eines Kometen erzeugt werden, die beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühen und dadurch sichtbar werden. Die Erde “durchfliegt” auf ihrer Bahn um die Sonne im Laufe des Jahres verschiedene Kometenschweife, in den Sommermonaten Juli/August ist es der Schweif des Kometen 109P/Swift-Tuttle.

Der gesamte Aktivitätszeitraum der Perseiden erstreckt sich vom 17. Juli bis zum 24. August. Die Intensität, also die Anzahl an beobachtbaren Sternschnuppen, steigt bis zum Maximum kontinuierlich an und geht dann wieder zurück. Das diesjährige Aktivitätsmaximum wird am 13. August mittags erwartet. Tagsüber wird man dann sicher keine Sternschnuppen sehen, das theoretische Maximum liegt bei etwa 100 Sternschnuppen pro Stunde. Diese theoretische Zahl an Sternschnuppen kann aber meist nicht beobachtet werden. Zum einen können aufgrund der Trübung durch die Atmosphäre deutlich weniger Schnuppen beobachtet werden, wenn sich der “Ausgangspunkt” der Sternschnuppen (Radiant) noch recht nah über dem Horizont befindet. Die Zahl der beobachtbaren Sternschnuppen steigt also mit der Höhe des Radianten (im Fall der Perseiden also das Sternbild Perseus) am Himmel. Hinzu kommt, dass die theoretisch maximale Sternschnuppenrate für einen Radianten von 90 Grad gilt, der Ausstrahlungspunkt der Sternschnuppen müsste demnach im Zenit stehen. Dies ist aber beim Sternbild Perseus nicht der Fall, dadurch reduziert sich die Anzahl der beobachtbaren Schnuppen deutlich. Ein anderer wesentlicher Aspekt ist die Lichtverschmutzung in der Umgebung des Beobachtungsortes. Sind in der Umgebung wenige oder idealerweise keine Lichtquellen vorhanden, ergeben sich bessere Chancen Sternschnuppen zu beobachten.
Nichtsdestotrotz lohnt ein Blick in den Himmel, auch wenn man unter Berücksichtigung der genannten Faktoren wohl maximal eher 20 bis 30 Sternschnuppen pro Stunde erwarten kann. Die beste Beobachtungszeit liegt dabei in den frühen Morgenstunden zwischen 2 Uhr nachts und der Morgendämmerung, denn dann steht das Sternbild Perseus in Mitteleuropa recht hoch über dem Horizont. Zum Zeitpunkt des Maximums wird auch der Mond das Himmelsschauspiel kaum stören, am 1. August ist Vollmond, nachfolgend setzt dementsprechend die abnehmende Mondphase ein und am 16. August ist Neumond.

Für eine erfolgreiche Sternschnuppenjagd müssen natürlich die Bewölkungsverhältnisse passen. Ideal sind daher wolkenlose Verhältnisse… und das wird in den nächsten Nächten doch relativ schwierig. Die besten Chancen dürfte man in der kommenden Nacht zum Montag in Richtung Alpenrand haben, in der Nacht zum Dienstag eher im Nordosten des Landes und auch in der Nacht zum Mittwoch sind die Möglichkeiten der Sternschnuppensichtung wenn überhaupt am ehesten im Norden bzw. Nordosten vorhanden. Einen weiteren Ausblick vor allem auch in Richtung Perseiden-Maximum wagen wir an dieser Stelle aber noch nicht.

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.07.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst