Deutschlandwetter im September 2021

Erste Auswertungen der Ergebnisse der rund 2000 Messstationen des DWD in Deutschland.

Besonders warme Orte im September 2021*

1. Platz: Waghäusel-Kirrlach (Baden-Württemberg) 17,5 °C — Abweich. 2,2 Grad

2. Platz: Bad Bergzabern (Rheinland-Pfalz) 17,4 °C — Abweich. 2,5 Grad

3. Platz: Köln-Stammheim (Nordrhein-Westfalen) 17,2 °C — Abweich. 1,6 Grad

Besonders kalte Orte im September 2021*

1. Platz: Zinnwald-Georgenfeld (Sachsen) 11,9 °C — Abweich. 2,2 Grad

2. Platz: Carlsfeld (Sachsen) 11,9 °C — Abweich. 2,1 Grad

3. Platz: Deutschneudorf-Brüderwiese (Sachsen) 12,3 °C — Abweich. 1,0 Grad

Besonders niederschlagsreiche Orte im September 2021**

1. Platz: Kreuth-Glashütte (Bayern) 176,6 l/m² — 117 Prozent

2. Platz: Benediktbeuern (Bayern) 149,9 l/m² — 118 Prozent

3. Platz: Holzkirchen (Bayern) 125,2 l/m² — 99 Prozent

Besonders trockene Orte im September 2021**

1. Platz: Schlüsselfeld-Hohn am Berg (Bayern) 4,6 l/m² — 9 Prozent 2. Platz: Weiden (Bayern) 4,6 l/m² — 8 Prozent 3. Platz Wernberg-Köblitz-Neunaigen (Bayern) 5,8 l/m² — 12 Prozent

Besonders sonnenscheinreiche Orte im September 2021**

1. Platz: Ulm-Mähringen (Baden-Württemberg) 249 Stunden — 142 Prozent

2. Platz: Stuttgart-Echterdingen (Baden-Württemberg) 245 Stunden — 144 Prozent

3. Platz: Münsingen-Apfelstetten (Baden-Württemberg) 242 Stunden — 151 Prozent

Besonders sonnenscheinarme Orte im September 2021**

1. Platz: Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) 101 Stunden — 68 Prozent

2. Platz: Leck (Schleswig-Holstein) 111 Stunden — 80 Prozent

3. Platz: Boizenburg (Mecklenburg-Vorpommern) 111 Stunden — 74 Prozent

oberhalb 920 m NN sind Bergstationen hierbei nicht berücksichtigt.

* Monatsmittel sowie deren Abweichung vom vieljährigen Durchschnitt (int. Referenzperiode 1961-1990).

** Prozentangaben bezeichnen das Verhältnis des gemessenen Monatswertes zum vieljährigen Monatsmittelwert der jeweiligen Station (int. Referenzperiode, normal = 100 Prozent).

Hinweis:

Einen ausführlichen Monatsüberblick für ganz Deutschland und alle Bundesländer finden Sie im Internet unter www.dwd.de/presse.

Meteorologe Denny Karran

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 02.10.2021

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Oktober – Die Mischung macht’s

Deutschlandweit betrachtet schloss der September um rund 1,9 Grad zu warm ab, vergleicht man ihn mit dem langjährigen Klimamittel von 1961-1990. Selbst mit der neuen, schon wärmeren Klimaperiode von 1991-2020 fällt der Vergleich eindeutig zu Gunsten des diesjährigen Septembers aus. Die Anomalie beträgt hier noch immer gut +1,4 Grad. Der eher sommerliche als herbstliche Charakter des Monats lässt sich auch anhand der Anzahl der Sommertage belegen. Die 25-Grad-Marke wurde vor allem im Südwesten besonders häufig erreicht oder überschritten. Den ersten Platz teilen sich mit 13 Sommertagen die Stationen Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz), Waghäusel-Kirrlach und Bad Mergentheim (Baden-Württemberg) sowie Kitzingen (Bayern). Der September hat somit sogar den August übertroffen, der nur maximal 11 Sommertage aufbieten konnte. Selbst ein Hitzetag wurde am 9.9. im Lee des Harzes an der Station Huy-Pabstdorf (Sachsen-Anhalt) mit 30 Grad registriert.

Markant war neben der Wärme durch häufig vorherrschenden Hochdruckeinfluss auch ein größeres Niederschlagsdefizit. Mit nur 35 l/m2 fehlten landesweit im Schnitt rund 50 Prozent Regen in den Messtöpfen für eine ausgeglichene Bilanz. Regional zeigen sich aber doch deutliche Unterschiede (siehe Abbildungen der Gesamtniederschlagsmenge a) absolut und b) relativ zum vieljährigen Mittel abgeleitet aus Radardaten). So schlossen etwa einige Regionen im Norden durchschnittlich, lokal auch überdurchschnittlich ab. Einen großen Beitrag lieferten dabei zum Ende der ersten Septemberdekade kräftige Schauer und Gewitter mit Starkregen. Auch ein weiterer etwas nasserer Streifen zwischen den Alpen und Sachsen-Anhalt ist auf ein teils gewittriges Starkregenereignis in den Abend- und Nachtstunden vom vergangenen Sonntag auf Montag (26./27.09.) zurückzuführen.

Vom Rückblick in die Gegenwart. Der heute eingeläutete Oktober ist der 10. Monat im gregorianischen Kalender. Der Name geht auf die Römer zurück, die ihren achten Monat im Kalender “mensis october” (lat. octo = acht) nannten. Im Mittelalter galt der Oktober als heiliger Monat, in dem bevorzugt viele Hochzeiten stattfanden. Auch das größte Volksfest der Welt, das Oktoberfest, geht etwa auf eine königliche Vermählung zurück. Auch sonst wartet der Oktober mit allerlei festlichen Tagen auf. Darunter fallen etwa Erntedank und der Tag der deutschen Einheit sowie zum Ende des Monats der Reformationstag und der inzwischen zum Teil praktizierte Halloween-Brauch. Der Oktober kann noch mit einer weiteren Besonderheit glänzen. So ist er der längste Monat des Jahres. Zwar hat auch der Oktober nur 31 Tage. Allerdings wird er durch die Zeitumstellung von Sommer- auf Normalzeit um eine Stunde länger.

Klimatisch kann der Oktober vielseitig sein. Häufig neigt er zu ruhigen und andauernden Hochdrucklagen. Sind dabei auch milde Luftmassen und viel Sonnenschein wirksam, dann ergibt sich mit der zunehmenden Blätterfärbung der Laubwälder ein goldener Farbton. Daraufhin ist oftmals vom “Goldenen Oktober” die Rede. Hochdruckwetter im Herbst hat allerdings auch seine “Schattenseiten”. So kühlt bei klarem nächtlichem Himmel die Temperatur oft bis auf den Taupunkt ab, bei dem die Luft mit der maximal möglichen Menge an Wasserdampf gesättigt und die relative Feuchte 100 Prozent ist. Es entsteht Nebel, der sich mit schwächer werdender Sonneneinstrahlung auch tagsüber zäh halten kann.

Andererseits kann der Oktober aber auch mit windigem oder gar stürmischem und unbeständigem Wetter aufwarten. Nach beständigem Hochdruckwetter sieht es für das Wochenende und auch zu Beginn der neuen Woche derzeit jedenfalls nicht aus. Im Gegenteil, es nehmen im Gegenteil die Tiefdruckgebiete das Zepter in die Hand. Im Westen und Nordwesten ziehen bei böig auffrischendem Süd- bis Südwestwind schon zum Samstag dichte Wolken heran und bringen ersten Regen. Der Rest des Landes hingegen darf sich noch auf ein meist trockenes Wochenende freuen. Dabei hat vor allem der Südosten die Nase beim Sonnenschein vorn, sodass hier bei Höchstwerten zwischen 21 und 27 Grad zumindest vorübergehend von einem Goldenen Oktoberbeginn die Rede sein kann. Bei einer ausgiebigen Wandertour in den Alpen ist jedoch gerade am Sonntag mit aufkommendem stürmischen Südföhn Vorsicht geboten. Auf den Alpengipfeln kann der Föhn mit schweren Sturmböen, in einigen anfälligen Föhntälern stürmisch daherkommen. Zum Montag wird die Föhnlage wohl an den Alpen ein Ende finden. Dann sinkt mit einer markanten Kaltfront die Schneefallgrenze zumindest vorübergehend auf 1800 bis 2000 m ab. In den Alpen ist im Oktober erster Schnee bis in die mittleren Lagen (um 1000 bis 1500 m) nichts Außergewöhnliches, auch wenn dieser meist noch nicht lange liegen bleibt.

M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 01.10.2021

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DWD Oktober Die Mischung machts

 

YOGI geht langsam die Luft aus – Was bisher geschah.

Im Thema des Tages vom gestrigen Mittwoch wurde bereits ausgiebig über die erwartete Entwicklung von Tief YOGI berichtet. Unter anderem eine unruhige Nacht wurde in diesem Zusammenhang besonders den Bewohnern in Nordseenähe attestiert – zumindest, was das Wetter angeht. Schauen wir mal, was YOGI bisher zu bieten hatte.

Bereits tagsüber schickte YOGI einen Ausläufer von West nach Ost durchs Land, der für teilweise kräftige Schauer, viel Wind und vereinzelt auch Blitz und Donner sorgte. Beispielsweise wurden in Düsseldorf und Paderborn an einer Schauerlinie 83 km/h gemessen. Ebenfalls kräftige gewittrige Regengüsse gab es bereits im Vorfeld im Osten und Nordosten, die allerdings nicht mit YOGI, sondern mit dem Ausläufer eines weiteren Tiefs in Verbindung standen. Diese brachten gebietsweise immerhin 10 bis 20 l/m² innerhalb von zwei bis drei Stunden.

Doch zurück zu YOGI. Das Tief zog im Tagesverlauf langsam ostwärts und erreichte am späten Abend Nordfriesland. Doch noch bevor der eigentliche Sturm losging, wurde ihm durch ein anderes deutlich kleinräumigeres Windereignis bereits “die Show gestohlen”. Etwa gegen 17.45 Uhr zog ein Tornado über Teile von Kiel hinweg, der mitunter große Schäden verursachte und Medienberichten zufolge leider auch mindestens sieben Personen verletzte.

Derweil nahm der Wind an der Nordsee allmählich Fahrt auf. Um 20 Uhr wurde auf Spiekeroog mit 83 km/h die erste Sturmböe gemessen und nur zwei Stunden später die erste schwere Sturmböe (94 km/h). So ging es dann auch die Nacht über weiter: Verbreitet wurden besonders auf den nord- und ostfriesischen Inseln Böen bis 100 km/h gemeldet, vereinzelt auch mal knapp darüber. Dazu gab es kräftige Regenfälle mit Mengen von vielfach 15 bis 30 l/m², um die Elbmündung herum sogar um 40 l/m².

Während der Wind an der Nordsee in den Frühstunden allmählich nachließ, nahm er an der Ostsee mehr und mehr zu. Allerdings wurden dort nur ganz vereinzelt und sehr exponiert schwere Sturmböen verzeichnet. Ansonsten hielten sich die Böen in einem Korridor zwischen 65 und 85 km/h auf.

Im heutigen Tagesverlauf lässt der Wind allmählich nach, denn YOGI zieht nordwärts ab, wo er sich langsam auflöst. Die Wetterberuhigung weilt aber nur kurz – zumindest an der Nordsee. Denn bereits in der kommenden Nacht zum Freitag verschärft sich der Druckunterschied zwischen einem großräumigen Tief südöstlich von Island und dem in weiten Teilen des Landes wetterwirksamen Hoch MERLE erneut. Eine weitere (aber nicht mehr ganz so) stürmische Nacht steht den Nordseeküstenbewohner also bevor.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 30.09.2021

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DWD YOGI geht langsam die Luft aus Was bisher geschah.

Sturm in Norddeutschland dank “Yogi”

Die Verbindung zwischen dem Azorenhoch mit seinem Ableger “Merle” über der Biskaya und dem Hoch “Lioba” über Westrussland bekommt eine Schwachstelle über Mitteleuropa. Diese wird rasch vom kleinräumigen aber starken Tief “Yogi” über der Nordsee gefüllt, das heute und morgen für eine recht windige Wetterepisode in Teilen Deutschlands sorgt.

Am heutigen Mittwoch gibt es im Vergleich zum gestrigen Tag deutlich weniger Sonne, dafür aber vielerorts Regen. Das liegt einerseits an einer “Regenwurst”, die von Niederbayern über Sachsen bis nach Vorpommern ausgreift, um dann im Laufe des Nachmittags weiter ostwärts zu ziehen. Dabei regnet es zum Teil kräftig und hier und da treten auch einzelne Gewitter auf. Andererseits ziehen von Frankreich und Benelux die Wolken des Tiefs “Yogi” heran und weiten sich rasch auf das ganze Land in Form von Schauern aus. Vor allem in der Nordwesthälfte sind auch Gewitter dabei.

Tief “Yogi” hat nicht nur Regen, sondern auch viel Wind im Gepäck. Dieser ist heute tagsüber besonders in der Westhälfte Deutschlands und im Bergland deutlich spürbar. Dabei muss mit steifen Böen bis 60 km/h und in Schauer- bzw. Gewitternähe sowie in den Kammlagen der Mittelgebirge auch mit Sturmböen bis 80 km/h gerechnet werden.

Aber Tief “Yogi” hat ein “Ass im Ärmel”, denn es kann sich über der noch relativ warmen Nordsee etwas vertiefen, bevor es über Dänemark an Land geht. Das bedeutet für die Nordseeküste und im angrenzenden Binnenland eine deutliche Windverstärkung. Zunächst auf den ostfriesischen, später auch auf den nordfriesischen Inseln und auf Helgoland treten häufig schwere Sturmböen um 100 km/h auf. Einzelne Orkanböen bis 120 km/h sind ebenfalls wahrscheinlich. Im angrenzenden Binnenland weht der Wind nicht ganz so stark, jedoch muss mit stürmischen Böen um 70 km/h gerechnet werden. Dazu gibt es schauerartigen, teils gewittrigen Regen. Eine unangenehme Nacht steht also der Deutschen Bucht bevor. Der große Rest Deutschlands erlebt eine deutlich ruhigere Nacht, denn die meisten Schauer klingen rasch ab und der Wind flaut ab.

Am Donnerstag geht “Yogi” etwas die Luft aus und zieht nach Nord-Nordost in Richtung Oslofjord und Südwestschweden. In Norddeutschland bleibt der Wind ein Thema mit steifen Böen bis 60 km/h in der Norddeutschen Tiefebene und stürmischen Böen oder Sturmböen zwischen 70 und 80 km/h an den Küsten. Zwischen Schleswig-Holstein und Rügen sind weitere Schauer unterwegs.

Die Mitte und der Süden Deutschlands profitieren dagegen von der Wiederherstellung der Hochdruckbrücke zwischen dem Azorenhoch und dem Hoch über Russland mit viel Sonnenschein und schwachem Wind. Aber in der Nacht zum Freitag bedeutet dies dort bei längerem Aufklaren häufig Frost in Bodennähe bis -3 Grad und stellenweise Luftfrost bis -1 Grad.

Am Freitag hält die Hochdruckbrücke in der Südhälfte des Landes und nach kalter Nacht erreichen die Höchstwerte mit Sonnenunterstützung häufig die 20-Grad-Marke. Bei längerem Nebel – vor allem an der unteren Donau – bleibt es kühler. Im Nordwesten dagegen hält unter Tiefdruckeinfluss das windige und regnerische Wetter an.

Am Wochenende nehmen die Sturmtiefs über dem Nordatlantik den nächsten Angriff auf die Hochdruckverbindung über Süddeutschland vor. D.h. die dazugehörigen Regenwolken weiten sich – wenn auch nur langsam – ostwärts aus. Am Samstag regnet es nur im Westen und Nordwesten. Am Sonntag erreicht der Regen große Teile Deutschlands. Lediglich in Bayern und Sachsen bleibt es noch trocken mit sonnigen Abschnitten. Dazu ist es vor allem im Westen und Norden sehr windig bis stürmisch, aber auch an den Alpen, wo sich eine Föhnlage einstellt. Mit der südlichen Anströmung wird dabei sehr milde Luft herangeführt, sodass die Temperaturen tagsüber in der Südhälfte und im Osten auf über 20 Grad ansteigen und die Nächte frostfrei bleiben werden.

Dipl.-Met. Marco Manitta

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 29.09.2021

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Wasser marsch! – Mediterrane Unwettersaison im Herbst

Die ersten Bundesländer starten am kommenden Wochenende in die Herbstferien. Viele nutzen die freie Zeit unter anderem für eine Reise in die Urlaubsdestinationen rund um das Mittelmeer. Aber auch die heimische Nord- und Ostseeküste ist auch im Herbst noch ein beliebtes Reiseziel. Grund genug einen Blick auf die aktuellen Wassertemperaturen in den europäischen Gewässern zu werfen, um gegebenenfalls einen Kälteschock bei der vermeintlichen Abkühlung zu vermeiden.

Die Wassertemperatur wird an den Badestränden normalerweise an Bojen und Stegen gemessen. Für eine gesamteinheitliche Abbildung der Meeressoberflächentemperaturen stößt man jedoch mit dieser Methode rasch an Grenzen. Abhilfe schafft hier die Kombination aus Satellitenmessungen und Modellprognosen. Im infraroten Strahlungsspektrum werden die Ozeane abgetastet und deren Ausstrahlung – sprich die oberflächennahe Temperatur -zeitlich hochaufgelöst erfasst. Allerdings bringt diese Methode auch Nachteile mit sich. So sind die Messungen nur für die obersten Millimeter des Meeres oder der Ozeane repräsentativ. Dagegen entspricht per Definition die Meeresoberflächentemperatur eigentlich der Temperatur des Wassers in einem Meter Tiefe. Hinzu kommt, dass die Satellitenmessungen durch eine Wolkendecke gestört werden und daher selbst Inkonsistenzen aufweisen können, falls diese Störungen nicht ausgeglichen werden. An diesem Punkt kommen dann Modellprognosen zum Zuge. Das beim DWD verwendete Vorhersagemodell ICON rechnet dafür zunächst eine Vorhersage, die anschließend mit den aktuellen Satellitenmessungen abgeglichen wird. So ergibt sich ein vollständiges Abbild der Meeresoberflächentemperaturen rund um den europäischen Kontinent.

An der deutschen Nordseeküste liegt die Wassertemperatur derzeit zwischen 17 und 19 Grad. Für Badenixen braucht es daher schon einiges an Überwindung, um in die Fluten zu springen. An den Stränden der Ostsee ist es sogar noch eine Spur kälter. Hier weisen die Messungen aktuell Werte um 16 Grad aus. Schweift der Blick zum Mittelmeer, dann nehmen die Rottöne deutlich zu, was höhere Temperaturen signalisiert. Im westlichen Mittelmeer von der spanischen Küste bis hin zur Adria liegen die Wassertemperaturen bei badetauglichen 21 bis 25 Grad. Im östlichen und südlichen Mittelmeer ist das Wasser mit 25 bis 29 Grad sogar noch deutlich wärmer.

Allerdings sollten besonders im Herbst bei Mittelmeerreisen die Wetterprognosen im Auge gehalten werden. Denn diese Jahreszeit ist im Mittelmeerraum die gewitterreichste des Jahres. Bei uns in Mitteleuropa hingegen geht die Hauptgewittersaison durchschnittlich von Mai bis August. In den Sommermonaten ist die Luft aufgrund des höheren Wasserdampfgehalts energiereicher und der hohe Sonnenstand sorgt tagsüber für eine Erwärmung der Böden und somit auch der untersten Luftschichten. Dies hat eine Labilisierung der Atmosphäre zur Folge. Südeuropa liegt dagegen im Sommer häufig im Einflussbereich der subtropischen Hochdruckgebiete, welche sich von den Azoren und Nordafrika ausbreiten. Dies sorgt für trockenes und heißes Sommerwetter, wie es sich etwa bei der anhaltenden Hitzewelle im Juli und August zeigte. Das Mittelmeer wirkt dabei durch das noch eher kühle Wasser zusätzlich stabilisierend. Im Spätsommer und Herbst verlagert sich der Schwerpunkt der Gewittertätigkeit von Mitteleuropa immer weiter südwärts. Diese Verschiebung zeigt beispielsweise die Analyse der Blitzdichte von 2008 bis 2012 im Juli und Oktober (siehe Grafik).

Die Zunahme der Gewittertätigkeit im Mittelmeerraum geht einher mit der langsamen Verlagerung des Jetstreams nach Süden, wodurch die Ausläufer des subtropischen Hochdruckgürtels nach Nordafrika abgedrängt werden. Die Tiefdrucktätigkeit nimmt zu, weshalb sich im mediterranen Raum der Herbst, regional betrachtet auch der Winter als die nasseste Zeit des Jahres erweisen. Das nun sehr warme Mittelmeer liefert zusätzliche Auftriebsenergie für kräftige Gewitterentwicklungen, denn das Wasser ist bei Kaltluftvorstößen wärmer als die Luft.

Besonders prädestiniert für Unwetter mit extremem Starkregen ist Italien. Zum einen erhält Italien vom umliegenden Mittelmeer oft mit viel Wasserdampf angereicherte Luft. Zum anderen liegt im Golf von Genua eine wichtige Geburtsstätte für Tiefdruckgebiete. Des Weiteren ergeben sich durch die geographische Form Italiens immer Gebiete mit auflandigem Wind, wodurch sich an den Apenninen sowie an den Alpen zusätzlich Staueffekte ergeben. Aber auch die Küstenregionen Südostspaniens, Südfrankreichs sowie vom Balkan bis nach Anatolien sind immer wieder von Sturzfluten betroffen.

M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 28.09.2021

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DWD Wasser marsch Mediterrane Unwettersaison im Herbst

Tag des Schals

Aktuell ist es sehr mild. Bei einer Frühtemperatur von 11 bis 16 Grad muss der Schal nicht dabei sein. Auch tagsüber denkt man bei Höchstwerten von um oder über 20 Grad nicht an Winterkleidung. Aber der Herbst schreitet voran, die ersten Blätter fallen von den Bäumen, es ist zunehmend neblig und die Tage werden merklich kürzer. Der Winter kommt also, wenn auch noch mit kleinen Schritten.

In dieser Woche ist der Bedarf an Winterkleidung gering. Zwar werden die Nächte allmählich frischer, aber Frost ist noch keiner in Sicht. Lediglich in Bodennähe kann sich in der Nacht zum Freitag über der Südosthälfte des Landes leichter Frost mit Werten bis -1 Grad einstellen. Grund dafür sind die westlichen bis südwestlichen Winde, die milde Atlantikluft zu uns wehen.

An der eher westlich geprägten Strömung ändert sich auch zu Beginn der nächsten Woche nicht viel. Die Temperatur bleibt also auf einem milden Niveau. In der zweiten Wochenhälfte kann sich (allerdings je nach Modell unterschiedlich) in der Höhe etwas kühlere Luft aus Nordeuropa zu uns schieben. Bei bis zu -2 Grad in 850 hPa (ca. 1500 m) könnte es einen deutlichen Rückgang der Temperatur geben, allerdings wäre Frost immernoch kein Thema.

Der Blick auf die langfristigen Trends bis zum Ende des Monats Oktober lässt eine eher milde Witterung erkennen. Die Anomalie der Temperatur sowohl am Boden als auch in 850 hPa (Abweichung der Modelle zum Klimamittel) liegt fast ausschließlich im positiven Bereich. Für Süddeutschland gibt es in der letzten Oktoberwoche einen schwachen Trend hin zu etwas kühlerer Witterung, ein Wintereinbruch ist aber auch da nicht zu erkennen.

Die Langfristtrends des EZMW (Europäisches Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersage) deuten für den November einen Schwung zu normal temperiertem Wetter an. Dezember und Januar sind nach den Trends aber schon wieder milder als im langjährigen Klimamittel. Aus diesen groben Trends lässt sich der Einsatz eines Schals freilich schwer ableiten. Sicher ist aber: Insgesamt wird es kühler. Man könnte also die mit der Zeitumstellung am 31.10. wieder gewonnene Stunde nutzen, um die Wintersachen aus den hintersten Ecken zu holen, es eilt aber aller Voraussicht nach nicht.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 27.09.2021

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Wahlwetter

Wer sein Kreuz zur Wahl noch nicht per Brief abgegeben hat und sich stattdessen noch auf den Weg zur Wahlkabine macht, ist ganz gut beraten, dies noch im Laufe des heutigen Vormittags zu tun. Hoch “Lioba” liegt zwar mit seinem Zentrum bereits über der finnischen Ostsee, sorgt aber bei uns für einen relativ wolkenfreien Himmel in vielen Teilen des Landes. Nur in der nördlichen Mitte sowie im Umfeld der Nordsee stören einige Wolken das Bild. Auch die Temperaturen sind bereits recht angenehm und liegen aktuell bei 15 bis 20 Grad.

Etwas trüber zeigt sich das Wettergeschehen dagegen bereits im Südwesten. Hier sorgen Ausläufer der Tiefs “Volkmar” bei Island bereits für kräftigen Regen sowie Blitz und Donner. Diese Schauer und Gewitter verlagern sich im weiteren Tagesverlauf weiter nord- und ostwärts, sodass sich zwischen Schwarzwald und Bodensee der Gang zur Kabine aus meteorologischer Sicht eher gegen Nachmittag vielversprechender gestaltet. Dann lockert es dort zunehmend auf.

Dafür nehmen zum Nachmittag hin zunächst die Bewölkung, später auch die Schauer- und Gewittertätigkeit Richtung Südbayern sowie Rheinland und Hessen zu. Vor allem vom Allgäu über Oberbayern hinweg bis zur Salzach können ab dem Nachmittag bis in den Abend und die Nacht hinein örtlich erhebliche, teils unwetterartige Regenmengen über eine oder sogar mehrere Stunden fallen.

Trocken bleibt es dagegen bis zum Abend vor allem im Norden und Osten. Im Osten, genauer in Mitteldeutschland, steigen bis zum Abend auch die Temperaturen mit bis zu 27 Grad am höchsten. Aber auch sonst sorgt Hoch “Lioba” an Nachmittag und Abend für spätsommerliche Temperaturen von verbreitet um 25 Grad. Nur auf den Bergen und an der See bleibt es etwas verhaltener, mit knapp unter 20 Grad aber immer noch mild.

Dem Gang zur Wahlkabine steht also kaum etwas im Wege. Zusammenfassend lässt sich sagen: Im äußersten Südwesten sollte man zunächst noch warten, bis der Regen nachlässt, in Südbayern sollte man dagegen später auf aufkommenden Regen und Gewitter achten. Auch entlang des südlichen Rheinlandes bis nach Hessen ist später mit einigen Tropfen rechnen. Sonst bleibt es weitgehend trocken, freundlich und sommerlich warm.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 26.09.2021

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Spätsommer am Wochenende, Herbst zur neuen Woche!

Derzeit stemmt sich vor allem in der Südhälfte von Deutschland noch das Hoch KERSTIN mit Zentrum über der Adria erfolgreich gegen die atlantischen Tiefs und deren Ausläufer. Die Tiefausläufer schaffen es allenfalls bis in den Norden des Landes, wo ihnen weitgehend die Kraft ausgeht und zerbröseln. Übrig bleibt dort meist nur dichtere Bewölkung. Im Süden kann Hoch KERSTIN dagegen den Himmel vielerorts blank putzen und die Sonne strahlen lassen.

Über dem Atlantik steht aber schon das kräftige Tief VOLKER in den Startlöchern. Um VOLKER herum kann sich eine großräumige Tiefdruckzone von Grönland bis vor die Atlantikküste der Iberischen Halbinsel ausbilden, wo sich weitere Tiefs befinden.

Bis Montag liegt Deutschland auf der Ostseite der Tiefdruckzone um VOLKER, sodass mit dem Hoch KERSTIN zusammen nochmals warme Luft aus Südwesteuropa ins Land gelangt. Entsprechend klettert die Temperatur vor allem mit Sonnenunterstützung am heutigen Samstag im Süden, am morgigen Sonntag im Süden und Teilen des Ostens auf Spätsommerliche Werte zwischen 24 und 27 Grad. Aber auch sonst kann sich die warme Luft ausbreiten und die Temperaturen abgesehen von den Küstengebieten über die 20-Grad-Marke heben.

Während der Samstag wie angesprochen zumindest im Süden und der Mitte nahezu störungsfrei über die Bühne geht -ok, es gibt ein kleines Schauerrisiko an Ober- und Hochrhein- kommt ab Sonntag in der Südwesthälfte zunehmend Musik in das Wettergeschehen. Die spätsommerlichen Temperaturen gepaart mit ordentlich Luftfeuchte rufen schließlich auch die typischen sommerlichen Wetterphänomene auf den Plan. Verstärkt werden die konvergenten Umlagerungen teilweise von bodennahen konvergenten Bedingungen, also Bereiche, in denen die Luft zusammenströmt. Demnach soll sich über Deutschland eine, anfangs noch recht schwache, sogenannte Konvergenzlinie (vgl. Wetterlexikon DWD, siehe Link) ausbilden und es zunächst vor allem südwestlich von Münsterland, Weser-Bergland und Werratal gebietsweise ordentlich krachen lassen. Lokal können auch unwetterartige Gewitter mit heftigem Starkregen nicht ausgeschlossen werden.

Zum Montag verlagert sich die Konvergenzzone samt den kräftigen Schauern und Gewitter gen Osten, sodass es bevorzugt von der Ostsee bis nach Sachsen und Ostbayern gebietsweise kräftig schütten kann. Von Westen schiebt das nun näherkommende Tief VOLKER wieder den Herbst ins Land. Demnach greift eine Kaltfront auf Deutschland über, die neben teils schauerartigen Regenfällen auch kühlere Luft im Gepäck hat. Bis Dienstag purzeln die Temperaturen verbreitet wieder unter die 20-Grad-Marke.

Ob der Wetterumschwung ab Sonntag mit der Bundestagswahl in Verbindung steht oder als Beispiel vorangeht, müssen die Wähler entscheiden. Dabei sollten die Bürger in der Südwesthälfte entweder das Wetterradar im Blick haben oder sich gleich regenfest kleiden. Im Norden, Osten und Südosten könnte beim Urnengang dagegen eine Sonnenbrille sowie leichte Sommerkleidung hilfreich sein.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 25.09.2021

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DWD Spaetsommer am Wochenende Herbst zur neuen Woche

Von der Radarreflektivität zur Regenrate

Seit einigen Jahren gibt es Wetter-Apps wie bspw. auch die WarnWetter-App des Deutschen Wetterdienstes. Mit diesen Apps können Nutzer selbstständig unter anderem das Regenradar im Blick behalten, um abzuschätzen, ob sie in nächster Zeit von oben nass werden oder nicht. Dennoch ist die Interpretation dieser Radarbilder nicht immer ganz einfach. Häufig gibt es tatsächlich Fehlechos, die bspw. durch Vogelschwärme, Insekten, Schiffe, Berge oder Windkraftanlagen entstehen. Auch der sogenannte “Brightband-Effekt” wirkt sich auf das Radarbild aus (siehe DWD-Lexikon). Des Weiteren kann starker Regen unter anderem zur Abschattung der Radarkuppel führen, wodurch das Radarsignal gedämpft wird. Auch Super-Refraktion, wenn der Radarstrahl aufgrund bestimmter atmosphärischer Bedingungen nach unten gebogen wird, bedingt Fehlsignale (siehe Link zur Qualitätssicherung von Wetterradardaten). All diese Beeinträchtigungen lassen sich mit einem geübten Auge sehr gut erkennen und teilweise auch durch automatische Verfahren “herausfiltern”.

Was uns Meteorologen weltweit häufig aber große Schwierigkeiten bereitet, ist die Umrechnung der Radarreflektivität (siehe Thema des Tages “Der deutsche Radarverbund – Teil 2” vom 19.08.2021) in eine Niederschlagsintensität, also wie viel Regen in welcher Zeit am Boden ankommt. Das Radarsignal kann nicht einfach in eine Regenrate umgerechnet werden, denn es ist – um es einfach auszudrücken – von der Wetterlage sowie den Wolken- und Niederschlagsarten abhängig. Besonders deutlich wird dies bei den sogenannten “Warmer-Regen”-Prozessen im Vergleich zu Landregen, bei dem die dicke Regenwolke (Nimbostratus) bis in Atmosphärenschichten mit deutlich negativen Temperaturen (unter -10°C) hinaufreicht. “Warmer Regen” oder auch “tropischer Regen” bildet sich nämlich in tiefen Wolken, in denen die Temperatur um bzw. über 0 Grad liegt. Bei der Niederschlagsbildung sind also keine Eispartikel involviert. Das heißt, dass das Tropfenspektrum eine hohe Konzentration kleiner und mittelgroßer anstatt großer Tropfen aufweist. Die gängigen Dopplerradare unterschätzen bei “Warmer-Regen”-Prozessen die Niederschlagsraten teilweise recht deutlich. Das liegt einfach gesagt daran, dass eine spezielle Beziehung von Radarreflektivität (Radarsignal, Z) zur Regenrate (R) Anwendung findet. Diese Z-R-Beziehung wird mit der Gleichung Z=a R^b (in Worten: Z ist gleich a mal R hoch b) ausgedrückt, wobei a und b Konstanten sind, die vom Tropfenspektrum des gemessenen Niederschlags abhängig sind. Die Z-R-Beziehung besagt, dass Reflektivität und Regenrate in einem bestimmten Verhältnis zu einander stehen, dass also bei gleicher Reflektivität immer dieselbe Regenrate herauskommt. So unterschiedlich, wie die Wolken und die Luftmassen sind, so unterschiedlich müssten aber auch die verwendeten Z-R-Beziehungen sein.

Im Grunde ließen sich in den vergangenen Jahrzehnten viele verschiedene Z-R-Beziehungen durch Experimente finden. Die im Radarverbund des Deutschen Wetterdienstes angewandte vereinfachte Z-R-Beziehung lautet bspw. Z=256 R^1,42 (Z ist gleich 256 mal R hoch 1,42). Meist werden Konstanten verwendet, die einen Kompromiss zwischen stratiformen (Landregen) und konvektiven (Schauer/Gewitter) Beziehungen darstellen. Neueste Radarprodukte des DWD verwenden mittlerweile reflektivitätsabhängige Z-R-Beziehungen, die auf der einen Seite Niederschlagshöhen reduzieren, die durch Konvektion hervorgerufen werden, und auf der anderen Seite größere Regenraten berechnen, die in einem stratiformen Regengebiet (Landregen) auftreten. Dennoch reichen die verwendeten Z-R-Beziehungen nicht aus, um die realen Regenraten bei jeder Wetterlage einhundertprozentig genau abzubilden. Sind bspw. tropische Luftmassen im Spiel (sehr feucht, stratiform UND konvektiv geprägt), wie häufig zwischen Frühjahr und Herbst aufgrund der an Land ziehenden Hurrikans im Süden und Südosten der USA, sollte die Niederschlagsintensität eher über die Z-R-Beziehung nach Rosenfeld berechnet werden. Die dem Thema des Tages beigefügte Abbildung 1 zeigt die Beziehung des Reflektivitätsfaktors (Z) zur Regenrate (R) für fünf verschiedene Luftmassen (durchgezogene Linien) sowie den schattierten Bereich, der die Z-R-Beziehungen umfasst, die in weiterer wissenschaftlicher Literatur gefunden wurden. Allein der Unterschied, der sich zwischen der Z-R-Beziehung von Marshall-Palmer (blau) und der von Rosenfeld (pink) ergibt, ist erheblich. Bei Reflektivitäten (y-Achse) von 50 dBZ resultieren bspw. mit der Z-R-Beziehung von Marshall-Palmer knapp 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter und Stunde (Regenrate dargestellt auf x-Achse), wohingegen mit der Z-R-Beziehung von Rosenfeld das dreifache, also ca. 150 Liter pro Quadratmeter und Stunde herauskommen, was in tropischen Systemen durchaus realistisch ist.

Nun ziehen selten Hurrikans über Deutschland hinweg, könnte manch einer sagen. Und doch lässt sich anhand des hierzulande ebenso auftretenden “warmen Regens” die Diskrepanz gut verdeutlichen. Das Problem bei den “Warmer-Regen”-Prozessen ist, dass sich die Wolken mit “warmem Regen” üblicherweise in den untersten 1 bis 6 Kilometern der Troposphäre bei positiven Temperaturen bilden. Natürlich befinden sich oberhalb dieser Wolken weitere Partikel, die dann bei mit der Höhe abnehmenden Temperaturen mehr und mehr den gefrorenen oder unterkühlten Zustand annehmen (flüssige Wassertröpfchen können in der Atmosphäre bis ungefähr -38 Grad auftreten). Allerdings sind “Warmer-Regen”-Prozesse sehr effektiv. Heißt also, dass in der eher schmalen Wolkenschicht sehr viele kleine und mittelgroße Wassertropfen einen hohen Flüssigwasseranteil ergeben. Schaut ein Radarstrahl nun vom Boden in die Atmosphäre, “sieht” er erstens nur einen geringen Anteil der Wolke, und durchdringt zweitens die untersten Kilometer, in denen sich die Wasserwolke befindet, sehr schnell. Im Vergleich zu einer in der Atmosphäre hochreichenden Mischphasenwolke wird der Radarstrahl dann über einen längeren Zeitraum hinweg an Wasser- UND Eispartikeln zurückgestreut, die durchaus in geringerer Menge vorhanden, aber in der Regel viel größer sind als die Wassertröpfchen, die beim “Warmer-Regen”-Prozess involviert sind (siehe Abb. 2). Da die Reflektivität (Z) proportional zur 6. Potenz des Partikeldurchmessers ist, zeigt sich hier schon das Problem: Tropfen mit einem großen Durchmesser erhöhen die Reflektivität um ein Vielfaches im Vergleich zu kleinen Tropfen. Obwohl die Reflektivität in beiden Situationen gleich sein kann (bspw. 40 dBZ), wird sich die Regenrate deutlich voneinander unterscheiden. Einfach gesagt ist dann der Flüssigwasseranteil im ersten Fall schon in den untersten Kilometern der Atmosphäre deutlich höher als im zweiten Fall im gesamten vom Radarstrahl erfassten Volumen. Vergleicht man die Regenrate die aus der im DWD gebräuchlichen Z-R-Beziehung bei 40 dBZ resultiert mit der Z-R-Beziehung von Rosenfeld (tropische Luftmasse), so ergibt sich als Unterschied ein Faktor 2. Anstatt ca. 10 Liter pro Quadratmeter und Stunde würden bei warmem Regen (tropische Luftmasse) ca. 20 Liter bei gleichem Radarsignal fallen.

Spürbar wirkt sich dieses Problem auf jeden aus, der das Radarsignal in seiner Wetter-App selbst interpretiert. So kann man sich ggf. an einem Tag, an dem eine subtropische Luftmasse wetterbestimmend ist, beim Regenguss wundern, dass man deutlich nasser wird als am Vortag, als beispielsweise noch maritime Polarluft vorherrschend war, obwohl sich die Radarsignale ähneln.

Damit die Radarintensitäten in Zukunft bzgl. der Niederschlagsrate seltener unterschätzt werden, wird auch beim Deutschen Wetterdienst weiter nach Lösungen gesucht. Mit den mittlerweile fast im gesamten Radarverbund betriebenen Dual-Polarisationsradaren verbessert sich bspw. die quantitative Niederschlagsabschätzung aufgrund der Möglichkeit, hydrometeorbasierte Z-R-Beziehungen anzuwenden. Dies ist aktuell aber noch Gegenstand der Forschung.

Dipl.-Met. Julia Fruntke

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.09.2021

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DWD Von der Radarreflektivitaet zur Regenrate

Späte Sommerwärme und segelnde Spinnen: Der Altweibersommer

Zwischen Mitte September und Anfang Oktober, wenn das Tageslicht schon spürbar schwindet und der Herbst kalendarisch Einzug hält, stellt sich nicht selten für ein paar Tage noch einmal sonniges und durchaus sommerliches Wetter ein. Dabei handelt es sich erwiesenermaßen jedoch nicht um einen Zufall oder eine subjektive Wahrnehmung, sondern um ein tatsächlich wiederkehrendes Wettermuster, einen sog. Witterungsregelfall. Im deutschen Sprachraum bezeichnet man diese frühherbstliche Hochdruckwetterlage mit warmen Temperaturen als “Altweibersommer”.

Über den Ursprung dieser Bezeichnung lässt sich leider nur spekulieren. Möglicherweise geben die im Morgenlicht auf Wiesen und Sträuchern silbrig-grau glitzernden Spinnfäden, die von Baldachinspinnen gewebt (altdeutsch: geweibt) wurden, dem Altweibersommer seinen Namen. Die Spinnen segeln mithilfe dieser Fäden durch die Luft, teilweise tausende Meter hoch und hunderte Kilometer weit. Dabei sind sie auf Thermik angewiesen, also auf aufsteigende Blasen warmer Luft, die es nur bei eher windschwachen, sonnigen Bedingungen gibt. Da man die Jahreszeiten früher ausschließlich in Winter und Sommer einteilte, nannte man den Frühling daher “Junger Weibersommer” und den Herbst “Alter Weibersommer”. Aus Letzterem könnte der “Altweibersommer”, wie wir ihn heute kennen, entsprungen sein.

Auch meteorologisch gesehen gibt es keine eindeutige Definition für den Altweibersommer. Üblicherweise bringt man ihn mit einer recht stabilen Wetterperiode in Verbindung, die durch ein Festlandshoch oder eine Hochdruckbrücke über Mitteleuropa gekennzeichnet ist. Dabei ist es bei längerem Sonnenschein wärmer als üblich. Bei den mittleren Temperaturen erkennt man ihn daran, dass der septembertypische Temperaturrückgang für einige Tage unterbrochen wird. Da der Altweibersommer zu den Witterungsregelfällen gehört, die zeitlich betrachtet recht unspezifisch sind und nicht an bestimmte “Lostage” gebunden sind wie beispielsweise die Eisheiligen, ist dessen Eintrittswahrscheinlichkeit verhältnismäßig hoch. Sie liegt allein für die letzte Septemberwoche nach langjährigen Statistiken bei etwa 80%.

Da der “Altweibersommer” nicht nur ein Phänomen in Deutschland ist, findet man Bezeichnungen für vergleichbare Witterungsregelfälle auch in anderen Sprachen. Im slawischen Sprachgebrauch und im Ungarischen zum Beispiel verwendet man Begriffe, die dem deutschen Wort Altweibersommer sinngemäß entsprechen (z. B.: polnisch “babie lato”). In Neuengland im Nordosten Nordamerikas kennt man die Wetterlage als “Indian Summer”. In Deutschland bezeichnet man damit übrigens fälschlicherweise den Zeitraum besonders starker Laubfärbung. In einigen Mittelmeerländern wird eine verhältnismäßig warme und beständige Wetterphase im November gerne “St.-Martins-Sommer” genannt, in Spanien “St.-Michaels-Sommer” (Veranillo de San Miguel).

So sommerlich warm der Altweibersommer am Tage ist, darf man nicht vergessen, dass die Nächte schon lang sind und die Luft gerade bei klaren und windschwachen Bedingungen stark auskühlen kann. So geht der Altweibersommer nicht selten mit dem ersten Boden- oder gar Luftfrost einher. Denken Sie also an Ihre Blumen und anderen frostempfindlichen Pflanzen!

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.09.2021

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