Inversionswetterlage

Das Wort Inversion stammt vom lateinischen inversio und bedeutet Umkehr. In Bezug auf die Atmosphäre heißt das, dass sich die vertikalen Temperaturverhältnisse umkehren. Da der Luftdruck mit der Höhe abnimmt, nimmt normalerweise auch die Temperatur mit der Höhe ab. Bei einer Inversion befindet sich aber eine wärmere Luftschicht über einer kühleren, sodass die Temperatur ab einer bestimmten Höhe vorübergehend wieder ansteigt.

Es gibt verschieden Arten von Inversionen, die sich durch ihre Entstehung unterscheiden: Die häufigste Art von Inversion ist die Boden- oder Strahlungsinversion. Diese ist besonders in klaren Herbst- oder Winternächten ausgeprägt. Der Boden strahlt Wärmestrahlung (Infrarot-Strahlung) ins All ab. Gibt es keine Wolkendecke, die die Abstrahlung blockiert, so kühlen die Erdoberfläche und mit ihr die bodennahen Luftschichten in der Nacht stärker aus. Da kalte Luft eine höhere Dichte als warme Luft hat, oder anders gesagt, da kalte Luft schwerer ist als warme Luft, bleibt die kalte Luft am Boden liegen. Die darüber liegende Luftschicht kühlt weniger stark aus und es entsteht eine schwache Inversion, die als Sperrfläche wirkt. Dadurch wird der Austausch und die Durchmischung mit der darüber liegenden Warmluft unterbunden. Somit können die bodennahen Luftschichten weiter auskühlen und sich die Inversion im Laufe der Nacht weiter verstärken. Dies funktioniert umso besser, je schwächer der Wind ist. Tagsüber reicht im Winterhalbjahr oft die Sonnenstrahlung nicht aus, um die kalten bodennahen Luftschichten soweit zu erwärmen, dass die Inversion beseitigt wird, wodurch sie auch tagsüber erhalten bleibt.

Eine weitere Inversionsart ist die Absinkinversion. In Hochdruckgebieten sinken Luftschichten großflächig von höheren Schichten in tiefere ab. Beim Absinken steigt der Luftdruck und die Luft wird zusammengedrückt. Dadurch erwärmt sich die Luft. Die Temperatur eines Luftpaketes wird umso höher, je weiter es absinkt. Dadurch verändert sich die Temperaturschichtung mit der Höhe. Besonders im Winter bildet sich dann oft ein scharfer Temperaturgradient mit warmer und sehr trockener Luft in der Höhe und kühlerer feuchterer Luft am Boden.

Die letzte Inversionsart ist die Aufgleitinversion. Hier wird in höheren Luftschichten warme Luft herangeführt, die auf eine kalte, schwerere bodennahe Luftschicht aufgleitet. Dies ist vorwiegend bei winterlichen Warmfronten häufiger der Fall. Nicht selten entsteht dann in der höhenwarmen Schicht Regen, der in die darunterliegende Kaltluftschicht fällt. Liegt die Temperatur dabei am Boden unter 0 °C, so führt dies zu Glatteis.

Durch Inversionen wird der vertikale Luftaustausch unterbunden. Feuchtigkeit und Abgase sammeln sich unter der Inversionsschicht in der bodennahen Kaltluft. Häufig bildet sich an der Grenze zur Warmluftschicht dichter Nebel, aus dem die Berge wie Inseln herausschauen.

Auch aktuell haben wir eine ausgeprägte Inversionswetterlage, wie die Auswertung des Wetterballonaufstiegs von Stuttgart von heute früh in der Abbildung zeigt. Die blaue Kurve zeigt den Temperaturverlauf mit der Höhe. Die grüne gestrichelte kurve ist die Taupunkttemperatur. Das ist diejenige Temperatur, auf die man die Luft abkühlen muss sodass Feuchtesättigung eintritt. Sie ist somit ein Maß für die Luftfeuchtigkeit. Zu erkennen ist eine Bodeninversion mit einer darüber liegenden stark ausgeprägten Absinkinversion, die mit sehr trockener Luft einhergeht und von absinkender Luft durch das aktuelle Hoch über Mitteleuropa verursacht wird. Auch in der kommenden Woche überwiegt das Hochdruckwetter, sodass sich vielerorts wieder eine Inversion bildet oder sich verstärkt. Allerdings führt ein Tiefausläufer am Montag und Dienstag deutlich feuchtere Luft heran, sodass die Nebelneigung unter der Inversion deutlich zunimmt. Die Taupunkt- und die Temperaturkurve werden dann recht nahe beieinanderliegen.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.10.2021

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